B-Zellen und Antikörper Bakk-Modul Immunologie Prof. Dr. Albert Duschl Überblick B-Zellen gehören zu den Lymphozyten. Sie entstehen im Knochenmark und werden durch Kontakt ihres B-Zell Rezeptors mit einem hochaffin bindenden Antigen stimuliert. Ihre Hauptfunktion ist die Produktion von Antikörpern. Als Antikörperproduzierende, aktivierte Zellen nennt man sie auch Plasmazellen. © Abbas: Cellular and Molecular Immunology B-Zell Gedächtnis B-Zellen reifen in den B-Zell Follikeln, strukturierten Regionen der Lymphknoten in denen B-Zellen aktiviert werden und proliferieren. Memory-B-Zellen können bereits in den Follikeln entstehen, oder später als langlebige Plasmazellen. Unabhängig vom Entstehungsort gilt: Stark stimulierte B-Zellen werden später zu Memory-Zellen. Man weiß dass diese im Menschen mindestens 90 Jahre bestehen können. © Kurosaki et al., Nature Reviews Immunology 15:149-159 (2015) doi:10.1038/nri3802 T-B connection B-Zellen werden von T-Helferzellen aktiviert. Antigenbindung alleine genügt für eine naive (naïve) B-Zelle also meist nicht zur Aktivierung: Es könnte sich um Self handeln. Ähnlich wie T-Zellen proliferieren BZellen nach Aktivierung (klonale Expansion) und differenzieren dabei in Antikörper-produzierende Plasmazellen. Sie haben 108-1011 unterschiedliche B-Zellen (Schätzungen schwanken stark), also sogar etwa eine Größenordnung mehr als T-Zellen. Frage: Warum haben Sie nicht von beiden 1020? Wäre das besser? Wofür das ganze? Antikörper wurden zuerst als „Antitoxine“ beschrieben, weil man durch bakterielle Toxine eine starke humorale Immunantwort herorrufen konnte. 1891: Erste erfolgreiche Diphterietherapie mit Schaf-Serum. Sie können Pathogene u.a. durch Neutralisierung, Opsonisierung und Complement-Aktivierung angreifen. © Janeway: Immunobiology © Deutsche Bundespost, 1954 Biochemistry reloaded Antikörper bestehen aus 4 Protein-Untereinheiten (Ketten), gehören also zu jenen Proteinen die nur im Komplex funktionell sind und daher eine Quartärstruktur besitzen. Zwei schwere Ketten (heavy chains) und zwei leichte Ketten (light chains) bilden einen kompletten Antikörper. Die beiden schweren und leichten Ketten eines Antikörpers sind jeweils identisch. Die vier Ketten des Antikörpers werden durch intermolekulare Disulfidbrücken zusammengehalten. Die Struktur ist aus Domänen aufgebaut. Der abgebildete Antikörper hat vier Domänen pro schwere Kette (es gibt auch welche mit fünf) und zwei Domänen pro leichte Kette. Die einzelnen Domänen werden durch intramolekulare Disulfidbrücken stabilisiert. © Janeway et al: Immunobiology Biochemistry reloaded II Die Domänen der Antikörper sind untereinander alle ähnlich. Die Tertiärstruktur ist von ß-Faltblättern dominiert. Jede Domäne besteht aus einem „Sandwich“ von zwei ß-Faltblättern. Domänen haben oft etwas mit einer konservierten Funktion zu tun. Die hier vorhandene Art von Domäne findet sich vorwiegend in Proteinen die mit Protein/Protein-Wechselwirkung zu tun haben. Die von Antikörpern erkannten Antigene sind überwiegend Proteine. Antikörper sind recht stabile Proteine (energetisch günstige Eigenschaften der ß-Faltblätter, Disulfidbrücken). Eine flexible Region (Hinge) lässt Y-förmige oder Tförmige Gestalten zu. © Janeway et al: Immunobiology Klassengesellschaft 1 Die fünf Antiköperklassen (alphabetisch): IgA, IgD, IgE, IgG, IgM Alle Antikörper haben die gleiche Grundstruktur, beachten Sie aber folgende Besonderheiten: IgM kann als Pentamer vorliegen. Die 5 einzelnen Antikörpermoleküle werden dabei von einer J-Kette zusammengehalten. IgM hat in diesem Zustand also 10 Antigenbindungsstellen. IgA kann als Dimer vorliegen. Auch hier gibt es eine spezielle J-Kette. IgE und IgM haben jeweils eine zusätzliche Domäne im konstanten Teil, also 4 konstante Domänen, nicht 3 wie bei IgG, IgD und IgA. © Wood: Understanding Immunology Klassengesellschaft 2 Die schweren Ketten werden mit den griechischen Buchstaben bezeichnet, wobei es von g 4 und von a 2 Varianten gibt. Die leichten Ketten sind k oder l, aber beide Typen assoziieren sich mit jeder beliebigen schweren Kette. Grosse Unterschiede gibt es bei den Serumkonzentrationen: IgG und vor allem IgG1 sind in der grössten Konzentration vorhanden. IgE ist bei weitem der am wenigsten produzierte Antikörper. © Wood: Understanding Immunology B-Zell-Rezeptor Der B-Zell-Rezeptor (BCR) ist eine membrangebundene Form des Antikörpers den die Zelle – in Bezug auf ihre Antigenspezifität – produzieren kann: Ein Ausbund ihrer Fähigkeiten. IgM und IgD können beide diese Rolle übernehmen. IgM spielt danach in der primären Immunantwort eine entscheidende Rolle weil es rasch, in grossen Mengen und mit günstigen Bindungseigenschaften (Pentamer!) produziert werden kann. Die Bedeutung von löslichem IgD ist unklar: Es kommt in geringen Mengen vor, wird rasch abgebaut und ist nach der primären B-Zell-Aktivierung nicht mehr wichtig. Die Signalübertragung des BCR ist ähnlich zu der des TCR. © Wood: Understanding Immunology Membran /Serum Als BCR muß IgM eine Transmembrandomäne besitzen. Daneben gibt es noch einen sehr kurzen intrazellulären Anteil. Durch differenzielles Splicing der hnRNA werden unterschiedliche mRNAs hergestellt: Nach Zellaktivierung wird der Transmembrananteil herausgespleißt und ein kurzer C-terminaler Anteil angefügt der sich für die lösliche Form eignet. Das Membranprotein und die lösliche Form haben die gleiche Antigenbindungsdomäne. Nicht verwechseln: Antikörper als Membranprotein ≠ Antikörperrezeptor in der Membran. © Wood: Understanding Immunology Class act B-Zellen erhalten von TH nicht nur das Proliferations- und Aktivierungssignal, sondern auch spezifische Signale die bestimmen welche Klasse von Antiköpern gebildet wird. T und B lagern sich eng zusammen (immunologische Synapse), rearragieren ihr Cytoskelett (gezeigt durch das Cytoskelettprotein Talin) und die Sekretion über den Golgi-Apparat verläuft gerichtet zur Synapse. Im gezeigten Fall lässt sich in der Synapse IL-4 nachweisen das von TH produziert wird. IL-4 ist eines der Cytokine das Klassenwechsel induziert, in diesem Fall wäre es zu IgE. © Janeway: Immunobiology Class act © Paul: Fundamental: Immunology Hinter dem Genabschnitt der für die (variable) Antigenbindungsdomäne codiert liegen die Gene für die konstanten Teile der schweren Ketten aufgereiht. Die ψ-Gene sind Pseudogene. Die schweren Ketten von Maus und Mensch sind nicht immer homolog. Dem Maus IgG1 entspricht am ehesten das IgG4 des Menschen, nicht das IgG1. Der Klassenwechsel von einem Isotyp zum anderen erfolgt nicht durch differentielles Splicing. Das ist hier ein ganz anderer Vorgang als beim Wechsel von Membran-IgM zu löslichem IgM. Nicht verwechseln! Class switching Zwischen den Genen für die schweren Ketten liegen Switch (S) Sequenzen mit dem Konsens (GAGCT)n(GGGGT) wobei „n“ meist bei 2-5 liegt, aber auch bis 17 gehen kann. Bei Aktivierung des Switch Mechanismus durch geeignete Cytokine und Cosignale (wieder mal das 2-Signal Prinzip) kommt es zur chromosomalen Rekombination. Switching (hier zu IgE) bedeutet daß die dazwischen ligenden DNA-Abschnitte chromosomal herausgeschnitten werden. Dabei entsteht ein ringfömiges DNA Produkt das abgebaut wird. Eine B-Zelle kann mehrfach switchen, aber nie zurück: Wenn eine Zelle IgE produziert kann sie nicht zu IgG zurückgehen: Die betreffenden DNAAbschnitte sind weg. © Paul: Fundamental: Immunology 8 10 + Die Vielfalt der antigenbindenden Domänen entsteht während der Differenzierung im Knochenmark durch die Rekombination von jeweils vielfach vorhandenen V, D und J Abschnitten (variable, diversity, joining). Bis auf jeweils eine ausgewählte Kopie gehen die anderen Abschnitte chromosomal verloren. Die VDJ Rekombination erfolgt zufällig. Die Zelle „weiß“ nicht wie ein Antigen aussieht: Die meisten Antikörper werden nie an ein Antigen binden. Die am nächsten zu VDJ liegenden Ketten sind µ und d: Von der Funktion als BCR her verständlich. TCR Variabilität wird über ähnliche Mechanismen erreicht. © Abbas: Cellular and Molecular Immunology RAG, TdT Es gibt weitere Methoden zur Herstellung von Diversität: Der RAG Proteinkomplex (Recombination Activating Proteins) spaltet den Hairpin (der als Vorstufe des Kreises entsteht) an Zufallsstellen. Damit können zusätzliche Nukleotide erhalten bleiben die ursprünglich in der DNA zueinander komplementär waren und daher ein Palindrom bilden (P-Nukleotide). Terminale Deoxynucleotidyl Transferase (TdT) fügt zufällige Nukleotide am Ende von einzelsträngigen Segmenten an (N-Nukleotide). Beide Mechanismen können Frameshifts hervorrufen. In diesem Fall kann kein funktioneller Antikörper hergestellt werden und die B-Zelle wird während der Differenzierung im Knochenmark in Apoptose geschickt. © Janeway: Immunobiology Adaptation Aktivierte B-Zellen entwickeln sich weiter: Somatische Hypermutation der V Regionen: Es entstehen während der Immunantwort neue Varianten. Affinity Maturation: Überleben der am stärksten Antigen-bindenden B-Zellen. Klassenwechsel: Anpassung an die spezifische Pathogensituation. Man muß sich halt ständig weiter entwicklen. © Errol Fuller: Extinct Birds