Herausforderung Depression

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Esther Indermaur
Lioba Schober
Anne-Marie Tschamper
Herausforderung
Depression
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Herausforderung Depression
Indermaur/Schober/Tschamp
er, 5.11.15
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5. November 2015
Einige Zahlen
Psychische Störungen sind weit verbreitet und zählen zu den häufigsten und
einschränkensten Krankheiten überhaupt (Schuler&Burla, 2012, S. 3)
Etwa die Hälfte der weltweiten und schweizerischen Bevölkerung leidet im
Laufe des Lebens mindestens einmal an einer psychischen Störung (AjdacicGross&Graf, 2003, WHO, 2006, Obsan, 2008)
Grosse Krankheitslast aufgrund psychischer Störungen: 20.2% der DALYs.
Depression in Europa und CH höchste Krankheitslast, gefolgt von
Demenzen und Alkohol (Wittchen et al., 2011)
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5. November 2015
… und noch ein paar Zahlen
Schätzungen der WHO (2008) aus dem
Jahr 2002 weltweit:
Erweiterte EU-Staaten (Wittchen et al.,
2011):
154 Mio. Menschen mit Depression
61.5 Mio. Menschen mit Angststörungen
25 Mio. mit Schizophrenie
33 Mio. mit Affekt. Störungen, Depressionen
91 Mio. mit Alkoholabhängigkeit
20.4 Mio. mit Somatoformen Störungen
15 Mio. mit Drogenabhängigkeit
5 Mio. mit Psychotischen Störungen
877'000 Suizide pro Jahr
14.6 Mio. mit Alkoholabhängigkeit
1.5 Mio. mit Essstörungen
4.3 Mio. mit Persönlichkeitsstörungen
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5. November 2015
Kostenfaktor Depression
Kosten aufgrund Depression für 2010 in der Schweiz: 11 Milliarden sFr.
(Tomonaga et al., 2013)
Depressionen sind aufgrund der hohen Prävalenz, der Chronizität und der
Invaliditätsfolgen die kostenintensivsten Erkrankungen in Westeuropa
(Gustavson et al., 2011)
Berentungen aufgrund psychischer Erkrankungen massiv zugenommen, am
häufigsten für IV-Renten verantwortlich (Obsan, 2008, Schuler&Burla, 2012).
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5. November 2015
Depression
Erscheinungsformen, Symptome, Ursache, Therapie
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5. November 2015
Unipolare Depression
Zeit
dauerhaft beschwerdefrei
•
durchschnittl. Dauer einer Episode: 4-8 Monate
•
Wiedererkrankungsrate > 50 %
• Durschnittl. 5 Episoden
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5. November 2015
Weitere mögliche Erscheinungsformen
Rezidivierende depressive Episoden (unipolare Depression, Majore
Depression; ICD-10: F 33)
(wenige Monate bis
mehrere Jahre)
Dysthymie („neurotische Depression“; ICD-10: F 34)
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Bipolare affektive Störung
(Manisch Depressive Erkrankung; ICD-10: F 31)
Neben depressiven Phasen treten Zustände
von übermäßiger Aktivität, gehobener
Stimmung und allgemeiner Angetriebenheit,
manchmal auch Gereiztheit auf.
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5. November 2015
Beschwerden
69% der Patienten mit Depression
suchen ihren Hausarzt ausschließlich
aufgrund von körperlichen
Beschwerden im Rahmen der
Depression auf
31%
andere
69%
körperliche
Beschwerden
Kopfschmerz
Erschöpfung
Rückenschmerz
Nackenverspannungen
Abdominelle Beschwerden
Herzklopfen
Beklemmungen in der Brust
Magenbeschwerden
Schwindel
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Simon et al. (1999): Studie an 1146 Patienten
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Symptome einer Depression nach ICD-10
Negative und pessimistische
Zukunftsperspektiven
SVV, Suizidgedanken
Suizidversuche
Schlafstörungen
verminderte Konzentration
und Aufmerksamkeit
Verlust von Interesse
und Freude
Depressive
Stimmung
vermindertes
Selbstwertgefühl
und Selbstvertrauen
Verminderter Antrieb,
erhöhte Ermüdbarkeit
Schuldgefühle und Gefühl
der eigenen Wertlosigkeit
Verminderter Appetit,
Gewichtsverlust
Mindestens 2 Symptome im gelben Kreis über mind. Zwei Wochen und
Zusätzlich mind. 2 Symptome aus dem blauen Rahmen
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Somatisches Syndrom (4 von 8 Symptomen)
Morgentief
Deutlicher Verlust von Freude und Interesse bei
früher angenehmen Aktivitäten
Negative und pessimistische
Zukunftsperspektiven
Mangelnde
Fähigkeit
emotional
zu
reagieren
SVV, Suizidgedanken
Suizidversuche
Früherwachen
verminderte Konzentration
und Aufmerksamkeit
Verlust von Interesse
und Freude
Depressive
Stimmung
vermindertes Selbstwertgefühl
und Selbstvertrauen
Schlafstörungen
Psychomotorische
Hemmung oder
Agitiertheit
Verminderter Antrieb,
erhöhte Ermüdbarkeit
Schuldgefühle und Gefühl der
eigenen Wertlosigkeit
Verminderter Appetit,
Gewichtsverlust
Deutlicher
Libidoverlust
Starker Appetitverlust
Deutlicher Gewichtsverlust > 5%
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5. November 2015
Depression im Alter
• Depressionen im Alter sind sehr verbreitet und nehmen zu. Für 2005 bis
2030 ist eine Zunahme von Altersdepressionen von 70% prognostiziert
(Richter et al., 2008)
• Depression und Demenz, v.a. im Anfangsstadium, sind aufgrund der
ähnlichen Symptomatik oft schwer auseinander zu halten. Es bedarf
einer genauen Abklärung
• Bei Altersdepressionen zeigt sich in der Praxis oft zusätzliches
wahnhaftes Erleben (Verarmungswahn, Beeinflussungswahn, etc.)
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5. November 2015
Entstehung
*Folie aus Präsentation
«Bündnis gegen Depressionen»
Psychosoziale Aspekte
Vulnerabilität
z. B. negative Lebenserfahrungen, Kindheit,
Persönlichkeit
Auslöser
akute Belastungen,
Verluste, Stress,
Übergänge,
Beziehungskrisen
Depressiver
Zustand
depressive Symptomatik im Erleben und
Verhalten
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Neurobiologische Aspekte
genetische Faktoren
(Hinweise durch Zwillingsund Adoptionsstudien)
z. B. Überaktivität der
Stresshormonachse;
Hormonschwankungen
z. B. Dysfunktionen der
Neurotransmitter
Serotonin / Noradrenalin
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5. November 2015
Behandlung der Depression
State of the art:
antidepressive Medikation und Psychotherapie
In der Praxis relevant und grosse Hinweise auf Evidenz: Sport und Aktivität,
Struktur, Unterstützung im Alltag, Milieutherapie
Zusätzlich möglich: Lichttherapie, Schlafentzugstherapie, EKT, diverse
Therapien (Bewegung, Kunst, etc.)
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5. November 2015
Prävalenz von Depression bei …
• Parkinson: 35% (Reijinders et al., 2007)
• Chronischer Schmerz 72-86% (Poole et al., 2004)
• Substanzabhängigkeit (verschiedene Zahlen, zw. 10 und 80%)
• Diabetes II 18-27% (Anderson et al., 2001)
• Krebs (je nach Lokalisation) bis 58% (Massie, 2004)
• Wochenbett 7-14% (Pop et al., 1993)
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5. November 2015
Prävalenz von Depression nach
traumatischer Rückenmarksverletzung
Unterschiedliche Daten:
• 28,9 % wegen Depression behandelt (Dryden, Saunders et al. 2005), wobei
höchstes Risiko bei Betroffenen mit Depression und/oder Substanzmittelabusus in der Vorgeschichte
• Wahrscheinlichkeit für Majore Depression bei 7,9 – 9,9% (Spitzer, Kroenke,
Williams, 1999; Kalpakjian and Albright 2006); wobei berufstätige Betroffene
signifikant geringere Werte
• Nur geringgradig erhöhte Depressionsscores gegenüber Gesunden in einer
EMSCI Studie, hohe Kompetenz in Krisenbewältigung von Betroffenen
nachgewiesen
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5. November 2015
Identitätsmodell nach Petzold
Werte
Materielle Sicherheit
Arbeit und Leistung
Soziales Netzwerk
Leib (Psyche, Körper, Seele)
Identität
Zur Identitätskrise kann es kommen, wenn eine oder mehrere Säulen
„wegbrechen“ oder sich plötzlich stark verändern und die anderen Säulen die
Identität nicht ausreichend stabilisieren können.
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5. November 2015
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Krise I
Normative und situative Krisen:
• Normative Krisen (Stufenmodell Erikson):
Alle Stufen beinhalten spezifische Auseinandersetzungen, die bei jedem
Menschen krisenhaft werden kann. (Fremdeln, Schuleintritt,
Pubertätskrise, Adoleszenzkrise, Midlife-Crisis, Pensionierung, Alterskrise
etc.)
• Situative Krisen (Krankheit, Umzug, Scheidung etc.)
Lebensereignisse, auf die man sich nicht oder nur in geringem Mass
vorbereiten kann
Die Kombination einer normativen und einer situativen Krisen wird oft heftig
erlebt, alles zusammen wird zu viel
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5. November 2015
Krise II
Attribute
Phänomene
•
•
•
•
bedrohlich, negativ, unangenehm,
einengend ( evt. nur noch Suizid als
Lösung sehen)
zeitlich begrenzt (Suizidgedanken,
kommen auf, können auch wieder
‚verschwinden‘)
oft ganzheitliches Geschehen
(Körper, Psyche, mentale
Fähigkeiten…. ), evtl. folgenschwer
•
•
•
körperlich: angespannt, paralysiert,
agitiert, unruhig, erschöpft
geistig: unkonzentriert, vergesslich,
‚durcheinander‘
seelisch: traurig/depressiv,
Selbstzweifel, Ängste, aggressiv,
ungeduldig, gereizt, hoffnungslos
sozial: isoliert, distanziert oder in
grosse Abhängigkeit geraten
Insgesamt: weniger oder nicht leistungsfähig → aus dem Leben gefallen, da die
bisherigen Strategien zur Problembewältigung nicht ausreichen
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5. November 2015
Suizidalität als Ausdruck einer ausweglos
scheinenden Krise
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Risikofaktoren für Suizidalität
-
80% der Menschen, die eine Suizidankündigung machen, unternehmen
einen Suizidversuch (Pöldinger, 1989)
-
Männer öfter als Frauen (BFS, 2013)
-
Alter: >45 Jahre (BFS, 2013)
-
Suizide im Bekanntenkreis
-
Psychiatrische Hospitalisationen
-
Suizidversuche in der Vergangenheit
-
Suchterkrankte Menschen (ca. 60-120 mal höheres Risiko)
-
Schmerzen
-
Chronische Erkrankung mit schlechter Prognose (Cutcliffe & Barker, 2004)
-
…
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Stadien der suizidalen Entwicklung nach
Pöldinger (1963)
1.
Stadium – Erwägung
Suizid wird als mögliche Lösung aller Probleme und Schwierigkeiten in Betracht gezogen
2. Stadium – Ambivalenz
-
Hin- und Hergerissen sein zwischen dem Wunsch zu leben und dem Gefühl, keine
Andere Möglichkeit als den Tod zu haben (Suizidale Einengung)
-
Selbsterhaltende und selbstzerstörerische Kräfte stehen miteinander im Konflikt
-
Häufig direkte Suizidankündigungen
3. Entschluss
-
Betroffene haben für sich eine Lösung gefunden, daher Beruhigung
-
Eher indirekte Suizidankündigung
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5. November 2015
Suizidalität thematisieren
• Niemand wird durch Fragen suizidal!
• Direkt und empathisch Fragen (z.B.: «haben Sie schon einmal an Suizid gedacht?»)
• Falls ja, unbedingt nachfragen! («haben Sie sich Gedanken gemacht, wie Sie es
machen würden?»)
• Nach Plänen/Vorbereitungshandlungen fragen («haben Sie bereits Vorkehrungen
getroffen – z.B. Tabletten gesammelt»)
• Nach aktueller Suizidalität fragen («jetzt, wo Sie hier sind, können Sie sich von
Suizidhandlungen distanzieren? Muss ich mir Sorgen um Sie machen?»)
• Nach Vorschlägen fragen («was müssen wir machen, damit Sie hier sicher sind?»)
• Betroffene erst alleine lassen, wenn diese glaubhaft versichern, dass Ihnen nichts
passiert. Im Zweifelsfall mitnehmen, resp. sich ablösen lassen. Evt. Psychiatrischen
Dienst beiziehen.
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was tun, wenn …
… jemand depressive Symptome zeigt?
… jemand nur noch im Bett liegt?
… jemand kaum Antrieb hat?
… jemand hoffnungslose Äusserungen macht?
… jemand sich nach einer Depression wieder beginnt aufzurappeln?
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Symptome einer Depression nach ICD-10
Negative und pessimistische
Zukunftsperspektiven
SVV, Suizidgedanken
Suizidversuche
Schlafstörungen
verminderte Konzentration
und Aufmerksamkeit
Verlust von Interesse
und Freude
Depressive
Stimmung
vermindertes
Selbstwertgefühl
und Selbstvertrauen
Verminderter Antrieb,
erhöhte Ermüdbarkeit
Schuldgefühle und Gefühl
der eigenen Wertlosigkeit
Verminderter Appetit,
Gewichtsverlust
Mindestens 2 Symptome im gelben Kreis über mind. Zwei Wochen und
zusätzlich mind. 2 Symptome aus dem blauen Rahmen
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5. November 2015
was tun, wenn …
… jemand depressive Symptome zeigt?
… jemand nur noch im Bett liegt?
… jemand kaum Antrieb hat?
… jemand hoffnungslose Äusserungen macht?
… jemand sich nach einer Depression wieder beginnt aufzurappeln?
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5. November 2015
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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