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Werbung
Hermann • Der Werbewert der Prominenz
ISBN 978-3-8329-6874-8
65
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Materialien zur
interdisziplinären Medienforschung
65
Tobias Hermann
Der Werbewert
der Prominenz
Vermögensrechtliche Ansprüche bei werblicher
Zwangskommerzialisierung insbesondere von Politikern
Nomos
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Materialien zur
interdisziplinären Medienforschung
Herausgeber Professor Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem
Band 65
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Tobias Hermann
Der Werbewert der Prominenz
Vermögensrechtliche Ansprüche bei werblicher
Zwangskommerzialisierung insbesondere von Politikern
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 2011
ISBN 978-3-8329-6874-8
1. Auflage 2012
© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2012. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe
und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
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Einleitung
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Erster Teil:
Rechtstatsächliche Grundlagen der Werbung
A. Der Begriff Werbung
B. Die Bedeutung der Werbung mit Prominenz
C. Die unterschiedlichen Formen der Werbung mit Prominenz
I. Produktwerbung (Image- und Sympathiewerbung)
1. Klassische Imagewerbung
2. Umgekehrte Imagewerbung
II. Kommunikative Werbung mit sozialkritischer Botschaft
(Schockwerbung)
III. Hybride Werbung
IV. Mediale Eigenwerbung
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Zweiter Teil: Rechtliche Grundlagen der Werbung mit dem Bild oder
Namen
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A. Allgemeines Persönlichkeitsrecht
I. Verfassungsrecht
II. Zivilrecht
B. Besonderes Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild nach dem KUG
I. Der Grundsatz der Einwilligung, § 22 Satz 1 KUG
1. Bildnis
2. Rechtsnatur und Reichweite der Einwilligung
3. Einwilligung in die Veröffentlichung von Nacktfotos
II. Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis nach § 23 I Nr. 1 KUG
1. Reichweite des Privatsphärenschutzes
a) Differenzierung nach der Art der Person
b) Stellungnahme und Kritik des EGMR
c) Reaktion des BGH und des BVerfG
d) Ausblick
2. Unerlaubte Bildniswerbung
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III. Entgegenstehende berechtigte Interessen des Abgebildeten, § 23
II KUG
IV. Rechtsfolgen
C. Besonderes Persönlichkeitsrecht am eigenen Namen nach § 12 BGB
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Dritter Teil:
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Die Fälle Oskar Lafontaine und Joschka Fischer
A. Der Fall Oskar Lafontaine ./. Sixt Leasing AG
I. Das erstinstanzliche Urteil des LG Hamburg: Vorrang des
kommerziellen Persönlichkeitsrechts
II. Bestätigung durch das Berufungsurteil des OLG Hamburg
III. Das Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs: Vorrang der
Meinungsfreiheit des Werbenden
IV. Der Nichtannahmebeschluss des BVerfG
B. Der Fall Joschka Fischer ./. Springer
Vierter Teil:
Die bisherige Rechtsprechung zur ungenehmigten Werbung
mit Bildnissen Prominenter
A. Klassische Produktwerbung
B. Nutzung des Bildnisses als eigene Ware (Personenmerchandising)
C. Abdruck des Bildnisses auf und in einem Produkt
I. Bücher und Cover
II. Abschieds- und Gedenkmedaillen
III. Stellungnahme
D. Nutzung des Bildnisses für ein Theaterstück, Musical oder einen Film
I. Das Marlene-Urteil des KG Berlin
II. Die Marlene-Urteile des Bundesgerichtshofs
1. Marlene I
2. Marlene II – Der blaue Engel
a) Das Urteil
b) Stellungnahme zum Doppelgänger als Bildnis des
Originals
III. Die Bestätigung der Marlene-Rechtsprechung des BGH durch das
BVerfG
IV. Stellungnahme zu Marlene I
E. Werbung mit Meinungsäußerung des Werbenden
I. Schockwerbung von Benetton
1. Benetton-Entscheidungen des BGH: Unlauterkeit der
Werbung
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2. Benetton-Entscheidungen des BVerfG: Meinungsfreiheit des
Werbenden
3. Stellungnahme
II. Lucky Strike: Werbung mit den Vornamen Prominenter
1. Berufungsurteile des OLG Hamburg: Vorrang des
Persönlichkeitsrechts
a) Dieter Bohlen ./. British American Tobacco
b) Ernst-August von Hannover ./. British American Tobacco
2. Revisionsurteile des BGH: Vorrang der Meinungsfreiheit des
Werbenden
a) Dieter Bohlen ./. British American Tobacco
b) Ernst-August von Hannover ./. British American Tobacco
F. Mediale Eigenwerbung
I. Urteil des BGH in Sachen Kundenzeitschrift „Chris Revue“
II. Urteil des LG Berlin in Sachen Alexander Schalck-Golodkowski
1. Inhalt der Entscheidung
2. Stellungnahme
III. Urteil des BGH in Sachen Marlene III
IV. Boris Becker – Abbildung auf der Nullnummer der FAZ
1. Inhalt der Entscheidung des LG München
2. Revisionsurteil des BGH
3. Stellungnahme
V. Günther Jauch - Abbildung auf der Titelseite eines Rätselheftes
1. Urteile des LG und OLG Hamburg: Vorrang des Art. 5 I 2 GG
2. Urteil des BGH: Vorrang des Rechts am eigenen Bild bei
minimalem Informationswert
VI. Schlussfolgerung für den Fall Joschka Fischer ./. Springer
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Fünfter Teil:
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Ansprüche bei ungenehmigter Bildniswerbung
A. Angemaßte Eigengeschäftsführung ohne Auftrag
B. Bereicherungsrecht: Eingriffskondiktion
I. Anwendbarkeit der Eingriffskondiktion
II. Bereicherungsgegenstand: Etwas erlangt
III. Auf Kosten des Bereicherungsgläubigers
1. Eingriff in den wirtschaftlichen Zuweisungsgehalt fremden
Rechts
a) Ablehnung der Rechtswidrigkeitstheorie
b) Zuweisungstheorie: Normative Marktabgrenzung
aa) Rein ideeller Ansatz im älteren Schrifttum
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bb) Anerkennung wirtschaftlicher Bestandteile des
Persönlichkeitsrechts
(1) Monistischer oder dualistischer Ansatz
(2) Die Ansicht des BGH
(3) Stellungnahme
cc) Einschränkungen durch die Herrenreiter-Doktrin des
BGH
(1) Objektive Vermarktungsfähigkeit
(2) Subjektive Vermarktungsbereitschaft
(3) Stellungnahme zur immateriellen Lösung des
BGH
(4) Aufgabe der kommerziellen Präformierung
durch den I. Zivilsenat des BGH und
Stellungnahme
(5) Festhalten an der Herrenreiter-Doktrin
c) Der kommerzielle Wert von Politikern
d) Zwischenergebnis
2. Grenzen des Zuweisungsgehalts der Persönlichkeitsrechte
a) Zeitliche Begrenzung des Zuweisungsgehalts der
Persönlichkeitsrechte
b) Sachliche Begrenzung des Zuweisungsgehalts der
Persönlichkeitsrechte
aa) Zivilrechtliche Begrenzungen
(1) Sittenwidrigkeit der Politikerwerbung, § 138 I
BGB
(2) Verstoß gegen § 134 BGB i.V.m. Art. 66 GG als
Verbotsgesetz
(a) Art. 66 GG direkt
(b) Art. 66 GG analog
(c) Auswirkungen der Nichtigkeit eines
hypothetischen Lizenzvertrages auf die
Bereicherungshaftung
(3) Zwischenergebnis
bb) Grundrechte des Werbeträgers - das
„normenhierarchische Argument“ des BGH
(1) Schutz des kommerziellen Persönlichkeitsrechts
über Art. 2 I, 1 I GG
(a) Der irreführende Leitsatz in der Caroline-IIEntscheidung des BVerfG
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(b) Das Recht auf wirtschaftliche
Selbstbestimmung und seine Mystifizierung
(c) Wechselwirkung zwischen ideellen und
materiellen Interessen
(d) Abwehrrecht gegen den Staat und
Schutzpflicht des Staates
(e) Wertungswiderspruch und Grenze der
Kommerzialisierung
(f) Abwägung jedenfalls über Art. 5 II GG
(2) Schutz des kommerziellen Persönlichkeitsrechts
über Art. 14 I 1 GG
(a) Formale Kritik am eigentumsrechtlichen
Ansatz
(b) Vergleich mit dem Urheberrecht
(c) Das Leistungskriterium
(3) Ergebnis
cc) Grundrechte des werbenden Unternehmens
(1) Satire als Unterfall des Art. 5 III 1 Var. 1 GG?
(2) Kommerzielle Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 GG
(3) Pressefreiheit, Art. 5 I 2 GG
dd) Abwägung nach dem Schwerpunkt der Werbung
(1) Zuordnung der Werbung zur betroffenen
Teilöffentlichkeit
(a) Politische Öffentlichkeit
(b) Unterhaltungsöffentlichkeit
(aa) Dogmatische Einordnung des medialen
Vorverhaltens und Beispiele
(bb) Imagelehre von Ladeur
(cc) Grenzen der Unterhaltungsöffentlichkeit
(c) Wirtschaftliche Öffentlichkeit
(d) Öffentlichkeitsübergreifende Äußerungen
(aa) Verknüpfung von Politik- und
Unterhaltungsöffentlichkeit
(bb) Einordnung hybrider Werbeanzeigen
(cc) Vorteilsausgleich
(dd) Selbstregulierung innerhalb der betroffenen
Teilöffentlichkeit
(ee) Vergleich mit Kommunikation im
Straßenraum
(2) Auslegung hybrider Werbeanzeigen
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(a) Perspektive eines unbefangenen Betrachters
(b) Motivation des Werbenden: Verführung
durch trojanische Pferde
(c) Zwischenergebnis
(d) Funktionen des Art. 5 I 1 GG
(e) Kalkulierter Rechtsbruch: Goliath
herausfordern
(f) Vergleich mit Rechtsprechung zur
Geldentschädigung
(g) Ergebnis
(3) Berücksichtigung der Rechtsprechung des
EGMR zu Art. 8 I EMRK
(4) Ausbeutung des Werbe- und Imagewertes
(5) Sachlicher Zusammenhang zwischen Werbung
und Werbeträger
(6) Ehren-, Image- und Intimschutz des
Werbeträgers
3. Bewertung der Fälle Lafontaine und Lucky Strike
a) Sixt ./. Lafontaine
b) Lucky Strike-Entscheidungen: Künftige juristische
Humorkontrolle
c) Zusammenfassung
4. Abweichendes Ergebnis für den Fall Fischer ./. Springer
5. Rechtsfolge
a) Allgemeine Bereicherungshaftung, § 818 I-II BGB
b) Grundsätze der dreifachen Schadensberechnung
c) Höhe des Wertersatzes
d) Verschärfte Bereicherungshaftung, §§ 819 I, 818 IV, 285
I BGB
e) Ergebnis
f) Entreicherung, § 818 III BGB
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Schlussbetrachtung
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Bilderverzeichnis
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Literaturverzeichnis
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Einleitung
Die Diskussion über die Rechtsprobleme des Persönlichkeitsschutzes hat sich verlagert. Nach der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den
BGH im Jahre 1954 ging es zunächst als Reaktion auf den Werteverfall im Zuge
des Nationalsozialismus1 fast ausschließlich um den Schutz der ideellen Interessen
der Persönlichkeit,2 insbesondere durch einen Anspruch auf Geldentschädigung.3
Diese primär ideelle Schutzrichtung wird – historisch betrachtet völlig zu Recht auch heute noch stets besonders hervorgehoben.
Im Zeitalter der modernen Mediengesellschaft stehen dagegen die wirtschaftlichen Aspekte des Persönlichkeitsrechts im Vordergrund,4 um deren Anerkennung
bis Ende der 1990er Jahre heftig gestritten wurde. Die Attraktion und Symbolkraft
der Identitätsmerkmale berühmter Persönlichkeiten ist für eine moderne Kulturwirtschaft geradezu charakteristisch5 und löst eine Nachfrage von verschiedener
Seite aus. Die Prominenz einer Person kann auf vielfältige Art und Weise verwertet
werden.6 Zu den häufigsten Formen der Vermarktung zählt das Merchandising, bei
dem durch die körperliche Verbindung des Persönlichkeitsmerkmals mit einem
Produkt ein besonderer Kaufanreiz geschaffen werden soll.7 Ob Bilder eines Prominenten auf Tassen, T-Shirts oder Büchern, das Personenmerchandising8 hat sich
längt zu einem eigenen Industriezweig entwickelt9 und zwar nicht nur zu Lebzeiten
des Prominenten, sondern über seinen Tod hinaus.10 Einerseits kann der Promi1
Fuchs, Deliktsrecht, S. 37. Ausführlich zum Persönlichkeitsrecht im Nationalsozialismus:
Martin, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner historischen Entwicklung, S. 209-225.
2 Jung, Die Vererblichkeit des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, S. 183; Hartl, Persönlichkeitsrechte als verkehrsfähige Vermögensgüter, S. 17 ff., 26 f. Ausführlich dazu: Martin, Das
allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner historischen Entwicklung, S. 227 ff.
3 Siehe nur: BGHZ 128, S. 1 ff. – Caroline von Monaco I; BVerfGE 34, S. 269 ff. – Soraya. In
beiden Entscheidungen ging es um ein von der Presse erfundenes Interview. Zusammenfassend: Gounalakis, AfP 1998, S. 10-25; Wachs, Entschädigungszahlungen, S. 10 ff. Ausführlich dazu: Vierter Teil, D. IV. und Fünfter Teil, B. III. 1. b) cc) (3).
4 Dreier/Schulze-Dreier, Vor §§ 22 ff. KUG Rn. 1; Klüber, Persönlichkeitsschutz und Kommerzialisierung, S. 7.
5 Seemann, Prominenz als Eigentum, S. 1 f.
6 Allgemein dazu: Friedrich, Unerlaubte Vermarktung. Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch
Haftungsrecht, S. 29 ff. Instruktiv zur Frage, wie man Prominenz kommerzialisiert: Schneider, Der Januskopf der Prominenz, S. 237-316.
7 Schertz, AfP 2000, S. 495 (497); Schulze Wessel, Die Vermarktung Verstorbener, S. 74.
8 Siehe dazu ausführlich die gleichnamige Promotion von Magold sowie Gregoritza, Kommerzialisierung, S. 256. Aus der Rechtsprechung: BGH GRUR 1987, S. 128 ff. – Nena.
9 Seemann, Prominenz als Eigentum, S. 55; genaue Marktdaten finden sich bei Schertz, ZUM
2003, S. 631 (633).
10 Schulze Wessel, Die Vermarktung Verstorbener; Taupitz/Müller, Rufausbeutung nach dem
Tode: Wem gebührt der Profit? Näher dazu: Vierter Teil, D.
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nente über diesen Weg sein Image aufbauen und sich eine zusätzliche Verdienstquelle erschließen.
Andererseits wird die Privatsphäre von Prominenten in Presse und Rundfunk
durch Paparazzi-Fotos11 oder erfundene Interviews12 gegen ihren Willen vermarktet. Neuerdings wird auch die unbefugte wirtschaftliche Verwertung fremder Persönlichkeitsmerkmale im Rahmen von „Comedy“ 13 und Reality-Literatur14 diskutiert.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen Fälle, in denen Wirtschafts- und Presseunternehmen mit dem Namen oder Bildnis eines prominenten Politikers werben, obwohl dieser der Werbung nicht zugestimmt hat. Für diese Fälle hat sich der Begriff
der rücksichtslosen „Zwangskommerzialisierung“ einer Person als Mittel der Absatz- oder Auflagensteigerung zur Verfolgung rein kommerzieller Interessen eingebürgert.15 Mit der „Kommerzialisierung der eigenen Persönlichkeit“ wird das
Phänomen bezeichnet, dass Persönlichkeitsrechte einen eigenen Leistungsgegenstand darstellen können,16 wobei dies in den Fällen der Zwangskommerzialisierung
ohne oder gegen den Willen des Betroffenen erfolgt.
Bereits im Jahre 1956 hat der BGH anerkannt, dass einem Prominenten ein Anspruch aus Eingriffskondiktion zustehen kann, wenn sein Bildnis unerlaubt vermarktet wird.17 Auch das LG und OLG Hamburg haben diese Frage in den Fällen
Lafontaine und Fischer bejaht.18
Spätestens seit den beiden Grundsatzurteilen des BGH vom 1.12.1999 in Sachen
Marlene Dietrich19 besteht in Rechtsprechung und Literatur weitestgehend Einigkeit darüber, dass sich das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Ausprägungen auch auf wirtschaftliche Belange erstrecken, so dass im Hinblick
auf die unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen genau
zwischen der Verletzung der materiellen (vermögenswerten = kommerziellen) und
immateriellen (ideellen) Bestandteile des Persönlichkeitsrechts zu unterscheiden
11 Dazu ausführlich: Fahrenhorst, ZEuP 1998, S. 84-103.
12 BGH NJW 1965, S. 686 ff. – Soraya; BGHZ 128, S. 1 ff. – Caroline I. Ausführlich zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Massenmedien: Tacke, Medienpersönlichkeitsrecht.
13 Lüssmann, Persönlichkeitsschutz und „Comedy“; Wenmakers, Rechtliche Grenzen der neuen
Formen von Satire im Fernsehen.
14 Dörre, Rechtsschutz gegen Reality-Literatur; Frey, Romanfigur wider Willen auf der Grundlage von BVerfG NJW 2008, S. 39 ff. – Esra.
15 Siehe nur: BGH NJW 1995, S. 861 (865) – Caroline I; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, Rn. 85, 90; Jung, Die Vererblichkeit des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, S. 170-172; Marwitz, AfP 2003, S. 405-409; Seitz, NJW 1996,
S. 2848; Siemes, AcP 201 (2001), S. 202-231. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht: Schneider, Der Januskopf der Prominenz, S. 297.
16 Claus Ahrens, Verwertung, S. 435, 531 ff.
17 BGHZ 20, S. 345 ff. – Paul Dahlke.
18 Siehe dazu: Dritter Teil.
19 Siehe dazu: Vierter Teil, D.
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ist.20 Das Persönlichkeitsrecht muss heute den Spagat zwischen Abwehr- und Verwertungsrecht schaffen,21 wobei jedoch divergierende Urteile der Instanzgerichte
zur Frage ergehen, inwieweit Ansprüche wegen der Verletzung der kommerziellen
Bestandteile bestehen und unter welchen Voraussetzungen. Auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist es bislang nur ansatzweise gelungen, ein geschlossenes dogmatisches Konzept zu entwickeln,22 insbesondere was die verfassungsrechtlichen Grundlagen des kommerziellen Persönlichkeitsrechts angeht.
Helle spricht daher von einer „Großbaustelle“.23 Diese Arbeit mag dazu beitragen,
die Arbeiten auf dieser „Großbaustelle“ weiter voranzubringen. Die rechtlichen
Rahmenbedingungen von unerlaubter Werbung mit Prominenz waren bislang nur
vereinzelt Gegenstand juristischer Abhandlungen.24
Im Ersten Teil geht es zunächst darum, die rechtstatsächlichen Grundlagen der
Werbung herauszuarbeiten und die verschiedenen Werbeformen gegeneinander
abzugrenzen. Die Werbung hat sich gewandelt und das Recht muss auf diese
Wandlung mit differenzierten Lösungen reagieren. Insbesondere der Einsatz Prominenter erfolgt heute nicht mehr allein mit dem Ziel, das positive Image eines
bestimmten Prominenten auf ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung zu
übertragen (Erster Teil, C. I. 1.), wie z.B. im Fall von Thomas Gottschalk auf die
Goldbären von Haribo. Die Werbung des 21. Jahrhunderts ist vielschichtig und
lässt sich nicht mehr auf die klassische Image- und Sympathiewerbung in dem eben
genannten Sinne reduzieren (Erster Teil, C. IV.). Die satirische Werbung der Sixt
Leasing AG mit dem Bildnis von Oskar Lafontaine und der Zigarettenfirma British
American Tobacco mit den Vornamen von Ernst-August von Hannover und Dieter
Bohlen dokumentieren diese Entwicklung der Werbung hin zu neuen Spielarten
und Mischformen aus wirtschaftlicher und politisch-gesellschaftlicher Kommunikation ganz deutlich. Der I. Zivilsenat des BGH hat im Fall Lafontaine ./. Sixt am
26. Oktober 2006 ein Grundsatzurteil gefällt und das kommerzielle Persönlichkeitsrecht von Politikern stark reduziert,25 nachdem Lafontaine in den Vorinstanzen noch ein Zahlungsanspruch wegen der unerlaubten Werbung mit seinem Bild-
20 Fuchs, Deliktsrecht, S. 45, 48; 51-53; Gerda Müller, VersR 2008, S. 1141 (1151 f.); Soergel/
Beater, § 823 BGB Anh. IV Rn. 30.
21 Biene, Starkult, Individuum und Persönlichkeitsgüterrecht, S. 160.
22 Klüber, Persönlichkeitsschutz und Kommerzialisierung, S. 6 f.
23 Helle, JZ 2008, S. 138 (138). Dabei bezieht sich diese Einschätzung nicht nur auf die Rechtslage in Deutschland, sondern auch auf die in Frankreich und England.
24 Gauß, Der Mensch als Marke; Knudsen, Werbung mit Prominenten; Magold, Personenmerchandising; Schertz, Merchandising; Seemann, Prominenz als Eigentum. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht: Zenk, Die versixte Merkel.
25 BGH NJW 2007, S. 689-691 - Rücktritt des Finanzministers.
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nis zuerkannt wurde.26 Dieses Grundsatzurteil hat der I. Senat in zwei weiteren
Urteilen vom 5. Juni 2008 zur unerlaubten Werbung mit den Vornamen von zwei
Protagonisten der Unterhaltungsöffentlichkeit - Dieter Bohlen und Ernst-August
von Hannover - bestätigt (Vierter Teil, E. II.).27 Demgegenüber hat das LG Hamburg am 27. Oktober 2006 ein vom BGH abweichendes Urteil zugunsten von
Joschka Fischer gefällt, der ohne seine Einwilligung vom Springer-Verlag als prominenter Werbeträger für eine neue Tageszeitung eingesetzt wurde.28
Die im Ergebnis divergierenden Urteile in Sachen Lafontaine und Fischer stehen
im Mittelpunkt dieser Untersuchung. Die Lösung des Problems der Zwangskommerzialisierung fremder Persönlichkeitsmerkmale wird dadurch verkompliziert,
dass sich die Werbung in den genannten Fällen nicht in einer reinen Wirtschaftskommunikation in Gestalt einer bestimmten Produktaussage erschöpft, sondern
darüber hinaus in ironischer oder provokanter Weise auf ein aktuelles Thema Bezug
nimmt, das einen unter den Schutz des Art. 5 I GG fallenden Kommunikationsakt
darstellen könnte. Für die rechtliche Lösung dieser Fälle sog. hybrider Werbung29 müssen das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Ausprägungen des Rechts am eigenen Bild und Namen auf der einen und die Kommunikationsgrundrechte des werbenden Unternehmens aus Art. 5 I GG auf der anderen
Seite in einen gerechten und schonenden Ausgleich gebracht werden.
Im Zweiten Teil wird zunächst die verfassungsrechtliche (A. I.) von der zivilrechtlichen Seite des allgemeinen Persönlichkeitsrecht (B. II.) abgegrenzt, da diese
Unterscheidung maßgeblich ist für die spätere Lösung der Streitfälle im Fünften
Teil. Im Anschluss sollen die besonderen Persönlichkeitsrechte am eigenen Bild
nach dem Kunsturhebergesetz (KUG, B.) und Namen gemäß § 12 BGB (C.) dargestellt werden.
Die Urteile in Sachen Lafontaine und Fischer werden im Dritten Teil inhaltlich
zusammengefasst.
Im Vierten Teil wird die bisherige Rechtsprechung zur ungenehmigten Werbung
mit Bildnissen Prominenter systematisiert und zusammengefasst, um mögliche
Kriterien für die spätere Abwägung zwischen den Interessen des Werbeträgers und
26 OLG Hamburg ZUM 2005, S. 164 (164 ff.); LG Hamburg ZUM 2004, S. 399 (399 ff.) Rücktritt des Finanzministers. Siehe Bilderverzeichnis Motiv 1. Die Firma Sixt hat sich geweigert die Werbeanzeigen für die Veröffentlichung in dieser Arbeit zur Verfügung zu stellen
und dem Autor mit der Einschaltung eines Rechtsanwalts gedroht!
27 BGH Urteile vom 5. Juni 2008 – I ZR 223/05 = AfP 2008, S. 598 (598 ff.) - Schau mal, Dieter/
Geschwärzte Worte; I ZR 96/07 – War es Ernst? Oder August? = AfP 2008, S. 596 ff. Siehe
Bilderverzeichnis Motive 8a) und 8b).
28 LG Hamburg AfP 2006, S. 585 (585 ff.) – Joschka Fischer (noch nicht rechtskräftig). Siehe
Bilderverzeichnis Motiv 18.
29 Näher zu diesem Begriff: Erster Teil, C. III.
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des Werbenden zu finden. Es kann dazu an die Fallgruppen angeknüpft werden,
die Schertz in diesem Zusammenhang herausgearbeitet hat.30
Es stellt sich im Fünften Teil abschließend die entscheidende Frage, ob dem
betroffenen Persönlichkeitsträger Zahlungsansprüche gegen den Werbenden wegen der ungenehmigten Verwendung seines Bildnisses oder Namens zustehen.
Haben Politiker genau wie Schauspieler oder Sportler ein Recht sich selbst zu
vermarkten und können ihnen daher ebenfalls Zahlungsansprüche wegen unerlaubter Vermarktung gegen ein Wirtschafts- oder Presseunternehmen zustehen?
Diskutiert werden insbesondere Ansprüche des Abgebildeten bzw. Namensträgers
aus angemaßter Geschäftsführung ohne Auftrag (Fünfter Teil, A.) und Bereicherungsrecht (B.), wobei der verschuldensunabhängige Bereicherungsanspruch hier
im Mittelpunkt der Erörterung steht. Ansprüche aus Delikt, Marken- und Wettbewerbsrecht sollen dabei weitestgehend außer Betracht bleiben. Die Ausführungen
zu den kollidierenden Grundrechten im Bereicherungsrecht können auf das Deliktsrecht übertragen werden.
Bei der Frage nach möglichen Zahlungsansprüchen des Betroffenen muss nicht
nur zwischen den einzelnen Formen der Werbung differenziert werden (Erster Teil,
C.), sondern auch nach der Person des Werbenden. Handelt es sich um ein reines
Wirtschaftsunternehmen, welches seine Werbung mit einer meinungsbildenden
Aussage verbindet, kann sich das Unternehmen auf die Meinungsäußerungsfreiheit
berufen. Eine ausführliche Analyse und kritische Auseinandersetzung mit den drei
bereits erwähnten BGH-Urteilen erfolgt im Fünften Teil im Rahmen der Prüfung
eines möglichen Bereicherungsanspruchs der Betroffenen (B.).
Handelt es sich bei dem Werbenden dagegen um ein Medienunternehmen, wie
im Fall des Springer-Verlages und seiner ungenehmigten Werbung mit dem verjüngten Bild von Joschka Fischer für die neue Tageszeitung „Welt Kompakt“ (sog.
publizistische Zwangskommerzialisierung)31 ist dies im Hinblick auf die Pressefreiheit nach Art. 5 I 2 GG von besonderer Bedeutung und könnte eine abweichende
Beurteilung der BGH-Urteile in Sachen Lafontaine und Lucky Strike rechtfertigen.32 Auf die besondere Bedeutung der Pressefreiheit für die Frage nach Ansprüchen der betroffenen Werbeträger wegen unerlaubter Bildniswerbung wird insbesondere im Vierten Teil (F.) ausführlich eingegangen.
30 Schertz, Merchandising; derselbe, AfP 2000, S. 495-505; derselbe, FS Hertin, S. 709-741.
31 Seitz, AfP 2010, S. 127 (127).
32 Siehe dazu: Erster Teil, C. III.
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