Prof. Dr. techn. Alfred Mischke Vorlesung zur Veranstaltung Vermessungskunde Skript Teil 10: Massenberechnung Ein wesentlicher Kostenfaktor bei nahezu allen Baumaßnahmen ist der Transport der Erdmassen. Es kann sich um den Ausgleich von Massen handeln, um abzutragende Massen oder um anzuschüttende Massen. Entsprechend gilt es häufig, das Problem der Berechnung von Erdmassen zu lösen. Auch der Vergleich von „Horizonten“ im Bereich von Deponien fällt hierunter. Obwohl man stets von Massenberechnungen spricht, wird eigentlich nur das Volumen der zu bewegenden Erde berechnet. Massenberechnungen beruhen auf dreidimensionalen Koordinaten. Es ist zunächst unerheblich, ob diese aus Geländemodellen oder unmittelbaren Messungen bestimmt werden. Für die praktische Nutzbarkeit sind Massenberechnungen auf Grundlage von digitalen Geländemodellen optimal, weil sie sich automatisieren lassen und somit durch Computer berechenbar sind. Häufig beruhen die Volumenberechnungen auf Flächenberechnungen mit anschließender Höhenzuweisung. Wesentliche Formeln zur Flächenberechnung sind: 3-Eck: F = = = = (a*ha)/2 (a*b*sin)/2 [s*(s-a)*(s-b)*(s-c)]^0,5 |(a x b)| / 2 mit s = (a + b + c)/2 Trapez: F = (a+b)/2 * h Raute (Sonderform des Trapezes mit a = b): F = g*h Kreisausschnitt: F = * r² * [gon] / 400 1 Formel zum Kreissegment (aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie) Kreissegment Größen des Kreissegments: α = Mittelpunktswinkel b = Kreisbogen h = Segmenthöhe r = Radius s = Kreissehne A = Segmentfläche M = Kreismittelpunkt Verbindung A-M-B = Gleichschenkeliges Dreieck Der Flächeninhalt eines Kreissegments lässt sich aus dem Kreisradius r und dem zugehörigen Mittelpunktswinkel α berechnen. Man ermittelt dazu die Flächeninhalte des entsprechenden Kreissektors und des in der Skizze dargestellten gleichschenkligen Dreiecks. Ist der Mittelpunktswinkel kleiner als 200 gon, so muss man diese Flächeninhalte subtrahieren (Sektorfläche minus Dreiecksfläche). Bei einem Mittelpunktswinkel über 200 gon sind die Flächeninhalte zu addieren. Wenn der Mittelpunktswinkel genau 200 gon beträgt, ist das Kreissegment eine Halbkreisfläche, und die Fläche des Dreiecks ist 0. Formeln zum Kreissegment (alle Winkel in Bogenmaß) Flächeninhalt , 2 Radius Kreissehne , Segmenthöhe Winkel α in Grad, Bogenlänge Mittelpunktswinkel 3 Wesentliche Formeln zur Volumenberechnung: Bei 3-eckiger Grundfläche: V = F * (h1 + h2 + h3) / 3 Bei mehr als 3-eckiger Grundfläche: In der Regel gilt nicht (!) Beispie1: V = F * hi / i h1 h2 h3 V1 = F * (h1+h2+h3)/3 Beispiel 2: h1 h1 h4 h2 h3 V2 ≠ F * (h1+h2+h3+h4)/4 h4 h2 h3 V2 = F1 * (h1+h2+ h4)/3 + F2 * (h2+ h3+h4)/3 Pyramide: Eine Pyramide ist ein sich gleichmäßig verjüngender Körper, der in einem Punkt mündet (z.B. 3-seitige Pyramide, 4-seitige Pyramide, Kegel) V=F*h/3 Ein Pyramidenstumpf ist der untere Teil einer Pyramide bis zu einer (!) Höhe. Horizontal gedrehte Pyramidenstümpfe treten häufig in der Massenberechnung auf, z.B. als Gräben, Wälle, Böschungen VS (FG (FG * Fo ) Fo ) * h Stumpf / 3 (bei horizontaler Ausrichtung wird l statt h verwendet) Die Formel lässt sich aus der oberen Formel streng herleiten, indem Fo = FG*(1-m)² und hStumpf = hgesamt*m gesetzt werden. 4 Ist die Fläche in der mittleren Höhe bekannt (FM), lässt sich das Volumen über die „Simpsonsche Formel“ berechnen: V = (F1 + 4*FM + F2) * h / 6 F Fo Die Formel lässt sich aus der oberen Formel streng herleiten, indem FM G 2 gesetzt wird. 2 Als Näherungslösung wird oft V = (F1 + F2) * h / 2 gesetzt. Das Ergebnis liefert stets zu große Werte. Je größer die Differenz zwischen F1 und F2 ist, um so größer wird der Fehler der Näherungsformel. Rampen setzen sich aus einem Keil und zwei Pyramiden (den Böschungen)zusammen. Das Volumen des Keils ist: VK = F * l / 2 , mit F = Breite * Höhe = bK * h Die Länge l einer Rampe mit der Neigung 1 : n1 ergibt sich aus der Endhöhe h zu l = n1*h Die Breite bb einer Böschung mit der Neigung 1 : n2 ergibt sich aus der Höhe h zu bb = n2*h Das Volumen einer Rampe (an einer senkrechten Wand) ergibt sich demnach zu: VR = VK + 2VB = bK * h * l / 2 + 2 * bb * h /2 * l / 3 = bK * h * n1*h / 2 + h * n2*h * n1*h / 3 = n1 * h² * (bk / 2 + n2 * h / 3) Befindet sich die Rampe an einer schrägen Wand, ändert sich das Volumen zu: VSR = h² / 6 * (n1 – n3) * (3 * bK + 2 * n2 * h * (n1 – n3) / n1) Die Herleitung des Volumens an der schrägen Rampe ist recht aufwendig. Es lässt sich durch Differenz des Volumens der Rampe an einer senkrechten Wand und der Volumina in der schrägen Wand bestimmen. Hierzu muss ein Teil des Rampenkeils und der Böschungen abgezogen werden. Der abzuziehende Rampenkeil ist wiederum ein Keil mit V=h²*n3*b/2 Die Böschungsanteile lassen sich als Pyramiden über einer sich verjüngenden Vierecksfläche (Rechteck + Dreieck) berechnen: V=h³*n2*n3/3*(2-n3/n1) 5 Spatprodukt (Parallelepiped) V = (a x b)c Prismenmethode h1 h2 h3 F2 F7 F4 h9 V = Vi F5 F3 F1 F6 h7 h8 h5 h4 h6 V1 = F1 * (h1 + h2 + h9)/3 V2 = F2 * (h8 + h2 + h9)/3 ∶ V7 = F7 * (h4 + h5 + h6)/3 Vereinfachte Quaderberechnung h1 h5 h9 h2 h3 h6 h7 h10 h11 h13 h14 h4 h8 h12 h15 V = F * [(h1 + h4 + h9 + h13 + h15) + 2 * (h2 + h3 + h5 + h8 + h12 + h14) + 3 * h10 + 4 * (h6 + h7 + h11)] / 4 Die Quadermethode ist keine exakte Methode der Volumenberechnung, da durch die vier Eckhöhen in der Regel kein geschlossener Körper definiert wird. Aufgrund der guten Programmierbarkeit und der häufigen Verwendung von Rastern als Digitale Geländemodelle wird diese Methode trotzdem oft eingesetzt. 6 Bilineare Interpolation Zuweilen ist es notwendig, innerhalb einer Rastermasche die Höhe eines Punktes zu berechnen. Die Höhe lässt sich aus oben genannten Gründen nicht eindeutig definieren, so dass nach plausiblen Verfahren zur Höhenberechnung gesucht werden muss. Es gibt die Möglichkeit, Flächen höherer Ordnung durch die Stützpunkte zu berechnen, um für jeden Punkt eine Höhe festzulegen. Dies ist jedoch wenig anschaulich und führt teilweise zu nicht erwünschten „Ausschwingungen“. Anschaulicher und mathematisch wesentlich einfacher realisierbar ist die bilineare Interpolation. Wie der Name sagt, wird entlang zweier Linien interpoliert. Beispiel: Gesucht ist die Höhe von Punkt 5 4 14 1 34 3 23 5 Die Punkte 12, 14, 23, 34 werden durch lineare Interpolation auf den Seiten des Rechtecks berechnet. Der Punkt 5 wird zweimal berechnet, über lineare Interpolation zwischen den Punkten 12 und 34 und zwischen den Punkten 14 und 23. Seine Höhe ergibt sich durch Mittelbildung der beiden Einzelhöhen. 2 12 Eine Alternative stellt die „Abstandsgewichtete Interpolation“ dar. Üblicherweise wird als Gewicht 1/s² angesetzt. Beispiel 2: Gesucht ist die Höhe von Punkt 5 4 3 s4 Die Strecken vom Punkt 5 zu den Punkten 1 bis 4 werden berechnet (s1 bis s4). Die Höhe von 5 berechnet sich wie folgt: s3 5 h1 h2 h3 h4 s1² s2² s3² s4² h5 1 1 1 1 s1² s2² s3² s4² s2 s1 1 2 Dieses Verfahren lässt sich auch einsetzen, wenn der Punkt, dessen Höhe bestimmt werden soll, nicht in einer Rastermasche liegt, sondern zwischen einer beliebigen Anzahl von bekannten Höhenpunkten. 7 Finite Elemente Interpolation Für die Interpolation innerhalb von Dreiecksflächen hat sich eine weitere Methode sehr bewährt: Die Finite Elemente Interpolation. Hierbei zerteilt der Punkt, dessen Höhe gesucht ist, das vorhandene Dreieck in drei kleinere Dreiecke. Die Flächen der neuen Dreiecke geben den Gewichtsfaktor der gegenüberliegenden Punkthöhe an. Beispiel 3: Gesucht ist die Höhe von Punkt 5 4 3 F1 Die Flächen F1, F3, F4 werden berechnet. Die Höhe von 5 berechnet sich wie folgt: 5 F3 F4 h5 h1 * F1 h3 * F3 h4 * F4 F1 F3 F4 1 8