Johannes Rohbeck: Didaktik der Philosophie und Ethik, Thelem

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Rohbeck, Johannes. Didaktik der Philosophie und Ethik. Thelem, Dresden 2010, ISBN.
978-3939888468, 242 Seiten, 22€
Eine Rezension von André Brokowski und Claudia Wehrhahn
Was leistet Ethik- und Philosophieunterricht an den Schulen? Oder: kann hier überhaupt von
Leistung die Rede sein? Besteht ein Unterschied zwischen Ethik und Philosophie und wie
würde sich dieser im Schulalltag in seiner Durchführung bemerkbar machen? In dem Buch
„Didaktik der Philosophie und Ethik“ versucht Prof. Dr. Johannes Rohbeck Antworten auf
diese Fragen zu liefern. Dabei kritisiert er, dass in der Oberstufe parallel zum
Philosophieunterricht weiterhin Ethik als eine alternative Wahlmöglichkeit für Schülerinnen
und Schüler bereitgestellt wird und schlägt vor, Ethik als einen Teilbereich der Praktischen
Philosophie anzusehen und im Philosophieunterricht aufgehen zu lassen.
Das 2008 im Thelem-Verlag veröffentlichte Buch ist eine Sammlung fachdidaktischer Schriften
Rohbecks, die zuvor überwiegend in der von ihm selbst mit herausgegebenen Zeitschrift für
Didaktik der Philosophie und Ethik erschienen sind. Die 242 Seiten teilen sich in vier Kapitel
mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf. Zunächst werden im ersten Kapitel unter dem Titel
„Didaktische Positionen“ zwei Beiträge vorgestellt, die sich kritisch gegen ein reduziertes Fach
Ethik richten und in denen sich Rohbeck für einen integrativen Philosophieunterricht
ausspricht. Diese Ansicht bezieht sich auf die gegenwärtige Diskussion um das Unterrichtsfach
Ethik innerhalb der Oberstufe. Dabei ist hauptsächlich zur Debatte gestellt, ob Ethik in der
Oberstufe weiterhin unterrichtet und als eigenständiges Fach gelten solle oder nicht. In
weiteren Beiträgen des Kapitels „Didaktische Positionen“ erläutert Rohbeck, wie ein
Philosophieunterricht mit der Geschichte der Philosophie umgehen sollte und stellt im
Anschluss die spezifisch philosophischen Methoden wie z.B die Phänomenologie,
Hermeneutik, Analytik oder Dialektik vor. In Anlehnung daran beschreibt der Autor eben diese
spezifisch philosophischen Verfahren des Unterrichts und bietet eine Erklärung, wie diese aus
den verschiedenen philosophischen Denkrichtungen transformiert werden können. Nachdem
die didaktischen Potenziale der Philosophie und die zu erwerbenden Kompetenzen erläutert
werden, schließen beispielhaft Studien zu den Methoden des Konstruktivismus und der
Dialektik an. Weiter konkretisiert werden diese Methoden im dritten Kapitel mit dem Titel
„Texte lesen und Essays schreiben“. Mit dem Umgang von Texten befasst sich auch das letzte
Kapitel, in dem das „Literarische Philosophieren“ im Fokus steht. Hier soll nicht nur
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philosophisches Gedankengut im Vordergrund stehen, sondern auch die Literaritizität
philosophischer Texte diskutiert werden, d.h. inwiefern philosophische Werke literarisch sein
können. Inwiefern dies möglich ist, wird anhand von Beispielen erläutert. Einen weiteren
interessanten Schwerpunkt bietet das letzte Kapitel des Buches, in dem Rohbeck sich mit
rhetorischen Mitteln wie beispielsweise der Ironie befasst.
Der erste Eindruck, der durch das Titelbild Hegel am Katheder entstehen kann, lässt entweder
vermuten, dass der Philosophie- und Ethikunterricht unzeitgemäßen Richtlinien Folge leisten
oder dass ebendiese Vorgehensweise kritisiert und verändert werden sollte. Im Hinblick auf die
normative Fragestellung, wie Philosophie und Ethik in der Schule unterrichtet werden sollen,
vertritt Rohbeck die These, dass das Unterrichtsfach Ethik nicht als ein eigenständiges Fach in
der Oberstufe bestehen kann und daher für die Sekundarstufe zwei abgeschafft werden muss.
Wie aber gelangt der Autor zu diesem Urteil? Maßgeblich werden hierzu zweierlei Gründe
benannt. Zum einen mahnt er zur Vorsicht, dass dem Schulfach Ethik ein übergeordneter
Einfluss verliehen werden könnte und somit eine Wertedemagogie entsteht. Darunter ist zu
verstehen, dass der Autor eine Gefahr darin sieht, dass ein Großteil der Schülerinnen und
Schüler normkonform erzogen werden könnten. Zweitens beruft sich Rohbeck darauf, dass der
Ethikunterricht nicht genug auf die Vermittlung eines variantenreichen Angebots eingeht, so
wie es seiner Ansicht nach nur der Philosophieunterricht erreichen kann. Denn der Erwerb
detaillierter Kenntnisse über das Fach Philosophie sowie deren Anwendung soll den
Kursteilnehmern auch im Alltag mehr Orientierung verleihen, als es im Ethikunterricht der Fall
ist. Das Hauptanliegen des Autors ist somit klar: Ein diskursanregender Philosophieunterricht,
der sämtliche philosophischen Denkrichtungen aufgreift und zum eigenen Denken und Handeln
anregen und befähigen soll.
Dennoch bleibt die Frage offen, ob eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Schulfach
Ethik nicht detailliertere Kenntnisse über ebendiesen Themenbereich liefert, als wenn er nur als
ein Teilbereich der Philosophie unterrichtet wird. Zwar folgen sowohl das Fach Philosophie als
auch sein Teilbereich Ethik dem Hauptanliegen, kritisches Nachdenken und reflektiertes
Handeln zu schulen, zu begründen, zu fördern und im besten Fall umsetzen zu können.
Fertigkeiten, die sowohl in einem eventuell daran anschließenden Studium als auch im
Alltagsleben aller Heranwachsenden von Bedeutung sind. Doch stellt der Philosophieunterricht
grundsätzlich eine zusätzliche Instanz dar, die eine Orientierung in der Welt gewährleisten soll,
wohingegen das Alltagsleben der Schülerinnen und Schüler stärker im Ethikunterricht zur
Sprache gebracht werden kann. Daher erhebt das Unterrichtsfach Ethik gar nicht den Anspruch
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darauf, sämtliche philosophischen Inhalte abzudecken, sondern zielt verstärkt darauf ab, eigene
und fremde Handlungsmuster intensiver erkennen, bewerten und anerkennen zu können. Das
hier also Defizite auf anderen philosophischen Ebenen, wie beispielsweise der theoretischen
Philosophie, erkennbar sind, ist also nur folgerichtig. Entgegen der Ansicht Rohbecks ist das
Fach Ethik also nicht weniger inhaltsbezogen, sondern verfolgt einen anderen Schwerpunkt und
kann daher nicht im gleichen Umfang im Philosophieunterricht Berücksichtigung finden, wie
es als eigenständiges Schulfach der Fall ist. Aber wie soll die Vermittlung von fachlichem
Inhalt grundsätzlich im Philosophieunterricht erfolgen?
Rohbecks Methodik nimmt Bezug auf die Kompetenzorientierung, die nicht nur für fachlichen
Informationszuwachs sorgen, sondern auch den individuellen Lernprozess fördern soll. Beim
weiteren Durcharbeiten der Rohbeckschen Kompetenzorientierung trifft der Leser nicht etwa
auf Konkretisierungen von Sozial-, Sach-, Medien-, Methoden- oder Selbstkompetenzen,
sondern auf Spezialkompetenzen, die nur dem Fach Philosophie zuzuordnen sind. Zu diesen
Spezialkompetenzen gehören unter anderem die hermeneutische, analytische oder dialektische
Herangehensweise, mit deren Hilfe sich beispielsweise Texte erschließen oder Diskussionen
führen lassen sollen. Die zentralen Mitteilungsmedien bilden dabei die Fähigkeiten Sprechen,
Lesen, Schreiben, die mit den Spezialkompetenzen verknüpft werden sollen.
Die Idee, mit verschiedenen philosophischen Denkrichtungen diverse philosophische
Kompetenzen zu schulen, scheint auf der einen Seite Potenzial zu haben, doch könnte sich die
Frage stellen, ob Rohbecks Entwurf nicht zu stark auf die fachliche Ebene abzielt und dabei
andere Kompetenzen vernachlässigt. Denn diese Spezialkompetenzen lassen sich nur zu leicht
dem Oberbegriff Sachkompetenz zuordnen, da andere Kompetenzen, wie beispielsweise die
Sozialkompetenz, eine geringere Rolle spielen. Die eingeschränkte Berücksichtigung aller
Kompetenzbereiche lassen daher die Ausführungen Rohbecks für den Rezipienten schnell als
sehr theoretisch und abstrakt erscheinen, doch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem
vorliegenden Werk um ein fachdidaktisches Buch handelt und der Autor daher vorrangig auf
die Art der Kompetenzen Bezug nimmt, die auf den Inhalt des Faches referieren. Rohbeck
liefert dabei nicht nur anregende Denkanstöße für den Unterricht, wie beispielsweise die
Förderung der fachspezifischen Kompetenzen, sondern animiert den Leser außerdem, sich
näher mit dem Kompetenzbegriff auseinanderzusetzen. Es ist daher möglich, die
Spezialkompetenzen mit dem Unterricht zu verknüpfen und weiterführend agieren zu können.
Wie jedoch der Prozess des sukzessiven Erlernens dieser Spezialkompetenzen verlaufen soll,
bleibt unbeantwortet. Es bleibt daher die Frage offen, wie Schülerinnen und Schüler der
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Oberstufe das Niveau erreichen können, um diese Spezialkompetenzen erwerben zu können.
Um konkreter den Schreibstil und den Anspruch des Werkes bewerten zu können, ist es
zunächst relevant zu erläutern, an welche Zielgruppe sich der Autor richtet und welche
Zielsetzung er mit seinem Werk verfolgt. Dabei spricht der Verfasser verstärkt eine fachkundige
Klientel an, die sich beispielsweise aus Universitätsprofessoren oder erfahrenen Lehrkräften
zusammensetzt. Sein Ziel ist es demnach, den qualifizierten Leser von seinen Ansichten,
Vorstellungen oder Vorschlägen zu überzeugen. Rohbeck bietet seinem Publikum dafür
mehrere Möglichkeiten zur Orientierung. Erstens stellt er dem Rezipienten eine klar erkennbare
Struktur zur Verfügung, die beispielsweise durch die Gliederung des Werkes und der einzelnen
Aufsätze zum Ausdruck gebracht wird. Zweitens nehmen seine Ausführungen vor allem Bezug
auf die theoretische Ebene. Darunter ist zu verstehen, dass der Leser stets auf die
Forschungsfrage aufmerksam gemacht wird und sich auf die sachliche und fachlich korrekte
Wortführung Rohbecks verlassen kann. Um dieses Vertrauen zusätzlich zu stärken, sind die
Verweise auf andere Werke wohl platziert und basieren auf vertrauenswürdigen Quellen, die die
wissenschaftliche Qualität seiner Arbeit steigern und dem Rezipienten zusätzlich die
Möglichkeit bieten, Informationen einzuholen oder aufzufrischen.
Warum aber ist nun das Werk trotz all dieser Unterstützungen speziell für die fachkundigen
Leser geeignet? Auf eine Frage dieser Art ist zum einen die Antwort zu geben, dass es einer
entsprechenden Vorbildung bedarf, um den Äußerungen Rohbecks folgen zu können. Zugleich
kann der Schreibstil, gerade aufgrund seines fachlichen Anspruchs, zu theoretisch und
ausführlich wirken, sodass der weniger interessierte oder fachkundige Rezipient eher
abgeschreckt als angeregt werden könnte. Eine direkte Anrede an den Leser fehlt, sodass es
kontinuierlicher Aufmerksamkeit bedarf, um die Ausführungen des Verfassers nachvollziehen
zu können. Ferner werden die Ideen des Autors nur selten durch helfende Schaubilder, wie
beispielsweise Mindmaps, Tabellen oder Graphiken, unterstützt. Somit scheint sich das Buch
für den Erwerb von fachdidaktischen Grundkenntnissen nicht zu eignen. Zusammengenommen
präsentiert sich das Werk jedoch als geeignetes Material zur Vertiefung von bereits
vorhandenem Vorwissen und hilft dabei, sich einen Überblick über didaktische, fachdidaktische
und fachwissenschaftliche Debatten zu verschaffen, um so eigene Vorstellungen in den Diskurs
einordnen und weiterentwickeln zu können.
Festzuhalten ist, dass das Buch „Didaktik der Philosophie“ von Johannes Rohbeck interessante
und weiterführende Denkanstöße liefert, die den Leser animieren, am didaktischen Diskurs
teilzunehmen und sich auch im Alltag intensiver mit Begriffen wie 'Kompetenzen' oder 'Ironie'
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auseinanderzusetzen. Durch seinen detaillierten Schreibstil erreicht Rohbeck nicht nur das Ziel,
seine theoretischen Ausführungen und seine individuelle Positionierung plausibel zu machen,
sondern wird außerdem seiner Zielgruppe gerecht. Eine Kaufempfehlung kann daher allerdings
nur für Fachkundige ausgesprochen werden. Für Referendare, interessierte Quereinsteiger oder
Studenten ist das Buch höchstens als eine Verweismöglichkeit zur Verdeutlichung
unterschiedlicher didaktischer Positionen anzusehen.
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