Produktpolitik Leseprobe

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Leseprobe
Beibst
Produktpolitik
MARKETING
Studienbrief 2-033-0004
3. Auflage 2013
Produktpolitik
Impressum
Verfasser:
Prof. Dr. Gabriele Beibst
Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing,
im Fachbereich Betriebswirtschaftslehre
an der Ernst-Abbe-Fachhochschule Jena
Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Studienfach „Marketing“ verfasst. Die
Bestätigung des Curriculums erfolgte durch den
Fachausschuss für das modulare Fernstudienangebot Betriebswirtschaftslehre,
dem folgende Mitglieder angehören:
Prof. Dr. Arnold (TH Mittelhessen), Prof. Dr. Götze (FH Stralsund), Prof. Dr. Hofmeister (FH Erfurt), Prof. Dr.
Nullmeier (em., HTW Berlin), Prof. Dr. Pumpe (Beuth HS für Technik Berlin), Rosemann M. A. (Ostfalia Hochschule), Prof. Schindler (HS Merseburg), Prof. Dr. Schmeisser (HTW Berlin), Prof. Dr. Schwill (FH Brandenburg), Prof. Dr. M. Strunz (HS Lausitz), Prof. Dr. H. Strunz (Westsächsische HS Zwickau), Prof. Dr. Tippe (TH
Wildau (FH)), Prof. Dr. C. D. Witt (em., HS Wismar).
3. Auflage 2013
ISBN 978-3-86946-172-4
Redaktionsschluss: September 2013
Studienbrief 2-033-0004
© 2013 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning.
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Produktpolitik
Inhaltsverzeichnis
Einleitung..........................................................................................................................................................................................5
Literaturempfehlung.....................................................................................................................................................................6
1
Begriffliche Grundlagen/marketingpolitischer Problemgehalt.................................................................6
1.1
Was ist ein Produkt?..................................................................................................................................................................................6
1.2
Gegenstand der Produktpolitik............................................................................................................................................................8
1.3
Ziele der Produktpolitik...........................................................................................................................................................................9
2
Gestaltungselemente der produktpolitischen Entscheidungsfindung................................................11
2.1
Entscheidungen zur Produktgestaltung.........................................................................................................................................11
2.2
Entscheidungen zur Verpackungsgestaltung.............................................................................................................................. 13
2.3Markierung................................................................................................................................................................................................ 14
2.4
Kundendienst- und Garantieleistungen......................................................................................................................................... 16
3
Produkt- und Programmanalysen......................................................................................................................17
3.1Programmstrukturanalysen................................................................................................................................................................ 18
3.2Produktlebenszyklusanalyse.............................................................................................................................................................. 20
3.3Portfolioanalysen.................................................................................................................................................................................... 22
4
Entwicklung und Einführung neuer Produkte.............................................................................................. 26
4.1Produktinnovation................................................................................................................................................................................. 26
4.2
Planungs- und Entscheidungsprozess............................................................................................................................................ 28
4.2.1
Ideenfindung und -vorauswahl......................................................................................................................................................... 28
4.2.2
Konzeptentwicklung und ‑erprobung............................................................................................................................................ 30
4.2.3
Wirtschaftlichkeitsanalyse und Produktentwicklung............................................................................................................... 31
4.2.4
Markterprobung und -einführung................................................................................................................................................... 33
5
Strategische Entscheidungen der Programmpolitik................................................................................... 35
6
Methoden der Sortimentsplanung................................................................................................................... 40
Antworten zu den Kontrollfragen und Lösungshinweise zu den Übungsaufgaben.......................................... 44
Literaturverzeichnis.................................................................................................................................................................... 53
Sachwortverzeichnis.................................................................................................................................................................. 54
HDL
6
Produktpolitik
Literaturempfehlung
Zur Vertiefung der hier behandelten Themenbereiche können folgende Veröffentlichungen empfohlen werden:
–– Scharf, A./Schubert, B./Hehn, P. (2012): „Marketing“,
–– Koppelmann, U. (2008): „Produktmarketing: Entscheidungsgrundlagen für
Produktmanager“,
–– Kotler, Ph./Keller, K. L./Bliemel, F. (2007): „Marketing-Management“,
–– Hansen, U./Leitherer, E. (2001): „Produktpolitik“,
–– B
rockhoff, K. (1999): „Produktpolitik“,
–– Hüttel, K. (1998): „Produktpolitik“.
1
Begriffliche Grundlagen/
marketingpolitischer Problemgehalt
In diesem Kapitel sollen Sie erlernen,
Studienziele
•• was ein Produkt ist,
•• was die Produktpolitik eines Unternehmens beinhaltet und
•• welches die Ziele der Produktpolitik sind.
1.1
Was ist ein Produkt?
Ein Produkt ist nicht, wie oftmals angenommen, ausschließlich die materielle Leistung eines Unternehmens. Waren wie Computer, Schuhe, Autos gehören zwar zum Begriff „Produkt“, aber auch Dienstleistungen, wie eine Urlaubsreise, eine Beratung über Geldanlagen, sind Produkte. Selbst Städte befassen
sich heute mit Regionenmarketing und demzufolge auch mit Produktpolitik,
indem sie ihre touristischen, infrastrukturellen und industriellen Möglichkeiten
herausstellen und vermarkten.
Merksatz
Ein Produkt stellt somit aus marketingpolitischer Sicht eine absatzwirtschaftliche Leistung dar, deren Beurteilung anhand von Nutzenerwartungen der Nachfrager erfolgt, was die Akzeptanz durch den Konsumenten impliziert.
Deshalb ist die Basis erfolgreicher Produktpolitik die subjektive Wahrnehmung
des Produkts und der Leistung des Unternehmens aus der Sicht der Kunden.
Definition
HDL
Ein Produkt ist ein materielles und/oder immaterielles Aggregat aus wahrgenommenen und mit Nutzenerwartungen verknüpften Leistungsmerkmalen (Scharf/Schubert/Hehn, 2012, S. 237).
Produktpolitik
7
Prinzipiell sind folgende Produktarten in Abhängigkeit von der Art der Leistung zu unterscheiden:
–– materielle Leistung/Sachleistung (Computer, Auto),
–– immaterielle Leistung/Dienstleistung (Touristik, Friseurleistung, Softwareberatung),
–– Kombination beider (Produktion eines Fertigteilhauses und aufbauen
beim Kunden).
Bei der Planung des Leistungsangebotes sind nach Kotler/Keller/Bliemel (2007,
S. 493 ff.) die in Bild 1.1 aufgezeigten fünf Konzeptionsebenen zu berücksichtigen:
Nutzen
Grundnutzen
(Kernnutzen)
–– grundlegende
Produktionsleistung
generisches Produkt
erwartetes Produkt
potenzielles Produkt
–– Grundversion eines
Produktes
–– Produkteigenschaften, die
ein Konsument im
Normalfall erwartet
–– Stiftung von komparativen Konkurrenzvorteilen durch Vermittlung zusätzlicher
Produktleistungen
(Zusatznutzen)
–– Produkt mit allen zukünftig erreichbaren
Gestaltungsmöglichkeiten
–– Bsp.: bestimmte
Marke, bestimmte Eigenschaften,
spezielles Design,
spezielle Verpackung,
herausragende
Qualität
–– Bsp.: Fertiggericht:
schmackhaft, Haltbarkeitsdatum nicht
überschritten,
Inhaltshinweise,
Verarbeitungshinweise
–– Bsp.: bestimmte
Marke, bestimmte Eigenschaften,
spezielles Design,
spezielle Verpackung,
herausragende
Qualität
–– Ziel: Zusatznutzen,
der nicht nur zufriedenstellt, sondern
auch erfreuen, d. h.
positiv überraschen,
soll
–– eigentliche Ursache
für die Nachfrage
nach dem Produkt
–– grundlegende
Nutzenerwartung
–– Bsp.: Fertiggericht:
schnelle Zubereitung einer warmen
Mahlzeit,
Make-up: Hoffnung
auf Schönheit
argumentiertes
(erweitertes) Produkt
–– Beachte: Sind die
Kunden bereit, für
den Extraaufwand zu
zahlen?
Bild 1.1
Produktpolitische Konzeptionsebenen (Quelle: nach Kotler et al., 2007, S. 493 ff.)
Unter den Bedingungen des erhöhten Wettbewerbs in den hoch entwickelten
Industrieländern können im Grunde nur die Unternehmen einen Vorsprung erreichen, die ihre Leistungen zielgruppenrelevant, beispielsweise durch Service und Kundendienst oder aber einen entsprechenden Preis, Exklusivität
oder Prestige vermittelnde Werbung und Markierung, erweitern.
B 1.1
Beispielsweise kann ein Versandhaus diesen zusätzlichen Produktnutzen erreichen, indem es einen 24-Stunden-Lieferservice ohne
zusätzliche Kosten für den Besteller anbietet.
Beispiel
Eine Fluggesellschaft hat u. a. die Möglichkeit, ihr Produkt wie folgt
zu „argumentieren“: eigene Reisebüros, Hotelreservierungen, ClubService, Kundenbetreuungsqualität.
HDL
8
Produktpolitik
1.2
Definition
Gegenstand der Produktpolitik
Legt man den oben definierten Produktbegriff zugrunde, so umfasst Produktpolitik alle Aktivitäten zur Gestaltung der materiellen (Sach-) und immateriellen (Dienst-)Leistungen sowie deren Kombination.
Hierzu gehört auch die rechtliche Absicherung der Produktpolitik in Form von
Patenten, Lizenzen und Markierungen.
Dies betrifft alle Entscheidungen, die zu einer entsprechenden Erfüllung der
Nutzenerwartungen der Abnehmer beitragen können.
Es werden demzufolge nicht nur einzelne Leistungen der Produktpolitik eines
Unternehmens erfasst, sondern dessen gesamtes Produktionsprogramm bzw.
Sortiment.
Aus der Sicht der Anbieter sind folgende grundlegende Gestaltungsbereiche
in der Produktpolitik zu unterscheiden:
XX Produktinnovation, Produktdiversifikation
beziehen sich auf die Schaffung neuer und erfolgreicher Produkte, welche
sowohl Marktneuheiten als auch Neuheiten für den Betrieb sein können.
Der Handlungsspielraum reicht also von neuen Problemlösungen zur Realisierung einer Aufgabe (CD-Spieler gegenüber herkömmlichem Plattenspieler) bis zu Veränderung der äußerlichen Gestalt oder modifizierter Funktionserfüllung von ähnlichen, bereits am Markt befindlichen Produkten/
Leistungen.
XX Produktvariation
ist die mögliche Veränderung von bereits am Markt befindlichen Produkten.
Im Mittelpunkt von Produktvariationen stehen überwiegend Produktverbesserungen, deren Ursachen vor allem im veränderten Verbraucherverhalten, gesetzlichen Auflagen, Konkurrenz- und Rationalisierungsdruck, Lebensalter der Produkte zu suchen sind.
XX Produktdifferenzierung
dagegen beinhaltet die Schaffung von Varianten zu einem am Markt befindlichen und bleibenden Produkt in abgewandelter Form. Dies kann die
Eigenschaften, wie die Materialart oder das Design, aber auch den Markennamen oder Kundendienst und Beratung betreffen.
XX Produktelimination
ist die Herausnahme von Produkten/Leistungen aus dem Produktionsprogramm. Dies kann aus quantitativen (sinkender Umsatz und/oder Marktanteil, sinkender Deckungsbeitrag …) oder qualitativen Gründen (Störungen
im Produktionsablauf, Änderung der Kundenwünsche …) notwendig sein.
HDL
Produktpolitik
9
Programmpolitik
Innerhalb der Programmpolitik stehen folgende Gestaltungselemente zur Verfügung (vgl. Bild 1.2):
–– Differenzierung und Positionierung,
–– Programmmodifikation,
–– Programmerweiterung und
–– Programmreduktion1.
Strategieebene
produkt-/leistungsbezogen
programmbezogen
×
×
Strategie
Differenzierung
Variation
×
Produktmodifikation/Produktrelaunch, Produktpflege
Modifikation
×
Marktentwicklung,
Marktdurchdringung
Erweiterung
×
Diversifikation, Ergänzung und
Modernisierung
Reduktion
×
Sortenreduktion,
Programmspezialisierung
Innovation
×
Produktentwicklung,
Diversifikation
(× = zutreffend)
Bild 1.2
Grundlegende Gestaltungsbereiche der Programmpolitik
1.3
Ziele der Produktpolitik
Die Ziele der Produktpolitik müssen sich an den Oberzielen der Unternehmung
und hieraus abgeleiteten Marketingzielen orientieren, d. h., es ist deren Einbindung in die Zielhierarchie der Unternehmung unumgänglich.
Prinzipiell sind zunächst ökonomische (Gewinn, Umsatz, Absatz …) und psychografische (Bekanntheitsgrad, Image …) Marketingziele zu unterscheiden,
die oftmals mit den produktpolitischen Zielen identisch sind.
Zu beachten ist jedoch, dass alle produktpolitischen Ziele prinzipiell unter
den Aspekten der Kosteneffizienz und Wirtschaftlichkeit betrachtet werden
müssen!
1
Merksatz
Eine nähere Erläuterung der programmpolitischen Gestaltungselemente erfolgt im Kapitel 5.
HDL
10
Produktpolitik
Beispiele für produktpolitische Ziele sind:
–– Wachstumssicherung, z. B. durch Neuproduktentwicklungen,
–– Bedarfsanpassungen (bestehende Nutzenerwartungen) und Bedarfsveränderungen (veränderte Nutzenerwartungen),
–– Verbesserung der Wettbewerbsposition, z. B. durch eine Abgrenzung vom
Angebot der Konkurrenten oder durch Preis- bzw. Qualitätsführerschaft,
–– Kostensenkung, z. B. durch effizientere Einsatzstoffe,
–– Vermeidung von Absatzeinbußen durch entsprechende Sortimentsgestaltung und Diversifikation,
–– Rationalisierung durch entsprechende Produktgestaltung (Baukastenprinzip).
Produktpolitische Ziele können häufig zu Zielkonflikten führen. So muss eine
ökologisch orientierte Produktion nicht unbedingt kostengünstiger sein, was
die Erreichung eines anderen Zieles, wie die Senkung der Absatzpreise, verhindern oder gefährden kann.
Kontrollfragen
K 1.1
Was verstehen Sie unter einem „Produkt“? Erläutern Sie den Produktbegriff anhand von Kaffee, Bildungsreise, Computer!
K 1.2
„Der Zusatznutzen wird zum Grundnutzen“ (Cari Zalloni, Cazal Brillen).
„Wir verkaufen nicht nur Gläser und Gestelle, wir verkaufen auch Ideen und Imaginationen, Status und Schönheit, Sexualität und Selbstverwirklichung“ (Günter Fielmann).
Was ist mit diesen Bemerkungen gemeint?
HDL
K 1.3
Erläutern Sie den Gegenstand der Produktpolitik und ordnen Sie
die Produktpolitik in den Marketingmix ein!
K 1.4
Geben Sie einen Überblick über grundlegende Gestaltungsbereiche der Produktpolitik!
K 1.5
Diskutieren Sie den Zusammenhang zwischen den Unternehmenszielen, Marketingzielen und Zielen der Produktpolitik!
Produktpolitik
11
2Gestaltungselemente
der produktpolitischen
Entscheidungsfindung
In diesem Kapitel sollen Sie erlernen,
•• welche produktpolitischen Gestaltungsbereiche im engeren und weiteren
Sinne existieren,
Studienziele
•• welche Rolle die Verpackungsgestaltung im Rahmen der Produktpolitik
spielt,
•• welche Entscheidungen der Markenpolitik zu berücksichtigen sind und
•• was unter Kundendienstleistungen/Garantieleistungen zu verstehen ist.
2.1
Entscheidungen zur Produktgestaltung
Die produktpolitischen Gestaltungsebenen lassen sich in die in Bild 2.1 dargestellten Bereiche gliedern:
Dimensionen der Produktgestaltung
E
Gestaltung der sonstigen
nutzenbeeinflussenden Faktoren
Gestaltung des Produktäußeren
Gestaltung der Produktqualität
i. e. S.
Gestaltung des Produktnamens/
der Marke
Gestaltung der Produktform
Gestaltung des Produktkerns
Gestaltung der Kundendienstleistungen/Garantieleistungen
Gestaltung der Produktfarbe
Gestaltung der Produktfunktion
W
Gestaltung des Preises
Gestaltung der distributionswirtschaftlichen Bedingungen
Gestaltung der produktbezogenen
Marktkommunikation
Legende:
Bild 2.1
E = produktpolitische Gestaltungsbereiche im engeren Sinne
W = produktpolitische Gestaltungsbereiche im weiteren Sinne
Dimensionen der Produktgestaltung (Quelle: nach Hoppe/Gessner/Beibst, 1990, S. 89)
HDL
12
Produktpolitik
Gestaltung der Produktqualität i. e. S.
Die Produktqualität im engeren Sinn (s. Bild 2.1, rechts) umfasst die Gestaltung
–– des Produktkerns (physikalische und/oder chemische Eigenschaften, wie
etwa Größe, Länge, Gewicht, technische Leistung usw.) und
–– der Produktfunktion (in stärkerem Maße konsumentenorientiert, da sie auf
wirtschaftliche Haltbarkeit, Zuverlässigkeit, Bedienungsfreundlichkeit usw.
orientiert).
Beispiel
B 2.1
Produktkern
Ein Hersteller von Elektrogeräten hat einen Staubsauger in sein Programm aufgenommen und legt dessen Leistung mit 1200 Watt fest.
Produktfunktion
Der Hersteller stattet den Staubsauger mit einem per Fußdruck aufrollbaren Kabel und unterschiedlichen Düsen aus, um die Benutzung und Bedienung zu erleichtern.
Gestaltung des Produktäußeren
Die Gestaltung des Produktäußeren (s. Bild 2.1, Mitte) impliziert die Produktform (Erzeugnis oder Verpackung/Packung) und die Produktfarbe. Hierbei
handelt es sich also um diejenigen Produkteigenschaften, die auf den ersten
Blick erkennbar sind.
Dabei ist bezüglich der Packung, welche die Gesamtheit von Packgut und Verpackung darstellt, und der Verpackung, also der Umhüllung eines Packgutes,
herauszustellen, dass beide neben ihrer sachlich-funktionalen Ebene eine erhebliche marktpsychologische und somit Werbewirkung besitzen. Dies gilt
nicht nur für Kosmetikartikel, wie Parfüm, Creme und Aftershave!
Die Produktfarbe ist das kostengünstigste und flexibelste Mittel, um Produkte
zu variieren. Weltweit existieren mehr als 7 Millionen Farben und fast 3000 Farbnamen, wobei insbesondere die psychologische Wirkung der Farbe zu beachten ist. So wirkt beispielsweise weiß in einem Krankenhaus sauber, aber eben
kühl. Auch können Farben die Nutzenversprechungen an den Konsumenten
unterstreichen. So verstärkt eine weiße Farbe den Charakter von Reinigungsmilch, was bei einer eher durchsichtigen Farbgebung nicht zu erreichen wäre.
Gestaltung der sonstigen nutzenbeeinflussenden Faktoren
Die Gestaltung der sonstigen nutzenbeeinflussenden Faktoren umfasst neben
der Markierung und den Kundendienst-/Garantieleistungen auch die anderen Marketinginstrumente, wie Preisgestaltung, Marktkommunikation und
Distribution, welche nicht von der Produktgestaltung zu trennen sind.
Beispiel
HDL
B 2.2
Ein durch den Produktkern und die Verpackung entsprechend exklusiv gestaltetes Produkt wie „Chanel-Parfüm“ muss eben auch
zu einem adäquaten Preis und durch die entsprechenden Distributionskanäle (Fachgeschäfte wie Aurel) vertrieben werden, will
Produktpolitik
13
man die gewählten Zielgruppen erreichen. Für viele Konsumenten
ist eine hohe Produktqualität mit einem hohen Preis verbunden.
Würde dieser bei Chanel etwa auf das Niveau von Sabatini sinken,
wären die Konsumenten möglicherweise irritiert und würden den
Nutzenversprechungen des Unternehmens nicht glauben. Ebenso
würden sie wohl kaum zu ALDI gehen, um Chanel zu kaufen.
2.2
Entscheidungen zur Verpackungsgestaltung
Entscheidungen über die Verpackungsgestaltung betreffen alle Maßnahmen,
die mit dem Verhüllen und/oder Umhüllen der Produkte verbunden sind.
Die Verpackung hat hierbei nicht nur eine Schutz- und Transportfunktion inne, sondern ist vor allem eine Möglichkeit, die gesamte unternehmerische
Leistung aufzuwerten, den Absatz zu fördern und sich von den Wettbewerbern abzuheben.
Auch sollten innovative Leistungen im Verpackungsbereich, wie wiederverwertbare Packungen, welche zu einer Entlastung der Umwelt führen, und Dosierspender oder Nachfüllpackungen, welche in gesättigten Märkten für höhere Umsätze sorgten, nicht unerwähnt bleiben.
Auch können unterschiedliche Packungs-/Verpackungsformen bei gleicher
Qualität die Beurteilung eines Produktes durch die Verbraucher erheblich verändern und Auswirkungen auf die Nutzenerwartungen haben.
Zu beachten sind weiterhin die unterschiedlichen Anforderungen, die die Konsumenten, der Handel und die Umwelt an die Verpackungen haben, und welche die Hersteller erfüllen müssen, wollen sie erfolgreich am Markt agieren.
Aus Konsumentensicht stehen die bequeme Entsorgung, die Benutzerfreundlichkeit und natürlich die ansprechende Gestaltung im Vordergrund.
Der Groß- und Einzelhandel dagegen achtet besonders auf effiziente Lagerbarkeit, seine Distributionskosten, was eine Vereinfachung der warenwirtschaftlichen Abwicklung der Vorgänge des Verkaufes einschließt, sowie auf die
Selbstverkäuflichkeit.
Nicht zuletzt haben die Umwelterfordernisse, wie Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung, einen erheblichen Einfluss auf die Packungs-/Verpackungsgestaltung.
B 2.3
Ein Hersteller von Waschpulver kann folgende Grundfunktionen
der Verpackung beachten:
Beispiel
1. Aufmerksamkeit erregen, Träger der Werbebotschaft sein (… da
weiß man, was man hat), Träger des Markenzeichens sein (Persil,
Sunil, Coral), eindeutige äußerliche Differenzierung von Konkurrenzprodukten;
2. in konzentrierter Form über das Produkt und seine Verwendung
informieren;
HDL
14
Produktpolitik
3. Synergieeffekte zu ergänzenden Produkten des Herstellers auslösen;
4. ermöglichen, eine Marke schnell zu identifizieren, beispielsweise durch eine bestimmte Form (Dalli);
5. zielgruppengerechte Verpackung der losen, pulverartigen oder
flüssigen Mengen in unterschiedlichen Größen (1-kg- oder
10-kg-Packung);
6. Schutz des Gutes vor Beschädigungen (Wassereinfluss) und/
oder der Umwelt;
7. Sicherung der Transport- und Lagermöglichkeiten, Raumoptimierung beim Transport.
2.3Markierung
Grundsätzlich muss jeder Hersteller entscheiden, ob er anonyme Produkte
oder Markenartikel anbietet.
Dabei übernimmt der Produktname bzw. die Markierung wichtige Symbolfunktionen und ist zugleich ein wesentlicher psychologischer Preiseinflussfaktor. Ziel ist es, das Produkt/die Leistung für den Konsumenten von anderen unterscheidbar und wiedererkennbar zu machen. Auf der Seite der Konsumenten
sollen Präferenzen bei an sich ähnlichen Erzeugnissen und ein Markenbewusstsein aufgebaut werden.
In der Bundesrepublik werden gegenwärtig über 500.000 in- und ausländische
Marken geschützt.
Seit dem 01. 01. 1994 ist das Markenrecht in Kraft getreten. In diesem Markengesetz (MarkenG) wird eine Marke in § 3 Abs. 1 wie folgt definiert (Markengesetz, 1994; zuletzt geänd. 24. 11. 2011):
Definition
„Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie
sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen
geschützt werden, die geeignet sind, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“
Auch Dienstleistungen können gekennzeichnet werden, um sich vom Wettbewerber abzuheben.
Ein Markenartikel ist somit auf die Nutzenerwartung der Abnehmer ausgerichtet. Er wird mit einem wie oben definierten Zeichen versehen und geschützt.
Dabei erwartet der Abnehmer, dass ihm das Produkt/die Leistung in gleichbleibender Qualität angeboten wird.
HDL
Produktpolitik
Markenartikel sind durch nachfolgende konstitutive Merkmale gekennzeichnet:
–– Produkt des differenzierten Massenbedarfs (wie Videorekorder, Schokoriegel),
–– einheitliches Zeichen (Markierung),
–– gleichbleibende Aufmachung, insbesondere der Verpackung,
–– gleichbleibende oder verbesserte Qualität,
–– überregionale, intensive Werbung (z. B. Fernsehspots oder Zeitschriftenwerbung),
–– Anerkennung am Markt,
–– überall erhältlich (Ubiquität).
Erfolgreiche Marken wie Nivea, Coca-Cola, ALDI, Mercedes-Benz sind vertraut, d. h., sie sind beim Konsumenten bekannt. Ein weiteres Kriterium ist die
Relevanz, hinter der sich die Frage nach der Erfüllung der Wünsche der Kunden
verbirgt. Marken sollen außerdem einen gewissen Stellenwert in der Öffentlichkeit haben (Ansehen) und sich von Konkurrenzprodukten absetzen (differenzieren).
Aufgaben der Markierung beinhalten somit heute vordergründig Marketingaspekte:
XX Hierzu zählen neben den oben genannten, insbesondere aus Produzentensicht: Kundenbindung, verkaufsfördernde Wirkung und Reduzierung eines ruinösen Preiswettbewerbs infolge von Preisunterbietungen.
XX Aus der Sicht des Handels geht es insbesondere um eine Senkung des Absatzrisikos, Profilierung auf einem bestimmten Qualitätsstandard und natürlich bessere Möglichkeiten der Präsentation in den Handelseinrichtungen.
Prinzipiell sind folgende Markenarten zu unterscheiden:
–– Herstellermarke (Nestlé, Löwenbräu, Siemens)/Handelsmarke (Universus,
Albrecht)/Gattungsmarke (A&P),
–– Einzelmarke (Rama)/Markenfamilie (Nivea),
–– Produktmarke (VW Golf, Lenor)/Firmenmarke (BMW, Audi)/Designermarke (Pierre Cardin),
–– einzelbetriebliche Marke/Gemeinschaftsmarke,
–– Erstmarke (Melitta)/Zweitmarke (Britta),
–– Regionalmarke (Paulaner Bier)/Euromarke/globale Marke (Coca-Cola,
American Express).
Zu beachten ist, dass die Wettbewerber sehr unterschiedliche Markenstrukturstrategien entwickeln und dass es auch zwei- und dreischichtige Markenstrukturen geben kann („Toppits“ als Sortimentsmarke und „Melitta“ als
Orientierungsmarke oder „Cadillac“ – Produktname, „El Dorado“ – Sortimentseigenschaften, General Motors – Orientierungsmarke).
HDL
15
16
Produktpolitik
2.4Kundendienst- und Garantieleistungen
Die Dienstleistungen in Form von Kundendienst- und Garantieleistungen als
Gestaltungselemente der produktpolitischen Entscheidungsfindung sind untrennbar mit dem Produkt/der Leistung verbunden.
Sie stellen einen wesentlichen Beitrag zur Image- und Präferenzbildung dar.
Besonders in gesättigten Konsumgütermärkten, in denen die Produkte technisch gesehen immer ähnlicher werden, aber auch im Investitionsgüterbereich
ist es notwendig, nach Unterscheidungsmerkmalen vom Wettbewerber zu suchen und eine notwendige Kundenbindung und damit Markentreue anzustreben. Dies ist insbesondere durch einen zuverlässigen und schnellen Kundendienst möglich, den die Hersteller von Sachgütern als produktbegleitende
Dienstleistungen anbieten. Diese spielen auch eine besondere Rolle bei der
Kundengewinnung, können einen noch größeren Stellenwert als das Produkt
selbst innehaben.
Derartige Aktivitäten können die Erstellung von Absatzmarktstudien, die Schulung des Personals, die Wartung der Anlage oder Beratungsleistungen sein.
Kundendienst- und Garantieleistungen können auch verkaufsfördernde Wirkung haben, indem man einem Kunden auch Dienstleistungen zugesteht, die
Folgekosten und Produktnutzungsrisiken vermeiden.
Beispiel
B 2.4
XX Beispielsweise bietet Proton seinen Autokäufern eine sechsjährige Garantieleistung an. Eine Ausnahme bilden nur Verschleißteile, wie der Auspuff.
XX Eine andere Möglichkeit wäre, Ersatzteillieferungen in alle Teile dieser Welt in 48 Stunden zu sichern bzw. bei Nichteinhalten
dieser Zusage dem Kunden das Teil umsonst zu liefern, wie dies
Caterpillar tut (Kotler/Keller/Bliemel, 2007, S. 578).
Merksatz
Auch nach dem Verkauf der Produkte/Leistungen können Dienstleistungen
eine besondere Rolle spielen, um sich gegenüber der Konkurrenz zu profilieren und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Träger der Kundendienstleistung können sein:
–– eigenes Unternehmen/Profitcenter,
–– Vertriebspartner auf vertraglicher Basis, wie Groß- und Einzelhändler,
–– Empfehlung freier Dienstleistungsspezialisten,
–– Kunde bemüht sich selbst.
Letztere Variante ist jedoch unter gegenwärtigen Wettbewerbsbedingungen
oftmals nur bei Großunternehmen üblich. Eher erwartet der Kunde vom Hersteller bestimmte Kundendienst- und Garantieleistungen, damit gewinnen diese immer größere Bedeutung als kaufentscheidendes Kriterium.
HDL
Produktpolitik
K 2.1
Erläutern Sie produktpolitische Gestaltungsbereiche am Beispiel eines Herstellers von Fahrrädern!
K 2.2
Welche Funktionen muss die Verpackung von Tiefkühlkost erfüllen? Erläutern Sie diese anhand eines Ihnen bekannten Herstellers!
K 2.3
Durch welche Merkmale sind Markenartikel gekennzeichnet? Erläutern Sie diese anhand der Milka-Schokolade!
K 2.4
Beschreiben Sie die Rolle der Dienstleistungen im Marketingmix!
K 2.5
Nennen Sie Beispiele für gebräuchliche Kundendienstarten!
3
Produkt- und Programmanalysen
17
Kontrollfragen
In diesem Kapitel sollen Sie erlernen,
•• wie das Leistungsprogramm einer Unternehmung analysiert werden kann,
Studienziele
•• was Programmanalysen sind,
•• was unter einer Produktlebenszyklusanalyse zu verstehen ist und
•• welche Rolle Portfolioanalysen innehaben.
Zu den ständigen Aufgaben des Produktmanagements gehört die kontinuierliche Analyse des Leistungsprogramms der Unternehmung. Zu den vielfältigen
Analysemethoden und ‑verfahren gehören die
–– Programmstrukturanalyse,
–– Produktlebenszyklusanalyse,
–– Portfolioanalyse,
–– GAP-Analyse,
–– Produktpositionierung,
–– Produktstatusanalyse,
–– Life-Cycle-Costing (LCC) bzw. Lebenszykluskostenrechnung.
Für die Produktpolitik spielen insbesondere die ersten drei genannten Analyseinstrumente eine Rolle, die auch im Folgenden behandelt werden sollen. Dabei
ist jedoch zu beachten, dass diese durch spezielle Analysen ergänzt werden
sollten.
HDL
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