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KAPITEL 2.1
KAPITEL 2:
NACHFRAGE- UND ANGEBOTSVERHALTEN
NER HAUSHALTE UND UNTERNEHMEN
EINZEL-
KAPITEL 2.1: GÜTERNACHFRAGE VON HAUSHALTEN
Gliederung
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
2.1.5
Grundlegende Annahmen für Nachfrage- und Angebotsverhalten
(Markt-)Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen
Ein Modell zu Konsumentscheidungen von Haushalten
Von der optimalen Entscheidung zur individuellen Nachfragefunktion
Die Preiselastizität der Nachfrage
2.1.1 Grundlegende Annahmen für Nachfrage- und Angebotsverhalten
In diesem Kapitel geht es um die Erklärung der Nachfrage privater Haushalte
(einzelner Personen) nach Gütern und Dienstleistungen. Private Haushalte
werden
dabei
als
kleinste
Einheit
angesehen,
die
Güternachfrageentscheidungen treffen. Ein privater Haushalt kann, muss aber
nicht mit einer Einzelperson identisch sein. Um die Analyse zu vereinfachen,
bedient man sich eines Modells mit relativ strikten und stark vereinfachenden
Annahmen:
Annahmen:
• Raum: Es gibt keine Entfernungen.
(Es wird angenommen, dass es für ein Individuum keinen Unterschied
macht, ob es im Nachbarladen oder in der 10 km entfernten Stadt
einkauft.)
• Zeit: Die Zeit spielt keine Rolle.
(Entscheidungen benötigen keine Zeit. Es gibt keine Änderungen in der
Präferenzstruktur über die Zeit hinweg.)
• Güter: Die Güter sind homogen.
(Alle Güter einer Art werden als gleichartig angesehen, d.h. es gibt keine
Abweichungen von Art und Qualität in einer Güterart – wie etwa Fahrräder,
Fernseher etc.)
• Personen: Es gibt keine Vorlieben oder Abneigungen.
(Die einzelnen Individuen kennen keine Vorlieben oder Abneigungen
gegenüber anderen Individuen, die Güter und Dienstleistungen herstellen
oder verkaufen)
• Informationen: Es herrscht vollständige Information.
(Alle relevanten Informationen, die für die jeweiligen NachfrageEntscheidungen notwendig sind, sind allen Akteuren gleichermassen
bekannt.)
Werden diese Annahmen fallengelassen bzw. werden realitätsnähere
Annahmen gemacht, so werden auch die Modelle komplizierter. Häufig geht
man daher so vor, dass man – wie bei einer Sensitivitätsanalyse – überlegt,
wie sich die Modellergebnisse ändern, wenn man einzelne der Annahmen
ändert. Derartige Überlegungen könne auch qualitativer Art sein.
1
Annahmen
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
Neben den bereits erwähnten generellen Annahmen spielen spezifische
Annahmen über das Entscheidungsverhalten privater Haushalte eine wichtige
Rolle. So wird vor allem davon ausgegangen, dass jeder Entscheidung der
privaten Haushalte das Ziel der Nutzenmaximierung (Maximierung des
Wohlbefindens, der Zufriedenheit) zugrunde liegt. Die Maximierung geschieht
unter bestimmten Rahmen- bzw. Nebenbedingungen, wie etwa dem GeldBudget bei Kaufentscheidungen.
Psychologische Untersuchungen zeigen, dass das tatsächliche Nachfragebzw. Kaufverhalten durch eine Vielzahl unterschiedlicher Ziele (Hoher Nutzen,
Bequemlichkeit, Ansehen usw.) und Rahmenbedingungen (Unsicherheit,
Angst, Freude, Informationsstand, Formulierung des Entscheidungsproblems
usw.) geprägt wird (vgl. dazu auch den Gastvortrag von Prof. Jungermann am
07.11.2012). Ökonomen wissen dies. Dennoch bleiben sie häufig bei der
vereinfachenden Annahme der Nutzenmaximierung, da mit ihr in relativ
einfacher Form relativ klare Aussagen gewonnen werden können. Ausserdem
ist es so, dass das Nachfrageverhalten, das aufgrund der
Nutzenmaximierungs-Annahme
abgeleitet
werden
kann
oft
dem
beobachtbaren Nachfrageverhalten entspricht. Die Erklärung für dieses
Verhalten mag nicht die richtige sein, das Verhalten an sich kann aber richtig
vorhergesagt werden. Dieses Phänomen der „Als-ob“-Verhaltensannahme
(man tut so, als ob das Verhalten der Nachfrager durch pure
Nutzenmaximierung erklärt werden könne) dient häufig der Rechtfertigung für
das Beharren auf der Annahme der Nutzenmaximierung.
Man kann die ökonomischen Entscheidungen der privaten Haushalte in drei
Typen einteilen:
1. Nachfrage (Kauf) von Gütern und Dienstleistungen
2. Angebot von Ressourcen, über die ein einzelner Haushalt verfügt
(insbesondere Arbeit, aber auch Kapital)
3. Konsum heute versus Konsum morgen (Sparentscheidungen)
Wir konzentrieren uns in diesem Kapitel auf den ersten Typ von
Entscheidungen; Der zweite Typ wird in Kapitel 7 (Arbeitsmarkt) behandelt.
Der dritte Typ wird in dieser Vorlesung nicht explizit erläutert.
2.1.2 (Markt-)Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen
Bevor wir in Kapitel 2.1.3 auf die Konsumentscheidungen einzelner Haushalte
eingehe, soll hier zunächst die Gesamtnachfrage an Gütermärkten betrachtet
werden.
Definition: Die Nachfrage nach einem Gut X wird als Funktion der
nachgefragten Menge xN des Gutes in Abhängigkeit vom Preis p des
Gutes dargestellt.
2
Definition:
Nachfrage
KAPITEL 2.1
Preis des Gutes X
pA
Abb. 2.1:
Typische
Nachfragefunktion
Nachfragekurve
(wenn der Preis p sinkt,
dann steigt die nachgefragte Menge x)
A
-
B
pB
Menge A
+
Menge des Gutes
Menge B
Abb. 2.1: Typische Nachfragefunktion. Die Nachfragefunktion stellt den
N
Zusammenhang zwischen dem Preis eines Gutes X und der nachgefragten Menge x
des Gutes dar. Der Preis ist die unabhängige und die Menge die abhängige Variable
der Nachfragefunktion. Üblicherweise ist davon auszugehen, dass bei steigendem
Preis die nachgefragte Menge des Gutes sinkt.
Frage: Wieso sinkt die nachgefragte Menge eines Gutes, wenn der Preis des
Gutes steigt?
Antwort:
1. Empirische Evidenz: für die meisten Güter lässt sich dies
beobachten.
2. Modellmässige Betrachtung liefert theoretische Begründung
(vgl. dazu Abschnitt 2.1.3).
2.1.3 Ein Modell zu Konsumentscheidungen von Haushalten
Die theoretischen Überlegungen der Ökonomen konzentrieren sich hier auf
die Maximierung des Nutzens unter der Nebenbedingung eines gegebenen
Budgets (Budgetrestriktion – z.B. bedingt durch das jeweilige Einkommen des
Haushalts).
2.1.3.1 Die Herleitung der Budgetrestriktion
Das Budget gibt an, was dem einzelnen Haushalt für Konsumzwecke zur
Verfügung steht. Es ist hierbei nicht relevant, woher das Budget kommt.
Ausserdem geht man davon aus, dass das Budget voll für den Konsum
verwendet wird. Etwaiges Sparen des Haushalts würde das Konsumbudget
schmälern.
Definition: Die Budgetrestriktion bringt zum Ausdruck, dass die Summe
der Ausgaben für die einzelnen Güter ( p1x1 + p2x2) dem vorgegebenen
Budget (B) entspricht.
Formale Beschreibung zur grafischen Darstellung:
B = p1 x1 + p2 x2
x2 =
B p1
−
x1
p2 p2
3
Budgetrestriktion
Definition:
Budgetrestriktion
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
Gut X2
B
p2
Abb. 2.2:
Budgetrestriktion
x2max
Budgetgerade
Konsum X2
(maximale Konsumpunkte)
Konsum < Budget
(nicht relevant)
Steigung:
p1
p2
x1max
Gut X1
Konsum X1
B
p1
Abb. 2.2: Die Budgetrestriktion. Die Budgetrestriktion gibt die maximal
konsumierbaren Güterbündel der einzelnen Haushalte an. Güterkombinationen
unterhalb der Budgetgerade sind zwar zu erreichen, aber in solchen Punkten wird ein
Teil des Budgets nicht konsumiert. Das Nutzenmaximum muss auf der
Budgetrestriktion liegen.
Um aus der Menge aller maximal möglichen (x1,x2)-Kombinationen diejenige
mit dem höchsten Nutzen herauszufinden, bedient man sich der
Indifferenzkurven.
2.1.3.2 Eigenschaften und Herleitung von Indifferenzkurven
Definition: Eine Indifferenzkurve gibt alle (x1,x2)-Kombinationen an, die
dem Haushalt oder Konsumenten dieselbe Zufriedenheit bzw. dasselbe
Wohlbefinden (oder denselben Nutzen) ermöglichen.
Definition:
Indifferenzkurve
Um das Konzept der Indifferenzkurven verstehen zu können, betrachten wir
zunächst die Nutzenfunktion eines Individuums. Die Nutzenfunktion eines
Individuums gibt an, welche Nutzenwerte das Individuum unterschiedlichen
Kombinationen aus den Konsummengen x1 und x2 zuordnet.
Die Nutzenfunktion U = f ( x1 , x2 ) hat folgende Eigenschaften (Annahmen),
die empirisch
abgestützt sind:
1. Der Grenznutzen ist positiv:
Man geht davon aus, dass ein Individuum durch den Konsum einer
zusätzlichen Gütereinheit einen Nutzenzuwachs erfährt, d.h. dass ein höherer
Verbrauch eines Gutes zu einem höheren Nutzen führt. Mit Grenznutzen ist
der Nutzenzuwachs gemeint, der beim Konsum einer zusätzlichen
Gütereinheit entsteht (1. partielle Ableitung der Nutzenfunktion ist positiv).
∂U ∂U
,
>0
∂x1 ∂x2
4
Grenznutzen
KAPITEL 2.1
Formal: d.h. die Steigung der Nutzenfunktion ist positiv.
2. Der Grenznutzen nimmt ab:
Man geht davon aus, dass der Nutzenzuwachs bei höherem Konsum eines
Gutes abnimmt. Der Nutzenzuwachs beim Konsum der ersten Einheit eines
Gutes ist noch hoch. Mit jeder zusätzlichen Einheit nimmt der Nutzenzuwachs
jedoch ab (2. partielle Ableitung der Nutzenfunktion ist negativ).
Formal:
negativ.
∂ 2U ∂ 2U
, 2 < 0 , d.h. die Steigung der Grenznutzenfunktion ist
2
∂x1 ∂x2
Grafische Darstellung für Beispiel:
Gesamtnutzen U (S)
Abb. 2.3:
Eigenschaften der
Nutzenfunktion
Nutzenfunktion
(jedes zusätzliche Sandwich s
stiftet zusätzlichen Nutzen U)
Sandwiches S
Grenznutzen U' (S)
Grenznutzenfunktion
(der zusätzliche Nutzen (Grenznutzen U')
sinkt mit jedem zusätzlichen Sandwich s
"der Zuwachs nimmt ab")
Sättigung
Sandwiches S
Abb. 2.3: Die Eigenschaften der Nutzenfunktion. Das erste Diagramm gibt an, dass
der Nutzen mit dem Konsum jedes zusätzlichen Sandwiches zunimmt (Grenznutzen
ist positiv), jedoch erkennt man auch, dass der zusätzliche Nutzen mit zunehmender
Menge kleiner wird, bis letztendlich die Sättigung des Bedürfnisses nach Sandwiches
erreicht wird. (Grenznutzen geht gegen null – siehe unterer Teil der Grafik.)
Indifferenzkurven lassen sich aus einer dreidimensionalen Darstellung der
Nutzenfunktion herleiten. Empirische Befunde ergeben, dass die Nutzenfunktion sinnvoll als Funktion von folgendem Typ angenommen werden kann:
U = A ⋅ x1a ⋅ x2b.
Dabei ist A ein fixer Lageparameter, a und b bringen die relative Bedeutung
des jeweiligen Gutes für die Zufriedenheit des betrachteten Haushalts zum
Ausdruck (hohes a oder b meint hohe Bedeutung des Guts). Die Parameter
variieren je nach untersuchtem Land, untersuchter Personengruppe,
untersuchtem Zeitraum, usw.
5
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
Die horizontale Grundfläche des dreidimensionalen Modells der
Nutzenfunktion entspricht dem zweidimensionalen Diagramm mit den Achsen
X1 und X2. Die vertikale Achse gibt das jeweilige Nutzenniveau der einzelnen
Güterkombinationen an. Die spezifischen Nutzenniveaus U=2, U=4 und U=6
werden hier als horizontale Flächen (Schnitte durch das Nutzengebirge)
eingezeichnet. Diese Flächen zeigen die Güterkombinationen von Gut 1 und
Gut 2, die das gleiche Nutzenniveau für den Konsumenten haben, d.h. der
Konsument ist zwischen diesen Güterkombinationen indifferent. Wenn man
nun die einzelnen Güterkombinationen verbindet, erhält man die
Indifferenzkurven. Die Grundfläche ist unten dargestellt.
Abb. 2.4:
Nutzengebirge und
Indifferenzkurven
10
9
B
8
7
D
6
Gut X2 5
A
4
U=6
3
C
E
2
U=4
1
0
U=2
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Gut X1
Abb. 2.4: Das Nutzengebirge und die Indifferenzkurven. Bei der Güterkombination
(x12,x22) im Punkt A erfährt der Konsument das Nutzenniveau U=4. Alle Güterkombinationen auf der U=4-Indifferenzkurve erfüllen dasselbe Nutzenniveau. Bei der
Güterkombination im Punkt E erfährt der Konsument das Nutzenniveau von U=2. Das
Nutzenniveau U=2 ist kleiner als das Nutzenniveau U=4. Das Nutzenniveau des
Konsumenten ist umso höher, je weiter eine Indifferenzkurve vom Ursprung entfernt
ist.
6
KAPITEL 2.1
Eine Indifferenzkurve gibt uns diejenigen Güterkombinationen an, die zur
Erreichung eines fixierten Nutzenniveaus möglich sind. Nun betrachten wir
den Verlauf der Indifferenzkurven genauer.
1. Frage: Wie kommt man von einem Nutzenniveau auf ein höheres
Nutzenniveau?
Um ein höheres Nutzenniveau zu erreichen, muss der Konsum mindestens
eines Gutes erhöht werden.
Abb. 2.5:
Eigenschaften der
Indifferenzkurve
Gut X 2
C
x2C
D
∆x21
x2A,B
B
A
∆x12
U1
∆x11
zu
Nu ne
t z hm
en en
ni d
ve es
au
U2
Gut X 1
x1A,C
x1B
Abb. 2.5: Eigenschaften der Indifferenzkurven. Um vom Nutzenniveau U1 auf das
Nutzenniveau U2 zu kommen, muss der Konsum mindestens eines Gutes erhöht
werden. Ausgehend vom Punkt A muss entweder der Konsum von Gut 1 um ∆ x11
(Punkt B) oder der Konsum des Gutes 2 um ∆ x21 (Punkt C) erhöht werden, um das
Nutzenniveau von U2 zu erreichen. Ausserdem ist auch eine kombinierte Erhöhung
der beiden Güter, etwa um ∆ x12 und ∆ x22, möglich, um das Nutzenniveau von U2 zu
erreichen (Punkt D).
2. Frage: Warum hat die Indifferenzkurve einen konvexen Verlauf?
Betrachten wir die Abbildung 2.5. Nehmen wir an, der Konsum des Gutes X2
wird um eine Einheit reduziert. Wie ist es möglich, dass der Konsument auf
der Indifferenzkurve bleibt?
Im Punkt C erkennt man, dass der Konsum von X2 hoch ist - und der Konsum
von X1 gering. Wenn der Konsum von X2 um eine Einheit reduziert wird, so
muss der Konsument nur wenige Einheiten an X1 erhalten, um auf der
gleichen Indifferenzkurve zu bleiben.
Im Punkt B ist der Konsum von X2 gering - und der Konsum von X1 hoch.
Wenn der Konsum von X2 hier um eine Einheit reduziert wird, so muss der
Konsument eine viel höhere Menge an X1 erhalten, um auf der gleichen
Indifferenzkurve zu bleiben. Die Krümmung der Indifferenzkurve ist aus der
Annahme des abnehmenden Grenznutzens ableitbar. (Siehe oben.)
Bemerkung: Es wird angenommen, dass Substitutionen zwischen X1 und X2
möglich sind. Die Austauschrelation zwischen beiden Gütern wird durch die
7
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
Steigung der Indifferenzkurven angegeben und als „Grenzrate der Substitution“ bezeichnet.
Die Austauschrelation (Substituierbarkeit) der beiden Güter bestimmt auch die
Form der Indifferenzkurven.
Extremfälle:
1. Perfekte Substitute: Ein Gut kann vollständig und in einem
konstanten Verhältnis durch das andere substituiert werden. Die
Grenzrate der Substitution ist auf der ganzen Indifferenzkurve
konstant, die Indifferenzkurve ist also eine Gerade. Die Nutzenfunktion
ist additiv: U = a*x + b*y.
Ein mögliches Beispiel wäre Butter (Gut X1) und Margarine (Gut X2).
Gut X 2
Abb. 2.6:
Indifferenzkurven für
perfekte Substitute
zunehmendes
Nutzenniveau
U1
U2
Gut X 1
Abb. 2.6: Indifferenzkurven für perfekte Substitute. Gut X1 kann vollständig und in
einem konstanten Verhältnis durch Gut X2 ersetzt werden.
8
KAPITEL 2.1
2. Perfekte Komplemente: Ein Gut kann überhaupt nicht durch das
andere substituiert werden. Ein höheres Nutzenniveau kann überhaupt
nur erreicht werden, wenn von beiden Gütern mehr konsumiert wird.
Eine mögliche Nutzenfunktion wäre: U= min(x,y). Sie ist nicht ableitbar.
Ein mögliches Beispiel wären Ski (Gut X1) und Bindungen (Gut X2).
Gut X 2
Abb. 2.7:
Indifferenzkurven für
perfekte Komplemente
U2
U1
zunehmendes
Nutzenniveau
Gut X 1
Abb. 2.7: Indifferenzkurven für perfekte Komplemente. Gut X1 kann nicht durch
Gut X2 substituiert werden.
Bemerkung:
• Nutzen ist nicht kardinal, sondern nur ordinal messbar. Dies bedeutet, dass
man grössere und kleinere Nutzen identifizieren kann, jedoch nicht sagen
kann, um wieviel ein Nutzenniveau besser als ein anderes ist. Abb. 2.4 ist in
diesem Sinne zu interpretieren.
• Die Nutzenniveaus unterschiedlicher Individuen können nicht miteinander
verglichen werden.
2.1.3.3 Der optimale Konsumpunkt
Eine Indifferenzkurve zeigt diejenigen Güterkombinationen, die ein Konsument
als gleichwertig einschätzt. Die Budgetrestriktion stellt die möglichen
Güterkombinationen dar, die sich das Individuum bei einem gegebenen
Budget leisten kann. Der Konsument möchte auf eine möglichst hohe
Indifferenzkurve kommen. Der Konsum ist jedoch durch das Budget
beschränkt.
Der optimale Konsumpunkt ist derjenige Punkt auf der Budgetrestriktion, der
das höchste Nutzenniveau (die am weitesten oben liegende Indifferenzkurve)
erreicht. In Abbildung 2.8. ist der optimale Konsumpunkt der Berührungspunkt
(Tangentialpunkt – Punkt C) zwischen Budgetrestriktion und Indifferenzkurve.
9
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
Schar von
Indifferenzkurven
Abb. 2.8:
Optimaler Konsumpunkt
Gut X2
optimaler Konsumpunkt C
x2max
Konsum X2
x2opt
zunehmendes Nutzenniveau
Konsum X1
x1opt
Gut X1
Abb. 2.8: Der optimale Konsumpunkt. Der optimale Konsumpunkt ist der Punkt, an
dem sich die Budgetrestriktion und eine Indifferenzkurve gerade berühren. Hier
befindet sich der Konsument auf der höchstgelegenen möglichen Indifferenzkurve
(Nutzenniveau) unter den gegebenen Restriktionen (Budget).
Im Optimum stimmen die Steigung der Budgetrestriktion und der Indifferenzkurve
überein, d.h. es gilt: Preisverhältnis = Grenzrate der Substitution.
Fragen:
Wo liegen die optimalen Konsumpunkte bei perfekten
Substituten und perfekten Komplementen?
Wie kommt man von der optimalen Entscheidung zur
Nachfragefunktion eines einzelnen Konsumenten?
10
KAPITEL 2.1
2.1.4 Von der optimalen Entscheidung zur individuellen Nachfragefunktion
Die Nachfragefunktion bringt den Zusammenhang zwischen dem Preis eines
Gutes X und der Menge des Gutes X zum Ausdruck. Die Nachfragefunktion
stellt dar, wie sich die nachgefragte Menge verändert, wenn sich der Preis des
Gutes verändert. Bei der Darstellung der Nachfragefunktion geht man davon
aus, dass alle anderen Einflussfaktoren (Budget, Preise anderer Güter)
konstant sind (ceteris paribus).
Abb. 2.9:
Herleitung der
Nachfragefunktion
Indifferenzkurve
Gut X2
(Substitution zwischen Gut X1 und Gut X2)
B
p2
optimale Konsumpunkte
p2
B
A
Preis von Gut X1 steigt
Gut X1
B
p'1
Preis von Gut X1
Nachfragekurve
B
p'1
B
p1
(Gütermenge von X1 in Abhängigkeit vom Preis p1)
A
p1
Gütermenge von X 1 sinkt
x'1
x1
Gut X1
Abb. 2.9: Herleitung der Nachfragefunktion. Der Preis des Gutes X1 steigt an, d.h.
p‘1 > p1. Die Budgetrestriktion dreht sich nach innen. Beim alten Optimalpunkt A mit
dem Preis p1 fragt das Individuum eine Menge von x1 nach. Bei einer Preiserhöhung
von p1 auf p‘1 liegt der optimale Konsumpunkt im Punkt B. Die nachgefragte Menge
sinkt von x1 auf x‘1. Die Punkte A und B haben ihre Entsprechung auf der
Nachfragekurve.
Interpretation der Nachfragekurve
Die Nachfragekurve gibt an, wieviel Einheiten eines Gutes ein einzelner
Konsument
bei
unterschiedlichen
Preisen
kaufen
würde/möchte
(hypothetisch).
Bemerkung: Falls sich das Budget des Konsumenten ändert oder seine
Präferenzen sich ändern, verschiebt sich die Nachfragekurve nach oben oder
11
Interpretation der
Nachfragekurve
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
unten. Falls sich der Marktpreis für das Gut X1 ändert, „wandert“ man zu
einem anderen Punkt auf der gegebenen Nachfragekurve.
2.1.5 Die Preiselastizität der Nachfrage
Die Nachfragekurve ist ein wichtiges Analyseinstrument zur Beurteilung der
Kauf-Entscheidungen der Haushalte. Unternehmer interessiert etwa die
Nachfrageveränderung bei einer Preisveränderung. Wirtschaftspolitiker
interessiert die Auswirkung der Einführung einer Steuer auf die
Nachfragemenge. Hierzu bedient man sich des Analyseinstruments der
„Preiselastizität der Nachfrage“.
Definition: Die Preiselastizität der Nachfrage gibt an, um wieviel Prozent
sich die nachgefragte Menge eines Gutes verändert als Folge einer
einprozentigen Veränderung des Preises dieses Gutes. (Ursache: ∆p,
Folge: ∆xN)
Definition:
Preiselastizität der
Nachfrage
Von Interesse ist hierbei
1. Das Vorzeichen der Mengenänderung
2. Die Höhe des Prozentsatzes der Änderung in Prozent
Formal:
εx
εx
Oder:
εx
εx
N
N
N
N
,p
,p
,p
,p
= relative Mengenänderung
=
∆x N ∆p
:
xN
p
∆x N p
=
⋅
∆p x N
=
relative Preisänderung
δx N p
⋅
δp x N
(mit dem Differenzenquotienten)
(mit dem Differentialquotienten)
Typische Preiselastizitäten für ausgewählte Güter
Erbsen
-2,8
Int. Flugreisen
-0,77
Elektrizität
Bier
-1,2
-1,19
Schuhe
Theater / Oper
-0,70
-0,18
Quelle: Robert H. Frank (2003), Microeconomics and Behavior“, McGraw-Hill, New York, USA,
p.126
12
Preiselastizität
(formal)
KAPITEL 2.1
Beispiel zur Berechnung 1: xN = 200 – 2p.
a) Berechne die Preiselastizität der Nachfrage für einen Preis p0 = 20.
δx N p
ε x N ,p ≈
⋅
δp x N
δx N
= −2
∂p
p
200 − 2p
40
−2 ⋅ (20)
=
=
−
=
−1
4
200 − 2 ⋅ (20)
160
ε x N ,p =−2 ⋅
ε x N ,p = 20
Interpretation: Wenn der Preis um 1% steigt, dann geht die Nachfrage
um 0,25 % zurück.
b) Berechne die Preiselastizität der Nachfrage für einen Preis p1 = 40.
p
200 − 2p
80
−2 ⋅ (40)
=
=
−
=
−2
3
200 − 2 ⋅ (40)
120
ε x N ,p =−2 ⋅
ε x N ,p = 20
Interpretation: Wenn der Preis um 1% steigt, dann geht die Nachfrage
um 0,67 % zurück.
c) Berechne die Preiselastizität der Nachfrage für einen Preis p2 = 50.
−2 ⋅ (50)
100
ε x N ,p = 20 =
=
−
=
−1
200 − 2 ⋅ (50)
100
Interpretation: Wenn der Preis um 1% steigt, dann geht die Nachfrage
um 1% zurück.
px
ε < -1
elastischer Bereich
Abb. 2.10:
Beispiel Preiselastizität
ε > -1
inelastischer Bereich
50
40
ε =−1
ε =−
ε =− 1/4
20
Abb. 2.10: Beispiel Preiselastizität
2/
3
100
120
160
200
xN
Ergebnis: Bei einer linearen Nachfragefunktion variiert der Wert der
Preiselastizität der Nachfrage zwischen 0 (vollkommen unelastisch)
und -� (vollkommen elastisch), je nachdem wie hoch der Anfangspreis
(bzw. die Anfangsmenge) ist.
13
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
Beispiel zur Berechnung 2: xN = 75/p
Ermittle die Preiselastizität der Nachfrage für einen Preis von p = p0.
xN =
75
p
ε x N ,p
∂x N p
=
⋅
∂p x N
ε x N ,p
=
0 (p = p 0 )
−75 p0 −75 p0 2
⋅
=
⋅
= −1
p 2 75 p0 2 75
p0
Preis p des Gutes X
Abb. 2.11:
Iso-elastische
Nachfragekurve
Iso-elastische Nachfragekurve
(in jedem Punkt der Iso-elastischen Nachfragekurve
gilt die gleiche Elastizität)
Menge des Gutes X
Abb.
2.11:
Iso-elastische
Nachfragekurve.
Die
iso-elastische
Nachfragefunktion hat eine konstante Elastizität, d.h. in jedem Punkt auf der
Funktion ist die Elastizität gleich gross.
Definition: Eine iso-elastische Nachfragefunktion ist durch eine
konstante Preiselastizität der Nachfrage charakterisiert. Das bedeutet,
dass die Preiselastizität der Nachfragefunktion in jedem Punkt der Kurve
gleich hoch ist, und etwa –r beträgt. Die nachgefragte Menge steigt um
r %, wenn der Preis des Gutes um 1 % fällt.
14
Definition:
Iso-elastische
Nachfragefunktion
KAPITEL 2.1
Bemerkungen:
• Weitere iso-elastische Nachfragekurven sind beispielsweise eine völlig
unelastische Nachfragekurve (a) oder eine völlig elastische Nachfragekurve
(b).
Preis p des Gutes X
Abb. 2.12:
Völlig unelastische und
völlig elastische Nachfrage
(a)
(b)
Menge des Gutes X
Abb. 2.12: Völlig unelastische und völlig elastische Nachfragekurve. Eine
Preisänderung ändert die nachgefragte Menge nicht (Fall (a)) oder es wird nur
zu einem bestimmten Preis eine beliebig grosse Menge nachgefragt (Fall (b)).
• Preiselastizitäten sind in der Regel asymmetrisch, die Mengen-Reaktion auf
eine 1%ige Preissenkung ist i.d.R. schwächer als die auf eine 1%ige
Preiserhöhung.
• Wenn die Nachfrage beim gegenwärtigen Preis elastisch ist, führt eine
Preissenkung zu einem Anstieg der Einnahmen der Anbieter. Bei
unelastischer
Nachfrage
führt
ein
Preisrückgang
zu
einem
unterproportionalen Anstieg der nachgefragten Menge und damit zu einem
Einnahmerückgang (vgl. dazu auch die Simulationen auf der
Lernumgebung).
Weitere Elastizitätstypen:
• Die Einkommenselastizität der Nachfrage misst die prozentuale Änderung
der nachgefragten Menge eines Gutes X als Folge einer einprozentigen
Veränderung des Einkommens (Konsumbudgets) Y:
∆X Y
⋅
∆Y X
ε=
x, y
• Die Kreuzpreiselastizität misst die prozentuale Änderung der nachgefragten
Menge eines Gutes X1 als Folge einer einprozentigen Preisänderung bei
Gut X2:
η X=
,P
1
Einkommenselastizität
der Nachfrage
2
∆X 1 P2
⋅
∆P2 X 1
15
Kreuzpreiselastizität
ANGEBOTS- UND NACHFRAGEVERHALTEN EINZELNER AKTEURE
Literatur
Mankiw, N. G. & Taylor, M. P. (2012).  Grundzüge der
Volkswirtschaftslehre. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart. Teil
VII und Kapitel 5
Kleinewefers, H./Pfister, R./Gruber, W. (1993): Die schweizerische
Volkswirtschaft, 4. vollständig neu bearbeitete Auflage, Frauenfeld, S. 250 –
252
Taylor, J. B. (2001): Economics, Houghton Mifflin Company, S. 39 – 43, S. 67
– 70 und S. 75 – 88
Colander, D. (1998): Economics, Irwin/McGraw-Hill, Kapitel 3, 4, 21
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