MF 5. als WillensbildungsAusdruck politischer 2. Wahlen Politischer und Partizipation Entscheidungsprozess 2.5.2 Das Wahlsystem für die Wahlen zum Deutschen Bundestag M 1 Wahlen Wahlen zum zum Deutschen Deutschen Bundestag Bundestag M 1 5 5 10 10 15 15 20 20 25 25 30 30 35 35 40 40 45 45 50 50 Die übrigen 299 Mandate werden über die Landeslisten Wahlberechtigung Überhangmandate Wie wird gewählt? – Gesetzliche Grundlagen der Parteien Die Listen werden einzelnen Wahlberechtigt sind alle Deutschen im Sinne des Artikels In der Praxis gewählt. kann es dazu kommen, dass für einedie Partei mehr Die gesetzlichen Grundlagen einer Bundestagswahl werden Bundesländer eingereicht. Landeslisten derselben Parteien 116 Abs. 1 GG, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet direkt gewählte Abgeordnete in den Wahlkreisen erhält, als vom Grundgesetz (Art. 38, 39 GG) und dem Bundeswahlgegelten verbunden, wenn gegenüber Bundeswahlhaben, sich seitdas mindestens drei Monaten in Deutschland ihr nachalsdem eigentlichen Verhältnis der dem Zweitstimmen zusetz bestimmt, vom Deutschen Bundestag beschlossen leiter nichts anderes wird. aufhalten bzw. eine Wohnung und nicht vom Wahlstehen. Im Jahr 2009erklärt war das in Baden-Württemberg so: Die wird. Die Einzelheiten bis hin zurhaben Gestaltung der Stimmzettel recht ausgeschlossen sind. Das aktive Wahlrecht haben CDU gewann 37 Wahlkreise und damit Direktmandate, hätte werden in der Bundeswahlordnung festgelegt. auch diejenigen Deutschen, die am Wahltag entweder in nach dem Ergebnis der Verhältniswahl aber nur 35 Abgeordden Gebieten der übrigen 45 Mitgliedstaaten des Euronete stellen dürfen. Die zwei überzähligen Mandate verblieAktives und passives Wahlrecht parates oder nicht länger als 25 Jahre in einem anderen ben der Partei trotzdem als sogenannte Überhangmandate, Man unterscheidet das aktive Wahlrecht (Wer hat das Recht Staat leben, und sofern vor ihrem Fortzug weil die Direktkandidaten definitiv ins Parlament kommen. zu wählen?) dassie passive Wahlrecht (Wermindestens hat das Recht, drei Monate ununterbrochen Wahlgebiet Wenn das Ergebnis der Zweitstimmen sehr knapp ausfällt, gewählt zu werden?). Gemäßim den genanntengewohnt Bestimmunoder sich dort „sonstum gewöhnlich aufgehalten“ haben. können solche Überhangmandate unter Umständen wahlgen muss jemand, beide Rechte wahrnehmen zu könWählbar ist, wer 18 amJahre Wahltag Deutscher Sinne des entscheidend sein. Sie bringen dann einem Bündnis die nen, mindestens alt sein und dieim deutsche StaatsArt. 116 Abs. 1haben. GG istAußerdem und das 18. Lebensjahr vollendet am Mehrheit, die es nach den Zweitstimmen gar nicht hätte. Das bürgerschaft müssen Wahlberechtigte hat (passives Wahlrecht). Bundesverfassungsgericht hat das in einem Urteil im Jahr Wahltag mindestens drei Monate lang ihren Hauptwohnsitz 2012 bemängelt. in Deutschland gehabt haben. Des Weiteren dürfen die DeutBundeswahlgesetz schen wählen, die sich als Angehörige des öffentlichen DiensFür die Anordnung Wahl zum Deutschen das Buntes auf im AuslandBundestag aufhalten.sieht Auslandsdeutsche So funktioniert die Bundestagswahl deswahlgesetz eine mit der Persönlichkeitswahl versind wahlberechtigt, sofern sie nach Vollendung ihres 14. Lebundene Das ununterbrochen Wahlsystem wird Wahlberechtigte bensjahresVerhältniswahl mindestens dreivor. Monate in der Bevölkerung auch als personalisierte Verhältniswahl, als VerhältnisBundesrepublik gelebt haben und dieser Aufenthalt nicht Wahlwahl oder längermit als vorgeschalteter 25 Jahre zurückMehrheitswahl liegt oder wenn sie als ausVeranderen Wahlkreis 3 Wahlkreis 2 kreis 1 hältniswahl auf Mehrheitsbasis bezeichnet. Daspolitischen noch Gründen persönlich und unmittelbar mit den heute in seinen wesentlichen Bestimmungen gültige Verhältnissen in der Bundesrepublik vertraut und von ihnen Wähler aufgeteilt in 299 etwa gleich Bundeswahlgesetz wurde 1956 erlassen und hat sich betroffen sind. große Wahlkreise. zu einem festen Bestandteil der politischen Kultur in Deutschland Jeder Wähler kann zwei Stimmen abgeben: Wahlsystem entwickelt. Obwohl das Wahlsystem nicht im Grundgesetz – die Parteien Stimmzettel Gewählt wird derverankert Deutsche ist Bundestag alle vierkonnten Jahre nach sich nicht auf ein allgemein gültiges Erststimme Die Zweitstimme Parteien können Zweitstimme dem 1949 Verhältniswahlsystem, gemischt mit Wahlsystem Elementen des gilt den Parteien. pro Wahlkreis Kandidat A Partei A einigen – besteht heute Einvernehmen darüber, dass Mehrheitswahlsystems. Zu besetzen sind 598 Abgeordneteneinen Kandidaten Kandidat B Partei B aufstellen. ein nur mit großer zwei Einmütigkeit sitze.Wahlgesetz Dafür hat jeder Wählende Stimmen.verändert Kandidat C Partei C werden kann. Selbst die Große Koalition, die 1966 bis Kandidat D Partei D Mit der Erststimme wird die eine Hälfte der Abgeordneten1969 über eine Mehrheit etwas als 90 Prozent Im sitze vergeben, und zwarvon über das mehr Mehrheitswahlrecht: der Sitze verfügte, scheiterte mit einer jeweiligen Wahlkreis – 299 gibt es in ganz vorgesehenen Deutschland – geWahlergebnis im Wahlkreis Zweitstimmen der einzelnen Parteien Wahlrechtsreform, sie meisten möglicherweise das erhält. Ver- Er winnt der Kandidat,weil der die Erststimmen werden bundesweit addiert. Parteien mit weniger als 5 % aller Stimmen schwinden der FDP gehabt hätte der damals fürAbb. 42.1: Erst- und Zweitstimme zieht auf jeden Fallzur in Folge den Bundestag ein.– Maßgeblich werden nicht weiter berücksichtigt. alleinigen Oppositionspartei beide Großparteien das Gesamtergebnis ist aberund die für Zweitstimme, mit der eine potenziellen Partnerin einefür spätere kleine Koalition. Erst-Kandidat und Zweitstimme A B C D Partei gewählt wird. Siefürsteht das Verhältniswahlsystem: Laut Bundeswahlgesetz besteht der Bundestag aus 598 Jeder Wähler verfügt über zwei Stimmen, mit denen er Die Sitze im Bundestag werden nach dem Verhältnis auf die Der Kandidat D hat dieKandidaten/eine Kandidatin seines Abgeordneten, die je zur Hälfte in den Wahlkreisen direkt einmal direkt einen Parteien aufgeteilt, in dem sie Zweitstimmen bekommen haPartei A Partei B Partei C Partei D meisten Stimmen und und über die Landeslisten der Parteien in den Deutschen Wahlkreises und zum < 5 %Landesliste einer Partei zieht für seine Partei inanderen die ben. Bekommt eine Partei A beispielsweise 40 Prozent der Bundestag ein. D den Entsprechend der Stimmanteile werden Bundestag gewählt werden. wählen kann. Stimmen, erhält sie auch in etwa 40 Prozent der Sitze im die 598 Bundestagsmandate auf die Bundestag sind diejenigen In den Wahlkreisen Parteien verteilt*.Kandidaten/KandiBundestag. Diese Sitze werden mit Politikern von den LanWahlkreise und Landeslisten datinnen gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen deslisten der Partei gefüllt. Wenn der Partei A also in einem Partei D Die Bundestagssitze werden Wurden mit der deutschen Einheit die 248 Wahlkreise der gültigen Erststimmen erreicht haben. Es genügt somit für Bundesland zehn Sitze zustehen, kommen die ersten zehn zur Hälfte mit den WahlkreisD gewinnern besetzt. Die einer alten Bundesrepublik auf 328 Wahlkreise der neuen Bundesden Erwerb eines Direktmandats der Vorsprung von Politiker der Landesliste ins Parlament. übrigen freien Plätze füllen Partei B republik aufgestockt, so gibt es seit der 15. Legislaturperiode einzigen Stimme gegenüber dem nächsten Konkurrenten die Parteien mit Kandidaten Hat die Partei A aber gleichzeitig über die Erststimme fünf ihrer Landeslisten. Partei C (ab 2002) nurDirektmandate noch 299 Wahlkreise. Es handelt sich dabei (relative Mehrheit). Landessogenannte erhalten, ziehen nur noch um die liste 598von Sitzeden Landeslisten der Parteien werden mit Einerwahlkreise, weil stets nur ein Kandidat/eine Kandidatin Die Abgeordneten ersten fünf Politiker der Landesliste in den Bundestag. gewählt wird. Gesichtspunkte für dieund Wahlkreiseinteilung der Zweitstimme gewählt. Die Zweitstimme entscheidet darüber + Überhangmandate Wegen der Mischung aus VerhältnisDirektwahl wird Wenn eine Partei in einem mehr Wahlkreissieger hat, zustehen. Ihre sind die Übereinstimmung mit Verwaltungsgrenzen und eine hinaus, wie viele SitzeBundesland einer Partei im Bundestag das bundesdeutsche Wahlsystem auch als „personalisierte als ihr dort anteilig Sitze zustehen, bekommt sie zusätzliche Sitze. möglichst gleiche Bevölkerungszahl in den Wahlkreisen. Das Zahl wird nach einer von dem Engländer Thomas Hare und dem Die anderen Parteien erhalten so viele Ausgleichsmandate, bis Verhältniswahl“ bezeichnet. das ursprüngliche KräfteverhältnisHorst wieder hergestellt ist. entwickelten matheBundeswahlgesetz schreibt die Veränderung von Wahlkreisen deutschen Mathematiker Niemeyer 19572 *Saint-Laguë-Berechnungsverfahren Quelle: BpB, Korte vor, wenn sich ihre Bevölkerungszahl um mehr als ein Viermatischen Methode in die Zahl der Mandate umgerechnet, die tel nach oben oder unten von der durchschnittlichen Bevölden einzelnen Parteien zustehen. Bis 1987 wurde für die StimAbb. 42.1: So funktioniert die Bundestagswahl kerungszahl der Wahlkreise entfernt hat. menauszählung das Verfahren nach d‘Hondt praktiziert. 55 55 60 65 60 65 70 75 48 42 4687_willensbildungsprozesse.indd 48 DO01_006364_s001_072__3_Auflage_2014.indd 42 15.09.2008 15:25:15 10:11:13 Uhr Uhr 23.07.2014 2.5 Wahlen als Ausdruck politischer Partizipation 5.3 Das Wahlsystem für die Wahlen zum Deutschen Bundestag 80 70 75 80 Alle Parteien bis auf Die Linke haben sich daraufhin geeinigt, (Für die Bundestagswahl 2009 [wurde] das Sainte-Laguë/ Überhangmandate künftig auszugleichen. Das heißt, dass es Schepers-Verfahren anstelle des bisherigen Hare-Niemeyerab dieser Wahl zusätzliche Ausgleichsmandate für die anVerfahrens verwendet. Dabei handelt es sich um ein Höchstderen Parteien geben wird, bis das ursprüngliche Verhältnis zahlverfahren, das dem von d´Hondt-Verfahren ähnelt, jedoch nach Zweitstimmen wieder hergestellt ist. Bundestag und noch genauer die Stimmenvergabe an die Parteien abbildet.) Bundesrat haben die Reform Anfang 2013 beschlossen. Wahlleitung Der vom Bundesinnenminister bestellte Bundeswahlleiter übernimmt bei einer Bundestagswahl die Rolle des Oberschiedsrichters. Für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl auf Ebene der Bundesländer sind die von den Landesregierungen ernannten Landeswahlleiter zuständig. Die Kreiswahlleiter in den 299 Wahlkreisen werden von den Landesregierungen beziehungsweise von dazu bestimmten Stellen ernannt. Sie tragen die Verantwortung für die Vorbereitung und Durchführung der Wahl in ihrem Wahlkreis. So entstehen Überhangmandate Bundestagswahl: Jeder Wähler hat 2 Stimmen Erststimme aus jedem Wahlkreis wird ein Kandidat direkt gewählt Zweitstimme entscheidet über die Zusammensetzung des Bundestages nach Par teien Wenn eine Partei durch die Erststimmen mehr Sitze (Direktmandate) erhält, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, kommt es zu Überhangmandaten. Denn direkt gewählte Kandidaten ziehen auf jeden Fall in den Bundestag ein. Modellrechnung: Bundestag mit 100 Sitzen, 50 Wahlkreisen 50 Sitze werden mit direkt gewählten Kandidaten besetzt (Erststimme) 50 Die andere Hälfte über Landeslisten der Parteien (Zweitstimme) 50 100 Sitze Ergebnis der Wahl Erststimme (Zahl direkt gewählter Wahlkreiskandidaten) Zweitstimme Anteil in % Partei A Partei B Partei A 40 % 48 2 Partei C 0 Partei B Abb. 43.1: Von der Wählerstimme zum Mandat 85 35 % 95 100 85 105 90 110 95 115 100 120 105 125 110 130 135 25 % Verteilung der Sitze Da für Partei A Überhangmandate endgültige nach Zweitstimmen48 Kandidaten Das Wahlsystem zum Deutschen Bundestag ermöglicht es, Sitzverteilung ergebnis direkt gewählt dass eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach wurden, erhält sie nicht 40, 35 ihres Zweitstimmenergebnisses dem Anteil zustehen. 35 Dann sondern 48 Sitze, +x 40 bleiben ihr die25 sogenannten Überhangmandate erhalten, 40 also 8 Überhang25 108direkt 100 Mandat +x gewählten denn dem Kandidaten kann sein mandate +x Sitze +8 nicht wieder abgenommen werden. Bei Bundestagswahlen Sitze Neuregelung erfolgt kein Mandatsausgleich wie bei verschiedenen LandAb 2013 erhalten alle anderen Parteien im Bundestag tagswahlen, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Aufgrund so viele Ausgleichsmandate (x), bis das ursprüngeiner Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom liche Kräfteverhältnis (Zweitstimmenergebnis) hergestellt ist. Frühjahr 1998wieder müssen Überhangmandate von Parteien in Zukunft dann angerechnet werden, wenn das Mandat eines Abb. 43.1: So entstehen Überhangmandate direkt gewählten Wahlkreisabgeordneten vorzeitig endet. 17192 90 Partei C Wahlkreise Wahlgebiet, also der Bundesrepublik Deutschland, von der Die Einteilung des Wahlgebietes in Wahlkreise ist in einem Mandatszuweisung aus, die weniger als fünf Prozent der Bundesgesetz festgelegt (20. Gesetz zur Änderung des BunZweitstimmen erhalten oder nicht mindestens drei Direktdeswahlgesetzes). Für die Bundestagswahl 2013 hat der mandate erzielt haben. Lediglich Parteien nationaler MinGesetzgeber gegenüber der vorigen Wahl elf Wahlkreise derheiten, zurzeit der Südschleswigsche Wählerverband umbenannt und 21 Wahlkreise aufgrund der Bevölkerungs(SSW), die Vertretung der dänischen Minderheit in entwicklung in den Ländern angepasst. Wird beispielsweise Deutschland, sind von der Fünf-Prozent-Klausel ein Wahlkreis immer größer, weil mehr Menschen in die Geausgenommen. Ein Kandidat einer Splitterpartei, gend ziehen, muss er neu zugeschnitten werden – sonst ist der direkt gewählt wird, behält sein Mandat, auch die Gleichheit der Stimmen irgendwann nicht mehr gegewenn seine Partei nicht in den Bundestag gelangt. ben. Erhalten die Vertreter einer Partei drei DirektmanJeder Wahlkreis fasst rund 250 000 Menschen, eine gewisse date, ihre Partei aber weniger als fünf Prozent Abweichung ist erlaubt. […] Die Wahlkreise werden von den der Zweitstimmen, so wird der ZweitstimmenanGemeindebehörden in Wahlbezirke unterteilt, die nicht mehr teil ebenfalls in Mandate umgerechnet. Gewinnt als 2 500 Einwohner umfassen sollen. In den Wahlbezirken aber eine Partei nur zwei Direktmandate (so die wird jeweils ein Wahllokal eingerichtet, meist in öffentlichen PDS 2002), so entfallen die Zweitstimmen. Die Gebäuden wie Schulen oder Verwaltungen, und so gelegen, zwei direkt gewählten Kandidaten ziehen selbstdass es für die meisten Wählenden gut zu erreichen ist. […] verständlich in den Bundestag ein. Die Fünf-Prozent-Klausel ist vor allem als eine Reaktion auf die Fünfprozentklausel: Parteien, die weniger als fünf Prozent Vielzahl von Parteien im Weimarer Reichstag und der Zweitstimmen gewinnen, erhalten keine Sitze im Deutdessen daraus resultierende Funktionsunfähigkeit schen Bundestag. Lediglich Parteien nationaler Minderheiten zu verstehen. Sie soll eine ähnliche Zersplitterung sind von der Fünfprozentklausel ausgenommen. des Parteiensystems in der Bundesrepublik verhinEin Kandidat einer kleinen Partei, der direkt gewählt wird, dern. behält sein Mandat, auch wenn seine Partei nicht in den Bundestag gelangt. Es gibt eine Ausnahme von der Klausel: Personalisierte Verhältniswahl Erhält eine Partei zwar keine fünf Prozent, aber drei DirektDa eine Partei nur so viele Parlamentssitze (Manmandate, so wird trotzdem ihr Zweitstimmenanteil in Sitze date) erhält, wie ihr nach ihrem Anteil an den umgerechnet. Zweitstimmen zusteht – die in den Wahlkreisen gewonnenen Direktmandate werden ja davon abWichard Woyke: Bundestagswahl 2013, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): aktuell zu Informationen zur gezogen –, Info bleibt das (Beilage Wahlsystem der Bundesrepolitischen publik Bildung),ein Bonn 2013, S. 6–9 Verhältniswahlsystem (Proportionalsystem). Durch die Möglichkeit, in den Wahlkreisen Kandidaten (Persönlichkeiten) direkt zu wählen, gewinnt das Verhältniswahlsystem personalisierte Züge, man spricht von „Personalisierter Verhältniswahl“. Die Durchbrechung dieses Systems durch FünfProzent-Klausel und Überhangmandate ändert daran grundsätzlich nichts. Fünf-Prozent-Klausel Ein weiteres Kennzeichen des bundesdeutschen Wahlsystems ist die Fünf-Prozent-Sperrklausel. Sie schließt Parteien im Wichard Woyke: Bundestagswahl, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Info aktuell (Beilage zu Informationen zur politischen Bildung), Bonn 2005, S. 13–15 ARBEITSAUF TR ÄGE 1. Worin sehen Sie Vor- und Nachteile des bundesdeutschen Wahlsystems? 2. Erklären Sie Funktion und Bedeutung der Erstund der Zweitstimme! 3. In der jüngsten Vergangenheit forderte Altbundespräsident Roman Herzog aufgrund des derzeitigen fünf-Parteien-Parlaments (SPD, CDU/CSU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE) eine Reform des Wahlrechts, da er Regierungskoalitionen aus Mehrparteien bzw. schwache Minderheitsregierungen fürchtet. Diskutieren Sie diese Aussage! 43 49 DO01_006364_s001_072__3_Auflage_2014.indd 43 23.07.2014 15:25:16 Uhr MF 2. Politischer Willensbildungs- und Entscheidungsprozess 2.6Machtgefüge der Verfassungsorgane im politischen Entscheidungsprozess 2.6.1 Zusammenwirken der Verfassungsorgane auf der Grundlage der Gewaltenteilung M 1 Gewaltenteilung in der Bundesrepublik Deutschland 5 10 15 20 25 Grundprinzip politisch-demokratischer Herrschaft und der Organisation staatlicher Gewalt mit dem Ziel, die Konzentration und den Missbrauch politischer Macht zu verhindern, die Ausübung politischer Herrschaft zu begrenzen und zu mäßigen und damit die bürgerlichen Freiheiten zu sichern. Funktional wird zwischen der gesetzgebenden Gewalt (Legislative), der ausführenden Gewalt (Exekutive) und der rechtsprechenden Gewalt (Judikative) unterschieden. Diese Funktionen werden unabhängigen Staatsorganen (Parlament, Regierung, Gerichten) zugewiesen […] Dem Prinzip der Gewaltenteilung entspricht es, dass die voneinander unabhängigen Staatsorgane, um politisch wirksam handeln zu können, miteinander verschränkt werden müssen (d. h., die Exekutive braucht eine gesetzliche Grundlage, Abb. 44.1: Horizontale und vertikale Gewaltenteilung um ordnungsgemäß handeln zu können, die Legislative ist darauf angewiesen, dass z. B. durch chungen vom strikten Prinzip der Gewaltenteilung oder sind Regierung und Verwaltung die Gesetze auch umgesetzt werAbweichungen durchaus vorgesehen (z. B. Verordnungen der den): In der politischen Praxis ergeben sich daher AbweiExekutive, Gesetzesinitiativen der Regierung). Martina Klein/Klaus Schubert: Das Politiklexikon, Bonn 2006, S. 126 f. M 2 Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland 5 10 15 Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung werden die verschiedenen Funktionen der Staatsgewalt durch mehrere sich gegenseitig ergänzende und kontrollierende Verfassungsorgane ausgeübt. Oberstes gesetzgebendes Organ ist der Bundestag, dessen Abgeordnete alle vier Jahre in allgemeiner, freier, gleicher und geheimer Wahl unmittelbar vom Volk gewählt werden. Durch den Bundesrat, der das föderative Element im Staatsaufbau verkörpert, wirken die Länder an der Gesetzgebung des Bundes mit. Im Gesetzgebungsverfahren ist je nach dem Gegenstand des Gesetzes die Zustimmung des Bundesrats erforderlich oder doch sein Einspruch möglich. Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland ist der Bundespräsident, der von der Bundesversammlung auf jeweils fünf Jahre gewählt wird. Die Bundesversammlung besteht aus sämtlichen Bundestagsabgeordneten und einer gleich großen Anzahl von Mitgliedern, die von den Parlamenten der Bundesländer entsandt werden. Auf Vorschlag des Bundespräsi- denten wählt der Bundestag mit den Stimmen der Mehrheit seiner Mitglieder den Bundeskanzler. Die vom Bundeskanzler ausgewählten Mitglieder der Bundesregierung werden auf seinen Vorschlag hin vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen. Innerhalb der Regierung bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik. Er kann nur durch ein sogenanntes konstruktives Misstrauensvotum abgewählt werden, dann nämlich, wenn der Bundestag mit der erforderlichen Mehrheit einen neuen Kanzler wählt. Die Ausübung der Recht sprechenden Gewalt liegt beim Bundesverfassungsgericht, den Bundesgerichten und den Gerichten der Länder. Das Bundesverfassungsgericht als Hüter des Grundgesetzes besteht aus zwei Senaten mit je acht Richtern. Sie werden je zur Hälfte von einem Wahlausschuss des Bundestages und vom Bundesrat gewählt. 20 25 30 nach Zahlenbild 62110, Erich Bergmoser + Höller Schmidt Verlag,Verlag, Berlin Aachen 44 56 DO01_006364_s001_072__3_Auflage_2014.indd 44 4687_willensbildungsprozesse.indd 56 23.07.2014 15.09.2008 15:25:16 10:11:18 Uhr 2.6 Machtgefüge der Verfassungsorgane 7.2 Zentrum im derpolitischen Macht: derEntscheidungsprozess Deutsche Bundestag 7.2 Zentrum der Macht: der Deutsche Bundestag 2.6.2Zentrum des politischen Willensbildungsprozesses: der Bundestag 5 5 10 10 15 15 M 1 So funktioniert der Bundestag M 1 So funktioniert der Bundestag Der Bundestag ist als das deutsche Parlament von keinem anderen Staatsorgan Er wählt seinen von Präsidenten Der Bundestag ist alsabhängig. das deutsche Parlament keinem und gibtStaatsorgan sich eine Geschäftsordnung 40 Abs. 1). Der anderen abhängig. Er wählt(Art. seinen Präsidenten Präsident Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäuund gibt übt sichdas eine Geschäftsordnung (Art. 40 Abs. 1). Der de des Bundestages aus (Art.und 40 Abs. 2). Polizeikräfte dürfen Präsident übt das Hausrecht die Polizeigewalt im Gebäunurdes mitBundestages seiner Einwilligung im40 Parlamentsgebäude tätig werde aus (Art. Abs. 2). Polizeikräfte dürfen den.mit Mitglieder genießen → Immunität nur seiner Einwilligung im Parlamentsgebäude tätig wer[des Bundestages] 46). Er bildet die [für→seine] Arbeit den. → Mitglieder genießen Immunität und Indemnität [des(Art. Bundestages] → Indemn Untersuchungs ität (Art.insbesondere 46). Er bildetkann die er [für seine] Arbeitzuständigen Ausschüsse; und insbesondere kann er Untersuchungsausschüsse (Art. 44). zuständigeneinsetzen Ausschüsse; ausschüsse einsetzen (Art. 44). a) Gesetzgebungsfunktion DasGesetzgebungsfunktion Parlament hat in einem demokratischen Staat die Aufa) gabe,Parlament die staatliche und das Zusammenleben der Das hat inOrdnung einem demokratischen Staat die Aufeinzelnen in der Gemeinschaft durch Gesetz zu regeln. gabe, die Bürger staatliche Ordnung und das Zusammenleben der Es ist dazuBürger berufen, weilGemeinschaft es direkt vomdurch Volk gewählt einzelnen in der Gesetz zuwird. regeln. Es ist dazu berufen, weil es direkt vom Volk gewählt wird. b) Wahlfunktion DerWahlfunktion Bundestag wählt den Bundeskanzler (Art. 63), wirkt an b) der Wahl des Bundespräsidenten mit (Art.(Art. 54),63), wählt durch Der Bundestag wählt den Bundeskanzler wirkt an der Wahl des Bundespräsidenten mit (Art. 54), wählt durch den Wahlmännerausschuss die Hälfte der Richter des Bundesverfassungsgerichts (die andere Hälfte derdes Bundesrat, den Wahlmännerausschuss die Hälfte derwählt Richter BundesArt. 94; §§ 3 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz), ist an der verfassungsgerichts (die andere Hälfte wählt der Bundesrat, Wahl94; der§§Bundesrichter beteiligt (Art. 95 Abs. 2) und wählt Art. 3 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz), ist an der den Wehrbeauftragten 45b). (Art. 95 Abs. 2) und wählt Wahl der Bundesrichter(Art. beteiligt den Wehrbeauftragten (Art. 45b). c) Kontrollfunktion DasKontrollfunktion Parlament soll die Regierung kontrollieren. In der c) Parteien demokratie diese Funktion vor allem die Das Parlament soll nimmt die Regierung kontrollieren. In der Opposition wahr […]nimmt Das Parlament kontrolliert RegieParteien demokratie diese Funktion vor die allem die rung durch die Möglichkeit des Misstrauensvotums 67), Opposition wahr […] Das Parlament kontrolliert die(Art. Regiedurchdurch das Recht, den Haushaltsplan festzustellen und damit rung die Möglichkeit des Misstrauensvotums (Art. 67), das Finanzsystem derHaushaltsplan Regierung zufestzustellen lenken (Art.und 110)damit und durch das Recht, den durchFinanzsystem die Möglichkeit, Anfragen einzubringen oder Unterdas der Regierung zu lenken (Art. 110) und suchungsausschüsse zu bilden (Art.einzubringen 44). durch die Möglichkeit, Anfragen oder Untersuchungsausschüsse zu bilden (Art. 44). 20 20 25 25 30 30 Dieter Hesselberger in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Das Grundgesetz. Kommentar für politische Bildung, Dieter Hesselberger in: Bundeszentrale fürdie politische Bildung Bonn 2003, 234 f. (Hrsg.): Das S. Grundgesetz. Kommentar für die politische Bildung, Bonn 2003, S. 234 f. Die Linke: Linke: 64Die Sitze 53 Linke: Sitze Die Bündnis FDP: 90/ 53 Sitze Die Grünen: 61FDP: Sitze 63 Sitze 61 Sitze Bündnis 90/ Die Grünen: Bündnis 90/ 51 DieSitze Grünen: 51 Sitze SPD: 193 Sitze Abb. 45.1: Organisation des Deutschen Bundestages Abb. 45.1: Organisation des Deutschen Bundestages 5 5 10 10 15 15 M 2 Problemlagen der Parlamentsarbeit M 2 Problemlagen der Parlamentsarbeit Der Bundestag […] sieht sich innerhalb des politischen Systems, aber auch Folge Prozessen EuropäiDer Bundestag […] in sieht sichvon innerhalb desderpolitischen sierung und Handlungsund Systems, aberGlobalisierung auch in Folgewachsenden von Prozessen der EuropäiVerhandlungszwängen gegenüber: […] Vor Handlungsallem die eurosierung und Globalisierung wachsenden und päische Integration, aber vorher bereits die Kooperation mit Verhandlungszwängen gegenüber: […] Vor allem die euroden Bundesländern haben zu einer der päische Integration, aber vorher bereitsVerkomplizierung die Kooperation mit Entscheidungsfindung geführt. DerVerkomplizierung Bundestag kann – der ein den Bundesländern haben zu […] einer Effizienzproblem – einen Großteil angewachsenen Entscheidungsfindung geführt. […]der Derrapide Bundestag kann – ein EU-Vorlagen nur –noch zurGroßteil Kenntnis Eine materielle Effizienzproblem einen dernehmen. rapide angewachsenen Mitwirkung findet nurzur noch begrenzt statt. Eine […] Dies führt EU-Vorlagen nur noch Kenntnis nehmen. materielle unmittelbar findet zu der nur Fragenoch der begrenzt Darstellung parlamentarischer Mitwirkung statt. […] Dies führt Arbeit in derzuMediengesellschaft und denparlamentarischer Schwierigkeiten unmittelbar der Frage der Darstellung des Bundestages, sich in dieser zu und platzieren. Die politische Arbeit in der Mediengesellschaft den Schwierigkeiten Öffentlichkeit hatsich sichinsodieser gewandelt, dass das Die Parlament in des Bundestages, zu platzieren. politische eine „Kommunikationsfalle“ geraten ist. der BunÖffentlichkeit hat sich so gewandelt, dassWill dassich Parlament in eine „Kommunikationsfalle“ geraten ist. Will sich der Bun- DO01_006364_s001_072__3_Auflage_2014.indd 45 4687_willensbildungsprozesse.indd 57 CDU/CSU: CDU/CSU: 223 Sitze CDU/CSU: 311 Sitze 223 Sitze SPD: 222 Sitze SPD: 222 Sitze 631 Sitze im 16. 18. Deutschen Bundestag Abb. 45.2: Verteilung der 612 Abb. 45.2: Verteilung der 612 Sitze im 16. Deutschen Bundestag destag stärker über die Medien vermitteln, so muss er sich den Strukturen der massenmedialen Öffentlichkeit anpassen. destag stärker über die Medien vermitteln, so muss er sich Dabei steht er inder dermassenmedialen Gefahr, sich so Öffentlichkeit umzustrukturieren, dass den Strukturen anpassen. er seinen als parlamentarisches Organ verliert. Dabei stehtCharakter er in der Gefahr, sich so umzustrukturieren, dass Eineseinen Konsequenz der als Vermittlungsproblematik ist die verer Charakter parlamentarisches Organ verliert. zerrteKonsequenz Wahrnehmung Arbeit. ist So die spiegelt Eine der parlamentarischer Vermittlungsproblematik versich in Wahrnehmung Umfragen nachparlamentarischer wie vor UnkenntnisArbeit. über die zerrte So Arbeitsspiegelt weiseindes Bundestages undvor über Funktionslogik desArbeitsParlasich Umfragen nach wie Unkenntnis über die mentarismus. Unkenntnisund überüber die Leistungen des Parlaments weise des Bundestages Funktionslogik des Parlaschafft Misstrauen gegenüber derLeistungen Institution,des verstärkt von mentarismus. Unkenntnis über die Parlaments einer allgemeinen gegenüber der Politikverstärkt und den von poschafft MisstrauenSkepsis gegenüber der Institution, litischen Akteuren.Skepsis gegenüber der Politik und den poeiner allgemeinen litischen Akteuren. 20 20 25 25 Stefan Marschall: Deutscher Bundestag und Parlamentsreform, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Band 28, und BonnParlamentsreform, 2000, S. 13 f. Stefan Marschall: Deutscher Bundestag in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Band 28, Bonn 2000, S. 13 f. 45 57 57 23.07.2014 15.09.2008 15:25:18 10:11:19 Uhr