(Unterstützung von Kin-dern psychisch kranker Eltern

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Begründung Vorlage Nr. 12/2887/1:
Der Krankenhausausschuss 2 hat in seiner Sitzung am 22. Januar 2008 gebeten, die
Vorlage über die Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern in den Rheinischen Kliniken
Langenfeld (12/2887) dem Landesjugendhilfeausschuss und dem Sozialausschuss zur
Kenntnis zu geben.
Begründung der Vorlage Nr. 12/2887:
Angebote von Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern in den Rheinischen Kliniken
Langenfeld
Der Krankenhausausschuss 2 hat die Betriebsleitung der Rheinischen Kliniken Langenfeld
darum gebeten, fortlaufend über die Weiterentwicklung der oben genannten Angebote in den
Rheinischen Kliniken Langenfeld zu berichten.
I. Hintergrund
Etwa 1,6 Millionen psychisch kranke Menschen begeben sich jährlich in der Bundesrepublik
Deutschland in fachärztliche Behandlung, das entspricht knapp drei Prozent der
Gesamtbevölkerung.
Etwa genau so viele Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig. Psychische
Erkrankungen einschließlich der Suchterkrankungen sind Familienerkrankungen und wenn
ein Familienmitglied erkrankt, hat dies Auswirkungen auf die sozialen Beziehungen und die
Lebenssituation jedes einzelnen Familienmitglieds.
Viele der suchtkranken Menschen haben Kinder. Etwa 1,8 bis 2 Millionen Kinder leben mit
der Alkoholabhängigkeit eines oder beider Elternteile.
30% der Kinder aus Alkoholikerfamilien werden später selbst abhängig, trotz oder wegen des
erfahrenen Leids. Die Zahl der Kinder psychisch kranker Eltern lässt sich nur schätzen.
Fachleute gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 500.000 Kinder psychosekranker
Eltern leben.
II. Rahmenbedingungen
Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern sind häufig schon von Geburt an
benachteiligt, z.B. wenn die Geburt bei den kranken Müttern mit Ängsten besetzt ist und die
notwendigen Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrgenommen werden. Kinder von psychisch
kranken und suchtkranken Eltern erleben häufig schon in frühem Alter entweder
Beziehungsabbrüche
oder
aber
durch
die
elterliche
Krankheit
veränderte,
teils
-2-
realitätsverzerrende oder aber atmosphärisch hochgradig bedrückende Beziehungen, die
ihre psychische Entwicklung beeinträchtigen und prägen. Ältere Kinder sehen sich der
Familiensituation oftmals als allein Verantwortliche hilflos gegenüberstehend, sie sind
überfordert, leben sozial isoliert und können Angebote der Jugendhilfe weniger als
Gleichaltrige in Anspruch nehmen. Als wesentlicher Faktor für die Belastung der Kinder ist
die Tabuisierung
psychischer - und Suchterkrankungen anzusehen, die zwar in den
vergangenen Jahren durch gezielte „Angehörigenarbeit“ aufgebrochen wird, den Kindern
gegenüber oft jedoch weiter aufrecht erhalten wird, in der irrigen Annahme, Kinder könnten
diese Zusammenhänge nicht begreifen.
Im Gegensatz dazu führt die mangelnde Information über die im Alltag erlebte Störung der
Eltern zu eigenen Erklärungsversuchen der betroffenen Kinder. Diese Phantasien sind meist
bedrohlicher als die realen Zusammenhänge. Das Unerklärliche wird in der Regel auf das
eigene Sein und Verhalten zurückgeführt, das Kind erlebt sich selbst als Verursacher.
Zudem befinden sich die Kinder häufig in der Rolle von Pseudo-Erwachsenen, sie sind die
ersten, von denen Hilfe erwartet wird, die mit psychiatrischen Krisen konfrontiert sind und
sogar Hilfe organisieren.
Dass solche Lebensumstände Folgen wie Verhaltensauffälligkeiten und emotionale
Störungen für die betroffenen Kinder nach sich ziehen können, liegt auf der Hand. Zudem
haben die Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern ein deutlich erhöhtes Risiko,
selber später psychisch krank zu werden oder eine Suchterkrankung zu entwickeln.
Leider werden diese Zusammenhänge immer noch zu wenig beachtet.
In der jüngeren Vergangenheit wurden aufgrund von wirtschaftlichen Zwängen präventive
Projekte nur unzureichend gefördert, ohne zu beachten, dass sich ohne ausreichende frühe
Hilfen bei einem hohen Prozentsatz der betroffenen Kinder später behandlungsbedürftige
Störungen manifestieren, die fachspezifisch qualifiziert behandelt werden müssen und dann
erhebliche Kosten für die entsprechenden Träger der Jugendhilfemaßnahmen und weitere
Folgekosten nach sich ziehen.
Aber gerade die nicht vorhandenen Fürsprecher der Kinder und die dem familiären System
innewohnende Angst und Sprachlosigkeit begünstigen die riskante Entwicklung.
III. Projekte
Die drei Projekte Prävention für Kinder psychisch kranker Eltern im Kreis Mettmann
(KIPKEL), Kinder in Krisen in Leverkusen (KiK LEV) und Unterstützung und Hilfen für Kinder
und Eltern mit seelischen Krisen in Solingen (KIPS) versuchen, diese Entwicklung zu
bremsen beziehungsweise positiv zu beeinflussen.
-3-
Angesprochen werden Familien mit minderjährigen Kindern, in denen ein oder beide
Elternteile an einer psychischen oder Sucht-Krankheit leiden.
Zielsetzung des Projektes ist die Unterstützung einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung
der betroffenen Kinder, die Stärkung des Selbstvertrauens, die Förderung der vorhandenen
Fähigkeiten und die Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Wichtig ist, dass der erste Kontakt
mit ausdrücklichem Willen der Eltern zustanden kommt, um die Kinder nicht in eine
Loyalitätskrise zu stürzen.
Bei einer großen Anzahl von psychisch kranken Eltern ist auch eine deutliche Besorgnis zu
spüren, dass im Zusammenhang mit der seelischen Dekompensation und des Stigmas eines
Klinikaufenthaltes die Kinder (wie auch andere Angehörige) nun auch einer zusätzlichen
psychischen Stresssituation ausgesetzt sind. Diese Befürchtungen sind dann häufig auch mit
einer subjektiv erheblichen Sorge vor einem krankheitsbedingten Verlust des Sorgerechtes
verknüpft. Deshalb wird immer auf die strukturelle Unabhängigkeit dieser Angebote z. B. von
Jugendämtern hingewiesen.
1. Informationen über die Projekte in den Sektoren des Versorgungsgebietes der
Rheinischen Kliniken Langenfeld
1.1
KIPKEL
(Kreis Mettmann)
Von 1997 an entwickelte sich im Kreis Mettmann ein Hilfsangebot für Familien mit
minderjährigen Kindern, in denen ein oder beide Elternteile an psychischen Störungen wie
Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen leiden. In der Praxis für Kunst und
Kinderpsychotherapie in 42781 Haan, wird nach dem Präventionskonzept von Susanna
Staets gearbeitet.
Angesprochen werden Kinder und Jugendliche im Alter von ca. 4 bis 17 Jahren. In enger
Zusammenarbeit mit den Rheinischen Kliniken Langenfeld werden schon dort den Kindern
von stationär aufgenommenen Patienten
präventive und beratende Hilfsangebote mit
spezifischen kinder- und jugendtherapeutischen Kompetenzen angeboten.
Wichtig erschien auch die erste Kontaktaufnahme über eine unmittelbare persönliche, aber
dennoch unverbindliche Ebene des Gespräches. Deshalb bietet Frau Staets auf allen
Stationen auch eine niederschwellig-offene Sprechstunde an. Allgemeine Informationen über
die Angebote des Projekts werden leicht zugänglich vermittelt. Darüberhinaus sind auch
weitere Zugangswege (über
Sozialpsychiatrische Dienste, niedergelassene Psychiater,
Beratungsstellen, Jugendämter, Psychoseseminare) dargestellt.
Die bisher gemachten Erfahrungen der mit dem beschriebenen Modus der unmittelbaren und
frühen niederschwelligen Kontaktvermittlung in der Klinik zeigen eine sehr hohe Akzeptanz
-4-
dieses Angebotes durch die Patienten: regelmäßig befinden sich nun Kinder unserer
Patientinnen und Patienten in der Betreuung des Projektes.
Die Arbeit mit den Kindern und Familien besteht in der Diagnostik, der Einzelbetreuung der
Kinder sowie dem Familiengespräch und der Benennung von Vertrauenspersonen. Ferner
wird Gruppenarbeit insbesondere für die psychisch kranken Mütter bzw. die gesunden
Ehepartner angeboten.
Eine Institutionalisierung des KIPKEL-Projektes ist bisher noch nicht erreicht worden. Es
konstituierte sich aber der gemeinnützige Förderverein KIPKEL, der auch für die Aquirierung
privater Spenden verantwortlich ist. Die Finanzierung basiert -nur- vorläufig auf Beiträgen der
sechs Jugendämter im Kreis Mettmann.
In vielen Fällen stellt das Präventionsangebot eine kostengünstigere Alternative zu
aufwendigeren Formen der Hilfen zur Erziehung dar.
1.2
KiK Lev (Leverkusen)
Im Rahmen von KiK Lev wurden seit 2003 insgesamt 78 Kinder und Jugendliche aus 55
Familien begleitet. Die Mehrzahl der Kinder wurde im Einzelkontakt betreut, parallel dazu
fanden Eltern- und Familiengespräche sehr individuell nach Bedarf statt.
Im Durchschnitt verlaufen die Begleitungen über einen Zeitraum von mindestens einem
halben Jahr, anders als ursprünglich in der Konzeption vorgesehen. Die Ursache für den
verlängerten Betreuungszeitraum, vor allem in den letzten beiden Jahren, liegt in einer
deutlichen Verschiebung des Klientels in Richtung Multiproblem-Familien. Es besteht ein
großer Unterschied im Begleitungsbedarf zwischen Familien, in denen ein Familienmitglied
an einer akuten psychischen beziehungsweise Sucht-Erkrankung leidet, und denjenigen, in
denen ein Familienmitglied an einer Persönlichkeitsstörung oder einer chronischen
psychischen beziehungsweise Sucht-Erkrankung leidet. Bei ersteren reicht meist eine relativ
kurzfristige Begleitung zur Stabilisierung mit dem Schwerpunkt auf der Aufklärung über die
Erkrankung. Bei letzteren Familien geht es nicht mehr um die ursprünglich vorgesehene
sekundär-präventive Arbeit, es handelt sich zumeist um bereits auffällige Kinder und
Jugendliche aufgrund chronischer Belastungen bis hin zu Traumatisierungen, die sie in ihren
Primärfamilien erfahren haben. Entsprechend gehört in diesen Familien neben dem
therapeutischen
Angebot
im
Einzelkontakt
auch
die
motivierende
Elternarbeit,
weiterreichendere erzieherische Hilfen anzunehmen und einzuleiten. In seltenen Fällen
wurden Heimunterbringungen notwendig, diese wurden ebenfalls therapeutisch begleitet.
Parallel
zur
Zunahme
der
Multiproblem-Familien
ergibt
sich
ein
zunehmender
Beratungsbedarf bei anderen beteiligten Institutionen wie Kindergärten, Schulen oder
Beratungsstellen.
-5-
Die Kontakte zu KIK Lev wurden vor allem über die Rheinischen Kliniken Langenfeld
(stationär und Tagesklinik) und der SPZ -gemeinnützige GmbH initiiert. Die Finanzierung
durch das Jugendamt Leverkusen wurde 2007 gekürzt.
1.3 KIPS (Solingen)
KIPS ist ein Gemeinschaftsprojekt der Arbeiterwohlfahrt Solingen e.V. (AWO) und des
Psychosozialen Trägervereins Solingen e.V. (PTV). Es verbindet in der Trägerschaft und in
der
personellen
Ausstattung
die
Kompetenzen
aus
der
Jugendhilfe
und
der
sowie
speziellen
Erwachsenenpsychiatrie.
Ziele
des
Projektes
sind,
die
allgemeinen
Risikofaktoren
die
Krankheitsrisiken für die Kinder zu senken, die soziale Kompetenz und psychische Stabilität
der Kinder zu stärken, soziale, psychische und psychosomatische Auffälligkeiten zu
verhindern und die bereits bestehenden Symptome bei den Kindern zu reduzieren, die
Familienbeziehung und die Elternkompetenz für eine gesunde Entwicklung der Kinder zu
stärken, die häufige Isolation der Kinder wie auch der Familien abzubauen, die
entwicklungshemmenden und -verzerrenden Faktoren im Kindesalter zu reduzieren,
langfristige personelle Stützsysteme für die Kinder, möglichst innerhalb der familiären
Bezüge, zu schaffen.
Zur Zielgruppe gehören Solinger Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 21 Jahren, bei
denen ein oder beide Elternteil/e an einer diagnostizierten psychischen Krankheit leiden.
Das Projekt vertritt eine systemisch, ganzheitliche Sichtweise und bietet in drei
Schwerpunktbereichen ein spezifisch bedarfs-orientiertes Angebot für die Familien.
Für Eltern/ Erwachsene werden Einzelkontakte/Paarberatung, Gruppenangebote und
Familiengespräche/Familientherapie angeboten.
Für das Kind /
den
Jugendlichen werden Einzelkontakte mit
kindertherapeutischen
Angeboten, Gruppenarbeit (wöchentlich), Familiengespräche/Familientherapie angeboten.
Zudem findet Beziehungsförderung und soziale Integration in Wochenendveranstaltungen,
durch Tagesausflüge und Gruppenangebote für Familien statt. Die Einbeziehung eines
Psychiaters ist in allen Bereichen möglich.
In der Zusammenarbeit mit den Rheinischen Kliniken Langenfeld verfolgt Kips die
Zielsetzung, die erkrankten Eltern und darüber hinaus die Angehörigen auf das vor Ort in
Solingen bestehende Angebot für die gesamte Familie aufmerksam zu machen und zur
Mitarbeit zu motivieren. Während des Klinikaufenthaltes werden die Angehörigen (Kinder
und Versorgungspersonen) vor Ort begleitet und nach der Entlassung des Patienten wird die
Begleitung der Familie inklusiv des Erkrankten adäquat fortgeführt.
-6-
IV. Zusammenarbeit mit den Rheinischen Kliniken
Die Rheinischen Kliniken Langenfeld haben mit allen drei Projekten – und damit für jeden
Sektor ihres Versorgungsgebietes (Kreis Mettmann, Leverkusen/Buscheid/Leichlingen,
Solingen/Kölner Norden) einen Kooperationsvertrag geschlossen, in dem vereinbart ist, dass
das jeweilige Projekt seine Tätigkeit in der Klinik anbietet und dort auch Einzel- oder
Gruppengespräche durchführt. Die Klinik ihrerseits stellt die Räumlichkeiten zur Verfügung
und bindet die Projektmitarbeiterinnen und – mitarbeiter in den Behandlungsablauf mit ein.
Wir verstehen die Möglichkeit, die Unterstützung durch diese Projekte anbieten zu können,
als Erweiterung unseres Leistungsspektrums und als Service für die Patientinnen und
Patienten. Zudem sehen wir dies auch als einen notwendigen gesellschaftlich-sozialen
Beitrag, um die oben beschriebene mögliche Manifestation von Krankheiten bei den
betroffenen Kindern zu verhindern.
V. Finanzierung der Leistungen der Projekte
Legt man für die Inanspruchnahme der Mitarbeiterinnen und – mitarbeiter der Projekte einen
Durchschnittsstundensatz von 65 Euro zugrunde, so ergibt sich ein jährlicher Aufwand für

KIPKEL (Kreis Mettmann) 52 x 6 Wochenstunden =

KIPS (Solingen)
-12 x Stationsrunde auf zwei Stationen, 2 Std.= 24 Std/p.a.
-17 Abschlussgespräche (geschätzte Anzahl)
Aufwand 1,5 Std. = 25,5 Std/p.a.,
insgesamt ca. 50 Stunden im Jahr
=
3 250 Euro

KiK Lev (Leverkusen) 52 x 2 Wochenstunden
=
20 280 Euro
6 760 Euro
30 290 Euro
Insgesamt wären somit zur vollen Finanzierung dieser Angebote in den Rheinischen Kliniken
Langenfeld rund 30 000 Euro pro Jahr erforderlich, die nicht aus dem Pflegesatz bestritten
werden können. Die Finanzierung der Kooperationen kann insofern, da es keine
Regelleistung des Krankenhauses ist, nicht aus dem Budget finanziert werden.
Für die
Krankenhausbetriebsleitung:
Höhmann
-7-
Kaufmännischer Direktor
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