Relativitätstheorie Fabian Heimann ‡ ‡ Universität Göttingen, [email protected] Astronomisches Sommerlager 2013 Inhaltsverzeichnis 1 Klassische Mechanik 1.1 Kinematik . . . . . . . 1.2 Newtonsches Prinzip . 1.3 Inertialsysteme . . . . 1.4 Galilei-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Spezielle Relativitätstheorie 2.1 Michelson-Morley-Experiment 2.2 Einsteinsche Postulate . . . . 2.3 Lorentz-Transformation . . . . 2.4 Zeitdilatation . . . . . . . . . 2.5 Längenkontraktion . . . . . . 2.6 Relativistische Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 3 4 . . . . . . 5 5 6 6 8 9 9 1 Klassische Mechanik 1.1 Kinematik • Körper haben im 3-dimensionalen kartesischen Koordinatensystem zu jedem Zeitpunkt t die Position r = (x, y, z)T . • Die Änderung der Position ist die Geschwindigkeit v = ṙ. • Die Änderung der Geschwindigkeit ist die Beschleunigung a = r̈ = v̇. • Die Beschleunigung eines Körpers ist proportional zur wirkenden Kraft. • Ist a = 0, sprechen wir von einer gleichförmigen Bewegung. • Zur Messung von Ort und Zeit braucht es Maßstäbe und ein Bezugssystem. • exp. Beobachtung: Newton-Mechanik nicht in allen Systemen gültig (Bsp. Scheinkräfte) 1.2 Newtonsches Prinzip Grundlage der Newtonschen Mechanik: • Es gibt einen absoluten Raum (Äther). Er ist unveränderlich, unbeweglich und setzt den Bewegungen keinen materiellen Widerstand entgegen. Die Bewegung des relativen Raumes kann dazu führen, dass die Grundgesetze der Mechanik nicht mehr gelten. Nur im absoluten Raum oder in gleichförmig zu ihm bewegten gelten die Grundgesetze. • Es gibt eine absolute Zeit, die sich auf den absoluten Raum bezieht. 1.3 Inertialsysteme Definition Ein Inertialsystem ist ein Bezugssystem, in dem das Newtonsche Trägheitsgesetz F = m · r̈ ohne Scheinkräfte wirkt. • ⇒ Spezialfall: Kräftfreie Körper bewegen sich gleichförmig. • Ineinander rotierende Systeme können keine Inertialsysteme sein (→ Scheinkräfte) 3 Satz Sei Σ ein Inertialsystem. Das System Σ0 bewege sich relativ zu Σ geradling gleichförmig und möge zur Zeit t = 0 mit Σ zusammenfallen. Dann ist Σ0 ein Inertialsystem. Beweis r sei der Ortsvektor für den Punkt P in Σ, r0 der für P in Σ0 . Σ0 bewegt sich relativ zu Σ mit der konstanten Geschwindigkeit v. Dann gilt r = r0 + v · t ṙ = ṙ0 + v ⇒ ⇒ r̈ = r̈0 Also ist F = m · r̈ = m · r̈0 = F0 Bemerkung: Dafür muss t = t0 sein. • ⇒ Inertialsysteme sind zueinander gleichförmig bewegt. • ⇒ klassisches Relativitätsprinzip: In allen Inertialsystemen gelten die Grundgesetze der Mechanik in gleicher Form. (siehe oben) 1.4 Galilei-Transformation • Wir betrachten ObdA den Fall einer Bewegung in x-Richtung. • Dann ist x0 = x − v · t, y 0 = y, z 0 = z, t0 = t. (Skizze) • Matrixschreibweise A · (x, y, z)T = (x0 , y 0 , z 0 )T . • x − t-Diagramm • Invarianz: Eine Größe bleibt durch Transformation unverändert. • Ist die Galilei-Transformation gültig, kann man durch mechanische Versuche eine geradling gleichförmige Bewegung relativ zum Äther nicht nachweisen. • Nachweis durch Optik? • Lichtquelle im Ursprung von Σ; sendet sphärische Wellen aus. Für den Ortsvektor r eines Punktes auf der Wellenfront gilt ṙ = c · er , er = r r (1.1) • Frage: Welche Geschwindigkeit in Σ0 ? Mit der Galilei-Transformation ist ṙ = c · er − v. (1.2) • Damit wäre ṙ richtungsabhängig und |ṙ| = 6 c. Also wäre die Welle in Σ0 nicht sphärisch. • Idee: Wenn das stimmt, definieren wir den absoluten Raum als den, in dem ṙ = c · er . Alle anderen Inertialsysteme zeigen dann die obige Richtungsabhängigkeit. 4 2 Spezielle Relativitätstheorie 2.1 Michelson-Morley-Experiment • Versuch der Messung dieser Richtungsabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit • Dazu: Verwende ein Interferometer. (Skizze) • Man beobachtet konstruktive Interferenz, wenn Differenz der Weglängen ein Vielfaches der Wellenlänge ist δ = (L02 + L20 ) − (L01 + L10 ) = m · λ, λ∈Z (2.1) • Zusammenhang zwischen optischer Weglänge und Laufzeit Lij = c · ∆ij . • 1) S0 → S1 : Erdgeschwindigkeit v spielt eine Rolle. Aus der Galilei-Transformation folgt Additivität der Geschwindigkeiten. Die Lichtgeschwindigkeit relativ zur Appal1 . ratur ist also c − v. Dann ist die Laufzeit ∆10 = c−v • S1 → S0 : Auf dem Rückweg ist die Relativgeschwindigkeit c + v, also ∆01 = l1 . c+v • Gesamte Laufzeit des ersten Teilstrahls ∆1 = 2 · lc1 · 1−v12 /c2 . • 2) Die Laufzeiten für Hin- und Rückweg sind gleich (∆02 = ∆20 ). Die Lichtgeschwindigkeit ist c, da Bewegung senkrecht. Die Laufstrecke ist xy = c · ∆20 = q l22 + v 2 ∆220 = yz Dann ist c2 · ∆220 = l22 + v 2 ∆220 , (c2 − v 2 ) · ∆220 = l22 , ∆20 = (2.2) √ l2 . c2 −v 2 • Addieren ergibt ∆2 = 2l2 1 ·q c 1 − v 2 /c2 (2.3) • Insgesamt ergibt sich die Differenz l1 δ = c(∆2 − ∆1 ) = 2 q − 2 /c2 2 2 1 − v 1 − v /c 5 l2 (2.4) • Nun wird der Aufbau um 90◦ gedreht. Dann ist die Weglängendifferenz l2 l1 q δ 0 = c(∆02 − ∆01 ) = 2 − 1 − v 2 /c2 1 − v 2 /c2 (2.5) • Interessant ist der Unterschied der Weglängendifferenzen 1 1 S = δ 0 − δ = 2(l1 + l2 ) · −q 2 2 2 2 1 − v /c 1 − v /c (2.6) • Taylor-Entwicklung liefert 1 S = δ 0 − δ ≈ 2(l1 + l2 ) · 1 + v 2 /c2 − 1 − v 2 /c2 2 (2.7) 2 Für den Grenzwert v 2 c2 ist also S = (l1 + l2 ) · vc2 • Verschiebung um S ⇒ Verschiebung um r Interferenzstreifen. r = S λ 2 v = (l1 + l2 ) · λc 2 • konkrete Zahlen: Setze v = 3 · 104 , λ = 5 · 10−7 ⇒ (l1 + l2 )?. Daten l1 = l2 = 1.2 m. • Ergebnis: Es wird keine Interferenzverschiebung beobachtet. c ist in alle Richtungen gleich. • Fazit: Die Galilei-Transformation kann nicht richtig sein. Sie muß durch eine Transformation ersetzt werden, die konstante Lichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen liefert. 2.2 Einsteinsche Postulate (1) Alle physikalischen Gesetze und Resultate aller Experimente sind in allen gleichförmig geradling gegeneinander bewegten Systemen gleich. (2) Die Lichtgeschwindigkeit hat im Vakuum zu allen Zeiten an allen Orten den Wert c. 2.3 Lorentz-Transformation • Betrachen zwei Systeme, Σ und Σ0 ; Σ0 relativ zu Σ bewegt. Bei t = 0 sind beide identisch. • Bei t = 0 sende eine Lichtquelle im Ursprung von Σ eine Welle aus. • Im ruhenden System Σ gilt dann c2 t2 = x2 + y 2 + z 2 . Gleiches muss wegen 2. Einsteinschen Postulat auch für Σ0 gelten. Also c2 t̄2 = x̄2 + ȳ 2 + z̄ 2 6 • Führen folgende Koordinaten ein: r = (x1 , x2 , x3 ) = (x, y, z), x0 = ct. • Obiges lässt sich schreiben als Invarianzbedindung (x0 )2 − 3 X (xµ )2 = (x̄0 )2 − µ=1 3 X (x̄µ )2 (2.8) µ=1 • Vereinfachung: Nehme Bewegung von Σ0 in Σ entlang der z-Achse an. • Zusammenhang zwischen den Koordinaten muss linear sein. Sonst wäre z.B. eine gleichförmige Bewegung in Σ keine in Σ0 , Widerspruch zum 1. Einsteinschen PostuP lat. ⇒ Ansatz: x̄µ = 3λ=0 Lµλ · xλ . • Wegen der Richtung der Bewegung bleiben die x- und die y-Koordinate gleich: x̄1 = x1 , x̄2 = x2 . Die weiteren Komponenten müssen von x1 und x2 unabhängig sein, da kein Punkt in der x1 -x2 -Ebene ausgezeichnet ist. Eine Verschiebung dieser Ebene darf keine Auswirkungen haben. • ⇒ Struktur der Transformationsmatrix L= L00 0 0 L30 0 1 0 0 0 L03 0 0 1 0 0 L33 (2.9) • Nutzen die Invarianzbedindung: (x̄0 )2 − (x̄3 )2 = (x0 )2 − (x3 )2 • Einsetzen liefert (x0 )2 − (x3 )2 = (L00 x0 + L03 x3 )2 − (L30 x0 + L33 x3 )2 (2.10) 2 2 0 2 2 2 3 2 0 3 = (L00 − L30 )(x ) + (L03 − L33 )(x ) + 2(L00 L03 − L30 L33 )x x (2.11) • Koeffizientenvergleich liefert 1 = L200 − L230 1 = L233 − L203 0 = L00 L03 − L30 L33 (2.12) (2.13) (2.14) • Dies wird gelöst durch L33 = L00 = cosh χ, L30 = L03 = − sinh χ. • Um χ zu finden, betrachte Bewegung des Ursprungs von Σ0 . Es gilt v x3 = vt = x0 . c 7 (2.15) • Das ergibt 3 3 0 0 = x̄ = cosh χx − sinh χx = x • ⇒ tanh χ = vc . Dann ist cosh χ = √ 1 1−tanh2 χ √ v/c 1−v 2 /c2 0 =√ v cosh χ − sinh χ c 1 1−v 2 /c2 (2.16) und sinh χ = cosh χ · tanh χ = . • Führen Abkürzungen ein: β = vc , γ = √ 1 1−v 2 /c2 • ⇒ Matrix der speziellen Lorentz-Transformation L= γ 0 0 −βγ 0 1 0 0 0 −βγ 0 0 1 0 0 γ (2.17) • Daraus folgt die kartesische Form x̄ = x ȳ = y z̄ = q t̄ = q (2.18) (2.19) z − vt 1 − v 2 /c2 t − cv2 z 1 − v 2 /c2 = γ(z − βct) (2.20) β z) c (2.21) = γ(t − 2.4 Zeitdilatation • Im System Σ sende eine Uhr am Ort z zwei Lichtsignale im zeitlichen Abstand ∆t = t1 − t2 aus. Im bewegten System Σ0 werden diese Signale zu den Zeiten t01 vz = γ t1 − 2 , c t02 vz = γ t2 − 2 c (2.22) beobachtet. Also ist der Abstand ∆t0 = t01 − t02 = γ · ∆t = q ∆t 1 − v 2 /c2 • Das Zeitintervall ∆t erscheint dem bewegten Beobachter in Σ0 gedehnt. → Zeitdilatation 8 (2.23) 2.5 Längenkontraktion • Prinzip einer Längenmessung: Maßstab wird angelegt; dann gleichzeitige Messung des Abstandes der Endpunkte. • l = z1 − z2 . Im bewegten System l0 ist z10 = γ · (z1 − vt1 ), z20 = γ · (z2 − vt2 ) (2.24) • Zeiten in Σ0 sollten gleich sei: t01 = t02 . Das bedeutet v v t1 − z1 = t2 − z2 c c (2.25) v (z1 − z2 ) c2 (2.26) • Also ist t1 − t2 = und dann # " s v2 v2 l0 = z10 − z20 = γ z1 − z2 − 2 (z1 − z2 ) = l · 1 − 2 . c c (2.27) 2.6 Relativistische Dynamik • Betrachte Kugel mit Impuls p, die auf einem weichen Körper trifft aus zwei relativ zueinander mit v bewegten Systemen. Bewegung der Kugel senkrecht zur Bewegung der Systeme. • Wollen: p = p0 : Der Impuls soll invariant bzgl. der Lorentz-Transformation sein. Es gilt p = m · v und p0 = m0 · v 0 . 0 , v 0 = dx ,. Nun aber t = • Frage: Wie verhalten sich die Geschwindigkeiten? v = dx t t0 0 t √ 2 2 , x = x (Bewegungsrichtung der Kugel senkrecht zur Bewegungsrichtung 1−v /c der Bezugssysteme). • Daraus folgt die relativistische Massenzunahme 0 m·v = m ·v 0 v0 dt0 m0 0 0 q ·m = . m = ·m = v dt 1 − v 2 /c2 ⇒ (2.28) • Klassische Mechanik: Für die kinetische Energie gilt dE = v dp. Außerdem ist v = mp . Dann gilt p Zp 1 Z p2 Ekin = v dp̂ = p̂ dp̂ = . (2.29) m 2m 0 0 9 • Relativistisch: Nun ist v= p p q = · 1 − v 2 /c2 m m0 ⇒ v (p/m0 c) =q c 1 + (p/m0 c)2 (2.30) • Diesen Term integrieren wir nun: Ekin = Zp v dp̂ = c 0 Zp (p̂/m0 c) q 0 1 + (p̂/m0 c)2 dp̂ • Substituiere x = p/m0 c. Dann ist dp = m0 c dx und F (x) = x funktion von f (x) = √1+x 2 . Damit ist Ekin = m0 · c2 · q • ⇒ bei v = 0 ist E0 = mc2 . 10 (2.31) √ 1 + x2 eine Stamm- 1 + (p/m0 c)2 − 1 (2.32)