Psychische Störungen bei Migrantinnen aus dem ehemaligen Jugoslawien mit Wohnsitz im 15. Wiener Gemeindebezirk Mag.a Sanela Piralić Spitzl© Wien, im Dezember 2003 2 Mental Disorders Among Female Migrants from the Former Yugoslavia Who Live in the 15th Municipal District of Vienna by Sanela Piralic Spitzl© Vienna, 2003 Abstract Background and Objective Research on mental health issues among female migrants in Austria is an interesting but challenging task. The majority of migrants in Vienna come from the Former Yugoslavia. The female share of this group amounts to 47.5 %. Researchers have not been too enthusiastic to dig up this unploughed field. The data available are scarce and without exception based on German-language research tools. To my knowledge no study has been published by a native speaking researcher so far. It was this study’s objective to evaluate the mental health situation with focus on psychiatric disorders among female migrants from the Former Yugoslavia who live in the 15th municipal district of Vienna (since this neighbourhood shows with a percentage of 33.9 % the highest figure for migrant population in the city). Material and Methods The present empirical, exploratory study is based on two Bosnian/Croatian/Serbian-language questionnaires that investigate mental disorders as well as the quality of life among 60 women from the Former Yugoslavia. The descriptive statistical evaluation focuses on the correlation between these two investigative units. Results The overall results show marked differences between the migrants in relation to age, level of education and quality of life. Women over 50 reached the poorest results concerning mental health. Correspondingly, they also showed the lowest figures as to level of education and quality of life, whereas the youngest age group (18-29) reached the best results of the study. Key Words Women’s Health, Female Migrants, Mental Health 3 Zusammenfassung Hintergrund und Ziel Die Beschäftigung mit der psychischen Gesundheit von Frauen in der Migration ist zwar eine interessante Aufgabe, aber auch ein schwieriges Unterfangen, da die Psychologie in Österreich zu diesem Forschungsbereich bisher nur wenig beigetragen hat – und dies ausschließlich in deutscher Sprache. Muttersprachliche PsychologInnen haben in Österreich derartige Forschungsarbeiten bisher nicht durchgeführt. Die größte Gruppe der in Wien lebenden MigrantInnen stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien, wobei der Frauenanteil dieser Gruppe 47,5 % ausmacht. Ziel der Studie ist die Untersuchung der psychischen Befindlichkeit und psychiatrischen Krankheiten von Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die im 15. Wiener Gemeindebezirk leben. Mit einem Anteil von 33,9 % weist Rudolfsheim-Fünfhaus die größte MigrantInnengruppe der Wiener Gemeindebezirke auf. Methoden und Material In einer empirischen, explorativen Studie wurden mittels zwei muttersprachlichen diagnostischen Fragebögen psychische Krankheiten und die Lebensqualität bei 60 Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien untersucht. Bei der deskriptiven statistischen Auswertung wurde besonderes Augenmerk auf den Zusammenhang zwischen soziodemografischen Faktoren (Lebensqualität) und psychischen Krankheiten der Frauen gelegt. Ergebnisse Die Ergebnisse weisen auf klare Unterschiede im Hinblick auf die Altersgruppen, das Ausbildungsniveau und die Lebensqualität der Frauen hin. Die älteste Gruppe der Frauen, die über 50-jährigen, erzielte die schlechtesten Ergebnisse hinsichtlich der psychischen Gesundheit. Diese Gruppe weist auch das niedrigste Ausbildungsniveau und die geringste Lebensqualität auf. Die besten Resultate hingegen erzielte die jüngste Gruppe (die unter 30-jährigen). 4 Schlüsselwörter Frauen, Migrantinnen, psychische Gesundheit Inhaltsverzeichnis Abstract/Zusammenfassung 2 1. Einleitung 4 2. Ziel und Methodik der empirischen Untersuchung 6 3. Ergebnisse der empirischen Untersuchung 8 3.1 Demographische Charakterisierung der befragten Frauen 8 3.1.1 Alter 8 3.1.2 Familienstand 8 3.1.3 Schulbildung 9 3.1.4 Berufstätigkeit 10 3.1.5 Freizeitgestaltung 11 3.2 Subjektiv wahrgenommene Stimmung und körperliche Gesundheit 11 3.3 Lebensqualität 12 3.3.1 Altersspezifische Zusammenhänge 12 3.3.2 Ausbildungsniveau und Lebensqualität 13 3.3.3 Berufstätigkeit und Lebensqualität 14 3.4 Ergebnisse der diagnostischen Untersuchung 3.4.1 14 SKID-I 14 3.4.1.1 Affektive Störungen 14 3.4.1.2 Angststörungen 15 3.4.1.3 Somatoforme Störungen 16 3.4.1.4 Psychische Störungen und Alter 16 3.4.1.5 Psychische Störungen und Bildungsniveau 17 3.4.1.6 Psychische Störungen und Berufstätigkeit 18 3.4.1.7 Psychische Störungen und Lebensqualität 19 3.4.2 SKID-II 20 5 3.4.2.1 Persönlichkeitsstörungen 20 3.4.2.2 Persönlichkeitsstörungen und Alter 22 3.4.2.3 Persönlichkeitsstörungen und Bildungsniveau 23 3.4.2.4 Persönlichkeitsstörungen und Berufstätigkeit 24 3.4.2.5 Persönlichkeitsstörungen und Lebensqualität 26 4. Zusammenfassung der Ergebnisse 29 5. Diskussion und Ausblick 33 6. Literatur 36 6 1. Einleitung In Wien leben laut der VZ 2001 248.264 ausländische Staatsangehörige. Dies entspricht einem Anteil an der gesamten Wohnbevölkerung von 16 %. Mit 113.458 Personen stellen die StaatsbürgerInnen der Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien die größte Gruppe ausländischer Staatsangehöriger in Wien dar.1 Damit kommen 44,2 % aller ausländischen StaatsbürgerInnen, die zum Zeitpunkt der VZ 2001 ihren Hauptwohnsitz in Wien hatten, aus dem früheren Jugoslawien. Der überwiegende Teil - 68.796 Personen - entfällt auf BürgerInnen aus Serbien-Montenegro. Mit einem Anteil von 26,8 % an der gesamten ausländischen Wohnbevölkerung und einem Anteil von 4,4 % an der gesamten Wiener Wohnbevölkerung sind sie damit auch die größte Gruppe ausländischer Staatsangehöriger in Wien. Mit einem Anteil von 6,3 % an der gesamten Wiener Wohnbevölkerung bilden MigranntInnen aus Bosnien-Herzegowina die zweitgrößte Gruppe aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens und gleichzeitig die drittgrößte insgesamt. Kroatische Staatsangehörige bilden mit 16.704 die viertgrößte Gruppe ausländischer StaatsbürgerInnen in Wien. Der Anteil der Frauen innerhalb der MigrantInnen aus dem ehemaligen Jugoslawien beträgt 47,5 %. [26] Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien leiden häufiger unter Mehrfachbelastungen, da sie als Minoritätsangehörige rechtlichen und sozialen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Weiters sind sie aufgrund mangelnder Ausbildung auf unattraktive und unsichere Arbeitsplätze angewiesen und den geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in Familie und Beruf ausgesetzt. Dass derartige sozioökonomische und psychosoziale Mehrfachbelastungen massive Risikofaktoren für physische und psychische Gesundheitsbeeinträchtigungen mit sich bringen, ist eine seit langem bekannte und durch wissenschaftliche Untersuchungen nachgewiesene Tatsache. [2-7, 14, 17, 20, 21, 25]. 1 Die zahlenmäßig zweitgrößte MigrantInnengruppe mit einem Anteil von 15,2 % an der ausländischen Wohnbevölkerung in Wien sind Staatsangehörige aus der Türkei. 7 Über die allgemeine gesundheitliche Situation von Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien in Österreich sind nur wenige bzw. unzureichende Daten vorhanden. Vor allem liegen bis dato keine Publikationen vor, die auf muttersprachlichen Erhebungen basieren. Eine Untersuchung zum subjektiven Gesundheitszustand von in Wien lebenden Migrantinnen von Csitkovics et al (1997) stellte bei der Einschätzung des Gesundheitszustandes fest, dass ausländische Frauen und Mädchen aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien wesentlich häufiger angeben, an einer oder mehreren physischen Beschwerden zu leiden als Männer und Knaben. [5] Bei einer von Bacher und Gerzer (1991) durchgeführten Studie zur Lebenssituation von Migrantinnen in Wels wurden subjektiv empfundene Arbeitsbelastungen auch nach der Nationalität der Frauen differenziert untersucht. Dabei zeigte sich, dass bestimmte Belastungsfaktoren bei den Frauen stärker in den Vordergrund traten als bei den Männern. Jugoslawische Arbeitnehmerinnen fühlten sich am häufigsten durch die Monotonie der Arbeit, den starken Zeitdruck (Akkordarbeit) und die strenge Kontrolle der Arbeitsleistung beeinträchtigt. Über ein Viertel von ihnen arbeitete auch am Wochenende. Interessant ist, dass Schichtarbeit entgegen landläufigen Vermutungen ein „Frauenthema“ ist: Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien arbeiten etwa doppelt so oft in Schicht (28 %) als ihre männlichen Landsleute (13 %). [2] Auch die Studie vom Wimmer-Puchinger (1998), die die spezifische Gesundheitssituation von Frauen innerhalb der MigrantInnen im 10. Wiener Gemeindebezirk untersuchte, zeigte, dass Frauen aus den Ländern des früheren Jugoslawiens und Frauen aus der Türkei im Vergleich zu österreichischen Frauen unter wesentlich mehr körperlichen und psychischen Beschwerden leiden. Besonders Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien leiden deutlich häufiger unter Übergewicht und Wirbelsäulenerkrankungen; zudem nehmen diese Frauen mehr als doppelt so viele Psychopharmaka und Schlafmittel als Österreicherinnen oder türkischsprachige Frauen. Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien rauchen häufiger und mehr als österreichische oder türkischsprachige Frauen. [27] Eine wesentliche Barriere im Zugang von Migrantinnen zum Gesundheitssystem ist die Sprache. Migrantinnen sind aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse häufig von gesundheitsfördernden Maßnahmen und Informationen ausgeschlossen. [16] 8 Berichte von Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien weisen daraufhin, dass Mitteilungen, Empfehlungen, Anordnungen und auch die durchgeführten Untersuchungen der ÄrztInnen von den Frauen sehr häufig nicht genau verstanden werden. Vor allem Frauen, die aus dem ländlichen Raum kommen, zeigen mangelhaftes Wissen über Aufbau und Funktion des eigenen Körpers. Ihr Wissen über mögliche Ursachen von gesundheitlichen Beschwerden bzw. deren Verhinderung ist begrenzt. [7, 20] Die Migrantinnen geben an, sich oftmals missverstanden und nicht richtig behandelt zu fühlen. Sie werden in der Tat aufgrund von Fehldiagnosen auch falsch behandelt. Zu diesen Missverständnissen mit oft weitreichenden Folgen kommt es aufgrund unterschiedlicher sprachlicher Kompetenzen der Behandelnden und der Behandelten einerseits, und dem mangelnden Wissen über die soziokulturellen Hintergründe der behandelnden Personen andererseits. Die Folgen daraus sind eine unnötige prolongierte Nutzung medizinischer Einrichtungen, Ärzteshopping, oder verlängerte bzw. unnötige Krankenstände, was sich wiederum sowohl auf die ökonomische Situation der Frauen selbst, als auch der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen auswirkt. 2. Ziel und Methodik der empirischen Untersuchung Ziel der vorliegenden empirischen Studie war die diagnostische Abklärung und Erhebung des gesamten psychischen Bereichs, wie auch die Erhebung der Lebensqualität als individuelle Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie können einerseits zur Planung gesundheitspolitischer Maßnahmen bei Frauen und andererseits als Basis für weitere Forschungsarbeiten - auch in anderen Fachgebieten – herangezogen werden. Die Studie wurde im Sommer 2003 mit insgesamt 60 Frauen mit Herkunft aus dem ehemaligen Jugoslawien im Alter ab 18 Jahren, die im 15. Wiener Gemeindebezirk wohnen, durchgeführt. 9 Hervorzuheben ist, dass die diagnostische Erhebung mittels Testinventarium in bosnisch/ kroatisch/serbischer Sprache durchgeführt wurde und somit sprachliche Fehlinterpretationen und Missverständnisse ausgeschlossen werden konnten. 10 Das diagnostische Testinventarium umfasste: SKID-I (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV /Achse I) Dieses Interview dient der Erfassung und Diagnostik ausgewählter psychischer Syndrome und Störungen, wie sie in DSM-IV auf Achse I definiert werden. Folgende Diagnosen können mittels SKID–I beurteilt werden: affektive Störungen somatoforme Störungen Störungen d. psychotrope Substanzen psychotische Störungen Essstörungen Angststörungen Anpassungsstörungen SKID-II (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV /Achse II) SKID-II ist ein Verfahren zur Diagnostik der zehn auf Achse-II sowie der zwei im Anhang des DSM-IV aufgeführten Persönlichkeitsstörungen: depressive negativstische dependente narzisstische paranoide zwanghafte schizoide histrionische selbstunsichere Borderline antisoziale schizotypische. WHOQOL-BREF (World Health Organization Quality of Life) WHOQUOL-BREF misst die gesundheitsbezogene und subjektive Lebensqualität. Grundlage des Tests ist die Definition von Lebensqualität als die individuelle Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation im Kontext der jeweiligen Kultur und des jeweiligen Wertesystems sowie in bezug auf persönliche Ziele, Erwartungen, Beurteilungsmaßstäbe und Interessen. Die Auswahl der befragten Frauen erfolgte nach dem Zufallsprinzip und unter Gewährleistung der Freiwilligkeit. Die Frauen wurden in ihren privaten Haushalten getestet. Die Dauer einer solchen Untersuchungseinheit wurde statistisch mit 3 Stunden geplant. Zumeist dauerten die Interviews länger, in manchen Fällen bis zu fünf Stunden, da die meisten Frauen zum ersten Mal in ihrer Muttersprache über Beziehungsprobleme, Gewalt, Traurigkeit oder Depression mit einer Psychologin sprachen. Die statistische Datenverarbeitung und -auswertung erfolgte mittels SPSS 10.02. Dabei wurden folgende statistische Verfahren eingesetzt: Chi-Quadrat Test und einfaktorielle 2 Varianzanalyse. Statistical Package for Social Sciences for Windows. 11 3. Ergebnisse der empirischen Untersuchung 3.1 Demografische Charakterisierung der befragten Frauen 3.1.1 Alter Das Durchschnittsalter der 60 untersuchten Frauen liegt bei 39 Jahren. Der Median liegt ebenfalls bei 39 Jahren. Der Anteil der Unterdreißigjährigen liegt bei 23,3 %. 28,3 % der Frauen sind zwischen 30 und 39 Jahre alt, 30,0 % sind zwischen 40 und 49 Jahre alt und 18,3 % sind 50 Jahre und älter. Abbildung 1: Altersverteilung 30-39 Jahre 28,3% bis 29 Jahre 23,3% 17 14 11 18 50+ Jahre 18,3% 40-49 Jahre 30,0% 3.1.2 Familienstand Rund zwei Drittel der Frauen sind verheiratet bzw. leben in einer Lebensgemeinschaft, geschieden bzw. getrennt lebend sind 15 %. Der Anteil der ledigen Frauen liegt bei rund 8 % und verwitwet sind 10 %. Tabelle 1: Verteilung des Familienstandes Familienstand N Prozent ledig 5 8,3 verheiratet 34 56,7 Lebensgemeinschaft 6 10,0 getrennt lebend 1 1,7 geschieden 8 13,3 12 verwitwet 6 10,0 Tabelle 2: Kinderzahl Kinderzahl N Prozent keine Kinder 9 15% 1 Kind 18 30% 2 Kinder 23 38% 3 Kinder 9 15% 4 und mehr Kinder 1 2% Mehr als die Hälfte der befragten Frauen haben ein oder zwei Kinder (68 %). 15 % der Frauen haben 3 Kinder. Nur eine Frau hat über 4 Kinder; ohne Kinder sind 15 % der Frauen. 3.1.3 Schulbildung Rund 7 % Frauen haben keine Schule besucht oder können keinen Grundschulabschluss aufzuweisen. Ca. 17 % haben eine vierklassige Grundschule abgeschlossen. Einen Hauptschulabschluss haben rund 23% der befragten Frauen, der Anteil der Frauen mit Berufsschulabschluss liegt bei ca. 27%. Weiters haben ca. 18% ein Gymnasium abgeschlossen, rund 8 % haben eine Universitätsausbildung oder ein College absolviert. Tabelle 3: Verteilung des Schulabschlusses Schulbildung N Prozent Analphabetinnen 3 5,0 kein Abschluss 1 1,7 Grundschulabschluss (4 Klassen) 10 16,7 Hauptschulabschluss 14 23,3 Berufsschulabschluss 16 26,7 Gymnasium/Abitur 11 18,3 College/Universitätsabschluss 5 8,3 13 3.1.4 Berufstätigkeit Von den 60 interviewten Frauen sind 38 berufstätig (63,3 %), demnach sind 22 zum Zeitpunkt der Untersuchung ohne Beschäftigung (36,7 %). Von den derzeit berufstätigen Frauen arbeitet die Hälfte als Reinigungspersonal, rund 21 % sind als Verkäuferin tätig, weitere 10 % arbeiten als Büropersonal, rund 8 % sind als Krankenschwestern tätig. 3 der 38 Frauen, die als Reinigigungskräfte arbeiten, verfügen über keinen legalen Status. Eine Frau ist als Friseurin tätig. Tabelle 4: Verteilung der Arbeitstätigkeiten bei Frauen, die derzeit in Beschäftigung sind Tätigkeit N Prozent Reinigungspersonal 19 50,0 Karenz 8 21,1 Bürokraft 4 10,5 Krankenschwester 3 7,9 Friseurin 1 2,6 Reinigungspersonal (andere) 3 7,9 Bei den derzeit nicht berufstätigen Frauen sind rund 32 % als arbeitslos gemeldet, rund 14 % sind bereits in Pension. Weitere 27 % führen einen Haushalt. Tabelle 5: Verteilung der Arbeitstätigkeiten bei Frauen, die derzeit nicht in Beschäftigung sind N Prozent (Ansuchen auf Frühpension) 3 13,6 Verkäuferin 1 4,5 Hausfrau 6 27,3 Pensionistin 3 13,6 Arbeitslos 7 31,8 Studentin 1 4,5 Reinigungspersonal (andere) 1 4,5 Tätigkeit Reinigungspersonal 14 15 3.1.5 Freizeitgestaltung Mehr als 70 % der befragten Frauen verbringen ihre Freizeit mit Haushaltstätigkeiten und Fernsehen. 15 % lesen oder gehen ins Kino. Mit Aktivitäten außerhalb des Hauses, wie z.B. spazieren gehen, beschäftigen sich rund 12 % der Frauen. Tabelle 6: Freizeitgestaltung Freizeitgestaltung N Prozent Fernsehen, Kochen, Putzen 44 73,3 Lesen oder Kino 9 15,0 Spazieren 7 11,7 Rund 70 % der Frauen verbringen ihre Freizeit mit ihrer Familie. Hauptsächlich mit Freunden verbringen ca. 17 % der Frauen ihre Freizeit; alleine verbringen ihre Freizeit ca. 15 %. Tabelle 7: Mit wem wird die Freizeit verbracht Mit Wem N Prozent Familie 41 68,3 Freunde 10 16,7 alleine 9 15,0 3.2 Subjektiv wahrgenommene Stimmung und körperliche Gesundheit Nur rund 22 % der befragten Frauen finden, dass ihre Stimmung derzeit eher schlecht oder sehr schlecht sei. 75 % aller Befragten sind der Ansicht, dass sie sich zum Zeitpunkt der Befragung in einer guten Stimmung befinden. Tabelle 8: Subjektiv wahrgenommene Stimmung Stimmungsausprägung N Prozent sehr schlecht 4 6,7 schlecht 9 15,0 gut 45 75,0 sehr gut 2 3,3 16 Ähnlich wie mit der Stimmung verhält es sich auch mit der subjektiv wahrgenommenen körperlichen Gesundheit. Nur rund 20 % der Frauen befinden ihre Gesundheit als schlecht oder sehr schlecht. Tabelle 9: Subjektiv wahrgenommene körperliche Gesundheit Körperliche Gesundheit N Prozent sehr schlecht 3 5,0 schlecht 9 15,0 gut 45 75,0 sehr gut 3 5,0 3.3 Lebensqualität Die Werte der Lebensqualitätsskalen des WHOQOL-BREF wurden auf Mittelwert und Standardabweichungen in eine IQ-Skala transformiert. Daraus ergibt sich ein zu erwartender Mittelwert von 100. Je größer die Abweichungen nach unten oder oben sind, um so geringer oder besser ist die Lebensqualität bezogen auf die Normpopulation. Im Gesamten weisen die Ergebnisse der Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien auf ein sehr unterdurchschnittliches Bild hinsichtlich der Lebensqualität hin. Tabelle 10: Lebensqualität, bezogen auf alters- und geschlechtsbezogene Normmittelwerte Skala MW SD IQPHYS - Physisches Wohlbefinden 85,14 17,64 IQPSYCH - Psychisches Wohlbefinden 85,14 19,48 IQSOC - Soziale Beziehungen 88,19 16,23 IQENVIR - Umwelt 84,16 22,41 IQGLOBAL - Globallebensqualität 87,79 20,55 3.3.1 Altersspezifische Zusammenhänge 17 Altersspezifische Unterschiede lassen sich in Bezug auf die Lebensqualität nicht explorieren. Statistisch gesehen sind die Mittelwerte aller fünf WHOQOL-BREF Dimensionen in den vier definierten Altersgruppen ähnlich. 18 Tabelle 11: WHOQOL-BREF Skalen und Altersgruppen (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala Altersgruppen Bis 29 30-39 40-49 50+ MW SD MW SD MW SD MW SD F p IQPHYS 89,40 14,80 88,36 16,86 85,69 17,33 73,81 20,04 2,08 .112 IQPSYCH 91,56 17,97 88,30 21,04 82,90 18,23 75,77 19,10 1,63 .192 IQSOC 88,88 18,02 90,60 15,82 89,09 13,34 82,14 19,42 0,64 .587 IQENVIR 91,72 20,64 79,62 27,09 85,09 16,60 80,06 25,15 0,89 .451 IQGLOBAL 91,94 19,79 90,15 22,95 89,03 17,70 76,83 20,93 1,35 .266 3.3.2 Ausbildungsniveau und Lebensqualität Ebenso lassen sich keine markanten Zusammenhänge zwischen dem Ausbildungsniveau und der Lebensqualität explorieren. Statistisch gesehen sind wiederum die Mittelwerte aller fünf WHOQOL-BREF Dimensionen in den drei definierten Bildungsniveaus ähnlich. Das Bildungsniveau wurde in drei Gruppen zusammengefasst. In der ersten Gruppe sind jene Frauen vertreten, die maximal einen Hauptschulabschluss haben. In der zweiten Gruppe befinden sich jene Frauen, die einen Hauptschulabschluss aufweisen, zusätzlich aber noch eine Berufsschule absolvierten. Die dritte Gruppe umfasst jene Frauen, die ein Abitur, ein Studium oder ein College aufweisen. Tabelle 12: WHOQOL-BREF Skalen und Bildungsniveau (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala Bildungsniveau Niedrig Mittel Hoch MW SD MW SD MW SD F p IQPHYS 82,56 19,16 82,76 15,33 92,02 16,11 1,70 .192 IQPSYCH 80,17 19,91 86,26 18,56 92,72 18,04 2,24 .116 IQSOC 85,66 17,16 88,57 17,04 92,25 13,65 0,84 .438 IQENVIR 80,56 23,88 83,82 23,61 90,81 17,90 1,07 .350 19 IQGLOBAL 84,28 20,56 87,26 20,65 94,46 20,08 1,27 .289 3.3.3 Berufstätigkeit und Lebensqualität Hinsichtlich der Berufstätigkeit lassen sich, mit Ausnahme von IQENVIR (Umwelt), signifikante Unterschiede feststellen. Bei allen Dimensionen gilt, dass die berufstätigen Frauen gegenüber den nicht berufstätigen über eine bessere Lebensqualität verfügen. Tabelle 13: WHOQOL-BREF Skalen und Berufstätigkeit (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala Berufstätigkeit berufstätig nicht berufstätig MW SD MW SD F p IQPHYS 90,84 13,20 75,28 20,17 13,05 .001 IQPSYCH 91,00 15,80 75,02 21,37 10,96 .002 IQSOC 91,87 13,66 81,85 18,57 5,73 .020 IQENVIR 87,05 20,71 79,19 24,80 1,73 .193 IQGLOBAL 94,67 17,59 75,91 20,19 14,21 <.001 3.4 Ergebnisse der diagnostischen Untersuchung 3.4.1 SKID-I Folgende DSM-IV Sektionen werden in SKID–I untersucht: Sektion A: Affektive Syndrome Sektion B: Psychotische und assoziierte Symptome Sektion C: Differenzialdiagnose psychotischer Störungen Sektion D: Differenzialdiagnose affektiver Störungen Sektion E: Störungen durch psychotrope Substanzen Sektion F: Angststörungen Sektion G: Somatoforme Störungen Sektion H: Essstörungen Sektion I: Anpassungsstörungen 3.4.1.1 Affektive Störungen 20 Zum Zeitpunkt der Untersuchung leiden 80 % der Frauen unter einer affektiven Störung. Am häufigsten tritt dabei die rezidivierende depressive Störung mit rund 45 % auf. Insgesamt leiden 8 Frauen (13 %) an einer Dysthymie, also einer dauerhaften chronische depressiven Verstimmung. Rund 18 % leiden derzeit an einer leichten oder mittelgradigen depressiven Episode. An bipolaren I Störungen leiden rund 4 % der befragten Frauen. Tabelle 14: Verteilung der affektiven Störungen Code ICD 10 - Kapitel V (F) N Prozent F33.0 rezidivierende depressive Störung - gegenwärtig leichte Episode 12 20 F33.1 rezidivierende depressive Störung - gegenwärtig mittelgradige Episode 8 13 F33.2 rezid. depressive Störung - gegenwärtig schwere Episode ohne psychot. Symptome 6 10 F33.3 rezid. depressive Störung - gegenwärtig schwere Episode mit psychot. Symptomen 1 2 F32.0 leichte depressive Episode 9 15 F32.1 mittelgradige depressive Episode 2 3 F34.1 Dysthymia 8 13 F34.0 Zyklothymia 1 2 F30.0 Hypomanie 1 2 Keine Symptomatik aus dem Bereich der affektiven Störungen 12 20 3.4.1.2 Angststörungen Knapp über die Hälfte der befragten Frauen leidet unter Angststörungen. Am häufigsten kommt dabei die generalisierte Angststörung vor. Ein Drittel der Frauen weist diese Störung auf. 10 Frauen (17%) zeigen auch eine posttraumatische Belastungsstörung. Tabelle 15: Verteilung der Angststörungen Code ICD 10 - Kapitel V (F) N Prozent F41.1 generalisierte Angststörung 20 33 F43.1 posttraumatische Belastungsstörung 10 17 F41.9 nicht näher bezeichnete Angststörung 4 7 F40.1 Panikstörung 3 5 F40.01 Agoraphobie mit Panikstörung 1 2 Keine Symptomatik aus dem Bereich der Angststörungen 22 36 21 22 3.4.1.3 Somatoforme Störungen Knapp ein Drittel der befragten Frauen zeigt auch somatoforme Störungen. Die am häufigsten gefundene Form ist die undifferenzierte Somatisierungsstörung. Tabelle 16: Verteilung der somatoformen Störungen Code ICD 10 - Kapitel V (F) N Prozent F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung 19 32 F45.2 hypochondrische Störung 2 3 F45.0 Somatisierung 1 2 Keine Symptomatik aus dem Bereich der somatoformen Störungen 38 63 Abbildung 2: Übersicht – Affektive Störungen, Angststörungen und somatoforme Störungen (in %) 80 Affektive Störungen Angststörungen 64 1 Somatoforme Störungen 37 0 20 40 60 80 Werden die in den Tabellen 14, 15 und 16 angeführten Störungen zu den Oberbegriffen zusammengefasst, so ergibt sich folgendes Bild: 80 % der Frauen sind von affektiven Störungen betroffen, 64 % leiden unter Angststörungen und 37 % weisen somatoforme Störungen auf. Störungen der DSM-IV Sektionen B, C, D, E, H und I wurden nicht nachgewiesen. 3.4.1.4 Psychische Störungen und Alter Zwischen den affektiven Störungen und dem Alter zeigt sich bei den untersuchten Frauen ein signifikanter Zusammenhang (2 (1)=5,86; p=.017). Alle über 50-jährigen Frauen weisen eine 23 affektive Störung auf (100 %). Der Anteil bei der Altersgruppe 40-49 liegt bei 83,3 %. Weiters folgt die Altersgruppe 30-39 mit dem geringsten Anteil an affektiven Störungen (70,5 %); einen rund 1 % höheren Wert zeigt die jüngste Gruppe mit einem Anteil von 71,4 %. Zwischen den Angststörungen und dem Alter der Frauen lässt sich kein signifikanter Zusammenhang ableiten (2 (3)=5,99; p=.117). Nichtsdestotrotz variiert der Anteil der Angststörungen zumindest bei deskriptiver Betrachtungsweise. Die Altersgruppe 30-39 weist den geringsten Anteil an Angströrungen auf (ca. 35 %). Nur geringfügig höher ist der Anteil bei den bis 29-jährigen mit ca. 43 %. Bei den 40-49 jährigen leiden fast drei Viertel an Angststörungen, bei den über 50 jährigen sind es beinahe zwei Drittel, die Angststörungen aufweisen. Ebenfalls nicht signifikant ist der Zusammenhang zwischen den somatoformen Störungen und dem Alter (2 (3)=5,35; p=.148). Hier zeigt sich aber, dass der Anteil bei den Frauen über 50 deutlich größer ist. Diese Gruppe weist zu rund 64% eine somatoforme Störung auf. Tabelle 17: Verteilungen der affektiven Störungen, Angststörungen und somatoformen Störungen in Abhängigkeit vom Alter (in %) Sektionen Altergruppen bis 29 30-39 40-49 50 + affektive Störungen 71,43 70,59 83,33 100,00 Angststörungen 42,86 35,29 72,22 63,64 somatoforme Störungen 21,43 29,41 33,33 63,64 3.4.1.5 Psychische Störungen und Bildungsniveau Das Bildungsniveau wurde, wie bereits in Abschnitt 3.3.2 definiert, in drei Gruppen zusammengefasst. In Abhängigkeit von der Schulbildung finden sich bei den affektiven Störungen signifikante Unterschiede (2 (2)=6,21; p=.045). Dabei ist festzustellen, dass die weniger gut gebildeten Frauen am häufigsten von affektive Störungen betroffen sind. Der Anteil für diese Störung liegt in dieser Gruppe bei rund 93 %. Am geringsten ist der Anteil für affektive Störungen in der Gruppe der Berufsschülerinnen, hier liegt er bei 62 %. Für die gut ausgebildeten liegt der Anteil mit 75 % wiederum etwas höher. 24 Deutlich signifikant ist auch das Ergebnis bei den Angststörungen (2 (2)=7,58; p=.023). Wiederum zeigt die Gruppe der Berufsschülerinnen das geringste Ausmaß an Betroffenheit (25 %). Dagegen sind in der Gruppe der niedrig gebildeten rund zwei Drittel von einer Angststörung betroffen, bei der Gruppe der gut ausgebildeten weisen immerhin auch rund 56 % eine Angststörung auf. Bei den somatoformen Störungen sind keine signifikanten Unterschiede in Abhängigkeit von der Schulbildung zu finden (2 (2)=1,56; p=.460). Tabelle 18: Verteilungen der affektiven Störungen, Angststörungen und somatoformen Störungen in Abhängigkeit vom Bildungsniveau (in %) Sektionen Bildungsniveau niedrig mittel hoch affektive Störungen 92,86 62,50 75,00 Angststörungen 67,86 25,00 56,25 somatoforme Störungen 42,86 31,25 25,00 3.4.1.6 Psychische Störungen und Berufstätigkeit An Abhängigkeit von der Berufstätigkeit zeigen sich bei den affektiven Störungen (2 (1)=5,19; p=.023) und den somatoformen Störungen (2 (1)= 5,83; p.=.016) signifikante Unterschiede. Zwischen Tätigkeit und Angststörung existiert kein Zusammenhang (2 (1)=0,16; p=.694). Unter den Nichtbeschäftigten leiden ca. 96 % an einer affektiven Störung und ca. 55 % an einer somatoformen Störung. Bei den Beschäftigten liegt der Anteil für eine affektive Störung bei ca. 70 % und für eine somatoforme Störung ergibt sich ein Anteil von rund 24 %. Tabelle 19: Störungen nach SKID-I und Beschäftigung (in %) Sektionen Berufstätigkeit beschäftigt nicht beschäftigt affektive Störungen 71,05 95,45 Angststörungen 55,26 50,00 25 somatoforme Störungen 23,68 54,55 26 3.4.1.7 Psychische Störungen und Lebensqualität Es besteht ein expliziter Zusammenhang zwischen affektiven Störungen und der Lebensqualität. In allen fünf Dimensionen ist die Lebensqualität von Frauen mit affektiven Störungen deutlich schlechter. Hierbei ist anzumerken, dass jene Frauen, die keine affektiven Störungen aufweisen, der Normpopulation entsprechende Mittelwerte zeigen. Tabelle 20: WHOQOL-BREF Skalen und affektive Störungen (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala affektive Störungen keine Störungen Störungen vorhanden MW SD MW SD F p IQPHYS 97,89 14,36 81,95 17,05 8,89 .004 IQPSYCH 104,22 10,90 80,37 18,22 18,73 <.001 IQSOC 102,95 15,49 84,51 14,32 15,42 <.001 IQENVIR 100,25 12,89 80,14 22,56 8,74 .004 IQGLOBAL 106,56 13,99 83,10 19,28 15,62 <.001 Auch bei den Angststörungen finden sich bei allen Skalen signifikante Unterschiede. Erwartungsgemäß zeigen die Frauen mit Angststörungen eine verminderte Lebensqualität. Tabelle 21: WHOQOL-BREF Skalen und Angststörungen (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala Angststörungen keine Störungen Störungen vorhanden MW SD MW SD F p IQPHYS 91,18 16,28 79,85 17,31 6,77 .012 IQPSYCH 94,06 15,20 77,34 19,65 13,30 .001 IQSOC 93,75 17,07 83,33 13,98 6,75 .012 IQENVIR 91,48 18,54 77,76 23,80 6,08 .017 27 IQGLOBAL 95,74 18,37 80,83 20,07 8,91 .004 Auch bei den somatoformen Störungen finden sich bei allen Lebensqualitätsskalen signifikante Unterschiede. Wiederum haben jene Frauen mit somatoformen Störungen eine deutlich schlechtere Lebensqualität. Tabelle 22: WHOQOL-BREF Skalen und somatoforme Störungen (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala somatoforme Störungen keine Störungen Störungen vorhanden MW SD MW SD F p IQPHYS 91,97 14,71 72,45 15,72 22,89 <.001 IQPSYCH 90,79 18,83 74,64 16,35 10,98 .002 IQSOC 92,15 15,40 80,84 15,48 7,34 .009 IQENVIR 88,96 22,88 75,26 18,96 5,48 .023 IQGLOBAL 94,41 19,73 75,50 16,20 14,12 <.001 3.4.2 SKID-II Folgende DSM-IV Persönlichkeitsstörungen werden in SKID–II untersucht: selbstunsichere dependente zwanghafte negativistische depressive paranoide schizotypische schizoide histrionische narzisstische Borderline antisoziale 28 3.4.2.1 Persönlichkeitsstörungen Bei den 60 befragten Frauen tritt am häufigsten eine depressive psychische Störungen auf. Rund 47 % der Frauen erreichen in dieser Dimension den Cut-Off-Wert oder noch höhere Werte. Ebenfalls sehr hoch ist der Prozentanteil mit einer paranoiden psychischen Störung. Hier erreichen rund 43 % den Cut-Off-Wert. Rund ein Fünftel der untersuchten Frauen zeigt eine selbstunsichere psychische Störungen und ebenfalls ein Fünftel zeigt eine negativistische psychische Störungen. Eine zwanghafte Persönlichkeitstörung zeigen rund 13 % der Frauen. Rund 12 % zeigen eine Borderline Störung. Tabelle 23: Verteilung der nach SKID-II diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen Persönlichkeitsstörungen Prozent depressive 46,67 paranoide 43,33 selbstunsichere 21,67 negativstische 20,00 zwanghafte 13,33 Borderline 11,67 dependente 6,67 schizoide 1,67 antisoziale ,00 narzisstische ,00 histrionische 00 schizotypische ,00 29 Abbildung 3: Übersicht - Persönlichkeitsstörungen (in %) 46,67 depressive paranoide selbstunsichere negativistische 43,33 1 21,67 20 0 20 40 60 80 100 30 3.4.2.2 Persönlichkeitsstörungen und Alter Es zeigt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Selbstunsicherheit und Altersgruppenzugehörigkeit (2 (3)=8,41; p=.038). In der Altersgruppe der unter 30-jährigen befindet sich keine einzige Frau, die Selbstunsicherheit zeigt. In der Altersgruppe der 30-39 jährigen zeigen 5 Frauen (29,4 %) Selbstunsicherheit. In der Altergruppe der 40-49 jährigen ist mit 7 Frauen (16,7 %) der Anteil an Selbstunsicheren etwas geringer. Dafür ist der Anteil bei den 50-jährigen und noch älteren Frauen deutlich höher. In dieser Gruppe zeigen 5 Frauen Selbstunsicherheit (45,5 %). Bei Alter und dem Vorhandensein von Negativismus findet sich kein statistisch nachweisbarer Zusammenhang (2 (3)=7,81; p=.065). Tendenziell kann aber auch in diesem Fall wieder davon ausgegangen werden, dass in der Gruppe mit den älteren Frauen diese Störung häufiger auftritt. Der Anteil für die über 50-jährigen liegt bei 45 % und ist damit doppelt oder noch höher als bei den anderen Altersgruppen. Zwischen der Höhe des Alters und Depression konnte ein signifikanter Zusammenhang (2 (3)=9,08; p=.028) exploriert werden. Besonders auffällig ist hier die Gruppe der über 50jährigen. Hier zeigen 81,9 % eine depressive psychische Störung. Bei der jüngsten Altergruppe sind hingegen nur 21,4 % von einer depressiven Störung betroffen. Bei den beiden mittleren Altersgruppen liegen die Anteile bei 47,1 % bei den 30-39 jährigen und bei 44,4 % bei den 4049 jährigen. Hinsichtlich der paranoiden psychischen Störungen lässt sich kein Zusammenhang in Bezug auf das Alter feststellen (2 (3)=3,01; p=.391). Der Anteil bei den 20-29 jährigen Frauen mit einer paranoiden psychischen Störung liegt bei rund 35,7 %. In der Altersgruppe von 30-39 zeigen 47,1 % eine paranoide psychische Störung, bei den 40-49 jährigen Frauen liegt der Anteil für die paranoide psychische Störung bei 33,3 %. In der ältesten Gruppe zeigen 63,6 % eine paranoide psychische Störung.. Trotz der deskriptiv beträchtlichen Unterschiede zwischen den Altergruppen sei nochmals darauf hingewiesen, dass zwischen den vier Gruppen und der Ausprägung der paranoiden Störungen kein Zusammenhang besteht. 31 Tabelle 24: Verteilung der Persönlichkeitsstörungen nach Altersgruppen (in %) Persönlichkeitsstörungen Altergruppen bis 29 30-39 40-49 50 + selbstunsichere 0,0 29,4 16,7 45,5 dependente 14,3 5,9 0,0 9,1 zwanghafte 7,1 17,7 5,6 27,3 negativstische 14,3 23,5 5,6 45,5 depressive 21,4 47,1 44,4 81,8 paranoide 35,7 47,1 33,3 63,6 schizotypische 0,0 0,0 0,0 0,0 schizoide 0,0 0,0 0,0 9,1 histrionische 0,0 0,0 0,0 0,0 narzißtische 0,0 0,0 0,0 0,0 Borderline 0,0 11,8 22,2 9,1 antisoziale 0,0 0,0 0,0 0,0 3.4.2.3 Persönlichkeitsstörungen und Bildungsniveau Das Bildungsniveau wurde wie bereits in Abschnitt 3.3.2 definiert in drei Gruppen zusammengefasst. Bei der Ausprägung der Selbstunsicheren psychischen Störungen und Schulbildung findet sich kein statistisch relevanter Zusammenhang (2 (2)=4,13; p=.127). Deskriptiv lässt sich aber festhalten, dass mit zunehmend besserer Schulbildung der Anteil der Selbstunsicheren sinkt. So ist in der Gruppe der höher Gebildeten nur ein Anteil von 6,3 % zu finden, während innerhalb der weniger Gebildeten der Anteil an Selbstunsicheren bei 32,1 % liegt. Tendenziell signifikant ist das Ergebnis bezüglich der negativistischen psychischen Störungen (2 (2)=5,70; p=.058). Hier fällt vor allem auf, dass bei den höher gebildeten Frauen keine einzige eine negativistische psychische Störungen hat. Bei den Frauen mit geringer oder keiner Ausbildung zeigen 25 % dieses Symptom, bei den mittel gebildeten Frauen haben rund ein Drittel ebenfalls eine diese negativistische psychische Störungen. Zu einem deutlich signifikanten Ergebnis kommt es bei den depressiven psychischen Störungen und der Schulbildung (2 (2)=10,60; p=.005). Während bei den Frauen mit geringer oder keiner 32 Schulbildung zwei Drittel an Depressionen leiden, sind diese Anteile bei den beiden anderen Gruppen deutlich niedriger. In der Gruppe mit mittlerer Schulbildung zeigen rund 38 % eine depressive psychische Störungen, in der Gruppe mit höherer Schulbildung haben rund 19 % eine depressive psychische Störungen. Signifikant ist auch der Zusammenhang von Schulbildung und der paranoiden psychischen Störungen (2 (2)=12,22; p=.002). In der höher gebildeten Gruppe zeigen nur ca. 6 % eine paranoide psychische Störungen, bei den beiden anderen Gruppen sind es jeweils rund 55 %, die eine paranoide psychische Störungen haben. Tabelle 25: Verteilung der Persönlichkeitsstörungen in Zusammenhang mit dem Bildungsniveau (in %) Persönlichkeitsstörungen Bildungsniveau niedrig mittel hoch selbstunsichere 32,1 18,8 6,3 dependente 10,7 0,0 6,3 zwanghafte 17,9 12,5 6,3 negativstische 25,0 31,3 0,0 depressive 67,9 37,5 18,8 paranoide 57,1 56,3 6,3 schizotypische 0,0 0,0 0,0 schizoide 3,6 0,0 0,0 histrionische 0,0 0,0 0,0 narzißtische 0,0 0,0 0,0 Borderline 14,3 12,5 6,3 antisoziale 0,0 0,0 0,0 3.4.2.4 Persönlichkeitsstörungen und Berufstätigkeit Zwischen Frauen, die zum Zeitpunkt der Untersuchung berufstätig bzw. ohne Beschäftigung waren und der Selbstunsicheren psychischen Störungen zeigt sich kein statistisch belegbarer Zusammenhang (2 (1)=0,64; p=.423). Frauen die berufstätig sind, weisen zu 18,4 % diese 33 Störungen auf, Frauen die keiner bezahlten Beschäftigung nachgehen zeigen zu 27,3 % dieses Störung. Deutlich signifikante Unterschiede finden sich aber bei der negativistischen Dimension (2 =5,81; p=.016). Frauen ohne Arbeit zeigen diese Störungen zu 36,4 % bei den berufstätigen Frauen liegt der Anteil nur bei 10,5 %. Knapp signifikant ist auch die unterschiedliche Verteilung der depressiven psychischen Störungen in Abhängigkeit von vorhandener oder nicht vorhandener Berufstätigkeit (2 (1)=4,02; p=.045). Bei den Berufstätigen liegt der Anteil von Depressiven bei 36,8 %, bei den Nichtberufstätigen zeigen 63,6 % eine depressive psychische Störung. Bei der paranoiden psychischen Störungen sind die Unterschiede in Abhängigkeit von der Berufstätigkeit nur tendenziell signifikant (2 (1)=3,51; p=.061). Auch hier zeigt sich wiederum, dass Berufstätigkeit ein Schutzfaktor ist. In dieser Gruppe zeigen nur 34,2 % eine paranoide psychische Störung, bei den Nichtberufstätigen liegt dieser Anteil bei 59,1 %. Tabelle 26: Verteilung der Persönlichkeitsstörungen im Hinblick auf Berufstätigkeit (in %) Persönlichkeitsstörungen Berufstätigkeit beschäftigt nicht beschäftigt selbstunsichere 18,4 27,3 dependente 2,6 13,6 zwanghafte 13,2 13,6 negativstische 10,5 36,4 depressive 36,8 63,6 paranoide 34,2 59,1 schizotypische 0,0 0,0 schizoide 0,0 4,6 histrionische 0,0 0,0 narzißtische 0,0 0,0 Borderline 13,2 9,1 antisoziale 0,0 0,0 34 35 3.4.2.5 Persönlichkeitsstörungen und Lebensqualität In diesem Kapitel soll untersucht werden, inwieweit das Vorhandensein von Selbstunsichere, Negativistische, Depressive, und paranoide psychische Störungen einen Einfluss auf die Lebensqualität hat. Bei allen fünf Skalen des WHOQOL-BREF finden sich in Abhängigkeit von der Ausprägung der selbstunsichen psychischen Störungen signifikante Unterschiede. Dabei zeigt sich, dass die Lebensqualität der Selbstunsicheren nochmals deutlich schlechter ist. Die Mittelwertsdifferenzen betragen teilweise bis zu 20 IQ-Punkte. Im besonderen Ausmaß schlecht ist die Lebensqualität bei der Skala Environment. Hier liegt der Mittelwert nur bei 62,60. Tabelle 27: WHOQOL-BREF Skalen und Selbstunsicherheit (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala Selbstunsicherheit keine Störungen Störungen vorhanden MW SD MW SD F p IQPHYS 87,95 17,46 74,96 14,77 5,99 .017 IQPSYCH 89,10 18,90 70,81 14,53 10,41 .002 IQSOC 91,40 15,88 76,59 11,93 9,73 .003 IQENVIR 90,13 18,81 62,60 21,70 20,43 <.001 IQGLOBAL 92,42 19,96 71,05 12,71 13,31 .001 Bei der Negativistische psychische Störungen sind signifikante Unterschiede bei den WHOQOL-BREF Skalen der physischen und psychischen Lebensqualität gegeben. In beiden Fällen weisen jene Frauen mit einer negativistische psychische Störungen eine niedrigere Lebensqualität auf. Tendenziell signifikant sind die Ergebnisse bei den Dimensionen der sozialen und globalen Lebensqualität. Auch hier haben die Frauen mit negativistischer psychischen Störungen eine schlechtere Lebensqualität. Nicht unterschiedlich sind hingegen die Mittelwerte bei der Dimension Environment. 36 Tabelle 28: WHOQOL-BREF Skalen und Negativismus (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala Negativismus keine Störungen Störungen vorhanden MW SD MW SD F p IQPHYS 88,05 15,95 73,47 19,93 7,26 .009 IQPSYCH 87,73 18,72 74,78 19,76 4,50 .038 IQSOC 89,94 15,25 81,19 18,78 2,88 .095 IQENVIR 85,52 20,82 78,72 28,32 0,88 .352 IQGLOBAL 90,36 19,62 77,52 21,81 3,93 .052 Bei allen WHOQOL-BREF Skalen sind in Abhängigkeit vom Vorhandensein einer depressiven psychischen Störungen deutlich signifikante Unterschiede zu finden. Jene Frauen, die depressive Symptome zeigen, weisen eine eklatant schlechtere Lebensqualität auf. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass jene Frauen, die keine depressive psychischen Störungen zeigen, sich in einigen Skalen den Werten der Normpopulation annähern. Tabelle 29: WHOQOL-BREF Skalen und Depression (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala Depression keine Störungen Störungen vorhanden MW SD MW SD F p IQPHYS 94,02 13,33 74,99 16,60 24,23 <.001 IQPSYCH 96,41 13,35 72,27 17,38 36,92 <.001 IQSOC 95,11 14,26 80,29 14,86 15,50 <.001 IQENVIR 93,49 16,53 73,50 23,73 14,63 <.001 IQGLOBAL 99,42 15,62 74,50 17,29 34,41 <.001 37 Bis auf die Dimension Environment sind bei den anderen WHOQOL-BREF Skalen hinsichtlich der paranoiden psychischen Störungen überall signifikante Unterschiede zu finden. In allen diesen Skalen zeigen erwartungsgemäß jene Frauen, die eine paranoide psychische Störung aufweisen, eine schlechtere Lebensqualität. Tabelle 30: WHOQOL-BREF Skalen und Paranoide Symptomatik (Mittelwerte, Standardabweichungen und teststatistische Kennzahlen) Skala paranoide psychische Störungen keine Störungen Störungen vorhanden MW SD MW SD F p IQPHYS 91,00 15,81 77,47 17,22 9,98 .003 IQPSYCH 90,20 17,65 78,52 20,09 5,73 .020 IQSOC 91,79 16,93 83,48 14,24 4,06 .048 IQENVIR 87,08 20,89 80,35 24,14 1,34 .252 IQGLOBAL 93,25 19,35 80,65 20,22 6,00 .017 38 4. Zusammenfassung der Ergebnisse Dieses Projekt stellt Ergebnisse über die psychische Morbidität von Migrantinnen aus dem ehemaligen Jugoslawien bereit, die in Österreich in dieser Form meines Wissens bislang nicht erhoben wurden. Damit kann diese Arbeit als Grundlage für neue integrations- und gesundheitspolitische Maßnahmen dienen. Ziel der vorliegenden empirischen Studie war die Erfassung des gesamten psychischen Bereichs wie auch die Erhebung der Lebensqualität als individuelle Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation. Die empirischen Daten sind als Ausgangspunkt für Überlegungen zur bedarfsund zielgruppenorientierten Gesundheitsförderung von Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien zu verstehen. 60 Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien ab 18 Jahren, die im 15. Wiener Gemeindebezirk leben, nahmen an der vorliegenden Studie mittels Fragebogen teil. Das Durchschnittsalter der untersuchten Frauen liegt bei 39 Jahren. Rund zwei Drittel sind verheiratet bzw. leben in einer Lebensgemeinschaft, 15 % Frauen sind geschieden bzw. getrennt lebend, verwitwet sind 10 % und 8 % sind ledig. 68 % der Frauen haben ein bzw. zwei Kinder, drei und mehrere Kinder haben 17 % der Frauen und rund 15 % der Frauen haben bis jetzt keine Kinder. Die untersuchte Gruppe zeigte eine niedrige allgemeine Schulbildung. Rund 7 % haben nie eine Schule besucht oder haben auch keinen Volksschulabschluss aufzuweisen. Ca. 17 % haben eine vierklassige Volksschule abgeschlossen. Einen Hauptschulabschluss haben rund 23 % der befragten Frauen, der Anteil der Frauen mit Berufsschulabschluss liegt bei ca. 27 %. Weiters haben ca. 18 % ein Gymnasium abgeschlossen und rund 8 % haben eine Universitätsausbildung oder ein College absolviert. Von den interviewten Frauen sind 63,3 % berufstätig. Mehr als die Hälfte der berufstätigen Frauen arbeitet als Reinigungspersonal (58 %), wobei 8 % über keinen legalen Status verfügen. Rund 20 % arbeiten als Verkäuferinnen, und weitere 10 % als Büropersonal. Lediglich 8 % sind als Krankenschwestern tätig. Bei den derzeit nicht berufstätigen Frauen führen 27 % einen Haushalt, rund 32 % sind arbeitslos gemeldet und 14 % bereits in Pension. 39 Es ist auffällig, dass nur wenige Frauen Interesse an Freizeitaktivitäten zeigen. Mit Aktivitäten außerhalb des Hauses, wie z.B. spazieren gehen, beschäftigen sich rund 12 % der Frauen. 15 % lesen oder gehen ins Kino. Jedoch mehr als 70 % der befragten Frauen beschäftigen sich mit Haushaltstätigkeiten und Fernsehen. Die meisten Frauen verbringen ihre Freizeit mit ihrer Familie (68 %), 17 % mit Freunden, und 15 % alleine. Sowohl der allgemeine Gesundheitszustand, die körperliche Verfassung, als auch das körperliche und seelische Wohlbefinden werden von der überwiegenden Mehrheit der befragten Frauen als positiv eingeschätzt. 75 % aller Befragten sind der Ansicht, dass sie sich zum Zeitpunkt der Befragung in einer guten Stimmung befinden. Nur rund 22 % der Frauen finden, dass ihre Stimmung derzeit schlecht ist. Ähnlich wie mit der Stimmung verhält es sich auch mit der subjektiv wahrgenommenen körperlichen Gesundheit. Nur rund 20 % befinden ihre Gesundheit als schlecht . Differentialdiagnostisch wurden in der vorliegenden Studie aufgrund der Kriterien von DSMIV (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) und ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen) folgende psychische Syndrome und Störungen am häufigsten nachgewiesen: affektive Störungen (80 %), Angststörungen (64 %) und somatoforme Störungen (37 %). Affektive Störungen wurden hauptsächlich als Querschnittdiagnose ermittelt. Die meisten der befragten Frauen leiden an rezidivierenden depressiven Episoden. Bei den Angstörungen wurde zumeist die generalisierte Angststörung diagnostiziert. Hinsichtlich der somatoformen Störungen leiden die Frauen am häufigsten an der undifferenzierten Somatisierungsstörung. Die älteste Gruppe der befragten Frauen leidet zu 100 % an affektiven Störungen. Es handelt sich hierbei um jene Altersgruppe, die das niedrigste Bildungsniveau aufweist, wobei alle berufstätigen Frauen als Reinigungspersonal beschäftigt sind. Frauen jeder Altersgruppe, die keiner bezahlten Beschäftigung nachgehen, leiden ebenso nahezu vollständig (95 %) an einer affektiven Störung. Auch bei der zweitältesten Gruppe (40-49) zeigt sich mit 83 % ein sehr hoher Anteil an affektiven Störungen. Diese Frauen weisen ein niedriges Bildungsniveau auf und arbeiten wiederum ausschließlich als Reinigungspersonal. Die beiden jüngeren Altersgruppen (30-39 und bis 29 Jahre) weisen beide einen Anteil von knapp über 70 % an affektiven Störungen auf und zeigen hinsichtlich Bildungsniveau und Berufstätigkeit ein 40 diversifiziertes Bild. Das Vorhandensein einer affektiven Störung wirkt sich bei allen Altersgruppen umfassend auf die Lebensqualität aus. Alle fünf Dimensionen des WHOQOL-BREF zeigen eine deutlich verschlechterte Lebensqualität von Frauen mit affektiven Störungen. Bei der Altersgruppe der 40-49 jährigen leiden fast drei Viertel an Angststörungen, bei den über 50-jährigen sind es beinahe zwei Drittel. Die Altersgruppe der 30-39 jährigen weist den geringsten Anteil an Angstörungen auf. Nur geringfügig höher ist der Anteil bei den unter 30jährigen. Im Hinblick auf das Bildungsniveau weisen jene Frauen mit Berufsschulabschluß die unauffälligsten Ergebnisse auf. Hingegen ist sowohl bei der Gruppe mit niedrigerem (68 %) als auch bei jener mit höherem Bildungsniveau (55 %) die Mehrheit der Frauen von einer Angststörung betroffen. Wie sich bereits bei den affektiven Störungen zeigte, ist auch bei den von Angststörungen betroffenen Frauen die Lebensqualität vermindert. Somatoforme Störungen treten bei der jüngsten Altersgruppe am wenigsten und bei der ältesten am häufigsten auf. Mit rund einem Drittel sind die Frauen der Altersgruppen 40-49 und 30-39 betroffen. Hinsichtlich des Bildungsniveaus lassen sich keine signifikanten Unterschiede für das Auftreten von somatoformen Störungen ableiten. Die Ergebnisse aller Altersgruppen zeigen, daß bei somatoformen Störungen die Lebensqualität deutlich verschlechtert ist. Die Zusammenschau der Ergebnisse von SKID-II zeigt, dass die depressive psychische Störungen mit einem Anteil von knapp unter 50 % am Häufigsten auftritt. Ein Drittel der befragten Frauen ist vom paranoiden Krankheitsbild betroffen, während bei rund einem Fünftel eine selbstunsichere oder negativistische psychische Störungen exploriert wurde. In Bezug auf Altersstruktur, Bildungsniveau, Berufstätigkeit und Lebessqualität lassen sich bei den festgestellten Persönlichkeitsstörungen signifikante Zusammenhänge nachweisen. Die Prävalenzrate depressiver psychische Störungen ist bei der Altersgruppe der über 50jährigen mit 80 % am höchsten, während sie bei der jüngsten Altersgruppe mit 21 % am niedrigsten ist. Hinsichtlich des Bildungsniveaus zeigt sich, daß Frauen mit höherem Bildungsniveau deutlich weniger (19 %) an depressiven Störungen leiden als jene mit einer geringeren Schulbildung (68 %). Knapp signifikant ist auch die unterschiedliche Verteilung der depressiven Symptomatik in Abhängigkeit von vorhandener oder nicht vorhandener Berufstätigkeit. Bei den Berufstätigen liegt der Anteil depressiver Erscheinungsbilder bei rund 37 %, während der Wert für die Nichtberufstätigen 64 % beträgt. 41 Obwohl sich kein direkter Zusammenhang zwischen paranoider psychische Störungen und Altersgruppe ausmachen lässt, ist auffällig, dass auch hierbei die älteste Gruppe am häufigsten (63 %) betroffen ist. Signifikant ist der Zusammenhang von Schulbildung und paranoider Störungen. Während in der höhergebildeten Gruppe nur ca. 6 % betroffen sind, zeigen mehr als die Hälfte der Frauen der anderen beiden Gruppen paranoide Symptome. Berufstätigkeit zeigt sich als Schutzfaktor: In der Gruppe der Berufstätigen zeigen nur 4 % eine paranoide psychische Störungen, während es bei den Nichtberufstätigen 59 % sind. Bei der Selbstunsicherheit zeigt sich in Bezug auf die Altersgruppen ein signifikanter Zusammengang. In der Altersgruppe der unter 30-jährigen befindet sich keine einzige Frau, die Selbstunsicherheit zeigt. Demgegenüber unterscheidet sich die älteste Gruppe mit dem höchstem Anteil von 45,5%. In der Altersgruppe 30-39 zeigen 29% Selbstunsicherheit und in der Altersgruppe 40-49 beträgt der Anteil 16%. Zwischen Frauen, die zum Zeitpunkt der Untersuchung berufstätig bzw. ohne Beschäftigung waren und der Symptomatik Selbstunsicherheit zeigt sich kein statistisch belegbarer Zusammenhang. Die Zusammenschau von Altersgruppe und Negativismus zeigt folgendes: Den höchsten Prozentsatz weist die Gruppe der über 50-jährigen Frauen auf (45 %). Der Anteil der unter 30jährigen liegt bei 14 %, der der Altersgruppe 30-39 beträgt 23,5 %, während die 40-49 jährigen mit 6 % eine ganz geringe negativistische Störungen aufweisen. Tendenziell signifikant ist das Ergebnis bezüglich des Bildungsniveaus. Hier fällt vor allem auf, dass bei den höher gebildeten Frauen keine einzige eine negativistische Störungen hat. Bei den Frauen mit geringer oder keiner Ausbildung zeigt ein Viertel negativistische Störungen, während bei den Frauen mit mittlerem Bildungsniveau der Anteil geringfügig höher liegt. Deutlich signifikante Unterschiede finden sich jedoch in Bezug auf die Berufstätigkeit. Frauen ohne Arbeit zeigen diese Störungen zu 36 %. Im Gegensatz dazu liegt der Anteil der berufstätigen Frauen nur bei 10,5 %. 42 5. Diskussion und Ausblick Mit der vorliegenden Studie liegt eine empirische Datenbasis über die psychische Gesundheit von Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die im 15. Wiener Gemeindebezirk leben, vor. I: Für die ältere Generation Die Ergebnisse der Auswertung von SKID-I und SKID-II, sowie WHOQOL-BREF, ergeben, dass die über 50-jährigen Frauen die mit Abstand schlechtesten Werte bezüglich psychischer Gesundheit, Ausbildungsniveau und Lebensqualität aufweisen. Die Schlussfolgerungen der Studie wirken somit bestärkend auf die bereits bestehenden Bemühungen der Wiener Integrations-, Gesundheits-, und Generationenpolitik. Zusätzlich bietet die Studie Argumente für jene Bereiche an, die bisher noch unzureichend Beachtung fanden, und nun anhand einer gefestigten Datenlage in den Blickpunkt gerückt werden können. Für die über 50-jährigen Migrantinnen aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien können aufgrund der Datenlage folgende zielgruppenorientierte Argumente extrahiert werden: Da besonders die älteren Frauen ein mangelhaftes Wissen über Aufbau und Funktion des eigenen Körpers, sowie über die Ursachen von gesundheitlichen Beschwerden und deren Verhinderung haben, ist eine Stärkung der niederschwelligen muttersprachlichen Präventivmaßnahmen für die ältere Generation erforderlich; die Prioritäten sind auf mündliche Kommunikation (z. B. Hotlines, Informationsveranstaltungen) zu setzen; Im Hinblick auf die Arbeitsmarkt- und Pensionspolitik sind die besonderen sozioökonomischen Bedingungen der ersten Migrationsgeneration verstärkt zu berücksichtigen; Die vorausblickende muttersprachliche psychosoziale Altenversorgung ist als gezielte Gesundheitsmaßnahme zu fördern; II: Für die in Wien lebenden Migrantinnen aus dem ehemaligen Jugoslawien Da in der vorliegenden Studie der gesamte psychische Bereich in Bezug auf die Lebensqualität erhoben wurde, lassen sich hinsichtlich der Gruppe der in Wien lebenden Migrantinnen aus 43 dem ehemaligen Jugoslawien folgende spezifische Empfehlungen zur Stärkung und Entwicklung von integrations- und gesundheitspolitischen Strategien ableiten: Stärkung der gesamten Prävention für psychische Gesundheit. (Während des Projekts bekundeten die befragten Frauen und deren Angehörige nachdrücklich ihr Interesse an Fragen zur psychischen Gesundheitsvorsorge und den psychosozialen Gesundheitseinrichtungen in Wien.) Vermehrter Einsatz von muttersprachlich gestützer Behandlung im Gesundheits- und Rehabilitationssystem der Stadt Wien (Personalselektion) 3 . Da in Wien eine starke Unterversorgung an psychologisch-psychiatrischen Fachkräften mit bosnisch/kroatisch/serbischer Muttersprache besteht, kommt es häufig zu Fehldiagnosen und in Folge zu falschen Behandlungen. Die Folgen sind eine unnötig verlängerte Krankheitsdauer, verlängerte Krankenstände und höhere Behandlungskosten. Die Auswirkungen sind sowohl für die sozioökonomische Lage der Migrantinnen (Arbeitslosigkeit, Frühpensionierung) als auch für die budgetäre Situation des öffentlichen Gesundheitswesens negativ. Weitere Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern (in erster Linie der Wiener Gebietskrankenkasse), damit bei der Vergabe von Kassenverträgen der psychologisch-psychiatrische Bedarf von Migrantinnen aus dem ehemaligen Jugoslawien Berücksichtigung findet. Es ist hierbei festzuhalten, dass es in Wien nur wenige niedergelassene neuropsychiatrische FachärztInnen, Klinische und GesundheitspsychologInnen und PsychotherapeutInnen mit bosnisch/kroatisch/serbischer Muttersprache gibt. Bisher wurde jedoch keinem von ihnen ein Kassenvertrag zugeteilt. Erweiterung des Angebots an Deutschkursen für Migrantinnen; das Thema (psychische) Gesundheit als festen Bestandteil im Rahmen des Curriculums ab der Mittelstufe verankern. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um eine die Prävention betreffende Maßnahme handelt. Denn bei der Behandlung ziehen selbst Migrantinnen der zweiten Generation tendenziell die Muttersprache der Erstsprache Deutsch vor. Das geschieht erfahrungsgemäß auch dann, wenn sie die Erstsprache besser als ihre Muttersprache beherrschen. Für diese Erscheinung sind soziokulturelle und Mentalitätsgründe ausschlaggebend. Stärkung des psychosozialen Sektors in der allgemeinen Erwachsenenbildung (z. B. Angebot muttersprachlicher Seminarabende bei der VHS); III: Für die psychologisch-psychiatrische Migrationsforschung 3 So gibt es gibt in Wien nur ein einziges Krankenhaus, an dem halbtags eine Klinische Psychologin mit bosnisch/ kroatisch/serbischer Muttersprache – jedoch nicht mit Focus auf Migrantinnen - beschäftigt wird. Ein weiteres Krankenhaus beschäftigt eine Klinische Psychologin aus dem ehemaligen Jugoslawien geringfügig. Das Problem der sprachlichen Unterversorgung durch dolmetschendes Reinigungspersonal zu bewältigen, widerspricht den Bemühungen zur Qualitätssicherung der Wiener Gesundheitseinrichtungen. 44 Obwohl Migrantinnen mit bosnisch/kroatisch/serbischer Muttersprache die mit Abstand größte Sprachgruppe in Wien bilden, sind sie im Bereich der psychologisch-psychiatrischen Migrationsforschung deutlich unterrepräsentiert. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um muttersprachlich gestützte Forschung handelt. Meines Wissens ist die vorliegende Studie die erste im deutschen Sprachraum, die sich auf ein validiertes muttersprachliches Testinventarium stützt. Es darf hierbei nicht vergessen werden, dass im psychologisch-psychiatrischen Bereich der Sprachebene eine besondere Stellung zukommt. In der vorliegende Arbeit konnte durch die muttersprachliche Erhebung nicht nur die Sprachbarriere sondern auch die Hemmschwelle psychischer Stigmata durchbrochen werden. Worüber Frauen in ihrer Muttersprache nur äußerst zurückhaltend sprechen, sprechen sie in einer Zweitsprache zumeist überhaupt nicht. Zusätzlich ist anzumerken, dass trotz einer muttersprachlichen Datenerhebung bei Frauen mit geringer Bildungserfahrung formaldidaktische Probleme in der Testsituation (Prässuppositionen) zu bewältigen sind. Zu Beginn der Studie bestand meine Sorge darin, nicht genügend Frauen zu finden, die an dieser mehrstündigen, anstrengenden Testreihe teilnehmen würden. Die Ergebnisse sind hinsichtlich künftiger Forschungsarbeiten jedoch vielversprechend. Nachdem ich etwa ein Drittel der Frauen getestet hatte, meldeten sich vermehrt (wahrscheinlich durch Mundpropaganda) Frauen aus ganz Wien und teilten ihr Interesse an den Tests mit. Die Tests wurden von den Frauen als Zuwendung und Aufmerksamkeit für sie und ihre psychische Befindlichkeit interpretiert. Es ist darauf hinzuweisen, dass keine der 60 untersuchten Frauen aus meinem unmittelbaren Bekanntenkreis stammt. Folgende Empfehlungen für gesundheitspolitsche Maßnahmen lassen sich extrahieren: Verstärkte Ausbildung psychosozialer Fachkräfte mit bosnisch/kroatisch/serbischer Muttersprache; Förderung muttersprachlich gestützter Forschungsarbeiten im psychologisch-psychiatrischen Bereich; Ausweitung der vorliegenden Studie auf ganz Wien. 45 6. Literatur 1. Angermeyer, M. C. & Kilian, R. & Matschinger, H. (2000): WHOQOL-100 und WHOQOL-BREF. Handbuch für die deutschsprachigen Versionen der WHO Instrumente zur internationalen Erfassung von Lebensqualität. Göttingen. (Piralić Spitzl, Sanela (2003): WHOQOL-BREF. Validierte Version. Unveröffentlicht. (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch.) 2. Bacher, J. & Gerzer, G (1993): Wir sind Anders. Ergebnisse einer sozialwissenschaftlichen Untersuchung der Lebenssituation von GastarbeiterInnen in der Stadt Wels. Linz. 3. Borde, T. & David, M. (Hg) (2003): Gut versorgt? Franfurt am Main. 4. Collatz, J. et al (Hg) (1997): Transkulturelle Begutachtung. Berlin. 5. Csitkovics, M. & Eder, A. & Matuschek, H. (Hg) (1997): Die gesundheitliche Situation von MigrantInnen. Wien. 6. David, M. & Borde, T. & Kentenich, H. (Hg) (1998): Migration und Gesundheit. Frankfurt am Main. 7. David, M. & Borde, T. & Kentenich, H. (Hg) (2000): Migration - Frauen - Gesundheit. Franfurt am Main. 8. Dilling, H. & Mombour, W. & Schmidt, M. H. (Hg)/WHO (2000): Internationale Klassifikation psychischer Störungen - ICD-10, Kapitel V(F). Göttingen. 9. Fassmann, H. & Münz, R. (1995): Einwanderungsland Österreich? Historische Migrationsmuster - aktuelle Trends - politische Maßnahmen. Wien. 10. First, Michael B. et al (Hg) (2000): SKID I - Strukturirani klinički intervju za poremećaje ličnosti s osi I iz DSM-IV. Jastrebarsko. (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch.) 11. First, Michael B. et al (Hg) (2000): SKID II - Strukturirani klinički intervju za poremećaje ličnosti s osi II iz DSM-IV. Jastrebarsko. (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch.) 12. Franke, A. & Kämmerer, A. (2001): Klinische Psychologie der Frau. Göttingen. 13. Hammen, C. (1999): Depression - Erscheinungsformen und Behandlung. Göttingen. 14. Hegemann, T. & Salman, R. (2001): Transkulturelle Psychiatrie - Konzepte für die Arbeit mit Menschen aus anderen Kulturen. Bonn. 46 15. Heise, T. (Hg) (1998): Transkulturelle Psychotherapie. Hilfen im ärztlichen und therapeutischen Umgang mit ausländischen Mitbürgern. Berlin. 16. Hofinger, C. et al/IHS (1998): Einwanderung und Niederlassung II. Soziale Kontakte Diskriminierung, Sprachkenntnisse, Bleibeabsichten, Arbeitsmarktintegration und Armutsgefährdung der ausländischen Wohnbevölkerung in Wien. Wien. 17. Kentenich, H. & Reeg, P. & Wehkamp, K.- H. (Hg) (1990): Zwischen zwei Kulturen – Was macht Ausländer krank? Franfurt am Main. 18. Laburda, A. S. & Matuschek, H. & Wiederschwinger M. (1996): Integration von AusländerInnen in Österreich. Wien. 19. Matuschek, H. (1990): Familien von ArbeitsmigrantInnen und AsylwerberInnen in Österreich. In: Gisser et al (1990): Lebenswelt Familie. Wien. 20. Meyer-Ehlert, B. & Wohlfahrt-Schneider, U. (1986): Gesundheitsbildung und Beratung mit AusländerInnen. Berlin. 21. Pelinka, A. & Amesberger, H. & Halbmayr, B. (Hg) (2001): Zugewanderte PatientientInnen im Wiener Gesundheitssystem. Wien. 22. Pfeiffer W. M. (1994): Transkulturelle Psychiatrie. Ergebnisse und Probleme. Stuttgart. 23. Pfeiffer W. M. (1996): Das Bild der Depression im Kulturvergleich. Stuttgart. 24. Saß, H. & Wittchen, H. U. & Zaudig, M. (Hg)/APA (2003): Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen. Textrevision. DSM-IV-TR. Göttingen. 25. Schmid et al (1992): Ausländer und Gesundheit. Wien. 26. WIF (2002): MigrantInnen in Wien 2001 – Daten, Fakten, Recht. Teil II. Wien. 27. Wimmer–Puchinger, B. et. al (1998): Die Lebenssituation und Gesundheit von Frauen im 10. Wiener Gemeindebezirk. Wien. 47 Glossar Affektive Störungen Diese Gruppe enthält Störungen deren Hauptsymptome in einer Veränderung der Stimmung oder der Affektivität entweder zur Depression - mit oder ohne begleitender Angst - oder zur gehobenen Stimmung bestehen. Dieser Stimmungswechsel wird meist von einer Veränderung des allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet. Die meisten anderen Symptome beruhen hierauf oder sind im Zusammenhang mit dem Stimmungs- und Aktivitätswechsel leicht zu verstehen. Die meisten dieser Störungen neigen zu Rückfällen. Der Beginn der einzelnen Episoden ist oft mit belastenden Ereignissen oder Situationen in Zusammenhang zu bringen. Antisoziale Persönlichkeitsstörung Eine Persönlichkeitsstörung, die durch eine Mißachtung sozialer Verpflichtungen und herzloses Unbeteiligtsein an Gefühlen für andere gekennzeichnet ist. Zwischen dem Verhalten und den herrschenden sozialen Normen besteht eine erhebliche Diskrepanz. Das Verhalten erscheint durch nachteilige Erlebnisse, einschließlich Bestrafung, nicht änderungsfähig. Es besteht eine geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges Verhalten, eine Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das Verhalten anzubieten, durch das der betreffende Patient in einen Konflikt mit der Gesellschaft geraten ist. Agoraphobie Eine relativ gut definierte Gruppe von Phobien, mit Befürchtungen, das Haus zu verlassen, Geschäfte zu betreten, in Menschenmengen und auf öffentlichen Plätzen zu sein, alleine mit Bahn, Bus oder Flugzeug zu reisen. Eine Panikstörung kommt als häufiges Merkmal bei gegenwärtigen oder zurückliegenden Episoden vor. Depressive und zwanghafte Symptome sowie soziale Phobien sind als zusätzliche Merkmale gleichfalls häufig vorhanden. Die Vermeidung der phobischen Situation steht oft im Vordergrund, und einige Agoraphobiker erleben nur wenig Angst, da sie die phobischen Situationen meiden können. 48 Borderline-Persönlichkeitsstörung Die betreffenden Personen neigen zu starken Stimmungsschwankungen (von quälender Angst und Verzweiflungs-gefühlen bis hin zu zorniger Erregung), deren Intensität mitunter soweit gehen kann, daß Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen ausagiert werden. Von außen werden Borderline-Patienten deshalb häufig als unberechenbar erlebt. Beim Vorausplanen haben sie Schwierigkeiten (phasenweise wird dies durch viel Planungsaktivität zu kompensieren versucht), und beim Ausbrechen intensiven Ärgers kann es fallweise zu explosivem, in Einzelfällen sogar gewalttätigem Verhalten kommen. Oft richten die Betroffenen ihre aggressiven Impulse aber jedoch gegen sich selbst statt gegen andere Selbstverletzendes Verhalten ist ein Symptom, das verhältnismäßig oft kombiniert mit einer Borderline-Störung auftritt. Chi Quadrat [Chi (Χ χ) ist der 22. Buchstabe des Griechischen Alphabets.] Chi Quadrat ist ein Streuungswert für zwei nominalskalierte Daten. Er sagt aus, in welchem Maße die beobachteten Werte einer Verteilung vom erwarteten Wert (Zeilen- * Spaltensumme / N) abweicht. Je größer Chi Quadrat, desto signifikanter ist der Zusammenhang zwischen der abhängigen und der unabhängigen Variablen. Die Chi-Quadrat-Verteilung ist eine stetige lichkeitsverteilung. Sie hat einen einzigen Parameter, n, der eine natürliche Zahl sein muss. Man sagt Wahrschein- auch n ist der Freiheitsgrad der Chi-Quadrat-Verteilung. Cut-Off-Wert Der Cut-Off-Wert ist der Wert in einem quantitativen diagnostischen Test, der zwischen zwei Testergebnissen (positiv, negativ) unterscheidet und damit einen Patienten einem der zwei untersuchten Krankheitszuständen (z.B. krank vs. nicht krank oder Erkrankung 1 vs. Erkrankung 2) zuordnet. Dabei gibt immer einen Überlappungsbereich, in dem je nach Lage des Cut-Off-Punktes Patienten testpositiv oder testnegativ eingeordnet werden. Deshalb ist die Auswahl des Cut-Off-Punktes sorgfältig vorzunehmen. Dependente Persönlichkeitsstörung 49 Die abhängige oder dependente Persönlichkeit ist ohne Selbstvertrauen und unfähig zu selbständigen Entscheidungen. Sie überlässt dem Ehepartner passiv die Entscheidung darüber, wo die Familie lebt, wovon sie lebt und mit wem man Freundschaft schließt. Anderen stimmt sie auch dann zu, wenn diese Unrecht haben und sie hat Schwierigkeiten, die Initiative zu ergreifen. Wenn sie allein ist, fühlt sie sich unwohl und beschäftigt sich oft mit der Angst, allein gelassen zu werden und selbst für sich sorgen zu müssen. Sie ist unfähig, Forderungen zu stellen, und stellt die eigenen Bedürfnisse hintan, um nicht die Beziehung zu Menschen zu gefährden, von denen sie abhängig ist. Wenn eine enge Beziehung endet, suchen sie dringend nach einer neuen, die die alte ersetzen kann. Diagnostische Tests Diagnostik ist ein Mittel, eine A-priori-Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Vermutung, dass PatientInnen an einer Krankehit leiden, in eine (möglichst) höhere A-posterioriWahrscheinlichkeit zu transformieren. Um die Diagnostik zu beschreiben, wird sie als Folge von binären Einzelentscheidungen aufgefasst. Bei diesen Einzel-unterscheidungen werden diagnostische Tests eingesetzt, die zwischen zwei Zuständen entscheiden sollen: Krankheit vorhanden / nicht vorhanden. Entsprechend ist auch das Testresultat eine Ja/Nein-Aussage: krank (=positiv) / nicht krank (=negativ). Bei Tests mit quantitative Ergebnissen erfolgt die Überführung in eine solche binäre Aussage mit einem Trennwert (Cut-Off-Point). Hieraus lässt sich eine Vierfeldertafel erzeugen, die Zustand des Patienten und Testergebnis gegenüberstellt: Zustand des Patienten krank nicht krank Summe Testergebnis positiv richtig positiv (rp) falsch positiv (fp) rp+fp Testergebnis negativ falsch negativ (fn) richtig negativ (rn) fn+rn Summe rp+fn fp+rn rp+fp+fn+rn Anhand dieser Tafel lassen sich spalten- und zeilenweise je die Verhältnisse der Einzelzellen zu den Summen bilden. 50 Die Sensitivität ermittelt den Anteil der richtig Positiv erkannten Patienten zu allen Kranken (rp/(rp+fn), die Spezifität den Anteil der Richtig negativ erkannten Patienten an den NichtKranken (rn/(rn+fp)). Sensitivität und Spezifität sind die Größen, die die Entwickler und Hersteller bei der Bewertung ihrer diagnostischen Tests verwenden können. Die Vorhersagewerte (zeilenweise Betrachtung) betrachten dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient tat-sächlich den Zustand aufweist, den der Test anzeigt (positiver Vorhersagewert: rp/(rp+fp), negativer Vorhersage-wert: rn/(rn+fn). Die Vorhersagewerte beschreiben damit die Sicht der Untersuchenden, denen das Testergebnis vorliegt. Sie können mit diesen Werten das Testergebnis hinsichtlich seiner Relevanz einschätzen. Differentialdiagnose Abgrenzung einer Krankheit von Erkrankungen mit ähnlichem Erscheinungsbild. DSM-IV Das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen (DSM-IV) ist ein weltweit angewandtes Klassifikationssystem der psychischen Störungen. Die Ziffer IV bezeichnet die 4. Revision. DSM-IV umfasst dia-gnostische Kriterien sowie die umfangreichen Informationen zu Symptomatik, Verlauf, Prävalenz, Prädispositionen und Differenzialdiagnostik der Störungen. Dysthymia Hierbei handelt es sich um eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer schweren, mittel-gradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen. Generalisierte Angsstörung Die Angst ist generalisiert und anhaltend. Sie ist nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen beschränkt, oder auch nur besonders betont in solchen Situationen, sie ist vielmehr "frei 51 flottierend". Die wesentlichen Symptome sind variabel, Beschwerden wie ständige Nervosität, Zittern, Muskelspannung, Schwitzen, Benommenheit, Herzklopfen, Schwindelgefühle oder Oberbauchbeschwerden gehören zu diesem Bild. Häufig wird die Befürchtung geäußert, der Patient selbst oder ein Angehöriger könnten demnächst erkranken oder einen Unfall haben. Histrionische Persönlichkeitsstörung Eine Persönlichkeitsstörung, die durch oberflächliche und labile Affektivität, Dramatisierung, einen theatralischen, übertriebenen Ausdruck von Gefühlen, durch Suggestibilität, Egozentrik, Genußsucht, Mangel an Rücksichtnahme, erhöhte Kränkbarkeit und ein dauerndes Verlangen nach Anerkennung, äußeren Reizen und Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist. Hypochondrische Störung Vorherrschendes Kennzeichen ist eine beharrliche Beschäftigung mit der Möglichkeit, an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu leiden. Die Patienten manifestieren anhaltende körperliche Beschwerden oder anhaltende Beschäftigung mit ihren körperlichen Phänomenen. Normale oder allgemeine Körperwahrnehmungen und Symptome werden von dem betreffenden Patienten oft als abnorm und belastend interpretiert und die Aufmerksamkeit meist auf nur ein oder zwei Organe oder Organsysteme des Körpers fokussiert. Depression und Angst finden sich häufig und können dann zusätzliche Diagnosen rechtfertigen. Hypomanie Eine Störung, charakterisiert durch eine anhaltende, leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und Aktivität und in der Regel auch ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit. Gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit, gesteigerte Libido und vermindertes Schlafbedürfnis sind häufig vorhanden, aber nicht in dem Ausmaß, daß sie zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen. Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und flegelhaftes Verhalten können an die Stelle der häufigen euphorischen Geselligkeit treten. Die Störungen der Stimmung und des Verhaltens werden nicht von Halluzinationen oder Wahn begleitet. 52 ICD 10 (Kapitel V (F)) Die Abkürzung ICD steht für "International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems"; die Ziffer 10 bezeichnet deren 10. Revision. Diese Klassifikation wurde von der Weltgesundheitsorganisation erstellt. Kapitel V (F) umfasst die psychischen und Verhaltensstörungen. Durch den F-Schlüssel werden diese Störungen codiert. Median Der Median, eine Größe der Statistik, ist der mittelste Wert nach einer Rangordnung. Er gehört zu den Maßzahlen der zentralen Verteilung, auch Lagemaß genannt. Sortiert man eine Reihe von Messwerten der Größe nach, so ist der Wert, der in der Mitte dieser Reihe liegt, der Median. Hat man eine gerade Anzahl von Werten, ergibt sich der Median als arithmetisches Mittel der beiden mittleren Werte. Die eine Hälfte der Werte ist größer, die andere Hälfte kleiner als der Median. Der Median ist also das 50%-Perzentil. Im Gegensatz zum arithmetischen Mittelwert auch Durchschnitt genannt, verändert sich der Median durch einzelne Extremwerte kaum. So ist der Median der Zahlenreihen 1,2,3,4,5 und 1,2,3,4,100 jeweils 3; 3 ist in der Mitte, mit je zwei Nachbarn. Der Mittelwert ist im ersten Fall ebenfalls 3, bei der zweiten Reihe verschiebt der "Ausreißer" 100 den Mittelwert auf 22. Narzisstische Persönlichkeitsstörung Charakteristisch für narzisstische Persönlichkeiten ist das grandiose Selbstbild ihrer Einzigartigkeit und ihrer Fähigkeiten. Sie phantasieren von grenzenlosen Erfolgen. Sie als egozentrisch zu bezeichnen, ist fast noch untertrieben. Sie fordern fast ständig Aufmerksamkeit und starke Bewunderung. Sie sind davon überzeugt, dass sie nur von besonderen Menschen oder solchen von hohem Rang verstanden werden. Ihre zwischenmenschlichen Beziehungen leiden unter ihrer mangelnden Empathie. Sie neigen dazu, andere auszubeuten und nur auf ihren Vorteil bedacht zu sein, stellen Ansprüche und erwarten von anderen Vergünstigungen, ohne zu Gegenleistungen bereit zu sein. Die meisten dieser Persönlichkeitsmerkmale, mit Ausnahme des Mangels an Empathie und extremer Reaktion auf Kritik, wurden als Aspekte der narzisstischen Persönlichkeitsstörung empirisch validiert. 53 Negativistische Persönlichkeitsstörung Negativistische Einstellungen, passiver Widerstand gegenüber Forderungen nach angemessener Leistung; widersetzt sich passiv der Erfüllung sozialer und beruflicher Routineaufgaben; beklagt sich, von anderen miss-verstanden und missachtet zu werden; ist mürrisch und streitsüchtig, übt unangemessene Kritik and Autoritäten und verachtet sie; Bringt denen gegenüber Neid und Groll zum Ausdruck, die offensichtlich mehr Glück haben; beklagt sich übertrieben und anhaltend über persönliches Unglück; wechselt zwischen feindseligem Trotz und Reue. Panikstörung Das wesentliche Kennzeichen sind wiederkehrende schwere Angstattacken (Panik), die sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände beschränken und deshalb auch nicht vorhersehbar sind. Wie bei anderen Angsterkrankungen zählen zu den wesentlichen Symptomen plötzlich auftretendes Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungsgefühle, Schwindel und Entfremdungsgefühle (Depersonalisation oder Derealisation). Oft entsteht sekundär auch die Furcht zu sterben, vor Kontrollverlust oder die Angst, wahnsinnig zu werden. Die Panikstörung soll nicht als Hauptdiagnose verwendet werden, wenn der Betroffene bei Beginn der Panikattacken an einer depressiven Störung leidet. Unter diesen Umständen sind die Panikattacken wahrscheinlich sekundäre Folge der Depression. Paranoide Persönlichkeitsstörung Diese Persönlichkeitsstörung ist durch übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, Nachtragen von Kränkungen, durch Mißtrauen, sowie eine Neigung, Erlebtes zu verdrehen gekennzeichnet, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich mißgedeutet werden, wiederkehrende unberechtigte Verdächtigungen hinsichtlich der sexuellen Treue des Ehegatten oder Sexualpartners, schließlich durch streitsüchtiges und beharrliches Bestehen auf eigenen Rechten. Diese Personen können zu überhöhtem Selbstwertgefühl und häufiger, übertriebener Selbstbezogenheit neigen. 54 Posttraumatische Belastungsstörung Diese entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Wachheit, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz (Krankheitssymtome im Verborgenen), die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. psychotrop auf psychische Funktionen wirkend rezidivierend wiederkehrend Schizoide Persönlichkeitsstörung Eine Persönlichkeitsstörung, die durch einen Rückzug von affektiven, sozialen und anderen Kontakten mit übermäßiger Vorliebe für Phantasie, einzelgängerisches Verhalten und in sich gekehrte Zurückhaltung gekennzeichnet ist. Es besteht nur ein begrenztes Vermögen, Gefühle auszudrücken und Freude zu erleben. Schizotype Persönlichkeitsstörung Eine Störung mit exzentrischem Verhalten und Anomalien des Denkens und der Stimmung, die schizophren wirken, obwohl nie eindeutige und charakteristische schizophrene Symptome 55 aufgetreten sind. Es kommen vor: ein kalter Affekt, seltsames und exzentrisches Verhalten, Tendenz zu sozialem Rückzug, paranoische oder bizarre Ideen, die aber nicht bis zu eigentlichen Wahnvorstellungen gehen, zwanghaftes Grübeln, Denk- und Wahrnehmungsstörungen, gelegentlich vorübergehende, quasipsychotische Episoden mit intensiven Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Ideen, meist ohne äußere Veranlassung. Es läßt sich kein klarer Beginn feststellen; Entwicklung und Verlauf entsprechen gewöhnlich einer Persönlichkeitsstörung. Signifikanz In der Statistik heißen Ergebnisse signifikant, wenn es unwahrscheinlich ist, dass sie durch Zufall zustande kamen. Unwahrscheinlich heißt hierbei in der Regel maximal 5 Prozent Wahrscheinlichkeit. SKID-I/SKID-II Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV. Achse I: Psychische Störungen/Achse II: Persönlichkeitsstörungen. Die Durchführungszeit von SKID-I beträgt etwa 60 Minuten und teilt sich in einen freien (etwa 10 Minuten Dauer) und einen strukturierten Interviewteil. Die durchschnittliche Durchführungszeit von SKID-II liegt bei etwa 30 Minuten. SKID-I dient der Erfassung und Diagnostik ausgewählter psychischer Syndrome und Störungen, wie sie im DSM-IV auf Achse I definiert werden. Außerdem werden Kodierungsmöglichkeiten für die Beurteilung von Achse III (körperliche Störungen) und Achse V (Psychosoziales Funktionsniveau) angeboten. Alle Diagnosen werden im Längs- und Querschnitt sowie mit Zusatzinformationen über Beginn und Verlauf erhoben. Folgende DSM-IV Diagnosen können im SKID-I auf Achse I beurteilt werden: Affektive Störungen, Psychotische Störungen, Störungen durch Psychotrope Substanzen, Angststörungen, Somatoforme Störungen, Essstörungen und Anpassungsstörungen. SKID-II ist ein Verfahren zur Diagnostik der zehn auf Achse-II sowie der zwei im Anhang des DSM-IV aufgeführten Persönlichkeitsstörungen. SKID-II ist ein zweistufiges Verfahren, bestehend aus einem Fragebogen, dessen Items die Kriterien des DSM-IV repräsentieren und der als Screening für die Merkmale der zwölf erfassten Persönlichkeitsstörungen dient. Im nachfolgenden Interview brauchen dann nur noch diejenigen Fragen gestellt zu werden, für die im Fragebogen eine «ja»-Antwort angekreuzt wurde. Durch dieses zweistufige Verfahren wird eine vergleichsweise geringe Durchführungszeit für das Interview erreicht. SKID-I und SKID-II ermöglichen dem 56 Interviewer eine schnelle und valide Diagnosenstellung nach DSM-IV. Durch die Angabe von Sprungregeln hält sich der Interviewer nicht bei Fragen nach Symptomen auf, die diagnostisch irrelevant sind. Somatoforme Störungen Das Charakteristikum ist die wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, daß die Symptome nicht körperlich begründbar sind. Wenn somatische Störungen vorhanden sind, erklären sie nicht die Art und das Ausmaß der Symptome, das Leiden und die innerliche Beteiligung des Patienten. SPSS für Windows™ SPSS für Windows™ ist eine modular aufgebaute Analysesoftware. Es besteht aus dem Base System, das bereits das komplette Daten- und Dateimanagement, sämtliche Grafiktypen und eine breite Palette an statistischen Funktionen umfaßt. Diverse Zusatzmodule erweitern die statistische Leistungsfähigkeit des Base Systems. Auf diese Weise kann das SPSSAnalysesystem für bedarfsindividuelle Anforderungen genutzt werden. Standardabweichung [engl. standard deviation]. Die Standardabweichung ist eine Maßzahl der Streuung. Wird in der Statistik eine Auswertung über eine Menge von Werten benötigt, gibt die Standardabweichung ein sinnvolles Maß für die Streuung um den Mittelwert an. Die Standardabweichung ist die Quadratwurzel einer anderen Streuungsmaßzahl, der Varianz. Sie hat gegenüber dieser den Vorteil, dass sie die gleiche Einheit hat wie die ursprünglichen Messwerte. Statistische Tests Statistische Tests dienen zum Überprüfen einer statistischen Hypothese und ihrer Signifikanz. Man nennt sie deswegen auch Signifikanztests. Generell geht man dabei in folgenden Schritten vor: Formulierung einer Nullhypothese H0 und ihrer Alternativhypothese H1; Berechnung einer Testgröße oder Teststatistik T aus der Stichprobe; Bestimmung des kritischen Bereiches K zum Signifikanzniveau & alpha, das vor Realisation der Stichprobe feststehen muss; Treffen der 57 Testentscheidung (Liegt T innerhalb von K, so lehnt man H0 zugunsten von H1ab. Liegt T außerhalb von K, so wird H0 beibehalten.) Varianzanalyse Die Varianz ist in der Statistik ein Streuungsmaß, d.h. ein Maß für die Abweichung einer Zufallsvariable von ihrem Erwartungswert. Ihr Nachteil ist, dass sie eine andere Einheit als die Daten besitzt. Man verwendet daher meistens Standardabweichung, die als Quadratwurzel aus der Varianz definiert ist. Die Varianzanalyse ist ein statistisches Verfahren, dass versucht, die Varianz einer metrischen Variablen durch eine oder mehrere kategoriale Variablen zu erklären. Das Verfahren untersucht, ob (und gegenenfalls wie) sich der Erwartungswert einer metrischen Zufallsvariablen in verschiedenen Gruppen unterscheidet. Der Name des Verfahrens geht darauf zurück, das in Prüfgrößen des Verfahrens getestet wird, ob die Varianz zwischen den Gruppen größer ist als die Varianz innerhalb der Gruppen. Bei der einfaktoriellen Varianzanalyse enthält das Modell nur eine unabhängige Variable, den Faktor, der dann beliebig viele Faktorstufen haben kann. WHOQOL-BREF World Health Organization Quality of Life – Kurzversion. Grundlage des Fragebogens ist die Definition von Lebensqualität als die individuelle Wahrnehmung der eigenen Lebenssituation im Kontext der jeweiligen Kultur und des jeweiligen Wertesystems sowie in Bezug auf persönliche Ziele, Erwartungen, Beurteilungsmaßstäbe und Interessen. Der Fragebogen unterscheidet sehr gut zwischen Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen und gesunden Personen sowie zwischen Personen mit physischen und Personen mit psychischen Erkrankungen. Für Anwendungsbereiche, in denen die Erfassung der Lebensqualität nur eine von mehreren Zieldimensionen bildet, eignet sich die aus 26 Items bestehende Kurzversion WHOQOL-BREF, welche die Dimensionen Physisches Wohlbefinden, Psychisches Wohlbefinden, Soziale Beziehungen und Umwelt erfasst. Der Fragebogen liegt mittlerweile in mehr als 18 Sprachen vor, so dass eine weltweite Vergleichbarkeit von Lebensqualitätsdaten möglich ist. Bearbeitungsdauer ca. 5 bis 10 Minuten. 58 Zyklothymia Hierbei handelt es sich um eine andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen Perioden von Depression und leicht gehobener Stimmung (Hypomanie), von denen aber keine ausreichend schwer und anhaltend genug ist, um die Kriterien für eine bipolare affektive Störung oder rezidivierende depressive Störung 59