1. Was ist Plasma?

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KAPITEL A
Einleitung
1. Was ist Plasma?
a) Erste Näherung
Wenn man einen Körper erhitzt, durchläuft er nacheinander die Phasen fest, flüssig,
gasförmig. Bei weiterer Erhitzung fängt das Gas zu leuchten an, die Moleküle werden
dissoziiert, angeregt, schließlich ionisiert. Ein solches ionisierte Gas nennt man auch ein
Plasma. Vielleicht haben die alten Griechen bei ihren „Elementen“ Erde, Wasser, Luft an die
drei Aggregatzustände fest, flüssig, gasförmig gedacht. In diesem Zusammenhang bietet es
sich an, Plasma als den vierten Aggregatzustand zu bezeichnen (Feuer). Man muß allerdings
bedenken, daß der Begriff „Phasenübergang“, also der Übergang von einem in den anderen
Aggregatzustand in der Physik relativ fest umrissen ist: Es ändern sich bestimmte, einen Stoff
charakterisierende Parameter sprunghaft. Dies ist beim Übergang vom Gas in den
Plasmazustand nicht der Fall. Trotzdem hat ein genügend ionisiertes Gas ein qualitativ
anderes Verhalten als ein kaltes Gas. Dieses Verhalten hängt mit der Leitfähigkeit des
Plasmas zusammen: Es können Ströme fließen, die ein Magnetfeld erzeugen, das wiederum
die Teilchenbewegung beeinflußt.
In erster Näherung bezeichnen wir als Plasma also ein Gas, das geladene Teilchen enthält, die
sich merklich beeinflussen. Um die charakteristischen Eigenschaften eines Plasmas genauer
zu umreißen, muß man sie gegen die von einzelnen geladenen Teilchen abgrenzen. Der
Unterschied wird deutlich bei der Konstruktion eines Beschleunigers. Bei einem
Teilchenbeschleuniger wird das Vakuumfeld so ausgelegt, daß ein einzelnes Teilchen die
gewünschte Bahn durchläuft. Bei einem Plasmabeschleuniger ist dies nicht möglich. Im
Plasma, das beschleunigt werden soll, fließen Ströme, die das Vakuumfeld merklich
verzerren. Stellt man sich z.B. als Modell eine Flüssigkeit mit unendlicher Leitfähigkeit vor,
•
so würde wegen U = −Φ und U = 0 der Fluß erhalten bleiben, d.h. das Magnetfeld kann nicht
in das Plasma eindringen. Das Magnetfeld „verbiegt“ so, daß es außerhalb vom Plasma
vorbeirutscht. Diese Verbiegung beruht auf Zusatzfeldern, die durch die Ströme im Plasma
erzeugt werden. Der Unterschied zwischen beiden Fällen ist der, daß in einem Fall das
Vakuumfeld maßgebend ist, im anderen das selbstkonsistente Feld, d.h. das Feld, das von den
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äußeren Strömen und der Bewegung der Teilchen erzeugt wird, die wiederum vom Feld
abhängt.
b) Quasineutralität
α) Kraft bei Ladungstrennung
In einem Gas aus gleich vielen positiven und negativen Teilchen sorgen die elektrostatischen
Kräfte zwischen den Teilchen für einen Ausgleich der Ladungen. Um ein Bild von der Größe
dieser Kräfte zu bekommen, betrachten wir ein Plasma, in dem irgendwelche Größen sich nur
entlang einer Richtung ändern, dies sei die x-Richtung, im übrigen gilt
∂ = ∂ =0
.
∂y ∂z
Das Plasma hat eine geschichtete Struktur: innerhalb jeder Schicht sind alle physikalischen
Abb. A.1: Eindimensionales Plasmamodell. Vor einem
festen, homogenen Ionenhintergrund bewegen sich die
Elektronen in x - Richtung, wobei sie in Schichten angeordnet
Größen konstant, während sie von Schicht zu Schicht variieren dürfen. Die Ionen bilden
einen Hintergrund mit konstanter Teilchenzahldichte n. Im ungestörten Fall sei diese
identisch mit der Elektronendichte ne.
Die Elektronen sind aber beweglich, so daß ne im allgemeinen eine Funktion von x ist: ne(x).
Die Elektronen mögen an einer Stelle des unendlich ausgedehnten Plasmas um eine Strecke x
komprimiert werden, während die Ionen fest bleiben mögen. Wenn der die Kompression
verursachende Kolben im Gleichgewichtsfall bei x = 0 liegt, befindet sich nach der
Verschiebung um ∆x in dem vergrößerten Volumenteil eine Ladung
ne 0 ∆V = ne 0 A∆x
Wie sich die verschobenen Elektronen in x-Richtung verteilen, ist dabei völlig belanglos,
wenn nur darauf geachtet wird, daß sich verschobene Schichten nicht überholen. Die
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Feldstärke ist nach dem Gaußschen Satz, da aus den Seitenflächen wegen der Symmetrie kein
Fluß austritt und im unendlichen das Feld E = 0 sein soll
ρ e n
AE(∆x) = ε = ε0 ∆x
0
0
e n
E(∆x) = ε0 ∆x
0
Beispiel:
A.1
n = 1014cm-3, ∆x = 1mm, 1/4πε0 = 9 109Vm/As, e0 = 1,6 10-19As
E = 4π9 ⋅ 10 9 ⋅ 1, 6 ⋅ 10 −19 ⋅ 10 20 ⋅ 10 −3 = 1, 6 ⋅ 10 9 V/m
Es wäre eine praktisch nicht realisierbare Feldstärke notwendig. Entsprechend gigantisch sind
die notwendigen Kräfte und Energien.
β) Debye-Abschirmung
Bringt man in ein Plasma eine zusätzliche Ladung, so verschieben sich die Ladungen des
Plasmas in der Umgebung so, daß in einer gewissen Entfernung das Störfeld abgeschirmt ist.
Die Strecke, auf der das Störfeld auf 0 abfällt, nennt man Debyelänge. Sie hängt von der
Temperatur der abschirmenden Teilchen ab. Die Lage ist ähnlich wie in der Erdatmosphäre.
Bei T = 0 würde die gesamte Atmosphäre am Erdboden liegen. Bei endlichem T ergibt sich
eine endliche Dicke der Atmosphäre aus den zwei entgegengesetzten Tendenzen:
Erdanziehung und Diffusion. Die Diffusion, die von der Temperatur abhängt, wirkt der
Erdanziehung entgegen. Um die Schichtdicke im Plasma zu ermitteln, greifen wir auf unser
obiges eindimensionales Problem zurück. Als Störung wird an der Stelle x = 0 ein
bestimmtes Potential ϕ0 angelegt. Es wird nach dem selbstkonsistenten Potentialverlauf ϕ(x)
gefragt, der sich ergibt, wenn sich die Elekronen frei in dem Potential, das sie selbst
beeinflussen, bewegen.
Ausgehend von den Maxwellschen Gleichungen hat man
e
divE = dE = (n i − n e ) ε 00
dx
dϕ
gradϕ =
= −E
dx
d2 ϕ
e
nach Elimination von E ergibt sich die Poissongleichung: 2 = −(n i − n e ) ε 0
0
dx
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Die Teilchendichte in dem selbstkonsistenten Feld ist durch die Boltzmannformel gegeben
n e = ne −q e ϕ/kT
(qe = - e0 ist die Ladung des Elektrons )
d2ϕ
e n
e
= − ε 0 (n − ne e 0 ϕ/kT ) = − ε0 (1 − e e 0 ϕ/kT )
2
0
0
dx
d2ϕ
e n
= − ε0 (1 − e e 0 ϕ/kT )
2
0
dx
Falls
(A.2)
e0ϕ
d 2 ϕ e 2 nϕ
<< 1, wird hieraus 2 = 0
kT
ε 0 kT
dx
ϕ = ϕ 0 e ±x/λ D
mit der Lösung
Abb. A.2: Der Potentialverlauf im Plasma in der Umgebung
einer Störung bei x = 0.
mit
λ 2D =
ε 0 kT
e 20 n
(A.3)
Bei x = ±∞ muß das Potential verschwinden. Dies schließt in jeder Halbebene eine der
Lösungen aus. Als Potentialverlauf ergibt sich
ϕ = ϕ 0 e − x /λ D
λD ist die Debye-Länge. Eine Faustformel für die Debye-Länge ist
λD
T/K
cm = 6, 9 n/cm −3
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In Bereichen L>>λD herrscht Neutralität. Damit man von einem Plasma sprechen kann, muß
L>>λD gelten, wobei L eine charakteristische Länge ist. Wenn keine kleinere Länge wichtig
ist, setzt man für L die Ausdehnung des Plasmas ein. Man sagt, das Plasma ist quasineutral
und meint damit, es können ne und ni in Randbezirken von der Ausdehnung der Debyelänge
verschieden sein oder in Bereichen L<<λD bei thermischen Fluktuationen des Plasmas. Da
sehr viele Teilchen vorliegen, kann bei einer prozentual geringen Abweichung von ne und ni
ein elektrisches Feld erzeugt werden. E-Felder und die damit verknüpften Ströme und
B-Felder spielen für die Plasmadynamik eine entscheidende Rolle, während die
Abweichungen von ne und ni keine Rolle spielen. In den meisten Fällen kann man die
Plasmadynamik ohne Betrachtung der Ladungsdichte behandeln. Die Ladungsdichte ergibt
ρ
sich als letzter Schritt aus der Poisson-Gleichung divE = ε . Die Schwierigkeit bei dem
0
Begriff Quasineutralität besteht darin, daß man in manchen Problemen ne = ni setzen darf, in
anderen nicht.
γ) Plasmafrequenz
Nach A.1 erfahren aus der Gleichgewichtslage bewegte Elektronen eine elastische Kraft. Die
Bewegungsgleichung für ein solches Elektron ist
e2n
••
− ε0 ∆x = m e ∆ x
0
Es ergibt sich also eine harmonische Schwingung der Frequenz
ne 2
ω2p = m ε0
e 0
(A4)
Man nennt diese Schwingung die Plasmaschwingung und ihre Frequenz die Plasmafrequenz.
δ) Ladungstrennung durch thermische Energie
Um die Entfernung abzuschätzen, über die aufgrund der thermischen Bewegung eine
Ladungstrennung erfolgen kann, setzen wir die Energie, die man für eine Trennung der
Ladungen um x benötigt, gleich der thermischen Energie
10
W q ≈ 1 F∆x = 1 eE∆x, E = ne
ε 0 ∆x
2
2
2
→ Wq = ne ∆x 2
2ε 0
ε kT
Setzt man W q = 1 kT wird ∆x 2 = 0 2
2
ne
Die thermische Bewegung kann also eine kurzzeitige Ladungstrennung über Distanzen der
Größe der Debyelänge erzeugen.
eϕ
<< 1 nicht erfüllt ist. Bei der
kT
Berechnung des Schichtpotentials oben muß also streng genommen die Poissongleichung
Man erkennt an dieser Abschätzung, daß die Näherung
(A2) exakt gelöst werden. Dies ist numerisch leicht möglich. Man normiert ϕ auf ϕ0 = kT/e:
ϕ´=ϕ/ϕ0 und x auf eine Größe x0 so, daß der Vorfaktor in der Poissongleichung 1 wird. Es
stellt sich heraus, daß für x0 die Debyelänge gewählt werden muß: x 0 =
ε 0 kT
e 20 n
Die Poissongleichung für dimensionslose Größen ϕ´ und x´= x/x0 heißt dann
d2ϕ/
/
= −  1 − e ϕ 
/2
dx
(A5)
Als Anfang für den ersten Rechenschritt nimmt man am besten die asymptotische Lösung
(eϕ << kT), die weit außerhalb des Maximums gilt. Die Rechnung zeigt, daß die Abweichung
Abb. A.3: In dimensionslosen Koordinaten wird die Halbwertsbreite der Verteilung bei 1 liegen.
von dieser Lösung von der asymptotischen im Maximum die Kurve etwa 20 % beträgt.
Man kann auch, ohne die numerische Rechnung im einzelnen durchzuführen, sehen, daß die
Halbwertsbreite von der Größenordnung der Debyelänge ist. Dazu stellen wir uns vor, wir
stellen die Lösung unserer Gleichung (A.5) graphisch dar und lesen die Halbwertsbreite x´1/2
ab. Die wahre Halbwertbreite ergibt sich dann wegen der Normierung x´ = x/x0 , x0 = λD , zu
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x1/2 = x´1/2λD, unterscheidet sich also von der Debyelänge nur um einen konstanten Faktor.
Dieser wird, da unsere Ausgangsgleichung A3 keine anderen charakterischen Längen
aufweist von der Größenordnung 1 sein.
Die Zeitdauer der Ladungstrennung durch thermische Bewegung schätzt man ab über
t=
ε 0 kT kT
/ m =
e
ne 2
ε0 m e
= ω1 .
p
ne 2
Die Bedingung, daß sich viele Teilchen in der Debye-Kugel befinden müssen, ist identisch
mit der Aussage, daß die Wechselwirkungsenergie zwischen den Teilchen klein ist, d.h. das
die Näherung eines idealen Gases gemacht werden kann.
Abstand zweier Teilchen: r 0 ≈  1n 
1/3
e 2 = e 2 n 1/3
4πε 0 r 0
4πε 0
<< kT
Wechselwirkungsenergie: E pot =
2 1/3
aus E pot << 1 folgt dann e n
4πε 0
Durch Potenzieren rechts und links um 3/2 erhält man
nλ 3D >> 1
Zusammenfassend kann man also sagen: Ein Plasma ist ein Gas, das geladene Teilchen
enthält, das quasineutral ist (L >> λD), kollektives Verhalten zeigt (νp >> νc) und viele
Teilchen in der Debyekugel enthält (nλD3 >> 1).
νp >> νc stellt sicher, daß Schwingungen mit der Plasmafrequenz (νp) nicht durch Stöße
(Stoßfrequenz νc) gedämpft werden.
2. Geschichtliches
Gilbert (1544 - 1603) erkannte die Leitfähigkeit von Flammen. Er zeigte experimentell, daß
ein geladener Körper über eine Flamme entladen, ein ungeladener über eine Flamme geladen
werden kann. Franklin (1706 - 1790) experimentierte mit atmosphärischer Ladung und zeigte,
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daß ein Blitz physikalisch ein Funke ist. Faraday (1791 - 1867) entdeckte die
Abb. A.4: Plasmaerzeugung durch Elektronenstoß in
einer Entladungsröhre
Glimmentladung. Er machte sich Gedanken über die Beeinflussung von Meeresströmungen
durch das Erdmagnetfeld. Alfvén (1942) gründete die kosmische Elekrodynamik. Der Name
„Plasma“ wurde von Tonks und Langmuir 1928 eingeführt. Von Tonks und Langmuir stammt
auch der Begriff der Schicht am Plasmarand sowie die Methode der Diagnostik von
Plasmadaten mit Hilfe von Sonden. Die Plasmaphysik hat einen starken Aufschwung, der im
Jahre 1955 begann, erfahren, als die Forschung zur kontrollierten Kernfusion aus der Zensur
entlassen wurde. Sie wird bis heute im weltweiten Verband fortgeführt.
3. Entstehung von Plasmen
Plasmen entstehen aus neutralen Gasen durch Stoßionisation: Beim Stoß eines Elektrons oder
Photons mit einem neutralen Atom entsteht ein geladener Kern und ein freies Elektron.
a) Plasmaerzeugung durch Teilchenstrahlen
Die ionisierenden Teilchen können als Strahlen in das Gas eintreten, z.B. als
Elektronenstrahlen, die aus einer Glühkathode austreten. Hierbei kommt es nicht so sehr auf
die hohe Energie der Elektronen als auf ihre große Stromdichte an. Man benutzt speziell
behandelte Elektroden, z.B. in der sogenannten Buckett-Source eine
Lanthan-Kathode.
Verbreitete Plasmen dieser Art sind Leuchtstofflampen. Man spricht dann auch von
unselbständigen Entladungen im Gegensatz zu den selbständigen, bei denen der
Elektronenstrom durch Bombardement der Elektroden durch die Entladung selbst erzeugt
wird. Beispiele sind der Lichtbogen, etwa der Kohlebogen, der für Projektionszwecke benutzt
wird, oder der Schweißbogen. Im Weltraum ist das Nordlicht ein Plasma, daß durch
Teilchenbeschuß der oberen Atmosphäre erzeugt wird. Die Quelle der Teilchen ist hier die
Sonne. HII Regionen sind Gebiete, die ionisierten Wasserstoff enthalten und in der
Umgebung von jungen Sternen liegen, die mit ihrer Strahlung das Plasma erzeugen. Da Licht
mit der Wellenlänge 1µm eine Photonenenergie von etwa 1 eV besitzt, Wasserstoff eine
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Ionisierungsenergie von 13,5 eV, liegt die Wellenlänge der erforderlichen Strahlung im
fernen Ultraviolett.
b) Ionisationsgleichgewicht
Außer durch Strahlen kann ein Plasma durch Wärmezufuhr, etwa wie in einer Flamme,
erzeugt werden. Man hat dann Zusammenstöße durch die thermische Bewegung von
Teilchen. Die häufigsten ionisierenden Stöße im Plasma erfolgen durch Elektronen
←
e − + A → A + + 2e −
Die
Umkehrreaktion,
bei
der
zwei
Elektronen
mit
einem
geladenen
Teilchen
Abb. A.5: Zunahme des Ionisationsgrades mit der Temperatur nach der Sahagleichung
zusammenstoßen und ein neutrales Atom und ein freies Elektron ergeben, kommt im
thermischen
Gleichgewicht
genau
so
häufig
vor
wie
die
Stoßionisation.
(Die
Zweierstoß-Rekombination, an der nur ein Elektron beteiligt ist, findet dagegen deutlich
seltener statt, da es unwahrscheinlich ist, daß ein Elektron genau den korrekten Impuls und
die korrekte Energie mitbringt, die - wegen der diskreten Energieniveaus von A - erforderlich
ist).
dn 0
= C(T)n 0 n e,
dt
dn
die Rekominationsrate: i = C(T)n i n 2e
dt
dn
dn
Im thermischen Gleichgewicht muß gelten 0 = i daraus folgt: C(T)n 0 n e = C(T)n i n 2e
dt
dt
also:
Die Ionisationsrate ist:
nine
n 0 = S(T)
Diese Gleichung heißt die Saha-Formel. Die genaue Form von S(T) wird später (Kap. E)
abgeleitet. Für Abschätzungen kann - mit Vorsicht! - die Faustformel
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neni
15 3/2 −E i /kT
n 0 = 2, 4 ⋅ 10 T e
(A6)
benutzt werden. Ei ist die Ionisierungsenergie des betrachteten Stoffes. In Gl. (A6) müssen die
Dichten in cm-3, die Elektronentemperatur in K gemessen werden. Qualitativ hängt der
Ionisationsgrad von T wie in Abb. A.5 dargestellt ab. Man beachte, daß schon für kT < Ei das
Gas praktisch vollständig ionisiert sein kann.
4. Verschiedene Plasmen
a) Astrophysikalische Plasmen
Die Welt besteht zum überwiegenden Teil aus Plasma. Sowohl die Sterne als auch der
zwischen den Sternen liegende Raum ist mit Plasma ausgefüllt, wobei die charakteristischen
Parameter, wie Plasmadichte und -temperatur sich um viele Größenordnungen unterscheiden
können. Es ist klar, daß für die einzelnen Bereiche sehr unterschiedliche Plasmamodelle
Abb. A.6: Stromrichtung im z- und ϑ−Pinch
erforderlich sind. Das gleiche gilt für die verschiedenen Bereiche in einem Stern und in seiner
Umgebung, z.B. für die Sonne hat man das Sonneninnere, die Konvektionszone, die
Photosphäre, Korona, den interplanetaren Raum. Von der Sonne geht ein kontinuierlicher
Teilchenstrom aus, überlagert von Eruptionsprodukten. Bei der Erdbahn hat der ruhige solare
Wind ungefähr eine Teilchendichte von ne = 10cm-3, eine Temperatur Ti = 105 K, eine
Debyelänge λD = 10m, eine freie Weglänge λ= 109 m. Durch Wechselwirkung dieses solaren
Windes mit dem Erdmagnetfeld entsteht eine Reihe interessanter Effekte: eine Stoßfront
(„stoßfreie Stoßwelle“) von der Erde aus in Richtung auf die Sonne zu; ein Schwanz in
Richtung von der Sonne fort, Gürtel mit hoher Teilchendichte in der Nähe der Erde (van
Allen-Gürtel) und Nordlichter. Kometenschwänze entstehen durch Wechselwirkung des
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Sonnenwindes mit den Kometenkernen. Spezielle Probleme der Plasmaphysik gibt es im
Zusammenhang mit Pulsaren, Neutronensternen und bei der Erzeugung von Magnetfeldern.
b) Laborplasmen
Die häufigste Anwendung im Labor finden Flammen- und Gasentladungsplasmen. Flammen
erfüllen die Voraussetzungen für ein Plasma nur marginal. Sie werden vor allem in der
Chemie
angewandt.
Gasentladungen
sind
vor
allem
Glimmentladungen
und
Bogenentladungen. Ihr Verhalten ist meist durch einen Hintergrund von neutralem Gas
bestimmt. Man nutzt entweder ihr Leuchtvermögen aus wie in Lampen und Lasern, oder ihre
hohe Temperatur und damit die hohe Energie der Teilchen. Dies kann für chemische Prozesse
vorteilhaft sein oder für Oberflächenbehandlung, um z.B. ein besseres Eindringen der
Teilchen in die Oberfläche zu ermöglichen, wodurch die Haftung von Beschichtungen
verbessert wird, oder Ätzung der Oberfläche möglich wird.
Hochtemperaturplasmen erzeugt man mit elektrodenlosen Entladungen, z.B., indem durch
Induktion ein Strom erzeugt wird, der durch joulesche Wärme das Plasma aufheizt. Eine
weitere Erhöhung der Temperatur kann durch den Pinch-Effekt erfolgen (Benett, 1938), z.B.
den Theta-Pinch,
in dem durch einen Wechselstrom in einer äußeren Spule ein Sekundärstrom im Plasma
erzeugt wird, der umgekehrte Richtung hat und deswegen vom Strom in der Spule abgestoßen
wird. Es ergibt sich eine rasche Kompression des Plasmas und damit verbunden eine
Aufheizung. Weil der primäre Strom in der azimuthalen Richtung fließt, die im
Amerikanischen mit ϑ bezeichnet wird, nennt man diese Anordnung Theta Pinch, im
Gegensatz zum z-Pinch, bei dem die Kompression durch sich anziehende Stromfäden erfolgt,
wobei der Strom in Achsenrichtung (z-Richtung) fließt. Sehr dichte Plasmen erzeugt man
durch Beschießen von Oberflächen mit intensiven Laserstrahlen. Extrem dichte Plasmen
bildet das Elektronengas in Festkörpern. Hier befindet man sich an der Grenze zu dem
Gebiet, in dem nicht mehr viele Teilchen in der Debyekugel vorhanden sind (nλD3 ~ 1).
Außerdem fangen Quanteneffekte an, wichtig zu werden (h/ ωp ∼ kT). Bei Fusionsplasmen
kommt man an die Grenze, bei der relativistische Effekte anfangen, eine Rolle zu spielen (kT
16
~ mec2). In vielen kosmischen Situationen, wie z.B. der Umgebung von Neutronensternen
dominieren relativistische Effekte.
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