Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. mont. Gert Stadler Technische Universität Graz, Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin Univ.-Prof. Dr.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Wolfdietrich Kalusche Brandenburgische Technische Universität Cottbus Lehrstuhl Planungs- und Bauökonomie Konrad-Wachsmann-Allee 1, D-03046 Cottbus Kurzfassung Zur Beseitigung der Wohnungsnot in der schnell wachsenden Industriemetropole Berlin wurden zwischen etwa 1870 und dem Anfang des 20sten Jahrhunderts in großer Zahl Mietskasernen errichtet. Ein erheblicher Teil davon ist noch heute erhalten. Jedoch ist der Zustand vieler Gebäude schlecht. Welche Veränderungen kommen in Form von Umnutzungen, Modernisierungen, Umbauten oder Erweiterungsbauten in Betracht? Welche Bedingungen sind zu beachten und unter welchen Voraussetzungen haben die Mietskasernen eine Zukunft? Gliederung Vorbemerkung 1. Zur Geschichte der Mietskasernen in Berlin 2. Veränderungen an bestehenden Gebäuden 3. Haben die Mietskasernen eine Zukunft? Schlussbetrachtung Verfasser Wolfdietrich Kalusche studierte Architektur an der Technischen Universität Berlin, Arbeitsund Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität München und promovierte als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Karlsruhe. Nach langjähriger Praxis in einem Architekturbüro und in einer Ingenieurgesellschaft in München und Berlin wurde er 1996 an die Brandenburgische Technische Universität Cottbus berufen. Im Jahr 2003 war er Gastprofessor am Institut für Bauplanung und Baubetrieb, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich. Mit Herrn Univ.-Prof. Dr. Dietrich-Alexander Möller, Technische Universität Dresden, ist er Herausgeber und Autor der vierbändigen Reihe „Bauen und Ökonomie“, Oldenbourg Verlag München Wien. Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 1 __________________________________________________________________________________________ Vorbemerkung Zwischen der Planung und Ausführung einerseits und dem Abbruch und der Beseitigung eines Gebäudes andererseits liegen zwanzig, fünfzig oder mehr Jahre. In diesem Zeitraum fallen zahlreiche Aufgaben im Zusammenhang mit der Nutzung des Gebäudes an. Das können neben dem Betreiben und Erhalten auch Umnutzungen, Modernisierungen, Umbauten oder Erweiterungsbauten sein. Ausgelöst werden solche Maßnahmen durch neue Nutzeranforderungen sowie durch Änderungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Immobilienwirtschaftliche Kalkulationen gehen von einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer aus. Innerhalb dieser Zeitspanne müssen den Kosten für Planung, Ausführung und Nutzung der Immobilie Erlöse in mindestens entsprechender Höhe gegenüber stehen. Die technische Lebensdauer vieler Bauteile eines Gebäudes ist erfahrungsgemäß höher als dessen wirtschaftliche Nutzungsdauer. Wohnbauten zum Beispiel können hundert und mehr Jahre für eine Nutzung zur Verfügung stehen, vorausgesetzt, sie werden fachgerecht erhalten und verändert. Zu diesen Bauten zählen auch die so genannten Mietskasernen, die es in großer Zahl in Berlin und anderen Städten gibt. Am Beispiel der Mietskasernen wird überlegt, unter welchen Bedingungen und mit welchen Maßnahmen eine langfristige Nutzung von Gebäuden möglich ist. Abb. 1 Seitenflügel einer Mietskaserne in Berlin-Kreuzberg Der Verfasser hat in den 1970er Jahren in Berlin studiert. Im Unterschied zu anderen Universitätsstädten war es damals in (West-)Berlin möglich, auch mit geringen Mitteln eine eigene Wohnung zu finanzieren: in einer der vielen Mietskasernen mit Stube, Kammer, Küche und bei etwas Glück mit einer eigenen Toilette, diese nicht auf halber Treppe. Der Mietzins war aufgrund der damaligen Mietpreisbindung in Berlin gering. Allerdings fehlten den Eigentümern die Mittel für notwendige Instandhaltungen. Im April 2004 entstand die Aufnahme vom früheren Wohnort des Verfassers, einer Mietskaserne in Berlin-Kreuzberg (Abbildung 1). Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird dieses Gebäude von Grund auf saniert und mit einfachen Mitteln modernisiert. In Anbetracht seiner guten Substanz und der zentralen Lage kann es anschließend noch viele Jahre seinen Zweck erfüllen. Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 2 __________________________________________________________________________________________ 1. Zur Geschichte der Mietskasernen in Berlin Der Begriff „Miethskaserne“ ist Mitte der 1860er Jahre aufgekommen, er wurde ursprünglich polemisch gebraucht. So wurden bestimmte mehrgeschossige städtische Wohnhäuser bezeichnet, in denen eine große Zahl von Familien zur Miete wohnte. Die Mietskasernen waren von Spekulanten in der seinerzeit stürmisch wachsenden Industriemetropole Berlin zwischen etwa 1870 und dem Anfang des 20sten Jahrhundert zur Beseitigung der großen Wohnungsnot errichtet worden. Die Grundstücke wurden im Rahmen der Bauordnung maximal ausgenutzt. Vorderhaus, Seitenflügel, Quergebäude und ein Innenhof, der groß genug war, dass ein Feuerwehrfahrzeug wenden konnte, bildeten die Grundstruktur der Bebauung. In manchen Fällen waren fünf bis sieben Höfe hintereinander angeordnet. Die Höhe der Gebäude durfte bis zu 22 Meter von der Oberfläche der Straße bis zur Traufe betragen, denn so war für die Feuerwehr das Anleitern und das Durchbringen der Feuerspritze durch das Fenster des obersten Stockwerkes gerade noch möglich. Dem Bau der Mietskasernen lag ein Musterbuch für Baumeister zu Grunde, verfasst von Gustav Assmann mit dem Titel: „Grundrisse für Städtische Wohngebäude mit Rücksicht auf die für Berlin geltende Bauordnung.“ Die Planung der Bebauung hatte dem Gebot der Zweckmäßigkeit und Rentabilität zu gehorchen. Hierzu heißt es bei Assmann: „Der Bau städtischer Wohngebäude unterliegt einfachen, in mannigfacher Beziehung aber schwierigen und eigenthümlichen Bedingungen. Wenn sonst der Architekt für bestimmt gegebene Verhältnisse die nach Innen und Aussen angemessenste Gestaltung eines Gebäudes zu erstreben hat, wenn ihm dabei oft eine grössere oder geringere Freiheit in der Disposition über die Geldmittel, oder selbst in der Wahl oder in der Verwendung des Bauplatzes gelassen wird, so liegen bestimmt gegebene spezielle Bedingungen für den Bau eines Wohnhauses, das in mehreren Geschossen über einander möglichst gesuchte Miehts-Wohnungen bieten soll, nicht vor. Dagegen steht die Rentabilität des Baus als die fast allein massgebende Rücksicht oben an und alle anderen Schranken, welche die Freiheit in der Disposition begrenzen, sind möglichst eng gezogen. Es ist nicht nur ein Grundstück gegeben, um welches der hohe Preis des Bodens die engsten und oft ungünstigsten Grenzen gezogen hat, sondern auch auf dem Grundstück selbst ist die Lage der Gebäude bedingt, während die gesetzlichen Bestimmungen ohne Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse beschränkend im Interesse der Gesammtheit hinzutreten.“ (Assmann, G.: Grundrisse für Städtische Wohngebäude mit Rücksicht auf die für Berlin geltende Bauordnung. Berlin 1862) Die städtebauliche Entwicklung Berlins im Zeitraum von 1871 bis 1919, an welcher der Bau der Mietskasernen wesentlichen Anteil hatte, folgte einer Zunahme der Bevölkerung um das Zweieinhalbfache bei nur geringfügiger Vergrößerung des Stadtgebietes. Bezeichnung Stadtgebiet Einwohner Gebäude gesamt darunter Wohngebäude mit Wohnungen ... ME Hektar Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl ... 1871 5.920 774.452 24.767 23.837 166.144 ... 1919 6.572 1.893.721 48.750 33.688 604.006 ... Zugang 652 1.119.269 23.983 9.851 437.862 ... Abb. 2 Städtebauliche Entwicklung der Stadt Berlin im Zeitraum von 1871 bis 1919 (Peters, G.: Kleine Berliner Baugeschichte. Berlin 1995, Seite 148) Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 3 __________________________________________________________________________________________ Um 1871 wohnten in Berlin laut amtlicher Wohnungsstatistik 162.000 Menschen, also rund ein Fünftel der Bevölkerung, in Kleinwohnungen, bestehend aus einem Zimmer und einer Küche. Nach amtlich berechnetem Durchschnitt waren diese Wohnungen mit je 7,2 Menschen besetzt. Das Elend der Bewohner unter diesen Verhältnissen wurde von dem Zeichner Heinrich Zille festgehalten (Abbildung 3). Mit der Errichtung der Mietskasernen wurde dieser für uns heute unvorstellbaren Wohnungsnot erst einmal abgeholfen. Abb. 3 Zeichnung von Heinrich Zille: „Wollt ihr von die Blumen weg, spielt mit´n Müllkasten!“ (Zille, H.: Mein Milljöh: neue Bilder aus dem Berliner Leben. Hannover 1997, Seite 21) Mit der am 1. Dezember 1925 in Kraft getretenen Bauordnung Berlins, angelehnt an die preußische Einheitsbauordnung von 1919, und durch den auf ihrer Grundlage entstandenen Bauzonenplan wurde das Entstehen weiterer Mietskasernen verhindert. Nach der Teilung Deutschlands und der politischen Isolierung von (West-)Berlin verringerte sich die Bevölkerung der einstigen Vier-Millionen-Stadt im westlichen Teil der Stadt beständig. Der Bestand der Mietskasernen wurde, soweit nicht durch den Krieg zerstört, weiter durch das „Erste Programm zur Stadterneuerung“ vom 18. März 1963 verringert. Dieses sah zwei Sanierungsmethoden vor. „Die erste war der Totalabriß und eine nachfolgende Neubebauung, die zweite war der Teilabriß durch Entkernung und die Komplettierung bzw. Modernisierung der verbliebenen Restsubstanz. Der Umfang der sanierungsbedürftigen Wohnungen wird 1962 im „Ersten Bericht über die Stadterneuerung in Berlin“ mit 430.000 von insgesamt 849.918 (1960) vorhandenen Wohnungen angegeben. Davon waren 250.000 abbruchreif und 180.000 sanierungsbedürftig.“ (Peters, G.: Kleine Berliner Stadtgeschichte. Berlin 1995, Seite 232) Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 4 __________________________________________________________________________________________ Ziel des Programms war in erster Linie eine Stadtsanierung durch Neubau. Bekannte Beispiele für damals in Berlin entstandene Großsiedlungen sind das Märkische Viertel und die Gropiusstadt. Erst in den 1970er Jahren wurde die Bedeutung der bestehenden alten Quartiere erkannt. Hierzu gehörten neben den „besseren Vierteln“, wie z. B. Charlottenburg, auch die ehemaligen, durch die Mietskasernen geprägten Bezirke Kreuzberg, Neukölln, Schöneberg oder Wedding. Grundlage für die Erhaltung der inzwischen liebevoll als „Milieu“ bezeichneten und durch „Historische Stadtgestalt“ geprägten Stadtteile sollte der „Beschluß über die Konzeption für das Europäische Denkmalschutzjahr 1975“ (Bonn, 06. August 1974) sein. Trotzdem wurden auch danach noch ganze Straßenzüge abgerissen. Autonome Gruppen hatten sich bald erhaltenswerter Häuser angenommen und besetzten zwischen 1979 und 1981 über 150 Gebäude. Hierzu erklärt die freie Enzyklopädie: „Eine Hausbesetzung ist die Inanspruchnahme von leerstehendem Wohnraum ohne oder gegen den Willen des Eigentümers bzw. Berechtigten.“ (http: de.wikipedia.org/wiki/hausbesetzung) In Berlin-Kreuzberg waren die Hausbesetzungen vor allem gegen die Sanierungspläne des Senats der Stadt Berlin gerichtet, welche den Abriss von Altbauten und den Neubau von Trabantensiedlungen zum Ziel hatten. Juristisch wurden die Hausbesetzungen als Hausfriedensbruch und im Fall der Beeinträchtigung von Einrichtungen und Bausubstanz als Sachbeschädigung gewertet. Die Bilder von handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Hausbesetzern und Polizei gingen durch Presse und Fernsehen. Abhilfe kam erst durch die Internationale Bauausstellung (IBA) im Jahr 1978. Der Architekt Josef Paul Kleihues, Planungsdirektor für die Neubauprojekte der IBA, wurde Fürsprecher einer „kritischen Rekonstruktion“. Die inzwischen durch zahlreiche Abbruchmaßnahmen zerklüftete Innenstadt Berlins sollte durch geschlossene Blockrandbebauungen repariert werden. 1982 wurden im Rahmen der IBA die zwölf Grundsätze der behutsamen Stadterneuerung formuliert. Das Berliner Abgeordnetenhaus stimmte diesen schließlich zu. Mit dem Fall der Mauer im Jahr 1989 änderten sich die Bedingungen für die Stadtentwicklung und damit auch für die noch bestehenden Mietskasernen nachhaltig. Die Maßnahmen waren jetzt vor allem auf die Bebauungen im Ostteil der Stadt, z. B. im Bezirk Prenzlauer Berg, gerichtet. Gestützt durch zahlreiche Förderprogramme wurde in der neuen Bundeshauptstadt wieder verstärkt mit privaten Geldern, durch die Möglichkeit der steuerlichen Abschreibung motiviert, saniert und modernisiert. Das Mietniveau ist im Vergleich zu anderen Großstädten vor allem bei den einfachen Wohnungen nach wie vor niedrig. Es liegt um 3,00 €/m² Nettokaltmiete für Wohnungen in Altbauten, bezugsfertig bis 1918, mit Stube und Küche in einfachem bis schlechtem Zustand. Siehe dazu eine aktuelle Mietspiegelabfrage für Berlin-Kreuzberg (Abbildung 04). Mieterlöse in dieser Höhe erlauben die notwendigen Modernisierungen allerdings nicht. Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 5 __________________________________________________________________________________________ Ausstattung Wohnfläche ohne SH, ohne Bad, mit IWC mit SH oder Bad, mit IWC mit SH, Bad und IWC 3,12 1,88 – 4,28 2,38 1,36 – 2,82 2,83 2,46 – 3,44 5,10 2,92 – 7,42 4,62 3,17 – 5,89 4,05 2,77 – 5,56 3,67 2,60 – 4,96 unter 40 qm 40 qm bis unter 60 qm 60 qm bis unter 90 qm 90 qm und mehr 2,49 1,25 – 3,65 1,75 0,73 – 2,19 2,20 1,83 – 2,81 Erläuterungen SH = Sammelheizung IWC = WC in der Wohnung Abb. 4 Mietspiegelabfrage für Berlin-Kreuzberg, Zossener Strasse von 38 bis 58 (www.stadtentwicklung. Berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/ms00_4.php3 vom 21.10.2004) Die in Kürze geschilderte Entwicklung der letzten hundert Jahre hat auf die Stadt Berlin und speziell auf die Mietskasernen nachhaltig eingewirkt. Wie sollte mit dem immer noch großen Bestand an Mietskasernen verfahren werden und welche Veränderungen können an den bestehenden Gebäuden vorgenommen werden? 2. Veränderungen an bestehenden Gebäuden Kahlschlagsanierungen wie in den 1960er Jahren dürfen nicht wiederholt werden. Die Struktur der Stadt mit ihren großzügig angelegten Straßen, Plätzen und Freiflächen und damit das historisch gewachsene Stadtbild insgesamt sollen erhalten, ihre Geschichte erkennbar bleiben. Den Anforderungen der Nutzer stehen mit den Mietskasernen hinsichtlich der Größe und dem Zuschnitt einer Wohnung ausreichend viele und von der Grundrisskonfiguration her geeignete Wohnungen gegenüber. Die Bausubstanz dieser Gebäude mit ihren massiven Ziegelwänden ist auch nach 100 Jahren zumindest in Bezug auf das Tragwerk überwiegend gut und weist eigene Qualitäten auf. Die Außenwände und alle sonstigen tragenden Wände sind als massive Mauerwerkskonstruktionen ausgeführt und im Vergleich zu den heute üblichen Beton- und Leichtbaukonstruktionen bauphysikalisch für das Wohnen und vergleichbare Nutzungen hervorragend geeignet. Auch die Holzbalkendecken der Normalgeschosse können in vielen Fällen noch über Jahrzehnte ihre Funktion erfüllen. Der optische und technische Zustand der Gebäude und die Ausstattung der Wohnungen in Bezug auf Küche und Bad sind dagegen vielfach schlecht. Aufzüge sind in den meist fünfgeschossigen Gebäuden wenn überhaupt, dann nur in den Vorderhäusern vorhanden. Durch geeignete bauliche Maßnahmen können noch für mehrere Jahrzehnte attraktive Wohnungen geschaffen werden. Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 6 __________________________________________________________________________________________ Abb. 5 Fassade einer Mietskaserne in einem Hinterhof in Berlin-Schöneberg. Die Schäden am Gebäude sind leicht erkennbar. Welche Maßnahmen kommen also in Betracht, um die Mietskasernen nicht nur zu erhalten, sondern um sie attraktiver zu machen? Zunächst einmal ist bei allen Gebäuden, an denen die Instandhaltung vernachlässigt wurde, eine umfassende Sanierung notwendig. Darüber hinaus kommen als Veränderungen sowohl Umnutzungen, Modernisierungen, Umbauten als auch Erweiterungsbauten in Frage. Darunter ist jeweils zu verstehen: 1) Umnutzungen sind Änderungen der ursprünglichen Nutzungsart aufgrund neuer Nutzeranforderungen in Bezug auf einzelne Räume oder ganzer Gebäude (Objekte). 2) Modernisierungen sind bauliche Maßnahmen zur nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes eines Gebäudes (Objektes), soweit es nicht Erweiterungsbauten, Umbauten oder Instandsetzungen sind. 3) Umbauten sind Umgestaltungen eines vorhandenen Gebäudes (Objektes) mit wesentlichen Eingriffen in Konstruktion oder Bestand. 4) Erweiterungsbauten sind Ergänzungen eines vorhandenen Gebäudes (Objektes), zum Beispiel durch Aufstockung oder Anbau. (Punkte 2 bis 4 nach § 3 Nr. 6 HOAI (01.96)) Bei Umnutzungen wechselt die Nutzungsart aufgrund neuer Anforderungen der Nutzer. Es können einzelne Räume eines Gebäudes, z. B. wenn eine Wohnung zukünftig als Rechtsanwaltskanzlei genutzt wird, oder das ganze Gebäude betroffen sein. Ist ein Eingriff in die bauliche Substanz eines Gebäudes nicht zu vermeiden, können sich technischkonstruktive Probleme wegen mangelnder Deckentragfähigkeit und dem Fehlen notwendiger Treppen und Fluchtwege ergeben. Auch der Wärme-, Schall- und Feuchtigkeitsschutz muss den heutigen baurechtlichen Anforderungen entsprechen. Die Vorteile von Umnutzungen bestehen darin, dass am gegebenen Standort und im bekannten Umfeld in der vorhandenen Bausubstanz eine im Vergleich zu Neubauten schnelle und kostengünstige Realisierung Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 7 __________________________________________________________________________________________ möglich ist. Im Einzelfall können allerdings Genehmigungsverfahren und -auflagen die Durchführung verzögern und verteuern. Zu den Modernisierungen zählen die Verbesserung der Wohnqualität durch bessere Raumausnutzung, Belichtung, Belüftung, weiterhin bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrswege, wie Aufzüge und Ausstattungen für Behinderte oder ältere Menschen. Die nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswertes bezieht sich jedoch nicht nur auf Wohngebäude, sondern auch auf zum Beispiel Grünanlagen oder raumbildende Ausbauten, technische Anlagen oder die Verbesserung des Wärme- und Schallschutzes. Art und Umfang einer Modernisierung können sehr unterschiedlich sein. Deshalb ist vorab und im Hinblick auf die Nutzung zu klären, welchem Anspruch das modernisierte Objekt genügen soll und welche rechtlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Bedingungen zu beachten sind. Vor allem unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Förderung sind diejenigen Maßnahmen von Bedeutung, welche in der Richtlinie zur Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Mietwohnungen (ModInstR), beschrieben werden: „Zur Modernisierung gehören insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Energieversorgung, Wasserversorgung und Entwässerung; sanitären Einrichtungen; Beheizung und Kochmöglichkeiten; Sicherung vor Diebstahl und Gewalt durch Einbau einbruchhemmender Eingangstüren, Rollläden oder Klappläden im Erdgeschoss. Modernisierung sind auch bauliche Maßnahmen, die nachhaltig Einsparungen von Energie und Wasser bewirken. Dies sind: wesentliche Verbesserung der Wärmedämmung in den Bereichen Dach, Fassade, Giebel, Fenster, Außentüren, Geschossdecken, Kellerdecken, Fußboden; wesentliche Verminderung des Energieverlustes und des Energieverbrauches der zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgung; Änderungen von zentralen Heizungs- und Warmwasseranlagen innerhalb des Gebäudes für den Anschluss an Anlagen zur Lieferung von Fernwärme und Warmwasser; Rückgewinnung von Wärme; Nutzung von Wärmepumpen und Solaranlagen sowie von Anlagen, die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten; sonstige bauliche Maßnahmen bzw. der Einbau von Anlagen, die nachhaltige Energieeinsparung und die Absenkung von Verbräuchen ermöglichen, incl. Steuerungstechnik; Ersatz von Einzelöfen durch Sammelheizungen; Einbau von Regelungstechnik bei vorhandenen Sammelheizungen; Einbau von Wasserzählern in allen Wohnungen des Gebäudes.“ (ModInstR, Runderl. d. Ministeriums f. Stadtentwicklung, Wohnen u. Verkehr v. 29.08.02, Ziffer 2.1.2) Modernisierungen können in technischer, finanzieller und organisatorischer Hinsicht einen Umfang erreichen, der Neubauten nahe kommt. Wenn dafür zunächst nicht die notwendigen Mittel vorhanden sind, langfristig jedoch eine umfassende Modernisierung durchgeführt werden soll, kann diese nur als Stufenlösung erfolgen. Hierbei ist zu beachten, dass einzelne Maßnahmen so durchgeführt werden, dass weitere zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll fortgeführt werden können. Krings schlägt für Gebäude verschiedener Epochen Einzel- und Hauptstufen von Maßnahmen vor. Für die Wohngebäude der Gründerzeit, also ab Mitte des 19. Jahrhunderts, empfiehlt er die folgende Vorgehensweise. Einzelstufen Hauptstufen Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 8 __________________________________________________________________________________________ 1 Dachsanierung 2 Fenstererneuerung 3 Fassadensanierung 1 Äußere Hülle 4 Treppenhaus 5 Innerer Wärmeschutz 6 Heizungseinbau 2 Heizung und Allgemeinbereiche 7 Innerer Umbau 8 Wohnumfeld 3 Innerer Umbau und Wohnumfeld Abb. 6 Stufenlösungen der Altbaumodernisierung bei Gebäuden mit Erstbezug bis 1918 (Krings, E.: Stufenlösungen bei der Altbaumodernisierung, Eschborn 2000, S. 38) Gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) sind unter Umbauten zu verstehen: „ ... Umgestaltungen eines vorhandenen Objekts mit wesentlichen Eingriffen in Konstruktion oder Bestand.” (§ 3 Nr. 5 HOAI (01.96)). Bei Umbauten handelt es sich somit um einen teilweisen Neubau nach einem teilweisen Abbruch von Baukonstruktionen und technischen Anlagen. Zu beachten ist, dass vor einem Umbau in vielen Fällen die Flächen entmietet werden, mindestens aber die Nutzung über längere Zeit unterbrochen werden muss. Ein Umbau ist der am weitesten gehende Eingriff in ein Gebäude. Dies kommt auch in den dafür anfallenden Kosten und dem erforderlichen Zeitbedarf zum Ausdruck. Umbauten bei Mietskasernen haben häufig die Teilung von Wohnungen zum Gegenstand, dazu gehört dann auch die Veränderung der Erschließung. Hierbei ist der Bestandsschutz zu beachten, denn Veränderungen am Gebäude können zu Behördenauflagen führen, z. B. den Brandschutz betreffend, und damit die Wirtschaftlichkeit des Eingriffes in Frage stellen. Erweiterungsbauten können als Ergänzung eines vorhandenen Gebäudes durch Aufstockung oder Anbau erfolgen. In Anbetracht der bereits hohen Bebauungsdichte, die bei den Mietskasernen gegeben ist, wird diese Möglichkeit nur in Einzelfällen in Betracht zu ziehen sein. Wünschenswert ist ein Anbau jedoch dort, wo zuvor Altbauten einer Straßenerweiterung weichen mussten und die verbliebenen Brandmauern um Wohnungen, Loggien, Wintergärten oder Balkons ergänzt werden können. Das Aufsetzen eines weiteren Geschosses wird nur in Ausnahmefällen sinnvoll sein, da es in der Regel den kostenintensiven Ein- oder Anbau eines Aufzuges und einen verbesserten Brandschutz erforderlich macht. Die beschriebenen Maßnahmen unterscheiden sich hinsichtlich des Eingriffes in die bauliche Substanz des Gebäudes. In der Praxis lassen sie sich nicht immer eindeutig von einander trennen. Eine Umnutzung erfordert, sofern die betroffenen Räume nicht über eine ausreichende Variabilität verfügen, häufig auch kleinere Umbauten. Ein Umbau kann Anlass für eine ergänzende Modernisierung sein. Oft werden notwendige Instandsetzungen vor einem Umbau oder einer Modernisierung über Jahre aufgeschoben, so dass die dann schon lange fällige Sanierung im Zuge der größeren Maßnahme durchgeführt werden kann. Bei einer Erweiterung handelt es sich um einen ergänzenden Neubau. Die Veränderungen am Gebäude zählen zum Bauen im Bestand. Sie machen, wie Abbildung 7 zeigt, bereits zwei Drittel der Bautätigkeit im Wohnungsbau aus. Es wird festgestellt: „Im Hinblick auf die deutlichen Schrumpfungen im Neubaubereich haben Bauleistungen, die auf eine Verbesserung des Wohnungs- und Gebäudebestandes gerichtet sind, einen erheblichen Bedeutungszuwachs erhalten.“ Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 9 __________________________________________________________________________________________ Reale Entwicklung des Wohnungsbauvolumens in Deutschland 1999 2000 2001 2002 Zu Preisen von 1995 in Mrd. Euro – 2002 und 2003 Prognosen Neubauvolumen 77,9 71,5 59,2 53,8 Modernisierung/Instandsetzung 80,1 82,1 85,1 87,2 Wohnungsbauvolumen 158,0 153,6 144,3 141,0 insgesamt Struktur in Prozent – 2002 und 2003 Prognosen Neubauvolumen 49 % 47 % 41 % 38 % Modernisierung/Instandsetzung 51 % 53 % 59 % 62 % Wohnungsbauvolumen 100 % 100 % 100 % 100 % insgesamt 2003 51,7 89,7 141,4 37 % 63 % 100 % Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) - Wochenbericht Nr. 34/2002 Abb. 7 Entwicklung des Wohnungsbauvolumens in Deutschland – anteilig Neubau und Modernisierung sowie Instandsetzung (o. V.: Wachsende Bedeutung von Modernisierung ... , in: DAB 11/2000, S. 27) 3. Haben die Mietskasernen eine Zukunft? Der Bestand an Immobilien in Deutschland ist heute so hoch wie nie zuvor. Aufgrund der abnehmenden Geburtenrate in den letzten Jahrzehnten steigt auch bei geringer Neubautätigkeit bundesweit das Angebot an Wohnungen weiter an. In wenigen Jahren werden 40 m² Wohnfläche pro Einwohner im Durchschnitt zur Verfügung stehen. Nur in wenigen Ballungsräumen, z. B. Stuttgart, München oder Frankfurt ist Wohnraum knapp. In anderen Städten und Regionen, so in den Neuen Bundesländern und im Ruhrgebiet, sind die Leerstandsraten schon sehr hoch. Sie werden weiter steigen, so lange nicht in noch größerem Umfang Rückbau betrieben wird. Welche Möglichkeiten gibt es, die Mietskasernen in Berlin zu erhalten? Welche Qualität haben heute und in Zukunft die mit ihnen entstandenen Quartiere? Die angesprochenen Stadtteile liegen nach der Wiedervereinigung wieder im Zentrum von Berlin. Die Struktur der Bebauung in Form der Blockrandbebauung ist überwiegend erhalten. Viele Straßenzüge und Plätze sind begrünt. Eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist fast überall vorhanden. Insofern sind viele Voraussetzungen für eine Erhaltung der Quartiere gegeben. Andererseits ist der Zustand vieler Wohnungen auch fünfzehn Jahre nach der Wende immer noch oder inzwischen schon wieder sehr schlecht. Es fehlt aufgrund des geringen Mietniveaus das Geld zur Sanierung der Fassaden, der Höfe und zur Modernisierung des Ausbaus. Nebenbei sei bemerkt, dass für Investoren die Erstellung von Neubauten und deren Vermietung zur Zeit noch weniger interessant ist. Dabei ist eine Nachfrage sowohl nach Wohnungen mit großzügig geschnittenen Grundrissen als auch nach erschwinglichen Kleinwohnungen erkennbar, vorausgesetzt sie sind modernisiert. Anders als bei Gebäuden des Wiederaufbauprogramms und des sozialen Wohnungsbaus, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden, sind bei den Mietskasernen die Flächen nicht auf bestimmte Funktionen hin optimiert, um nicht zu sagen minimiert. Besonders die Wohnungen in den Vorderhäusern haben mehrere große Räume und lassen sich sowohl als Einzelwohnung, als Wohngemeinschaft oder als Anwaltskanzlei, Architekturbüro oder Arztpraxis nutzen. In den Seitenflügeln und Quergebäuden sind Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 10 __________________________________________________________________________________________ Wohnungen für die weiterhin zunehmenden Einpersonenhaushalte in ausreichender Zahl vorhanden. Schlussbetrachtung Zu verbessern ist nach Ansicht des Verfassers neben dem technischen Zustand der Gebäude das Ansehen der angesprochenen Quartiere. Im Unterschied zu den weit von der Innenstadt entfernt liegenden, monotonen Reihenhaussiedlungen im „Speckgürtel“ Berlins und den öden Plattenbausiedlungen im Ostteil der Stadt bieten die alten Quartiere der Mietskasernen urbanes Leben mit multikultureller Atmosphäre in gewachsenen Strukturen und zentraler Lage. Abb. 8 Geschäfte und gastronomische Einrichtungen verschiedener Kulturen bereichern das Bild der Stadt, Leben in Berlin-Kreuzberg Investitionen zur Wohnumfeldverbesserung und zur Sanierung und Modernisierung der über hundertjährigen Mietskasernen lassen in Anbetracht der zur Zeit niedrigen Mieten kurzfristig nur eine geringe Rendite erwarten, dürfen aber langfristig als Wertanlage betrachtet werden. Voraussetzung für die notwendige Erhaltung einer lebendigen Innenstadt ist die Verknappung des Baulandes im städtischen Umfeld und ein stärkerer Rückbau der ebenfalls inzwischen sanierungsbedürftigen Betonsiedlungen der 1960er und 1970er Jahre. Für Behörden, Bauherren, Architekten und Ingenieure ergeben sich damit Aufgaben, die sich von denen beim Neubau auf der „grünen Wiese“, wie er viele Jahrzehnte praktiziert wurde, unterscheiden: Stadtmarketing und Quartiersmanagement, Bauschadensanalyse und die Techniken der Erhaltung und Wiederherstellung von Gebäuden, Grünanlagen und Infrastruktur. Sich darauf vorzubereiten und es dann auch zu tun, wird für alle Beteiligten Sinn machen! Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004 P B Lehrstuhl für Planungs- und Bauökonomie - Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung ÖK Universitätsprofessor Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche - Brandenburgische Technische Universität Cottbus Festschrift zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.-Ing., Dr. mont. Gert Stadler Zur langfristigen Nutzung der Mietskasernen in Berlin 11 __________________________________________________________________________________________ Literatur Assmann, Gustav: Grundrisse für Städtische Wohngebäude mit Rücksicht auf die für Berlin geltende Bauordnung. Verlag von Ernst & Korn Berlin 1862 Hegemann, Werner: Das steinerne Berlin. Nachdruck der Erstausgabe von 1930 in der Reihe Bauwelt Fundamente. Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft Braunschweig Wiesbaden 4. Auflage 1988 http: de.wikipedia.org/wiki/hausbesetzung vom 21.10.2004 Krings, Edgar: Stufenlösungen bei der Altbaumodernisierung, RKW-Verlag Eschborn 2000 ohne Verfasserangabe: Wachsende Bedeutung von Modernisierung und Instandsetzung im Wohnungsbau, in: Deutsches Architektenblatt 11/2000 Peters, Günter: Kleine Berliner Baugeschichte. Von der Stadtgründung bis zur Bundeshauptstadt. Stapp Verlag Berlin 1995 www.stadtentwicklung. Berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/ms00_4.php3 vom 21.10.2004 Zille, Heinrich: Mein Milljöh: neue Bilder aus dem Berliner Leben. Nachdruck der Erstauflage von 1914. Fackelträger Verlag Hannover 1997 Gesetze, Normen, Verordnungen Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure - HOAI (01.96) Richtlinie zur Förderung der Modernisierung und Instandsetzung von Mietwohnungen (ModInstR). Runderlass des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr vom 29.08.2002 und http://www.ilb.de Datei: Stadler-65-Jahre Text mit Bildern.doc Stand 12.11.2004