Backstage Der Ring – Making of... Teil 2 Weltpremiere des Nibelungen-Musicals von Frank Nimsgern »Der Ring« Abb. oben: Frank Nimsgern an seinem Arbeitsplatz Foto: Privat rank Nimsgern öffnet die Tür mit einer Gitarre in der Hand. Der Erfolgskomponist arbeitet immer, auch jetzt – kurz vor unserem Interview. »Wenn Sie schon zu mir kommen, bekommen Sie natürlich auch was zu hören,« sagt er und schon schallt »Der Drachenkampf« aus den Boxen und wir sind mittendrin im »Ring«. F Noch knapp vier Monate dauert es bis zur Uraufführung von »Der Ring« im Bonner Opernhaus (www.derringdasmusical.de) und wenn jedes Stück Musik einen so in die Handlung reißt, wie »Der Drachenkampf«, werden die zweieinhalb Stunden Show von Frank Nimsgern ein ganz besonderes Stück Musical-Geschichte. »Das war das Finale vom ersten Akt,« erklärt Nimsgern: »Wir benutzen Orchester, Chöre, archaischen Sound, Streicher, aber auch Techno-Beats!« Und Stimmen: Der Komponist arbeitet seit ein paar Wochen mit Teilen der Cast und einigen bekannten Musical-Darstellern am OriginalSoundtrack, der noch vor der Premiere erscheinen soll: »Ich finde das wichtig. Die Musik kann 52 sich schon vorher beim Publikum etablieren. Es wäre schön, wenn das passiert.« Gerade hat mit Maricel gearbeitet. Sie hat die Stimmen der Rheintöchter eingesungen. Ob sie eine der drei »Charlys Angels« im »Ring« spielen wird, steht noch nicht fest. Ein Casting im September entscheidet über die endgültige Besetzung: »Die Rheintöchter sind auch gleichzeitig die Wallküren. Die haben einiges zu tun, müssen gut singen können und ein komödiantisches Talent mitbringen. Außerdem kommen einige Quick-Changes, also schnelle Kostümwechsel, auf sie zu. Die Rhein-Amazonen sind stark, kriegerisch, aber auch humoresk. Ich nenne sie immer meine Tarantino- Frauen.« Man merkt, dass es Nimsgern wichtig ist, diese Ladies ausgesprochen passend zu besetzen. Alles soll perfekt werden, das ist der Anspruch, den er selbst an sich hat: »Ich bin nicht auf diese Erde gekommen, um halbe Sachen zu machen. Entweder ist etwas heiß oder kalt, lauwarm gibt es bei mir nicht. Ich will das Beste aus mir rausholen, Menschen berühren, ihnen Denkanstöße geben und – was mir ganz wichtig ist – blickpunkt musical 05/07, September-Oktober 07 Backstage ich möchte Unterhaltung auf höchstem Niveau schaffen. Ich will einfach nicht schlampig sein.« Deshalb konnte Frank Nimsgern für seine vier Hauptrollen auch große Namen gewinnen: Aino Laos und Darius Merstein-MacLeod, mit denen Nimsgern bereits erfolgreich bei »Poe« zusammengearbeitet hat, werden Brundhild und Alberich spielen. Als alternierender Alberich wird Kristian Vetter beim »Ring« dabei sein. Götter-Vater Wotan wird mit Karim Khawatmi besetzt und Siegfried, der Drachentöter, wird von Serkan Kaya übernommen. Allein die unterschiedlichen Charaktere der Hauptfiguren machen die Ungewöhnlichkeit von Nimsgerns Arbeit deutlich: »Wir versuchen, den komplizierten Plot von Wagners Ring des Nibelungen klarer zu strukturieren. Loriot hat mal gesagt, wenn die Rheintöchter sich in zwei Sätzen mit Alberich geeinigt hätten, hätte man sich 16 Stunden Oper sparen können. Wir wollen das Ganze schlüssiger machen, unser Leitmotiv heißt auch nicht wie bei Wagner ›Erlösung‹.« Sondern? »Gib einem Menschen Macht und er zeigt sein wahres Gesicht. Die Intension des ganzen Stücks heißt Macht, Gier, Verzicht, Leidenschaft und Machterhalt. Wer kann so mit Macht umgehen, dass er anderen nicht schadet? » Außer den Aufnahmen für die CD zum Stück laufen viele weitere Vorbereitungen, die zur Entstehung eines Musicals gehören. Frank Nimsgern: »Ich war gerade in Bonn für Castings, Bühnenbild- und Kostümbesprechung. Die Kostüme von Gabrielle Yännicke sind irgendwie »Matrix-like«. Schwarz, gold, hart, eine Mischung aus Comic und Film, absolut nicht musical-typisch, total verdreht, wie das Stück eben. Es wird extrem, die Handlung ist extrem, die Charaktere sind extrem. Wir spielen eben nicht »Hello Dolly«. Ich versuche einen Mittelweg zwischen Tragödie und Komödie zu finden und am Ende soll es eine Tragic Comedy werden.« Nimsgern schreibt und ändert permanent an seiner Musik: »Das erste Finale ist gerade fertig,« grinst er. »Ja, es gibt mehrere Finals und der Zuschauer wird am Ende selbst herausfinden müssen, welchen Schluss der »Ring« haben wird und wie sich der Kreis am Ende schließt. Klar ist: Es wird knallen, es wird eine Überraschung geben.« blickpunkt musical 05/07, September-Oktober 07 Daran besteht kein Zweifel, wenn einen das Ende von Akt 1 schon aus dem Stuhl haut. »Der Ring« Abb. ganz unten: Marvin A. Smith und Frank Nimsgern Foto: Privat Aber natürlich zählt nicht nur der Sound, sondern auch die Visualität auf der Bühne: 20 Statisten, die Nimsgern noch casten muss (Interessenten können sich an das Theater in Bonm wenden), werden Teil des Ensembles sein. Außerdem sollen die Zwergenkollegen von Alberich von 10 Kindern gespielt werden. Für die Choreographie hat sich Nimsgern wieder Erfolgsgarant Marvin A. Smith ins Bott geholt, mit dem er bereits bei seinen Shows am Saarbrücker Staatstheater »Paradise of Pain«, »Snowhite« und »Poe« zusammengearbeitet hat. Vier Solo-Tänzer aus dem ehemaligen »Poe«-Ensemble, wie Paul Cless und Kordula Kohlschmidt, werden von 12 Ballett-Tänzern des Bonner Theaters unterstützt. »Die Choreographie wird anspruchsvoll, kämpferisch und sehr akrobatisch. Wir beginnen mit den Proben für das Ballett eine Woche früher, Marvin wird einen Workshop für die Tänzer geben, um sie vorzubereiten. Es wird eine Mischung aus Jazz, Street Dance, Stomp und Martial Arts. Wir verwenden natürlich auch Waffen, es wird Kämpfe geben.« Alle anderen Abb.: Erste Bühnenbildentwürfe Fotos (2): Frank Nimsgern Einen Fight Captain wie bei Inszenierungen à la »3 Musketiere« gibt es nicht. »Dafür reicht unser Budget nicht. Aber gerade das ist die Herausforderung. Ich arbeite mit Leuten, denen ich vertraue und erarbeite die Regiekonzeption gemeinsam mit Christian von Götz, Heinz Hauser und Gabrielle Yännicke. Ich bin sicher sehr pingelig und nerve mein Kreativteam... Aber ich kann es mir nicht leisten zu sagen: Gut, dann werden wir eben 120 000 Euro teurer. Ich setze alles auf eine Karte« Und macht das nicht nervös? »Nein...sicher werden Opern-Fans vorbeischauen, um zu sehen, was ich mit »Ring«-Stoff gemacht habe und mich danach gnadenlos zerreißen. Aber solange ich ehrlich zu mir bin und mein ganzes Herzblut drin steckt, ficht mich das nicht an.« »Der Ring« wird immer runder und das nächste Stück wird schon geschmiedet: In Folge drei lüften wir neue Geheimnisse um die neue Nibelungen-Sage, ihre Helden und die Musik. Ab dem 16. Dezember wird Deutschland MusicalLandschaft um eine Attraktion reicher sein. Julia M. Becker 53