Dokument_1.

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FACHHOCHSCHULE BRAUNSCHWEIG/WOLFENBÜTTEL
Karl-Scharfenberg-Fakultät Salzgitter
Verkehr - Sport - Tourismus - Medien
Fernstudium Vertriebsmanagement
Masterarbeit
Bedeutung der Marktmechanismen
für die Produktpolitik
- Dargestellt am Beispiel der Energiewirtschaft -
vorgelegt von:
eingereicht bei:
Dipl. Geol. Roland Rebers
Prof. Dr. Hans Jürgen Bender
Matr.-Nr. 40734129
Prof. Dr. Ulrich Wicher
Gerdingstr. 12B
30539 Hannover
Hannover, 10. Juni 2009
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Danksagung und Widmung
Meiner Frau Nicola Rebers danke ich für ihr Verständnis und Ihre
Unterstützung, ohne die es mir nicht möglich gewesen wäre, das Studium
und diese abschließende Masterarbeit zu verwirklichen. Meinen Töchtern
Laetitia und Lenja Rebers danke ich dafür, dass sie im Rahmen des
Studiums viele Male auf meine Anwesendheit verzichtet haben.
Diese Masterarbeit ist infolgedessen meiner Frau Nicola Rebers und meinen
Töchtern Laetitia und Lenja Rebers gewidmet.
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite II
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Inhaltsverzeichnis
1
1.1
2
3
4
Einleitung .............................................................................................1
Zielsetzung und Vorgehensweise der Untersuchung ...........................2
Definitionen und Besonderheiten .........................................................4
Historie und Entwicklung der Energiewirtschaft .................................10
Aktuelle Marktmechanismen und Rahmenbedingungen der
Energiewirtschaft................................................................................22
4.2.1 Rahmenbedingungen Marktgebiete Erdgas .......................................23
4.2.2 Preisbildung Erdgas ...........................................................................25
4.2.3 Gasverkaufspreis (reine Energie).......................................................27
4.2.4 Aktuelle Produkt-(Tarif-) Preisdarstellung Erdgas ..............................30
4.2.5 Zusammenfassung Marktmechanismen des Erdgasmarkts...............33
4.3.1 Rahmenbedingungen Übertragungsnetze Strom ...............................34
4.3.2 Energiepreisbildung Strom .................................................................35
4.3.3 Stromverkaufspreis ............................................................................37
4.3.4 Aktuelle Produkt-(Tarif-) Preisdarstellung Strom ................................38
4.3.5 Zusammenfassung Marktmechanismen des Strommarkts.................40
5
Die Produktpolitik das Herz des Marketing.........................................42
5.1
Historie und Entwicklung des Marketing.............................................42
5.2
Der Marketing-Prozess.......................................................................43
5.2.1 Marketing-Mix (operatives Marketing) ................................................47
5.3
Produktpolitik und Planungsprozess ..................................................50
5.3.1 Produktpolitik im engeren Sinne.........................................................51
5.3.2 Programm- und Sortimentspolitik (Verkaufsportfolio) .........................54
5.3.3 Kundendienstpolitik (Dienstleistungen, Service) ................................55
5.3.4 Garantieleistungspolitik (Sicherheit) ...................................................56
5.4
Zusammenfassung Produktpolitik ......................................................56
6
Produktpolitik und Produkte in der Energiewirtschaft .........................58
6.1
Produktpolitiken in der Energiewirtschaft ...........................................59
6.2
Leistungskriterien und Produktnutzen ................................................61
6.3
Aktuelle Produkte der Energiewirtschaft.............................................63
6.3.1 Kaufmotive im privaten HuK-Segment ...............................................64
6.3.2 Kaufmotive im Gewerbekundensegment............................................70
6.3.3 Kaufmotive im Industrie- und Großkundensegment ...........................71
6.4
Ergebnis der Produktpolitik und Produkten in der Energiewirtschaft..75
7
Gesamtzusammenfassung und Ergebnis...........................................76
8
Ausblick..............................................................................................78
Literaturverzeichnis.........................................................................................81
Eidesstattliche Erklärung ................................................................................86
Anhang ...........................................................................................................87
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Erdgasbezugsquellen 2008
Abbildung 2: Entwicklung des rechtlichen Rahmens für das Unbundling
Abbildung 3: Struktur der Stromversorgungsunternehmen in Deutschland
Abbildung 4: Verbundunternehmen in Deutschland
Abbildung 5: Rahmenbedingungen/Marktumfeld für
Energieversorgungsunternehmen
Abbildung 6: 12 Marktgebiete Erdgas im Gaswirtschaftsjahr 2008/2009
Abbildung 7: Entwicklung der Rohölpreise 1960 2008
Abbildung 8. Entwicklung und Korrelation der Öl- und Gaspreise 2007-2008
Abbildung 9: deutsche Regelzonen Strom seit 2004
Abbildung 10: Struktur des Strommarktes
Abbildung 11: Kontrakte im Energie- und Rohstoffhandel
Abbildung 12: Bestandteile und Abhängigkeiten für Verkaufspreise Strom
8
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24
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35
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Abbildung 13: Entwicklung Strom-Forwards
Abbildung 14: Strompreisentwicklung EEX Phelix-Futures 2010
Abbildung 15: Ganzheitlicher Marketing-Prozess
Abbildung 16: Marketing-Mix
Abbildung 17: Wirkung des Marketing-Mix
Abbildung 18: Bereiche der Produktpolitik
Abbildung 19: Planungsprozess der Produktpolitik
Abbildung 20: Produktnutzen
Abbildung 21: Wirkung des Produkts
Abbildung 22: Auswirkungen der Produktpolitik
Abbildung 23: Produktlebenszyklus in fünf Phasen
Abbildung 24: gemeinsame Wirkung von sachlichen und emotionalen
Leistungskriterien
Abbildung 25: verschiedene Dimensionen der Produktleistung
Abbildung 26: Produktbestandteile und Kaufmotive
Abbildung 27: Wertemotiv Image
Abbildung 28: Wertemotiv Marke
Abbildung 29: Imagemotiv Qualität
Abbildung 30: Wertemotiv Nachhaltigkeit
Abbildung 31: Produktinformation TelDaFax
Abbildung 32: Wertemotiv Sicherheit
39
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52
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Abbildung 33: Wertemotiv Verfügbarkeit
Abbildung 34: Produktvariation enercity strom & option
Abbildung 35: Tranchenbeschaffung Strom mit Preisgrenzen
Abbildung 36: Preisfixierung mit Swap „fix gegen variabel“
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Abbildung 37: Risikoprofil bei Kauf einer Call-Option
Abbildung 38: Produktinformation CLEVERGY
Abbildung 39: Produktinformation Greenpeace Energy
Abbildung 40: Information Kundensegmentierung
Abbildung 41: Produkt E.ON Power stretch
Abbildung 42: Beispiel EEX Phelix Baseload Year Future 2010
Abbildung 43: Terminkurven HS Rheinschiene
Abbildung 44: Beispiel einer Erdgas-Preisabsicherung mit HEL-Swap
Abbildung 45: Swap zur Preis- oder Mengenabsicherung
(Temperaturkorrelation)
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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Abkürzungsverzeichnis
ABC
ABC-Analyse
BDEW
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.
BNA
Bundesnetzagentur
CO2
Kohlendioxid
CRM
Customer Relationship Management
DEHOGA
Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.
DVGW
Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V.
EAP
Ersatzenergiepreis
EEX
European Energy Exchange AG
EG
Europäische Gemeinschaft
EVU
Energieversorgungsunternehmen (allgemein)
GABi
Grundmodell
der
Ausgleichsleistungen
und
Bilanzierungsregeln
Gas
Erdgas
GeLi
Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel
GVU
Gasversorgungsunternehmen (speziell)
HEL (HL)
leichtes Heizöl
HSL (HS)
schweres Heizöl
HuK
Haushalt und Kleingewerbe
ICE/IPE
IntercontinentalExchange®(NYSE: ICE)
Öl
Erdöl
OTC
Over-the-Counter (bilateraler Handel)
SVU
Stromversorgungsunternehmen (speziell)
ToP
Take-or-Pay (Abnahmeverpflichtung)
TPA
third patry access (Zugang an Dritte)
TTF
Title Transfer Facility (Gashandelspunkt, Niederlande)
USD
US-Dollar
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
1 Einleitung
Energie und Anwendungen von Strom und Gas haben in der heutigen
Gesellschaft eine herausragende Stellung. Als wesentliche Bestandteile der
modernen, technikorientierten und vernetzten Gesellschaft, sind sie von
zentraler Bedeutung und Notwendigkeit. Der Relevanz für Unternehmen und
für das tägliche Leben in Haushalten, steht dabei das Interesse an den
Produkten Strom und Gas entgegen. Wie viele der Konsumenten kennen
ihren jährlichen Verbrauch, den gesamten Umfang der Leistungen oder auch
ihren monatlichen Rechnungs-/Abschlagsbetrag? Oftmals ist noch nicht
einmal der Lieferant bekannt.
Wichtig ist häufig nur das Bewusstsein über Strom oder Erdgas verfügen zu
können.
Die Besonderheit des immateriellen masse- und volumenlosen, dennoch
omnipräsenten Produkts Strom, ist die technische Homogenität. Als
Endprodukt genormt, bestehen Unterscheide nur in seiner Herstellungsart,
entweder aus konventioneller fossiler Erzeugung der Primärenergien Kohle,
Erdöl und Erdgas oder aus nuklearer Erzeugung oder auch aus
regenerativen Energien.
Förderung und Import von Gas und die Leitungsgebundenheit von Gas und
Strom mit der fehlenden Möglichkeit wirtschaftlicher Lagerung von Strom, der
gleichzeitig erzeugt, übertragen, verteilt und verbraucht werden muss (Unoacto-Prinzip) 1 , sind bedingende Rahmenbedingungen.
Die vollständige, unverzügliche Liberalisierung und Deregulierung des
deutschen Energiemarktes, welche die größten Energiemärkte für Strom und
Gas in Europa sind, stellt ein Jahrhundertereignis für die Branche dar. 2
Dabei wurde der Prozess in Deutschland schneller und umfangreicher
umgesetzt, als in den europäischen Nachbarländern. Aus ehemaligen
Monopolisten Wettbewerber und aus Abnehmern wurden Kunden. 3
Für die Kunden in Deutschland bedeutet dies, dass sie ihre Lieferanten unter
den Energieversorgungsunternehmen (EVU) frei wählen können. Damit rückt
1
2
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 9
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 1
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Seite 1
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
für die Strom- und Gasversorgungsunternehmen (SVU und GVU) mit dem
Marketing eine Disziplin in den Mittelpunkt, die zu Monopolzeiten nur wenig
Aufmerksamkeit
genoss
und
aus
unternehmensintern,
wie
aus
ökonomischen Gesichtspunkten auch nicht zu rechtfertigen war. 4
Die Liberalisierung der Energiemärkte führte aufgrund des Auftretens von
neuen
Playern
und
geänderten
Marktmechanismen
(gesetzlich
und
wirtschaftlich) zu neuen produktpolitischen Maßnahmen mit neuen Marken
sowie Produkten. Doch weder millionenschwere Werbeetats mit Versuchen
den Strom zu emotionalisieren, noch erhebliche Preissenkungen konnten
das
Wechselverhalten
der
Konsumenten
signifikant
erhöhen.
Die
durchschnittliche Wechselquote von rund 4 % im Strommarkt, ist mit den
Wechselqouten in anderen Märkten von immaterieller standardisierter Ware
(Commodity) nicht vergleichbar, da z.T. Kunden-Wechselquoten von über
50 % erreicht werden. 5
Aus diesen Gründen sind die Entwicklung einer erfolgreichen und
strategischen
Produktpolitik
Maßnahmen
im
und
Produktportfolio
die
anschließende
von
zentraler
Umsetzung
Bedeutung
für
der
die
Zukunftssicherung der EVU. Für die Ausgestaltung der Produktpolitik sind
dabei die für den Kunden relevanten Bedürfnisse die bestimmenden
Einflussgrößen. 6
1.1 Zielsetzung und Vorgehensweise der Untersuchung
Ziel dieser Arbeit ist es, die Einflussgrößen und deren Bedeutung auf die
Produktpolitik der Energiemärkte zu definieren.
Nach erfolgter Begriffserklärungen und der Darstellung der Entwicklung des
deutschen Energiemarktes mit den dazu gehörigen „Produkten“, werden die
derzeitigen
Marktmechanismen
und
bedingenden
Faktoren
einer
erfolgreichen Produktpolitik erläutert. Dazu werden aus historischen und
aktuellen Rahmenbedingungen und Marktmechanismen die Bedeutung der
Produktpolitik
und
deren
Umsetzungen
in
aktuellen
Produkten
der
3
vgl. Dijk van, M. (2000), S. 32
vgl. Laker, M. (2001), S.101
5
vgl. Dijk van, M. (2000), S. 32; Meffert, H., Burmann, C. (2002), S. 172
6
vgl. Latkovic, K. (2000), S. 237
4
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Energiewirtschaft abgeleitet. Anhand von aktuellen Produkten sind die
entscheidenden Kaufmotive eines Produkts für die jeweilige Kundengruppe
verdeutlicht. Abschließend werden die bedingenden Einflussgrößen für eine
erfolgreiche
Produktpolitik
und
die
resultierenden
Produktergebnisse
zusammengefasst und bewertet.
Im Ausblick sind die Möglichkeiten für neue Produkte und Anwendungen bei
einer
Fortentwicklung
der
Energiemärkte
unter
ordnungspolitischen
Rahmenbedingungen Veränderungen beschrieben. Aus den aktuellen
Produkten werden die Determinanten für zukünftige Produktpolitiken wie
auch Produktentwicklungen vorgestellt.
Als Energiemärkte werden hier die Märkte für Elektrizität (Strom) und Gas
(Erdgas) verstanden und in ihren Abhängigkeiten dargestellt. Die Märkte für
Wasser (Trink- und Abwasser) und Wärme (Nah- und Fernwärme) werden
nicht beschrieben.
Der Autor ist langjähriger Mitarbeiter eines integrierten Energie- und
Wasserversorgungsunternehmens (Strom, Erdgas, Wärme, Wasser) und
stellt neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Literatur und Studien,
auch
seine
Erfahrungen
in
Vertrieb
und
Marketing
sowie
der
Energiebeschaffung dar.
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
2 Definitionen und Besonderheiten
Das folgende Kapitel dient der grundlegenden Darstellung der verwendeten
Begriffe und der Erklärung der weiteren Verwendung sowie der Erläuterung
von spezifischen Besonderheiten energiewirtschaftlicher Begriffe.
Marketing
„Gesellschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Prozess zur Befriedigung der
Bedürfnisse von Individuen und Gruppen, indem Produkte oder Ware
geschaffen und untereinander ausgetauscht werden. Ausgangspunkt ist die
Entwicklung von Marketing-Strategien, welche dann mit den Instrumenten
des Marketing-Mix umgesetzt werden.“ 7
Markting-Mix
Der Marketing-Mix beschreibt die Gesamtheit der steuerbaren, taktischen
Werkzeuge aus den Bereichen Produkt, Preis, Distribution (Platzierung) und
Kommunikation (Promotion), die ein Unternehmen einsetzt, um bei den
Zielkunden eine bestimmte und erwünschte Reaktion hervorzurufen. 8
oder
„Unter Marketing-Mix versteht man die von einem Unternehmen zu einem
bestimmten Zeitpunkt eingesetzte Kombination von marketingpolitischen
Instrumenten.“ 9
Produktpolitik
„Unter
Produktpolitik
versteht
man
alle
mit
dem
Produkt
zusammenhängenden Maßnahmen, um für das Produkt bei den Käufern
eine bessere Beurteilung zu erreichen. Im Einzelnen zählen dazu die
Produktgestaltung,
Produktqualität,
Markenpolitik,
Produktlinienpolitik,
Verpackung, Namenspolitik, Kundendienst und Garantieleistungspolitik.“ 10
oder
7
Kotler, P.; et al. (2007), S. 1088
vgl. Kotler, P., et al. (2007), S. 1089
9
Weis, H. C. (2007), S. 83
10
Weis, H. C. (2007), S. 82
8
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Die Produktpolitik umfasst alle Aktivitäten eines Unternehmens, die auf die
art- und mengenmäßige Gestaltung einzelner Produkte oder des gesamten
Absatzprogramms
inklusive
der
mit
den
Produkten
angebotenen
Zusatzleistungen ausgerichtet sind. 11
Absatz-/Produktportfolio
Das Absatz- oder Produktportfolio umfasst die Gesamtheit der Leistungen
und Produkte eines Unternehmens in den jeweiligen Märkten.
Produkt allgemein
„Das Produkt beinhaltet die Gesamtheit aus Gütern und Dienstleistungen, die
ein Unternehmen auf dem Zielmarkt anbietet.“ 12
auch
„Als Produkt wird alles bezeichnet, was auf einem Markt angeboten werden
kann, um ein Bedürfnis oder Wünsche zu befriedigen. Alles, was geeignet ist,
ein Bedürfnis zu befriedigen, kann als Produkt bezeichnet werden.“ 13
oder
„Ein Produkt kann als eine Leistung eines Anbieters gesehen werden, die er
erbringt, um die Bedürfnisse und Wünsche der Abnehmer zu befriedigen.
Diese
Leistungen
bestehen
aus
der
Summe
aller
physikalischen,
chemischen und technischen Elemente eines Produktes und ihrem
subjektiven Wert, den Abnehmer ihnen bemessen.“ 14
Produkt Energiewirtschaft (speziell)
Als Produkt in der Energiewirtschaft wird in dieser Arbeit eine vertraglich
vereinbarte Energielieferung zur Befriedigung des Bedürfnisses nach Energie
(Commodity Strom oder Erdgas) und weiteren Produktbestandteilen
verstanden.
Die
Bestandteile
eines
Produkts
spiegeln
dabei
die
verschiedenen Motive wider, die zur Befriedigung der individuellen
Käuferbedürfnisse
Produktbestandteilen
führen.
um
Es
handelt
Kaufmotive,
mit
sich
denen
somit
bei
Kunden
den
gezielt
angesprochen werden. Die Kunden und Vertragspartner sind dabei sowohl
11
Maranghino-Singer, B. (2004), S. 15
Kotler, P.; et al. (2007), S. 121
13
Kotler, P.; et al. (2007), S. 32
12
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Energieversorgungsunternehmen
und
deren
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Endkunden,
als
auch
Produzenten, Importeure und Großhändler mit Kunden aus Stadtwerken,
Industrie und Gewerbe.
Energieversorgungsunternehmen
Bei Energieversorgungsunternehmen (EVU) handelt es sich im Allgemeinen,
um Unternehmen oder kommunale Eigenbetriebe und Händler, die
Endkunden mit Energie (Strom, Gas) beliefern.
Im Falle der ausschließlichen Elektrizitäts-(Strom-) oder Gaslieferung wird im
Speziellen
zwischen
Stromversorgungsunternehmen
(SVU)
und
Gasversorgungsunternehmen (GVU) unterschieden.
Marktsegmente (-bereiche)
HuK-Segment
Das Haushalts- und Kleingewerbesegment (HuK) umfasst den gesamten
privaten Verbraucherbereich sowie kleinere gewerbliche Verbraucher für die
eine Leistungsmessung nicht vorgeschrieben ist 15 (Strom < 100.000 kWh/a;
Gas < 1,5 Mio kWh/a).
Gewerbesegment
Unter Gewerbekunden werden leistungsgemessene Kunden mit einem
Jahresverbrauch über 100.000 kWh Strom oder über 1,5 Mio kWh Gas bis zu
einigen Mio kWh verstanden. Zu diesen Verbrauchern gehören Unternehmen
des produzierenden Gewerbes, des Handels, der Wohnungswirtschaft und
des Dienstleistungsbereichs.
Industrie- und Großkundensegment
Das Segment der Industrie- und Großkunden bilden neben industriellen
Verbrauchen
und
kommunalen
Unternehmen
sowie
Eigenbetrieben
(Stadtwerke) auch öffentliche Auftraggeber (Bundesbahn, Bundeswehr u.a.).
Der Jahresenergieverbrauch beträgt einige Mio kWh bis zu einigen Mrd.
kWh.
14
Weis, H. C. (2007), S. 230
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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Commodity
Unter dem Begriff „Commodities“ werden handelsseitig Rohstoffe und Waren
zusammengefasst (hier Strom, Öl, Gas).
Besonderheiten des Produkts Strom 16
Das Produkt Strom weist gegen über anderen Produkten ungewöhnliche
wettbewerbsrelevante Charakteristika auf, durch die es sich unterscheidet:
•
Homogenität: Strom wird häufig als homogenes Gut bezeichnet, das
genormt stets von gleich bleibender Qualität sich weder durch Form,
Farbe,
Geruch
noch
Geschmack
unterscheiden
lässt.
Die
Versorgungsqualität in Deutschland ist im Vergleich zu anderen
Ländern auch nahezu stetig.
•
Leitungsgebundenheit
der
Distribution:
Der
physische
Distributionsweg ist mit der Voraussetzung einer Verbindung zwischen
Erzeugung und Kunde durch ein Leitungsnetz vorgegeben.
•
Nicht-Lagerbarkeit: Produktion und Verbrauch erfolgen simultan, so
dass die benötigte Menge im Moment der Nachfrage erzeugt und zur
Verfügung gestellt wird (Uno-acto-Prinzip).
•
Mittelbare Nutzenstiftung: Der Konsument/Verbraucher ist nicht am
Energieträger Strom als solches interessiert, sondern an dem Nutzen,
der durch den Einsatz des Stroms entsteht (z.B. Bewegung, Licht,
Wärme)
•
Kundenintegration: Der Konsument ist immer unmittelbar in die
Leistungserstellung integriert, da über den Zeitpunkt und den Einsatz
des Energieträgers befindet.
•
Dienstleistung:
Die
Stromversorgung
mit
der
Abwicklung
der
Beschaffung, über das Bilanzkreis- und Netznutzungsmanagement,
bis zur Abrechnung ist eine Dienstleistung. Die Energie selbst ist eine
Ware (ein Gut).
•
Vertrauensgut: Die Herkunft des Stroms, d.h. seine Erzeugung sowie
die Sicherheit mit den technischen Leistungselementen sind durch
15
16
vgl. StromGVV und GasGVV
vgl. Peuser, M.-M. (2008), S. 20, 21
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
den Kunden nicht zu bewerten, so dass der Kunde auf die
Stromleistung vertraut.
•
High- und Low-interest Produkt: Für Industrie- und Großkunden stellt
das Produkt Strom aufgrund der hohen Kostenrelevanz ein highinterest Produkt dar. Im Bereich der privaten HuK-Kunden ist das
Vorhandensein und die stetige Verfügbarkeit oft selbstverständlich, so
dass es sich um ein low-interest Produkt handelt.
Besonderheiten des Produkts Gas
Die
Beschaffenheit
von
Erdgas
als
Naturprodukt
ist
von
höchst
unterschiedlicher Qualität, da die geologischen Verhältnisse mit der Herkunft
der Gase differieren. Zum Beispiel ist Erdgas aus Russland unter anderen
Druck- und Temperatur Bedingungen migriert und früher entstanden, als
deutsches oder niederländisches Erdgas. Um diese Qualitätsunterschiede
einzugrenzen ist nach dem DVGW-Regelwerk G 260 Erdgas in zwei Klassen
eingeteilt H- und L-Gas). L-Gase haben einen vergleichweise geringeren
Anteil an höheren Kohlenwasserstoffen, was zu niedrigeren Brennwerten
(Energiegehalten) und Wobbe-Indizes 17 führt. Der Brennwert von L-Gasen
beträgt ca. 10,0 kWh/Kubikmeter, der von H-Gasen schwankt je nach
Herkunft zwischen 11,0 und ca. 12,3 kWh/Kubikmeter. L-Gase werden in
Deutschland und in den Niederlanden mit Nordsee gefördert; H-Gase
kommen aus Russland, Algerien sowie von den britischen, dänischen und
norwegischen Feldern der Nordsee. Der Erdgasbedarf Deutschlands wurde
1990 zu etwa 25% aus heimischen Quellen (L-Gas) gedeckt und nimmt
seither stetig auf derzeit etwa 14% ab (siehe Abb. 1).
Abbildung 1: Erdgasbezugsquellen 2008 18
17
Wobbe-Index: Maß für Energielieferung, die ein Brenner bei Verbrennung von Erdgas
freisetzt.
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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Aufgrund der chemischen Unterschiede und verschiedenen Anteilen an
Kohlenwasserstoffen (höherer Methangehalt bei H-Gas), ist Erdgas innerhalb
der zwei Beschaffenheitsklassen ein homogenes Produkt.
Der Erdgasbedarf Deutschlands wurde 1990 zu etwa 25% aus heimischen
Quellen (L-Gas) gedeckt und nimmt seither stetig auf derzeit etwa 18% ab.
Für das Produkt Gas gelten die gleichen Besonderheiten wie für Strom mit
folgenden Unterschieden:
•
Homogenität: Es existieren in Deutschland zwei verschiedene
Gasqualitäten (H- und L-Gas)
•
Verfügbarkeit: L-Gas wird in den Marktgebieten (RWE-L, EGT-L,
Aequamus) im Norden und Nordwesten Deutschlands vertrieben. HGas wird in den übrigen Marktgebieten im Süden, Westen, Osten und
hohen Norden Deutschlands vertrieben (siehe Kapitel 4.2.1, Abb. 6).
•
Speicherbarkeit: Im Unterschied zum Strom wird Erdgas in ober- oder
unterirdischen Speichern gelagert, um die tages- und jahreszeitlichen
Bedarfsschwankungen (Temperatur) auszugleichen.
18
BDEW, 21.05.2009
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
3 Historie und Entwicklung der Energiewirtschaft
Die Liberalisierung der Energiemärkte mit den gravierenden Veränderungen,
stellt in der Entwicklung das einschneidende Ereignis dar. Jedoch beruhen
einige Rahmenbedingungen und Funktionsweisen der Märkte noch auf den
etablierten
Mechanismen.
Neben
der
historischen
Entwicklung
der
Rahmenbedingungen sind in diesem Kapitel die Wirkungsweisen und
Ansatzpunkte der Deregulierung der Energiemärkte beschrieben.
3.1
Rechtliche Rahmenbedingungen
In Deutschland besteht der Grundsatz der freien wirtschaftlichen Betätigung,
der unter dem Schutz des durch Art 12 GG garantierten Grundrechts der
Berufs- und Gewerbefreiheit steht. Diese Grundrechtlich geschützte Freiheit
der gewerblichen Betätigung bedeutet, dass sich jedes Unternehmen an der
Gas- und Elektrizitätsversorgung beteiligen und hierfür notwendige Anlagen
errichten
und
betreiben
kann.
Nach
Art.
12
GG
gilt
die
Grundrechtsgewährleistung für alle deutschen und für alle inländischen
juristischen Personen. Gemäß § 1 GewO gilt die Gewerbefreiheit
grundsätzlich auch für Ausländer.
Für die Unternehmen der Elektrizitäts-- und Gaswirtschaft ist zusätzlich das
Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) zu beachten. Nach § 5 EnWG bedürfen
Energieversorgungsunternehmen, ein Verorgungsnetz betreiben und die
Versorgung mit Strom und/oder Gas aufnehmen wollen einer Genehmigung
der Energieaufsichtsbehörde (seit 13.07.2005 ist für die Belieferung lediglich
die Anzeige notwendig). 19
Die Deregulierung des Strom- und Gasmarktes zur nationalen Umsetzung
der EU-Richtlinie stellte 1998 einen neuartigen wirtschaftlichen Vorgang dar,
bei dem eine durch Monopole geprägte Marktstruktur in eine durch
Wettbewerb gekennzeichnete überführt werden sollte.
Bis 1998 existierten in Deutschland etwa 900 regionale Gebietsmonopole mit
abgegrenzten
Versorgungsgebieten,
Energieversorgungsunternehmen
19
(EVU)
in
Strom
denen
und
Erdgas
die
an
ihre
vgl. Bauer J. F. et al. (1990), S 51
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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Abnehmer verteilten. Der Gebietsschutz wurde durch zwei verschiedene
Arten
von
Verträgen
erreicht.
Zum
ersten
handelte
es
sich
um
Demarkationsverträge, die unter Kartellaufsicht zwischen einzelnen EVU
geschlossen wurden und den gegenseitigen
Wettbewerb im eigenen
Versorgungsgebiet untersagten. Da Demarkationsverträge (ehem. § 103
Abs. 1 Nr. GWB) nur inter partes gelten, hindern diese einen Dritten nicht
daran eine Leitung zur Versorgung zu bauen (z.B. Wingas zur BASF). Die
Möglichkeit des Abschlusses von Demarkationsverträgen ist durch die 5.
GWB-Novelle 1999 stark eingeschränkt worden. 20
Zum
zweiten
wurden
und
werden
Konzessionsverträge
zwischen
Versorgungsunternehmen und Gebietskörperschaften geschlossen. Die
Gebietskörperschaft
verpflichtet
sich
dabei
ausschließlich
einem
Unternehmen die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur Versorgung
der Letztverbraucher zu gestatten. Für das Recht der Errichtung und des
Betriebes der Leitungen erhalten die Gebietkörperschaften von den
Versorgungsunternehmen
ein
Nutzungsentgelt
welches
in
der
Konzessionsabgabenverordnung (KAV) festgeschrieben ist und sich nach
der Einwohnerzahl und der Vertragsart richtet 21 .
Der Gebietsschutz erlischt mit dem Auslaufen des jeweiligen Konzessionsoder Demarkationsvertrages.
Die Kernaufgaben der EVU lagen sowohl in der Energieerzeugung, deren
Fortleitung und Betrieb des Versorgungsnetzes, als auch in der physischen
Bereitstellung
von
Elektrizität,
Erdgas,
Wärme,
Wasser
und
deren
Abrechnung an die Abnehmer. Energieerzeugung, Übertragung und die
Verteilung lagen somit in der Hand des jeweiligen Monopolisten. In
Abhängigkeit von der Ausdehnung der Versorgungsgebiete und Art der
betriebenen
Netze
wurden
die
EVU
in
Verbundunternehmen
und
Ferngasgesellschaften (z.B. RWE und Wingas), regionale Strom- und
Gasversorger (z.B. E.ON-Avacon) und kommunale EVU (Stadtwerke
Hannover
oder
Stadtwerke
Wolfenbüttel)
unterschieden. 22
Weitere
ökonomische Koordinierungszwänge und Abhängigkeiten kleinerer EVU
20
vgl. Bauer J. F. (1990), S. 58, 59
vgl. Konzessionsabgabenverordnung (KAV)
22
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 5-9
21
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Seite 11
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
entstanden, neben der vertraglichen Gebundenheit an die Vorversorger, über
Beteiligungen und Betreibergesellschaften von Gemeinschaftskraftwerkem
(z.B. Kraftwerk Mehrum E.ON, Stadtwerke Hannover, Braunschweiger
Versorgungs-AG). 23
Der Staat sicherte im regulierten Markt die flächendeckende und
dikriminierungsfreie Bereitstellung von knappen Gütern und Infrastruktur (wie
z.B. Wasser, Gas, Strom und Straßenverkehr). Die hoheitliche Aufgabe im
regulierten Strommarkt bestand in der Anschlusspflicht privater Verbraucher
an die Stromnetzinfrastruktur zu solidarisierten Konditionen. Die EVU waren
zur
Stromversorgung
Bundestarifordnung
24
der
privaten
Verbraucher
durch
die
in
der
formulierte Versorgungspflicht aller Abnehmer nach
verbindlichen Standards verpflichtet (Anschluss- und Versorgungspflicht). Die
Sicherung des Qualitätsstandards mit stetigen technischen Optimierungen
führte zu einer hohen Lieferstabilität, so dass im internationalen Vergleich
Stromausfälle und Störungen in Deutschland seltener festzustellen sind. 25
Andererseits bestand für den Abnehmer eine gesetzliche Abnahmepflicht für
Strom und Gas beim assoziierten Versorger, der die ausschließliche
Konzession
zur
Belieferung
erhalten
hat.
Durch
diesen
gesetzlich
gesicherten Abnahmezwang bei einem Anbieter waren die Entwicklung von
differenzierten Produkten und weitere Marketingaktivitäten von geringer
Bedeutung. Der gesicherte Absatz führte zu einer geringen Kenntnis über die
jeweilige Zielklientel von privaten Haushalten bis zu industriellen Abnehmern.
Die Situation, dass sich der Abnehmer nur einem Versorger gegenüber sah
war vom Gesetzgeber gewollt, da man durch den Wettbewerb der
Stromversorger untereinander volkswirtschaftliche Nachteile vermutete.
Vielmehr
sollten
die
monopolistischen
Strukturen
den
Versorgern
Planungssicherheit bei Investitionen geben und parallelen Leitungsbau
verhindern. Im Gegenzug mussten sich die Versorger der staatlichen
Prüfaufsicht unterziehen und ihre Allgemeinen Tarife zur Stromversorgung
auf
kostenbasierter
Angemessenheit
genehmigen
lassen.
In
23
vgl. Zenke, I. et al. (2005), S. 10
vgl. BTOEltV
25
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 7
24
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Seite 12
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Tarifpreisvergleichen mit den benachbarten Versorgern wurde regelmäßig
der „Als-Ob-Wettbewerb“ simuliert. 26
3.2
Basiselemente der Liberalisierung
Die Liberalisierung der Strom- und Erdgasmärkte basiert auf den folgenden
drei sich bedingenden Elementen/Prinzipien: 27
Diskriminierungsfreiheit
Mit dem Abschaffen der exklusiven Rechte der Monopolisten durch
Demarkationsverträge
und
durch
die
Erlaubnis
zum
Aufbau
neuer
Produktionsstätten, Leitungen, Verbindungen wird jedem dasselbe Recht
eingeräumt.
Unbundling (Entflechtung)
Beim Unbundling werden die verflochtenen Energieversorgungsunternehmen
in
Funktionsbereiche
der
Produktion/Erzeugung/Beschaffung,
der
Netze/Infrastruktur und des Vertriebes aufgeteilt. Durch das Unbundling oder
die Trennung der ehemals integrierten Unternehmensfunktionen wird die
Diskriminierungsfreiheit
und
Gleichbehandlung
Aller
unterstützt.
Der
Monopolbereich Netz wird von den Wettbewerbsbereichen getrennt. Durch
diese Trennung werden interne (Quer-)Subventionen und diskriminierende
Kommunikation vermieden. Seit 01.07.2007 sind somit alle ehemals
integrierten Energieversorgungsunternehmen mit mehr als 100.000 Kunden
verpflichtet, die Betriebsführung der Netze in einer selbstständigen
Netzgesellschaft zu überlassen (siehe Abb. 2). Damit werden alle
Entscheidungen über Betrieb, Wartung und Ausbau des Netzes vom
Netzbetreiber getroffen und alle Nutzer gleichbehandelt. Diese Funktionen
sind von Gleichbehandlungsbeauftragten zu überwachen und regelmäßig
einem Regulator zu berichten.
Die
Versorgungspflicht,
somit
die
Sicherstellung
der
Strom-
und
Gasversorgung durch den Grundversorger und die Störungsbeseitigung
durch den Netzbetreiber bleiben erhalten, auch wenn ein Kunde seinen
Strom oder auch sein Gas von einem anderen Lieferanten bezieht.
26
vgl. Zenke, I. et al. (2005), S. 11
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Seite 13
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
TPA Prinzip
Das Konzept des TPA (third party access) beschreibt die kommerzielle
Transaktion bei der die Eigentümer der Transportsysteme (Pipelines, Kabel)
zustimmen oder verpflichtet sind, für einen Dritten dessen Gas oder Strom
für ein Entgelt zu transportieren und weitere Servicedienstleistungen vor
zuhalten. 28
Abbildung 2: Entwicklung des rechtlichen Rahmens für das Unbundling 29
3.3
Historische Entwicklung der Gaswirtschaft
In der Einheitlichen Akte vom 28.02.1986 haben sich die EG-Mitgliedsstaaten
verpflichtet, bis zum 31.12.1992 den gemeinsamen Markt durch die
Aufhebung nationaler Schranken zu verwirklichen. 30 Die Produktion von
Erdgas jedoch wird im Gegensatz zum Strom von wenigen Unternehmen
durchgeführt da folgende gesetzliche Regelungen gelten: „Die Aufsuchung
von Erdgas bedarf einer Erlaubnis und die Gewinnung einer Bewilligung. 31
Zuständig sind die Länder. 32 Die Erlaubnis gibt dem Inhaber das
ausschließliche Recht, in einem bestimmten Feld Erdgas aufzusuchen und
27
vgl. Stern J. P. (1992), S. 57
vgl. Stern J. P. (1992), S. 21
29
PA Knowledge
30
vgl. Bauer J. F. et al. (1990), S. 9
31
§ 6 BBergG
32
§ 142 BBergG
28
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Seite 14
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
die dazu erforderlichen Maßnahmen durchzuführen. 33 Die Bewilligung
gewährt ein ausschließliches Recht zur Gewinnung von Erdgas. 34 “ 35
Das bestehende Versorgungssystem mit einer integrierten Großhandels- und
Ferntransportstufe
bildet
seit
jeher
die
Grundvoraussetzung
der
Gasversorgung in Westeuropa. Dabei verhandeln in der internationalen
Gasbeschaffung z.T. mehrere Ferngasgesellschaften als Einkaufskonsortien
mit den Produzenten die wiederum auch selbst Betreiber von Fernleitungen
sein können. In Deutschland bestehen sowohl für den Kauf von inländischem
Erdgas, als auch dem Import von Erdgas keine Beschränkungen. Jedoch
sind die Importe, besonders bei längerfristigen Verträgen, anzuzeigen.
Grundsätzlich
kann
in
der
Bundesrepublik
Deutschland
jedermann
Gastransportleitungen und Erdgasspeicher errichten und betreiben. 36
Die
großen westeuropäischen Ferngashändler als Gashändler und Netzbetreiber
haben so ein Kräftegleichgewicht zu den Produzenten auf dem Markt
geschaffen. Jede der Ferngasgesellschaften erfüllte die Funktionen des
Transports,
des
Belastungsausgleichs,
Fristentransformation
Gasbeschaffenheit.
ermöglichten
der
Mengenbündelung,
und
der
Sicherung
Größe
und
Heterogenität
den
Produzenten
der
langfristige
gleich
des
der
bleibenden
Kundenstammes
Verträge
mit
festen
Abnahmeverpflichtungen (Take-or-Pay) über große Mengen anzubieten, um
Marktrisiken abzugeben. Ein hoher Grad der Versorgungssicherheit wurde
durch
Diversifikation
Ferngasgesellschaften
der
Bezugsquellen,
und
durch
die
Zusammenarbeit
unter
Vernetzung
des
Gasversorgungssystems erreicht. 37
Die Gasversorgung begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der Versorgung
mit Stadtgas, welches heute noch an stillgelegten Gasometern in einzelnen
Städten sichtbar ist.
Mit der Entdeckung des Gasfeldes in Groningen,
Niederlande 1959 begann die Phase des stärksten Wachstums in
Deutschland und Zentraleuropa. Diese Entwicklung und der zunehmende
Import Deutschlands wurde mit den britischen Erdgasfunden in der Nordsee
ab etwa 1965 und der sowjetischen Funde wenige Jahre später verstärkt. Die
33
§ 7 Abs. 1 BBergG,
§ 8 Abs. 1 BBergG
35
Bauer J. F. et al. (1990), S. 20
36
vgl. Bauer J. F. (1990), S. 33-46
37
vgl. Bolle, F. (1990), S. 5-6
34
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 15
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
starke
Position
der
Produzenten
in
Juni 2009
der
starken
Wachtumsphase
bezeichneten die langfristigen Verträge mit starren Bedingungen oder anders
100% Take-or-Pay (ToP). Der wesentliche Inhalt von ToP-Verträgen ist
neben einer maximalen Lieferverpflichtung des Anbieters und eine
Verpflichtung des Nachfragers zu einer Bezahlung für eine bestimmte
Menge, gleichgültig ob er diese Menge in Anspruch nimmt oder nicht. Hinzu
kommen Preisänderungs- und Wiederverhandlungsklauseln wegen der
Langfristigkeit der Verträge. Langfristige ToP-Verträge werden in der
Gaswirtschaft benutzt, um zukünftige Transaktionskosten zu reduzieren
(Verhandlung, Kündigung, Absicherung) 38
In
dieser
frühen
westeuropäischen
Entwicklungsphase
Gaswirtschaft
handelte
bzw.
es
sich
Marktsituation
somit
um
der
einen
Verkäufermarkt. 39 Mit dem starken Wachstum des Erdgasmarktes, auch im
Haushalts- und Kleinverbrauchersektor (HuK) durch die Erschließung
weiterer
Vorkommen
schwächte
sich
die
Verhandlungsmacht
der
Produzenten ab und die Angebote wurden kurzfristiger und flexibler mit
Preisformeln auf Basis der jeweiligen Konkurrenzenergie in den nationalen
Absatzmärkten. 40 Somit stellt diese Phase den Beginn der bis heute
andauernden Bindung des Gaspreises an die Konkurrenzenergie Öl (Heizöl)
und des wachsenden Marktanteils des Energieverbrauchs im HuK-Bereich
(rund drei Viertel) dar. In der Endverteilung (HuK-Märkte) war die
Preisbildung selten wettbewerbsorientiert, sondern teilweise von Eingriffen
der Preisbehörden unterworfen. Erhebliche abnehmer(gruppen)spezifische
Preisunterschiede und der Wandel in Richtung eines Käufermarktes waren
nicht festzustellen.
3.4
Veränderungen der Marktbedingungen durch die Liberalisierung
des Gasmarktes
Mit der am 11.08.1998 in Kraft getretenen Gasbinnenmarkt-Richtlinie 41
wurde ein Prozess begonnen, an dessen Ende ein funktionierender
einheitlicher europäischer Gasbinnenmarkt stehen soll. Bis zur vollständigen
Liberalisierung des deutschen Erdgasmarktes 2003 erfolgte die Preisbildung
38
vgl. Rügge, P. (1995), S. 41, 142
vgl.Stern J. P. (1992), S. 2-3, 6
40
vgl. Bolle, F. (1990), S. 41
39
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 16
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
ausschließlich nach dem Prinzip der Anlegbarkeit und orientierte sich
wertbasiert an der Zahlungsbereitschaft der jeweiligen Verbrauchergruppe.
Dieses
Anlegbarkeitsprinzip
verkörpert
in
der
Konsequenz
ein
Preisbildungssystem, bei dem der Gewinn der Anbieter dadurch gesteigert
wird, dass entsprechend der Nachfrageelastizität der Preis differenziert wird.
Dies
führt
zu
einer
Abschöpfung
der
Konsumentenrente
und
zur
Wohlfahrtsumverteilung von den Nachfragern bin zu den Anbietern. 42
Die von den jeweiligen Versorgungsunternehmen kalkulierten Preise wurden
im HuK-Bereich bis zum in Kraft treten der Grundversorgungsverordnung
(GVV) 2005 in gruppenspezifischen Tarifen veröffentlicht, die von der
Aufsichtsbehörde genehmigt wurden. Im Sonderkunden-Bereich (mittlere und
größere Industriekunden) wurden und werden an Substitutionsenergieträger
angelegte und individuell ausgehandelte Preise vereinbart, die nicht
veröffentlicht werden.
In den Erdgasbezugsverträgen der Energieversorgungsunternehmen, die
historisch Laufzeiten von bis zu 20 Jahren vorsahen, entwickelten sich in
Deutschland
wertorientierte
(angelegte)
additive
und
multiplikative
Preisgleitklauseln. Damit wurde und wird die festgelegte Relation des für das
Erdgas vereinbarten Warenwerts zu seinen Substitutionsgütern (meist Öl)
auf der Zeitachse fortgeschrieben. Der zu einem Zeitpunkt vereinbarte
angelegte Preis mit der zugehörigen Relation und der Funktion für die
Preisentwicklung ist damit für die gesamte Vertragslaufzeit bestimmbar.
Kosten- und zeitintensive Nachverhandlungen sind bei dieser automatischen
garantierten,
an
die
Wertentwicklung
des
Substituts
angelegte
Preisanpassungsformel nicht nötig. Die Preisbildung auf den Großhandelsund Beschaffungsmärkten erfolgte neben dem wertorientierten Ansatz auch
kostenbasiert, als sogenannte net back Rechnung bis zum Endkunden. 43
Auch damals schon mahnte die EG-Kommission, dass eine Preisbindung
des Erdgases an das Erdöl nicht mehr gerechtfertigt sei und der Preis sich im
Wettbewerb anhand von Angebot und Nachfrage bilden solle. 44
41
Richtlinie 98/30/EG vom 22.06.1998, S. 1 ff.
vgl. Däuper, O. (2003), S. 273
43
vgl. Däuper, O. (2003), S. 4-6
44
vgl. Däuper, O. (2003), S. 3; EG-Kommission, Grünbuch (2000), S. 54
42
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 17
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Bis zur Liberalisierung des Erdgasmarktes 1998 bestanden im Gegensatz zu
anderen europäischen Ländern auf der Großhandels- und Transportstufe
keine
gesetzlichen
Monopole.
Das
GWB
jedoch
gibt
in
seinem
Ausnahmebereich die Möglichkeit, dass die Versorgungsunternehmen
untereinander
vertraglich
ihre
Versorgungsgebiete
gegeneinander
abgrenzen. Diese Demarkation ließ jedoch auch Konkurrenz durch fremde,
neue Unternehmen durch die Möglichkeit des freien Leitungsbaus (z.B. durch
Wingas) zu. 45
3.5
Veränderungen der Marktbedingungen durch die Liberalisierung
des Strommarktes
Die sofortige und vollständige Aufhebung des Monopols mit der Umsetzung
der EU-Richtlinie in Deutschland 1998 führte zu einer neuen Marktsituation
für Versorger und Konsumenten. Auch die EG-Kommission stellt 2000 in
ihrem
Grünbuch
„Hin
zu
einer
europäischen
Strategie
für
Energieversorgungssicherheit“ fest, dass die Errichtung eines integrierten
Erdgasbinnenmarktes mit der Liberalisierung der nationalen Märkte zu
verwirklichen ist. Als Folge dieser Veränderungen und Umwandlungen der
monopolistischen Marktstrukturen in Wettbewerbsstrukturen des Strom- und
Gasmarktes erhöhte sich der Druck, Strategien zur Ausschöpfung und
Erschließung neuer Absatzpotentiale zu entwickeln, um so die langfristige
Existenz zu sichern. 46
Daraus resultierte mit der Marktöffnung der Auftritt von Händlern ohne eigene
Kraftwerkskapazität, die günstige Stromangebote aus dem Ausland nutzten,
um Endkunden und Verteilerunternehmen (Stadtwerke) preislich attraktive
Angebote zu unterbreiten. Trotz zunächst geringer Mengen, die physikalisch
aus dem Ausland geliefert werden konnten, waren die Auswirkungen auf das
bestehende Preisniveau enorm. Ein Preisrutsch war die Folge, da die
deutschen Stromproduzenten entschieden auf die durch die Händler
angebotenen Preise einzusteigen, um ihre Marktanteile zu halten. Im
Großhandel stellte sich ein Preisniveau der durchschnittlichen variablen
Kosten der Kraftwerke ein. Dieses Preisniveau auf Höhe der Grenzkosten ist
45
46
vgl. Bolle, F. (1990), S. 58-61, 64
vgl. Fasse, F.-W. (2002), S. 474
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 18
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
typisch
für
Märkte
mit
sehr
hoher
Juni 2009
Wettbewerbsintensität
und
Kapazitätsüberhängen. 47
Zusammenfassend bewirkte die Liberalisierung des deutschen Strommarkts
zunächst das Auftreten von Händlern, die Einführung neuer Marken, ein
geändertes
Kommunikationsverhalten
mir
neuen
Tarifangeboten
und
Produkten, auch und im Besonderen außerhalb der angestammten
Versorgungsgebiete bei gleichzeitig sinkenden Preisen. Neue Vertriebsbüros
wurden im gesamten Bundesgebiet eröffnet, um den Kunden- und
Margenverlusten im Heimatmarkt entgegenzuwirken und um Präsenz z
zeigen. 48
Die bekanntesten neuen Marken waren und sind z.B. Yello (EnBW AG), Best
Energy (Bewag AG), HEW (HEW AG), Avanza (RWE AG), Elektra direkt
(VEBA AG Preussen Elektra), Evivo (VEW AG) und Aquapower (VIAG AG
Bayernwerk) oder Die Stroms (Braunschweiger Versorgungs-AG).
Viele dieser Marken und Produkte sind nicht mehr existent, da die
Marktteilnehmer entweder in anderen Unternehmen aufgegangen sind oder
sich auf ihre Heimatmärkte konzentrieren.
Abbildung 3: Struktur der Stromversorgungsunternehmen in Deutschland 49
In Abbildung 3 ist die dreistufige Struktur (Verbundunternehmen, Regionale
und Kommunale Stromversorger) der Stromversorgungs-unternehmen in
Deutschland und deren jeweilige Anteile an der Stromerzeugung und
47
vgl. Zenke. I. (2005), S. 17-19
vgl. Schikarski, A. (2002), S. 8
49
Schikarski, A. (2002), S. 6
48
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 19
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Lieferung (ohne neue Anbieter) an die Endkunden ersichtlich. Die
Versorgungsunternehmen waren zu Monopolzeiten Unternehmen der
öffentlichen
Hand
mit
unterschiedlich
ausgeprägter
privater
Minderheitsbeteiligung. 50
Die Abbildung 4 zeigt die Entwicklung und Halbierung der Anzahl an
Verbundunternehmen. Diese Unternehmen (E.ON, RWE, EnBW, Vattenfall)
sind
gleichzeitig
auch
die
Betreiber
der
Übertragungsnetze,
die
Haupterzeuger des deutschen Stroms und haben einen direkten Marktanteil
von etwa 31% bei der Versorgung von Endkunden. 51
Abbildung 4: Verbundunternehmen in Deutschland 52
Die Abnehmer der Monopolisten der EVU waren private Haushalte, mit
behördlich genehmigten, so genannten „Allgemeinen Tarifen“ oder Gewerbeund
Sondertarifkunden
mit
gesonderten,
zum
Teil
individueller
Preisstellungen. Einem im Verhältnis geringen Absatzvolumens stand einen
große Umsatzbedeutung für die EVU gegenüber.
„Es
ist
richtig,
dass
Marketing
unter
Berücksichtigung
von
Umweltgesichtspunkten Teil eines umfassen Umwelt-Managements ist.
Daher sollte es nicht isoliert betrachtet werden.“ 53
Im Folgenden werden die Bedeutung des ökologischen Marketings für ein
Unternehmen und die Möglichkeiten zur Umsetzung anhand des integrierten
50
vgl. Fritz, W.;König, S. (2001), S. 4
vgl. Schürmann, H.-J. (2002), S. 4
52
Schikarski, A. (2002), S. 7
53
Kotler, P., et al. (2007), S. 238
51
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 20
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Marketing-Prozesses mit besonderer Berücksichtigung des operativen
Marketing-Mix
dargestellt
und
an
konkreten
Beispielen
aus
der
Energiewirtschaft verdeutlicht.
3.6
Kundenerwartungen vor der Liberalisierung
Die Mehrheit der Kunden erwarteten besonders durch Einführung des TPASystems eine größere Auswahl von Anbietern und geringere Preise für
Erdgas und Strom. Besonders die größten Kunden würden überproportional
von den Preissenkungen profitieren, da diese vermuteten die kleineren zu
subventionieren. Auch der Wettbewerbsdruck auf die bisherigen Versorger
würde bei den größten und wichtigsten Kunden besonders stark ansteigen,
denn durch die wichtige wirtschaftliche und politische Bedeutung der
Größtkunden, wären die Versorger zu weiteren Preissenkungen bereit. Auch
die Kosten für die Nutzung der Netze würden in die Diskussion geraten, weil
viele Kunden ohne Kostentransparenz nicht bereit wären irgendwelche Tarife
zu zahlen. Für Kunden mit geringerem Verbrauch oder Auslastung sowie für
die von den Quellen weiter entfernten Kunden könnten die Preise jedoch
steigen. Insgesamt sei die Reduktion der Versorgungssicherheit die Folge
des verschärften Wettbewerbs. 54
Die Kundenerwartungen zur Liberalisierung der Energiemärkte lassen sich
demnach zu zwei Aspekten zusammenfassen.
•
Auf
die
Erwartung
sinkender
Preise
mit
steigenden
Marktmöglichkeiten.
•
Auf die wachsende Unsicherheit durch Strom-/Gasausfälle und
Schwierigkeiten beim Lieferantenwechsel.
3.7
Zusammenfassung der Entwicklung der Energiewirtschaft
Aus ehemals geschlossenen Versorgungsgebieten wurde ein Markt mit
Wettbewerb, in dem es für einen Kunden möglich ist seinen Anbieter frei zu
wählen. Aus einer kostenorientierten Versorgung der Abnehmer wurde eine
marktpreisorientierte
handelnden
55
der
Versorgungsunternehmen
Energiedienstleister.
54
Belieferung
Kunden.
Aus
wurden
ehemals
aktiv
passiv
agierende
55
vgl. Stern J. P. (1992), S. 78-80, 104
vgl. Henseler, J. (2006), S. 10,11
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 21
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
4 Aktuelle Marktmechanismen und Rahmenbedingungen der
Energiewirtschaft
Bis zur Liberalisierung der Energiemärkte erfolgten die Maßnahmen der
Produktpolitik unter technischen Gesichtspunkten. Die Differenzierungen der
Lieferung
erfolgten
fast
ausschließlich
durch
nach
Abnahmemenge
strukturierte Tarife, die bei gleicher Qualität der Leistungen geringere Preise
bei steigender Abnahme darstellten. Die Produktpolitik sowie die Preispolitik
und -kalkulation waren durch monopolistische Spielräume gekennzeichnet,
an
den
Kosten
orientiert
und
der
behördlichen
Tarifgenehmigung
unterlegen. 56
Diese Markt- und Rahmenbedingungen änderten sich sowohl für die EVU,
als auch für die Anspruchsgruppen abrupt mit der Deregulierung der
Energiemärkte.
4.1
Aktuelle
Rahmenbedingungen
für
Energieversorgungs-
unternehmen
Für private Verbraucher handelt es sich bei einer Lieferung von Strom und
Gas um Konsumgüter des täglichen Bedarfs. Bei gewerblicher Nutzung ist
Lieferung den Industriegütern des Bereichs der Betriebs- und Hilfsstoffe oder
Dienstleistungen. 57
Unternehmen sind in ihrer Funktion als gesellschaftliche Institutionen in ein
umgebendes Rahmensystem eingebunden (siehe Abb. 5). Neben den
klassischen Markteinflüssen durch Lieferanten/Erzeugern und Kunden,
verstärken sich die hoheitlichen Einflüsse durch die Aufsichtsgremien des
Bundeskartellamtes und der regulierenden Bundesnetzagentur. Spätestens
seit Ende der 90er Jahre reagieren die Unternehmen durch angepasste
Modelle
und
Strategien
auf
die
Veränderungen
der
Rahmen-/
Marktbedingungen sowie den Wertewandel in Öffentlichkeit und Politik. Für
die EVU gilt es, in diesem in Abb. 5 dargestellten Spannungsfeld zu
bestehen und sich mit Hilfe marketingorientierter Unternehmensführung
anzupassen. Dabei sind die folgenden hoheitlichen Rahmenbedingungen
56
vgl. Laker, M.; Herr, S. (1998), S. 384
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Seite 22
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
neben den Auflagen des Bundeskartellamtes und den regulierenden
Maßnahmen der Bundesnetzagentur bindend:
•
Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
•
Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG)
•
Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWK-G)
•
Konzessionsabgabenverordnung (KAV)
•
Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV)
•
Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV)
•
Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV)
•
Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV)
•
Niederspannungsanschlussverordnung (NAV)
•
Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV)
•
Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV)
Rahmenbedingungen/Marktumfeld
Kartellamt
Kunden
Regulierer
Energieversorgungsunternehmen
Lieferanten/
Erzeuger
Öffentlichkeit
Politik
Abbildung 5: Rahmenbedingungen/Marktumfeld für Energieversorgungsunternehmen 58
4.2
Marktmechanismen und Rahmenbedingungen Erdgasmarkt
4.2.1 Rahmenbedingungen Marktgebiete Erdgas
Seit den durch die Liberalisierung des Erdgasmarktes mit den Vorgaben zum
Unbundling
57
58
erfolgten
Maßnahmen,
haben
sich
in
der
deutschen
vgl. Kotler, P., et al. (2007), S. 627, 630
Eigene Darstellung
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 23
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Gaswirtschaft
so
genannte
Marktgebiete
Juni 2009
(ähnlich
den
vier
Übertragungsnetzbereichen Strom) herausgebildet. Diese Marktgebiete sind
die Verantwortungsbereiche der Unternehmen der Produktionsstufe sowie
der Importeure/Ferngasgesellschaften (siehe Abb. 6), welche sich durch
verschiedene Gasqualitäten (H-/L-Gas) und das Eigentum an den jeweiligen
Pipelines auszeichnen. Die Anzahl der Marktgebiete ist im laufenden
Gaswirtschaftsjahr (01.10.2008, 6:00 Uhr bis 01.10.2009, 6:00 Uhr) von zwölf
auf zehn Marktgebiete für H- und L-Gas gesunken. Die L-Gas Marktgebiete
aus EWE, Gasunie L und EGMT (siehe Abb. 6) wurden am 1. April 2009 zu
einem Marktgebiet (Aequamus L-Gas 1) verschmolzen, so dass derzeit noch
drei Marktgebiete L-Gas existieren. Eine Zusammenlegung von E.ON GT LGas und RWE L-Gas ist zu vermuten.
Abbildung 6: 12 Marktgebiete Erdgas im Gaswirtschaftsjahr 2008/2009 59
Für die Belieferung von Kunden in einem Marktgebiet, ist neben der dortigen
Verfügbarkeit durch den Lieferanten von Gas in der jeweiligen Qualität (H-/LGas), auch das Führen eines Bilanzkreises beim Marktgebietsbetreiber
erforderlich.
59
emw (6/2008), S. 30
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 24
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
4.2.2 Preisbildung Erdgas
Bei Kostenvergleichen mit den günstigsten alternativen konkurrierenden
Brennstoffen Öl, Kohle werden sowohl die Investitions-, als auch die
Betriebskosten langfristig ermittelt. Somit darf Erdgas als Brennstoff separat
betrachtet, durch die Anwendungsvorteile (Wegfall eines Speichertanks,
russfreie Verbrennung, geringerer Wartungsaufwand für den Kessel etc.),
sogar
etwas
teurer
sein
als
leichtes
Heizöl
(HEL)
bis
eine
Brennstoffsubstitution erfolgt. Die Differenzierung der Preise für das
chemisch nahezu homogene Produkt Erdgas findet spezifisch nach
Abnehmer(gruppe) entsprechend der individuellen Nachfrageelastizität statt.
Das Anlegbarkeitsprinzip ist originär auf der Beschaffungsmarktstufe
(Produzent, Importeur, Ferngasgesellschaft) verankert, so dass an den
Endkunden alle Kosten und Margen der vorgelagerten Handelsstufen
weitergegeben
werden. 60
Dieses
auf
Langfristigkeit
ausgelegte
kostenbasierte Prinzip der Anlegbarkeit findet weiterhin auch nach der
Liberalisierung
auf
allen
Handelsstufen
(Produktion,
überregionale
Ferngasübertragung, regionale Erdgasverteilung, Niederdruckversorgung der
Endkunden im HuK-Bereich) Verwendung. Mit der Verringerung der
Marktzutrittsbarrieren
und
daraus
folgendem
Markteintritt
neuer
Wettbewerber entwickelt sich der Erdgasmarkt von Verkäufer- zum
Käufermarkt. Die für die Abwicklung im Punkt-zu-Punkt- und Entry-ExitModell
benötigten
Verträge
mit
unterschiedlichsten
Ferngas-
und
Verteilerunternehmen sind nicht mehr nötig. Durch rechtlich vorgegebene
Prozesse zum Lieferantenwechsel (GeLi) und zur Bilanzierung (GABi) wird
die zunehmende Wettbewerbsintensität und -dynamik im Gas-zu-GasWettbewerb
beschleunigt,
so
dass
neue
Produkte
von
alten
und
bestehenden GVU entstehen.
Die Marktpreisbildung für Erdgas erfolgt neben der Preisbildung im Gas-zuGas-Wettbewerb an internationalen Handelsplätzen (Energiebörsen). An den
Börsen und anderen Gashandelspunkten (Hubs) wird Gas als Commodity in
hoch standardisierten Produkten, ähnlich den Strom-Produkten gehandelt.
Der überwiegende Handel erfolgt jedoch Over-The-Counter (OTC) als
60
vgl. Däuper, O. (2003), S. 4-6
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Seite 25
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Festpreisprodukt oder zumeist wertorientiert nach dem Anlegbarkeitsprinzip
an die günstigsten Substitutionsenergieträger, zumeist Erdöl. Grundsätzlich
bezeichnet die Anlegbarkeit die Ausrichtung des Erdgaspreises an dem Wert
der Substitutionsenergieträger in einer spezifischen Situation zu einem
beliebigen Zeitpunkt (siehe Abb. 7 und 8). 61 Der Hauptwettbewerber für
Erdgas, im bedeutendsten Markt, dem der Haushalts- und Kleinverbraucher
(HuK),
ist
das
leichte
Heizöl
(HEL).
Im
Kraftwerkssektor
ist
der
Hauptwettbewerber meist die Kohle. Die Preisbildung zu Stromerzeugung
erfolgt somit angelegt an den Kohlepreis. Im Bereich der Gewerbe- und
Industriekunden,
wären
viele
verschiedene
Substitutionsenergieträger
denkbar, so dass sowohl das Substitut selbst, als auch die Verhältnisse der
angelegten Konkurrenzenergieträger zueinander, individuell verschieden sein
können. Häufig werden jedoch auch die Erdgaspreise der Gewerbe- und
Industriekunden an leichtes (HEL) oder schweres Heizöl (HSL) angelegt. 62
Damit ist das Erdöl, besonders HEL, in der Praxis das wichtigste Substitut für
Erdgas und gibt somit den Referenzpreis vor. Die Erdgaspreise folgen durch
diese Anbindung der Preisentwicklung den globalen Rohölpreisen (Cruide-Oil
in Abb. 7 und Brent IPE in Abb. 8) im zeitlichen Versatz je nach Anbindung,
der Rohölqualität, von Förder- und Frachtraten sowie der Entwicklung der
Referenzwährung (zumeist USD) zur Verkaufswährung.
Abbildung 7: Entwicklung der Rohölpreise 1960 2008 63
61
vgl. Däuper, O. (2003),S. 19
vgl. Däuper, O. (2003),S. 4
63
TESCON, 22.04.2009
62
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Seite 26
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Juni 2009
Abbildung 8. Entwicklung und Korrelation der Öl- und Gaspreise 2007-2008 64
4.2.3 Gasverkaufspreis (reine Energie)
Der Arbeitspreis, der sich auf die verbrauchte Energiemenge des Kunden
bezieht wird in Deutschland überwiegend nach der additiven oder einer
multiplikativen Preisformel in der Klausel beschrieben.
Eine typische Struktur einer additiven Preisgleitklausel mit Anbindung an
einen Substitutionsenergieträger ist wie folgt aufgebaut: 65
Pt = P0 + wi * yi * zi * (ait – ai0) [Cent/kWh] mit
i
= Substitutionsenergieträger,
a = Preis des Substitutionsenergieträgers a,
P = Arbeitspreis Gas,
t
= laufende Zeitperiode,
0 = Beginn der Zeitperiode,
w = Gewichtung des Substitutionsenergieträgers, in der Summe maximal 1,
y = absolute Bindung des Substitutionsenergieträgers, maximal 1,
z = wärmeäquivalenter Umrechnungsfaktor für die Preisnotierung des
jeweiligen
Substitutionsenergieträgers in die passende Einheit des
Hauptenergieträgers.
64
65
vgl. N-ERGIE (2008)
Däuper, O. (2003), S. 20
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Juni 2009
Der Basisarbeitspreis (P0) bestimmt wesentlich, als Sockel die Höhe auch die
Elastizität des laufenden Gaspreises (Pt) bezüglich der Preise des
Substitutionsenergieträgers. Durch einen hohen Basisarbeitspreis wird somit
die Volatilität bei beispielsweise Ölpreisschwankungen geglättet. Je höher
der Basisarbeitspreis ist, desto höher ist auch der laufende Gaspreis, desto
geringer ist auch die Elastizität des laufenden Gaspreises hinsichtlich des
indexierten Substitutionsenergieträgers.
Eine typische Struktur einer multiplikativen Preisgleitklausel mit Anbindung
an einen Substitutionsenergieträger ist wie folgt aufgebaut: 66
P = P0 (0,5 HSL/HSL0 + 0,5 HEL/HEL0)
P = Erdgaspreis
P0 = Ausgangspreis für Erdgas
0,5 = Bindungsanteil (relative Bindung), hier je 50%
HSL/HSL0 = relative Preisänderung Heizöl schwer
HEL/HEL0 = relative Preisänderung Heizöl leicht
Die Indexierung von Substitutionsenergieträgern ist die Kopplung des
Gaspreises an einen oder mehrere Substitutionsenergieträger an einem
definierten Handelsort, zumeist leichtes Heizöl (HEL) oder schweres Heizöl
(HSL), jedoch auch Kohle oder Strom. Die Notierungen der Indizes werden
monatlich von Statistischen Bundesamt und z.T. Täglich von internationalen
Handelsplätzen/Börsen veröffentlicht. Ein Beispiel der Korrelation/Koppelung
von Öl an Gas ist in Abb. 8 dargestellt.
Bei den Preisen der Substitutionsenergieträger handelt es sich um gleitende
Durchschnittspreise eines öffentlich gehandelten Produkts, wodurch es
notwendigerweise zu einer zeitverzögerten Anpassung (time lag) kommt. Die
verschiedenen Methoden der Preisanpassung unterscheiden sich danach,
wie
lange
die
zugrunde
liegende
Referenzperiode
ist,
welche
Anpassungsverzögerung vereinbart ist und in welchen Abständen eine
Gaspreisanpassung
vorgenommen
wird.
Im
Beispiel
einer
Anbindungsvariante wird der Arbeitspreis wird nach dem Rhythmus 6-1-3
angepasst. Dabei bedeuten die Zahlen:
66
Rügge, P. (1995), S. 52
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Seite 28
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Erste Stelle
= Anzahl der aufeinander folgenden Referenzmonate (für die
Preisanpassung heranzuziehende Monatswerte).
Zweite Stelle
=
Zwischenraum oder time
lag (Anzahl der Monate) zwischen jüngstem Referenzmonat
und dem Zeitpunkt der Preisanpassung.
Dritte Stelle = Intervall der Preisanpassung
Die Existenz eines time lag ist theoretisch unabdingbar, wenn man den Wert
einer Ware in Abhängigkeit des Preises einer anderen Ware bestimmen
möchte. Gleichzeitig hebelt ein time lag, je länger desto stärker, die der
Anlegbarkeit zugrunde liegende parallele Preisentwicklung verschiedener
Substitutionsgüter aus.
Der
individuelle
Gewichtungsfaktor
des
jeweiligen
Substitutionsenergieträgers (w) ist bei Anbindung an mehr als einen
Substitutionsenergieträger (HEL und HSL) nötig, in der Summe jedoch
beträgt er immer eins.
Der absolute Bindungsfaktor (y) beeinflusst die Steigung der Preiskurve und
so neben dem Basisarbeitspreis die Elastizität des Gaspreises. Je höher die
absolute Bindung, desto höher ist die Elastizität des Gaspreises.
Die Beeinflussung der Gasmärkte vom Großhandels- bis zum HuK-Bereich
wird durch die Ausgestaltung von Preisgleitkauseln stark beeinflusst. Neben
ungenau
bestimmten
(Brennwertbestimmung
wärmetechnischen
i.V.m.
Gasfeuchte
Äquivalenzfaktoren
und
Druck),
(z)
sind
die
Zeitverzögerung bei der Preisanpassung (time lag) und die Existenz von
Mindestpreisen die Gründe, dass Preisgleitklauseln nicht den vollständigen
Substitutionswettbewerb
zwischen
Erdgas
und
seinen
Konkurrenzenergieträgern transferieren. Auch die Konservierung entlang der
Zeitachse innerhalb der Vertragslaufzeit ist unstetig. 67
Die üblichen Preisgleitklauseln weisen bereits einen negativen Preis für
Erdgas aus, bevor der Preis des Substitutionsenergieträgers auf Null sinkt.
Um diesen Effekt und die wirtschaftlichen Folgen einer Kostenunterdeckung
zu verhindern, haben die Gasversorger auf allen Marktstufen so genannte
Ersatzarbeitspreise (EAP) oder Mindestpreisregelungen vereinbart. Hierbei
wird der Mindestpreis festgeschrieben oder der Referenzpreis des
67
vgl. Däuper, O. (2003),S. 20-26
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Seite 29
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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Substitutionsenergieträgers mit einem positiven Faktor versehen (z.B. EAP =
0,062 * HEL [Cent/kWh]).
Mit diesen Regelungen der Einführung einer Preisuntergrenze wird die strikte
Proportionalität, die nach der Preisänderungsformel zwischen dem Gaspreis
und dem Preis des Substituts besteht, zu Lasten des Abnehmers
durchbrochen. Er profitiert somit nicht in gleichem Maße von sinkenden
Preisen des Substitutionsenergieträgers, wie er unter steigenden Preisen
leidet.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der resultierende Preis für Erdgas
abhängig ist von:
•
Der
Verbrauchergruppe
(HuK-,
Gewerbe-,
Industrie-
und
Großkundenbereich)
•
Den individuellen Spezifikationen (Technik, Anschlusssituation)
•
Den
Abnahmezeitpunkten/Leistungsanforderungen
(peaks,
Kapazitäten)
•
Der geographischen Lage (Netzentgelte, Konzessionsabgaben)
•
Den Beschaffungs- und Prozesskosten des Lieferanten inklusive
Margen
•
Der Vertragsgestaltung (ToP, Laufzeit, Wiederverhandlung, Fristen)
•
Der
Preisbestimmung
(Preissteigerung
mit
Basis,
Marktpreis,
Festpreis, Anbindung, Absicherung
•
Der Wettbewerbsintensität (andere Lieferanten im Markt)
•
Der Preiselastizität des Kunden (unterbrechbar)
4.2.4 Aktuelle Produkt-(Tarif-) Preisdarstellung Erdgas
HuK-Segment
Aktuell und in der jüngeren Historie stellen sich folgende differenzierte
Situationen der Verbraucherbereiche dar, wobei jede Vertriebs- oder
Verteilergesellschaft für ihre Preise verantwortlich ist und keine Regulierung
stattfindet:
Im privaten HuK-Segment (Verbrauchsmengen bis 100.000 kWh/Jahr)
existieren Tarife der lokalen GVU im Rahmen der Grundversorgungspflicht
neben Produktangeboten des Grundversorgers und aller in diesem Gebiet im
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Seite 30
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Markt
befindlichen
Wettbewerber.
Juni 2009
Zumeist
werden
angelegbare
Gruppendurchschnittspreise für die Tarifkunden in der Grundversorgung
gebildet, die keiner Preisaufsicht mehr unterliegen, jedoch nach § 10 Abs. 1
Satz 1 EnWG 68 veröffentlicht werden müssen. Auch die Tarife der
Ersatzversorgung, die im privaten HuK-Segment häufig den Konditionen der
Grundversorgung entsprechen, sind zu veröffentlichen. Diese Preise und
Produkte eines Verteilnetzes gelten sowohl für bereits angeschlossenen
Bestandskunden als auch für Neukunden, wobei hier zum Teil zusätzliche
Wechselprämien
wirken.
Die
zwischen
den
verschiedenen
GVU
bestehenden Preisunterschiede lassen sich, wie bei der Versorgung mit
elektrischer
Energie
Netznutzungskosten,
(Substitutions-)
(Strom),
mit
unterschiedlichen
Konzessionsabgaben
und
Wettbewerbsbedingungen
Energie-
dem
in
den
jeweiligem
verschiedenen
Marktgebieten und Verteilnetzen erklären. Im Vergleich der Produkte eines
Anbieters ist häufig eine Produkt- und Preispolitik mit Preisdifferenzierung
festzustellen. Eine Preisdifferenzierung liegt dann vor, wenn ein Anbieter das
gleiche Gut (in diesem Fall Erdgas) verschiedenen Käufergruppen zu
unterschiedlichen Preisen anbietet. Dabei lässt sich weiterhin feststellen,
dass den Kunden mit der niedrigsten Preiselastizität die höchsten Gaspreise
angeboten
werden.
Den
Kunden,
die
sich
im
Markt
mit
starker
Wettbewerbsintensität, hervorgerufen durch neue Anbieter oder einfachen
Substitutionsmöglichkeiten
(Pelletheizungen,
Wärmepumpen),
befinden
werden günstigere Preise und Produkte angeboten, da deren Preiselastizität
besonders hoch ist. Hier steht das Kaufmotiv und Produktbestandteil der
Wirtschaftlichkeit
eindeutig
im
Vordergrund,
während
bei
geringerer
Wettbewerbsintensität Produktbestandteile der Sicherheit, der Beratung und
der Verfügbarkeit von Bedeutung sind.
Gewerbesegment
Im Bereich der Gewerbekunden (Verbrauchsmengen bis etwa 1.500.000
kWh/Jahr) herrschen bis Verbrauchsmengen ab 10.000 kWh/Jahr Produkte
ähnlich des HuK-Bereichs vor, da zumeist keine Installation einer
Messeinrichtung
68
mit
Leistungsmessung
nach
den
entsprechenden
EnWG (2008)
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Seite 31
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Verordnungen 69 vorgeschrieben ist. Neben diesen Produkten existieren
individuelle
Sonderregelungen
aufgrund
der
Anschlusssituation,
der
spezifischen Leistung oder historischer Vereinbarungen.
Die
veröffentlichten
Tarife
der
Ersatzversorgung,
die
bei
Nichtzustandekommen eines Vertrages für drei Monate anzuwenden ist,
entsprechen häufig den Konditionen der Grundversorgung zuzüglich eines
Aufschlages.
Die angebotenen Produkte sind in Bezug auf die Produktbestandteile zur
Befriedigung der Kaufmotive, mit denen des HuK-Bereichs vergleichbar und
abhängig von der Wettbewerbsintensität und Preiselastizität der Kunden.
Industrie- und Großkundensegment
Bei Kunden mit einem Jahresverbrauch über 1.500.000 kWh wird der
Gaspreis individuell verhandelt und auch die Art der Anbindung und das
Verhältnis verschiedener Konkurrenzenergieträger fixiert.
Häufig besteht die Vereinbarung über die Erdgaspreisermittlung aus zwei
Komponenten. Der Arbeitspreis wird verbrauchsabhängig bestimmt und
entspricht so den einteiligen Preissystemen, die auf dem europäischen
Beschaffungsmarkt verwandt werde. Durch den Grund- oder Leistungspreis,
der sich in Abhängigkeit von individuellen Leistungswerten ermittelt, wird die
Vorhaltung und ständige Verfügbarkeit des Erdgases abgebildet. Damit sind
Verbraucher, deren Belieferung ausgesetzt werden kann, so genannte
unterbrechbare Verträge, vom Leistungspreis befreit. 70 Diese Kunden
werden meist durch das GVU während der Wintermonate von der
Erdgasversorgung
unterbrochen
und
müssen
somit
dann
auf
ihre
vorgehaltene Substitutionsenergie (meist HEL) umschalten. Die Vorteile
bestehen für das GVU in der Leistungsbegrenzung zu seinen Vorlieferanten
und für den Kunden im Wegfall der Leistungspreiskomponente. Die hohe
Preiselastizität ist kennzeichnend für die unterbrechbaren Kunden, da diese
auch selbstständig ihre bivalenten Anlagen auf die Konkurrenzenergie
umstellen können. Oftmals resultiert aus dieser Möglichkeit ein günstiger
Arbeitspreis. Die Nachteile einer Unterbrechungsmöglichkeit sind für das
GVU die fehlende Erlöse bei erhöhtem Überwachungsaufwand während der
69
vgl. GasGVV, GasNEV, GasNZV und NDAV Gas
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Seite 32
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Abschaltperiode
sowie
die
mit
hoher
Juni 2009
Preiselastizität
verbundene
Wettbewerbsintensität und für den Endkunden entstehen Aufwand und
Kosten für die entsprechende Zweistofftechnik der Brenner und die
Bevorratung/Beschaffung.
4.2.5 Zusammenfassung Marktmechanismen des Erdgasmarkts
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der resultierende Preis für Erdgas
abhängig ist von:
•
Der
Verbrauchergruppe
(HuK-,
Gewerbe-,
Industrie-
und
Großkundenbereich)
•
Den individuellen Spezifikationen (Technik, Anschlusssituation)
•
Den
Abnahmezeitpunkten/Leistungsanforderungen
(peaks,
Kapazitäten)
•
Der geographischen Lage (Netzentgelte, Konzessionsabgaben)
•
Den Beschaffungs- und Prozesskosten des Lieferanten inklusive
Margen
•
Der Vertragsgestaltung (ToP, Laufzeit, Wiederverhandlung, Fristen)
•
Der
Preisbestimmung
(Preissteigerung
mit
Basis,
Marktpreis,
Festpreis, Anbindung, Absicherung
•
Der Wettbewerbsintensität (andere Lieferanten im Markt)
•
Der Preiselastizität des Kunden (unterbrechbar)
Weiterhin ist mit den vorangegangenen Darstellungen zu erklären, dass nicht
jeder potentielle Erdgaslieferant jeden Kunden mit Erdgas beliefern kann,
denn die Faktorspezifität des Erdgasmarktes ist geprägt durch:
•
Das Vorhandensein von vielen nicht verbundenen Pipelines in
verschiedenen Marktgebieten mit begrenzten Kapazitäten, anders als
der gut vernetzte Strommarkt („Kupferplatte“).
•
verschiedene Gasqualitäten
•
Die Produktion und Fortleitung von Erdgas ist nur wenigen
Unternehmen vorbehalten, wobei über 80% des Bedarfs importiert
70
vgl. Däuper, O. (2003), S. 14
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Seite 33
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
werden müssen. Elektrische Energie wird in vielen Kraftwerken von
unterschiedlichsten Unternehmen produziert.
•
Der kundenspezifische Strukturierungsaufwand ist durch begrenzte
Speicherkapazitäten erschwert
•
Der Erdgasbedarf ist überwiegend temperaturabhängig, damit in der
Prognose höheren Schwankungen ausgesetzt, als „lichtabhängige“
Strombedarfe, so dass die Risiken erhöht sind.
4.3
Marktmechanismen und Rahmenbedingungen Strommarkt
4.3.1 Rahmenbedingungen Übertragungsnetze Strom
Seit den durch die Liberalisierung des Strommarktes mit den Vorgaben zum
Unbundling
erfolgten
Maßnahmen,
haben
sich
in
der
deutschen
Elektrizitätswirtschaft so genannte Übertragungsnetze herausgebildet. Die
Netzbereiche sind die Verantwortungsbereiche der Unternehmen der
Produktionsstufe die zudem Betreiberunternehmen der Höchst- und
Hochspannungsübertragungsnetze (siehe Abb. 9) ausgegliedert haben.
Abbildung 9: deutsche Regelzonen Strom seit 2004 71
Für die Belieferung von Kunden in einem Übertragungsnetz, ist das
Vorhandensein eines eigenen Bilanzkreises erforderlich.
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Seite 34
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
4.3.2 Energiepreisbildung Strom
Die Preisbildung für Strom geschieht durch die beteiligten Akteure (EVU,
Händler, Banken) auf den verschiedenen Märkten je nach Handelsperiode
entweder individuell bilateral Over-the-Counter (OTC) oder standardisiert
anonym an der Börse. In Abb. 10 sind die verschiedenen Märkte,
Teilnehmer, Produkte und Charakteristika genannt, wobei zu bemerken ist,
dass die richtweisende Preisinformation von den Börsen ausgeht, obwohl am
OTC-Markt größere Mengen gehandelt werden.
Die wesentliche Bedeutung für die strategische Energiebeschaffung und
Energiemarktentwickung
stellen
somit
neben
den
physischen
Terminlieferungen (Forwards) die finanziellen Kontrakte bzw. Futures dar
(siehe Abb. 11).
Die in Abb. 11 ersichtlichen derivativen Produkte (Swaps, Optionen) dienen
zumeist der Risikoabsicherung und sind wie die Beschaffungsstrategie bei
der
Gestaltung
der
Produktpolitik
sowie
deren
Umsetzung
in
die
Verkaufsprodukte einzubeziehen.
Abbildung 10: Struktur des Strommarktes 72
Im Energie- und Rohstoffmarkt sind Standardprodukte (Plain-Vanilla) üblich.
Exotische (strukturierte) Produkte existieren, sind jedoch nicht so ausgeprägt
wie
in
anderen
Bereichendes
Finanzmarkts.
Der
Wert
dieser
(Termin)Geschäfte richtet sich nach den Markt- oder Börsenpreisen der
zugrunde liegenden Basiswerte (sog. Underlyings). Neben dem Hedging der
71
Wind-Energie, 21.05.2009
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 35
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Risiken und der Reduktion der Kosten klassischer RisikomanagementSysteme, bieten die derivativen Instrumente auf Strombasis auch die
Möglichkeiten der Arbitrage und Spekulation. 73
Abbildung 11: Kontrakte im Energie- und Rohstoffhandel 74
Zumeist werden jedoch Preis- und Absatzrisiken abgesichert, da die durch
den Liberalisierungsprozess ausgelösten Wirkungen auf die Preisbildung
sich gegenseitig verstärken, so dass die Preisvolatilitäten stark gestiegen
sind. Die annualisierte Volatilität des Commodity-Underlying Strom und
anderen Stromderivaten beträgt bis zu 800 %. 75 Somit sind die Wahl des
geeigneten
Absicherungsprodukts
und
die
entsprechende
Strategie
notwendig um die gesetzten Ziele zu erreichen.
Die
Ziele
der
Planungssicherheit
zukünftiger
Rohstoffpreise,
einer
Preisfixierung bei steigenden Preisen ohne Belastung der Liquidität werden
mit OTC-Swaps und OTC-Forwardprodukten, bzw. Swaps und Futures der
Energiebörsen (EEX, ICE/IPE, TTF, Beispiel siehe Abb. 11 und Anhang 2-5)
erreicht.
Ziele die Preisobergrenzen zukünftiger Preise oder das Profitieren an
sinkenden Preisen verfolgen, können mit Optionen erreicht werden.
72
Wallbaum, J. (2005), S. 7
vgl. Wallbaum, J. (2005), S. 52
74
vgl. BayernLB (2007)
75
vgl. Wallbaum, J. (2005), S. 11, 54
73
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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4.3.3 Stromverkaufspreis
Für die Angebots und Preiskalkulation zum Verkauf eines Produkts mit
Stromlieferung sind alle in Abb. 12 dargestellten Bestandteile zu prüfen und
zu bewerten.
Bestandteile
Abhängigkeiten
Umsatzsteuer
gewerblich oder private Nutzung
StromSteuer
Befreiung, ermäßigter oder Regelsteuersatz
EEG
Konzessionsabgabe
KWKG
Netzentgelte
Marge
Energie
Berechnungsmethodik
Einwohner der Kommune (HT/NT), Sondervertrag, Leistung
Gesamtverbrauch (bis/über 100.000 kWh/a)
Netzebene, Arbeit, Leistung, Messung, Abrechnung,
Benutzungsstunden, Verteilnetzbetreiber
unternehmensspezifisch (Vorgaben, Prozesskosten,…)
Gesamtverbrauch, Laststruktur, Prognose,
Energiemarkt (Base-Peak-Aufteilung)
Abbildung 12: Bestandteile und Abhängigkeiten für Verkaufspreise Strom 76
Erläuterung der Bestandteile zur Kalkulation eines Stromverkaufspreises:
•
Umsatzsteuer: derzeit 19 %, Darstellung und Berücksichtigung nur für
Privatkunden
•
Stromsteuer: 77
Regelsteuersatz
2,05
ct/kWh,
ermäßigt
(produzierendes Gewerbe, Eigenbetrieb) 1,23 ct/kWh, Befreiung bei
Zulassung nach § 5 EnWG und Sonderregelungen
76
77
eigene Darstellung
vgl. StromStG (2008)
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Seite 37
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
•
Juni 2009
EEG: abhängig von Einspeisequote, Durchschnittsvergütung (EnergieMix) und Berechnungsmethodik der vermiedenen Beschaffungskosten
(§ 54 EEG), derzeitige Umlage durch SVU
•
Konzessionsabgabe: 78 abhängig von Tarifzeit und Einwohnerzahl der
Kommune;
für
Hoch-Tarif:
1,59
ct/kWh
bis
100.000
(z.B.
Wolfenbüttel), 1,99 ct/kWh bis 500.000 (z.B. Braunschweig), 2,39
ct/kWh über 500.000 (z.B. Hamburg); Nieder-Tarif 0,61 ct/kWh
•
KWKG: 79 abhängig von Anlagenförderung, degressiv, Umlage durch
den Verteilnetzbetreiber
•
Netzentgelte: Vorgabe des jeweiligen Verteilnetzbetreibers des
Zählpunkts, kostenbasiert, anreizreguliert
•
Marge: abhängig von Fix- und Prozesskosten sowie Ertragserwartung
des SVU
•
Energie: abhängig von Gesamtmenge, Laststruktur, Prognosegüte,
Mengen-/Lastrisiko, Entwicklung des Energiemarkts und der BasePeak-Verteilung
Aus der zuvor dargestellten Verkaufspreisermittlung für Strom ist somit
festzustellen, dass für die Vertriebsorganisationen der SVU nur die „Energie“
und die „Marge“ zu beeinflussen ist, da die übrigen Bestandteile hoheitlich
oder durch den jeweiligen Verteilnetzbetreiber vorgegeben sind.
Damit gilt es für die Vertriebe die eigenen Fix- und Prozesskosten zu
verbessern, wie auch die Strombeschaffung (Prozesse und Strategie) im
Sinne der Produktpolitik zu optimieren.
4.3.4 Aktuelle Produkt-(Tarif-) Preisdarstellung Strom
HuK-Segment, Privatkunden
Wie Erdgas (siehe Abschnitt 4.2.4)
Gewerbesegment
Wie Erdgas (siehe Abschnitt 4.2.4)
78
79
vgl. KAV (2006) § 2
vgl. KWKG (2002)
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Seite 38
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Industrie- und Großkundensegment
Bei Kunden mit einem Jahresverbrauch von eineigen Mio. kWh bis zu
mehreren Mrd. kWh wird der Strompreis individuell verhandelt und auch die
Beschaffungsstrategie spezifisch abgestimmt.
Wichtigste Kriterien zur Entwicklung einer Strombeschaffungsstrategie:
•
Art der Beschaffung (komplett, Teilmengen/Tranchen, long/short)
•
Kaufzeitpunkt
•
Beschaffungszeitraum
•
Bewertung von Volatilität/Strompreisrisiko
In den Abb. 13 und 14 ist ersichtlich, dass die Wirtschaftlichkeit der
zukünftigen Strompreise eines Unternehmens entscheidend von der
Beschaffungsstrategie abhängt. Die resultierenden Preise hängen demnach
vom Kaufzeitpunkt und der Lieferperiode sowie der Verteilung der Risiken
durch eine Tranchenbeschaffung ab. Aktuelle Produkte, die das Resultat der
verschiedenen Produktpolitiken darstellen, sind im Anhang 1 (CLEVERGY,
Greenpeace und E.ON) und 2 (Terminmarktbeschaffung) ersichtlich.
Abbildung 13: Entwicklung Strom-Forwards 80
80
ZfK; 21.04.2009
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Seite 39
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
130,00
120,00
110,00
Euro/MWh
100,00
2007 Base 10
2007 Peak 10
2008 Base 10
2008 Peak 10
2009 Base 10
2009 Peak 10
90,00
80,00
70,00
60,00
50,00
40,00
Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Abbildung 14: Strompreisentwicklung EEX Phelix-Futures 2010 81
4.3.5 Zusammenfassung Marktmechanismen des Strommarkts
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der resultierende Preis für Strom
abhängig ist von:
•
Der
Verbrauchergruppe
(HuK-,
Gewerbe-,
Industrie-
und
Großkundenbereich)
•
Den individuellen Spezifikationen (Technik, Anschlusssituation)
•
Den
Abnahmezeitpunkten/Leistungsanforderungen
(peaks,
Kapazitäten)
•
Der geographischen Lage (Netzentgelte, Konzessionsabgaben)
•
Den Beschaffungs- und Prozesskosten des Lieferanten inklusive
Margen
•
Der Vertragsgestaltung (ToP, Laufzeit, Wiederverhandlung, Fristen)
•
Der
Preisbestimmung
(Preissteigerung
mit
Basis,
Marktpreis,
Festpreis, Anbindung, Absicherung
•
Der Wettbewerbsintensität (andere Lieferanten im Markt)
•
Der Preiselastizität des Kunden (Eigenerzeugung)
Im Unterschied zur Erdgaslieferung ist zu erklären, dass jeder potentielle
Stromlieferant jeden Kunden mit Elektrizität beliefern kann, da der
Elektrizitätsmarkt geprägt ist durch:
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Seite 40
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
•
Juni 2009
Das Vorhandensein von ausreichenden Kapazitäten in einem gut
vernetzten System („Kupferplatte“).
•
Standardisierte Qualität (homogenes Produkt)
•
Elektrische Energie wird in vielen Kraftwerken von unterschiedlichsten
Unternehmen erzeugt (auch dezentral und regenerativ).
•
Der kundenspezifische Strukturierungsaufwand ist durch entwickelte
Handelsmöglichkeiten möglich.
•
Der
Strombedarf
ist
neben
der
Abhängigkeit
von
der
Wirtschaftsleistung auch „lichtabhängig“ und damit prognostizierbar.
•
81
SVU individuelle Beschaffungsstrategien und Fix- und Prozesskosten
eigene Darstellung auf Basis EEX-Settelments 01.01.2007 – 03.03.2009
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Seite 41
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
5 Die Produktpolitik das Herz des Marketing
In diesem Kapitel wird nach der Entwicklung des Marketing und dem
ganzheitlichen
Marketing-Prozess,
der
Marketing-Mix
als
operativer
Ausdruck und Maßnahmen vorgestellt.
Die marketingpolitischen Instrumente bzw. der Marketing-Mix (Kotler 2007)
stellen
sich
als
Kombination
aus
operativen
Maßnahmen
von
Kommunikations-, Kontrahierungs-, Distributions- und Produktpolitik dar. Die
Festlegung über den Einsatz und die Kombination mit anderen Instrumenten
des Marketing-Mix ist erst nach Definition der Produktpolitik möglich, da die
Produktpolitik für die Vermarktung der Produkte die herausragende Rolle
einnimmt. Produkte werden einerseits wegen ihrer spezifischen Merkmale
gekauft und andererseits können alle anderen Marketinginstrumente erst
nach Zielsetzung der Produktpolitik festgelegt werden. 82
Somit wird die Produktpolitik im allgemeinen/weiteren Sinne und im
speziellen/engeren Sinne mit den Spezifikationen der Energiewirtschaft als
Bestandteil
des
operativen
Marketings
zum
Ende
dieses
Kapitels
verdeutlicht. Die Produktpolitik als zentraler Bestandteil des Marketing gibt
damit die Ausrichtung für das wirtschaftliche und erfolgreiche Handeln eines
Unternehmens vor.
5.1 Historie und Entwicklung des Marketing
Unternehmen sind in ihrer Funktion als gesellschaftliche Institutionen in ein
umgebendes Rahmensystem eingebunden (siehe Kapitel 4.1, Abb. 5).
Das
klassische
Gewinnmaximierung.
kommerzielle
Es
führt
Marketing
zu
hat
das
Ziel
der
Verstärkungseffekten
bei
Rohstoffverknappung und Umweltbelastungen. Die Externalisierung der
Kosten von Umweltbelastungen (Kernkraft, Luft, Wasser) bei herkömmlicher
unternehmerischer Aktivität senkt somit die Anreize ressourcenschonende,
energieeinsparende Produkte und Obsoleszenzstategien zu entwickeln
sowie Zusatzaufwände zu senken. Eine Kostenexternalisierung vermindert
82
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 227
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 42
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
somit auch die Attraktivität von Änderungen der Verbrauchsgewohnheiten mit
effizienten
Handlungskonsequenzen
wie
z.B.
Kostenbewusstsein,
Energieeinsparungen oder nachhaltige Erzeugung. 83 Marketing ist die
Unternehmensführung vom Markt her und hat sich seit den 60er Jahren zu
einer
Unternehmensphilosophie
entwickelt.
Die
Fortschreitende
Sensibilisierung der Konsumenten führte seit Beginn der siebziger Jahre zu
einem
humaneren
Marketing,
um
das
langfristige
Überleben
der
Absatz-
und
Unternehmen nicht zu gefährden.
Neben
den
klassischen
Marketinggebieten
der
Beschaffungsmärkte, gewinnen die Marketingaktivitäten in gesellschaftlichen
und ökologischen Bereichen an Bedeutung. 84 Seit Mitte der 80er Jahre
reagieren
die
Unternehmen
durch
Modelle
und
Strategien
marketingorientierter Unternehmensführung auf die Veränderungen der
Rahmen-/ Marktbedingungen sowie den Wertewandel einzelner Personen
und (Anspruchs-)Gruppen. 85
Aus diesem Grunde entwickelte sich in den achtziger Jahren das nicht
kommerzielle Marketing oder auch Sozio-Marketing (Social Marketing),
welches das Marketing aller Institutionen beinhaltet und nicht der Dominanz
des Gewinnziels unterliegt. Eine wichtige Variante des Social Marketing stellt
das ökologische Marketing (Ecological Marketing) dar, mit dem versucht wird
Bürger/Konsumenten zu einem umweltbewussten Verhalten zu bewegen. 86
Im horizontalen Wettbewerb, bei Hersteller-Händler-Beziehungen, gewinnen
die Basisstrategien auf den Handel (Marketing-Push) und auf die
Konsumenten (Marketing-Pull) weiter an Bedeutung. 87
5.2 Der Marketing-Prozess
Die Entwicklung des Marketings als ehemals reine Verkaufsförderung bis zu
einer Unternehmensphilosophie der strategischen Unternehmensführung
vom Markt her bindet somit das gesamte Unternehmen ein. Dieser in Abb. 15
dargestellte Markting-Prozess der Verknüpfung von Leitbilden, Zielen,
83
vgl. Raffée, H. (1979), S. 25
vgl. Raffee, H. (1979), S. 3
85
vgl. Meffert, H.; Kirchgeorg, M. (1993)
86
vgl. Raffée, H. (1979), S. 42
87
vgl. Meffert, H.; Kirchgeorg, M. (1993), S. 247
84
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Seite 43
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Beschaffung, Produktion und operativem Marketing mit den umgebenden
Rahmenbedingungen und Marktanforderungen ist die Folge.
Vision
Leitbild
Unternehmenskultur
interne
Stärken/Schwächen
Chancen erkennen,
Stärken ausbauen
und Stärken auf
Chancen konzentrieren
externe
Chancen/Risiken
Ziele
Beschaffung
„lernen“
Strategie(n)
prüfen
Produktion
Marketing
(operativ)
erkennen
Kontrolle
Abbildung 15: Ganzheitlicher Marketing-Prozess 88
Da der zuvor dargestellte Marketing-Prozess für die unternehmerische
Ausrichtung und Steuerung von zentraler Bedeutung ist, sind die einzelnen
Bestandteile kurz erläutert.
Leitbild / Vision
Die Bedeutung eines umweltorientierten Leitbilds zählt aus Sicht der
Unternehmensführung zu einer zentralen Rahmenbedingung, die die
zukünftigen
Entwicklungsperspektiven von Unternehmen entscheidend
prägen. 89
88
89
Wicher, U. (WS 07/08)
vgl. Ostmeier, H. (1990), S. 7
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 44
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Interne Stärken und Schwächen
Folgende Faktoren ergeben sich aus der spezifischen Wettbewerbs- und
Unternehmenssituation: 90
•
Höhe der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (z.B. für die
Entwicklung von neuen Produkte)
•
Flexible und aufgeschlossene Reaktion des Managements auf
Marktanforderungen/-veränderungen
•
Leistungsprogramm (Produktportfolio) der Unternehmung
•
Technisches Know-how der Unternehmung
Externe Chancen und Risiken
Aus
folgenden
Faktoren
ergeben
sich
Chancen
und
Risiken
die
Unternehmung:
•
Regulatorische und umweltpolitische Aktivitäten des Gesetzgebers
(z.B. Verschärfung und Einführung von Gesetzen zu Emissionsschutz,
Unbundling, CO2-Emissionsrechte zur Energieerzeugung) 91
•
(Umwelt-)Bewusstsein
der
Öffentlichkeit
(z.B.
Presse,
Demonstrationen, Konsumboykott)
•
(Umwelt-)Bewusstsein der Konsumenten/Abnehmer (z.B. Verhaltensund Einstellungsänderungen)
•
Aktivitäten der Konkurrenz (z.B. Einführung neuer, umweltfreundlicher
Produkte)
•
Entwicklungen in Wissenschaft und Forschung (z.B. Katalysator,
Rauchgasentschwefelung bei Kraftwerken) 92
Ziele
Marketingziele könnten wie folgt formuliert sein: 93
•
Wahrnehmen von gesellschafts- und umweltpolitischer Verantwortung
für die Lebensbedingungen künftiger Generationen
•
Rationelle Nutzung von Rohstoffen und Ressourcen
90
vgl. Meffert, H. (1988), S. 136, 137
vgl. EEG (2008), KWKG (2002) und BMU (2007)
92
vgl. Meffert, H. (1988), S. 136
93
vgl. Wiedmann, K.-P. (1988), S. 109
91
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 45
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
•
Juni 2009
Entwicklung neuer Produkte und Lösungen auf neuen und relevanten
Märkten
Strategie(n)
Marketingstrategien werden durch das Managements als langfristige
Richtung der Geschäftstätigkeit gesetzt. Folgende zwei Basisstrategien sind
zu unterscheiden:
a) Defensive Strategie
Das Unternehmen bezieht erst Maßnahmen in Planungsüberlegungen ein,
wenn gesetzliche Anforderungen/Auflagen und weitere Gegebenheiten es
verlangen. Durch sachliche Kommunikation wird versucht ein Imageverlust
aufzufangen.
b) Offensive innovative Strategie
Spezifische
Probleme/Anforderungen
werden
von
vorne
herein
in
Planungsüberlegungen berücksichtigt. Es wird agiert statt reagiert; eigene
bestehende Produkte und Dienstleistungen werden beworben, neue
Produkte werden entwickelt. 94
Beschaffung und Produktion
Ein
Unternehmen
kann
durch
das
Beschaffungswesen
auf
deren
Zulieferfirmen einwirken und so über die Nutzung der vorhandenen
Einkaufsmacht einen „Schneeballeffekt“ bewirken (Maketing-pull).
Kontrolle
Zur Steuerung, Planung, Erfolgsbestimmung und Prüfung der Wirksamkeit
der Maßnahmen ist die Einführung eines Controlling erforderlich. Das
bestehende
Controlling
ist
an
die
Anforderungen/Ziele
und
Kontrollinstrumente anzupassen. Eine besondere Bedeutung kommt den
Frühaufklärungssystemen zu, damit latente Gefährdungen sowie Chancen
rechtzeitig erkannt werden und bei der Gestaltung der Marketingkonzeption
zu berücksichtigen. 95
94
95
vgl. Nussbaum, R. (1995), S. 194 ff.
vgl. Meffert, H. (1988), S. 152,153
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Seite 46
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
5.2.1 Marketing-Mix (operatives Marketing)
Der optimale Marketing-Mix stellt sich als diejenige Kombination von
operativen marketingpolitischen Instrumenten dar, durch die ein definiertes
Ziel bestmöglich erreicht wird. Die relative Bedeutung der jeweiligen
Instrumente und deren Kombination hängen vom Unternehmenstyp, vom
Produkt und vom Käuferverhalten ab.
Nach Kotler (2007) gliedert sich der Marketing-Mix in die vier „Ps“, die
Instrumente Produkt, Promotion, Preis und Platzierung (siehe Abb. 16) mit
ihren jeweiligen Merkmalen.
Die einzelnen Bestandteile des Marketing-Mix sind allgemein wie folgt zu
beschreiben, um anschließen die Produktpolitik im speziellen zu betrachten.
Abbildung 16: Marketing-Mix 96
Wichtige exogene Faktoren der Produktpolitik bei technisch komplexen
Erzeugnissen sind z.B. die Gebrauchstauglichkeit, die Sicherheit, die
Wirtschaftlichkeit, die Zuverlässigkeit sowie die Umweltverträglichkeit. Ein im
Wettbewerb erfolgreiches Produkt setzt die optimale oder nahezu optimale
Kombination der genannten Faktoren, unter Berücksichtigung von Gesetzen,
Vorgaben und anerkannten Regeln der Technik voraus. 97 Dabei beeinflussen
Gesichtspunkte wie z.B. Energieverbrauch, direkt die Wirtschaftlichkeit und
die Kommunikation, damit den gesamten Marketing-Mix (siehe Abb. 16).
Anforderungen an einen allgemeinen Marketing-Mix könnten wie formuliert
sein: 98
96
Kotler, Ph.; et al. (2007), S.
vgl. Gadek, K. (1988), S. 192
98
vgl. Meffert, H. (1988), S. 147
97
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Seite 47
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Produkt (Produktpolitik)
•
Differenzierung nach standardisierten und begrenzt individualisierten
modularen
Haushalts-
(Massenkundengeschäft,
und
mass
Kleingewerbeprodukten
customization)
und
individuellen
Lösungen für Industrie- und Großkunden (Individualgeschäft).
•
Ökonomische und ggf. ökologisch orientierte Produktdifferenzierung
(siehe Anhang 1, Beispiel Greenpeace Energy)
•
Minimierung der durch die hergestellten Produkte induzierten
Umweltbelastungen
•
Substitution knapper durch reichlich vorhandene Rohstoffe
•
Sicherstellung
der
kundenfreundlichen
Produktnutzung
durch
Kundendienst und After Sales-Sevice
•
Herstellung
effizienterer,
rohstoffschonender
und
recycelbarer
Produkte
Die Produktpolitik, die darauf abzielt, die Käuferbedürfnisse dauerhaft zu
befriedigen ist das „Herz des kundenorientierten Marketing“. 99
Preis (Kontrahierungs-/Preispolitik)
•
Ökonomische und ggf. ökologisch orientierte Preisdifferenzierung
(siehe Anhang 1, Beispiel Clevergy)
•
Berücksichtigung der Ressourcenknappheit etwaigen Folgekosten in
der Preiskalkulation
•
Mischkalkulation, Preisdifferenzierungen zugunsten innovativer oder
umweltfreundlicher Produkte
Die Preispolitik für Produkte bewegt sich im Spannungsfeld zwischen kostennachfrage-, und konkurrenzorientierter Preisfindung. Auch bei höheren
Preisen für ökologische Produkte ist die Preiselastizität des angesprochenen
Kundensegments ausschlaggebend. 100 Die daraus resultierenden Kosten
müssen über höhere Preise an die Konsumenten weitergegeben werden. 101
Promotion (Kommunikationspolitik)
•
Marken- und produktbezogene PR-Aktionen
•
Steigerung der Bekanntheit gesellschaftspolitischer Problemstellungen
99
vgl. Meffert, H.; Kirchgeorg, M. (1993), S. 210 und Nussbaum, R. (1995), S. 198
vgl. Nussbaum, R. (1995), S. 200
101
vgl. Kotler, Ph., et al. (2007), S. 238
100
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Seite 48
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
•
Informationen über innovative Produkte und Verfahren
•
Produktgerichtete Verkaufsförderung (z.B. Aktion Waldgroschen)
•
Informationen
über
gesellschaftspolitischer
Wirkungen
des
Leistungsprogramms
Mit einer geeigneten Kommunikationspolitik sollen Kenntnisse, Einstellungen
und
Verhaltensweisen
von
Unternehmensleistungen
Kunden
beeinflusst
gegenüber
werden.
den
Eine
spezifischen
kundenbewusste
Öffentlichkeitsarbeit, mit Ziel des Dialogs mit dem Kunden, dient zur
Stärkung des Wertevertrauens der Kunden und dem Aufbau eines Images
mit innovativer, sozialer und ökologischer Kompetenz. 102
Plazierung (Distributionspolitik)
•
Gewährleistung der vorgegebenen Prozesssicherheit zur Lieferung
der Produkte (Leitungsgebundenheit, GeLi, GABi 103 )
•
Aufbau einer effektiven und effizienten Absatzorganisation
•
Vermeidung
imageschädlicher
Wirkungen
durch
absatzorganisatorische Maßnahmen
Die Distribution bezieht sich generell auf alle Entscheidungen und
Handlungen, die im Zusammenhang mit dem Weg eines Produkts zum/vom
Kunden stehen. 104
Durch
eine
stetige
Auswertung
von
Verkaufzahlen
und
anderen
Informationen erhält der Anbieter, wie in Abb. 17 ersichtlich, eine
Rückkopplung über die Qualität der Bestandteile seines Marketing-Mix und
deren Erfolg.
Marketing-Mix
Anbieter
Produktpolitik
Kontrahierungspolitik
Distributionspolitik
Kommunikationspolitik
Zielmarkt
Zielgruppen
Zielpersonen
Feedback
- Käufe
- Informationen
Abbildung 17: Wirkung des Marketing-Mix 105
102
vgl. Nussbaum, R. (1995), S. 202
vgl. BNA, 23.05.2009
104
vgl. Nussbaum, R. (1995), S. 201
103
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Seite 49
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
5.3 Produktpolitik und Planungsprozess
Die Produktpolitik beschäftigt sich neben der Suche und Entwicklung, auch
mit der Gestaltung, der von einem Unternehmen auf dem Markt angebotenen
Produkte und Dienstleistungen. Der Gesamtbereich der Produktpolitik lässt
sich
nach
Abb.
18
in
folgende
Bereiche
mit
weiteren
Merkmalen/Bestandteilen gliedern:
•
Produktpolitik in engeren Sinne
•
Programm- und Sortimentspolitik (Produktpotfolio)
•
Kundendienst (Servicepolitik)
•
Garantieleistungspolitik
Abbildung 18: Bereiche der Produktpolitik 106
Zur Bestimmung und Festlegung der Produktpolitik und der Maßnahmen
empfiehlt sich das systematische Vorgehen nach dem in Abb. 19
dargestellten produktpolitischen Planungsprozess. Der Ausgangspunkt zur
Festlegung der Produktpolitik, ist die Integration und der Abgleich mit dem
strategischen Marketing-Mix.
Beginnend mit der Analyse des eigenen Leistungsprogramms, welche die
Analysen der Programm- und Kundenstrukturstruktur mit der Auswertung der
Umsätze der Kunden des jeweiligen Produkts einschließt, erfolgt die
Definition
105
der
Ziele
der
Produktpolitik.
Eine
Produktstrategie
mit
Weis, H. C. (2007), S. 82
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 50
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
nachfolgender Budgetierung ist zu erarbeiten. Die folgenden Schritte dienen
der Festlegung der operativen produktpolitischen Maßnahmen. Der Erfolg
der Umsetzung der produktpolitischen Maßnahmen wird abschließend
kontrolliert. 107
Abbildung 19: Planungsprozess der Produktpolitik 108
5.3.1 Produktpolitik im engeren Sinne
Im Rahmen der produktpolitischen Maßnahmen sind stets grundlegende
Entscheidungen zu Marktchancen im Hinblick auf folgende Möglichkeiten zu
treffen:
•
Produktinnovation:
Aufnahme
eines
echten
neuen
Produkts
(Produktinnovation) oder eines in ähnlicher Weise auf dem Markt
schon
vorhandenen
Produktes
(Mee-too-Produkt)
in
das
Angebotspotfolio. Dabei sind die Marktchancen und Risiken echter
Innovationen höher, als bei Me-too-Produkten oder quasi-neuen
Produkten (Weiterentwicklung eines bestehenden Produkts).
•
Produktdifferenzierung: Neben dem Basisprodukt werden leicht bis
mittel modifizierte Produkte des Basisprodukts angeboten.
106
Weis, H. C. (2007), S. 227
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 227 und Bruhn, M. (2007), S. 126-131
108
Bruhn, M. (2007), S.127
107
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 51
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
•
Juni 2009
Produktvariation: Anpassung bereits auf einem Markt eingeführter
Produkte an Bedürfnisse der Nachfragenden (Ästhetik, Funktion,
Technik usw.) bei unveränderter Produktanzahl.
•
Produktelimination: Aufgabe nicht mehr erfolgreicher Produkte und
Elimination aus Angebotspotfolio. 109
Ausgehend von der zentralen Rolle, da der Verkauf eines Produktes
maßgeblich Gewinn und Umsatz beeinflusst, wird die Produktpolitik mit ihren
Merkmalen, häufig als Kern oder Herz des Marketings (siehe Abb. 21)
bezeichnet. Somit müssen die Ziele für die Produktpolitik aus den
Marketingzielen abgeleitet werden und die so entstandenen Produkte
müssen die Basis jeder Marketingkonzeption sein.
Die Art der jeweiligen Produktpolitik und deren Ausgestaltung hat
unterschiedlichen Einfluss auf verschiedene Merkmale des Marketing-Mix, da
ein Produkt eine Leistung eines Anbieters ist, die er erbringt, um die
Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu befriedigen. 110
Der Gesamtnutzen des von Kunden wahrgenommenen Produkts besteht
neben
dem
Grundnutzen
und
Produktkerns
aus
den
Zusatznutzen/Kaufmotiven des Produkts, die in Maßnahmen des MarketingMix eingebettet sind (siehe Abb. 20 in Verbindung mit Abb. 21).
Abbildung 20: Produktnutzen 111
Abbildung 21: Wirkung des Produkts 112
109
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 228, 229
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 229, 230
111
Weis, H. C. (2007), S. 231
112
Weis, H. C. (2007), S. 231
110
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 52
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Die
vielfältigen
Auswirkungen
der
Juni 2009
Produktpolitik,
die
das
gesamte
Leistungsspektrum des Unternehmens beim Kunden darstellen, sind in Abb.
22 ersichtlich. Damit wird deutlich, dass bei dem in Abb. 19 dargestellten
Planungsprozess
alle
produktpolitischen
Instrumente
und
deren
Einflussfaktoren vorab überprüft und nach Produkteinführung die Wirkungen
beim Kunden aufgezeigt werden müssen.
Abbildung 22: Auswirkungen der Produktpolitik 113
Die Aufgaben die sich aus der Umsetzung der produktpolitischen
Maßnahmen ergeben lassen sich folgenden Aufgabenbereichen zuordnen:
•
Suche nach Produktinnovationen und neuen Produktideen
•
Entwicklung neuer und neuartiger Produkte
•
Planung und Umsetzung der Markteinführung für neue Produkte
•
Darstellung und Gestaltung von Produkten
•
Änderungen und Marktanpassungen der Produktbestandteile
•
Variation und Differenzierung von Produkten
•
Elimination von Produkten
•
Überwachung von am Markt eingeführten Produkten
Die ersten drei dargestellten Aufgaben der Produktpolitik (Such, Entwicklung,
Markteinführung) entstehen überwiegend bei einer Neueinführung von
Produkten am Markt und sind vor und zu Beginn eines Produktlebenszyklus
113
Weis, H. C. (2007), S. 230
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 53
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
wahrzunehmen. Die übrigen Aufgaben sind jederzeit und fortwährend im
Lebenszyklus eines Produktes wahrzunehmen und zu prüfen.
Der in Abb. 23 ersichtliche Produktlebenszyklus beschreibt in einem
Phasenmodell den „Lebensweg“ eines Produkts über die Zeit mit den
jeweiligen Umsätzen, Umsatzzuwächsen und Gewinnen in den Phasen.
Ziel der produktpolitischen Maßnahmen muss es sein, die Einführungsphase
mit negativen Gewinnen möglichst schnell zu verlassen und das Produkt
möglichst lange in den „Gewinnphasen“ (Wachstum, Reife, Sättigung) zu
halten. In der Phase des Rückgangs wird es ggf. vom Markt zu eliminiert.
Abbildung 23: Produktlebenszyklus in fünf Phasen 114
5.3.2 Programm- und Sortimentspolitik (Verkaufsportfolio)
Jedes Unternehmen wählt ein oder mehrere Produkte aus, die es auf dem
Markt anbieten will. Die Gesamtheit der angebotenen Produkte eines
Industrieunternehmens bezeichnet man als Verkaufsprogramm. Mit der
Programmpolitik wird das Verkaufsprogramm festgelegt.
114
Weis, H. C. (2007), S. 234
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 54
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Die Gesamtheit der angebotenen Produkte eines Handelsunternehmens
bezeichnet man als Sortiment, welches mit der Sortimentspolitik festgelegt
wird.
EVU in ihrer Eigenschaft als Industrie-(Erzeugungs-)unternehmen und
Händler vereinen die Gestaltungsprinzipien und Politiken, so dass im
Weiteren der Begriff des Verkaufsportfolios verwendet wird.
5.3.3 Kundendienstpolitik (Dienstleistungen, Service)
Beim Kundendienst (Service) handelt es sich um eine Dienstleistung, die
neben dem Hauptprodukt den Kunden angeboten wird. Diese Dienstleistung
tritt demnach nur in Verbindung mit der Ware oder Lösung auf, damit das
gesamte komplexe Gebilde des Produkts beim Kunden seinen vollen Nutzen
entwickeln kann. Die steigende Bedeutung des Kundendienstes beruht auf
folgenden Ursachen:
•
Zunehmender Wettbewerb auf zunehmend gesättigten Märkten
•
Profilierung
und
Schaffung
von
Wettbewerbsvorteilen
durch
Dienstleistungen
•
Zunehmendem Wunsch der Kunden nach Problemlösungen
•
Stetig komplexere und kompliziertere Produkte
•
Steigender Wettbewerb zwischen gleichartigen Massengütern und das
daraus resultierende Differenzierungsstreben der Anbieter (z.B.
Energiewirtschaft)
•
Vermeidung von kognitiver Dissonanz (Kaufreue)
Generell lassen sich die Kundendienstleistungen in technische und
kaufmännische Dienstleistungen gliedern. Die technischen dienen der
Installation, Problemlösung, Funktionserfüllung, Informationsgewinnung und
dem Produktabsatz; die kaufmännischen Dienstleistungen dienen als
spezifische Extraleistungen, Beratungen und Erleichterungen für den
Kunden, um ihm den Erwerb des Produkts zu erleichtern oder einen
Zusatznutzen zu generieren. 115
Der Servicedienstleistung und Beratung in allen Verkaufsphasen (vor,
während und nach dem Kauf) kommt eine besondere Bedeutung zu, da die
Interaktion mit den Kunden, sowohl wichtige Informationen zur Verbesserung
115
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 304, 305
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 55
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
der Produktgestaltung, als auch zum Vermeiden der kognitiven Dissonanz
(Kaufreue) beiträgt.
5.3.4 Garantieleistungspolitik (Sicherheit)
Produkte lassen sich besser verkaufen, wenn der Anbieter sich verpflichtet
für den Erfolg seiner Ware einzustehen bzw. das Risiko für einen etwaigen
Schaden zu tragen. Der Verkäufer (Garant) übernimmt die Verpflichtung,
dass der Käufer für die Garantiezeit bestimmt Leistungen in Anspruch
nehmen kann. Dieser Sicherheitsaspekt (Kaufmotiv) der Garantiepolitik
eignet sich besonders bei Einführungen von neuen Produkten, zum Abbau
von Kaufzurückhaltungen und zur Imageverbesserung von Produkt oder
Marke. 116 Nach dem Kauf sind ein professionelles Beschwerdemanagement
und
die
unverzügliche
Reklamationsbearbeitung
von
strategischer
Bedeutung, um eine langfristige Kundenzufriedenheit zu erreichen.
5.4 Zusammenfassung Produktpolitik
Unternehmen sind in ihrer Funktion als gesellschaftliche Institutionen in ein
umgebendes Rahmensystem eingebunden, so dass der ganzheitliche
Marketing-Prozess
mit
dem
operativen
Marketing-Mix
entscheidende
Relevanz hat.
Die Produktpolitik, die darauf abzielt, die Käuferbedürfnisse dauerhaft zu
befriedigen ist zentraler Bestandteil des Marketing-Mix und somit das „Herz
des kundenorientierten Marketing“. 117 Damit kommt der Gestaltung der
Produktpolitik die entscheidende Rolle für die dauerhaft erfolgreiche
unternehmerische Tätigkeit eines Unternehmens zu.
Ziel
ist
es,
das
Produktpotfolio
und
die
wirtschaftlichen
und
kundenspezifischen Produkte anzubieten, die unter den gegebenen (ggf.
zukünftigen)
Rahmenbedingungen
und
Marktmechanismen
die
Kundenbedürfnisse befriedigen und dem Unternehmen den Erfolg sichern.
Dieses Ziel wird im Abgleich des gesamten Marketing-Mix in einem
strategischen
Planungsprozess
mit
produktpolitischen
Instrumenten
umgesetzt und stetig kontrolliert.
116
117
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 305, 306
vgl. Meffert, H.; Kirchgeorg, M. (1993), S. 210 und Nussbaum, R. (1995), S. 198
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 56
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Bei der Betrachtung und Bewertung der Produkte und des Produktportfolios,
ist der jeweilige Produktlebenszyklus bezüglich Produktdifferenzierung oder –
variation und –elemination zu beachten. Der Gesamtnutzen für den
Konsumenten setzt sich aus dem Grund- und Zusatznutzen zusammen.
In der Produktpolitik sind neben der Produkt- und Portfoliogestaltung, die
Instrumente der Service- und Garantieleistungspolitik besonders wichtig.
Unverzügliche
After
Sales-Services
und
professionelles
Beschwerdemanagement i.V.m. einem CRM-System sind Schlüsselfaktoren,
um kundenindividuell, neben der erwarteten Leistung auch Begeisterung für
das Gesamtprodukt und langfristige Kundenzufriedenheit zu erreichen. Das
Risiko der kognitiven Dissonanz (Kaufreue) bei den Kunden, wird durch
diese Maßnahmen der Service- und Garantieleistungspolitik entscheidend
reduziert.
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 57
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
6 Produktpolitik und Produkte in der Energiewirtschaft
Das Marketing als integrierender verknüpfender Prozess nimmt in EVU eine
Schlüsselrolle ein, um sich auf aktuelle und zukünftige Marktanforderungen
sowie Rahmenbedingungen auszurichten. Im Folgenden liegt der Focus auf
dem zentralen Bestandteil des operativen Marketing-Mix, der Produktpolitik.
Die Ausgestaltung der Produktpolitik für SVU und GVU muss den
besonderen Charakteristika der Produkte Strom und Gas sowie der Branche
Rechnung tragen. Die relevanten Charakteristika sind im Wesentlichen wie
folgt:
•
Produkthomogenität,
so
dass
eine
Differenzierung
über
das
Kernprodukt (Commodity) gegenüber Wettbewerbern nicht möglich ist.
•
Leitungsgebundenheit, so dass die Distribution von Strom und Gas
immer über Leitungen erfolgt und damit eine Differenzierung
gegenüber dem Wettbewerb bei der physischen Distribution ebenfalls
nicht möglich ist.
•
Nicht-Lagerbarkeit von Strom, so dass eine Produktion auf Vorrat
nicht möglich ist und Produktion, Distribution und Verbrauch uno acto
erfolgen müssen.
•
Mittelbare Nutzenstiftung, da das Produkt selbst keinen direkten
Kundennutzen stiftet. Der Kundennutzen entsteht immer nur in
Verbindung mit einem Gerät, einer Anlage oder Leuchte etc.
Aufgrund dieser Charakteristika scheinen zwei Parameter des Marketing-Mix
weitgehend determiniert und nicht veränderbar, da das Kernprodukt immer
Strom bzw. Gas ist und die Distribution (Übertragung und Verteilung) auf
bestehende Leitungen beschränkt ist. 118 Die im Wettbewerb befindlichen
Wertschöpfungsstufen für diese „homogenen“ Produkte sind somit die
Erzeugung und der Vertrieb/Handel.
In der Energiewirtschaft sind grundsätzlich zwei Bereiche (Technik und
Vertrieb) voneinander zu trennen. Der technische Bereich der Netzwirtschaft,
der die technische Infrastruktur verantwortet, bildet durch das Eigentum an
Leitungen, Anlagen und Netzen ein natürliches Monopol, welches der
118
vgl. Laker, M. (2001),S. 101, 102
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 58
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Regulierung durch die Bundesnetzagentur (BNA) unterliegt. Der Netzbereich
ist damit nicht Bestandteil der Betrachtung.
In diesem Kapitel werden die jeweiligen Produkte und die zu Grunde
liegenden Produktpolitiken in der vertrieblichen Energiewirtschaft dargestellt.
Die Betrachtung verschiedenen Produktbestandteile in Abhängigkeit vom
Kundenklientel, welches durch ein Produkte angesprochen wird, ist dabei
von zentraler Bedeutung.
6.1 Produktpolitiken in der Energiewirtschaft
Bei der Ausrichtung und Gestaltung der übergreifenden Produktpolitiken der
EVU ist generell eine Marktsegmentierung nach dem Kundenklientel
festzustellen.
Je
Produktpolitiken
nach
Segment/Kundenklientel
(Produktgestaltung,
werden
Marken-,
differenzierte
Namenspolitk,
Produktportfolien, Garantieleistungen und Kundendienst) gebildet.
Die Segmentierung der Kunden erfolgt nach:
•
relevanten Kundenbedürfnissen
•
Leistungstiefe und –breite der EVU
•
Einstellungen und Verhaltensweisen der Kunden
•
rechtlichen Rahmenbedingungen (private oder gewerbliche Nutzung)
•
versorgungstechnischen
Rahmenbedingungen
(mit/ohne
Leistungsmessung und Versorgungsebene/-spannung)
•
Kundenbewertungsmodellen der EVU (Umsätze, Deckungsbeiträge,
Risiken, Marketingkosten, Entwicklungsmöglichkeiten, etc.) 119
Die Analysen zur Kundenbewertung können eindimensional (z.B. ABC,
Customer-Lifetime-Value oder Kundenzufriedenheit) oder mehrdimensional
(z.B. Scoring, Portfolio oder kombinierte Modelle) sein.
Das Ergebnis ist die kundengruppenspezifische Segmentierung nach HuK,
Gewerbekunden und Industrie- und Großkunden.
Das Ziel der Kundensegmentierung ist die spezifische Ansprache der
Kunden(gruppen) durch die produktpolitischen Maßnahmen aufgrund der
Bedürfnisse und der Intensität der Aktivitäten. 120
119
120
vgl. Latkovic, K. (2000), S. 237, 238
vgl. Latkovic, K. (2000), S. 238
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Seite 59
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Das
Segment
der
überwiegend
Juni 2009
privaten
HuK-Kunden
ist
dem
Massenkundengeschäft und die Segmente der Gewerbe und Industrie- und
Großkunden
dem
Individualgeschäft
zuzurechnen.
Industrie-
und
Großkunden stellen für die EVU Schlüsselkunden dar, die sich durch
individuelle Leistungskriterien und Produktnutzen deutlich von den anderen
Kundengruppen unterscheiden. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden,
findet zumeist eine lösungsorientierte persönliche Betreuung durch KeyAccount-Manager statt.
Damit ist das Produktportfolio des jeweiligen Segments nicht nur aufgrund
der unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden, sonder auch aufgrund der Art
der Betreuung unterschiedlich ausgestaltet.
Im
Massengeschäft
des
HuK-Segments
(z.T.
auch
im
Gewerbekundensegment) werden die Kunden mit standardisierten Produkten
und allgemeinen Informationen Online, per Post oder am Telefon betreut.
Neben den gesetzlich vorgeschriebenen „Tarifen“ der Grundversorgung, sind
feststehende
Produkte
Wahlmöglichkeiten
oder
(Mass
auch
Produkte
Costumization)
bekannt.
mit
Die
vorgegebenen
strategische
Ausrichtung der Produktpolitik ist dabei für die Gestaltung und Ausprägung
der Produktbestandteile sowie für die Positionierung von besonderer
Bedeutung 121 .
Bei der Positionierung stellen neue Anbieter (Angreifer) die Wirtschaftlichkeit,
durch geringe Preise oder innovative Preisstellungen und ein neues
Image/Marke (siehe Anhang 6, Badenova) bei hoher Flexibilität (z.B. kurze
Vertragsbindung) heraus.
Die etablierten Anbieter (Verteidiger) setzen bei der Positionierung der
Produktbestandteile auf Präsenz und Sicherheit/Verfügbarkeit, auf Regional/Lokalbezug und auf Dienstleistungen. 122 Die Möglichkeit der aggressiven
Preisstrategie zur Verdrängung der Wettbewerber, ist den etablierten EVUs
aufgrund
ihrer
marktbeherrschenden
lokalen/regionalen
Stellung
aus
kartellrechtlichen Gründen nicht gegeben.
Im
Individualgeschäft
der
Industrie-
und
Großkunden
(selten
im
Gewerbekundensegment) kommt der Ausgestaltung der Produktpolitik die
121
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 42
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Seite 60
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
bedeutsame Rolle der zielorientierten Systemlösung mit individueller
Gestaltung des Gesamtprodukts zu. 123 Dabei werden alle Möglichkeiten der
Leistungstiefe- und breite für die Produktdifferenzierung genutzt, die dem
EVU zu Verfügung stehen, um dadurch das Kundenbedürfnis der
wirtschaftlichen Systemlösung zu befriedigen.
6.2 Leistungskriterien und Produktnutzen
Für eine erfolgreiche Umsetzung der produktpolitischen Maßnahmen im
homogenen Strommarkt (z.T. auch Gasmarkt) ist es wesentlich, die für den
Konsumenten
relevanten
und
nutzenstiftenden
Eigenschaften
sowie
funktionale, psychologische oder soziale Zusatzangebote zu identifizieren. In
das
Gesamtprodukt
sind
dazu
die
Bestandteile/Argumente
zu
implementieren und dann zu kommunizieren.
Eine Möglichkeit zur Identifikation der Kaufmotive ist die Means-End-Theorie.
Sie dient zur Identifikation und Erfassung der verhaltensprägenden Kräfte in
einer subjektiven Produktbeurteilung durch die Konsumenten und gliedert
sich in drei Ebenen. Dabei werden die funktionalen und abstrakten
Eigenschaften eines Produkts ermittelt (erste Ebene) und daraus der
funktionale sachliche Nutzen mit den sozialen, psychischen Konsequenzen
(Kaufmotive) generiert (zweite Ebene). In der dritten Ebene werden die aus
den Eigenschaften abgeleiteten (Nutzen-)Kaufmotive mit Werten belegt.
Werte oder emotionale Leistungskriterien sind z.B. soziale Anerkennung,
Verantwortung,
Frieden,
Sympathie und Erfolg.
Selbstachtung,
Selbstbewusstsein,
Harmonie,
124
Die für den Kunden nutzenstiftenden sachlichen Bestandteile eines Produkts
entsprechen somit den Kaufmotiven (siehe Abb. 24, 23 und 26). Die
emotionalen
Leistungskriterien
sind
eng
mit
der
Beziehungsqualität
(Betreuung, Sympathie, Anerkennung) verbunden. Denn aufgrund der
fehlenden Differenzierungsmöglichkeit der Menschen zwischen sach- und
gefühlsorientierten Entscheidungskriterien, ist das Image des EVU und die
persönliche Betreuung durch einen „Verkäufer“, neben den sachlichen
122
123
vgl. Laker, M. (2001), S. 105-111
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 42
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Seite 61
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Kriterien, Bestandteil des Gesamtprodukts (siehe Abb. 24). 125 Somit handelt
es sich bei den in Abb. 26 ersichtlichen Produktbestandteilen „Image“ und
„Beratung“ auch um Kaufmotive.
Abbildung 24: gemeinsame Wirkung von sachlichen und emotionalen
Leistungskriterien 126
Der Vertrieb als Produktbestandteil, der zusätzlich zum Grundnutzen des
Produkts
einen
Zusatznutzen
vermittelt
und
eine
belastbare
Beziehungsqualität und Kundenzufriedenheit aufbaut, ist in Abb. 25
dargestellt.
Abbildung 25: verschiedene Dimensionen der Produktleistung 127
Da die Beziehungsqualität entscheidend von den Kenntnissen und
Fähigkeiten des „Verkäufers“ abhängt, um sich auf den jeweiligen Kunden
124
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 20, 28-31
Vgl. Dannenberg, H. (2001), S. 78-80
126
Dannenberg, H. (2001), S. 79
125
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Seite 62
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
einzustellen, werden Key-Account-Manager eingesetzt. Die Key-AccountManager verfügen neben einer ausgeprägten soziale Kompetenz, auch über
spezielle Kenntnisse im Geschäftsfeld des Kunden. Sie bilden bei der
Produktgestaltung, durch diese Fähigkeiten maßgeschneiderte Lösungen als
Produktbestandteil.
Der Zusammenhang der einzelnen Nutzenkomponenten ist nachfolgend am
Beispiel von aktuellen Produkten der Energiewirtschaft in den verschiedenen
Kundensegmenten erläutert. Dabei ist das Gesamtprodukt, welches ein
Kunde wählt, die Kombination der Bestandteile/Kaufmotive, die seine
Bedürfnisse am besten befriedigen. Die Lieferung von Energie (Commodity)
ist als Basis immer vorhanden Das Vorhandensein und die Ausprägung der
Bestandteile variieren.
6.3 Aktuelle Produkte der Energiewirtschaft
Generell gelten die Bestandteile und Kaufmotive (siehe Abb. 26) eines
Produkts für alle Kunden, werden jedoch in ihrer Ausprägung und Bewertung
für
eine
Kaufentscheidung
je
nach
Klientel
sehr
unterschiedlich
wahrgenommen.
Produkt
Qualität/
Nachhaltigkeit
Preis/Wirtschaftlichkeit
Service/
Bequemlichkeit
Beratung/
Regionalität
Energie
(Commodity)
Sicherheit/
Verfügbarkeit
(Fremd-)Dienstleistungen
Darstellung/
Präsenz
Marke/
Image
Sortimentsbreite/-tiefe
Abbildung 26: Produktbestandteile und Kaufmotive 128
127
128
Dannenberg, H. (2001), S. 80
eigene Darstellung
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
Seite 63
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Aus diesem Grunde ist eine Differenzierung in standardisierte Haushalts- und
Kleingewerbeprodukte (Massenkundengeschäft) und individuellen Lösungen
für Industrie- und Großkunden (Individualgeschäft) in Abhängigkeit der
Strategie (Energielieferant oder Energiedienstleister) festzustellen.
Die
Produkte
für
das
Gewerbekundensegment
sind
zumeist
durch
Produktdifferenzierung aus Standardprodukten entstanden und auf das
jeweilige Gewerbe angepasst.
6.3.1 Kaufmotive im privaten HuK-Segment
Das Kaufmotiv der Sicherheit und Verfügbarkeit steht für das private
Kundenklientel
im
HuK-Bereich.
Bedürfnispyramide
von
Zu
Maslow 129 ,
erklären
da
ist
dies
hierarchisch
nach
höher
der
gelagerte
Bedürfnisse/Motive erst dann an Bedeutung gewinnen, wenn die hierarchisch
tiefer gelegenen Bedürfnisse/Motive des Menschen ausreichend befriedigt
sind. 130 Im privaten HuK-Bereich muss somit erst das Bedürfnis/Motiv der
Sicherheit
befriedigt
sein,
ehe
den
Motiven
Beratung/Regionalität,
Marke/Image und Qualität (Ökosegment) Beachtung geschenkt wird. Viele
von privaten Konsumenten geäußerte Assoziationen zur Deregulierung der
Energiemärkte
verdeutlichen
Wechselmodalitäten
die
und
endogenen
Wechselfolgen)
(kundenbezogene
und
exogenen
(Marktentwicklungen) Unsicherheiten. 131 Hieraus und aus dem Ziel der
Kundenzufriedenheit, sind die großen produktpolitischen Anstrengungen der
EVU in der Servicepolitik sowie Leistungs- und Garantiepolitik als zentrale
Produktbestandteile Beratung und Service (siehe Abb. 26) zu erklären. Eine
Steigerung der Kundenzufriedenheit wird z.B. durch konsequentes und
professionelles Reklamations- und Beschwerdemanagement sowie durch
zusätzliche den Kunden begeisternde Leistungen erreicht.
Insgesamt
sind
die
Motive,
die
einen
HuK-Kunden
zu
einem
Vertragsabschluss bewegen vielfältig und mehrschichtig. Neben einem oder
zwei
Hauptmotiven
werden
diese
von
anderen
z.T.
wechselnden
Beweggründen überlagert. Die Motive nach Abb. 26 sind im Einzelnen:
129
130
vgl. Maslow, (1970), Bedürfnispyramide
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 89, 90
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Seite 64
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Motiv Marke/Image:
Sowohl kommunikations- als auch produktpolitisch wird das Motiv der Marke
und des Images durch verstärkte Emotionalisierung geprägt. Zum Einsatz in
Werbeauftritten
kommen
Familien
(siehe
Abb.
27),
Comicfiguren,
Testimonials oder bekannte Persönlichkeiten als Multiplikatoren (z.B. Arnold
Schwarzenegger, E.ON-Mix-Produkt). Die aggressiven Werbeauftritte für
„Yello-Strom“ oder die politisch provokanten Aussagen gegen Atommüll unter
der Marke „Greenpeace Energy“ emotionalisieren und prägen einen
Markennamen und ein Image. 132 Zur Darstellung des ausgeprägten
Unternehmensimages trägt auch die Veranschaulichung der Leitlinien und
der sozialen Verantwortung bei (z.B. RWE 133 ). Das Motiv Marke/Image spielt
im Markt des homogenen Produkts Strom (z.T. auch Gas) eine zentrale
Rolle, da insbesondere die Marke ein Mittel zur Differenzierung zum
Wettbewerb darstellt. Ein Beispiel für die Übertragung/Koppelung mit dem
Image und der Werte auf ein Stromprodukt ist in Abb. 28 mit dem „ersten
grün-weißen Strom“ (SV Werder Bremen) von der EWE ersichtlich.
Abbildung 27: Wertemotiv Image 134
Abbildung 28: Wertemotiv Marke 135
Motiv Qualität und Nachhaltigkeit:
Das Strom und z.T. auch Erdgas als homogene Produkte bezeichnet werden
können,
führt
lediglich
die
Qualität
der
Erzeugung/Produktion
zu
Differenzierungsmöglichkeiten (siehe Abb. 29). Strom der aus regenerativen
Energien (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie) erzeugt ist wird
von Anbietern wie u.a. Greenpeace oder CLEVERGY (siehe Anhang 1)
131
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 110
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 17
133
RWE, 05.06.2009
134
E.ON Avacon, 23.05.2009
135
EWE, 23.05.2009
132
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Seite 65
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
vertrieben. Diese mehr oder weniger nachhaltigen (mit/ohne zusätzliche
Förderung,
siehe
Abb.
30)
Ökoprodukte
werden
durch
das
EEG
subventioniert und sprechen das ökologisch motivierte Kundenklientel an
(siehe auch Anhang 6, Citiworks und Düsseldorf). Dieses gilt auch für
Produkte mit einem garantierten Anteil an effizient erzeugtem KWK-Strom.
Das derzeit noch begrenzte Angebot von Anbietern mit Biogasprodukten,
wird sich nach eigener Meinung in den nächsten Jahren erhöhen, nachdem
technische
Hindernisse
(Gasaufbereitung)
gelöst
und
rechtliche
Rahmenbedingungen (Biogasumlage) geklärt sind.
Abbildung 29: Imagemotiv Qualität 136
Abbildung 30: Wertemotiv Nachhaltigkeit 137
Motiv Service und Bequemlichkeit:
Als ein ideales Beispiel für Service und Bequemlichkeit sind die Produkte von
„e-wie-einfach“ zu nennen, da es jeweils nur ein Strom- und Gasprodukt gibt
welches in der Kaufabwicklung für den Kunden simpel und bequem
umzusetzen ist. Keine Produktvielfalt oder Wahlmöglichkeit verwirrt und der
Ablauf bis zum Vertragsabschluss ist sowohl postalisch, per Fax, als auch
Online leicht verständlich dargestellt.
Ein weiteres Beispiel für das Motiv der Bequemlichkeit sind Multi UtilityAngebote, bei denen der Kunde verschiedene Energiearten, Wasser und
Dienstleistungen (IT, Telefon, Finanzierungen) aus einer Hand erhält (siehe
Abb.
31
in
Verbindung
mit
Motiv
Marke/Image
durch
bekannte
Persönlichkeit). Oftmals werden solche Produkte von etablierten lokalen oder
regionalen EVU, gekoppelt mit Preisnachlässen, angeboten.
136
137
E.ON Avacon, 23.05.2009
E.ON Avacon, 23.05.2009
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Seite 66
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Motiv Beratung:
Hier sind es besonders die lokalen Versorgungsunternehmen, die neben den
Informationen
auf
Internetseiten,
den
persönlichen
Kontakt
im
Kundenzentrum anbieten. Dazu werden neben den ständig vorhandenen
Möglichkeiten auch Informationsveranstaltungen zu speziellen Themen und
energienahen
Dienstleistungen
(Beleuchtung,
regenerative
Energien,
Heizsysteme, Förderprogramme o.a.) durchgeführt.
Motiv Dienstleistungen:
Neben den, bei den Motiven Service/Bequemlichkeit und Beratung
dargestellten Dienstleistungen zu Informations- und Know-how-transfer, sind
technische
Dienstleistungen
ein
bedeutender
Aspekt
für
die
Kaufentscheidung. Diese energienahen Dienstleistungen reichen vom
Power-Line,
über
Smart-Metering,
Energiecontrolling
und
Energie(daten)management bis zu Contracting (siehe Anhang 6, Stadtwerke
Münster). Anbieter dieser lösungsorientierten Produkte sind wiederum häufig
etablierte EVU sowie auf die jeweilige Dienstleistung spezialisierte
Unternehmen (z.B. Contractoren), die die Energielieferung „nebenbei“
organisieren und durchführen.
Motiv Darstellung/Präsenz:
Häufig ist eine hohe Werbepräsenz bei einem niedrigen Informationsgehalt
und starkem Aufforderungsappell festzustellen, um die Kaufbereitschaft
eines Low-Involvement-Produktes Strom (z.T. auch Gas) zu stimulieren. Das
Mittel
der
häufigen
Wiederholung
dient
gemäß
der
klassischen
Konditionierung zur Stimulation und gleichzeitig der Steigerung der
Markenbekanntheit von neuen Anbietern. Auch die etablierten EVU setzen
durch Sponsoringaktivitäten (Kultur: E.ON; Fussball: RWE, envia; Basketball:
EWE, EnBW) auf stetige imagebildende Präsens.
Motiv Sortimentsbreite/-tiefe
Hier sind wieder die zuvor beschriebenen Produktansätze der Multi Utility in
Kombination mit weiteren Dienstleistungen (IT, Telefon, Finanzierung,
Optimierung) zu nennen. Dabei versuchen die EVU die zur Verfügung
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Seite 67
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
stehenden Unternehmensbereiche in die Wertschöpfung in Breite und Tiefe
einzubinden. EVU mit starker Ausprägung des Infrastrukturaufbaus in
Leitungen und Netzen, bieten häufig Telekommunikationsdienstleistungen
neben der Energielieferung mit an (z.B. EWE AG und EWE TEL).
Andererseits können auch Telefonanbieter, durch die Kompetenz und
Prozesssicherheit im Abrechnungsbereich (Billing) und Datenmanagement
die Energielieferung übernehmen, wie z.B Teldafax in folgender Abb. 31.
Abbildung 31: Produktinformation TelDaFax 138
Sicherheit/Verfügbarkeit:
Für etablierte Anbieter steht das Halten des eigenen Kundenstammes unter
wirtschaftlich tragfähigen Bedingungen im Vordergrund, so dass die Vorteile
Sicherheit und Verfügbarkeit (lokale Nähe, kurze Wege, Kundenzentren) in
den Abb. 32 und 33 herausgestellt werden.
Abbildung 32: Wertemotiv Sicherheit 139
Abbildung 33: Wertemotiv Verfügbarkeit 140
138
TelDaFax, 23.05.2009
E.ON Avacon, 23.05.2009
140
E.ON Avacon, 23.05.2009
139
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Seite 68
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Motiv Preis/Wirtschaftlichkeit:
Es handelt sich um das wichtigste Motiv der meisten Neuanbieter und bei
Markteinführung eines Produkts. Als Beispiel sei hier das preisaggressive
Webeversprechen bei der Markteinführung der Marke „Yello“ mit dem Slogan
„gelb, gut, günstig“ genannt, mit dem den Konsumenten die dauerhafte
Preisführerschaft suggeriert wurde.
Oftmals wird der Preis als entscheidendes Differnzierungskriterium für Strom
(z.T. auch Gas) empfunden, da sinnliche Wahrnehmungsmerkmale fehlen. 141
Bei produktpolitischer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass es sich bei den
Produkten nicht um Innovationen, sondern um Produktdiffernzierungen über
die Tarifstruktur handelt. Die Produkte differieren lediglich in der Preisstellung
durch Grundgebühr und Arbeitspreis pro Kilowattstunde (kWh).
Seit einigen Monaten werden modulare Produktvariationen angeboten, bei
denen ein Basisprodukt an die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden angepasst
werden kann. Ein Beispiel ist das aktuelle Produkt der Stadtwerke Hannover
AG „enercity strom & option“ (siehe Abb. 34), bei dem der Basisstrompreis
rabattiert wird für: Erteilen einer Einzugsermächtigung (2% Rabatt),
Zählerselbstablesung
(1%)
und
einer
festen
Vertragslaufzeit
bei
Preisgarantie von einem Jahr (1%) oder von zwei Jahren (2%). Eine weiteres
Beispiel einer Produktvariation ist im Anhang 1, (CLEVERGY) ersichtlich.
Abbildung 34: Produktvariation enercity strom & option 142
141
142
vgl. Schikarski, A. (2005), S. 11
enercity, 23.05.2009
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Seite 69
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
6.3.2 Kaufmotive im Gewerbekundensegment
Neben den für den privaten HuK-Bereich geltenden Kaufmotiven und
Produktbestandteilen, sind für Gewerbekunden folgende Motive für ein
Produkt/Vertragsabschluss entscheidend.
Das Hauptmotiv ist die Wirtschaftlichkeit. Daneben sind die Motive der
Beratung und Regionalität und die des Service und Bequemlichkeit (im Sinne
von
Verlässlichkeit),
wie
auch
die
Sortimentsbreite-/tiefe
und
Dienstleistungen entscheidend.
Ein Gewerbekunde legt demnach Wert auf Wirtschaftlichkeit mit individueller
Ansprache durch eine loyale verlässliche Person aus der Region (kurze
Wege, eigenes Geschäftsumfeld), die seine Interessen berücksichtigt und für
ihn Abläufe koordiniert.
Beispiele aus der Energiewirtschaft hierfür sind branchenspezifische
standardisierte
Produkte,
wie
auch
individuelle
Lösungen
zur
Leistungsbreite-/tiefe gepaart mit Dienstleistungen.
Energienahe Dienstleistungen wie Energieanalysen, Energie-Contolling oder
das
gesamte
Energiemanagement
sind
im
Rahmen
der
Wettbewerbsdifferenzierung grundlegend.
Spezielle Branchenprodukte für Gewerbekunden sind z.B. wohnungs/nutzerweise Abrechnungsdiensteistungen für Wohnungsbaugesellschaften
oder
Finanzierungs-/Betriebsdienstleistungen
(Contracting)
für
liquiditätssensible Unternehmen. Die Dienstleistungen und Möglichkeiten des
Contractings
reichen
dabei
von
der
reinen
Betriebsführung
der
energietechnischen Anlagen über die Vergütung anhand verbindlicher
Energieeinsparungen bis zu Finanzierungen der Anlagen. Vorteile der
Vergabe an einen Contractor sind einerseits die Reduktion der Festkosten,
da nur variable Kosten für die Energiebeschaffung anfallen und andererseits
nur für den Nutzen (Licht, Wärme, Kälte, Druckluft) zu zahlen ist (ähnlich
Pay-on-Produktion-Modelle in der Produktionswirtschaft). Ein bedeutender
Aspekt ist auch die Wahrung der Liquidität des Gewerbeunternehmens
(Contractingnehmers), da das Eigentum, somit das Anlagevermögen beim
EVU (Contractinggeber) aktiviert wird und die Bilanz nicht belastet.
Eine weitere Kombination aus den Motiven Wirtschaftlichkeit, Service, Marke
und
Dienstleistungen
Filialisten
(z.B.
sind
Bäckereien,
Rahmenvereinbarungen/Bündelungen
Bekleidungsshops,
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Optiker
o.a.)
für
und
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Interessengemeinschaften wie z.B. Mitgliedsunternehmen der DEHOGA,
Kreishandwerkerschaften, Maschinenringe oder Berufsgenossenschaften.
Für die größte Anzahl der Gewerbekunden treten die Kaufmotive
Marke/Image und der Qualität in den Hintergrund. Diese sind nur für ein
kleineres begrenztes Klientel innerhalb der gesamten Kundengruppe
interessant, so dass von den meisten EVU lediglich nur ein standardisiertes
Produkt mit Optionen angeboten wird.
Insgesamt ist somit die Wirtschaftlichkeit des Produkts mit einem
Verlässlichen Ansprechpartner in der Region gepaart mit spezifischer
Dienstleistung für einen Gewerbekunden, die Kombination für eine
erfolgreiche Ausrichtung der Produktpolitik.
6.3.3 Kaufmotive im Industrie- und Großkundensegment
Bei
Industrieund
Großkunden
sind
überwiegend
Dienstleistungen
und
der
Preis
(Wirtschaftlichkeit)
im
marktnahe
Focus
und
entscheidend für die Ausrichtung und Gestaltung der Produktpolitik.
Wichtigste Kriterien bei der individuellen Produktgestaltung für Industrie- und
Großkunden sind:
•
Art der Beschaffung (komplett, Teilmengen/Tranchen, long/shortPositionen)
•
Kaufzeitpunkt
•
Beschaffungszeitraum
•
Bewertung von Volatilität/Preisrisiken
•
Absicherungsgeschäfte
•
Handlingsdienstleistungen (z.B. Bilanzkreismanagement)
•
Darstellung aktueller Marktinformationen
•
Einbinden
Dienstleistungen
(z.B.
Betriebsführung,
Anlagenbau,
Notbereitschaft, 24/7 Überwachung, Finanzierungen, gemeinsame
Forschung/Entwicklung)
•
Marketingaktivitäten (z.B. Sponsoring, Werbung)
Da die Wirtschaftlichkeit im Fordergrund steht, werden zumeist Preis- und
Absatzrisiken
abgesichert.
Dabei
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ist
die
Wahl
des
geeigneten
Seite 71
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Absicherungsprodukts und der entsprechenden Strategie von den gesetzten
Zielen abhängig.
Die
Ziele
der
Planungssicherheit
zukünftiger
Rohstoffpreise,
einer
Preisfixierung bei steigenden Preisen ohne Belastung der Liquidität werden
mit OTC-Swaps und OTC-Forwardprodukten, bzw. Swaps und Futures der
Energiebörsen (EEX, ICE/IPE, TTF) Ziele die Preisobergrenzen zukünftiger
Preise oder das Profitieren an sinkenden Preisen verfolgen, können mit
Optionen erreicht werden.
Im Folgenden Beispiele für eine Risikoverteilung durch Tranchenbeschaffung
und Preisabsicherungen durch einen OTC-Swap und durch eine Option
dargestellt.
Beispiel einer Risikoverteilung durch Tranchenbeschaffung
Das Preisrisiko kann durch eine Beschaffung in Teilmengen (Tranchen)
reduziert werden, da der optimale Beschaffungszeitpunkt am Terminmarkt
nur schwierig zu prognostizieren ist (Volatilität, Marktentwicklung).
Nach Aufteilung der prognostizierten Laststruktur in die Börsenprodukte
(Base und Peak), werden Tranchen zu definierten oder variablen Zeitpunkten
am EEX-Terminmarkt vom EVU beschafft. Die Beschaffung erfolgt dabei
unter der Berücksichtigung von definierten Preisober- und untergrenzen, die
ggf. einer Absicherung unterliegen. Der resultierende Energie-/Arbeitspreis
(AP)
ermittelt
sich
aus
der
Summe
aller
Terminkäufe
und
einer
Handlingpauschale dividiert durch die Anzahl der Tranchen (siehe Formel in
Abb. 35).
Abbildung 35: Tranchenbeschaffung Strom mit Preisgrenzen 143
143
E.ON Energy Sales (2009)
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Seite 72
Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Beispiel eines Absicherungsgeschäfts durch Swap
Swap zur Preisfixierung mit Bank (fixed for floating, dargestellt in Abb. 36)
•
Der Kunde zahlt fixen Preis und erhält variablen Preis
•
Basisnotierungen auf Preisindizes (EEX, TTF, Stat. Bundesamt) oder
andere offizielle Notierungen/Daten (siehe Anlage XXX) möglich
•
Der Kunde erhält/leistet je nach Kursentwicklung Ausgleichszahlungen
•
Die Bank übernimmt finanzielle Absicherung
•
Die physische Beschaffung (Commodity) erfolgt durch Kunden
Abbildung 36: Preisfixierung mit Swap „fix gegen variabel“ 144
Beispiel einer Preisabsicherung mit Optionen
Finanzielle Begrenzung des Rohstoffpreises durch Option (siehe Abb. 37)
Abbildung 37: Risikoprofil bei Kauf einer Call-Option
144
145
vgl. BayernLB (2007)
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
•
Mit Optionen kann der Rohstoffpreis finanziell begrenzt werden
•
Die Optionspreise basieren auf der jeweils aktuellen Terminkurve
(Future/Forward-Kontrakte,
Beispiel
siehe
Anhang
2,
EEX-
Stromfuture)
•
Der physische Kauf muss parallel dazu erfolgen.
•
Der Rohstoff- Energieverbraucher zahlt als Optionskäufer eine Prämie
und erhält damit das Recht zu einem festgelegten Ausübungspreis
Rohstoff/Energie (HEL = leichtes Heizöl) zu kaufen
•
Die maximalen Bezugskosten sind begrenzt.
•
Die Abrechnung der Optionen kann monatlich, quartalsweise oder
jährlich erfolgen.
Die
Absicherung
von
Preisen
zur
Gewährleistung
der
zukünftigen
Wirtschaftlichkeit ist ein herausragendes Argument bei Produkten für
Industrie- und Großkunden. Einige strategische Produktvariationen zur
Absicherung des Strompreises und damit verbundener Risikostreuung durch
frühzeitige z.T. variable Teilmengenbeschaffungen (Tranchen), angelegte
gleitende Preisformeln oder weitere Beispiele für Absicherungen mittels
Derivaten sind im Anhang 2-5 graphisch dargestellt.
Die Darstellung und Umsetzung der Produktpolitik und den angebotenen
Produkten der EVU beim Kunden obliegt häufig dem zuständigen KeyAccount-Manager. Dieser arbeitet die Bedürfnisse des Kunden heraus und
gleicht sie mit dem gesamten Leistungsspektrum des EVU ab. Aus
Bedürfnissen und Leistungsmöglichkeiten wird dann zusammen mit dem
Kunden ein spezifisches Produkt aus Dienst- und Zusatzleistungen
entwickelt. Da für den Kunden auch die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des
Produktangebots entscheidend ist, muss das Produkt sowohl die aktuellen,
als auch die zukünftigen Rahmenbedingungen und Marktmechanismen
berücksichtigen.
145
vgl. BayernLB (2007)
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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6.4 Ergebnis der Produktpolitik und Produkten in der Energiewirtschaft
Die Segmentierung des gesamten Kundenpotentials durch die EVU in das
HuK- Gewerbekunden- und Industrie- und Großkundensegment spielt für die
Ausgestaltung der Produktpolitik eine wesentliche Rolle. Während die
Kunden aus dem HuK-Segment dem Massengeschäft zugehören, werden
einige des Gewerbekundensegments und alle der Industrie- und Großkunden
individuell betreut.
Die Aufteilung der Kunden erfolgt nach den relevanten Bedürfnissen und
Verhaltensweisen
der
Kunden,
den
rechtlichen
und
technischen
Rahmenbedingungen sowie nach der Kundenbewertung der EVU.
Für die Produktpolitik im jeweiligen Kundensegment ist die Identifikation und
Darstellung des jeweils nutzenstiftenden Produktbestandteils besonders
wichtig. Diese Bestandteile der Produkte sind die Kaufmotive für die Kunden,
wobei nicht zwischen sachlichen und emotionalen Leistungskriterien
unterschieden werden kann, da das Produkt als Ganzes empfunden wird.
Damit
sind
Reklamations-
auch
und
Zusatzdienstleistungen
Beschwerdemanagement
wie
für
After
die
Sales-Service,
Steigerung
der
Kundenzufriedenheit besonders wichtig.
Im HuK-Segment sind die Kaufmotive der Sicherheit und Verfügbarkeit sowie
Image/Marke und im Speziellen die Qualität (Ökosegment) im Vordergrund.
Im
Gewerbekundensegment
sind
es
Wirtschaftlichkeit,
Service
und
Regionalität sowie Dienstleistungen.
Industrie- und Großkunden verlangen nach marktnahen Dienstleistungen
unter besonderer Beachtung der Wirtschaftlichkeit. Die Kunden dieses
Segments werden individuell von Key-Account-Managern betreut, die
zusammen mit den Kunden individuelle Systemlösungen entwickeln. Die
produktpolitischen
Aktivitäten
schließen
dabei
das
gesamte
Leistungsspektrum des EVU ein.
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
7 Gesamtzusammenfassung und Ergebnis
Die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Marktmechanismen
haben sich durch die Liberalisierung grundlegend verändert. Die ehemals
standardisiert auf die technische Versorgung der Abnehmer gültigen Tarife,
sind heute, den auf individuellen Kundenbedürfnissen beruhenden Produkten
gewichen. Die Bestandteile eines Produkts spiegeln dabei die verschiedenen
Kaufmotive wider, die zur Befriedigung der individuellen Käuferbedürfnisse
führen. Obwohl es sich bei Strom und Gas um (nahezu) homogene Produkte
und zunehmend reine Handelsware (Commodity) handelt, findet durch die
Liberalisierung eine verstärkte Ausdifferenzierung der produktpolitischen
Aktivitäten
stattfindet. 146
Neben
Produktdifferenzierungen
sind
auch
Produktvariationen festzustellen.
Die
Ausgestaltung
der
Produktpolitik
erfolgt
abgestimmt
auf
das
angesprochene Kundensegment der privaten Haushalte und gewerblichen
Kleinverbraucher (HuK), Gewerbe- oder Industrie- und Großkunden.
Die Segmentierung des gesamten Kundenklientels beruht auf den Spezifika
der
Strom-
und
Gasmarktmechanismen
und
den
rechtlichen
Rahmenbedingungen sowie der Bewertung des Kundenportfolios durch die
Energieversorgungsunternehmen
(EVU).
Aus
dieser
Segmentierung
entstehen eigenständige Teilmärkte mit spezifischen produktpolitischen
Maßnahmen der EVU.
Die Identifikation der unternehmerischen Chancen und Risiken mit der
Ausgestaltung
einer
spezifischen
Produktpolitik
für
die
jeweilige
Kundenklientel im relevanten Teilmarkt, sind aus den verschiedenen
Produktportfolien und Produkten selbst abzuleiten. Die konsequente
Ausrichtung auf den (Zusatz)Nutzen des einzelnen Kunden gelingt in der
Kombination der Bestandteile der Produktpolitik mit der Betonung und
Ergänzung der relevanten Kaufmotive. Das so gestaltete Produktportfolio
(Programm/Sortiment) mit den Produkten spiegelt somit die Bedürfnisse des
Kundensegments bzw. des einzelnen Kunden wider und wird mit
146
vgl. Latkovic, K. (2000), S. 252
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
produktpolitischen Instrumenten der Service- und Garantieleistungspolitik
unterstützt.
Im HuK-Segment stehen die Kaufmotive Sicherheit, Marke/Image und
Qualität (Ökosegment) im Vordergrund, so dass die produktpolitischen
Maßnahmen diese Bereiche betonen. In diesem Massengeschäft, ist eine
Produktdifferenzierung
anhand
der
Bedeutung
der
persönlichen
Nutzenargumente zum Kauf ersichtlich (Mass Customization).
Auch
im
Gewerbekundensegment
sind
standardisierte
und
branchenspezifische Produkte festzustellen, die jedoch im Focus der
Wirtschaftlichkeit persönlich vertrieben werden.
Mit zunehmender Energieverbrauchsmenge nehmen die Bedeutung der
Wirtschaftlichkeit, die der persönlichen Betreuung und der individualisierten
lösungsorientierten Dienstleistung zu. Die produktpolitischen Maßnahmen im
Segment
der
Industrie-
und
Großkunden
schließen
das
gesamte
Leistungsspektrum der EVU ein.
Für die Produktpolitik eines Unternehmens der Energiewirtschaft gilt
einerseits, über ein nachgefragtes Produktportfolio mit erfolgreichen
Produktgestaltungen aktuell und zukünftig zu verfügen und andererseits
durch Maßnahmen der Service- und Garantieleistungspolitik (z.B. After
Sales-Service, Reklamations- und Beschwerdemanagement) zusätzliche
Leistungen
zu
erbringen,
die
die
Kunden
begeistern
und
die
Kundenzufriedenheit steigern.
Die Produktpolitik, als zentraler Bestandteil des Marketing-Mix, ist somit
ausschlaggebend für den Erfolg eines Unternehmens, wobei die rechtlichen,
technischen
Rahmenbedingungen,
die
Marktmechanismen
und
die
Bedürfnisse eine erhebliche Bedeutung für die Gestaltung haben.
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
8 Ausblick
Unter
der
Prämisse,
dass
der
zunehmende
Wettbewerb
in
allen
Energiemarktsegmenten mit Markteintritten neuer Anbieter sowie neuen
Produkten und Dienstleistungen anhält 147 , wird die Bedeutung der
produktpolitischen Maßnahmen im Dienstleistungsmarketing wird weiter
zunehmen.
Zukünftig
werden
folgende
Kriterien
für
Produkte
und
Unternehmen im Wettbewerb maßgeblich sein werden (besonders im
vertikalen Wettbewerb) 148 :
•
Rohstoff- und Ressourcenverbrauch (z.B. nachwachsende Rohstoffe,
Artenvielfalt)
•
Klassische
Umweltbelastung
(z.B.
Emissionen,
Lärm,
Unfälle,
Störfälle)
•
Gesundheitsverträglichkeit (z.B. akute und chronische Toxidität,
schädliche Einflüsse)
•
Sozialverträglichkeit
(z.B.
Arbeitsqualität/-belastung,
kulturelle
Identität)
•
Produkteinsatz pro Nutzeinheit (Nutzeneffizienz/-effektivität i.V.m.
Wirtschaftlichkeit)
•
Gesamtsystembetrachtung (keine isolierte Betrachtung des Produkts,
sondern inklusive aller Wechselwirkungen mit anderen und der
notwendigen
Betriebsmittel,
Verpackung,
durchschnittlichen
Anwendung usw.) 149
Zunehmend werden Umweltregelungen die Gesetzgebung in Deutschland
und in der Europäischen Union (CO2-Handel o.ä.) beeinflussen. 150 Das
bedeutet,
dass
ökologischen
zukünftige
Verträglichkeit
Produkte
der
mehr
denn
Art/Herkunft
der
je
Prüfungen
Herstellung
der
oder
Gewinnung, der Produktionsprozesse, der Verpackung, der Distribution, usw.
bedingen. Dies geschieht besonders in gesättigten Märkten, bei weiterer
Entkopplung von Wachstum und umweltbelastendem Energieverbrauch.
147
vgl. Lohmann, H. (03/2009), S. 23-25
vgl. Meffert, H.; Kirchgeorg, M. (1993), S. 209
149
vgl. Grießhammer, R. (1988), S. 210, 211
150
vgl. BMU (2007)
148
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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Generell wird nach meiner Einschätzung der Trend zu einer weiteren
Differenzierung der Produkte anhalten, um jede sich bietende Nische mit
neuen Produkten zu besetzen und auch um neue Nischen/Märkte zu
erschließen. Ebenso wird nach eigener Meinung der modulare oder
baukastenartige Aufbau der Produkte wachsen, so dass durch neue Module
und Ergänzungen (Add-ons) der bereits eingeführten Produkte sowohl eine
Marktanpassung, als auch die Erfüllung spezifischer Kundenwünsche gelingt.
Zukünftige Produkte werden zudem stärker lösungsorientiert, als rein
Bedürfnis befriedigend sein, da die Energie selbst beliebig und nur „Hilfsstoff“
ist, um dem Wohlstand zu steigern.
Eine zentrale Rolle im Produktportfolio jedes Anbieters werden Produkte mit
ökologischem und ressourcenschonendem Hintergrund einnehmen. Im Zuge
anhaltender und verstärkter globaler Anstrengungen und zusätzlicher
Verpflichtungen,
ist
die
Bedeutung
einer
ökologisch
ausgerichteten
Produktpolitik groß. Eine ökologische Produktpolitik, die durch die übrigen
marketingpolitischen Instrumente unterstützt wird und auf ökologisch
orientierten strategischen Marketingzielen beruht, ist für die Zukunftsfähigkeit
der Unternehmen der Energiewirtschaft zwingend. Die Energie (Commodity)
wird verstärkt austauschbar und der Anbieter beliebig. Jedoch wird der Markt
ressourcenschonender und lösungsorientierter Produkte im HuK- und
Gewerbebereich wachsen, die sich deutlich von den handelsnahen,
wirtschaftlich geprägten Produkten für Industriekunden unterscheiden.
Neue Produkte der Energiewirtschaft könnten beispielsweise sein:
•
virtuelle Kraftwerke und Kraftwerksscheiben zur Strombeschaffung
•
virtuelle Speicher Aufkommensquellen zur Gasstrukturierung
•
ausdifferenzierte derivative Produkte zum Umgang mit wachsenden
Preisvolatilitäten
•
Dienstleistungen in Gestalt von Beschaffungsplattformen
•
Dienstleistungen
zum
Fahrplan-,
Bilanz-,
Portfolio-
und
Risikomanagement
•
Dienstleistungen zum (Energie-)Daten- und Messmanagement
•
Produktangebote zur alternative Energieerzeugung
•
Lösungen durch dezentrale Energieerzeugung
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
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•
Produktion von Bioerdgas und weiträumige Vermarktung
•
Produkte
mit
intelligenten
und
IT-gestützten
Mess-
und
Überwachungsystemen (Smart-Metering o.ä.)
•
Produkte mit individuell wählbaren Bausteinen
•
Kooperative
Produktlösungen
durch
Vertriebspartnerschaften
verschiedener Anbieter und Branchen (z.B. „Der erste grün-weiße
Strom Deutschlands“ von EWE AG mit SV Werder Bremen (siehe
Kapitel 6.3.1, Abb. 28) oder Stromgutscheine/Chipkarten beim
Einkauf)
•
Umfassende Generaldienstleistungen im Sinne des Single Sourcing
(nationales/internationales
Bündelkundenmanagement,
Facility
Management, Ver- und Entsorgungs- und transportdienstleistungen)
Für hoch entwickelte Volkswirtschaften und Märkte sind innovative Produkte
von besonderer Notwendigkeit. 151 Dem zur Folge gilt der Gestaltung und
Ausrichtung der strategischen Produktpolitik die besondere Bedeutung. Das
Ziel dabei ist, über das Produktportfolio mit den Produkten zu verfügen, um
den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden und damit den
Unternehmenserfolg zu sichern.
151
vgl. Weis, H. C. (2007), S. 229
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GasNDAV (2008): Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den
Netzanschluss und dessen Nutzung für die Gasversorgung in Niederdruck
(Niederdruckanschlussverordnung) vom 1.11.2006 i.d.F. 2008 (BGBl I S.
2477, 2485)
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i.d.F. 2008 (BGBl. I S. 2225)
StromNDAV (2006): Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den
Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektizitätsversorgung in
Niederspannung (Niederspannungsanschlussverordnung) vom 1.11.2006
(BGBl I S. 2477)
StromNZV
(2008):
Verordnung
über
den
Zugang
Elektrizitätsversorgungsnetzen
(Stromnetzzugangsverordnung)
25.7.2005 i.d.F. 2008 (BGBl. I S. 2243)
zu
vom
StromStG (2008): Stromsteuergesetz vom 19.12.2008 (BGBl. I S. 2794)
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Seite 84
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Zeitschriften
e|m|w (06/2008): Zeitschrift für Energie, Markt und Wettbewerb 6/2008;
Estermann, A., Quent, M., energate (Hrsg.), Essen, 01.06.2008
Lohmann, H. (03/2009): Gasmarkt Deutschland, energate, S. 23-25
Internetlinks
Die hier aufgeführten Internetseiten wurden zwischen dem 01.04.2009 und
05.06.2009 aufgerufen.
BDEW
http://www.bdew.de
BNA
http://www.bundesnetzagentur.de
• GeLi (Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel)
• GABi (Grundmodell der Ausgleichsleistungen und
Bilanzierungsregeln)
CLEVERGY
http://www.clevergy.de
EEX
http://www.eex.com/de
E.ON Avacon www.eon-avacon-vertrieb.com
enercity
http://www.enercity-stromundoption.de
energate
http://www.energate.de
Greenpeace
http://www.greenpeace-energy.de
PA Knowledge http://www.paconsulting.com/legal
RWE
http://www.rwe.com/web/cms/de/127462/rwe/angeboteservices/geschaeftskunden/
TelDaFax
http://www.teldafax.de
TESCON
http://www.tescon.de
Wind-Energie http://www.wind-energie.de/fileadmin/dokumente/Themen_AZ/Regelenergie/vdn_regelzonen2004.pdf
ZfK
http://www.zfk.de
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Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit
selbstständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt, andere als die
angegebenen Quellen nicht benutzt und die den benutzten Quellen wörtlich
oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Hannover, 10. Juni 2009
_____________________________
Roland Rebers
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Anhang
1. Produktbeispiele
HuK- und Gewerbesegment (Massengeschäft)
Industrie- und Großkunden (Individualgeschäft)
2. Strom Future zur Preis- und Mengenabsicherung
3. HSL-Forward zur Preis- und Mengenabsicherung von Erdgaspreisen
4. Beispiel eines HEL-Erdgasswaps zur Preisabsicherung
5. Swap mit Fixierung der Heizgradtage
6. Pressemitteilungen
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Anhang 1: Produktbeispiele
HuK- und Gewerbesegment (Massengeschäft)
Abbildung 38: Produktinformation CLEVERGY 152
Abbildung 39: Produktinformation Greenpeace Energy 153
152
CLEVERGY, 21.05.2009
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Industrie- und Großkundensegment (Individualgeschäft)
Abbildung 40: Information Kundensegmentierung 154
Produktbeispiel mit Möglichkeit der Vertragsverlängerung
Das EVU hat das Recht (nicht die Pflicht), im 2. Jahr Lieferant zu sein (siehe
Abb. 41). Dafür erhält der Kunde einen Preisabschlag auf den vereinbarten
Preis im ersten Jahr. Der Preis für das erste und das zweite Jahr werden bei
Vertragsschluss fixiert. Der Vorteil der frühzeitigen Beschaffung ist die
Sicherung des jeweiligen Marktpreises unter dem zukünftigen Niveau.
Abbildung 41: Produkt E.ON Power stretch 155
153
Greenpeace, 21.05.2009
RWE, 05.06.2009
155
E.ON Energy Sales (2009)
154
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Anhang 2: Beispiel Strom Future zur Preis- und Mengenabsicherung
Beschaffung am Terminmarkt der EEX (Abb. 42)
Abbildung 42: Beispiel EEX Phelix Baseload Year Future 2010 156
156
EEX, 19.05.2009
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Anhang 3: Beispiel HS-Forward zur Preis- und Mengenabsicherung von
Erdgaspreisen (OTC-Markt)
HS = schweres Heizöl
Rheinschiene entspricht Preisbasis inkl. Transport (Rottderdam), Lagerung u. a.
Abbildung 43: Terminkurven HS Rheinschiene 157
Anhang 4: Beispiel eines HEL-Erdgasswaps zur Preisabsicherung
(OTC) für Quartal 3/2007:
HEL = leichtes Heizöl
Abbildung 44: Beispiel einer Erdgas-Preisabsicherung mit HEL-Swap 158
157
Vgl. BayernLB (2007)
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Anhang 5: Beispiel Swap (OTC) mit Fixierung der Heizgradtage (HDD)
aufgrund der Korrelation von Temperatur und Absatzmenge
Abbildung 45: Swap zur Preis- oder Mengenabsicherung (Temperaturkorrelation) 159
Anhang 6: Pressemitteilungen
Badenova positioniert sich neu (energate, 09.03.2009)
Freiburg (energate) - Der Freiburger Regionalversorger Badenova nimmt
eine strategische Neuausrichtung vor. Unter dem Stichwort "Energiewende
für alle" werde Badenova die Rolle des Vorreiters und Motors für Klimaschutz
und Nachhaltigkeit übernehmen, hieß es aus Freiburg. Im November 2008
hatte der Aufsichtsrat in einer Grundsatzerklärung den Startschuss zu einer
grundsätzlichen Erneuerung der Energieversorgungsstruktur gegeben und
den Vorstand beauftragt, dazu Programme und Vorschläge zu erarbeiten.
Badenova will in drei Bereichen Akzente setzen. Eine nachhaltige
Energieerzeugung und -beschaffung auf der Basis regenerativer statt fossiler
Energiequellen soll mittelfristig die Versorgung mit Ökostrom gewährleisten.
Zudem soll der Anteil der hoch effizienten Kraft-Wärme-Kopplung durch
dezentrale Anlagen und neue, innovative Techniken deutlich ausgeweitet
werden. Mit eigenen Programmen will Badenova die Energieeffizienz
steigern und den Energieverbrauch senken. Badenova gibt es seit acht
Jahren. Sie entstand aus sechs Stadtwerken und Versorgern am Oberrhein.
Mehrheitlich ist das Unternehmen kommunal bestimmt. Badenova hat rund
150.000 Kunden und versorgt diese seit Anfang 2008 mit Strom, der
Kernkraftbestandteile ausschließt.
CO2-Minderungszertifikate von Citiworks (energate, 12.03.2009)
München (energate) - Citiworks bietet ein neues Produkt an, das eine CO2Freistellung durch Minderung und Kompensation von KohlendioxidEmissionen ermöglicht. Zielgruppe von "Citiclimate" sind Unternehmen,
Institutionen und öffentliche Einrichtungen. Es sei bundesweit eines der
ersten Produkte, mit dem sich Unternehmen CO2-neutral stellen könnten,
beschreibt Citiworks das neue Produkt. Es erfasse über den individuellen
CO2-Fußabdruck
eines
Unternehmens
dessen
CO2-Emissionen.
Anschließend erarbeite Citiworks mit einem spezialisierten Partner
158
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Vgl. BayernLB (2007)
Vgl. Dresdner Kleinwort Wasserstein (2003)
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
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Bedeutung der Marktmechanismen für die Produktpolitik
Juni 2009
Vorschläge, wie sich der Ausstoß an Kohlendioxid reduzieren lasse und was
das koste. Citiworks ist ein gemeinsames Unternehmen der Stadtwerke
München, der Heag Südhessischen Energie und der Stadtwerke Mainz. Es
konzentriert sich auf die Beschaffung und den Vertrieb bei Strom und Gas.
Stadtwerke Münster bieten BHKW-Contracting für Privatkunden
(energate, 17.03.2009)
Münster (energate) - Die Stadtwerke Münster fördern MikroBlockheizkraftwerke bei Privatkunden. Das Unternehmen finanziert, betreibt
und managt die gesamte Anlage und übernimmt alle anfallenden Kosten. Der
Kunde zahlt einen monatlichen Grundpreis von 141 Euro zuzüglich der
individuellen Verbrauchskosten. Ein Mikro-BHKW habe eine Wärmeleistung
zwischen fünf und zwölf kW, die elektrische Leistung betrage ein kW, wie der
westfälische Kommunalversorger mitteilt.Klein und geräuscharm könnten die
Mikro-BHKWs 60 bis 70 Prozent des benötigten Stroms für ein Ein- bzw.
Zweifamilienhaus erzeugen, schätzen die Stadtwerke. Nur noch der
zusätzlich benötigte Strom werde dem öffentlichen Netz entnommen. "Damit
bieten wir unseren Kunden die effizienteste Anlage, die es derzeit auf dem
Markt gibt. Und das ohne einen einzigen Euro Investitionskosten für den
Endverbraucher", sagt Henning Müller-Tengelmann, kaufmännischer
Geschäftsführer der Stadtwerke Münster. Der bei der Wärmeerzeugung
anfallende Strom sei fünf Cent pro kWh günstiger als beim üblichen
Stadtwerke-Produkt.
Ein
besonderer
Vorteil
ergibt
sich
nach
Unternehmensangaben für Kunden, die ein neues Haus planen. Das MikroBHKW genüge der vorgeschriebenen Pflicht zur anteiligen Nutzung von
erneuerbaren Energien in Neubauten zur Deckung des Wärmebedarfs.
Investitionen in eine solarthermische Anlage oder in eine Erdwärmeanlage
würden somit überflüssig.
Düsseldorf bezieht "Schiffstrom" (energate, 08.04.2009)
Düsseldorf (energate) - Binnenschiffe liefern Ökostrom für Düsseldorf. Die
Stadtwerke haben dazu ein Abkommen mit dem Verband der
Rheindampfschiffer abgeschlossen. Insgesamt 13 Schiffe sollen umgerüstet
werden. Die einjährige Testphase mit drei Schiffen habe die technische und
vertriebsseitige Zuverlässigkeit nachgewiesen, teilten die Stadtwerke mit. Ein
Schiff zieht dabei eine Turbine hinter sich her, beim Durchströmen wird
kontinuierlich Strom erzeugt, der in Batterien gespeichert wird. Da bei Bergbzw. Talfahrt eines Schiffes nur Gleichstrom produziert wird, muss ein Schiff
immer in beide Richtungen gefahren sein, um durch die Drehänderung der
Turbine Wechselstrom zu erzeugen. Der wird dann an den Übergabestellen
in das Netz der Stadtwerke eingespeist. Derzeit betreibt der Versorger sechs
Übergabestationen im Düsseldorfer Hafen. Vergütet wird der so genannte
Rheinstrom nach den Tarifen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.
Roland Rebers - Matrikelnummer 40734129
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