Fachschule für Heilerziehungspflege HEP-Reader:2013/14 Ausgewählte Behinderungs - und Krankheitsbilder -im Berufsfeld Heilerziehungspflege- Nur zum internem unterrichtlichen Gebrauch Erstellt von der Klasse HP 2 s Seite 2 Vorwort In Absprache mit der Klasse HP 2 s der Fachschule für Heilerziehungspflege und auf Anregung des Fachlehrers entstand der Wunsch, ein eigenes „Kurs-Buch“ im Fach „Theorie und Praxis der Heilerziehungspflege“ (TPH) zu erstellen. Diese Notwendigkeit ergab sich auch daraus, dass die Studierenden den Wunsch äußerten, ausgewählte Behinderungs - und Krankheitsbilder zu beschreiben und speziell auch die „Handlungsmöglichkeiten“ der Heilerziehungspflegerin / des Heilerziehungspflegers mit ein zu beziehen. Unter Zugrundelegung des Lernfeldes 3: „Heilerziehungspflegerische Angebote klientenorientiert planen und umsetzen“ heißt es weiter: „Grundlage für heilerziehungspflegerische Angebote ist stets der individuelle Hilfebedarf des Menschen mit Behinderung“ 1 In Konsequenz dessen wurde auch von einer individuellen Behinderungsbefindlichkeit ausgegangen. Der große Bereich „Autismus“ wurde auf Wunsch der Studierenden ausgeklammert, da dieses Thema schon ausführlich im vorausgegangenen Unterricht besprochen und diskutiert wurde. Dieses „Kurs Buch“ wurde von Studierenden für Studierende erarbeitet und ist nur für interne Unterrichtszwecke gedacht. Das gleichzeitige Einüben von Textverarbeitungstechniken und das Recherchieren im Internet sowie die grafische Gestaltung standen dabei auch mit im Vordergrund. Anstelle der sonst üblichen Zitationen wurden ausnahmsweise „links“ akzeptiert. Dank gilt allen Studierenden der Klasse HP 2 s, besonders aber der „Mastergruppe“, bei der die diversen Themenbereiche der verschiedenen Arbeitsgruppen gesammelt und EDV-technisch aufbereitet wurden. Raimund Schleich (Fachlehrer TPH) Olsberg im November 2013 1 Vgl. Ministerium für Schule und Weiterbildung, Richtlinien und Lehrpläne zur Erprobung Fachschulen des Sozialwesens, hier: Heilerziehungspflege, Lernfeld 3, Düsseldorf 03/2008 Seite 3 Inhaltsverzeichnis Seite Bipolare Störung 4 Borderline-Persönlichkeitsstörung 6 Down-Syndrom 13 Epilepsie 17 Infantile Cerebralparese (ICP) 20 Das Korsakow-Syndrom 21 Rett-Syndrom 22 Schizophrenie 26 Tourette-Syndrom 28 Zwergenwuchs 33 Seite 4 1. Bipolare Störung Was ist eine Bipolare Störung? Bipolare Störungen oder manisch-depressive Erkrankungen zeichnen sich durch ausgeprägte Schwankungen im Antrieb, im Denken und in der Stimmungslage einer Person aus. So durchleben Menschen mit Bipolaren Störungen depressive Phasen und Phasen euphorischer oder ungewöhnlich gereizter Stimmung. Letztere gehen mit einem deutlich gesteigerten Antrieb einher. Sind diese Phasen schwach ausgeprägt, spricht man von hypomanen, in voller Ausprägung von manischen Episoden. Bei schweren Manien kommen Symptome (Krankheitszeichen) einer Psychose hinzu, zum Beispiel Größenwahn oder Verfolgungswahn. Auffälligkeiten/Symptome Bei einer hypomanen Episode kommt es an vier aufeinander folgenden Tagen zu einer ungewöhnlich gehobenen oder gereizten Stimmung. Mindestens drei der folgenden Merkmale liegen außerdem vor: gesteigerte Aktivität, Unruhe, Gesprächigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, vermindertes Schlafbedürfnis, Steigerung der Libido (Liebeslust), leichtsinniges Verhalten, gesteigerte Geselligkeit. Zeitweise können auch Kreativität und Leistungsvermögen deutlich über dem normalem Level liegen. Die Symptome sind nicht so stark ausgeprägt, dass es zu sozialen Konsequenzen wie Arbeitsplatzverlust oder Ausgrenzung kommt. Bei einer manischen Episode ist die Stimmung für mindestens eine Woche ungewöhnlich gehoben oder auch gereizt und die Symptome stellen eine schwere Beeinträchtigung der Lebensführung dar. Zunächst kann eine manische Phase aber auch eine gesteigerte Leistungsfähigkeit mit sich bringen. Es müssen mindestens drei der folgenden Merkmale vorliegen: gesteigerte Aktivität, Ruhelosigkeit, Rededrang, Ideenflucht (ständiges schnelles Reden mit abrupten Sprüngen von Thema zu Thema), das Gefühl, dass die Gedanken rasen, Verlust sozialer Hemmungen, vermindertes Schlafbedürfnis, überhöhte Selbsteinschätzung, Ablenkbarkeit, ständiger Wechsel von Aktivitäten, tollkühnes oder rücksichtsloses Verhalten, gesteigerte Libido. "Bipolar fühlt sich so an: …wie eine Achterbahn des Lebens, …wie Gefühlsjumping ohne Seil." Cordula G., Erfahrene mit Bipolarer Störung Seite 5 Ursachen Eine eindeutige Ursache konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Aktuell geht man von einem sogenannten multifaktoriellen Geschehen aus. Das heißt, dass mehrere Faktoren in unterschiedlicher Kombination als Ursache in Frage kommen. Hierzu zählen biologische Ursachen wie Veränderungen in Genen und im Botenstoffsystem des Gehirns oder hormonelle Veränderungen. Ebenso können Umweltfaktoren wie andauernder Stress, frühe Verlusterlebnisse oder traumatische Erfahrungen wie sexueller, emotionaler oder körperlicher Missbrauch eine Rolle spielen. Menschen sind vor dem Hintergrund solcher Faktoren unterschiedlich anfällig für psychische Erkrankungen. Kommt z. B. ein belastendes Lebensereignisse hinzu, kann dies bei manchen Personen der Auslöser für eine psychische Erkrankung wie eine Bipolare Störung sein. Therapie Selbststeuerung und Selbstverantwortung durch den Patienten können mehr bewirken als man lange annahm. Dafür beginnen Menschen mit Bipolaren Störungen in der Regel eine Psychotherapie– oft auch mit begleitender medikamentöser Unterstützung. Ziel ist es, aktuelle Beschwerden einer Bipolaren Krankheitsphase zu lindern und zukünftigen vorzubeugen. Medikamente können erneut auftretende Bipolare Episoden zwar nicht völlig verhindern, aber abmildern oder die Zeit bis zu einer nächsten Episode verlängern. Psychotherapeutische Verfahren gelten als sehr wirksam. Dies gilt vor allem, wenn sie die persönlichen Problemstellungen und Stärken der betreffenden Person beachten und ihre Angehörigen mit einbeziehen. Dies sollte nach Möglichkeit schon zum Start der Therapie geschehen – vorausgesetzt, der Patient stimmt dem zu. Oft ist eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung notwendig und sinnvoll, um eine angemessene Therapie zu beginnen. Heilerziehungspflegerische Hilfen, Unterstützungsmöglichkeiten Die unterschiedlichen Episoden einer Bipolaren Störung sind für Angehörige und nahe Freunde sehr belastend. Sich gut über die Erkrankung zu informieren, am besten gemeinsam mit dem betroffenen Partner oder Familienmitglied, erleichtert es, mit den oft widersprüchlichen Äußerungen und Verhaltensweisen sowie den stark schwankenden Stimmungslagen umgehen zu können. Um die seelischen Krisen während einer Krankheitsphase zu meistern, benötigen Angehörige Gelassenheit und Aufmerksamkeit zugleich, müssen balancieren zwischen Zuwendung und Abgrenzung, Mitgefühl für den Betroffenen und Rückmeldungen darüber, was dies bei ihnen auslöst. Dieses Gleichgewicht einzuhalten, stellt einen längeren Lernprozess dar, der viel Geduld erfordert. Selbsthilfegruppen für Angehörige bieten Unterstützung und Impulse, um mit den Herausforderungen der Erkrankung zu Recht zu kommen. Quelle: http://www.psychenet.de/psychische-gesundheit/psychische-erkrankungen/bipolare-stoerungen.html#c913 Seite 6 2. Borderline-Persönlichkeitsstörung Beschreibung Die Borderline-Störung wird überwiegend bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen diagnostiziert. Sie ist eine Störung der Psyche, die ganz anders ist als andere psychische Störungen: der Betroffene ist wie zerrissen in sich selbst, er ist orientierungslos so wie die Welt, in der wir leben. Dabei ist das Borderline-Syndrom nicht neu, es ist schon lange bekannt. Bereits im 17. Jahrhundert schrieb der englische Arzt Thomas Sydenham über diese Krankheit. Sein Zitat "Sie lieben diejenigen ohne Maß, die sie ohne Grund hassen werden" ist inzwischen bekannt in diesem Zusammenhang. Er beschrieb damals die heftige Wut, die Schmerzen und die Angst der Betroffenen. Es wurden neun typische Merkmale festgelegt: Der Betroffene will nicht alleine sein, will Trennungen vermeiden, und das auf jeden Fall Zwischenmenschliche Beziehungen sind zwar intensiv, aber auch sehr instabil, Hass und Liebe wechseln sich häufig ab Der Betroffene hat eine gestörte Identität. Er hat eine gestörte Selbstwahrnehmung. Der Betroffene ist sehr impulsiv. Er lebt oft ohne Rücksicht auf Verluste. Der Betroffene droht oft mit Selbsttötung und Selbstverletzung. Der Betroffene ist auffällig unausgeglichen und instabil. Häufig sind auch Angst und Reizbarkeit oder depressive Stimmungen zu bemerken. Diese Stimmungen sind jedoch nur kurz vorhanden. Der Betroffene fühlt sich leer und ihm ist langweilig Der Betroffene kann seine starke Wut nicht unterdrücken Der Betroffene misstraut phasenweise jedem, in Krisen schaltete er komplett ab. Er erlebt sich selbst fremd und verändert. Auffälligkeiten Der Betroffene will nicht alleine sein, will Trennungen vermeiden, und das auf jeden Fall. Borderliner sind nicht in der Lage, alleine zu sein. In allen Beziehungen, sei es zu den Eltern oder zu Freunden oder ihrem Lebenspartner, haben sie ständig große Angst, dass sie verlassen werden. Diese Angst kann schon durch kleinste Anlässe ausgelöst werden, etwa wenn ein Anruf zu spät kommt, eine Verabredung abgesagt wird oder es Streit um eine Kleinigkeit gibt. Auch eine ganz normale Abwesenheit des Partners wird oft einem endgültigen Verlassenwerden gleichgesetzt. Seite 7 Unabhängig von den typischen Symptomen können aber auch noch andere Symptome auftreten wie zum Beispiel: Depressionen Suchtverhalten Realitätsverlust / Derealisation Verlust des Persönlichkeitsgefühls / Depersonalisation Ängste Hysterie typisches Schwarz-Weiss-Denken Zwänge und Rituale psychosomatische Symptome Angriffe zur Prävention vor Verletzt werden Gefühlsstörungen gestörtes Sozialverhalten Essstörungen Kontaktarmut - Abbruch von Kontakten Missbrauch oder Misshandlung Körperliche oder sexuelle Misshandlung kommt in der Geschichte von Borderlinern vermehrt vor 25 % der Borderliner haben ein inzestuöses Verhältnis zu einem Elternteil gehabt Bis zu 30 % der Borderliner erlebten einen sexuellen Missbrauch durch Nachbarn oder Verwandte Akkumulation von negativen Einflüssen Viele einzelne "kleine" Faktoren, die alleine keine Borderline-Störung auslösen könnten, können sich addieren, so dass am Schluss eine ernstzunehmende Traumatisierung daraus resultieren kann. Zudem fehlen den Kindern meist der Halt der Familie und fördernde Strukturen, was einer Persönlichkeitsstörung ebenfalls Vorschub leistet. Da diese negativen Faktoren meist über eine längere Zeit auf das Kind einwirken, ist dieses irgendwann nicht mehr in der Lage, das zu verarbeiten. Seite 8 Wie kommt die Behinderung zustande? Das Borderline-Syndrom ist eine "Erkrankung" der Psyche, meist ausgelöst durch Verlustangst, dem Fehlen von Grundwerten im Leben, Armut, zerstörten Familien, Arbeitslosigkeit, Leistungsdruck, Drogen und Krankheiten. Kinder wachsen ohne Väter auf, Familien nehmen sich zu wenig Zeit für die Kinder, es fehlt der Halt in der Familie, die Betroffenen kommen sich abgeschoben und wertlos vor. In letzter Zeit jedoch wird die Öffentlichkeit immer aufmerksamer auf die Situation der Borderliner. Es gibt inzwischen Bücher, Filme und immer häufiger auch Berichte über die Krankheit, so daß das Borderline-Syndrom mittlerweile gesellschaftlich so akzeptiert ist, dass man zumindest darüber reden kann. Auch in der Behandlung der Erkrankung haben einige schon viele falsche Methoden erfahren und falsche Konzepte erleben müssen. Die Krankheit Borderline ist leider noch nicht so klar zu behandeln wie zum Beispiel eine Depression oder eine Angststörung. Jedoch ist die Medizin und die Psychologie auf dem richtigen Weg und macht immer größere Fortschritte. Ursachen Die Krankheit Borderline-Störung ist eine Persönlichkeitsstörung. Schon das Wort Persönlichkeitsstörung beinhaltet, dass es auch eine gesunde Persönlichkeit gibt. Die Persönlichkeit, also das, was eine Person ausmacht, wird von vielen Faktoren bestimmt. Die Entwicklung der Persönlichkeit beginnt mit der Geburt, mittlerweile geht man sogar davon aus, dass sich die Persönlichkeit bereits im Mutterleib entwickelt. Die Persönlichkeit entwickelt sich durch genetische Faktoren und auch durch Erfahrungen, die wir machen. Zudem ist es wichtig, wie gemachte Erfahrungen verarbeitet werden. Denn erst verarbeitete Erfahrungen werden zum Teil der eigenen Persönlichkeit und formen sie. Die Persönlichkeit entsteht also aus einem Zusammenspiel von Erfahrungen, der Veranlagung und der psychischen Verarbeitung des Erfahrenen. Ist die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit starken Störungen unterworfen, so kann eine Persönlichkeitsstörung die Folge sein. Das bedeutet zum Beispiel, dass belastende Ereignisse gepaart mit einer ungünstigen Veranlagung dazu führen können, dass sich eine negative Entwicklung der Persönlichkeit bildet. Im Falle von Borderline leidet der Patient dann neben seiner Umwelt auch an sich selbst. Die Folgen davon sind ja bekannt. Interessant ist es natürlich zu wissen, wie die Persönlichkeitsstörung bei jedem einzelnen Patienten entstanden ist und was die Ursachen waren. Zu Ernüchterung muss man jedoch anführen, dass die Wissenschaft heute noch ziemlich unwissend ist, was diese Ursachen genau sind und welche Ursachen welche Ausprägungen der Krankheit bewirken. So gibt es keine eindeutigen typischen Symptome, die eine Borderline-Erkrankung auslösen. Einig ist man sich alleine darüber, dass viele Faktoren zusammenspielen müssen, damit eine Borderline-Störung entsteht. Zu diesen Faktoren zählt zum einen das genetisch bedingte Temperament, das für Seite 9 jeden Menschen typisch ist. Dazu kommen Umweltfaktoren, also zum Beispiel Erfahrungen und Traumata, sowie neurologische oder biochemische Störungen. Forscher gehen davon aus, dass drei Faktoren erfüllt sein müssen, damit eine Borderline-Störung entsteht: Diese Faktoren sind: Ein Umweltfaktor: Traumata in der Kindheit Genetischer Faktor: Das Temperament Wechselwirkung zwischen den ersten beiden Faktoren Zu verstehen ist das dann so: Hat ein Mensch ein oder mehrere Traumata erleben müssen und ist sein durch seine Gene vorprogrammiertes Temperament so geschaffen, dass er diese Traumata nicht verarbeiten kann, so kann er an einer Borderline-Störung erkranken. Wie gesagt, kann, nicht muss. Therapie(n) Viele an Borderline Erkrankte möchten natürlich von ihrem Leiden befreit werden. Die Frage ist nur: Wie geht das? Eine Möglichkeit ist eine Therapie bei einem Psychiater oder beim Psychologen. Welche Therapie sinnvoll ist, wird er nach einer genauen Untersuchung bestimmen. Eines muß man aber vorher schon wissen: Kein psychisches Leiden vergeht von heute auf morgen. Die Ursachen, die über eine lange Zeit die Beschwerden verursacht haben, sind nicht einfach so weggewischt. Man ist also nicht plötzlich wieder gesund, weil man eine Therapie macht, vielmehr ist die Therapie selbst ein langer Weg zur Besserung. Hier die derzeit gängisten Therapien: Klassische Psychoanalyse Da die Psychoanalyse aber sehr lange dauert, wurde ein strafferes, schnelleres Verfahren entwickelt: Die analytische Psychotherapie. Ein großer Unterschied zur Psychoanalyse liegt darin, dass angenommen wird, dass in der Kindheit erlebte Konflikte nicht komplett verarbeitet wurden und im Erwachsenenalter Probleme aufwerfen. Diese Konflikte versucht man zu behandeln bzw. aufzuarbeiten und so die Erkrankung zu heilen. Dies ist der große Unterschied zur Psychoanalyse, die ja davon ausgeht, dass die Muster aus der Kindheit ins Erwachsenenalter übernommen werden und nicht mehr geändert werden können. Auch hier dauert eine Sitzung 45 Minuten, im günstigsten Fall erfolgen zwei Sitzungen pro Woche, die Gesamtzahl der Sitzungen kann bis 250 Sitzungen gehen. Allerdings ist diese Therapieart darauf ausgelegt, dass schnellere Erfolge erzielt werden können. Seite 10 Handlungsorientierte Verfahren Grundlage der handlungsorientierten Verfahren sind aktuelle Ereignisse, weniger das Unterbewußte oder Konflikte der Kindheit. Zur Bewältigung aktueller Ereignisse werden Übungen trainiert, die das Verhaltene des Betroffenen verändern sollen. Störungen sollen so vermieden werden. Die Grundlage der handlungsorientierten Verfahren ist das lerntheoretische Konzept des Behaviorismus. Der Behaviorismus, also wie sich ein Mensch benimmt oder was er fühlt, geht davon aus, dass jedes Verhalten eines Menschen durch die sogenannte Reiz-ReaktionsVerknüpfung erklärt werden kann. Alles hat eine Ursache und eine Auswirkung. Im Behaviorismus wird dieses Muster auf das menschliche Verhalten angewendet. Wenn also zum Beispiel ein schroffes Verhalten eines Mitmenschen eine BorderlineAttacke auslöst, so soll trainiert werden, diese Attacke nicht entstehen zu lassen. Übt man ein solches Verhalten oft genug, so ist der Patient in der Lage, dies auch im Alltag erfolgreich anzuwenden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Verhaltenstherapie. Die Verhaltenstherapie Die Verhaltenstherapie hat als Ziel, dass der Patient erkennt, was seine Beschwerden auslöst. Die Theorie geht davon aus, dass Verhalten und Gefühle durch das Erkennen von Ereignissen entstehen. Weist ein Mensch ein gestörtes Verhalten auf, so wird versucht, dieses gestörte Erkennen herauszufinden und zu ändern. Ein Beispiel: hat jemand Angst vor Spinnen, so erkennt er offenbar in der Spinne etwas Bedrohliches oder Ekliges. Es soll also gelernt werden, dass die Spinne nicht gefährlich (sofern sie nicht giftig ist) oder eklig ist. Die Grundursache des Konfliktes stehen dabei nicht Vordergrund. Wieso es also zur falschen Erkenntnis gekommen ist, ist eigentlich egal. Vielmehr soll dieses falsche Einschätzen "verlernt" werden und durch ein gesundes ersetzt werden. Eine Grundlage dafür ist das Erlernen von Selbstkontrolle. Um beim obigen Beispiel mit der Spinne zu bleiben: Ohne Selbstkontrolle wird der Patient nie lernen, eine Spinne anzufassen und zu erkennen, dass sie gar nicht eklig ist, da er wahrscheinlich sofort Reißaus nimmt. Er muss sich also der Situation stellen, damit er die Möglichkeit überhaupt erst bekommt, sein Fehlverhalten zu erkennen. Die Verhaltenstherapie kann in Gruppen oder auch in Einzeltherapie durchgeführt werden. Normalerweise werden bis zu 40 Sitzungen durchgeführt. In diesen Therapiestunden können Rollenspiele, ein Training zur Lösung von Problemen, eine Konfrontation mit Ängsten (siehe Spinne) oder auch eine Desensibilisierung durchgeführt werden. Verschiedene Wege also, ein gestörtes Verhalten zu ändern oder zumindest erträglich zu gestalten. Seite 11 Arten von Borderline Skills Die verschiedenen Borderline Skills sollen dem Patienten dabei helfen, mit unangenehmen Gefühlen und Situationen konstruktiver umzugehen und ihn davon abhalten, Überreaktionen zu zeigen und sich selbst zu schädigen. Die Skills setzen dabei an unterschiedlichen Punkten an. Borderline Skills zur Steuerung der Gedanken Bei diesen Skills geht es darum, der Situation nicht angemessene Gedanken zu kontrollieren. Dazu kann beispielsweise eine bewusste Ablenkung genutzt werden wie die Konzentration auf ein Kreuzworträtsel, das Herunter zählen von Hundert auf Null oder eine andere geistige Herausforderung, die völlige Konzentration erfordert. Welche Ablenkung bei ihm gut funktioniert, sollte der Patient durch Ausprobieren heraus finden, da jeder anders reagiert. Borderline Skills bezüglich der Wahrnehmung Die Steuerung der Wahrnehmung durch die fünf Sinne dient hauptsächlich der Selbstberuhigung. Mittels dieser Skills lernt der Patient, sich auf seine eigenen realen Wahrnehmungen zu konzentrieren und so seine Emotionen zu dämpfen. Dies kann zum Beispiel geschehen durch die neutrale Beschreibung verschiedener Dinge, die er gerade gehört, gesehen oder gespürt hat. Aber auch das Ausschalten eines Sinnes und die Konzentration auf einen verbliebenen – die Augen werden beispielsweise geschlossen und man konzentriert sich auf das Gehör – können gut dazu beitragen, die Spannung zu lindern. Körperbezogene Borderline Skills Bei diesen Skills geht es darum, die Wahrnehmung auf körperliche Empfindungen zu lenken. So können beispielsweise starke körperliche Reize wie der starke, leicht ätzende Geruch eines Bleichmittels, ein scharfes Lebensmittel wie Tabasco oder Sambal Olek oder auch sehr laute Musik dabei helfen, die innere Anspannung zu lindern und Stress abzubauen. Aber auch starke körperliche Anstrengungen wie schnelles Auf- und Abspringen oder Treppensteigen tragen dazu bei, starke und stressige Emotionen abzubauen. Handlungsbezogene Borderline Skills Hier geht es darum zu lernen, wie man durch adäquate Handlungen den Alltag besser bewältigt und zwischenmenschliche Beziehungen stabiler und konstruktiver gestalten kann. So lernt der Patient, um etwas zu bitten, zu seinen Wünschen zu stehen oder auch einmal Nein zu sagen, ohne dabei mit überzogenen Emotionen zu reagieren. Auch das Zurücknehmen von Aggressionen durch den Verzicht auf Drohungen oder Beschimpfungen trägt dazu bei, Beziehungen besser zu bewältigen. Seite 12 Heilerziehungspflegerische Hilfen, Unterstützungsmöglichkeiten http://www.lebenskarten.de/galerie Lebenskarten werden für den Eigengebrauch, aber auch in der psychotherapeutischen Praxis und Beratungsarbeit, bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen, in der Bildungsarbeit und beim Coaching auf vielfache Weise genutzt. Dabei ist sicherlich nicht jede Karte für jedes Themengebiet zutreffend. Die Arbeit mit den Lebenskarten zeigt jedoch immer wieder, dass die gestalteten Sätze viel Raum für individuelle Assoziationen zulassen, und die Karten daher in den verschiedensten Bereichen eingesetzt werden können. Allgemeines In Deutschland leiden ca. 2% der Bevölkerung am Borderline-Syndrom, das sind ca. 1,6 Millionen Menschen. Sieht man sich speziell junge Menschen an, so leiden bis zu 5% von ihnen unter der Krankheit. In Kliniken, die psychische Störungen stationär behandeln, sind ca. 15% der Patienten Borderline-Patienten. Ambulante Therapien sind zu ca. 20% von an Borderline leidenden Menschen belegt. Der Ausblick in die Zukunft ist noch düsterer: Man geht davon aus, dass immer mehr Menschen, besonders Jugendliche, an einer Borderline-Erkrankung leiden werden. Offensichtlich bietet unsere Gesellschaft einen guten Nährboden für diese Erkrankung. Quelle: http://www.borderline-borderliner.de Seite 13 3. Down-Syndrom Was ist das? Menschen mit Down-Syndrom sind Menschen, die in jeder ihrer Zellen ein Chromosom mehr haben als andere Menschen, nämlich 47 statt 46 Chromosomen. Das Chromosom 21 ist dreifach vorhanden. Down-Syndrom – Vorkommen, Verbreitung und Häufigkeit Es ist wahrscheinlich, dass es schon immer Menschen mit Down-Syndrom gegeben hat. Wissenschaftler nehmen an, dass die ältesten Zeugnisse für das DownSyndrom Ton- und Steinfiguren aus der Olmec-Kultur (ca. 1000 v. Christus) sind. Auf zwei Madonnenbildern von Andrea Mantegna (1431 – 1506) weisen die Kinder jeweils charakteristische Züge des Down-Syndroms auf. Auch auf einem Altarflügel in Aachen, der ungefähr 1505 gemalt worden ist, sowie auf Gemälden von Jacob Jordaens, Manet oder Degas hat man Menschen entdeckt, die die typischen Merkmale des Down-Syndroms erkennen lassen. Down-Syndrom ist eines der verbreitetsten angeborenen Syndrome. Man findet Menschen mit Down-Syndrom überall auf der Welt sowie bei allen ethnischen Gruppen und Bevölkerungsschichten. Alle drei Minuten kommt ein Baby mit DownSyndrom zur Welt, insgesamt leben weltweit zirka fünf Millionen Menschen mit Down-Syndrom. Die Häufigkeit des Auftretens ist dabei mit etwa 1 auf 800 Geburten überall gleich. In letzter Zeit führt die Zunahme pränataler diagnostischer Verfahren, verbunden mit einem positiven Befund, häufig zu der Entscheidung, die Schwangerschaft abzubrechen. Die Zahlenangaben hierzu sind in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Erste Beschreibung durch Dr. Langdon Down Der englische Arzt John Langdon Down (1828 – 1896) war der Erste, der im Jahre 1866 ausführlich Menschen mit den „klassischen Merkmalen“ dieses Syndroms beschrieb und sie als abgrenzbare Einheit (Syndrom) erkannte. Damit unterschied er diese von anderen Menschen mit geistiger Behinderung. Dr. Down wies damals schon auf die Lernfähigkeit der Kinder hin Genetische Ursache 1959 entdeckte Jérome Lejeune in Paris, dass Kinder mit Down-Syndrom in jeder Zelle 47 Chromosomen statt der üblichen 46 haben, wobei das Chromosom Nr. 21 Seite 14 dreifach in jeder Zelle vorhanden ist, statt üblicherweise zweimal. Diese Entdeckung führte zur Bezeichnung Trisomie 21. Das Down-Syndrom ist somit eine genetisch bedingte, nicht veränderbare Veranlagung, es ist keine Krankheit. Zellteilung Bei der Befruchtung vereinigen sich die Keimzellen der Eltern. In einer Keimzelle befinden sich nur halb so viele Chromosomen wie in den anderen Zellen: 23 in der Eizelle und 23 in der Samenzelle. Die erste Zelle des Kindes hat somit 46 Chromosomen und beginnt sich dann zu teilen und zu vermehren. Jede neue Zelle hat 46 Chromosomen. Zellteilung bei Trisomie 21 Es kommt vor, dass eine der Keimzellen ein zusätzliches Chromosom enthält (insgesamt 24 Stück). Bei jedem Menschen, der Keimzellen bildet, kommen solche Zufallsereignisse vor. Wenn sich eine solche Keimzelle mit der Keimzelle des anderen Elternteils vereinigt, dann entsteht eine befruchtete Eizelle mit 47 Chromosomen. Ist dieses zusätzliche Chromosom eines der Nr. 21, kommt ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt. Oben beschriebene Trisomie wird freie Trisomie genannt, das Extra-Chromosom liegt „frei“ und ist nicht mit einem anderen Chromosom verwachsen. 95 % aller Menschen mit Down-Syndrom haben diese so genannte freie Trisomie 21, die nicht familiär erblich ist. Besondere Formen des Down-Syndroms Translokation. Bei der Translokations-Trisomie 21 ist ebenfalls ein zusätzliches Chromosom 21 vorhanden. Ein Abschnitt eines zusätzlichen Chromosoms 21 hat sich mit einem anderen Chromosom verbunden, meistens mit der Nr. 13, 14, 15 oder 22. Bei dieser Variante des Down-Syndroms kann ein Elternteil „Überträger“ sein. Es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass weitere Kinder auch mit dieser Form des Down-Syndroms zur Welt kommen. Eine Translokation kommt bei zirka 3 % der Kinder mit Down-Syndrom vor. Seite 15 Mosaik. Bei der Mosaik-Variante findet die ungleiche Verteilung (Nondisjunktion) der Chromosomen erst nach der Befruchtung in den ersten Zellen des entstehenden Kindes statt. Das Kind weist dann sowohl Zellen mit 46 als auch Zellen mit 47 Chromosomen auf. Trisomie-21-Mosaik kommt nur bei 1 bis 2 % der Kinder mit Down-Syndrom vor. Welche Funktion haben Chromosomen? Über die Chromosomen geben Eltern Erbinformationen an ihre Kinder weiter. Die Gene auf den Chromosomen bestimmen das Wachstum und die Funktionen des Körpers. Ein überzähliges Chromosom stört die genetische Balance. Wachstumsund Funktionsveränderungen sind die Folge. Die körperlichen Besonderheiten und die verlangsamte, zum Teil anders verlaufende mentale Entwicklung von Menschen mit Down-Syndrom werden durch das zusätzliche Chromosomenmaterial verursacht. Was bewirkt das Extra-Chromosom? Ein Syndrom ist eine Reihe von Merkmalen, die zurückzuführen sind auf eine ganz bestimmte Ursache. Im Falle des Down-Syndroms liegt die Ursache bei dem überzähligen Chromosom Nr. 21. Aufgrund dieses überzähligen Chromosoms hat das Kind gewisse körperliche Besonderheiten, die es von anderen unterscheidet. Viele dieser Kennzeichen können einzeln auch bei Kindern ohne Down-Syndrom auftreten, die Kombination einer Reihe der Kennzeichen ist typisch für das Syndrom. Langdon Down nannte in seiner Publikation zehn wichtige Merkmale, inzwischen sind bedeutend mehr morphologische und funktionelle Besonderheiten beschrieben worden. Das Aussehen der Kinder ist betroffen: Größe, Gewicht, Auffälligkeiten im Bereich der Kopfform, der Augen und der Ohren. Auch treten organische Schäden wie Herzfehler oder Magen- und Darmstörungen häufiger auf. Die geistigen Fähigkeiten der Kinder mit Down-Syndrom weisen eine enorme Streubreite auf. Die Spanne reicht von schwerer Behinderung bis zu fast durchschnittlicher Intelligenz, wobei das zusätzliche genetische Material nur ein Aspekt ist, der die Entwicklung beeinflusst. Die Entwicklung jedes Kindes – mit oder ohne Down-Syndrom – hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Diese Informationen zu einigen historischen und genetischen Aspekten des DownSyndroms sind unserer Broschüre „Down-Syndrom. Was bedeutet das?“ entnommen. In dieser Broschüre werden nicht nur genetische und medizinische Besonderheiten beschrieben. Vielmehr informiert sie darüber hinaus, wie Menschen mit Down-Syndrom heute leben, wie sie lernen, sich entwickeln und was sie zu sagen haben. Seite 16 Das sind Merkmale von Down-Syndrom Durch das überzählige Chromosom haben Kinder mit Down Syndrom gewisse Besonderheiten, wodurch sie sich von anderen Kindern unterscheiden. Das sind zum einen die körperlichen Merkmale: Ein Kind mit Down-Syndrom hat gewöhnlich ein rundes Gesicht mit einem flachen Profil und leicht schräg aufwärts gerichtete Augen. Bei vielen Kindern verläuft eine schmale Hautfalte senkrecht zwischen dem inneren Augenwinkel und dem Nasenrücken. Kinder mit Down Syndrom weisen eine Muskelschwäche, auch Hypotonie genannt, auf. Die Gliedmaßen und der Hals kleiner Kinder sind deshalb oft schlaff. Die Hände sind oft breit und die Finger kurz. Viele Menschen mit Down-Syndrom haben eine "Vierfingerfurche", eine durchgezogene Linie in der Handfläche. Geistig entwickeln sich Kinder mit Down Syndrom langsamer als andere Kinder, lernen aber bei entsprechender Förderung gut und kontinuierlich. Typische Gesundheitsprobleme beim Down-Syndrom Es gibt für das Down-Syndrom einige typische Gesundheitsprobleme. Etwa die Hälfte der neugeborenen Kinder hat einen Herzfehler, der aber in den meisten Fällen erfolgreich operiert werden kann. Angeborene Fehlbildungen des Magen-DarmTrakts müssen meist unmittelbar nach der Geburt behandelt werden. Häufig werden Störungen der Schilddrüsenfunktion und des Immunsystems sowie Seh- und Hörstörungen und Probleme mit der Halswirbelsäule diagnostiziert. Quellen: http://www.t-online.de/eltern/gesundheit/id_53879572/down-syndrom-ursachen-symptome-undmerkmale.html http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/behinderungen/down_syndrom/index.jsp Seite 17 4. EPILEPSIE (ICD10 G40) Was ist Epilepsie? Epilepsie ist die häufigste chronische Krankheit des zentralen Nervensystems. Das Wort "Epilepsie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Ergriffen werden“, „Gepackt werden“ oder „von etwas befallen oder erfasst sein“. Epilepsie ist seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO erleiden zirka fünf Prozent aller Menschen einmal oder wenige Male in ihrem Leben unter besonderen Einwirkungen einen epileptischen Anfall. Hintergrund Auf neurophysiologischer Ebene besteht bei der Epilepsie ein Ungleichgewicht zwischen Glutamat- und GABA-Wirkung auf Neurone eines einzelnen Hirnrindenareals oder der gesamten Hirnrinde (Cortex). Diese führen - je nachdem welcher Bereich betroffenen ist – zu sensiblen, sensorischen und/odermotorischen Störungen. Dabei überwiegt die fokale Exzitation in einer einzelnen Kolumne, die auf andere Kolumnen übergehen kann und damit generalisiert. Formen Epilepsien werden nach der Qualität ihrer Ausbreitung unterteilt in fokale Epilepsien, bei denen die Übererregung auf ein Areal beschränkt bleibt, und generalisierte Epilepsien, bei denen sich die Anfallszeichen über beide Hemisphären erstrecken Grand-Mal-Anfall Merkmal des Grand-Mal-Anfalls ist der plötzliche Bewusstseinsverlust und eine tonische Anspannung des Körpers. Dies führt zu einem überstreckten Rücken, wobei in der Folge Luft entweichen und es zum "Initialschrei" kommen kann. Der Grand-Mal-Anfall wird in 3 Phasen unterteilt: tonische Phase mit Initialschrei, Zyanose und ggf. Inkontinenz klonische Phase mit zusätzlich schäumendem Speichel und Flattern der Augenlieder postkonvulsive Phase mit Erschlaffung der Extremitäten und des Rumpfes und fehlender Ansprechbarkeit. Die postkonvulsive Phase ist kein Teil des Anfallszustandes. Sie tritt im Anschluss an die klonische Phase in Form eines erschöpften Tiefschlafes von etwa einer Stunde ein. Absenzen (Petit Mal) Hierbei handelt es sich um kurze und abrupte Bewusstseinspausen. Die Betroffenen sind kurzzeitig vermindert ansprechbar und verharren in einer leichten Starre. Seite 18 Die Dauer beträgt in der Regel nicht mehr als 30 Sekunden, die Patienten haben meist keine Erinnerung an die Ereignisse, die während des Anfalls um sie herum stattfanden (Amnesie). Inzidenz Etwa 2 bis 4% aller Menschen erleiden in ihrem Leben einen einzelnen, isoliert auftretenden epileptischen Anfall. Rund 0,5 bis 1% entwickeln eine Epilepsie. Das Auftreten eines einzelnen Grand Mal Anfalles steigert, bei ausgeprägter Epilepsie, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten weiterer Anfälle deutlich. Ursachen Epilepsien werden in primäre und sekundäre (=symptomatische) Anfälle unterteilt. Primäre Anfälle Ursachen primärer Anfälle sind: kryptogen (v.a. bei fokalen Anfällen) idiopathisch (fokal und generalisiert) genetische Disposition Sekundäre Anfälle Sekundäre Anfallsleiden werden wiederum nach intra- und extrakraniellen Ursachen untergliedert. Ursachen intrakranieller Art sind: perinatale Hypoxien Hirngewebsfehlbildungen (z.B. fokale kortikale Dysplasien) Zerebrale Gefäßmissbildungen (Aneurysmen, Hämangiome) Raumfordernde Prozesse (Tumoren) Schädel-Hirn-Traumata vaskuläre Enzephalopathien im Rahmen einer Arteriosklerose infektiöse Enzephalitiden (z.B. Meningokokken, Masern, Hepatitis C, FSME, Lyme-Borreliose) Degenerative Hirnerkrankungen Extrakranielle Ursachen sind: Hypoxien Hypoglykämien Drogenentzug Seite 19 Sowohl primäre als auch sekundäre Formen können, je nach Veranlagung und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, durch bestimmte Faktoren getriggert werden. Dazu zählen Schlafentzug, Flackerlicht, Fieber (insbesondere bei Kindern), Absetzen von Antikonvulsiva sowie Alkoholexzesse. Sowohl die genannten Ursachen als auch die möglichen Trigger sind nicht abschließend geklärt. Weitere Ursachen bzw. Auslöser werden diskutiert. Diagnose Im EEG zeigen ablaufende Anfälle spezifische Muster. Charakteristisch für einen fokalen Anfall sind "scharfe Wellen" (sharp waves). Diese zeigen sich an der Ableitung des Areals, in dem das Anfallsleiden auftritt. Generalisierte Anfälle zeigen "spitze Welle" Komplexe (spikes and waves). Diese treten an allen Ableitungen auf und sind von ähnlicher Amplitude wie sharp waves, jedoch mit deutlich höherer Frequenz. Sie sind in aller Regel (hochgradig) synchron ablaufend. Quellen: http://flexikon.doccheck.com/de/Epilepsie http://flexikon.doccheck.com/de/Epilepsie http://flexikon.doccheck.com/de/Epilepsie Seite 20 5. Infantile Cerebralparese (ICP) Definition Unter dem Ausdruck infantile Zerebralparese oder Cerebralparese auch cerebrale Bewegungsstörung genannt, versteht man Bewegungsstörungen, deren Ursache in einer frühkindlichen Hirnschädigung liegt. Die dadurch hervorgerufene Behinderung ist charakterisiert durch Störungen des Nervensystems und der Muskulatur im Bereich der willkürlichen Motorik. Die cerebrale Bewegungsstörung lässt sich in drei Ausprägungsformen einteilen: Spastik, Athetose und Ataxie, die jedoch oft in Mischformen auftreten. Ursachen Nur in in etwa 50% der Fälle finden sich eindeutige Ursachen für die Hirnentwicklungsstörung. Typischerweise führt ein Sauerstoffmangel vor während oder kurz nach der Geburt zu einem Absterben von Nervenzellen im Gehirn. Am häufigsten entstehen die Bewegungsstörungen durch starke Muskelspannungen, die Lähmungen verursachen (spastische Form der infantilen Cerebralparese). Neben den Bewegungsstörungen können weitere Symptome auftreten, etwa Seh- und Wahrnehmungsstörungen, eine verlangsamte Sprachentwicklung, eingeschränkte motorische Fähigkeiten oder Krampfanfälle (Epilepsie). Diagnose Der Arzt stellt die Diagnose der infantilen Cerebralparese aufgrund des klinischen Befunds. Manchmal sind zusätzliche Untersuchungen wie eine Magnetresonanztomographie (MRT) zur Diagnose nötig. Im Mittelpunkt der Behandlung steht eine multidisziplinäre Therapie aus unterschiedlichen medizinischen und therapeutischen Bereichen. Besonders bedeutend sind dabei Maßnahmen wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie, die durch orthopädische Gipsverbände und Schienen ergänzt werden. Quellen: http://www.onmeda.de/krankheiten/infantile_cerebralparese.html http://de.wikipedia.org/wiki/Infantile_Zerebralparese Seite 21 6. Das Korsakow-Syndrom Definition Das Korsakow-Syndrom ist eine Form der Amnesie. Symptome: Amnesie Antriebsarmut erhöhte Müdigkeit starke Gefühlsschwankungen Ursachen Ursache der Erkrankung ist ein Thiaminmangel (Vitamin-B1-Mangel) aufgrund von Mangel- oder Fehlernährung, Resorptionsstörungen und Hungerzuständen (z.B. Anorexia nervosa). Die häufigste Ursache des Korsakow-Syndroms ist ein jahrelanger übermäßiger Alkoholkonsum. Es wird jedoch auch als Defektzustand nach Infektionen (Enzephalitis) und Trauma (schwere Kopfverletzungen) beobachtet. Hinweis Das Korsakow-Syndrom kann allein oder im Verlauf einer bzw. im Anschluss an eine Wernicke-Enzephalopathie (Wernicke-Korsakow-Syndrom) auftreten. Das Korsakow-Syndrom (auch: amnestisches Syndrom) tritt insbesondere als ausgeprägte Merkfähigkeitsstörung in Erscheinung. Die Betroffenen haben die Fähigkeit verloren, neue Informationen zu speichern (sogenannte anterograde Amnesie) und entwickeln gleichzeitig die Tendenz, die entstehenden Gedächtnislücken und Orientierungsstörungen mit bisweilen frei erfundenen Geschichten zu füllen (sogenannte Konfabulation). Vielen Patienten ist dies jedoch nicht bewusst, so dass es sich bei den Konfabulationen nicht um bewusstes Täuschen oder gar Lügen handelt. Vielmehr ist das Korsakow-Syndrom Ausdruck einer schweren, chronischen Schädigung des Gehirns, die vor allem Hirnregionen betrifft, die für die Gedächtnisbildung und die Regulierung der Emotionen zuständig sind. Entsprechend sind viele Betroffene auch in ihrer Emotionalität verändert. Sie können distanzlos oder unangemessen heiter wirken Quellen: http://de.wikipedia.org/wiki/Korsakow-Syndrom 27.09.2013 http://www.deutsche-alzheimer.de/die-krankheit/andere-demenzformen/korsakow-syndrom.html 27.09.2013 Seite 22 7. Rett-Syndrom Das Rett-Syndrom ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung aufgrund einer Entwicklungsstörung des Gehirns welche einem X-chromosomal dominanten Erbgang folgt. Die X-chromosomalen Mutationen kommen zum Zeitpunkt der Zeugung sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Embryonen vor. Bei männlichen führen Sie jedoch fast immer zur Totgeburt. Aus diesem Grund werden nahezu ausschließlich Mädchen mit Rett-Syndrom geboren . Zum ersten Mal beschrieben wurde das Rett-Syndrom 1966 von dem Wiener Arzt Andreas Rett (1924-1997). In Deutschland wird die Prävalenz auf 1:15.000 bis 1:10.000 geschätzt( ca. 50 Mädchen im Jahr). Die betroffenen Kinder entwickeln sich anfangs scheinbar normal. Zwischen dem siebten Lebensmonat und dem zweiten Lebensjahr erleidet das Kind einen Entwicklungsstillstand. Symptome und Beschwerden Der Wiener Kinderarzt Andreas Rett entdeckte 1965 die typischen Handbewegungen (waschende Bewegungen, „washing movements“) als zwei junge Mädchen im Wartesaal seiner Praxis auf dem Schoß ihrer Mütter saßen und diese die Hände ihrer Töchter zufällig gleichzeitig losließen. Diese Handstereotypien gelten heute als die typischen Kriterien für das Rett-Syndrom. Mit der Zeit kamen weitere diagnostische Hilfskriterien hinzu. Die Österreichische Rettsyndrom Gesellschaft (ÖRSG) stellt auf ihrer Homepage die folgenden, wichtigsten Kriterien davon vor. Hauptkriterien sind: Auf eine anfänglich normale Entwicklung des Kindes folgt zwischen dem 6. und dem 18. Monat zuerst ein Stillstand und dann eine deutliche Regression. Erworbene Fähigkeiten werden wieder verlernt, der normale Gebrauch der Hände geht verloren. Normaler Kopfumfang bei der Geburt. Verlangsamung des Schädelwachstums zwischen dem 5. Monat und dem 4. Lebensjahr. Die sprachliche Entwicklung tritt verzögert auf oder bleibt in einem frühen Stadium stecken. Oft fehlt die Sprache zur Gänze. Stereotypien der Hände: waschende Bewegungen in Brusthöhe oder im Niveau des Mundes. Rhythmische Bewegungen des Oberkörpers. Hochgradige kognitive Behinderung, die tatsächliche Intelligenz ist nur schwer zu erfassen. Unsicherer, breitbeiniger Gang. Oft entwickelt sich die Fähigkeit, ohne Hilfe zu gehen, überhaupt nicht. Verdachtsdiagnose bis zu einem Alter von 2 bis 5 Jahren. Zusätzlich wird eine Reihe von Hilfskriterien für das Rett-Syndrom aufgeführt, die manchmal auftreten, zur Diagnose aber nicht unbedingt notwendig sind: Seite 23 Unregelmäßigkeiten bei der Atmung EEG – Auffälligkeiten mit Verlangsamung der Hintergrundaktivität, epileptische Muster und Reduktion des REM-Schlafes (der Traumphase) epileptische Anfälle (bei etwa 8 von 10 betroffenen Menschen) schlechte Durchblutung der Extremitäten Zähneknirschen Skoliose verzögertes Wachstum erhöhter Muskeltonus (Muskelhypertonie) vor allem bei älteren Menschen mit Rett-Syndrom Schlafstörungen Krankheitsstadien 1. Stadium: Stadium der Stagnation (6.–18. Lebensmonat) In diesem Stadium verlangsamt sich die motorische Entwicklung und es kann zu einem Stillstand kommen. Die zuvor in der Entwicklung gemachten Fortschritte und das Erlernen von neuen Dingen stellen sich später und langsamer ein. Mit der Zeit nimmt die Aufmerksamkeit und Aktivität der Kinder ab. Das Kleinkind zeigt Desinteresse an dargebotenen Spielsachen, der Blickkontakt ist ebenfalls geringer als bei gleichaltrigen Babys. Die Zunahme des Kopfumfanges bleibt im Vergleich zur Normalentwicklung etwas zurück. Diese Phase kann einige Monate dauern. 2. Stadium: Phase der Regression (beginnt zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr) Charakteristisch ist eine allgemeine Regression der Entwicklung. Bereits erworbene Fähigkeiten (z. B.: funktioneller Gebrauch der Hände, Sprache) gehen in dieser Phase verloren. Außerdem tauchen die typischen Handbewegungen (waschende, wringende und klatschende Bewegungen) auf. Der Rückschritt kann plötzlich und dramatisch einsetzen oder auch verzögert. Die betroffenen Kinder sind sozial und emotional in sich zurückgezogen, isoliert, können wenig Kontakt zu ihrer Umwelt aufnehmen und verfallen zudem in plötzlich auftretende Schreiphasen. Durch Beschreibungen der Kinder seitens ihrer Eltern nimmt man an, dass die Mädchen in diesem Stadium die Fähigkeit verlieren, Situationen als Ganzes zu erfassen, Reize in Beziehung zueinander zu setzen. Lindberg spricht in diesem Zusammenhang von Störungen der sensorischen Perzeption und Integration. „Die Signale aus ihrem eigenen Körper und von der Außenwelt scheinen sie zu überwältigen und zu verwirren, anstatt ihnen sinnvolle Informationen zu übermitteln.“[5] Diese Störung führt(e) teilweise zu der Fehldiagnose eines frühkindlichen Autismus. In dieser Phase kommt es außerdem zum Auftreten der ersten zerebralen Krampfanfälle (abnormes EEG). Die Dauer des 2. Stadiums wird durch mehrere Wochen und Monate beschrieben. Seite 24 3. Stadium: Plateauphase (2.–10. Lebensjahr) Nach der Phase rascher Regression durchlaufen Mädchen mit Rett-Syndrom nun eine Phase der relativen Ruhe. Es kommt zu einer Verminderung der autistischen Züge, ihr Verhalten verbessert sich durch eine geringere Reizbarkeit und sie weinen weniger. Sie beginnen sich wieder für ihre Umwelt zu interessieren, wobei Phasen der Aufmerksamkeit mit Phasen des „In-sich-zurückgezogen-Seins“ abwechseln. Die Fähigkeit zu kommunizieren verbessert sich. Daneben bleiben die schon bekannten Symptome wie Zähne knirschen, Handstereotypien und epileptische Anfälle erhalten. Zusätzlich kommt es verstärkt zu Apraxie (neurologische Unfähigkeit zur Ausführung erlernter zweckmäßiger Bewegungen oder Handlungen, trotz erhaltener Wahrnehmungs- und Bewegungsfähigkeit) und Ataxie (neurologische Störung der Bewegungsabläufe, diese sind ungewöhnlich ruckartig). Anfälle treten in dieser Phase häufig auf und die Handstereotypien nehmen zu. Grobmotorische Fähigkeiten bleiben weitestgehend erhalten und verschlechtern sich nur langsam. Deutlich zeigt sich auch das unsicherere Gangbild. 4. Stadium: Phase der motorischen Verschlechterung (ca. ab dem 10. Lebensjahr) In diesem Stadium öffnet sich das Kontaktverhalten noch weiter. Die Häufigkeit der Anfälle nimmt ab und die betroffenen Menschen mit Rett-Syndrom zeigen kognitive Fortschritte. „Die Grobmotorik verschlechtert sich zusehends und Schwäche, Abmagerung, Skoliose und Spastizität zwingen die meisten Mädchen zur Immobilität und in den Rollstuhl.“ Therapieformen Es gibt bisher keine das Rett-Syndrom heilende Therapie. Dennoch gibt es einige Therapien, die sich für betroffene Mädchen eignen. Diese helfen allerdings nur, einige Bereiche bzw. Teilgebiete der Mehrfachbehinderung zu beeinflussen. Nicht jede der im Folgenden vorgestellten Therapie ist für jedes Kind mit diesem Syndrom geeignet; hier spielt eine Beachtung der Familiensituation sowie eine fachgerechte Beratung eine wesentliche Rolle. Es ist jedoch sinnvoll, einzelne Therapien zu kombinieren, jedoch ohne das Kind zu übertherapieren. \home\semilacer84\flo\wiki\Physiotherapie Physiotherapie Diese Form der Hilfe wird für viele der Mädchen das gesamte Leben eine Rolle spielen. Hier können z.B. Hilfestellung beim Krabbeln, Gehen, Aufrichten in den Stand, Hinsetzen und Aufstehen oder aber auch zur Vermeidung von Frakturen gegeben werden. Oberste Maxime ist hierbei die Aufrechterhaltung Seite 25 der Mobilität. Dazu sind je nach Kind verschiedene Hilfsmittel nötig. Hippotherapie Etwa ein Viertel der Mädchen mit Rett-Syndrom nutzen diese Form als Gleichgewichtstraining. Sie können ihre motorische Unsicherheit vermindern und ihre Haltung, Koordination und Gleichgewicht verbessern. Des Weiteren zeigt sich eine Verminderung der stereotypen Handbewegungen, da die Mädchen ihre Hände in sinnvoller Weise einsetzen müssen, um das Gleichgewicht auf dem Pferderücken zu wahren. Die Therapie entspannt die Kinder und verbessert ihre Aufmerksamkeit, sie gibt ihnen außerdem emotionale Befriedigung und Freude darüber, „etwas zu können“. Ergotherapie Es geht hierbei um eine Verringerung der Abhängigkeit im Alltag, eine Verbesserung der Selbstständigkeit beim Essen und Anziehen und eine Verbesserung der grob- und feinmotorischen Funktionen. Weitere für Mädchen mit Rett-Syndrom relevante Therapien Musiktherapie Sprachtherapie Hydrotherapie(Stabilisation von Körperfunktionen) Doman Therapie (Geist und Körper werden als Eins betrachtet) Unterstütze Kommunikation Schwimmen Logopädie (Problemen mit dem Essen und Trinken) Reittherapie Musiktherapie Kunsttherapie Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Rett-Syndrom 19.09.2013 Seite 26 8. Schizophrenie Beschreibung Psychose ist der Oberbegriff für psychische Erkrankungen mit einem Realitätsverlust. Schizophrenie ist eine häufige und schwere Form der psychotischen Erkrankung. Häufig leiden die Betroffenen unter akustischen Halluzinationen, d. h., sie hören Stimmen, die andere nicht hören. Es handelt sich dabei um eine Bewusstseinsspaltung. Auffälligkeiten/Symptome Die Symptome sind sehr unterschiedlich und können sich ändern: Frühe Anzeichen: Schizophrene Psychosen beginnen häufig mit kleinen Veränderungen und alltäglichen Befindlichkeitsstörungen: z. B. Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, gedrückte Stimmung, Grübeln oder Vernachlässigung der persönlichen Erscheinung. Erfahrene Spezialisten sind notwendig, um eine Schizophrenie schon in einem frühen Stadium zu erkennen. Akute Phase: Halluzinationen, insbesondere das Hören von Stimmen, die andere nicht hören; Verfolgungswahn; unlogisches Denken ohne inneren Zusammenhang; Überzeugung, Gedanken würden eingegeben oder aus dem Kopf gezogen (Störung des Ich-Erlebens); depressive Stimmung, große Erregung oder starke Antriebshemmung. Schizophrene leiden erheblich unter ihrer Erkrankung, nehmen aber häufig von sich aus keine Hilfe in Anspruch. Vermittlung und Motivation durch Andere sind meist nötig. Die Schwere der Erkrankungen nimmt zu, je länger sie unbehandelt bleibt. Schizophrenie verläuft meistens in Schüben, unterbrochen von Phasen mit völlig normalen Verhalten. Ursachen Die Ursachen einer schizophrenen Erkrankung sind nicht eindeutig geklärt. Es wirken mehrere Faktoren zusammen: Genetische Faktoren: Kinder, in deren Familien bereits Andere schizophren erkrankt sind, erkranken deutlich häufiger selbst an dieser psychotischen Erkrankung. Biologische Faktoren: Störungen der Gehirnentwicklung durch Komplikationen während oder nach der Geburt, Erkrankungen des Gehirns oder Schädigungen durch Drogen oder Alkohol erhöhen das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken. Seite 27 Psychische Faktoren: Belastende Lebensereignisse können bei einer vorhandenen genetischen oder biologischen Disposition („Verletzlichkeit“) dazu führen, dass sich eine schizophrene Erkrankung entwickelt. Dazu gehören z. B. der Verlust eines Angehörigen, Prüfungen oder der Verlust des Arbeitsplatzes, andauernde Spannungen am Arbeitsplatz oder ständige Konflikte in der Familie. Weitere Risikofaktoren: Cannabismissbrauch, Migration, städtisches Leben mit Lärm und Reizüberflutung. Therapien Die Therapie besteht aus mehreren Bausteinen: Medikamentöse Behandlung mit Neuroleptika: Neuroleptika beeinflussen die Übertragung von Informationen durch Botenstoffe im Gehirn. Sie verringern oder beseitigen in vielen Fällen die akuten Symptome und beugen Rückfällen vor. Die Medikamente zur Behandlung von psychotischen Erkrankungen sind in den letzten Jahren sehr verbessert worden und haben heute wesentlich weniger unerwünschte Nebenwirkungen als früher. Psychotherapie: Kognitive Verhaltenstherapie mit dem Ziel, depressive Gefühle sowie Angst und Hilflosigkeit zu verringern, das Krankheitsverständnis und die Krankheitsakzeptanz zu fördern, die sozialen Kompetenzen zu stärken sowie das Rückfallrisiko zu senken. Psychotherapie kann, insbesondere wenn Medikamente nicht (ausreichend) wirken, auch helfen, die psychotischen Symptome zu verringern. Eine Psychotherapie kann in allen Phasen der Erkrankung begonnen werden. Psychoedukation: Betroffene und Angehörige lernen, die Erkrankung besser zu verstehen. Heilerziehungspflegerische Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten Der Umgang mit Schizophrenen erfordert sowohl ein besonderes Maß an Fähigkeit, die Stimmungslage des Patienten gefühlsmäßig zu erfassen, als auch eine ausreichende eigene psychische Stabilität, um mit den abrupten Gefühlsschwankungen der Patienten umgehen zu können. Eine hohe Anforderung besteht auch darin, ein ausgewogenes Nähe-Distanz-Verhältnis herzustellen. Die gesunden Ich-Anteile müssen gestärkt und gefördert werden. Das Gleiche gilt auch für die Nahrungsaufnahme, die u. U. wegen der entsprechenden Wahnideen verweigert werden kann, gleiches gilt für die medikamentöse Therapie. Um ein Vertrauensverhältnis herzustellen bzw. zu stabilisieren, ist es notwendig, den Patienten über sämtliche Maßnahmen zu informieren und seine Fragen offen zu beantworten. Quellen: http://www.bptk.de/patienten/psychische-krankheiten/schizophrenie.html# http://www.schizophrenie.hexal.de/schizophrenie/was-ist-schizophrenie/ http://www.pib-zentrum.de/psychotherapie/lexikon/schizophrenie.html Seite 28 9. Tourette-Syndrom Allgemeine Informationen Das Tourette-Syndrom ist eine neurologisch-psychiatrische, ätiologisch noch nicht abschließend geklärte Erkrankung, die durch das Auftreten von Tics (von französisch tic „(nervöses) Zucken“) charakterisiert ist. Bei den Tics handelt es sich um unwillkürliche, rasche, meistens plötzlich einschießende und mitunter sehr heftige Bewegungen, die immer wieder in gleicher Weise einzeln oder serienartig auftreten können. Verbale, ungewollte Äußerungen zählen mit dazu sowie Ausrufe oder Geräusche. Benannt ist das Syndrom nach dem französischen Arzt Georges Gilles de la Tourette, der die Symptomatik erstmals um 1885 auf wissenschaftlicher Basis beschrieb. Wie verläuft das Tourette-Syndrom? Per Definition bricht das Tourette-Syndrom vor dem 18. Lebensjahr aus - und tatsächlich treten die meisten typischen Bewegungs-Tics beziehungsweise Muskelzuckungen erstmals im Kindesalter zwischen dem siebten und zehnten Lebensjahr auf. Vokale Tics, also unkontrollierte Lautäußerungen, kämen im Durchschnitt mit elf Jahren hinzu. Der weitere Verlauf der Krankheit ist zwar chronisch, allerdings können die Beschwerden zu- oder abnehmen oder sogar für mehrere Monate ganz verschwinden. Vor allem "gemütsmäßige Anspannung" in Form von Ärger, Stress, aber auch Freude kann dann zu erneuten Ausbrüchen führen. Symptome typische Symptome des Tourette-Syndroms: einfache motorische Tics: Augenblinzeln, Kopfrucken oder -werfen, Schulterrucken oder -zucken, Grimassieren, Naserümpfen, Mundzuckungen. einfache stimmliche Tics: Räuspern, Hüsteln, Fiepen, Quieken, Grunzen, Schnüffeln, Zungenschnalzen und die Nachahmung von Vogelstimmen oder anderen Tiergeräuschen. komplexe motorische Tics: Berühren von Personen oder Gegenständen, Zurechtzupfen der Kleidung, Spielen mit den Haaren, Springen, Stampfen, "wildes" Grimassieren, Nachahmung der Bewegung von anderen, Seite 29 schnüffelndes Riechen, Verdrehen des Körpers oder in die Hocke gehen, das Zeigen obszöner Gesten (Kopropraxie), manchmal sogar selbstverletzendes Verhalten, zum Beispiel sich schlagen, sich kneifen, Kopf anschlagen. komplexe stimmliche Tics: Herausschleudern von Worten in kurzen Sätzen, die nicht im logischen Zusammenhang mit dem Gesprächsthema stehen; Ausstoßen sinnloser, beschimpfender, schmutziger, unflätiger, obszöner oder gotteslästerlicher Worte (Koprolalie); Wiederholung von Lauten beziehungsweise Wortfetzen, die gerade gehört wurden (Echolalie); Wiederholung von gerade selbst gesprochenen Worten (Palilalie). Wie lässt sich das Tourette-Syndrom behandeln? Das Tourette-Syndrom ist bisher nicht heilbar. Jedoch lassen sich die Tics mithilfe einer gezielten Behandlung lindern. Die Art der Therapie ist stark von der Ausprägung der Symptome abhängig. Leidet der Betroffene nur unter leichten Stimm- und Bewegungs-Tics und unter keinen sozialen Konsequenzen, ist laut Faust keine Therapie notwendig: "Hier ist es oft ausreichend, die Diagnose und den gutartigen Charakter solcher leichteren Störungen zu erklären." Bei mittelschweren Symptomen seien vor allem Entspannungstherapien und verhaltenstherapeutische Maßnahmen sinnvoll. Hierbei geht es darum Stressreaktionen zu mindern, da diese oft die Tics auslösen oder verstärken. Bestenfalls lernen die Patienten dabei "durch Selbstkontrolle besonders unangenehme Tics und Lautäußerungen durch weniger belastende zu ersetzen". Sind die Tics aber sogar extrem ausgeprägt und folgenschwer, könne eine medikamentöse Behandlung der richtige Weg sein. Dabei werden psychotrope Arzneimittel eingesetzt, das sind Substanzen, die das zentrale Nervensystem beeinflussen und Tic-reduzierend wirken. Es ist sogar möglich, Tics für eine gewisse Zeit zu unterdrücken. Das führt allerdings zu einem sogenannten Tic-Druck, der "wie der Drang zum Niesen oder zu einem Schluckauf schließlich zu einer umso schwereren 'Tic-Entladung'" führen kann. Medikamentöse Behandlungsarten GABAerge Substanzen GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) ist der am stärksten hemmend wirkende Botenstoff des Gehirns. GABAerg wirksame Medikamente fördern daher dieses hemmende System. Diazepam (Valium®) scheint zu einer Abnahme von Tics und anderen Symptomen zu führen. Wegen des hohes Risikos einer Abhängigkeit kann dieses Medikament jedoch nicht empfohlen werden. Clonazepam (Rivotril®), ein Seite 30 Medikament, das sowohl auf das GABAerge als auch auf das adrenerge2 System wirkt, verbessert kleineren Untersuchungen zufolge verschiedene Symptome des TS einschließlich Tics. Zudem kann es bei starker Symptomausprägung (auch autoaggressivem Verhalten) sinnvoll mit Neuroleptika und Serotoninwiederaufnahmehemmern kombiniert werden. Als häufigste Nebenwirkung verursacht Clonazepam (Rivotril®) Müdigkeit und Schwindel. Auch Baclofen (Lioresal®) scheint nach einer jüngsten Untersuchung zu einer Symptomverminderung mit Verbesserung des Allgemeinbefindens zu führen. Botulinumtoxin Botulinumtoxin, ein von Bakterien gebildetes Gift, das eine Muskellähmung hervorruft, erwies sich in kleineren Untersuchungen als wirksam in der Behandlung von Tics. Da es in einzelne Muskeln injiziert werden muss, eignet es sich nur zur Behandlung umschriebener Tics und dies vor allem im Gesichts- und Kopfbereich. Es liegen zudem Mitteilungen über eine erfolgreiche Behandlung vokaler Tics (einschließlich der Koprolalie) vor durch eine Botulinumtoxin-Injektion unmittelbar in die Stimmlippenmuskeln. Die Wirkung von Botulinumtoxin hält im Mittel 3-4 Monate an. Die Injektionen müssen nach dieser Zeit wiederholt werden. Als Nebenwirkungen sind in erster Linie eine unerwünscht starke Muskellähmung mit vorübergehender Muskelschwäche - bei Anwendung im Bereich des Kehlkopfes mit Heiserkeit und Schluckstörungen - zu nennen. Dopaminagonisten In jüngster Zeit wurden einige wenige Studien veröffentlicht, wonach überraschenderweise ein Dopaminagonist (Pergolid (Parkotil®)) - also eine Substanz, die das Dopaminsystem fördert und nicht (wie Neuroleptika) hemmt und in der Therapie der Parkinson Krankheit etabliert ist - ebenfalls effektiv in der TicBehandlung ist. Es wurde vermutet, dass die positive Wirkung auf eine Interaktion mit Dopamin-Autorezeptoren zurückzuführen sei. Auch wurde über einen positiven Behandlungseffekt durch Leva-Dopa - ein ebenfalls in der Parkinsontherapie gebräuchliches Medikament - berichtet. Demgegenüber zeigte sich in einer anderen kleinen Studie mit dem Dopaminagonisten Talipexol keinerlei Effekt auf Symptome des TS. Opiatantagonisten Opiatantagonisten hemmen das Opioid-System des Gehirns. Kleineren Untersuchungen zufolge führen die Opiatantagonisten Naloxon (Narcanti®), das jedoch nur über die Vene verabreicht werden kann, und Naltrexon (Nemexin®) zu einer Verminderung von Tics und autoaggressivem Verhalten. 2 adrenerge = adrenerge Rezeptoren, sind Rezeptoren, die von den natürlichen Botenstoffen Adrenalin und Noradrenalin aktiviert werden und somit für die durch Adrenalin und Noradrenalin vermittelten Effekte verantwortlich sind. Seite 31 Nikotin Ferner gibt es Hinweise, dass Nikotin (als Pflaster oder als Kaugummi angewandt) zu einer Tic-Reduktion führt. Auch wurde berichtet, dass bei einer Behandlung mit Neuroleptika durch die Zugabe von Nikotin die Dosis des Neuroleptikums vermindert werden kann. Jedoch traten bei vielen Patienten nikotinbedingte Nebenwirkungen ein wie bitterer Geschmack, Übelkeit oder gar Erbrechen. Eine Umfrage unter TSPatienten ergab, dass nur wenige Patienten eine Tic-Reduktion während des Rauchens von Nikotinzigaretten empfanden. Zwar deuteten kleinere Untersuchungen darauf hin, dass auch der Nikotinantagonist Mecamylamin (also eine Substanz mit gegenteiligem Effekt zum Nikotin) zu einer Abnahme von Tics führt. In einer jüngst publizierten kontrollierten Studie konnte aber ein Effekt dieses Medikamentes auf das TS nicht nachgewiesen werden. Marihuana (Cannabis sativa) Es liegen anekdotische Mitteilungen vor, wonach bei einzelnen Patienten der Konsum von Cannabis (Marihuana, Haschisch) zu einer Abnahme von Tics und Verhaltensauffälligkeiten führt. In einer systematischen Befragung gaben etwa 80% derjenigen Patienten, die Erfahrungen mit Cannabis hatten, an, dass der Konsum von Cannabis einen günstigen Effekt auf das TS habe. In zwei kleineren kontrollierten Studien führte die Behandlung mit delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), dem Hauptwirkstoff der Cannabispflanze, zu einer signifikanten Abnahme von motorischen und vokalen Tics. Als Nebenwirkungen traten gelegentlich Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel, selten Angst und Unruhe ein. Antibiotika und Immuntherapie Seit wenigen Jahren wird diskutiert, ob bei einem Teil der Tourette-Patienten Infektionen mit Bakterien (in erster Linie Streptokokken) und Viren bzw. daraus resultierende Immunvorgänge krankheitsauslösend oder -unterhaltend sind. Aus dieser Vermutung resultieren Therapieansätze mit Antibiotika und verschiedenen in das Immunsystem eingreifenden Substanzen. Nach allgemeiner Überzeugung sollten derartige Behandlungen derzeit nur im Rahmen klinischer Studien erfolgen, um Risiken kalkulieren und den Therapieeffekt genau festlegen zu können (näheres siehe im Abschnitt PANDAS). Neurochirurgie Nur Einzelmitteilungen liegen über operative Behandlungen des TS vor. Im Rahmen derartiger Operationen wurden mehrheitlich eng umschriebene Areale in verschiedenen Hirnstrukturen (Thalamus, Cingulum, Stirnhirn, Kleinhirn) zerstört, um schwerste, medikamentös nicht beeinflussbare Tics und andere Symptome des TS (z.B. schwerste Zwänge oder Selbstverletzungen) zu vermindern. Auch wenn in einzelnen Berichten deutliche Symptomverbesserungen beschrieben wurden, so führten einige dieser Eingriffe zu schweren, zum Teil bleibenden Nebenwirkungen oder sie hatten keinerlei Effekt. Solche Operationen müssen derzeit als Ausnahmebehandlung mit hohem Risiko und somit als experimentelle Behandlung betrachtet werden, zumal nicht einmal Klarheit über den Operationsort besteht. Seite 32 In einem Einzelfall wurde über eine Symptomverbesserung nach tiefer Hirnstimulation ('deep brain stimulation') berichtet. Bei dieser Methode, die sich in der Behandlung anderer Bewegungsstörungen bewährt hat, werden Elektroden in das Gehirn gelegt, die durch eine elektrische Stimulation zu einer Unterbrechung der Hirnfunktion an umschriebener Stelle führt. Über den längerfristigen Verlauf dieses Patienten liegen bisher keine Mitteilungen vor. Quellen: http://www.tourette.de/wasist/behandlung.shtml#gaba 27.09.13 http://de.wikipedia.org/wiki/Tourette-Syndrom 27.09.13 http://www.t-online.de/eltern/gesundheit/id_47818130/tourette-syndrom-verlauf-symptomebehandlung.html 27.09.13 Seite 33 10. Zwergenwuchs Zwergwuchs durch gestörte Zellteilung 09.01.2008 Wegen eines Erbdefektes bleiben manche Menschen ein Leben lang klein wie Kinder. Unter deutscher Führung haben Forscher jetzt das Gen gefunden und den Wirkmechanismus enträtselt. Aber Spekulationen über den Minderwuchs bleiben. Von Reinhard Wandtner © Wikipedia Thomas Dilward: Der kleine aber große Akteur des Blackface-Minstrels Im Jahr 1864 kam in Mexiko ein Mädchen namens Lucia Zarate zur Welt, das wegen seiner Winzigkeit großes Aufsehen erregte. Bei der Geburt soll es nur 18 Zentimeter groß und 230 Gramm schwer gewesen sein. Berichten zufolge wog das Mädchen, das zu dieser Zeit bereits geschlechtsreif( 12 Jahre) war, knapp zweieinhalb Kilogramm, und das bei rund einem halben Meter Körperlänge. Im Alter von 26 Jahren ist „die kleinste Frau aller Zeiten“ während einer Zirkustournee offenbar in einem Schneesturm umgekommen. Vieles deutet darauf hin, dass bei ihr eine äußerst seltene ererbte Wachstumsstörung vorlag, ein sogenannter mikrozephaler osteodysplastischer primordialer Zwergwuchs Typ Majewski II, benannt nach dem Düsseldorfer Humangenetiker Frank Majewski, der diese Krankheit genau beschrieben und von anderen Formen abgegrenzt hat. Die Ursache für die schwere, schon beim Embryo beginnende Störung blieb aber im Dunkeln. Jetzt hat eine internationale Forschergruppe um Anita Rauch vom Institut für Humangenetik der Universität Erlangen das Geheimnis offenbar gelüftet. Die Krankheit beruht demnach auf Mutationen in dem Gen für Pericentrin, ein für den reibungslosen Ablauf der Zellteilung entscheidendes Eiweiß. Betroffene werden selten größer als einen Meter Lange konnte sich die Wachstumsstörung, die meist mit dem aus der englischen Bezeichnung abgeleiteten Kürzel MOPD II charakterisiert wird, der genetischen Analyse widersetzen. Das hängt damit zusammen, dass es - glücklicherweise - nur Seite 34 wenige Betroffene gibt. In die jüngste Studie konnten die Forscher aus rund einem Dutzend Ländern gerade einmal 25 Patienten einbeziehen. Sieben stammen aus Deutschland. Insgesamt gibt es hierzulande vielleicht an die dreißig Patienten, wie die Erlanger Humangenetikerin schätzt. Die Krankheit tritt nur auf, wenn die Mutation sowohl in der von der Mutter als auch in der vom Vater stammenden Kopie des Pericentrin-Gens vorliegt. Dementsprechend kommt es zu Häufungen in Familien, in denen Ehen unter Verwandten nicht ungewöhnlich sind. Gerade diese Tatsache hat es den Forschern nun ermöglicht, der Mutation auf die Spur zu kommen. Die von der Wachstumsstörung betroffenen Menschen werden selten größer als einen Meter. Das entspricht etwa der Körperlänge eines dreijährigen Kindes. Der Kopf erreicht meist sogar nur einen Umfang wie bei Säuglingen im dritten Lebensmonat, was sich aber kaum auf die Intelligenz auswirkt. Zu mannigfaltigen Anomalien der Knochen und Zähne gesellt sich eine Veranlagung für Weitsichtigkeit, Übergewicht und Diabetes. Häufig kommen auch Veränderungen an den Blutgefäßen im Gehirn vor. Dadurch steigt die Gefahr, einen Schlaganfall zu erleiden, was zu einer verringerten Lebenserwartung beiträgt. Die frühere Annahme, bei der Wachstumsstörung handele es sich letztlich um eine Form vorzeitigen Alterns, halten die Forscher um Frau Rauch für widerlegt. Sie fanden nämlich nicht die verkürzten Chromosomen-Endstücke, die als ein Zeichen für das Altern gelten. Embryonen mit weniger Zellen als üblich Wie die Forschergruppe in der Online-Ausgabe der Zeitschrift „Science“ (doi: 10.1126/science.1151174) berichtet, ließ sich der Gendefekt nach Untersuchungen an zwei verwandten Familien zunächst einem bestimmten Bereich auf Chromosom 21 zuordnen. Analysen an allen in die Studie einbezogenen Patienten ermöglichten es, den Ort immer mehr einzukreisen, bis klar wurde, dass die Wurzel des Übels im Pericentrin-Gen liegt. Dort stießen die Forscher auf insgesamt 29 verschiedene Mutationen. Infolge solcher Veränderungen büßt das Pericentrin seine Ordnerfunktion während des Zellzyklus ein. Dieses große, verknäulte Eiweißmolekül findet sich gehäuft an den sogenannten Centrosomen, jenen Strukturen, die bei der Zellteilung für die gleichmäßige Verteilung der Chromosomen an die Tochterzellen sorgen. Störungen in diesem komplizierten Vorgang dürften zu vielen nicht lebensfähigen Zellen führen. Es entstünden Embryonen mit weniger Zellen als üblich, und das Wachstum bliebe auf Dauer beeinträchtigt. Tatsächlich haben die Forscher beobachtet, dass Bindegewebszellen der untersuchten zwergwüchsigen Patienten häufig Anomalien bei der Teilung zeigen. Bei mehr als zwei Drittel der Zellen traten solche Störungen auf. Nachdem jetzt die genetische Ursache für den seltenen, extremen Zwergwuchs enträtselt ist, besteht die Chance, die Diagnose dieser Krankheit zu erleichtern und den mit ihr verbundenen Komplikationen besser vorzubeugen. Zwergwuchs eine eigene Gattung Homo? Lucia Zarate ist nicht die einzige Person aus vergangener Zeit, bei der man mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen Zwergwuchs vom Typ MOPD II schließen kann. Ein weiterer bekannter Kandidat ist Nicolas Ferry, der „Zwerg von Champenay“. Als Seite 35 der Junge im November 1741 im Elsass geboren wurde, soll er nur knapp sieben „Daumen“ - etwa 17 Zentimeter - groß und eineinviertel Pfund schwer gewesen sein. Er erreichte nicht mehr als rund 80 Zentimeter und starb im Alter von 23 Jahren. Die Forscher um Anita Rauch halten es für möglich, dass auch der Homo floresiensis („Mensch von Flores“) ist eine ausgestorbene, kleinwüchsige Art der Gattung Homo) eine Mutation im Pericentrin-Gen aufwies. Um diese Menschen, die vor rund 18.000 Jahren auf der indonesischen Insel Flores gelebt haben, ranken sich viele Spekulationen. Manche sehen in den Skelettfunden den Beweis für die Existenz einer eigenen, kleinwüchsigen Art der Gattung Homo, andere vertreten seit jeher die These, die Fossilien stammten von krankhaft kleinwüchsigen Menschen. Symptome Bei einem Wachstumshormonmangel hat es im Blut zu wenig Wachstumshormon oder das Wachstumshormon wirkt nicht. Das Wachstumshormon hat verschiedene Aufgaben im menschlichen Körper. Im Kindes- und Jugendalter spielt das Wachstumshormon eine wichtige Rolle für das Längenwachstum. Es fördert zudem das Wachstum der inneren Organe und ist beteiligt an der Verknöcherung des Skeletts. Damit diese Wachstumsprozesse möglich sind, hat das Wachstumshormon Einfluss auf den Stoffwechsel und stellt die zum Wachsen notwendige Energie in Form von Zucker im Blut zur Verfügung. Im Erwachsenenalter beeinflusst das Wachstumshormon die körperliche Leistungsfähigkeit und den Zuckerstoffwechsel, den Fettabbau und den Muskelaufbau, die Knochenfestigkeit und den Knorpelhaushalt, die Wundheilung und die Erneuerung von Gewebe, die Gehirnfunktion und das seelische Wohlbefinden. In der Regel führt ein Wachstumshormonmangel vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu Beschwerden, nur selten bei Erwachsenen. Erstes Zeichen eines Wachstumshormonmangels bei Kindern oder Jugendlichen ist meist ein vermindertes Längenwachstum mit Kleinwuchs im Vergleich zu Gleichaltrigen. Besteht der Wachstumshormonmangel bereits bei der Geburt, sind die Kinder bei der Geburt normal groß und entwickeln sich auch in den ersten zwei Lebensjahren genau gleich wie gleichaltrige Kinder. Nach dem zweiten Lebensjahr wird das Grö0enwachstum dieser Kinder aber immer langsamer und weicht deshalb immer mehr von dem Gleichaltriger ab. Zudem können bei betroffenen Kindern und Jugendlichen häufige Unterzuckerungen und vermehrte Fettpolster am Bauch auftreten, da das Wachstumshormon nicht mehr Energie in Form von Zucker im Blut zur Verfügung stellt und das Fettgewebe nicht mehr abbaut. Der Zeitpunkt, an dem die Zähne durchbrechen, kann sich verzögern. Die geistige Entwicklung und die Intelligenz werden bei Kindern und Jugendlichen durch den Wachstumshormonmangel selbst nicht beeinflusst und sind normal. Tritt ein Wachstumshormonmangel bei Erwachsenen auf, zeigt sich dieser vor allem dadurch, dass die Betroffenen leichter unterzuckert sind, die Menge an Fetten im Blut zunimmt, die Fettmasse am Bauch sich vermehrt und die Muskelmasse abnimmt, sodass Erwachsene an einer zunehmenden Schwäche leiden. Zudem geben Betroffene einen Antriebsverlust bis zur Depression an. Insgesamt haben Erwachsene mit einem Wachstumshormonmangel ein deutlich höheres Risiko an einer Arterienverkalkung mit Herzinfarkten oder Schlaganfällen, einer sogenannten Arteriosklerose, oder an einem Verlust der Knochenstabilität mit Knochenbrüchen, Seite 36 einer sogenannten Osteoporose, mit ihren Folgen zu erkranken. Je nach Ursache des Wachstumshormonmangels sind weitere Beschwerden möglich. Tumoren im Bereich des Hypophysenvorderlappens können beispielsweise auf Strukturen in ihrer Umgebung, wie die Sehnerven, drücken und so zu einer Einschränkung des Sehens führen. Kopfschmerzen sind ebenfalls möglich bei Tumoren im Schädel. Zudem kann durch die Veränderung im Hypothalamus oder im Hypophysenvorderlappen nicht nur die Menge an Wachstumshormon im Körper beeinflusst werden, sondern auch die Menge an anderen Hormonen, die im Hypothalamus oder im Hypophysenvorderlappen hergestellt werden. Betroffene leiden dann an zusätzlichen Beschwerden durch die vermehrte oder verminderte Produktion dieser Hormone. Diese Beschwerden durch die Über- oder Unterproduktion anderer Hormone der Hirnanhangsdrüse und des Hypothalamus werden in den entsprechenden Kapiteln der Hirnanhangsdrüse und des Hypothalamus besprochen. Therapie Die Behandlung eines Wachstumshormonmangels hängt von dessen Ursache ab. Es sollte immer versucht werden die Ursache der Erkrankung zu behandeln. So sollten Tumoren der Hirnanhangsdrüse mit einer Operation entfernt oder bestrahlt, Entzündungen im Gehirn oder Schilddrüsenunterfunktionen mit Medikamenten behandelt werden. Aber auch wenn die Ursache des Wachstumshormonmangels erfolgreich bekämpft wird, kann der Schaden im Körper der Betroffenen meist nicht rückgängig gemacht werden, sodass der Wachstumshormonmangel mit seinen Beschwerden bestehen bleibt. Die Beschwerden des Wachstumshormonmangels können aber durch den Ersatz der ausfallenden Hormone bekämpft werden. Betroffene eines Wachstumshormonmangels durch eine Störung im Bereich des Hypothalamus oder des Hypophysenvorderlappens müssen täglich künstlich hergestelltes Wachstumshormon unter die Haut spritzen. Da der Bedarf an Wachstumshormon bei jedem Menschen aber anders ist, müssen Betroffene regelmäßig kontrolliert und die zu spritzende Menge an Wachstumshormon angepasst werden. Liegt die Ursache eines Wachstumshormonmangels darin, dass das Wachstumshormon in der Leber nicht übersetzt wird und deshalb nicht in Knochen und Knorpel wirken kann, müssen Betroffene die Substanz einnehmen, in die die Botschaften des Wachstumshormons von der Leber für Knochen und Knorpel übersetzt wird. Auch hier gilt, dass der Bedarf an dieser Substanz nicht bei jedem Menschen gleich ist und Betroffene deshalb regelmäßig kontrolliert werden müssen. Ein derartiger Ersatz des Wachstumshormons oder der Substanz, in die das Wachstumshormon von der Leber für Knochen und Knorpel übersetzt wird, sollte zumindest bei Kindern und Jugendlichen bis zum Wachstumsabschluss fortgesetzt werden. Ob und wie eine Behandlung mit diesen Substanzen auch nach dem Wachstumsabschluss oder bei Erwachsenen mit Beschwerden durch einen Wachstumshormonmangel durchgeführt werden soll, muss in jedem einzelnen Fall genau mit einem Spezialisten besprochen werden. Wird der Wachstumshormonmangel von einem Mangel oder einem Überschuss Seite 37 eines anderen Hormons begleitet, das im Hypothallmus oder in der Hirnanhangsdrüse hergestellt wird, müssen Betroffene diese Hormone lebenslang einnehmen. Heilerziehungspflegerische tätigkeiten den Hilfebedarf des Menschen mit Behinderung zu ermitteln, die Ressourcen des Menschen mit Behinderung zur Selbstbestimmung und zur Selbsthilfe zu erkennen und zu stärken, die Interessen von Menschen mit Behinderung wahrzunehmen und zu vertreten, Angehörige des Menschen mit Behinderung zu beraten und zu unterstützen, heilerziehungspflegerische Unterstützungsprozesse zu planen, durchzuführen und zu evaluieren, im Team und teamübergreifend mit anderen Fachkräften zusammenzuarbeiten, interdisziplinäre Leistungsangebote zu nutzen und zu koordinieren, die Einhaltung und Weiterentwicklung von Standards im Rahmen der Leitbilder, Einrichtungskonzeptionen und Qualitätsprogrammen zu gewährleisten und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge sozialer Dienstleistungsunternehmen zu berücksichtigen Quelle:: Medizinische Fakultät , Wikipedia ,Universität Zürich, Romberg Berufskolleg, Dortmund