Werkstoffe der Elektrotechnik im Studiengang Elektrotechnik - chemische Grundlagen - Prof. Dr. Ulrich Hahn WS 2008/2009 Bestandteile der Werkstoffe M a t e r i e: Werkstoff 1, Werkstoff 2 ….. Stoff: alle Objekteigenschaften außer Gestalt & Größe Unterscheidungsmerkmale der Stoffe: gasförmig flüssig fest Klassifikation der Stoffe: Wärmeleitung Festigkeit Farbe heterogener Stoff: mit physikalischen Methoden zerlegbar in reine Stoffe reiner Stoff: chem. Grundlagen mit chemischen Methoden zerlegbar Reaktionen 2 Elemente Stoff 1 m1 Stoff 2 m2 spezieller reiner Stoff: R. Boyle: (1660) ReaktionStoff A mA Stoff B mB Stoff B mB C Stoff mC Element Ein Element ist ein reiner Stoff, der bei Reaktionen mit anderen reinen Stoffen an Masse zunimmt Eigenschaften chemischer Reaktionen: Gesamtmasse bleibt erhalten definierte Massenverhältnisse der Reaktionspartner konstante Proportionen 2 Elemente unterschiedliche Verbindungen: Massenverhältnisse: (kleine) ganze Zahlen multiple Proportionen chem. Grundlagen 3 frühe Modelle chemischer Reaktionen Dalton, Lavoirsier (1790): Atome Grundbausteine eines Elementes: gleiche Größe, gleiche Masse können nicht durch Reaktionen umgewandelt werden Zahl unterschiedlicher Atome = Zahl der Elemente reine Stoffe: Verbindung von Elementen Moleküle Grundbausteine von Verbindungen: Molekü definierte Anzahl von Atomen chemische Reaktion: Umgruppierung von Atomen Atome können weder geschaffen noch zerstört werden chem. Grundlagen 4 relative Atom (Molekül)masse chemische Reaktionen sind verstanden wenn bekannt: Zahl der Moleküle Masse der Atome vorher/nachher schwer meßbar ausreichend für das Verständnis: Vergleichswert der Molekülzahl relative Atommasse (bezogen auf ein Referenzelement) Avogadro (1811): Gase enthalten die gleiche Zahl von Molekü Molekülen, wenn P = const, const, V = const, const, T = const unabhängig von der Art des Gases chem. Grundlagen 5 relative Atom (Molekül)masse früher: Bezugselement Wasserstoff: mrel := 1 chemische Reaktionen mrel anderer Elemente heute: Bezugselement Kohlenstoff CC-12: mrel := 12 n Moleküle: Molekül rel m Atom = ∑ mrel ,i i =1 Anzahl: 12 g Kohlenstoff CC-12 enthalten nA Atome nA gleiche Atome oder Moleküle: Stoffmenge ν = 1 mol unabhängig von der Art der Moleküle Avogadrokonstante NA:=nA/1mol N A = 6,022 ⋅10 23 1 Masse eines Mols: molare Masse : M Stoff chem. Grundlagen mol g m [M ] = := mol ν 6 Systematik der Elemente Es gibt (z. Zt.) 114 Elemente manche Elemente: ähnliches chemisches Verhalten Verbindungen mit H: HF, HCl, HBr Verbindungen mit O: H2O, Na2O, K2O Verbindungen mit Cl: NaCl, KCl, CsCl He Li F Ne Na Cl Ar K Br Kr Rb J Xe Cs 84 131 ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• 4 20 40 mrel At Rn Fr ∫∫ ••••••••••• 222 charakteristische chemische Eigenschaften wiederholen sich mit steigender Atommasse Mendelejeff, Meyer: Elemente im Periodensystem anordnen (1869) ordnen nach mrel Zweifelsfälle: Chemie vor mrel : Ordnungszahlen Ladung d. Atomkerns chem. Grundlagen 7 Erdmetalle Kohlenstoffgrp. Stickstoffgrp. Chalkogene. Halogene. Edelgase Alkalimetalle Erdalkalimetalle Periodensystem Hauptgruppen Nebengruppen Übergangsmetalle seltene Erdmetalle III IV V VI b b b b VIII b I II III IVV VI b b a a a a VIII a VII a chem. Grundlagen Gruppe VII b I II a a 8 Periodensystem chem. Grundlagen 9 Periodensystem: Hauptgruppen Metallcharakter Metallcharakter chem. Grundlagen Nichtmetalle Säurenbildner Halbleiter/ Halbmetalle Metalle Basenbildner 10 Aufbau der Atome Vermutung: Struktur des Periodensystems Atomaufbau Atome: kompakte Kugeln „Rosinenpudding“ (ungeladene Streuer, statistisch verteilt) Streuversuche Rutherford: Lenard: α-Teilchen (4e+) Elektronen (e-) kompakter Kern: ∅ ≈ 10-14 m, (+) - Ladung, gesamte Atommasse Umgebung: ∅ ≈ 10-10 m, (-) - Ladung, Elektronenhülle q+ = q- ⇒ Atome elektrisch neutral Element: chem. Grundlagen Ordnungszahl ≙ Kernladungszahl (z.e+) z Elektronen in der Hülle 11 Isotope Gleiches Element – unterschiedliche relative Atommasse Gleiches chemisches Verhalten Notation: rel. Masse Ordnungszahl Elementsymbol : AZ X Elementsymbol − rel. Masse 14 6 C C − 14 Häufigkeit der Isotope mrel im Periodensystem: Mittelung über die Hä Grundbausteine der Atomkerne: Protonen +e = 1,6 10-19 As Neutronen 0 chem. Grundlagen mP = mN = 1,7 10-24 g ≙ 1 AME Zahl der Neutronen = A - Z 12 Aufbau der Elektronenhülle Frühe Modelle: N. Bohr (1920) Elektronen auf Kreisbahnen Postulat: Bahnen sind stabil A. Sommerfeld Elektronen auf Ellipsenbahnen Nicht erklärt: chemische Bindung Lichtemission angeregter Atome moderne Atommodelle (Quantenmechanik) chem. Grundlagen 13 Ergebnisse der Quantenmechanik Bewegungszustand eines Objektes: Ort & Impuls gleichzeitige Messung vom Ort x und der Geschwindigkeit vx Ortsbestimmung genau Geschwindigkeitsbestimmung ungenau Geschwindigkeitsbestimmung genau Ortsbestimmung ungenau fundamentaler Zusammenhang zwischen Unsicherheit der Ortsbestimmung ∆x h ∆ x ⋅ ∆ p > x Unsicherheit der Impulsbestimmung ∆px 4π Heisenbergsche Unschä Unschärferelation chem. Grundlagen h = 6,63.10-34 Js 14 Ergebnisse der Quantenmechanik Konsequenz für Teilchen: Teilchen bewegt sich auf Bahn Teilchen bewegt sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einem Raumgebiet Atomphysik: große kleine Aufenthaltswahrscheinlichkeit Raum um den Kern, wo Elektronen anzutreffen sind: Orbital AW ≥ 90% chem. Grundlagen 15 Atomorbitale Theorie (exakt nur für H): unterschiedliche Orbitale möglich charakteristische räumliche Strukturen der Orbitale: Durchmesser (AW ≥ 90%) beschreiben durch Quantenzahlen n n = 1, 2, 3, 4….. Hauptquantenzahl Gestalt ℓ 0≤ℓ≤n-1 n unterschiedliche Strukturen Nebenquantenzahl Orientierung im Raum m -ℓ≤m≤ℓ 2l + 1 unterschiedliche Orientierungen magnetische Quantenzahl chem. Grundlagen 16 Beispiele für Atomorbitale ℓ = 0 „s“: kugelsymmetrisch n - 1 „Knoten“ (Kugelschalen mit AW = 0) hohe Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Kernort ℓ = 2 „p“: hantelförmig n - 2 Knoten in den Hanteln Knoten am Kernort ℓ = 3 „d“: Doppelhantel („Kleeblätter“) & Einfachhantel mit Ring n - 3 Knoten im Inneren alle d-Orbitale: Knoten am Kernort kugelsymmetrisch ℓ = 4 „f“: „Doppelkleeblätter“ und Einfachhantel mit Doppelring n - 4 Knoten in den Hanteln alle f-Orbitale: Knoten am Kernort kugelsymmetrisch chem. Grundlagen alle p-Orbitale: kugelsymmetrisch 17 Beispiele für Atomorbitale -3 -2 -1 m=0 1 2 3 ℓ=0 ℓ=1 ℓ=2 ℓ=3 chem. Grundlagen 18 Vielelektronenatome alle Elemente auß außer Wasserstoff (gleichnamige) Ladungen Abstoß Abstoßung Vielelektronenatome: andere Orbitale als Wasserstoff Experimente: Beschreibung mit Quantenzahlen n, ℓ, m andere Größe andere Energien gegenüber H-Orbitalen Verzerrung Pauli (1930): jedes Orbital kann 2 Elektronen aufnehmen Unterscheidung: Spin 2 Werte: + ½ , - ½ Elektronen beschreiben mit n, ℓ, m, s Pauliprinzip: Elektronen eines Atoms mü müssen sich in mindestens einer Quantenzahl unterscheiden chem. Grundlagen 19 Besetzung der Atomorbitale Gliederung der Elektronenhülle in Schalen (Orbitale mit gleichem n) n Orbitale Orient. Anz. e- Konfiguation K 1 s 1 2 1s2 L 2 s, p 1+3 8 2s2, 2p6 M 3 s, p, d 1+3+5 18 3s2, 3p6, 3d10 N 4 s, p, d, f 1+3+5+7 32 4s2, 4p6, 4d10, 4f14 O 5 P 6 Q 7 s, p, d, f keine weiteren Orbitale im Grundzustand Sukzessives Auffüllen der Schalen/Orbitale mit wachsendem Z Vielelektronensystem Unregelmäßigkeiten chem. Grundlagen Gesamtenergie minimal im Atom 20 Energien der e- in den Schalen chem. Grundlagen 21 chem. Grundlagen 22 Elektronenkonfiguration der Elemente Periodensystem: Elektronenkonfiguration Elektronenkonfiguration: Valenzschale innere Schalen: aufgefüllt mit Elektronen Valenzschale gefüllt: inert Unterschale gefüllt: reaktionsträge Unterschale (fast) leer: reaktionsfreudig chem. Grundlagen 23 (10-10m) Atomradien chem. Grundlagen Trend: gleiche Hauptgruppe: r↑ ↑: Reaktivität ↓ 24 1. Ionisierungsenergie Entfernen eines eaus der Valenzschale chem. Grundlagen 25 Elektronegativität chem. Grundlagen 26 chemische Bindung Elemente Atome Valenzelektronen Bindungstypen: Verbindungen Moleküle Valenzelektronen Gas Flüssigkeit Festkörper makroskopische Atom/Molekülgrp. Ionenbindung kovalente Bindung / Atombindung Metallbindung chem. Grundlagen 27 Ionenbindung Molekülteile Ionen („Wanderer“): elektrisch geladene Atome / Molekü Elektrolyte Gasentladungen Ursache der elektrischen Ladung: Abgabe von Elektronen Ionisierungsenergie positives Ion Aufnahme von Elektronen Elektronegativität negatives Ion Anion Bindung: chem. Grundlagen Elektronentransfer + e- Kation - elektrostat. Anziehung 28 Ionenbindung wird bevorzugt, wenn + Kation leicht ionisierbar - Anion gern e- aufnimmt Ionisierungsenergie klein Elektronegativitä Elektronegativität groß groß Edelgaskonfiguration in der Valenzschale reaktionsträge kugelförmige Ladungsverteilung Bindung isotrop Stoffe mit Ionenbindung: Salze chem. Grundlagen Kristalle spröde hohe Schmelztemperatur Nichtleiter 29 kovalente Bindung gleiche Atome: Bindung? Frühe Modelle (Lewis 1916): Edelgaskonfiguration für das gesamte Molekül Teile des Moleküls Elektronenpaare e- von unterschiedlichen Atomen bindendes Paar e- vom gleichen Atom einsames Paar ??? räumliche Anordnung der Atome ??? Benzol C6H6 Orbitalmodelle: VB valence bond chem. Grundlagen MO Molekül Orbital 30 Molekülorbitale Moleküle Quantenmechanik e- : Orbitale wie sehen sie aus? Beispiel: H + H H2 (1s1)a Molekülbildung: (1s1)b (1s1)a + (1s1)b = ? Überlappung von Atomorbitalen elektrostatische Abstoßung Austausch-Anziehung quantenmechanischer Effekt, da e- nicht unterscheidbar sind chem. Grundlagen 31 Molekülorbitale Anziehung > Abstoßung: Anziehung < Abstoßung: „bindendes“ bindendes“ Molekü Molekülorbital „antibindendes“ antibindendes“ Molekü Molekülorbital Atomorbitaleüberlappen überlappen 22Molekülorbitale Molekülorbitale 22Atomorbitale Molekülorbitale beim H2 : bindendes Molekülorbital (1s1)a + (1s1)b chem. Grundlagen Aufenthaltswahrsch. groß zwischen d. Kernen Verkleinerung d. Kern-Kern-Abstoßung Abstand d. Kerne: Anziehung (e--Orbital) = Abstoßung (K-K) 32 Molekülorbitale antibindendes Molekülorbital (1s1)a + (1s1)b Knotenebene Aufenthaltswahrsch. null zwischen d. Kernen Orbitale verlagern sich nach außen Vergrößerung der Kern-Kern-Abstoßung Aufhebung der Bindung, Atome trennen sich 2 e - je Orbital Reihenfolge beim Auffüllen: bindend, antibindend Bindung stabil: Mehrzahl der e- im bindenden Orbital Pauliprinzip: chem. Grundlagen 33 Systematik der Molekülorbitale Verbindungen mit 2 gleichen Atomen Unterscheidung hinsichtlich Gestalt Art der Überlappung v. Atomorbitalen σ - Molekülorbital einfache Überlappung auf der Verbindungslinie der Atomkerne σb (bindend): große e- Dichte zwischen den Kernen σ* (antibindend): Knoten der e- Dichte zwischen den Kernen σ sb chem. Grundlagen σ s* 34 Systematik der Molekülorbitale σp : σzb σz* σsd: chem. Grundlagen 35 Systematik der Molekülorbitale π - Molekülorbital doppelte Überlappung über/unter der Verbindungslinie der Kerne πb (bindend): große e- Dichte über/unter d. Verbindungslinie π* (antibindend): Knoten der e- Dichte zwischen den Kernen chem. Grundlagen 36 Systematik der Molekülorbitale πpd: δ - Molekülorbital chem. Grundlagen 4-fache Überlappung der Orbitale 37 Energien der Molekülorbitale Experimente & Theorie: σ*z E πx* p p p πy* p p p σz πx πy σ*s s s A1 chem. Grundlagen σs A2 38 MO‘s unterschiedlicher Atome gleiche Atome: MO‘s symmetrisch zur mittelsenkrechten Ebene zwischen den Atomkernen ungleiche Atome: Elektronegativitä Elektronegativität verschieden keine Symmetrie σ sb bindende Orbitale: σ s* AW zum elektronegativeren Atom verlagert antibindende Orbitale: AW zum elektropositiveren Atom verlagert chem. Grundlagen 39 MO‘s unterschiedlicher Atome σp b πpb chem. Grundlagen σp * πp* 40 Welche Orbitale überlappen sich? gleichartige Atome: gleichartige Orbitale unterschiedliche Atome: Orbitale mit ähnlicher Energie σsp pz (F); σsp* s (H) E σ*sp 1s1 polare Bindung s px H chem. Grundlagen py σsp F: - Partialladung H: + Partialladung Grenzfall: bindendes Orbital ≙ p p p 2p5 AO des „-“ Atoms antib. Orbital ≙ AO des „+“ Atoms F nur bindende Orbitale 2 s 2s besetzt: Ionenbindung 41 Mehratomige Moleküle Atome Atomorbitale Molekül Molekülorbitale AnzahlAO = AnzahlMO alternative Modelle zur Bildung von Molekülorbitalen: lokalisierte e-: je 2 Atome: paarweise Molekülorbitale delokalisierte e-: alle Atome: gemeinsame Molekülorbitale Beispiel H2O: σsp: H (1s1) & O (2py1) σsp: H (1s1) & O (2px1) chem. Grundlagen 42 Mehratomige Moleküle CH4: C: 2s2 2p2 Hybridisierung in 2sp3 4 σ-MO‘s gleichwertige Bindungsrichtungen elektrostatische Abstoß Abstoßung minimal chem. Grundlagen Tetraeder 43 Kohlenwasserstoffe C2H6: C: sp3-Hybrid 4 σ-Bindungen C2H4: C: sp2 & p1 3 σ, 1 π chem. Grundlagen 44 Kohlenwasserstoffe C2H2: C6H6: sp2 σ-Bindungen: lokalisiert p π-Bindungen: delokalisiert chem. Grundlagen 45 Kohlenwasserstoffe MO‘s aus den 6 p-Orbitalen: bindend antibindend chem. Grundlagen 46 Benzol chem. Grundlagen 47