Making of DER RING Teil 1

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Backstage
Der Ring – Making of... Teil 1
Weltpremiere des Nibelungen-Musicals von Frank Nimsgern
enn Frank Nimsgern über den »Ring«
spricht, strahlt sein ganzes Gesicht, seine
Augen blitzen, gelegentlich
rutscht er auf dem Stuhl hin und
her und gestikuliert mit den Händen. Der Platz reicht einfach nicht
aus! Dieses Musical wird groß!
»Der Ring ist ein Baby, mit dem
ich von der Grundkonzeption her
schon seit vier Jahren schwanger
gehe«, sagt Komponist, Co-Produzent und Co-Regisseur der Uraufführung, die am 16. Dezember im Bonner
Opernhaus stattfinden wird.
W
Doch bis das Baby in die Schule geht, wird
noch viel Wasser den Rhein hinunter fließen.
»Ich bin der virtuelle Papa und das Kreativteam
Christian Götz, Heinz Hauser, Marvin A. Smith,
der Texter Daniel Call, meine Verlegerin Bettina
Migge, das Theater Bonn, Herr Weise und die
Cast sind die Patenonkel und -tanten, die gemeinsam dafür sorgen, dass das Kind hoffentlich
vom Publikum adoptiert wird. Wir sind und müssen eine Familie sein.«
Frank Nimsgern hat kein gigantisches Werbebudget, keine Fabrik, die Musicals am Fließband
produziert. Durch Mundpropaganda muss ein
ganz neues Musical-Publikum entstehen, in einer
Stadt, in der es so etwas noch nie gab: »Das ist
ein enormer Aufwand und eine riesige Herausforderung!«
Seit Januar 2006 arbeitet Nimsgern am
»Ring«: »Im Moment gibt es noch drei Fassungen für das Finale. Das Leben ist voller Entscheidungen!« Wenn im Oktober die Proben beginnen, wird er sich für die Songs, die letztendlich
ins Musical kommen, entschieden haben müssen. Vielleicht helfen ihm die Entwürfe des Bühnenbilds dabei: »Die Bilder und die Musik setzen
sich nach und nach zusammen. Ich schreibe die
Partitur, während ich die Bilder über den PC-Monitor laufen lasse. Alles fließt ineinander über
und in den ersten Minuten verändert das Bühnenbild sich schon öfter als in all meinen Stücken zuvor.«
Die Kulissen stammen von Heinz Hauser,
der 2005 den deutschen Bühnepreis gewonnen
blickpunkt musical 04/07, Juli-August 07
hat und mit dem Nimsgern bereits »Hexen« in
Berlin gemacht hat. Wird »Der Ring« so wie man
sich das vorstellt? Passt alles in die
Zeit der Nibelungen, zu den
Sagen um Siegfried und Alberich
den Zwerg?
»Wollen Sie etwas sehen?«,
fragt Nimsgern und schon bin ich
mittendrin im Ring. Die Ouvertüre hallt aus den Boxen, ein
Schlachtfeld erscheint auf dem
Bildschirm. Der Rhein scheint in den Zuschauerraum zu fließen, Held Siegfried wird knietief im
Drachenblut stehen. Man kann erahnen, was da
passieren wird auf der Bonner Bühne.
Definitiv kein Abklatsch und auch keine
Kurzfassung von Wagners dreieinhalbtägigem
»Ring der Nibelungen«. Trotzdem ist Wagner
»schuld«: »Mein Vater Siegmund Nimsgern war
jahrzehntelang der Wagner-Bariton schlechthin.
Ich MUSSTE mir in meiner Jugend jahrelang die
Bayreuther Festspieler ansehen. Wahrscheinlich
ist keiner so mit Wagner aufgewachsen wie ich.
Mein erstes ›Rheingold‹ erlebte ich als neunjähriger in der New Yorker Carnegie Hall mit meinem Vater als Wotan unter der Leitung von Sir
George Solti. Der Mythos gehörte schon immer
zu meinem Leben. Sicher bedienen wir uns für
den »Ring« bei ihm. Unsere Hauptdarsteller sind
Siegfried, Brunhilde, Alberich und Wotan. Aber
genauso greifen wir auf Tolkiens »Herr der
Ringe« zurück. Dieses Motiv gibt es überall: DIE
MACHT! Wer den Ring hat, hat die Macht!
Oder um Voltaire zu zitieren: »Gib einem
Menschen Macht und er zeigt seinen wahren
Charakter!«
Und genau darum geht es. Alberich der
Zwerg, der Gollum in der Geschichte (Darius
Merstein-MacLeod) gerät als erster an den Ring,
auch wenn drei schöne Flusstöchter es ihm
schwer machen: Nur wer der Liebe und Erotik
entsagen kann, bekommt den Ring. Alberich
spricht einen Fluch aus: »Hiermit entsage ich der
Liebe, denn mit Macht erzwinge ich mir die
Lust!«
Doch der Ring bleibt nicht lange bei Alberich. Gott Wotan braucht ihn, um sein Schloss
»Der Ring«
Abb. oben:
Frank Nimsgern
Foto: Privat
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31. August 2007. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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Backstage
über Nimsgern »Er ist der Tim Burton unter den
Musicalmachern.«
Deshalb wird »Der Ring« nicht wie bei Wagner mit der Götterdämmerung enden, sondern
beginnen. Ein Kriegsballett und geballte Information in den ersten fünf Minuten werden die
Zuschauer tief in die Handlung ziehen und erst
viel später wird es Zeit zum Verschnaufen geben:
»Wir starten mit einer orchestralen Ouvertüre basierend auf einer archaischen »Stomp«-Choreo,
gefolgt von einer Funknummer mit ethnischen
Elementen. Es folgt eine reine A capella- Nummer der »Ring«- Stimmen.
»Der Ring ist ein archaisches Thema. Das
wollen wir zeigen und dennoch spielen ComedyElemente mit, die meistens im Halse stecken
bleiben!« Während des ganzen Prozesses steckt
Nimsgern mittendrin. Nicht zuletzt, weil er die
Shows als musikalischer Leiter selbst spielt und
dirigiert: »Das Konzept der Band auf der Bühne
wird wieder eine Rolle spielen.«
»Der Ring«
Abb. oben:
Die Spielstätte der Weltpremiere: Das
Theater Bonn
Foto: Theater Bonn
Abb. unten und ganz unten:
Die Bühnenbildentwürfe lassen
Großes erahnen
Fotos (2): Frank Nimsgern
auf dem Götterberg Walhalla bezahlen zu können und beschafft ihn sich. Die Erbauer des
Schlosses, zwei Riesen, bekommen das Machtinstrument und geraten darüber in Streit. Ein Riese
kommt dabei um und der andere verwandelt sich
in einen Drachen, um den Ring für immer in
Sicherheit wiegen zu können.
Ja, es ist DER Drache, gegen den Siegfried
später kämpft. Eine Anekdote, die wohl jeder
mit dem Ring der Nibelungen in Verbindung
bringt. Doch wo kommt Siegfried überhaupt
her? Wer ist Brunhilde? Und ist der Drachenkampf das Finale? Nimsgern: »Ja, das ist das Finale des ersten Akts. Was danach passiert muss
ich ja jetzt noch nicht verraten!«
Der 2. Akt gehört jedenfalls Siegfried: Auch
er muss mit dem Ring und so mit dem »Problem« der Macht zurechtkommen. Für diese Rolle hat Frank Nimsgern den Deutsch-Türken Serkan Kaya ausgewählt: »Ich habe Serkan bei einer
»Daddy Cool«-Audition gesehen und ihm gesagt:
»Hey, Du passt gut zu unseren Leuten!« Ein türkischer Siegfried also, der mit Sicherheit keine
blonde Perücke bekommen wird: »Naja vielleicht
blonde Strähnchen designed von Victoria Beckham!« lacht Nimsgern.
Das erwartet man auch nicht von einem
Nimsgern-Musical: Was er anpackt, wird anders.
Die Berliner Morgenpost schrieb nicht umsonst
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Etliche Faktoren spielen mit bei der Entstehung dieses neuen Musicals: »Es ist ein Kampf.
Ich muss mit ganz vielen Bällen jonglieren und
darf keinen fallen lassen. Außerdem lastet ein gewisser Erfolgsdruck auf mir.« Berechtigt, wenn
man bedenkt, dass Frank Nimsgern mit »Paradise of Pain«, »SnoWhite«, »Poe« und »Hexen«
sowie »Elements« für die erfolgreichsten Produktionen und 100 Prozent Auslastung am Saarbrücker Staatstheater oder am Berliner Friedrichstadtpalast gesorgt hat. Doch diesen Druck, die
vielen Aufgaben und alle Fäden, die am Ende
zum »Ring« werden, braucht ein Mann wie Frank
Nimsgern: »Ich stehe mitten in der Nacht auf,
schreibe, gehe ins Studio!«.
Würde er das nicht tun, käme einem das
falsch vor: Selbst während unseres Interviews
scheint er neue Ideen zu gewinnen. Das Leuchten in den Augen erlischt keine Sekunde. Aus
dem Leuchten, der Musik, den Bühnenbildern,
viel Mythos, Moderne und Herz der Familie, aus
Macher und Darsteller wird ein Musical, dessen
Entstehung in vollem Gange ist.
Diese Entstehung werden wir verfolgen, auf
den Fersen von Frank Nimsgern und seinem
Team bis zur Premiere am 16. Dezember im Bonner Opernhaus: »Ich bin gespannt!« Wir auch!
Und deshalb lesen Sie den zweiten Teils des Making Of’s in der nächsten Ausgabe.
Julia Becker
blickpunkt musical 04/07, Juli-August 07
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