Rechtliche Situation im Kleingarten

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Rechtliche Situation im Kleingarten – obergerichtliche Urteile
Christiane Schmidt-Rose: Referat zum Tag der offenen Tür, LVG Erfurt, 28.8.2010
In diesem Text soll auf Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) bzw.
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hingewiesen werden, die seit 2000 ergangen
sind. Da es auch bei der Übernahme von Kleingärten bei manchen neuen
Interessenten zu Unsicherheiten wegen der Nutzung kommt, wird auch das Urteil des
BGH von 2003 zu streifen sein.
1. Bestand der Kleingartenanlage nach BKleinG (Bundeskleingartengesetz)
Das Bundeskleingartengesetz wurde zuletzt am 19.9.2006 geändert. Historisch
gesehen geht es noch auf den alten Gedanken zurück, dass es wünschenswert sei,
allen sozialen Gruppen den Zugang zu gesunder Ernährung und frischer Luft zu
sichern. Insbesondere in Großstädten war das Ende des vorletzten Jahrhunderts bei
der armen Bevölkerung nicht selbstverständlich. Dementsprechend wurden
Bestimmungen zu verschiedenen Aspekten verankert, die einen Ausgleich zwischen
Sozialverpflichtung der Flächeneigentümer und Nutzungsberechtigung der Pächter
schaffen sollen.
Auch wenn in verschiedenen Stufen im Gesetz der Modernisierung der
Nutzungsverhältnisse Rechnung getragen wurde, bleiben diese Grundgedanken
tragend und werden von den Obergerichten auch so gesehen.
BGH III ZR 281/03
Seit 2003 ist eine Drittelung der Flächen zur Nutzung der Kleingärten durch den BGH
definiert (BGH III ZR 281/03). Problematisch war die etwas vage
Begriffsbestimmung des Gesetzes, nach der „Ein Kleingarten ist ein Garten, der dem
Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere
zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung
dient (kleingärtnerische Nutzung)“. Im Lauf der Jahre haben sich die
Nutzungsschwerpunkte verschoben, die Ernährungssicherung ist weniger
bedeutsam geworden, die Erholung mehr in den Vordergrund gerückt. Dennoch
orientiert sich die Pachtpreisfestsetzung immer noch am Pachtentgelt für eine
erwerbsmäßig-gärtnerisch genutzte Gemüse- oder Obstfläche. In Abwägung dieses
Konfliktes hat der BGH es für angemessen gehalten, dass dem Nutzer zuzumuten
ist, einen Teil seiner Fläche auch mit der Erzeugung von Obst und Gemüse zu
nutzen. Allerdings verkennen die Juristen nicht, dass es topographische oder
geologische Besonderheiten geben kann, die Abweichungen bedingen. Und der
BGH legt keinen Wert darauf, dass jede einzelne Parzelle gedrittelt wird, sondern der
Gesamteindruck der Anlage muss entsprechend sein. Aus Gründen der
Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder sollten Kleingärtner aber akzeptieren, dass
in der Rahmenkleingartenordnung eine Drittelung verankert ist.
BGH III ZR 163/03, BGH III ZR 72/06
Grundsätzlich sind Kleingärten nicht zum dauerhaften Wohnen gedacht. In § 3 ist
daher nicht nur die übliche Parzellengröße geregelt, sondern auch die der Laube, die
nach Ausstattung und Einrichtung nicht zum dauerhaften Bewohnen geeignet sein
darf. Insbesondere in der Nachkriegszeit hat es aus Wohnraummangel
Nutzungserlaubnisse gegeben, die aber an die Person des Altnutzers gebunden sind
und nicht übertrag- oder vererbbar sind (BGH III ZR 72/06), auch wenn ein Sohn dort
bereits wohnt. Diese Rechte sind auch nicht an die Baulichkeit gebunden (BGH III ZR
163/03), sie erlöschen mit dem Tod des Altnutzers. Diese Problematik erledigt sich
also durch Zeitablauf.
Dauerhaftes Wohnen schließt schon eine regelmäßige Wochenendnutzung ein. So
genutzte Parzellen laufen Gefahr, sich zu Wochenendgrundstücken zu entwickeln,
für die der besondere Schutz des BKleingG nicht mehr greift. Als Kennzeichen einer
dauerhaft möglichen Wohnnutzung gelten Wasserver- und entsorgungseinrichtungen, Strom und Telefon in der Laube. Sie sind nicht für eine kleingärtnerische
Nutzung eines Grundstückes nötig. Logische Folgerung ist, dass man keine
Entsorgung braucht, wenn in einer Laube keine Wasserversorgung liegt. Hier
ergeben sich manche Konflikte, auch weil moderne Ansprüche an hygienische
Verhältnisse anders sind.
Zwar greift der Bestandsschutz bei Lauben, die rechtmäßig vor dem 3.10.1990 mit
Wasserver- und entsorgungsanlagen errichtet wurden, das bedeutet aber nicht, dass
Lauben jetzt damit neu ausgestattet werden dürfen. Wobei es offensichtlich je nach
Kommune Einzelregelungen gibt - Beispiele Rostock, Hamburg und Berlin – die den
Ballungsräumen geschuldete Entsorgungsnotwendigkeiten regeln. Dort sind
abflusslose Sammelbehälter zugelassen oder auch Trockentoiletten, Chemietoiletten
sollten aus Umweltschutzgründen vermieden werden. Im Düsseldorfer Stadtrecht
geht man so weit, dass die Parzellen einzeln an das Kanalsystem angeschlossen
werden. Dort werden zunächst die Flächen von Kleingartenvereinen als ein
Gesamtgrundstück an das Kanalnetz angeschlossen, die innere Erschließung erfolgt
durch die Vereine. Allerdings wird in dem Vertrag der Stadt Düsseldorf mit den
Zwischenpächtern ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Status
„Dauerkleingartenanlage“ trotz des Kanalanschlusses aufrechterhalten bleiben soll.
Außerdem müssen im Fall des Anschlusses einer Anlage, ausnahmslos alle Gärten
angeschlossen werden.
BGH III ZB 53/08
Die Übernahme öffentlich-rechtlicher Lasten (§5 Pacht, BGH III ZB 53/08) ist
ausdrücklich vom Gesetzgeber gewollt. Der private Eigentümer, der die Flächen zu
einem sozial-gebundenen Preis abgeben muss, soll nicht durch hohe öffentlichrechtliche Abgaben Verluste machen.
Öffentlich-rechtliche Lasten allgemein sind Steuern, Beiträge und Gebühren, also
z.B. die Grundsteuer oder Straßenausbaubeiträge. Erschließungsbeiträge sind nach
§135 BauGB solange zinslos gestundet, wie es sich um eine Kleingarten-Anlage
nach BKleingG handelt. Straßenausbaubeiträge unterliegen dem kommunalen
Satzungsrecht, nach Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) können diese
Beiträge ebenfalls zinslos gestundet werden.
Neben die Verpflichtung zur Pachtzahlung tritt also die Verpflichtung zur Erstattung
öffentlich-rechtlicher Lasten. Bedeutsam wurde das im o.g. Urteil bei der Festsetzung
des Streitwertes in einer Räumungsklage.
2. Nachbarrecht
Die Bestimmungen des Nachbarrechtes gelten auch im Kleingartenbereich,
insbesondere an den Grenzen der Kleingartenanlage zu außen anliegenden
Flächen. Auf sie wird z.B. in der Rahmenkleingartenordnung des Regionalverbands
Orlatal besonders verwiesen. Allerdings werden einige Bestimmungen im
Innenverhältnis einer Kleingartenanlage, insbesondere zu Wuchshöhen und
Grenzabständen dort noch verschärft. Der Umgang mit prinzipiell unzulässigen
Bäumen wird je nach Regionalverband unterschiedlich behandelt, so verneint der
Regionalverband Arnstadt in seiner Rahmenordnung sowohl Bestandsschutz als
auch Bleiberecht von ansonsten nicht zulässigen Waldbäumen ausdrücklich. Andere
Regionalverbände haben dies nicht so deutlich geregelt.
Sollte solch ein Baum die kleingärtnerische Nutzung eines Nachbargrundstücks
beeinträchtigen oder eine Verkehrssicherungsgefahr darstellen, kann der Verein
seine Fällung anordnen, der Parzellenpächter ist für die Kosten der Fällung
zuständig. Fällt ein solcher Baum auf Nachbars Gartenlaube, ist der
Baumeigentümer für den Schaden haftbar. Ob er den Schaden an seine
Haftpflichtversicherung überwälzen kann, ist fraglich, weil manche Versicherung es
ablehnen könnte, Schutz für nicht zulässige Bäume zu gewähren.
Jedenfalls herrscht Einigkeit, dass bei einem Pächterwechsel ein solcher Baum auf
Kosten des weichenden Pächters zu fällen ist. Wenn man bedenkt, was eine Fällung
im engen Raum und Rodung der Wurzeln kosten kann, sollten sich Pächter gut
überlegen, ungeeignete Bäume zu pflanzen oder zu lange zu belassen.
3. Bewertungsfragen
Wann und wie werden Kleingärten bewertet? Zunächst einmal muss unterschieden
werden, in welchen Fällen eine Bewertung notwendig werden kann.
3.1 Todesfall
Im Todesfall geht der Pachtvertrag über einen Kleingarten an den überlebenden
Ehepartner über, sofern dieser das wünscht und ein gemeinsamer Vertrag vorliegt. In
diesen Fällen muss keine Bewertung vorgenommen werden.
In den Fällen, wo kein gemeinsamer Vertrag geschlossen wurde und somit ein Erbfall
vorliegt, endet der Pachtvertrag und der Kleingarten muss an den Verpächter
zurückgeben werden. Das Eigentum des Pächters gehört zum Nachlass, also auch
die Laube und Anpflanzungen, die als Scheinbestandteile des Grundstückes im
Eigentum des Pächters verblieben sind. Die Fläche ist also durch den Erben zu
beräumen. In den Fällen, wo der Verpächter eine Verpflichtung eingegangen war, zur
Beendigung des Pachtverhältnisses diese Bestandteile zu bewerten, gilt das auch
gegenüber den Erben.
3.2 andere Kündigungen
Wird einem Pächter aus Gründen, die in seinem Verhalten liegen, gekündigt,
geht der Gesetzgeber davon aus, dass es dem Verpächter nicht zuzumuten ist, auch
noch eine Entschädigung für die eingebrachten Scheinbestandteile des Gartens zu
zahlen. In diesen Fällen bleibt es beim Wegnahmerecht des weichenden Pächters,
der also sein Eigentum mitnehmen kann.
Auch in den Fällen, wo ein Pächter freiwillig seinen Garten aufgeben will und kündigt,
gibt es grundsätzlich zunächst nur das Mitnahmerecht. Aber abweichende
Vereinbarungen sind zulässig und so hat sich die Praxis durchgesetzt, dass bei
einem Pächterwechsel eine Ablösesumme vom Nachfolger an den weichenden
Pächter gezahlt wird. Es handelt sich dabei also eigentlich nicht um eine
Entschädigung (Vergütung in Geld für einen Rechtsverlust), sondern einen Kauf von
Laube und Anpflanzungen. Bei der Schätzung des Kaufpreises wird Eigenleistung
unterstellt, um dem besonderen rechtlichen Status aus der Sozialverpflichtung
Rechnung zu tragen.
Diese Schätzung wird prinzipiell auch in Fällen von Ehescheidungen angesetzt,
wenn ein Ehepartner dem anderen seinen Anteil am Garten auszahlen will, um ihn
zukünftig allein zu bewirtschaften.
In einem Kündigungsfall, der wegen der Neuordnung einer Kleingartenanlage,
Eigenbedarfs des Verpächters oder einer Umnutzung nach Bebauungsplan
ausgesprochen wurde, muss nach Entschädigungsgrundsätzen entschädigt werden.
Das heißt, für den eintretenden Rechtsverlust (Verlust an Eigentum) und andere
Vermögensnachteile ist Entschädigung zu gewähren. Leider fällt unter den Begriff
des Vermögensnachteils nicht ein etwaiger ideeller Verlust wie Erinnerungen an die
Eltern, die immer mit unter diesem Laubendach gesessen haben, sondern ein
typischer sonstiger Vermögensnachteil wäre es, wenn für den neuen Ersatzgarten
eine höhere Pacht je qm als bisher zu zahlen wäre. Auch über etwa notwendige
Umzugskosten ist zu diskutieren (nach BauGB §96).
Die Höhe der Entschädigung wird in Thüringen nach den vom Landesverband
Thüringen der Gartenfreunde e.V. aufgestellten und vom Freistaat Thüringen
genehmigten Richtlinien ermittelt. Bei einem Pächterwechsel werden die im
Tabellenwerk aufgelisteten Werte zugrunde gelegt, bei anderen Bewertungsanlässen
wird mit einer Aufschlagskalkulation gearbeitet, mit der die Eigenleistung pauschal
bewertet wird. Es handelt sich dabei um sogenannte Normalherstellungskosten, die
die Verwendung von Sonderpreisen ausschließen und die deshalb von den
tatsächlichen Herstellungskosten durchaus abweichen können.
Weiterführende Literatur:
Das Standardwerk zur Erläuterung des Bundes-Kleingartengesetzes ist der
Kommentar von Lorenz Mainczyk, der bis September 2010 noch in der 9.Auflage von
2006 vorliegt.
BauGB
BGH
BVerfG
BKleingG
ThürKAG
Bau-Gesetzbuch
Bundesgerichtshof
Bundesverfassungsgericht
Bundeskleingartengesetz
Thüringer Kommunalabgabengesetz
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