Neue Dynamiken und sichere Werte in der aktuellen

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P.P./Journal CH - 8038 Zürich
LOST IN MUSIC
Neue Dynamiken
und sichere Werte
in der aktuellen Musiklandschaft.
Kategorie: «Andere»
Wie das Internet die musikalischen
Stilgrenzen verwischt
TELE ZÜRI RAP
Zürcher Strassenrap aus Zürichs Norden
vom Label Broken Mental Organisation
Live statt Lifestyle
Wie der technische Fortschritt die elektronische Musik verändert, zum Beispiel beim
Zürcher Label Spezialmaterial.
SOMMERHIT LONDON NORD
Auf dem Weg aus dem MySpace in die
Charts: Remi Nicole.
«JEDER TRÄGT EINEN GUTEN
SONG IN SICH»
Wieso «God Save The Queen» heute keinen
Sinn mehr macht, aber in der neuen DIYKultur à la Myspace trotzdem Platz hat.
Ein Gespräch mit John Robb, Author von
«Punkrock – die ganze Geschichte».
«EINE MISCHUNG AUS NME, METAL
HAMMER UND GALA»
Auf Recherche in Sachen Musik- und Lifestylemedien landete die Faz-Autorin eines schönen
Tages auf dem Sofa der Rockstar-Redaktion
und manövrierte sich zielsicher in einen
üblen Tittentalk.
AUF DEM MARKT DER GEFÜHLE
Hardcore, neoliberal weiterentwickelt,
windelweich geprügelt und emotional angereichert. Emo – ein Boom, den niemand will.
DER TAG AN DEM HEAVY METAL STARB
Sie gingen, bevor Metal von Grunge verdrängt
wurde, und sie kommen mit der anrollenden
Metal-Retro-Welle zurück: Die laut MTV nach
Black Sabath zweitbedeutendste Metalband
ever, Judas Priest.
EGAL, ABER
Was macht eigentlich die Hamburger Schule?
Während die Goldenen Zitronen weiterhin
gegen Windmühlen anrennen, haben sich
Blumfeld aufgelöst und Tocotronic besingen
die die «Kapitulation».
CHEECH & CHONG LEBEN!
Rapper unter sich: Unser In-House Reporter
E.K.R. unterhielt sich mit Dani Göldin über
sein neustes Werk «Fantasy is Fucked»,
Rap aus Brooklyn und die Schweizer Szene.
«WAS DU SIEHST, IST WAS DU HÖRST »
Mit der Basler Shift betritt ein neues Festival
der elektronischen Künste ein Spannungsfeld
der vielen Widersprüche. Für die FaZ
erörterte Kuratorin und Mitorganisatorin
Katrin Steffen einige davon.
Die Musikausgabe
Die Zeitung der Roten Fabrik
Ausgabe Oktober 2007 | Nummer 235
Kategorie: «Andere»
Wie das Internet die musikalischen Stilgrenzen verwischt
Dass Web 2.0 die Musikindustrie verändert hat
und noch immer verändert, ist klar – insbesondere, was die Verkaufsstrategien betrifft. Die
neuen Networking-Plattformen wie Myspace,
Fairtilizer und Last.fm haben aber nicht nur
wirtschaftliche Auswirkungen, sie ändern auch
unser Musikverständnis: Stilbegriffe werden
aufgeweicht, Hörgewohnheiten individualisiert.
So fragte ich mich an der Lethargy 2007 beim
DJ-Set der Berliner Sick Girls: Was ist das jetzt
genau für Musik, die da aus den Boxen dröhnt?
Sicher kein Baile Funk, trotz der CariocaRhythmen zwischendurch, auch kein Trance,
wegen den Carioca-Rhythmen, nicht Rap, trotz
dem Rap, und French House schon gar nicht,
aber... hm, Nu Baile vielleicht, oder Funk Rave?
Disco Rock? Dance Punk? Nein halt, Dance
Punk gibt es ja schon seit über 20 Jahren, und
der klingt anders.
Dieses Erlebnis ist symptomatisch für die Veränderungen der letzten Jahre, die es zunehmend
schwieriger machen, neue Strömungen in der
Musik adäquat und funktional zu benennen. Zu
zahlreich sind die immer wieder neu auftauchenden Hypes. Die Frage, welche Strömung zur
Zeit dominant ist, welches Genre mal wieder
totgesagt wird, und wo sich gerade ein neuer
Trend abspielt, lässt sich nur noch schwer beantworten. Die ausführlichen Fusion-, Crossover- und Mash-Up-Experimente der letzten 20
Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Zwar sind
solche Stilkreuzungen fruchtbar für die Weiterentwicklung der elektronischen Musik, doch es
wird immer schwieriger, etwas gänzlich Neues
zu schaffen: Die Feinverästelungen und damit
die Genre-Bezeichnungen nehmen zu, so dass
es inzwischen nicht mal mehr Fachinteressierten
möglich ist, den Überblick zu behalten.
Photoserie:
Der Fotograf Nicolas Duc war für diese
Ausgabe der Fabrikzeitung im September 2007 in
Zürich unterwegs und portraitierte Musikschaffende.
Mehr zu den Projekten von Nicolas Duc:
http://www.nicolasduc.com/
Dass diese Entwicklung auch mit einem veränderten Rezeptionsverhalten zu tun hat, ist naheliegend: Bisher hatten Radios, Fach- und Gratiszeitungen bei der Vermittlung von populärer
Musik immer eine Sonderstellung inne. Über sie
wurde Musik verbreitet, sie entschieden, welche
Musik letztlich bei der Hörerschaft ankam und
in welchen Kontext diese Musik gestellt werden
sollte. Kaum ein anderer kultureller Bereich
war derart stark von der Verwertungsindustrie
beeinflusst. Nun scheinen die Webdienste der
zweiten Generation diese stark vertikale Organisation der Musikvermittlung zunehmend zu verändern. Über Online-Plattformen wie Myspace,
Last.fm und Fairtilizer haben Musiker die Möglichkeit, auf Augenhöhe mit ihren Hörern zu
kommunizieren. Statt nur einige wenige Fächer
für die zahlreichen Genres stehen den Interpreten hier meistens mehrere Begriffe zur Kategorisierung ihrer Musik zur Verfügung. Was sich
in einem Musikfachgeschäft schlicht und einfach
aus logistischen Gründen nicht bewerkstelligen
lässt, ist hier möglich. So beschreibt die meistgenannte Myspace-Band Arctic Monkeys ihre Musik gleich dreifach, nämlich als Trip Hop, Rock
und Indie. Wem das immer noch nicht reicht, für
den gibt es immer noch die Kategorie «Andere».
Aushöhlung der Genres
Die Möglichkeit zur Selbstbeschreibung bietet
Raum für maximale Individualität. Und für
Beliebigkeit. Denn obendrein darf man sich als
Musiker oft gleich noch ein paar eigene Stichwörter ausdenken, damit man in der Flut der
digitalen Anbieter nicht untergeht. Das führt
dazu, dass Genre-Bezeichnungen ad absurdum
geführt werden und damit ihre verbindende
Funktion verlieren. Einige Clubbetreiber versuchen, das Beste aus dieser Situation zu machen:
Um der Fragmentierung der Club-hoppenden
Partygänger entgegenzuwirken und Leute in
ihre Säle zu holen, nutzen sie für die Beschreibung der Musik auf Plakaten und Flyern die immergleichen Begriffe wie zum Beispiel Elektro,
Dance, Hip-Hop und Reggaeton. Doch es geht
auch anders, wie der gegenwärtige Hype um Ed
Banger Records zeigt.
All Time Favourites
Von Ivan Sterzinger
Neil Young - (Keep on) Rocking in a Free World
Tears for Fears - Everybody Wants to Rule the World
James Brown - It’s a Man’s World
Jim O’Rourke - Women of the World
Elvis Presley - Welcome to My World
Louis Armstrong - What a Wonderful World
Michael Jackson - Heal the World
David Bowie - The Man Who Sold the World
Pink Floyd - Goodbye Cruel World
R.E.M. - It’s the End of the World (As We Know It)
Die Herbstliste
Von Silvano Sarno
Steezo - One Take Wonder
Pavement - Terror Twilight
James Holden - At The Controls
Jennifer Lara - Studio One Presents
Beirut - Lon Gisland
Ceo Müller - Dj-Set At Lethargy 2007
John Denver - Rocky Mountain High
Sluts'strings & 909 - Carrera
Frank'n'dank - 48 Hours
Yo La Tengo - I Can Hear The Hear Beating As One
10 Songs zum Mitsingen in der Badewanne
Von Martin Büsser
I Ludicrous - Preposterous Tales
Motörheard - Ace Of Spades
TV Personalities - Mysterious Ways
The Fall - How I Wrote Elastic Man
Yoko Ono - Don’t Worry Kyoto
Tim Buckley - Song To The Siren
Joni Mitchell - Woodstock
Palais Schaumburg - Wir bauen eine neue Stadt
Wire - Am The Fly
Joan Jett - Love Rock’n’Roll
Von Ivan Sterzinger
Strassenrap vom Label Broken Mental
Organisation aus Zürichs Norden
Auf Schweizer HipHop-Scheiben sind vermehrt
raue Töne anzutreffen. Das Album von Semantik – das einschlägige Portal Aightgenossen.ch
spricht zu Recht von einem Meilenstein des
Schweizer Hip Hop – brilliert mit Strassenrap.
Flowkönig Steezo veröffentlichte kürzlich mit
One Take Wonder sein Soloalbum. Das gratis
zum Download angebotene Werk begeistert
mit derbem Wortwitz und Doppelreimen. MC
und Produzent Piment sorgt auf seinen frischen
Produktionen gleich selbst für die eingängigen
Hooks. Eines ist den talentierten Künstlern
gleich: Sie alle sind im Umfeld der Broken Mental Organisation (BM) gross geworden.
«Meine Musik ist nichts anderes als Tele Züri
Rap. Ich muss mit dem klar kommen, was um
mich herum geschieht. Darüber will ich berichten und meine persönliche Sicht aufzeigen.
Die Arbeit an meinen Rhymes ist Verarbeitung
und Ablenkung zugleich», erklärt T-Rotz seine
Texte. Der in Dübendorf aufgewachsene MC
ist einer der talentierten Geschichtenerzähler
im Umfeld des Indie-Labels BM. Sein eigenes
Album voller Züri Rap wird in diesem Herbst
heraus kommen. Unterstützt wird er dabei mit
Beats von befreundeten Producern, publiziert
wird natürlich auf dem Hauslabel BM, wo viel
einschlägiges Know-How vorhanden ist: Der
harte Kern von BM ist seit über 10 Jahren im
Hip Hop Business aktiv. Als nächstes wollen
die Künstler mit einem gemeinsamen Werk
auftrumpfen. Bereits spricht man in der Szene
vom Schweizer Wut-Tang Clan – denn allen der
BM-Familie ist ein rauer Ton eigen.
Musikalisch wie auch sprachlich stösst der
Hörer auf für Schweizer Verhältnisse sehr
rauen Rap. «Für uns vermittelt unsere Musik
in erster Linie Hoffnung. Wir kommen alle aus
eher einfachen Verhältnissen, viele von uns
haben einen Migrationshintergrund und wurden
schon in jungen Jahren mit allerlei Unschönem
konfrontiert. Unser Traum ist es, nach oben zu
kommen, etwas zu erreichen, auf das wir stolz
2
«Amplified Word of Mouth» ist denn bezeichnenderweise auch der Subtitel der NetzwerkPlattform Fairtilizer.com. Neben den Musikern,
die ihre eigenen Tracks präsentieren können,
darf man sich auf Fairtilizer sowie auf Last.fm
auch als Musikliebhaber durch die zahlreichen
Stücke durchwühlen und die dabei gefundenen
Trouvaillen in einer Playlist zusammenfassen.
Der Hörer wird dabei mit etwas Glück zum stillen Kurator für das Musikverständnis anderer
Leute – via virtueller Musiksammlung. Dass
man so niemanden mehr zu sich nach Hause einladen kann, um seine Musiksammlung «in echt»
zu präsentieren, ist für Musikliebhaber wohl der
einzige Wehrmutstropfen.
Tele Züri Rap
John Carpenter – Assault On Precinct 13
Kid Frost – Terminator
Newcleus – Destination Earth
The Invinceables – Kong In The City Of Doom
Masta Ace Incorporated – Born To Roll
The Streets - Blinded by the lights
N*E*R*D – Run To The Sun
Cody ChestnuTT – Serve This Royalty
Eagles Of Death Metal – Already Died
Faith No More – The Gentle Art of Making Enemies
Beta Band – Dry The Rain
10 Songs, die die Welt bedeuten
Von Martin Söhnlein
Das kleine Label setzt ganz auf die Anziehungskraft seines Namens, die stilistische Bezeichnung der Musik tritt in den Hintergrund. So
sorgt allein das Stichwort Ed Banger für einen
Hingeh-Reflex, wie jüngst beim Auftritt Sängerin Uffie (Katergorie: «Andere») im Mascotte.
Dass Uffie in Zürich bereits zum zweiten Mal
eine schlechte Show bot, war egal. Sie ist der
Fashion-Boost für ihre hervorragenden Produzenten Feadz und Mr. Oizo. Die Produktion hat
Klasse, der Auftritt ist wild.
Dieselben Gesichter aus dem Publikum triff
man wenige Tage später auch an einem Garagenkonzert der Zürcher Band The Primates
(Kategorie: Eclectic Funk? Fusion? Souljazz?)
beim Bahnhof Hardbrücke wieder. Was gut ist,
spricht sich anscheinend rum.
sein können. Wir nennen unsere Musik Strassenrap, denn wir berichten von davon, was auf den
Strassen vor unseren Fenstern abgeht», erklärt
Blanco das Verbindende der einzelnen Releases.
Der Schwamendinger gehört zum französisch
rappenden Teil von BM und gilt inoffiziell als
Mastermind hinter dem Label. Mit seinem
Bruder BR-1 und MC Kosay bildet er die Band
Le Declique.
Inspiration aus der Jetztzeit
«Wir rappen einfach drauf los. Unsere Beatmacher Piment, 2wei1ce und BR-1 verwöhnen uns
mit genau der Musik, die uns inspiriert. Beat
aussuchen, 10 Minuten Text schreiben und dann
alles aufnehmen. So ist unser Rap. Frisch von
der Leber, manchmal etwas derb und meist voll
guter Partylaune», berichtet T-Rotz. Bei ihm,
Semantik und Steezo fallen neben der Sprache
vor allem der in Schweizer Landen oft vermisste
Wortfluss auf. Die talentierten MC’s verbiegen
keine Wörter, um ein politisches Statement abzugeben. Sie versuchen auch nicht, eine überlange Message in das Taktmass zu quetschen. Eher
freuen sich die Kollegen an Wortspielereien und
dem Wohlklang der Sprache. Vergleiche mit
dem Reimstil des amerikanischen Dipset Camps
drängen sich auf. «Dass unsere Texte von Bling
Bling, Champagner und Partys handeln, liegt an
unserer Inspiration. Wir sind grosse Fans von all
dem aktuellen Club Hip-Hop. Natürlich haben
auch wir damals A Tribe Called Quest geliebt,
aber heute dem Soundideal von 1997 zu folgen,
finde ich nur langweilig. Daher versuchen wir,
frische Einflüsse in unsere Musik mit einzubringen», beschreibt T-Rotz sein Verhältnis zum
Gros der bekannten Hip-Hop Künstler.
Auch Beatmässig klingen die Produktionen
aus dem BM-Umfeld einiges frischer als der
herkömmliche Schweizer Hip-Hop. Neben dem
soulstrotzenden Sampletrack findet ein Uptempo-Beat ebenso seinen Platz auf dem Album wie
ein minimaler Club-Banger mit abgrundtiefen
Bässen. Auch bei poppigeren Tönen kennen die
Beatmacher keine Berührungsängste. Das musikalische Talent der BM-Familie ist indes auch
Altmeister E.K.R. nicht verborgen geblieben.
Seit einiger Zeit arbeitet er mit Piment zusammen an neuen Tracks. Einige davon haben es
bereits auf E.K.R.’s neuestes Werk «Dis Tape»
geschafft.
Vor allem die Jungs von Bilinugue betonen in
ihren Texten ihre Herkunft aus Zürichs Norden.
Piment und Mike Hunter halten die Fahne hoch
für Schwamendingen, Steezo aus Affoltern
repräsentiert den Kreis 11. «Die meisten von
uns kommen aus Zürich Nord, viele kennen
sich seit Kindesalter. Das Interesse an der Hip
Hop Kultur verband uns schon sehr früh. Der
Schritt zu eigenen Raps und Beats war logisch»,
erklärt Blanco diese Besonderheit. Mit der
Verbundenheit zu ihrem Viertel wollen sich
die Künstler denn auch klar vom Hip-Hop aus
Bergkantonen abgrenzen. «Mit unseren Texten
wollen wir niemanden belehren oder verurteilen. Wir vertreten einen ganz anderen Zweig als
andere Schweizer Künstler, die über Politiker
wie Bush oder Blocher rappen», meint T-Rotz zu
den unterschiedlichen Themenschwerpunkten.
«Meine Arbeitslosigkeit, die Angst, die Miete
nicht mehr zahlen zu können oder die Scheidung
meiner Eltern, das sind die Themen die mich
beschäftigen. Ich habe in meinem Leben viele
Probleme zu meistern. Und darüber rappe ich.»
Von Silvano Sarno
Broken Mental Organisation
Founded: Roster: Releases: Next up: Web:
1999
15 Acts, including Le Declique,
Defstar, Bilingue, Semantik, T-Rotz, Pax Luchinni, Shogun, Steezo,
Piment
20
T-Rotz LP, BM-Allstars Sampler
www.bm-organisation.ch
Live statt Lifestyle
Alltime Favourites
Von Valentino Tomasi
Nicht der Überdruss an der Elektronik, sondern der
technische Fortschritt macht die elektronische Musik akustischer.
Protokoll der Veränderung anhand des Zürcher Labels
Spezialmaterial (SM).
Jahrelang war Zürich im elektronischen Bereich
geradezu ein Treibhaus. Besonders abseits der
etablierten Clubs gab es dutzende autonome
Orte und hunderte von Leuten, die mit ihrer
Computerausrüstung aus Studios und Schlafzimmern in die Clubs umzogen und damit die Dancefloors beschallten. Die Stadt pumpte, clashte
und frickelte – doch dieses Prickeln ist vorerst
vorbei. «Minimal» war der letzte elektronische
Schrei, doch auch der ist schon fast wieder verhallt. Gerade diese Szene glänzt vor allem durch
ihre Konsumorientiertheit: In erster Linie geht
es um die Exklusivität des Clubabends selbst,
ob man auf der Gästeliste steht, um Drogen,
dass man sich selbst gut präsentiert. Wohl deshalb sagt Mischa Eberli, Musiker langjähriger
Labelaktivist bei SM: «Mir persönlich macht es
mehr Spass, nachmittags um drei irgendwo in
Argentinien in irgendeinem Naturmuseum zu
spielen, wo vielleicht die Putzfrau zuhört, als
eine Schweizer Clubhaltung zu befriedigen».
Über den versuchten Glamour der hiesigen Szene vermag er herzhaft zu lachen. Seine Abende
verbringt er, wie auch der Rest der Spezialmaterial Crew, derzeit oft in den SM-Studios, die sich
im zweiten Stock eines ausgesprochen schmucklosen Hauses mit Blick auf die Kreuzung Militär/Langstrasse befinden, der «abgefucktesten
Ecke der Schweiz», wie Eberli zusammenfasst.
In den Proberäumen lassen sich gute Abende
verbringen, denn dort gibt es gute Boxen, gute
Musik, die Leute des ausgedehnten SM-Netzwerkes kommen und gehen. Wenn SM öffentliche Abende veranstalten, wird dem manchmal
überforderten Publikum an einem Abend ein
Programm zugemutet, das über Performance,
Video, Bandkonzert, Notebook-mässigem reicht,
bis dann die DJs den Club doch noch rocken.
«Ich persönlich langweile ich mich an Orten, wo
sich ein Stil durchzieht», meint Eberli. Bei Clubbesuchen stelle er oft fest, dass jegliche Dynamik verloren gegangen sei, der Soundlevel stets
gleich bleibe. «Wenn ich auflege, dann spiele
ich bewusst querbeet, von Elektro bis Punk
und rockiges Zeugs. Das funktioniert, es gibt
wieder das Bedürfnis, vielschichtige Abende zu
erleben.»
Eine Grundtendenz der vergangenen Jahre ist
die Hinwendung zu handgestrickten, schweissigen Antithesen zur digitalen Ästhetik zu
spüren. In der ehemaligen Technohochburg
Rohstofflager wurden schon vor Jahren die
Gitarren ausgepackt und der derzeit grösste
Erfolg aus dem Hause Warp (die erste Adresse
für computergesteuerten Wahnsinn, TA 19.9.)
sind Maximo Park, die im Oktober in der Roten
Fabrik «Girls with Guitars» besingen werden.
Auch einiges des neuen Spezial-Materials
atmet in Form von Handorgeln bei Monoblock
B, Banjosounds oder elektronisch bearbeitete Singer-Songwriter Stücke bei Sissi Kontest
akustische Frischluft. «Für mich war Elektronik
schon immer auch Rockmusik. Parallelen gibt
es verschiedene, zum Beispiel bei Sonic Youth
mit diesen ganzen Detunig-Sachen, das ist von
der Soundästhetik her adaptierbar für Autechre, obwohl es zwei völlig verschiedene Schulen
sind.» Es gehe einfach um eine punkige Grundhaltung und Soundästhetik, auch bei Eberli
selbst kommen die verschiedensten Klänge zum
Einsatz: feine akustische Sachen, über elektronische Klänge bis hin zum Hardcore Noise Gitarrensound. Die bisherigen Veröffentlichungen
reichen von klassischer Electronica bis hin zu
Britcore-mässigem Hip-Hop. Auch liegt bei
den SM-Musikern kein Überdruss des Elektronischen vor – die verstärkte Präsenz akustischer
Elemente ist vor allem darauf zurückzuführen,
dass sie durch die neuesten technischen Mittel
überhaupt möglich sind.
Fortschritt auf der Soundkarte
Die Digitalisierung der Aufnahmetechnik bedeutet, dass man auch unter akustisch schlechten
Bedingungen qualitativ gute Tonaufnahmen bewerkstelligen kann, was bis vor kurzem für unerschwinglich und ohne eine Firma im Rücken
kaum denkbar. Heute können mit bescheidenen
Mitteln Tonträger auf professionellem Level hergestellt werden, weshalb all die klassischen Aufnahmestudios einen immer schwereren Stand
haben. Die digitalen Arbeitsweisen machen den
Prozess auch viel flexibler. Der Schlagzeuger
muss sein Kit nicht mehr durch die ganze Stadt
ins Studio transportieren, heute reicht ein guter
Computer, die richtige Software, Mikrofone
und jede Menge Wissen. «Bei SM sind einfach
Leute, die das total ausloten mit dem Knowhow
über die elektronische Bearbeitung, mit der
wir mal extrem stark arbeiteten, und es immer
noch tun». Auf dem Label wird Fachwissen
geteilt, das man sonst allenfalls noch in Internetforen findet. So ist auch die Anwendung der
neuen Mehrkanalaudiokarten, mit denen bis
zu fünf verschiedene Instrumente gleichzeitig
aufgenommen und bearbeitet werden können,
insbesondere in einer Live-Situation, nichts
für Amateure. Speziell die Mikrofonierung ist
eine hochkomplexe Angelegenheit. Die so live
erzeugten Klänge werden geloopt und verändert,
dann wieder geloopt. Dazu gehören unter anderem auch Synths und zwar «tolle, schöne, warme,
analoge Maschinen, für die du früher Modularschrank hättest mitnehmen müssen», wie
Eberli schwärmt. Mit den neuen Möglichkeiten
wird eine weitere Tücke der rein elektronischen
Musik ausgetrickst. «Von wenigen Ausnahmen
abgesehen funktioniert Notebookmusik als
Performance nicht». Deshalb stellt sich schon
die Frage, ob es das bringt, diese an einem Ort
zu platzieren, der als Club oder Konzertlokal
funktioniert? Hört man diese Musik nicht besser zu Hause?
My Space is your Space
Die neuen medialen Möglichkeiten werden vom
Label natürlich genutzt. Die meisten haben ihre
MySpace-Seiten und das Label ist seit langem
auf Vertriebsportalen wie Last.fm präsent. «Mit
denen hatten wir von Anfang an sehr guten
Kontakt, die haben uns immer motiviert, unser
Zeug da zu veröffentlichen. Es ist absurd: Jetzt
haben sie das Portal verkauft für 280 Millionen.» Durch diese neuen Kanäle ist es auch für
ein kleines Label möglich, sich zu etablieren,
denn die Zielgruppen können genauer identifiziert werden. Auch sonst hat das Netz für
Konsument wie Produzent einige Vorteile: Die
Käufer haben Zugang zu Riesenarchiven, das
ist besonders toll an Orten, wo es keine spezialisierten Plattenläden gibt. Die Musiker sind mit
ihren Produkten nicht mehr an Marktzwänge
gebunden. «Du machst ’ne Session, hast dann
vielleicht vier fertige Stücke, jemand steuert
Artwork bei, dann setzt du es aufs Netz.» Diese
Möglichkeiten gibt es nicht bei physischen Platten; die Produktion und der Vertrieb von CDs
und vor allem Vinyl sind teuer und sehr aufwändig – «und wenn du Glück hast, dann kriegst
du nach einem Jahr vielleicht ein bisschen Geld
zurück.»
Miles Davis - It's About That Time
Kalabrese - Alberto
Herbie Hancock Quartet - I Didn't Know What Time It Was
Cobblestone Jazz - India in Me (Mix 2)
Lucio Dalla - La sera dei miracoli
Weather Report - Birdland
LCD Soundsystem - Get Innocuous!
Tomas Luis de Victoria - Officium hebdomadae sanctae
The Gossip - Your Mangled Heart
Elliott Smith - Harvest Moon
Alltime Favourites
Von CNDR
El Condor Pasa...
Rick James - Ghetto Life
NaS - Take it in Blood
Allton Ellis - Get Ready
A Tribe called Quest - The Love
John Holt - Strange Things
BIGI - Juicy
Oran "Juice" Jones - The Rain
Wu Tang - Forever
Tenor Saw - Punkin Belly
Alltime Favourites
Von John Player
Will Powers - Dancing For Mental Health
The Railway Raver - Drop Acid Not Bombs
Tone-Loc - Loced After Dark
Aphextwin - Selected Ambient Works 2
Prince Far-I - Dub Encounter Chapter3
Black Sheep - A Wolf In Sheep`S Clothing
Autechre - Tri Repeate
Jonzun Crew - Lost In Space
Model500 - Deep Space
Everything From Maurizio / Basic Chanel /
Rhytm&Sound / Chain Reaction / Burial Mix
Von Yvonne Kunz
Spezialmaterial
Founded: Roster: Releases: Next up: Web:
2000
19 Acts
30
Sissi Kontest
www.spezialmaterial.ch
London Nord Sommerhit
Auf dem Weg aus dem MySpace in die Charts: Remi Nicole.
Fuck equality – equality mows down nuance, character, individuality.
What the world really needs isn’t equality – it’s individuals.
Josh Homme
Das würde sie, die schon als «Indie-Amy
Winehouse» gehypt wurde, in ihren WikipediaEintrag schreiben: «Remi Nicole, geb. April 6,
1983, Liebeskind von Tina Turner und Richard
Peryor». Vor einem Jahr gab sie ihre ersten
Konzerte, jetzt steht sie weit oben auf der Liste
der Hype-freudigen Briten. «Macht bloss keine
grosse Geschichte draus», bat Remi zum Schluss
ihres Interviews mit dem Schottischen Clash
Magazine. Doch genau das ist in ihrem Falle
verlockend, denn es scheint eine entschiedene
Sache, dass die 24-Jährige demnächst dem
MySpace entsteigen und aufsteigen wird, hoch
in den Pophimmel. Remi gehört zu einer neuen
Londoner Songwriter-Generation, die sich mit
witzigen Beobachtungen und unbeschwerten
Alltagsgeschichten direkt an hordenweise
Online-Musikkonsumenten wenden, unter direkter Umgehung des üblichen Industriesumpfes
und Musik-Szenentums. «Ich mochte nie nur
eine Art von Musik», konstatiert Remi. «Wenn
ich einen Song mag, ist es egal, ob der von den
Spice Girls ist oder von einer richtig coolen
Band wie den Klaxons – ist mir egal.» Als ich
anfing, meine eigenen Lieder zu schreiben, da
waren erst mal nur ich und meine Gitarre. Eine
Vorstellung davon, was das werden soll, hatte
ich nicht. Ich dachte nicht darüber nach, dass ich
mal auf der Bühne stehen würde.» Deshalb, fügt
sie an, sei ihre Karriere einfach so «organisch
passiert». Solche Geschichten hört man zwar
die ganze Zeit, aber Remis Aufstieg ist besonders geschmeidig voran gegangen: Nachdem
sie mit Freund und Produzent Johnny Douglas
(der auch schon für Kylie und George Michael
tätig war) ein Demo aufgenommen hatte, stellte
dieser das Material auf seine MySpace-Seite und
«das Telefon begann sofort zu klingeln».
Auf einen Vertrag einigte sie sich schliesslich
mit Island Records und seither rockt Remi mit
ihren lebendigen Akustiksets die Clubs. Ihre
Ansichten zu ihrer Heimat North London oder
zu Freunden und Bekannten tut sie mit einzigartig bitterem Biss kund. «Ich glaube nicht,
dass ich von jemandem besonders beeinflusst
wurde, weil ich einfach nicht dieser Typ Hörerin
bin. Ich höre mich querbeet durch die Stile,
mag verschiedenste Songs aus verschiedensten
Gründen.» Inzwischen tritt sie bereits mit voller
Bandbesetzung aus dem Kreise von Deaf Stereo
auf. Remis Stimme sitzt nun neben und auf
chunky Hip-Hop Beats von Johnny Douglas,
verkeilt sich mit positiv vibrierendem, basslastigem Sound. Das ergibt dann jenen aktuellen
Mix, der schon bei Lily Allen gut funktionierte.
Inwiefern fühlt sich also Remi zugehörig zu
einer neuen Generation von Songwirters? «Lily
Allen und Kate Nash machen schon länger
grössere Pläne, so weit ich weiss, aber es ist
nicht so, dass ich ein Teil dieser Szene sein
wollte. Das kam irgendwie aus dem nichts. Ich
glaube die neue Musikgeneration greift auf
klassisches Songwriting zurück. Es ist ehrliches,
echtes Songwriting. Das ist es, was ich mag und
was ich höre. Ich will kein Teil einer «coolen»
Szene sein. Ich will, dass den Leuten meine
Geschichten gefallen. Wenn Lily Allen und Kate
Nash das auch so sehen, dann gehöre ich gerne
zu dieser Szene.»
«Mir gefällt der Gedanke, zu einer neuen musikalischen Generation zu gehören, in der junge
Leute auch aus positiven Beweggründen ihre
Erfahrungen in einem Song aufschreiben. Nicht
wie so oft im Rap oder Gangsta, wo alle stets
von negativen Dingen reden. Ich glaube eher,
dass all diese Leute wie Jack Penate oder Adele
intelligente Dinge erzählen, die zum Denken anregen können. Nicht wie die Spice Girls, die über
gar nichts sangen. Es geht einfach darum, etwas
Sinnvolles zu sagen. Hoffentlich kann das auch
mal etwas sein, das ermutigt, und nicht immer
nur Songs, die wütend machen, oder die dich
dazu auffordern, rauszugehen und jemanden zu
killen.»
Von Matthew Bennett
Remi Nicole‘s LP erscheint im October.
5
Auf dem Markt der Gefühle
Egal, aber
Hardcore, neoliberal weiterentwickelt, windelweich geprügelt und
emotional angereichert. Emo – ein Boom, den niemand will.
Was macht eigentlich die Hamburger Schule?
Während die Goldenen Zitronen weiterhin gegen Windmühlen
anrennen, haben sich Blumfeld diesen Frühling aufgelöst.
Tocotronic besingen die Kapitulation.
Rüsselsheim am Main, Deutschlands Sitz der
Opelwerke in der direkten Einflugsschneise zum
Frankfurter Flughafen. Hier geben Portugal.
The Man (ja, so heisst die Band wirklich), eine
junge Band aus Alaska, im «Rind»-Club eines
ihrer wenigen Deutschland-Konzerte in diesem
Sommer. «Früher sind Bands auf Tour gegangen,
um ihre neue Platte zu bewerben», erzählen die
Musiker, «aber seit kein Mensch mehr Platten
kauft, werden Platten eigentlich nur noch rausgebracht, um Werbung für die Tour zu machen.»
Der Laden ist an diesem Abend tatsächlich
rappelvoll, aussergewöhnlich voll für eine junge
Newcomer-Band. Das Durchschnittsalter im
Publikum liegt gerade mal bei 20 Jahren, viele
14- bis 16-jährige Kids sind anwesend und schleichen unentwegt um den Merchandise-Stand.
Das Konzert wird mir schnell langweilig. Die
Musik hat zu viele Anleihen an die Rock-Peinlichkeiten der 1970er-Jahre, Led Zeppelin, Thin
Lizzy, so ein Zeug, der Gesang pendelt zwischen
weinerlich und wütend. Mit einem Schlag wird
mir klar, dass ich mich auf einem Emo-Konzert
befinde. Dass ich zum ersten Mal in meinem
Leben an einem Paralleluniversum der Popkultur teilhabe, von dessen Existenz ich bislang
nur gelesen hatte. Emo boomt, so viel war mir
schon klar, doch ich kannte bislang keine einzige
Band, die sich selbst diesem Genre zugeordnet
hätte.
Alltime Favourites
Von Johann Von Preussen
Arthur Russell - Alles
Motörhead - We Are The Road Crew
Laid Back - Sunshine Reggae
MC 900ft Jesus - One Step Ahead of the Spider
Omar-S - Stryder's World
Donovan - Get thy Bearings
Dizzy Gillespie - Manteca
Rodriguez - Cold Fact
Aaliyah - Try Again
Beastie Boys - Root Down
Ernest Ranglin - Surfin
Top Ten der Holzhüttenmusik
Von Gregor Huber
Bruce Springsteen - Nebraska
Bonnie Prince Billy - Ease Down the Road
Sebadoh - Harmacy
Red House Painters - Songs for a Blue Guitar
Cat Power - Moon pix
Sportsguitar - married, 3 kids
Neil Young - Harvest
Brian Eno - Before and After Science
Bob Dylan - The Freewheelin
Gordon Lightfoot - Beautiful
Top Ten der Erdbeerdisco
Von Disco Stu
Imogen Heap - Hide & Seek
Moodymann - Dem Young Sconies
Liquid Liquid - Cavern
Strafe - Set It Off
Yoko Ono - Walking on thin Ice
Robert Palmer - Johnny & Mary
Steely Dan - Rikki Don´t Loose That Number
Max Berlin - Elle & Moi (Joakim Rmx)
69 - 4 Jazz Funk Classics
Kraftwerk - Computerwelt
Und auch beim Interview mit Portugal. The
Man, das ich vor ihrem Auftritt machte, ist das
Zauberwort «Emo» an keiner Stelle gefallen.
Dafür wurde ich von den Musikern in Schlabber-Look und Zehn-Tage-Bart aufgeklärt, dass
sie unpolitisch seien. «Politik macht keinen
Sinn, weil sie sich ständig ändert», erzählen sie.
«Bands, die gegen Bush sind, sind mit dem Tag
passé, an dem Bush nicht mehr Präsident ist.»
Zugegeben, dieses ständige Bush-Dissing, das
viele der einfach gestrickten Punkbands in den
USA an den Tag legen, fällt mir auch auf den
Wecker, ist viel zu plump personalisierte Kritik.
Doch dass Politik «sich ständig ändert» ist eine
seltsame Ansicht, denn das Einzige, was seit
Jahrzehnten keinerlei Veränderungen unterworfen ist, sind die bestehenden Machtverhältnisse.
«Gefühle sind dagegen zeitlos und elementar»,
ergänzt einer der Musiker. Spätestens hier hätte
mir klar sein müssen, dass ich es mit einer EmoBand zu tun habe.
Kein Latex, kein Sex
Aber was bedeutet dieses komische Wort
überhaupt? Welche Musiker lassen sich darunter fassen? Und: Gibt es so etwas wie eine
Emo-Philosophie, eine Emo-Weltanschauung?
Mir selbst ist der Begriff, eine Abkürzung für
«emotional» beziehungsweise «Emocore» als
Kürzel für «emotional Hardcore» erstmals
Ende der 1980er-Jahre untergekommen. Die
amerikanische Hardcore-Szene wurde zu
diesem Zeitpunkt fast nur noch von Testosteron
angetrieben. Frauen auf der Bühne? – Fehlanzeige. Die tätowierten Schwellkörper von
Agnostic Front, Cro-Mags, Sick Of It All und
So Much Hate gaben in der Szene den Ton an.
Alles Glamouröse, was dem frühen Punk noch
eine Spur Androgynität verliehen hatte, war
der reinen Demonstration von Männlichkeit
gewichen. Und selbst die latente Homoerotik
dieser Männerbünde, mit nackten Oberkörpern beim Moshen und Stagediven unter einer
Schweissglocke vereint, konnte sich nicht wirklich entfalten, da Sexualität in den Songtexten
überhaupt nicht vorkam. Nur Washington, DC
war anders. Bands wie Rytes Of Spring und die
damals frisch gegründeten Fugazi hatten auch
leise Passagen im Repertoire, erstmals sangen
Männer im Punk auch über Liebe, Trauer und
Verletzlichkeit. Im Zusammenhang mit diesen
Bands war zum ersten Mal von Emocore die
Rede. Als ich Fugazi 1990 im Interview für
das Punk-Fanzine «Zap» auf diesen Begriff
ansprach, antwortete Ian MacKaye allerdings
mit deutlichen Worten: «Dieser Begriff ist bescheuert. Es ist zum Heulen, dass wir nun schon
zum zweiten Mal für eine Bewegungen herhalten müssen, die wir uns nie gewünscht haben.
Minor Threat haben wider Willen Straight Edge
hervorgerufen und nun sollen wir die Erfinder
von Emo sein. Die Leute scheinen panische
Angst vor Individualität zu haben, sonst würden
sie nicht ständig neue Bewegungen erfinden.
Doch während Straight Edge wenigstens noch
eine tatsächliche Bewegung war, ist Emo total
inhaltsleer.» Bis heute, knappe 20 Jahre später,
hat sich an dieser Einschätzung nichts geändert.
«Seit letztem Sommer ist Emo das Lieblingswort der Musikpresse und das meist gehasste
Wort bei den Bands», hiess es kürzlich in einem
«Tracks»-Beitrag auf Arte.
Zurück zu jenem Abend in Rüsselsheim. Die
Jungs auf der Bühne schreien sich die Seele
aus dem Leib, sind dabei aber peinlich bemüht,
jeden Ton zu treffen. Diese Musik ist sportlich
und sauber, sogar noch das Gitarrenfeedback
wird präzise gesetzt. So richtiger Spass ist in
den Gesichtern der Musiker nicht zu erkennen.
Seltsam auch, dass die anscheinend grössten
Fans der Band während des Konzerts gar nicht
vor der Bühne stehen, sondern beim Merchandising einkaufen, als stünde die Inflation vor
der Tür. Im Minutentakt werden T-Shirts über
den Tresen gereicht. Nur T-Shirts, keine einzige
CD. Um die Musik scheint es hier nicht zu
gehen. In aller Seelenruhe machen die Jungs
ihren Oberkörper frei, probieren verschiedene
Grössen an. Wenn das so weiter geht, wird
es bald Umkleidekabinen auf Rockkonzerten
geben. Ein Junge, um die 15, der mit einem
Cursive-Shirt gekommen war, kauft schliesslich
drei Portugal-The-Man-Shirts. Eines behält er
gleich an, das verschwitzte von Cursive kommt
mit den anderen beiden in die Stofftasche, die es
für einen kleinen Aufpreis dazu gibt – ebenfalls
mit Portugal-The-Man-Schriftzug. Die Band ist
derweil bei der Zugabe angelangt.
«Emo», leuchtet mir an diesem Abend ein,
bedeutet, Hemden von Bands zu tragen, die auf
dem Schulhof keiner kennt, um zu zeigen, dass
man anders ist, ohne es jedoch wirklich zu sein.
Wenn das, was Bands wie Dashboard Confessional, Jimmy Eat World, Cursive oder Portugal.
The Man zum Besten geben, tatsächlich Emo
ist, dann bedeutet Emo nichts anderes als die
Renaissance langweiliger, virtuoser, männlicher
Rockmusik. Mitsamt all den falschen Authentizitäts-Versprechen, gegen die Punk doch einmal
mit seiner Verwirrung der Geschlechter und
Codes angetreten war. Die ›ehrlichen‹ Gefühle
auf der Bühne korrespondieren mit Merchandise-Artikeln, die in ihrer kunstvollen FolkArt-Tradition den Anschein erwecken, sie seien
handgemacht. »DIY« reduziert sich hier auf die
Kunst, Industrielles als Individuelles auszugeben. Herrlich unbekümmert heisst es hierzu im
»Emo«-Eintrag auf Wikipedia: «Obwohl gerade
auch im Emo-Bereich viele Bands Verträge bei
Major-Labeln angenommen haben, unkritisch
Merchandise verkaufen und damit ihren Labels
beträchtliche Einnahmen bescheren, ist der ›Do
it yourself‹-Gedanke grundsätzlich vorhanden
und wird von vielen auch gelebt und umgesetzt.»
– «Grundsätzlich vorhanden» meint hier nicht
anderes als vorgegaukelt.
Keine Protestantik, keine Politik
Falls etwas dran ist an der These, dass Pop- und
Subkultur gesellschaftliche Verhältnisse einfach
nur widerspiegeln, dann ist Emo wohl nichts
weiter als die konsequente Weiterentwicklung
von Hardcore unter neoliberalen Vorzeichen.
Die Hardcore-Szene kannte noch politische Verbindlichkeiten und arbeitete deshalb auch mit
zum Teil strikten Ausschlusskriterien. Hardcore
machte sich gegen Sexismus und für vegetarische
Ernährung stark, plädierte für komplette künstlerische Selbstbestimmung und Selbstverwaltung. Verklären sollte man das nicht, schliesslich
hatte das oft protestantische Züge. Verzicht
wurde gross geschrieben, wer sich auch nur
verdächtig machte, von der eigenen Musik leben
zu können, bekam schnell den »Ausverkaufs«Stempel aufgedrückt. Mit Emo ist allerdings
jeder verbindliche Kollektiv-Ansatz einem
Pseudo-Individualismus gewichen, in dem es
nur noch darum geht, dass jeder seine Gefühle
möglichst gewinnträchtig zu Markte trägt. Das
neoliberale «Survival of the fittest» bedeutet
hier: Erfolg hat, wer am authentischsten zu
leiden vorgibt und sein Innerstes zu verkaufen bereit ist. Heraus kommen jedoch meist
nur austauschbare Stereotype einer männlich
geprägten «teenage angst»: Nur wer seine Furcht
davor, verlassen zu werden oder sich nicht in
die Gesellschaft einfügen zu können, in eine
glaubwürdige Ware umzumünzen versteht, hat
die Aufnahmeprüfung bestanden. Und hat sich
damit bestens eingefügt, ohne diesen Markt der
Gefühle in Frage zu stellen.
Von Martin Büsser
Auch wenn sich die Popmusik derzeit nicht
gerade auf dem Höhepunkt ihres schöpferischen Schaffens befindet, als Resonanzkörper
gesellschaftlicher Zustände bleibt sie weiterhin
relevant. Sie tut ja eigentlich immer nur das eine:
private und/oder allgemeine Befindlichkeiten in
Geräusche, Töne und Sprache übersetzen - und
zwar möglichst wahr, irritierend und aufregend.
Handelt es sich dabei um die Befindlichkeit vieler, fischt sie im Mainstream, falls nicht, stochert
sie mit Vorliebe in den unterirdischen Kanälen
jener fünfprozentigen Minderheit, die sich die
Welt auch anders vorstellen kann, als wie sie sich
gerade präsentiert.
Blumen für die gute Tat
Dass hierbei den Lyrics eine besondere Bedeutung zukommt, ist klar. Ebenso folgerichtig ist,
dass nach Reiser, Lindenberg, Westernhagen,
Grönemeyer und Kunze eine neue Generation
von deutschsprachigen Musikern versuchte, der
hassgeliebten Sprache brauchbare Songtexte
abzutrotzen – und zwar abseits der dem Blödeltum anheimgefallenen NDW. Man kann sich
heute kaum mehr vorstellen, wie anmassend und
vergeblich dieser Versuch damals anmutete. Blumfeld schafften es als Erste und zwar mit dem
smarten Kunstgriff der Collage. Ein Schwall
von ineinander fliessenden Zitaten ergiesst sich
aus dem 94er-Album «L’état et moi». Und dazu
die Musik: aufbrausend, aufwühlend, mitreissend, ein Strom für sich. Menschen, die sich
gerne mit der Radikalität anderer schmücken,
wandten sich aber spätestens nach «Jenseits
von Jedem» (2003) enttäuscht von Blumfeld ab.
Diese seien jetzt nicht mehr cool, sondern das
Gegenteil: Schlager. Seither muss Sänger Jochen
Distelmeyer bei jeder Gelegenheit erklären, ob
die Texte und die Musik nun ironisch gemeint
seien, und ob man denn überhaupt von Füchsen,
Schmetterlingen, von Tieren ganz allgemein, singen dürfe. Geht es um Deutschland, ist offenbar
nicht nur die Sprache eine schwere; die Deutungen wiegen nicht minder.Blumfeld werden
gerne als Mitbegründer der Hamburger Schule
bezeichnet, die tatsächlichen Urväter aber sind
Die Goldenen Zitronen. Mitte der Achtzigerjahre, als Fun-Punk noch kein Schimpfwort
war, landete die Band um Schorsch Kamerun
und Ted Gaier mit «Am Tag als Thomas Anders
starb» und «Für immer Punk» mittlere Szenehits. Im Gegensatz zu den Toten Hosen wandelte
sich die Gruppe in der Folge zum Guten hin,
verfeinerte allmählich ihr Credo («Gegen den
Alltagsstumpfsinn») und wurde vor allem auch
musikalisch immer interessanter.
Ihr ungeheuer dichtes aktuelles Album «Lenin»
ist geradezu perfekt: Schierer Agitations-Pop,
Anti-Rock, der immer leicht verhalten wirkt,
dafür aber umso bedrohlicher in Richtung Zuhörer rollt. Der Immigrations-Song «Wenn ich
ein Turnschuh wär», die Spokenword-Hasstirade
«Mila» und das fiese «Lied der Stimmungshochhalter“ sind ebenso komplexe wie präzise Be-
schreibungen von äusseren und inneren Zuständen, die zu beschreiben sich neuerdings niemand
mehr für zuständig hält. Es liege am «Fluch der
guten Tat», schreibt ein TAZ-Redaktor, dass das
Album nicht die Aufmerksamkeit erhalten habe,
die dem Werk gebühre - aber von den Goldenen
Zitronen werde halt nichts weniger als Herausragendes erwartet.
Der neoliberale Imperativ
«Ich kann nicht mehr», zitiert Schorsch Kamerun in «Mila» den Buchtitel eines Freundes.
Dem stellt das Hamburger Trio Tocotronic ein
distinguiertes «Ich würde lieber nicht» entgegen. Der Satz, der schon seit einer Weile in der
deutschen Kunstszene zirkuliert, formuliert gewissermassen ein neues Unbehagen - wenn auch
nicht mehr. Denn Tocotronic wollten zum Beispiel auch lieber nicht mehr mit ihrem langjährigen Partner L’Age D’Or zusammenarbeiten.
Das Label, das wie kein anderes für die Hamburger Musikszene steht, ist kürzlich haarscharf
an einer Insolvenz vorbeigeschrammt, ohne das
Zugpferd Tocotronic sieht die Zukunft düster
aus. «Wir sind fest davon ausgegangen, dass
unsere Indie-Zusammenarbeit weitergeht, aber
die Band wollte auf einmal doch lieber wieder
Bauzaun-Plakatierung und so weiter», zitiert der
deutsche Rolling Stone Label-Chef Carol von
Rautenkranz. Und während dieser seinen Beruf
wieder zum Hobby machen darf, meditiert
Sänger Dirk von Lowtzow im Feuilleton: «Diese
Reaktion auf den Zwang zur Selbstoptimierung,
auf diesen neoliberalen Imperativ, etwas aus sich
zu machen und in Bewegung zu bleiben, kann
ich sehr gut verstehen», verrät er der NZZ.
Alle wollen diesen Sommer wissen, was der
36-jährige ehemalige Kordhosenträger zu sagen
hat, schliesslich heisst das neue TocotronicAlbum «Kapitulation», was bei einer Band, die
einst kam, um sich zu beschweren, erklärungsbedürftig erscheint. Der Rolling Stone feierte
die «wichtigste Band Deutschlands» auf nicht
weniger als sechzehn Seiten ab und bezeichnet
«Digital ist besser» (1995) als «das deutsche
«Nevermind».
Zwischen Jugendlichem Nihilismus und
bürgerlicher Melancholie
An derlei Vereinahmungen dürfte sich das
Quartett mittlerweile gewöhnt haben. Mit
Textzeilen wie «Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein», «Ich verabscheue euch für eure
Kleinkunst zutiefst» oder «Aber hier leben, nein
danke» sprach Dirk von Lowtzow einer ganzen
Generation von verunsicherten Indie-Nerds aus
der Seele.
Dabei positionierte sich die Band immer klar
links, beteiligte sich an diversen Solidaritätsaktionen für alternative und antifaschistische
Organisation und lehnte eine Auszeichnung
des Musiksenders Viva in der Kategorie «Jung,
deutsch und auf dem Weg nach oben» (sic!) mit
der Begründung ab, weder auf das Jung- noch
auf das Deutschsein besonders stolz zu sein …
und auf dem Weg nach oben, na ja.“
Was sich in solchen Statements bereits abzeichnete, findet nun auf «Kapitulation» in
Albumlänge seine Entsprechung: «Und wenn
du kurz davor bist, kurz vor dem Fall, und
wenn du denkst, fuck it all, und wenn du nicht
weisst, wie soll es weitergehen, Kapitulation»,
heisst es im Titelsong. Die Verweigerungs- und
Kriegsmetaphorik («Mein Ruin», «Aus meiner
Festung», «Wehrlos») durchzieht fast das ganze
Werk und man spürt: Hier wird die Lust am
Scheitern zelebriert. Was dabei vielleicht am
meisten irritiert, ist, dass das Ganze ja gar nicht
so neu ist. Da schwingt etwas Punkattitüde, viel
jugendlicher Nihilismus, vor allem aber eine
gute Portion bürgerliche Melancholie mit. Die
Routine, mit der von Lowtzow seine notabene
immer noch sehr schönen Sätze abspult, stimmt
ebenso skeptisch wie der Umstand, dass sich der
Sänger selber seiner Sache nicht so sicher zu sein
scheint: «Heute wird immer alles so alles bierernst interpretiert und kleingeredet – nach dem
Motto: Was will uns der Autor damit sagen? Das
finde ich stinklangweilig.»
Stinklangweilig wäre es allerdings, würden sich
Tocotronic in Zukunft mit dem reinen Kokettieren zufrieden geben. Immerhin lässt sich aus
«Kapitulation» auch anderes heraushören: Betörende Popsongs wie «Wir sind viele» mit Zeilen
wie «Wer Ich sagt, hat noch nichts gesagt» oder
das an The Smiths erinnernde «Imitationen»
(«Dein schlimm ist mein ganz schlimm»). Im
Benennen des nur schwer zu Benennenden sind
Tocotronic immer noch grosse Meister. Schade
nur, dass dabei alles so Element-of-Crimemässig traurig sein muss. Begehren Text und
Musik aber ausnahmsweise wirklich mal auf, wie
in «Sag alles ab», klingen Tocotronic ziemlich
exakt wie, ja, genau, Blumfeld. Fazit: Die Hamburger Schule lebt - und zwar in Berlin.
Von Martin Söhnlein
Tocotronic «Kapitulation» (Univseral). Die
Goldenen Zitronen «Lenin» (RecRec).
Tocotronic live: 5. 10. Rote Fabrik, Zürich; 7. 10.
Schürr, Luzern; 8. 10. Volkshaus, Basel.
Was gerade neben Yvonnes Blaster liegt
Von Yvonne Kunz
The Yeah Yeah Yeahs - Fever to Tell
Blur - Parklife
Tank Girl - Music from the Motion Picture Soundtrack
The Clash - The Ultimate Collection
Warp - Blech
Pulp - This is Hardcore
Anne Clark - Changing Places
Luscious Jackson - Fever in, Fever out
Blondie - Eat to the Beat
Public Enemy - How to Sell Soul to a Soulless People
who sold their soul
6
7
«Was du siehst, ist was du hörst»
Mit Shift wird im Oktober in Basel ein neues Festival der elektronischen
Künste aus der Taufe gehoben. Die Nachfolgeveranstaltung der Viper
bewegt sich dabei unter dem Motto «Access» in einem Spannungsfeld der
vielen Widersprüche. Für die FaZ erörterte Kuratorin und
Mitorganisatorin Katrin Steffen einige davon.
Ihr unterscheidet euch von anderen Medienkunst-Festivals durch einen starken Akzent bei
der elektronischen Musik. Warum?
Wir sind der Ansicht, dass innerhalb der zeitgenössischen Kunst, dem Klang immer mehr
Gewicht beigemessen wird. Die Berührungspunkte zwischen der Medienkunst und der elektronischen Musik sind allein schon durch den
künstlerischen Output gegeben. Innerhalb dieser
Szene sind die Grenzen längst fliessend.
Was hat das für Konsequenzen?
Zum Beispiel, dass es schon schwierig ist, diese
Leute zu benennen. Was sind sie jetzt? Musiker,
Künstler, Sound-Artists? Da gibt’s alle möglichen abenteuerlichen Kreationen – das ist nur
ein Beispiel, eine formale Äusserung dieses
Prozesses. Interessant ist, dass sich aber die «Betriebssysteme» kaum verändern. Es gibt viele
Kunstschaffende, die sowohl im System Musik,
wie auch im Kunstsystem arbeiten, und zwischen
den jeweils eigenen Gesetzen und Regelwerken
dieser Systeme hin- und hernavigieren.
Wie geht ihr auf diesen Widerspruch ein?
Die 10 besten Brian Eno Platten:
Von Dr. Stu
Before and after the Science
My Life in the Bush of Ghosts
Ambient 4: On Land
Ambient 1: Music for Airports
Another Green World
Music for Films
Here comes the Warm Jets
Cluster & Eno
Discreet Music
Ambient 2: The Plateaux of Mirror
Top 10 Konzerte der letzen zwei
Jahre in der Roten Fabrik
Immortal Technique
Tanya Stephens
The Procussions
Beres Hammond
Shellac
Emily Haines
José Gonzalez
Blues Explosion
Terry Callier
Jaguar Wright
Top 10 Dancehall DJ’s:
Simon Lechmann
Yellowman
Nicodemus
Burro Banton
Charly Chaplin
Tenor Saw
Super Cat
Shinehead
Horace Andy
Jose Wales
Sister Nancy
10 Rockbands, die bei den
Simpsons auftraten
Smashing Pumpkins
Red Hot Chilli Peppers
The Ramones
R.E.M.
The Rolling Stones
The Whites Stripes
Metallica
U2
The Who
Spinal Tap
8
Wir hinterfragen die Vermittlungswege. Was
passiert wenn eine Arbeit in einem bestimmten
Kontext gezeigt wird? Wir thematisieren das
Aufbrechen einfacher Zuordnungen und regen
zur Diskussion darüber an. Es gibt einige Kategorien, die immer wieder totgesagt werden und
die sich aber trotzdem weiter halten. Beispielsweise die Einteilung in E-Musik, also die so genannte ernste, kulturell wertvolle Musik, mit der
U-Musik, der populären Unterhaltungsmusik.
Wir versuchen von der künstlerischen Position
auszugehen und interessante Betrachtungs- und
Hörsituationen dafür zu schaffen.
Aber man will halt schon gerne wissen
worum es geht.
Ja klar. Aber ich bin überzeugt, dass das Publikum heute für Kontextverschiebungen sensibilisiert ist. Die Medienkunst bietet ja durchaus
auch direkte Zugänge und operiert keineswegs
in einem eng gesteckten Rahmen. Die neuen
Medien begleiten uns eh auf Schritt und Tritt:
In der Arbeitswelt wie in der Freizeit, in der
Kommunikation und eben auch in der Kunst
und Kultur.. Diese Schnittstelle zur Alltagswelt
birgt Chancen für die Vermittlung. Ein weiteres
Schnittfeld und ein Anknüpfungspunkt ist sicher
auch die Wissenschaft. Innerhalb der Medienkunst werden gesellschaftlich relevante Theman
verhandelt und wir nehmen die Debatte auf, um
sie von verschiedenen Seiten her zu beleuchten.
Wenn sich Kontexte verschieben, stellt sich aber
die Frage des Stellenwertes, der einer künstlerischen Arbeit beigemessen wird immer neu.
Ein Grund für die allgemeine Verwirrung ist
die zunehmende Fragmentierung, Gewissheiten
zerbröseln richtiggehend. Welche Orientierungshilfen nutzt du als Kuratorin, um dich durch das
Chaos zu navigieren?
Man steckt sich gewisse Themenfelder, um diese
aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Das erste Shift-Festivals steht unter dem Motto
«Access» (dt.: Zugang). Wir stellen uns die Frage des Zugangs in verschiedener Hinsicht. Der
Zugang zu Wissen und Kultur ist im digitalen
Zeitalter zur Chance, aber auch zur Konfliktzone geworden. Dort kollidieren verschiedene Interessen und es bilden sich neue heraus. Es stellt
sich die Frage wer den Zugang zur Kultur kontrolliert, und in wessen Interesse diese Kontrolle
ausgeübt wird. Auch im physischen, öffentlichen
Raum werden kommerzielle, kulturelle und
politische Grenzen neu gezogen. Uns interessiert, welche Rolle die Kunst in der Debatte um
den Zugang zu Raum und Öffentlichkeit spielen
kann. Shift erschliesst selbst mit dem Festivalort
Dreispitz gewissermassen ein Stück Neuland:
Ein Terrain, das als Zollfreilager genutzt wurde
und nur autorisierten Personen zugänglich war,
soll in den nächsten Jahren in einen Ort für
Kunst und Kultur umgewandelt werden. Wir
fragen aber auch nach den Zugängen zwischen
den Medien: Was passiert eigentlich genau,
wenn Bild und Ton verschränkt werden? Ein
Beispiel: In den 80er Jahren war der Videoclip
die Illustrationen für Sound, das veränderte sich
in den 90ern. Coldcut etwa, die an Shift spielen
werden, haben das Videoscratching entwickelt,
was neue Bild-Ton Relationen ermöglichte. Die
Suche nach einer gleichgewichtigen Verbindung
von Bild und Ton lässt sich weit zurückverfolgen,
auch in der bildenden Kunst, doch bieten neue
technische Mittel, auch neue Möglichkeiten für
die Arbeit mit Sound und bewegtem Bild.
In den Neunzigern gab es also diese rasante Entwicklung und eine grosse Euphorie – es kam so
viel so schnell, und jetzt ist es schwierig geworden, etwas Neues zu denken.
Und doch gibt es gerade im Bereich der elektronischen Künste heute viele sehr interessante
Projekte. Die Frage stellt sich, wie es den
Künstlern gelingt trotz oder Dank der Technologie ästhetische Neuanfänge zu markieren.
Dabei geht es um den Einsatz der Technik nicht
um der Technik willen, sondern um den Einsatz
von Technologie ausschliesslich als Mittel,
um eine bestimmte künstlerische Aussage zu
erzielen. Es ist längst eine Generation herangewachsen, die mit den neuen Technologien von
Anfang an kundig agiert. Software wird von
den Künstlern zu ihren Zwecken programmiert
und weiterentwickelt. Daraus eröffnen sich
neue Spielmöglichkeiten, neue Ausdrucks- und
Präsentationsformen. Es werden zum Beispiel
neue Instrumente erschaffen, die Low und High
Tech spielerisch miteinander Verbinden. Hier
liegt viel Potential gerade in Bezug auf den, ja
oft vermissten, performativen Aspekt der elektronischen Musik. Gleichzeitig ist bis heute die
Arbeit mit Klang und bewegtem Bild ein offenes
Experimentierfeld. Spannende künstlerische
Strategien werden in diesem Feld erarbeitet und
umgesetzt. Wichtig ist, dass diese Arbeiten auch
Sichtbar- und Hörbarkeit erlangen.
Was wäre denn ein Beispiel für eine aktuelle
Arbeit aus diesem Bereich?
An Shift werden Mikomikona aus Deutschland
zu sehen sein, die mit Hellraumprojektoren
arbeiten. Darauf legen sie Rastergrafiken, die sie
bewegen, was zu Interferenzen führt. Das wiederum wird mit einer Kamera abgefilmt. Dazu
haben Mikomikona eine spezielle Schaltung
gebaut, die das visuelle Signal in ein Audiosignal
umwandeln kann. Was du siehst, ist was
du hörst.
Von Mitte bis Ende der Neunzigerjahre war ja
Medienkunst ein Riesenhype. Seither war
die Luft mal extrem draussen und derzeit scheint
ist eine zaghafte Neuorientierung im Gange
zu sein.
Der Hype fand sicher auch seitens der Rezeption statt. Heute hat man sich schon eher daran
gewöhnt, dass die neuen Medien ein mögliches
Mittel für die künstlerische Auseinandersetzung darstellen. Es reicht aber eben nicht eine
technisch brillante Arbeit unter dem Einsatz der
neusten Gadgets zu realisierten. Unter diesem
Verdacht standen doch immer wieder Positionen, aus dem Feld der elektronischen Kunst.
Fehlt die Reflexive Ebene, altern die Werke sehr
schlecht...
Ist denn der Anspruch an den Inhalt bei der
Medienkunst per se höher sind als bei anderen
Kunstformen, etwa bei der Malerei?
Nein, das kann man so nicht sagen. Die Medienkunst hat einfach eine andere Ausgangslange.
Sie ist zum Beispiel für den Kunstmarkt nur
bedingt von Interesse, da viele Projekte nicht als
Handelswahre angeboten werden können. Die
Elektronik durchdringt unseren Alltag und hier
setzen viele künstlerische Positionen auch an.
Und wo genau steht denn – inhaltlich gesehen –
die Musik innerhalb dieser Medien?
Ein Blick auf die gegenwärtige Situation zeigt,
dass die Musik innerhalb der Medienkunst einen
grossen Raum einnimmt. Auffällige ist die Präsenz von audiovisuellen Strategien. Dabei geht
es aber nicht nur um eine Logik der Technik,
die Bild-Ton-Relationen erst ermöglicht. Mit
der Musik kann zusätzlich eine andere Sinnesebene angesprochen werden. Das mag in unserer
Gesellschaft, die sich einer wahren Bilderflut
gegenübergestellt sieht, wieder von besonderem
Interesse sein.
Das ist ja schon fast ein politisches Statement,
wenn du sagts: Haltet man inne, hört zu!
Teilweise, auf jeden Fall. Shift ist insofern
politisch, als dass wir uns mit gesellschaftlich
relevanten Themen auseinander setzten. Das
liegt ja auch auf der Hand. Das Festival will
leisen Tönen Gehör verschaffen und soll durchaus herausfordern. Gleichzeitig steht natürlich
einem sinnlichen und lustvollen Zugang zu den
elektronischen Künsten nichts im Wege.
Habt ihr bei generell den Eindruck, dass der
Zugang zum öffentlichen Raum stärker reguliert
wird heute? Dass es schwieriger geworden ist,
verrückte, gewagte Projekte umzusetzen?
Bei der Umsetzung eines Projektes gerade im
öffentlichen Raum stösst man immer wieder
an Grenzen unterschiedlicher Art. Annette
Schindler und Raffael Dörig haben für die
Shift-Ausstellung zum Bespiel Jenny Marketou
eingeladen. Sie arbeitet mit Überwachungskameras, die sie an grossen Wetterballons befestigt. Die Künstlerin und das Publikum können
die Wetterballons und die Kameras zum Teil
bewegen. Die Bilder der Überwachungskameras
werden dann in den Ausstellungsraum übertragen. Die Arbeit wirft die Frage auf, wer Rechte
auf die Bilder hat, die von den allgegenwärtigen
Überwachungskameras aufgezeichnet werden.
Der Umgang mit Überwachungskameras im
öffentlichen Raum ist reglementiert. So wurde
die Künstlerin bei einer Aktion in der Grand
Central Station in New York von der Polizei
auch schon mal verhaftet. Eingeladen haben wir
ausserdem auch das Graffiti Research Lab, die
mit Video- und Lasertechnologie neue Möglichkeiten im Umgang mit Graffiti erforschen. Das
aktivistische Moment in dem es um die Rückgewinnung des öffentlichen Raumes mittels
einer eigenen Zeichensetzung geht bleibt aber
bestehen.
Was hat das alles mit Pop zu tun?
Das ist ein Faden in diesem Geweben, nicht
der gemeinsame Nenner. Ich könnte auch nicht
sagen, dass der gemeinsame Nenner die bildende
Kunst ist, das wäre auch zu eng. Der gemeinsame Nenner ist die Ausgangssituation, das Material, mit dem gearbeitet wird, nicht das System
in dem sich eine Arbeit bewegt.
Von Yvonne Kunz
Jeder trägt einen guten Song in sich
Wieso «God Save The Queen» heute keinen Sinn mehr
macht, aber in der neuen DIY-Kultur à la Myspace
trotzdem Platz hat. Ein Gespräch mit John Robb, Author
von «Punkrock – die ganze Geschichte».
Meisterinnen des Jojo-Effekts
Janet Jackson
Kelly Osbourne
Mariah Carey
Cortney Love
Reneé Zellweger
Anna Nicole Smith
Nicole Richie
Britney Spears
Lindsay Lohan
Tyra Banks
10 Duets to forget
Dido & Eminem - Stan
Freddie Mercury & Montserrat Caballe - Barcelona
Kylie Minogue & Jason Donovan - Especially for You
Nicole Kidman & Robbie Williams - Something Stupid
50 Cent and Justin Timerlake - AYO Technology
Bono and Luciano Pavarotti - Miss Sarajevo
P. Diddy and Faith Evans - I'll Be Missing you
Kim Wilde & Nena - Anyplace, Anywhere, Anytime
Jay Z & Linkin Park - Numb Encore
Christina Aguilera & Enrique Iglesias - Noboby wants to be lonely
Five Books you can dance to
Von Yvonne Kunz
Jeff Noon - Needle on the Groove
Anne Thomas Soffee - Nerd Girl Rocks Paradise City
Amiri Baraka - WWW
The Gangsta Rap Coloring Book
Betty Casey - The Complete Book of Square Dancing
Styles, die es noch nicht gab:
R'n'Roll
Hip Trance
Nu Reaggae
Freepunk
Grunge'n'Rave
Retrotech
Britmetal
Alternative Schlager
Antijazz
S'n'S (Soul'n'Ska)
Coolest Women in Music
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Deborah Harry
Meg White
PJ Harvey
M.I.A.
Cat Power
Bjork
Scout Niblett
Kim Deal
Peaches
Patti Smith
Coolest Men in Music
1. 2.
3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Jarvis Cocker
Bob Dylan
Paul Smith
Mike Patton
Mike Skinner
Josh Homme
Roots Manuva
Pete Doherty
Howe Gelb
Stephen Malkmus
«Punks nicht tot», so zertraten die Aeronauten
auf «Hier» einmal mehr die ausgetretene Parole
von den Lederjacken der grammatikalisch etwas
unsicheren Exploited-Fans. Für Punkmusiker
und Autor John Robb ist Punk gar so untot, dass
er ein Buch darüber geschrieben hat. Er erklärt
den Punkrock gerne anhand von zwei damals
noch einsamen Stooges Fans an einer Schule in
Manchester: Howard Devoto und Pete Shelley.
Als die beiden 1976 im NME einen kurzen
Artikel über ein Sex-Pistols-Konzert lasen – der
erste Artikel über die Sex Pistols überhaupt
– wussten sie, dass das genau ihre Musik war,
bevor sie auch nur einen Takt von ihnen gehört
hatten. Ab nach London hiess es für die beiden,
und es ist wohl nur einem Zufall zu verdanken, dass sie nicht nur Malcolm McLarens
berühmten Sex-Shop in der Kings Road sofort
fanden, sondern, dass die Pistols an diesem
Wochenende auch zwei Shows in der Nähe von
London spielten. Zurück in Manchester gründeten die beiden unverzüglich die Buzzcoks und
holten bei der ersten sich bietenden Möglichkeit
die Sex Pistols nach Manchester – ein Anlass,
bei dem auch die Buzzcoks selbst ihr Livedebüt
gaben. Die beiden Konzerte der Sex Pistols
fanden am 4. Juni und am 20 Juli 1976 statt, und
die Legende will es, dass an diesem Tag alle, die
später für die Musikszene in Manchester wichtig
sein sollten, anwesend waren und sie alle am
folgenden Tag ihre Bands oder Labels gründeten. Es entstand The Fall, Ian Curtis gründete
Joy Division, Tony Wilson, die Factory Records
und Morrissey die Smiths. Allerdings sind sich
die Protagonisten in Johns Buch, «Punkrock
– Die ganze Geschichte», nicht einig darüber,
ob es nun das erste oder nicht doch das zweite
Konzert der Pistols in Manchester war, das diese
folgenschwere Entwicklung lostrat.
John Robb schildert ähnliche persönliche Erfahrungen: «Man muss die Musik nicht gehört
haben, man sah die Bilder von diesen Typen
wusste instinktiv, dass das genau die Musik war,
nach der man gesucht hatte.» In Robbs Punkverständnis ist Punk keine grosse Explosion,
die aus dem Nichts kam und alles, was vorher
da gewesen war, mit einem Schlag wegwischte.
In seinem Buch wird die Geschichte des Punk
als Oral History erzählt, und zwar aus der Sicht
von über hundert beteiligten Musikern, FanzineMachern, Konzertveranstaltern, selbsternannten
Managern und Fans. Er zeichnet nach, wie sich
Punk in einem kontinuierlichen Prozess aus dem
Nährboden der Sixties, des Psychedelic, Glamund Pubrock entwickelte. «Musikalisch waren
die frühen Siebzigerjahre gar nicht so langweilig,
wie sie in der Popgeschichte gerne dargestellt
werden. Es gab haufenweise spannende Musik,
David Bowie zum Beispiel, war für uns alle ein
grosses Vorbild. Aber er kam aus einer anderen
Welt, war wie ein Alien. Ich glaube nicht, dass
jemand nach einem Bowie- oder T. Rex-Konzert
nach Hause ging und eine Band gründete. Musiker waren damals für uns nur seltsame Typen.
Punk änderte dieses Verständnis, weil es uns
zeigte, dass jeder es konnte.
Jeder konnte in einer Band sein, ein Fanzine
gründen, jeder war Teil der Szene. Punk schuf
eine Gleichberechtigung, die vorher im Musikbusiness undenkbar war. Erst hatten wir
eigene Fanzines, dann Websites, jetzt ist es
Myspace. Das wiederum wird irgendwann von
etwas besserem abgelöst werden, das nicht in
der Hand von Medientycoon Rupert Murdoch
ist. Die Demokratisierung in der Musik ist nicht
aufzuhalten.»
Punk ist keine Mode
Die Do-it-Yourself-Kultur wurde zu einem
Hauptmerkmal des Punk. Auch wenn es schon
im Underground der Sechzigerjahre Momente
der Selbstermächtigung gab – Punk machte sie
zu einer Bewegung, die nicht nur eine ganze
Generation prägte, sondern auch die Abhängigkeiten in der Popkultur neu regelte. Auch wenn
die Aushängeschilder des Punk, die Sex Pistols
und The Clash, auf Majorlabels veröffentlichten, wurde es seither zur Selbstverständlichkeit,
seine Tonträger selbst heraus zu bringen. The
Damned gingen mit gutem Beispiel voran –
darin sind sie gut, sie waren auch die erste Band,
die sich auflöste, und die erste Band, die sich
wieder zusammentat – , gefolgt von den Buzzcocks und den wohl berühmtesten Vertretern
des DIY-Gedankens, Crass. Crass sollten auch
in vielerlei anderer Hinsicht eine der prägendsten Band der Bewegung werden. In den
Achzigern verkauften Crass über unabhängige
Kanäle mehr Platten als die meisten Top Ten
Acts, wie etwa «How Does It Feel To Be The
Moher Of A Thousand Dead?», mit dem sie
Thatcher’s Falkland-Krieg hinterfragten. Die
Bandmitglieder entstammten verschiedenen
sozialen Hintergründen, waren unterschiedlich
alt, verbanden die politischen Ideale der Hippies
mit progressiven und positiven Ideen. In diesem
Fall war Punk weit mehr als «No Future»-Nihilismus. «Die Sex Pistols sangen von Anarchie,
Crass erklärten sie. Oft diskutierte die Band
stundenlang mit dem Publikum, anstatt zu
spielen.» Die Musik von Crass klang weitaus
weniger nach dem Rock’n’Roll der anderen britischen Punkbands, eigentlich war es eher rauer,
aggressiver Hardcore, der aus einem sehr freien
Spiel entstand, Schlagzeuger Penny Rimbaud
verortet seine Spielweise denn auch im Free
Jazz. Mit das wichtigste an Crass sind aber ihre
Texte und Themen. Punk änderte die Inhalte
von Texten: Während der 70er-Jahre-Progrock
noch von Feen und Elfen oder König Artus
handelte, erzählte Punk «banale und alltägliche
Dinge, die alle betrafen und alle verstanden. Es
konnte auch darum gehen, dass man auf den Bus
wartete, es war für alle nachvollziehbar.» Crass
gingen noch einen Schritt weiter, indem sie die
Punkszene politisierten. Als radikale Pazifisten
und Antifaschisten engagierten sie sich in der
Hausbesetzerszene, sangen über Veganismus,
zum Thema Sexismus brachten sie 1981 mit
«Penis Envy» ein Konzeptalbum heraus. Und
Crass prägten in Abgrenzung zu der Londoner
Fashion-Punkszene den abgefuckten, ganz in
schwarz oder grau gehaltenen Kleidungsstil, der
bis heute in der linken, autonomen und Hausbesetzerszene vorherrscht.
Punk begann in London als Mode. Und die
Klamotten aus dem Sex-Shop waren wirklich
atemberaubend. Aber als sich Punk ausbreitete,
begannen die Londoner zu sagen: «Punk ist
tot seit die aus der Provinz auch dabei sind»,
und daraus entstand die Bewegung der New
Romantics. «Aber wir hatten noch nicht genug,
und Punk war bei weitem nicht tot, ist es meiner
Meinung nach immer noch nicht. Modisch war
Punk sehr vielseitig, du konntest die sündhaft
teuren Bondage-Hosen im Sex-Shop kaufen, du
konntest aber auch wie die Buzzcocks in ganz
alltäglichen Sachen rumlaufen. Subway Sect
kleideten sich wie in polnischen und russischen
Nachkriegsfilmen – keine Ahnung, wo sie diese
Filme damals herbekamen – und Steve Jones
meinte zu ihnen: ’He, ihr seht aus wie eine Band,
warum gründet ihr nicht eine?’ Wenn du dir
heute Filme über Punk ansiehst, dann sehen
immer alle verdammt bunt aus. Aber die ersten
Irokesen tauchten nicht vor 1979 auf.» In den
Siebzigern spielte schon das kleinste modische
Statement eine Rolle. Kurze Haare und gerade
geschnittene Hosen reichten bereits aus, um
verprügelt zu werden. «Wir waren fünfzehn, und
wurden von viel älteren Rockern verdroschen,
weil wir nicht diese unsäglichen Jeans-Jacken
und –Hosen und langen Haare trugen. Das ist
heute unvorstellbar und ich bin froh, dass es so
ist.»
«The Revolution Will Not
Be Televised»
Robb verklärt die Siebziger in keiner Weise
romantisch, er möchte nicht wieder zurück
zu 1976, er kann sich keine langweiligere Zeit
vorstellen: «Es gab nur zwei Programme, das
Fernsehen endete um elf und danach kam die
Nationalhymne. Das war grausam und langweilig. Heute gibt es viel mehr spannende Musik,
ich bin nicht mehr auf das Fernsehen angewiesen. Vor Punk war es für uns undenkbar, dass
es etwas anderes als die grossen Magazine und
Top of the Pops gab. Punk hat für mich die Sicht
auf die Welt verändert, vor Punk war alles in
Schwarz/Weiss, Punk tauchte meine Welt in Farbe.» Er weiss aber auch, dass etwas so Revolutionäres wie Punk unwiederholbar ist. «Als die Sex
Pistols ’God Save the Queen’ veröffentlichten,
war das ein Sakrileg. Im patriotischen England
konntest du nichts gegen die Königsfamilie
sagen, erst recht nicht in der Woche des silbernern Jubiläums. Das war ein raffiniert geplanter
Coup. Der Song war in den Charts auf Platz
Eins, obwohl es keiner zugeben wollte, stattdessen wurde vorgegeben, der Song habe es nur auf
Platz Zwei geschafft. Im Radio und im Fernsehen war er gar nicht zu hören. Aber alle wussten
es – und ganz nebenbei: Das ist ein grossartiger
Song, der alles wegbläst, mit einem fantastischen
Sound und einem fantastischen Text. Egal wie
viel Scheisse der zynische Selbstdarsteller Johnny Rotten heute auch von sich gibt, damals war
er unser Sprachrohr. Aber wenn du heute so ein
Lied machst, wird sich niemand mehr darüber
echauffieren, «Schön, das ist eure Meinung, na,
und?» Auf diese Weise sind die Sex Pistols mit
Berechtigung einzigartig und es ist schade, dass
sie nur ein Album gemacht haben.
Doch anlässlich des dreissigjährigen Jubiläums
von «Never Mind The Bollocks» treten die
Pistols am 8. November 2007 erneut auf. «Für
mich ist das kein Ausverkauf. Ausverkauf ist,
wie Joe Strummer mal so passend gesagt hat,
nichts anderes, als wenn ein Konzert ausverkauft
ist. Was doch gut ist, oder? Ich beurteile sie
danach, wie sie spielen.» In den 70ern gelang es
der Punkszene in Bristol die religiösen Grenzen
einzureissen, in Russland ist Punk heute eine
verdammt grosse Sache, sagt John Robb. Er
tourt mit seiner Band Goldblade um die ganze
Welt und er spricht davon, dass Punk heute
genauso am Leben ist wie damals. «Es ist sogar
alles einfacher geworden. In den Siebziegern
hat man aufs Maul gekriegt von Teds, Mods etc.
Heute stehen Skins, Punks, Mods und alle anderen auf dem gleichen Konzert und feiern eine
Party. Ohne Punk hätte es die ganzen Substile,
Post-Punk, Oi!, Hardcore, Gothic, das Ska- und
das Rockabilly-Revival nicht gegeben. Und all
diese Stile existieren bis heute und es gibt gute
Musik. Auch in den Siebzigern gab es furchtbar schlechte Punkbands, aber dennoch gab es
massenhaft gute Singles, weil jede Person einen
guten Song in sich trägt. Darum gibt es immer
noch so viel gute Musik.»
Von Chris Wilpert
John Robb: PUNK ROCK – Die ganze
Geschichte, Broschur, mit s/w-Abbildungen,
528 Seiten, 19,90 EUR, ventil-verlag.de
9
«Eine Mischung aus
NME, Metal Hammer und Gala»
The day heavy metal died
Auf Recherche in Sachen Musik- und Lifestylemedien landete die
Faz-Autorin eines schönen Tages auf dem Sofa der Rockstar-Redaktion
und manövrierte sich zielsicher in einen üblen Tittentalk.
Der Kampf der Geschlechter reloaded.
Vor zehn Jahren verantwortete der heute 34jährige Joel Meier noch im Auftrag der All 4
Music & Lifestyle GmbH (für Jugendmarketing
aller Art) das Technoblatt Raveline. Er sei,
wie er meint, damals dazu gekommen wie die
Jungfrau zum Kinde. Weil er aber als ehemaliger
Lazybones-Drummer schon immer eher den
Rock im Blut hatte, trabte er eines Tages bei der
Geschäftsleitung vor und verkündete: «Rock
ist das nächste grosse Ding»! Man einigte sich
auf ein Konzept und vor vier Jahren startete das
Magazin Rockstar. Heute erreicht die Auflage
stolze 50‘000 Exemplare, die Anzeigenkundenliste reicht von Abart und Apple über Emil und
Jean Frey bis hin zu Revox und Rohstofflager.
Inzwischen gehört die All 4 Music mehrheitlich
Meier, vor der Tür steht ein dicker Chrysler, daneben wird gerade ein alter Bus geschwärzt und
in der Ecke brennt eine Kerze für Elvis.
Machos sind wir natürlich schon. Es ist einfach
so, dass junge Frauen wieder Machos wollen.
Darum gehen sie an Rockkonzerte, und deshalb
stehen sie auf Hip-Hop. Dort ist es noch viel
übler, die Hip-Hopper vergewaltigen ja ihre
Frauen, misshandeln sie, unterdrücken sie – das
machen wir nicht. Wir sagen einfach: Wir sind
hier auf der Bühne, wir flitzen, wir ziehen uns
aus, und ihr dürft uns anfeuern.
Von Rave zu Rock. Das ist ein langer Weg.
Jürg Zentner: Wir nehmen Frauen im Fall ernst!
Euer Chefredaktor?
Nicht unbedingt. Von der Intensität her können
sich Techno und Rock je nach dem ziemlich
ähnlich sein.
Deshalb sitzen nur Typen in der Redaktion,
und Frauen im Bikini verteilen euer Heft.
Meier: Ja genau. Übrigens sind die Neuabonnenten seit Monaten zu 80 Prozent Frauen.
Zentner: Es war eben heiss! Ist es auch sexistisch, wenn eine Frau im Bikini die Weltwoche
liest? Wir prügeln keine Frau dazu, das zu
machen. Sind dann diese Frauen auch sexistisch?
Die ziehen diesen Bikini an, die machen das
gern. Dass die Frauen anderen Frauen dauernd
unterstellen, sie wollen nicht sexy sein, das
verstehe ich nicht. Sexistisch wäre, wenn ich
eine Frau anders behandeln würde als einen
Mann. Viele Männer sind doch keine Männer
mehr, das sind Weicheier, das ganze Gerede von
wegen man muss zuhören, lieb sein, das ist doch
Bullshit. Wir sind Rockstar, Rock ist radikal und
geht nach vorn.
Viele Musikjournis finden euch ganz schrecklich. «Unter aller Sau» oder «das Letzte» waren
ihre Worte. Tut das weh?
Das Thema eures ersten Heftes war «Rock is
Dead» und ihr hattet einen sehr schicken Schriftzug vom trendigen Büro Destrukt.
Die 10 unnötigsten Top Ten Listen
Von Etrit Hasler
1. die zehn besten top Ten Listen
2. die zehn langhaarigsten Metal-Rocker,
die eine Ahnung von Haarpflege hatten
3. die zehn ekligsten Dinge, die Alice Cooper
auf einer Bühne im Mund hatte
4. zehn Michael Jackson Songs, die wir lieber
von jemand anderem gehört hätten
5. die zehn bekanntesten Baby-Songs
6. zehn Gründe, weshalb Gölä wieder auf Schweizer
deutsch singen sollte
7. zehn Gründe, weshalb man in Zürich
keine Musik machen darf
8. die zehn bekifftesten Rapper der neunziger Jahre
9. die zehn unnötigsten Rockstar-Ausgaben
10.die zehn unnötigsten Top Ten Listen
10 Gründe, weshalb man in Zürich
keine Musik machen darf
Von Etrit Hasler
1. Wir spielen Zürich
2. Weil immer nur im Helsinki spielen irgendwann doch
langweilig wird
3. Weil Ghetto-Rap, Paradeplatz und Authentizität
nicht unter einen Hut passen. Echt nicht.
4. Weil es nur in Zürich noch Leute gibt, die «Kulturschaf
fende» sagen können, ohne sich dabei zu verschlucken
5. Weil in LA koksen billiger ist
6. Wenn ich Zürich sage, denke ich an Napalm
7. Weil der ZSC-DJ auf die Idee kommen könnte, deine
Songs nach einem Tor laufen zu lassen
8. Weil man in Zürich glaubt, DJs seien auch Musiker
9. Wenn du deutsche Fans willst, kannst du
gleich nach Berlin ziehen
10.Weil, seien wir mal ehrlich, du das nur machst,
damit duirgendwann nach Berlin ziehen kannst
10 der ekligsten Dinge, die Alice Cooper auf
einer Bühne im Mund hatte
Von Etrit Hasler
1. Fledermaushoden
2. Taubenköpfe
3. Maden
4. Billion Dollar Babies
5. ein 9er-Eisen
6. den Text zu «Poison»
7. dieses eklige Kunstblut, das nach 5 Minuten wieder
hart wird und am Mikro kleben bleibt
8. seine Frau
9. seine Gitarristen
10.Alice Cooper
Die zehn besten Soundtracks
1. Dust Brothers – Fight Club
2. John Carpenter – Escape from New York
3. Ennio Morricone – Once Upon A Time In The West
4. Eternal Sunshine of a Spotless Mind (O.S.T)
5. Giorgio Moroder – Midnight Express
6. RZA - Ghost Dog
7. Trainspotting (O.S.T.)
8. Basquiat (O.S.T.)
9. Curtis Mayfield – Superfly
10. Top Gun (O.S.T.)
Was in der Rockstar-Redaktion läuft:
Lachen mit Klibi und Caroline
DJ Bobo - Vampires are alive
Roadhouse Preachers
10
Dabei ging es darum, zu zeigen, dass dieses
ganze, total dumpfe Heavy Metal-Klische vorbei
ist. Tot. Diese Bands entwickeln sich auch nicht
weiter, jedes Album klingt gleich wie das vorangehende. Da kannst du gleich in der Administration Adressen eintöggle. Davon wollten wir uns
klar abheben, damit haben wir nichts zu tun.
Seid ihr nicht einfach eine billige Kopie der
britischen Indiebibel NME
(New Musical Express)?
Wenn du uns mit NME in Verbindung bringst,
dann ist das ein Kompliment. Wir versuchen
auch ein Wegweiser zu sein, filtern jeden Monat
aus Hunderten von Veröffentlichungen einige
heraus, die o.k. sind, und da richten wir den Spot
drauf. In der Art, wie die Texte geschrieben
sind, da sind wir viel unterhaltsamer, lockerer,
sehr kurz, lieber mit einem riesigen Bild. Wir
bieten viel Kurzfutter und Unterhaltung. Von
der Anlage her sind wir eine Mischung aus
NME, Metal Hammer und Gala.
Könntet ihr nicht regionale Bands stärker
behandeln?
Nein, ich finde, wir haben den Lokalbezug
immer, Schweizer Bands finden bei uns jeden
Monat statt, wir haben dafür separate Gefässe.
Aber man muss auch sehen, dass wir momentan
keine grossen Schweizer Bands im neuen Rockbereich haben. Das muss man aufbauen. Letztes
Jahr hatten wir eine Nummer nur mit Schweizer
Bands. Die Delilas haben wir das ganze letzte
Jahr über begleitet, Snitch auch. Wir würden
gerne mehr machen. Sollen wir Lokales machen
und Dave Grohl rausschmeissen?
Es gab auch eklige Vergewaltigungsfälle im
Rock. Man kann doch nicht die beiden Stile
gegeneinander ausspielen.
Wir reflektieren auch, was auf der Strasse
passiert, da können wir nichts machen. Sich die
Brusthaare rasieren ist wieder out. Wir sind nur
ein Spiegel der Gesellschaft. Jürg! Sag du etwas
dazu, du kannst das viel besser.
Ja eben, deshalb gibt es Peaches, Karen Os und
Beth Dittos – das sind auch Frauenbilder, die sexuell aufgeladen und trotzdem interessant sind.
Zentner: Die Misswahlen sind einfach sehr
sexistisch. So billig, so cheap. (entfernt sich
schimpfend)
Nein, es tut uns Leid, dass sie gefangen sind in
ihren Verlagsformen, dass sie nicht schreiben
können, was sie wollen, dass sie keine eigene
Meinung haben dürfen. Wir geniessen, das
anders leben zu können. Aber praktisch alle, die
jetzt hier schreiben – da sind auch welche dabei,
die sonst für grosse Verlage arbeiten – finden es
das Grösste, weil sie schreiben können, was sie
wollen.
Es gibt einige Beispiele von kleinen Musikmedien, wo die Labels damit gedroht haben,
keine Werbung mehr zu schalten, sollten sie
weiterhin schlechte Kritiken schreiben.
Das haben sie bei uns erst auch gesagt, aber
wir entgegneten, dass uns das scheissegal sei.
Wir prügeln trotzdem auf Bands ein, wenn wir
sie schlecht finden. Die Plattenfirmen haben
gelernt damit zu leben. Man darf etwas schlecht
finden, und das darf man auch in aller Deutlichkeit sagen. Glaubwürdigkeit erreichst du nicht,
indem Du alles schönschreibst und keine Ecken
und Kanten hast, sondern weil du eine klare
Meinung vertrittst.
Da frag ich mich halt, was die zu suchen
haben in einem Musikmagazin!
Ich geh jeden Monat irgendwohin in den Ausgang, wo ich sonst niemals hingehen würde, setz
mich hin und lass es auf mich wirken. Ich versuche herauszufinden: Wie sehen die Leute aus?
Wie reagieren sie? Wie gehen sie emotional ab?
Wenn man davon ausgeht, dass junge Menschen
ein Ventil brauchen, Grenzen sprengen und neue
Wege gehen wollen – das treibt jede Generation
von neuem, so sucht sie ihre eigene Identität.
Darum: Die nächste Generation wird nicht mehr
Rock hören wollen, oder in einer anderen Form.
Die letzte hatte Rock, die vorletzte Hip-Hop
und jetzt ist dieses ganze Elektroclash-PunkGemixe da, das im Untergrund brodelt.
Ich weiss woran das unter anderem liegen
könnte: Euer Frauenbild ist ziemlich vorsteinzeitlich.
Läck, das isch so nöd wahr!
Werdet ihr denn oft darauf angesprochen?
Ihr frönt dem unironischen Machismo.
Das ist so uncool!
Zentner: Wir machen uns einfach sehr viel
Gedanken, überlegen uns sehr viel, Fragen uns:
Ist es richtig was wir tun? Ist es geschickt, wenn
Das können Bands gerne machen, da sind wir
voll dabei! Kostenpunkt 30‘000 bis 40‘000 Franken, nicht wegen uns, sondern wegen der Pressegebühren und der Suisa. Wir haben das sogar
schon mal gemacht, im ersten Jahr, mit Schweizer Bands. Die Idee war, drei Mal jährlich eine
CD beilegen mit Schweizer Musik drauf. Doch
die Suisa hat auf ihren 40, 50 Rappen pro CD
beharrt. Bei unserer Auflage von 50‘000 Exemplaren kommst du auf 25‘000 Franken allein für
die Gebühren. Deshalb versuchten wir Gelder
zu kriegen vom Kulturprozent und von der Pro
Helvetia, das wäre ja direkte Künstlerförderung.
Aber unsere Kulturinstitutionen sehen uns halt
nicht als Kultur, sondern als Kommerz.
Ah, das passiert natürlich nicht bei
euren Bikini-Girls
Zentner: Hey, wir haben sogar Ani di Franco
drin! Wenn Frauen das Gefühl haben, dass wir
sexistisch sind, weil wir Freude haben, wenn wir
Brüste sehen, was ja wohl jeder Mann hat, dann
sorry! Heute kann man gar nicht mehr sagen:
«Hey, geile Brüste, geile Titten», sondern man
muss sagen: Sie hat einen guten Charakter, wunderschöne Ohren und sie riecht auch noch fein.
Das ist doch Bullshit! Wir können doch einer
Frau auch einfach eine Information geben, die
dazu passt. Und überhaupt, wir haben im neuen
Heft eine Seite mit Ex-Missen, und die kommen
uns ganz schlecht weg....
Zentner: Die Frage ist, ob wir ein Musikmagazin sind. Das ist wie, wenn der Tagesanzeiger
über die Nacht schreibt. Da steht Tagesanzeiger drauf! Wie kann denn der über die Nacht
schreiben? Das ist genau die gleiche Art Frage.
Entschuldige, wenn ich das jetzt einfach so sage.
Rockstar ist nicht einfach so ein Heft. Es ist
mehr, es ist ein Sourrounding: Man trägt gewisse
Kleidung dazu, man trinkt Bier dazu, man
raucht, man hat ein Frauenbild, da geh ich hin
und sag: Du bist geil, findest du mich auch geil?
Das ist doch die wunderbarste erste Kommunikation, wie sie seit Jahrtausenden funktioniert hat. Früher ist nicht gestreichelt worden.
Frauen und Männer haben immer so einfach
kommuniziert, das ist so schwierig geworden in
den letzten zwanzig Jahren. Die Frauen wollen
angesprochen werden und die Männer wissen
nicht wie. Wir finden Frauen geil, das heisst aber
nicht, dass wir sie nicht auch nett finden. Wir
können Dave Grohl auch einen geilen Musiker
finden – mit dem kann man vielleicht auch gut
über Astrologie reden – das schreiben wir doch
nicht, interessiert doch keinen! Und wenn wir
Frauen haben, die das Heft im Bikini verteilen,
dann haben wir eine ganz klare Message: Das
finden wir geil. Punkt. Und es ist weder abwertend noch aufwertend, es ist einfach so. Warum
muss das sexistisch sein? Sorry, dass ich jetzt so
emotional bin.
Ja genau. Und eure Auflage nutzen, CDs beilegen, lokale Acts bekannt machen.
wir das machen. Gerade dieses Missen-Ding, in
dem wir diese Frauen ziemlich angreifen: Ist es
richtig, das zu sagen? Damit die Mädchen mal
kapieren: Diese Frauen sind nicht einfach nur
bewundernswert. Jede einzelne dieser Missen haben mit dem Titel ihr bisheriges Leben
abgefuckt. Alle sind unglücklich, geschieden,
am Ende, Pleite, auf Drogen, haben Goofen am
Arsch von Männern, die nichts zahlen können.
Das ist die Realität. Die Realität ist auch, dass
dort oben 13 Frauen einer Jury präsentieren und
die schauen ihnen nur auf den Arsch.
Du scheinst dich da auszukennen: Was wird
denn der nächste grosse Trend?
Von Yvonne Kunz
De zehn unterschätztesten Songwriter
von Etrit Hasler
Sie gingen, bevor Metal von Grunge verdrängt wurde und sie
kommen zurück just, da die Metal-Retro-Welle anrollt.
Die laut MTV nach Black Sabbath zweitbedeutendste Metalband:
Judas Priest. Warum man sich an sie erinnern müsste.
1.
2.
3.
4.
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7.
8.
9.
10.
Farin Urlaub (behauptet Farin Urlaub)
Gölä (behauptet Polo Hofer)
Steven Seagal (behauptet sein Manager)
Paul McCartney (bezweifelten nur seine
Frau und John Lennon)
Ringo Starr (behauptet Thomas, die Dampflok)
Guz (braucht man nicht zu behaupten, ist so)
Alice Cooper (behauptet Bob Dylan)
Salvador Dali (behauptet Alice Cooper)
Lemmy von Motörhead
(behauptet Reto Aschwanden)
George W. Bush (behauptet 50 Cent)
10 Gründe, weshalb Gölä wieder auf
Schweizerdeutsch singen sollte
von Etrit Hasler
Es war die Zeit der harten Männer, der hämmernden Gitarren und kreischenden Sänger, die
Zeit der Lederhosen, Nietengürtel und Jeansjacketts mit Aufnähern, und die härtesten unter
ihnen kamen aus England: Judas Priest, 1970
begründet und benannt ausgerechnet nach Bob
Dylans Spoken Word-Piece «The ballad of Frankie Lee and Judas Priest», erlebten ihre besten
Jahre mit der New Wave of British Heavy Metal
in den späten achtziger Jahren, einer ästhetikund technikfixierten Gegenbewegung zum viel
öffentlicher wahrgenommenen Punk Movement.
Jedes Album der ehemaligen Bluesrock-Band
ging millionenfach über die Ladentische und
wurde in Welttourneen abgefeiert, tausende
junger langhaariger Männer in England, den
USA und dem Rest der «freien Welt» eiferten
in ihrem visuellen Auftreten Priest-Frontmann
und «Metal God» Rob Halford und seinem
Leder- und Motorradtick nach, ohne sich jemals
auch nur einen Gedanken darüber zu machen,
dass sie mit diesem Aussehen genauso gut in
die Schwulen- und Fetischszene gepasst hätten
– doch dazu später. Es waren gute und vor
allem einfache Zeiten. Anstatt mit politischen
Statements anzuecken, flirteten Bands wie Iron
Maiden und Blitzkrieg mit dem Crowley’schen
Satanismus und anderem esoterischen Schnickschnack – hauptsache «dark» -, Seite an Seite
mit belanglosen Feierabendmetallern wie Def
Leppard oder verirrten Punkern wie Motörhead, die Eltern waren schockiert, Frauen gab es
keine, man war unter- oder mittelklassig, trank
Bier und Schnaps, fuhr ein Motorrad oder tat so
und spielte auch als musikalisch unbedarftester
Fan in einer Band, das war ein Muss. Und mittendrin Judas Priest, die letzte grosse Ikone aus
den glorreichen Siebzigern (ihr Opening Act am
letzten US-Konzert für Led Zeppelin ein ewiger
Credibility-Beweis), deren Sound mit der Härte
des neuen Zeitalters mithalten konnte, deren
Mitglieder weder zerstritten waren (so wie beim
grossen Gegenstück Black Sabbath) noch am
Heroin zugrunde gegangen.
Metal vor Gericht
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere landete die
Band auch noch vor Gericht: 1990, als besonders in den USA vermehrt Rufe nach Zensur
als Mittel gegen «entartete Kunst» laut wurden,
ergab es sich, dass man den Doppelselbstmord
zweier Jugendlicher, James Vance und Ray
Belknap, der Band in die Schuhe schieben wollte
– eine Geschichte, die über ein Jahrzehnt später
ihre tragische Entsprechung im Massaker von
Columbine und den Vorwürfen an Schockrocker Marilyn Manson finden würde. Die zwei
depressiven Jugendlichen waren einen Nachmittag herumgehängt, hatten Bier getrunken, Joints
geraucht und dabei Musik gehört, darunter eben
auch Priests nicht gerade lebensbejahendstes
Frühwerk «Stained Class». Und eben diese Musik sei es gewesen, die sie dazu getrieben habe,
sich mit einer abgesägten Schrotflinte auf einem
Kinderspielplatz vor der örtlichen Kirche vom
Leben zu verabschieden, der 18jährige Belknap
zuerst, dann der 20jährige Vance hinterher. Da
die Waffe aber schon vom Blut des ersten Opfers
verschmiert gewesen war, schoss sich der zweite
nur den Unterkiefer weg, und erlag erst drei
Jahre später nach unzähligen Operationen und
medikamentösen Behandlungen den Folgen der
grauenhaften Tat.
Vance beschrieb in dieser Zeit noch, wie er und
sein Paktpartner «wie programmiert gewesen
seien, als ob wir keine Wahl gehabt hätten» und
schrieb diese Programmierung just dem Song zu,
den sie zu dem Zeitpunkt gehört hatten, «Better
by you, better by me», ironischerweise ein Cover
der 60er Prog-Rockband Spooky Tooth. Die
Familen der Hinterbliebenen verklagten Band
und Label mit dem Argument, dass der entsprechende Song rückwärts abgespielt die Botschaft
«do it, do it» verlauten liess. Die Gerichtsverhandlung bleibt bis heute legendär, sowohl unter
Zensurgegnern wie auch unter Jusstudenten:
Das Gericht sprach der Band das Recht ab, sich
auf die in den USA weitgehende Rede- und
Meinungsfreiheit zu berufen und stellte nach
einem ziemlich wirren Vortrag des klagenden
Anwaltes mit rückwärts abgespielten Platten im
Gerichtssaal sogar fest, dass die Platte tatsächlich unterbewusste Botschaften enthalte, unter
anderem «I took my life», «sing my evil spirit»
und «**** the lord». Allerdings fehlte dem
Richter dann doch der endgültige Beweis dafür,
dass und wie solche Botschaften eine Person
programmieren könnten, beziehungsweise das
Motiv, wieso eine Rockband ihre Haupteinkommensquelle umbringen wolle, wie auch Gitarrist
und Bandgründer K.K.Downing bezeugte.
Judas Priest wurde freigesprochen und von der
arg gebeutelten amerikanischen Metalszene als
Helden gefeiert, aber irgendwie schien der Band
nicht ganz wohl dabei. Eigentlich hatten sie doch
nur Musik machen wollen.
Going out, coming out
Die späten Achtziger brachten eine Verhärtung
der Musik mit sich: Die Steigerung des Härtefaktors hatte zwar Ende der achtziger Jahre
noch ein Hoch für Speed/Trash-Metal Bands aus
den USA mit sich gebracht, von denen heute allerdings nur noch Slayer, Metallica und vielleicht
Megadeth der Erwähnung würdig sind, doch
irgendwann war dann der Bangerexzess ausgereizt. Die alten Hasen gingen langsam unter, die
Szene wandte sich bald dem nächsten Phänomen zu, einzig Judas Priest blieben unwürdige
«Greatest Hits»-Tourneen vor grau gewordenen
Mittvierziger Mähnenträgern vorerst erspart:
Nach einem Motorradunfall Rob Halfords auf
der Bühne löste sich die Band auf 1991, just drei
Monate bevor eine bis dahin mehr oder weniger
unbekannte Band aus Seattle ihr zweites Album
«Nevermind» veröffentlichte und das endgültige
Ende der Metal-Ära markierte.
Als Grund für die Trennung gab die Band ominöse «innere Spannungen» an, was unter den
Fans für Spekulationen sorgte, die bald aufgetauchten Gerüchte, Rob Halford habe die Band
verlassen müssen, weil man befürchtet habe,
seine Homosexualität könne das ohnehin schon
geschädigte Image der Band vollends zerstören,
wurden von der Fangemeinde allerdings als
lächerlich abgetan. Halford schwul? Der Metal
God? Dieser testosterongepumpte Übermann
mit einer Stimme wie eine Leadgitarre? Unmöglich. Dabei waren genügend Anzeichen da,
dass Halford ein bisschen anders tickte: Wieso
sah man den Sänger, der über «Livin’ after
midnight», «ram it down» und «entry point»
sang, niemals mit weiblichen Groupies? Halford
gab die Antwort erst acht Jahre später in einem
Interview anlässlich seiner Industrialplatte
mit Nine Inch Nails-Frontmann Trent Reznor:
Seine Bühnenoutfits habe er sich jeweils in «Gay
Macho Bondage Shops» zusammengekauft
und es habe ihn höchst amüsiert zu sehen, wie
eine ganze Generation junger, maskuliner und
dezidiert straighter Männer es ihm gleichgetan
habe. War es ein geplanter Skandal, oder ein
versehentliches Coming out? Man weiss es nicht.
Halford gab sich ob des Mini-Aufschreis, der
vor allem durch die Musikjournalisten ging, eher
überrascht, das sei immer ein offenes Geheimnis
gewesen. Aber wahrscheinlich war es mehr die
Tatsache, dass die grossen Metal-Zeiten schlicht
vorbei sind, die dafür sorgte, dass es auch beim
offenen Geheimnis blieb.
Metal never dies
Der Rest der Band hatte sich derweil wieder
neu formiert: Mit dem gecasteten Sänger Ripper
Owens, der zuvor eine Judas Priest Tribute Band
hatte, kamen die Altrocker etwa zur gleichen
Zeit nochmals aus dem Ruhestand – eine Geschichte, die als «Rockstar» mit Mark Wahlberg
in Hollywood verfilmt wurde und nur deswegen
nicht den Untertitel «the Judas priest Story»
trägt, weil man sich nicht über die finanziellen
Modalitäten einigen konnte. Dass Halford aber
selber auch noch eine neue Band – bescheidenerweise «Halford» genannt - gründete und mit
dem alten Sammelsurium an Gassenhauern den
gleichen Konzertmarkt beackerte, liess diese
Neulancierung schnell scheitern. Dies und natürlich die Tatsache, dass Owens in den tieferen
Stimmlagen zwar tatsächlich wie Halford klang,
aber in den oberen zwei Oktaven, der sogenannten Kastratenleiter, einfach nicht mitmochte.
Es kam wie es kommen musste: Halford stiess
2003 zurück zur Band, man machte noch ein
Album, das sich zur kollektiven Überraschung
nicht einmal unterirdisch schlecht verkaufte,
und auf der dazugehörigen Tour schaffte die
Band auch wieder den Sprung zu mindestens
mittelgrossen Locations, in der Schweiz zum
Beispiel vom Z7 zum Rüeggerholz in Frauenfeld.
Was lange währt, wird also anscheinend auch
im neuen Jahrtausend nicht schlecht: Derzeit
arbeitet die Band an ihrem nächsten Projekt,
einem Konzeptalbum über Nostradamus, denn
«Nostradamus is all about Metal», wie Rob
Halford in einem Interview bemerkte.
Dem gibt es wohl nichts mehr hizuzufügen.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10. Damit endlich «s'bescht Mundart
Album wo's git, Vol.5» erscheinen kann
Damit Glanz & Gloria sich endlich
mal ein neues Thema suchen muss
Weil «ä Zitt wo's käni Grenzä me git» auf
deutsch eine Kriegserklärung ist
Weil er auf Englisch einfach nicht so Burnt
Hesch kei Stütz, hesch kei Chölä,
machsch e CD, nännsch di Gölä
Weil er sonst no vill blöder tät
Weil er sonst auf die Idee kommen
könnte, auf Deutsch zu singen
Damit er nicht auch noch in Zürich
Fans findet
Damit Michelle Hunziker nicht auf die
Idee kommt, diese Lücke zu füllen
Weil dä arm siech sonst nichts kann
Die besten Archtic Monkey Lyrics
von Nina Kunz
1. 2. 3. 4. 5. 7. 8. 9. 10. The probably couldn't see for the lights,
but you were staring straight at me
Fluorescent Adolescent
Leave before the lights come on
Plastic Tramp
Fake Tales of San Francisco
Do me a favour
From the ritz to the rubble
When the sun goes down
Who the fuck's Arctic Monkeys?
BIG Reunions 2007
1. Led Zeppelin
2. Sex Pistols
3. The Smiths
4. Stone Roses
5. Spice Girls
Ten Couples in Music
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Dita von Teese und Marilyn Manson
Lisa Marie Presley und Michael Jackson
Kate Moss und Pete Doherty
Gwen Stefani und Gavin Rossdale
Pamela Anderson und Tommy Lee
Courtney Love und Kurt Cobain
Sid Vicious und Nancy Spungen
Mick Jagger und Marianne Faithfull
John Lennon und Yoko Ono
Justin Timberlake und Britney Spears
Von Etrit Hasler
Zum Nachhören:
Judas Priest, «The Essential Judas Priest»,
2006, Sony/BMG
11
Alltime Favourites
Von P-tess
J.J.Fad - Now Really
Dj.Vadim Feat. Sara Jones - Your Revolution
Antipopconsortium - Your World Is Flat
Paulette&Tanya Winley - Rhymin' And Rappin'
Viktor Vaughn- The Powerful Beacon
Göldin & Bit-Tuner Feat. Sensational - Yeah Baby
Birdy Nam Nam – Abesses
Kano Feat. Demon&Wiley - Mic Fight
Dabrye Feat. Vast Aire - That's Whats Up
Lady Sovereign - A Little Bit Of Shhh (Adrock Remix)
Alltime Favourites
Von Jurczok
Philip Cohran - On the beach
Eddie Gale - Look at Teyonda
Ada Moore - Lass from the low country
Moondog - Double Bass Duo
Strafe – Set it Off
Andrea Parker – Melodious Thunk
Anti Pop Consortium – Lift
Beans – Gold Skull
Public Enemy – Night of the living Baseheads
Magnificent 3 – Crush (Bonus Beat)
Alltime Favourites
Von Tozim
Zivanai - Todya Tese
Chiwoniso Maraire – Wandirasa
Michael Jackson - Working Day and Night
Bob Marley - Turn Your Lights Down Low
Bob Marley Zimbabwe
Prince - Purple Rain
Lauryn Hill - Ex Factor
Erykah Badu - Bag Lady
Dizee Rascal- Hard Back (Industry)
Kanye West - Jesus Walks
Alltime Favourites
Von Rockmaster K
Canned Heat – On The Road Again
Hendrix – Machine Gun
Alan Vega – Jukebox Babe
Charly Parker – Diverse
Funkadelic – Maggot Brain
Ultramagnetic MC’s – One Two One Two
James Brown – Sex Machine
Van Morrison – T.B. Sheets
Z.A.P.P. – More Bounce To The Ounce
Velvet Underground – Sister Ray
Alltime Favourites
Von Zamani
Dj Krush – Alles!
Johnny Cash – Ausnahmslos alles
Ministry – Psalm 69
Mikcaljewicz – Sven die Gondeln Trauer tragen
Roots Manuva – Run Come Save Me
Aaliyah – Editon 2004 + van Helden Rmx „One in a Million“
Wu -Tang – Enter The Wu-Tang Clan 36 Chambers
WE CAN DO – Ghost in the Shell Remix
Arthur Russell – is it All Over My Face
Curties Mayfield – Super Fly
„Eine Musik ohne Stars sollte es sein, eine Musik ohne Hierarchien,
und doch eine, die den Körper ganz erfasst, ihn jenseits konventioneller
Geschlechterrollen in Bewegung bringt.“
Martin Büsser zu den (nicht eingelösten)
Hoffnungen der Technokultur
Der Sexismus des Rock findet also auch in der Clubszene
statt, denn dort seien Frauen als Konsumentinnen und
Dienstleisterinnen gerne gesehen, als musikalischer Motor
des Abends weniger.
Birgit Richard, Kulturwissenschafterin
13
Cheech & Chong leben!
Rapper unter sich: Unser In-House Reporter E.K.R. unterhielt
sich mit Dani Göldin über sein neustes Werk
«Fantasy is Fucked», Rap aus Brooklyn und die Schweizer Szene.
E.K.R.: Du hast dein Album ja in Berlin aufgenommen, aber anstatt mit Deutschen MCs hast
du darauf mit Amerikanern wie Sensational
zusammen gearbeitet. Wie kam das zustande?
Tatsache.
Göldin: Sensational ist seit den Neunzigern
mein Lieblings-MC. Er war bei den Jungle
Brothers, flog dann aber raus bei Warner, weil
seine Produktionen nicht massentauglich genug
waren und gab dann während den Neunzigerjahren abgefahrene Platten raus. Ziemlich bekiffte
absurde Bands, was ganz gut zu ihm passte. Der
Kontakt kam durch einen Kollegen zustande,
der ihn in Brooklyn traf und ihm meine Sachen
gab.
Worum geht es da?
Wie muss man das verstehen?
Und das Material gefiel ihm?
Er meinte es höre sich heiss an und fragte mich,
was so laufe in Switzerland.
Also dachte er nicht, dass es sich voll ausserirdisch anhöre?
Doch, klar, aber das und die Tatsache, dass die
alten Platten noch abgefuckter tönen, sprach
ihn wohl an. Er macht ja selber auch dauernd
irgendwas, ziemlich unüberschaubar, ist überall
aktiv. Auf dem Album sind jetzt zwei gemeinsame Tracks gelandet, aber die Zusammenarbeit
läuft weiter: Nächstes Jahr wollen wir auf Quiet
Records eine EP heraus bringen, bei der ich die
Beats auswähle und das Cover bastle.
Berühmte Namen überall. Wie kam es zum
Track «Walter Stürm»?
Als wir die Platte machten, hockten Bit und ich
in Berlin rum, kifften und holten uns «Cheech und Chong»-Filme aus der Videothek. Die
ganzen Samples stammen aus diesen Filmen und
die Grundstimmung ging in die Arbeit am Album über, diese witzige, bekiffte und aber wilde
Atmosphäre der Siebzigerjahre. Das mag jetzt
ein weiter Bogen sein zum Ausbrecherkönig
Stürm, aber wenn du dich in der Schweiz nach
den Geschichten aus der Zeit umsiehst, landest
du unweigerlich bei Stürm.
Auch Cheech und Chong befinden sich im Dauerkonflikt mit dem Gesetz.
Aber immer aus einer Position, die vertretbar
und einleuchtend ist, wie auch Stürm. Bei uns ist
es ein wirrer Song, in dem Stürm eigentlich nur
in der entscheidenden Zeile vorkommt: «Schiess
ne Rakete in den Himmel rauf – wie der Walter
Stürm – ich schaffe es auf jeden Fall raus.» Die
Zeile ist so wichtig für den Song, dass er dann
halt auch so hiess. Es ist ja auch schön, einen
Song so zu nennen. Machtest nicht auch du ein
Lied über Walter Stürm?
Es ist eigentlich mein Lieblingssong auf der Platte, neben «Cocaine Cowboys» mit Bluebird.
Darüber sollte man gar nicht zu viele Worte
verlieren. Nur dass der Song im «Sounds» auf
DRS 3 direkt nach dem Country Special lief.
Auch dieser Track entstand aus einem Cheech
& Chong-Sample, aufgrund dessen Bluebird und
ich den Chorus schrieben. Es ist nicht ein Song
für oder gegen Kokain, er entstand einfach aus
dem Skit. Das Hübsche daran ist, dass Bluebird
aus Miami stammt und der Song an die Doku
«Cocaine Cowboys» erinnert, der den ganzen
Handel im Florida der Achzigerjahre beschreibt.
Vielleicht könnte man sagen, dass es eine doppelbödige Verherrlichung des Kokainschmuggels sei.
Dein Sound passt in keine Schublade.
Wie nennst du die Musik selber?
Rap, einfach Rap. Ich komme aus dem Freestyle
und machte das schon eine ganze Weile bevor
Goran von Quiet Records 2001 eine Platte mit
mir herausgeben wollte. Ich hab’s nicht so mit
Kategorisierungen à la Aightgenossen.ch, «der
Göldin, der durchgeknallte irgendwas Rapper».
Vielleicht habe ich ja einfach die falschen Vorbilder oder versuche zu stark, nicht wie sie zu
klingen. Ich höre praktisch nur Rap, aber wenn
ich selber produziere, will ich vor allem mein
eigenes Ding machen. Meine erste Rap-Platte
war Wu Tang Clan, auch Public Enemy ist mir
noch extrem präsent. Ich finde es schade, dass
das Durchgeknallte und Lärmige im Rap irgendwann verloren ging. Rap ist so glatt und bünzlig
geworden, und man kann es sich gar nicht mehr
anders vorstellen. Meine wichtigsten Einflüsse
sind einerseits die ganze Wu Tang-Geschichte,
dann der von Dr. Dre produzierte Eminem, ein
Weisser, der in den USA Rap zum Massenphänomen machte und bei uns im halbleeren X-tra
spielte.
Und lokal?
Goran von Quiet pushte in Zürich diese Anticon
und Underground-Dinger, die zwar nicht immer
meinen Musikgeschmack trafen, aber vom Lebensgefühl und der Herangehensweise genauso
so sind, wie sie sein sollten. So entstand übrigens
auch die Zusammenarbeit mit Quiet, die mittlerweile doch schon ihr zwanzigstes Release
veröffentlichen. Eine meiner Platten nahm ich ja
auch in New York auf mit FuckingTosh, einem
40jährigen Dub-Musiker aus Brooklyn, voll
abgefuckt und total primitiv produziert. Völlig
unschweizerisch.
Ich selbst bin recht ignorant, was Schweizer Rap
angeht, und habe einen extrem tiefen Toleranzlevel. Wie sieht das bei dir aus?
Ich kenne nichts. Nicht mal von den Leuten, die
ich persönlich schätze. Früher hättest du mich
mit Bligg jagen können, doch inzwischen finde
ich, dass der Typ irgendwie Respekt verdient,
allein dafür, wie lange er das schon macht. Keine
Ahnung, was die Leute über ihn sagen, ich habe
auch nicht so die Verbindungen zur Szene. Und
ich höre ja nur Musik aus Brooklyn, und ein
paar alte Dub-Sachen.
Die Eigendynamik der MCs der Grossstädte Los
Angeles, New York oder auch London oder Paris geht ja nicht nur von den Artist aus, sondern
auch den Menschen, die sich für sie einsetzen.
Denkst du, dass so etwas in der Schweiz überhaupt möglich ist?
Das passiert hier schon auch. Ich habe zwar
keinen Einblick, wie Nation oder Bauers funktionieren, aber die pushen ihre eigenen Leute unheimlich und feiern sie ab. Für mich funktioniert
das aber nicht. Du kannst nicht aus dem kleinen,
funktionierenden Underground-Netzwerk
herauskommen, ohne den ganzen Promoscheiss
mitmachen zu müssen. Ich machte einen Versuch
bei Coffee und ein Album beim Musikvertrieb,
und das war nur ein grosses Missverständnis.
Es funktionierte einfach nicht.
Von E.K.R.
Quiet Records
Founded: Roster: Releases: Next up: Web:
1999
15 Acts, including Göldin, Bit-tuner, 88:komaflash, The Rabbit Theory,
DJ La Bombe, Ferocious41
20
Göldin & Bit-Tuner LP
www.quiet.ch
12 Hip-Hop Classics that Sample the same Song
(James Brown's Funky Drummer)
Scarface: Born Killer
Public Enemy: Fight the Power
NWA: Fuck the Police
Ultramagnetic MCs: Give the Drummer Some
Kool G Rap & DJ Polo: Its a Demo
Ice Cube: Jackin For Beats
LL Cool J: Momma Said Knock You Out
De La Soul: Oodles of O's
Ice T: Original Gangster
RUN DMC: Run's House
Stop the Violence: Self-Destruction
Beastie Boys: Shadrach
Another 12 Hip-Hop Classics that
sample the same Song (The Honeydrippers:
Impeach the President)
The Arsonists - The Session
Audio Two - Top Billin'
Big Daddy Kane - Smooth Operator
De La Soul - Ring, Ring, Ring
Digable Planets - Rebirth of Slick
Dilated Peoples - Guaranteed
Eazy-E - Eazy Duz It
Kool Keith - Sex Style
LL Cool J - Round the Way Girl
Nice & Smooth - Funky For You
Notorious BIG -Unbelievable
Wu-Tang Clan - Ain't Nuthin to Fuck Wit
10 Gründe, weshalb es für Hip-Hop
noch Hoffnung gibt:
Jay Dee - Welcome 2 Detroit
Saul Williams - Amethyst Rockstar
Public Enemy - How you sell Soul to a soulless People
Anti Pop Consortium - Arrythmia
E.K.R. - Dis Tape
N*E*R*D* - In Search of
Outkast - Stankonia
Dizzy Rascal - Boy in da Corner
Spank Rock - YoYoYoYoYo
Edan Portnoy - The Beauty of the Beat
Die zehn besten Livealben
Nirvana – MTV Unplugged In New York
Bob Marley And The Wailers – Live!
The Who – Live At Leeds
James Brown – Live At The Apollo
MC5 – Kick Out The Jams
David Bowie – Santa Monica ’72
The Rolling Stones – Get Yer Ya Ya’s Out
Johnny Cash – Live At San Quentin
Suicide – 23 Minutes Over Brussels
Thin Lizzy – Live And Dangerous
Die zehn besten Greatest Hits Alben
Madonna – The Immaculate Collection
Aretha Franklin – 30 Greatest Hits
The Beatles – 1962–1966/1967–1970
Neil Young – Decade
Prince – The Hits 1 & 2
Pet Shop Boys – Discography
Buzzcocks – Singles Going Steady
The Faces – Good Boys When They’re Asleep
Curtis Mayfield – A Man Like Curtis
The Jam – Snap
14
15
Bäckerstrasse 51, 55
Züri Stadtgschichte. Von Thomas Stahel
Von Thomas Stahel // «Wer ist Bäcki?» So fragt
der deutsche Autor Klaus Harpprecht 1995 in
einer Kolumne in der Weltwoche. Bei jedem
Besuch in Zürich rätselt er über die Parole «Bäcki bleibt – sonst knallt’s!» beim Bahnhof Enge.
«Wer ist Bäcki? Ein Klein-Drogenhändler aus
dem aserbaidschanischen Baku, der die Behörden um Asyl ersucht hat? Ein Neu-Anarchist,
der den Namen des grossen Bakunin ins HerzigHelvetische übersetzte?» Keines von beidem.
Erbaut wird die Backerstrasse 51 1885, ein Jahr
später folgt das kleine Nachbarshaus Nummer
55. Im Laufe des Jahrhunderts ändert sich mehrfach die Bewohnerschaft. In den 60er und 70er
Jahren werden die Wohnungen beispielsweise an
Saisoniers vermietet. Bis zu vier Personen teilen
sich ein Zimmer und zahlen dafür den Preis
von 200 bis 300 Franken. Nach der Erdölkrise
1973/74 kommt es in den Kreisen 4 und 5 zu
einer Umschichtung. Die Rezession wird auf
dem Buckel der ausländischen Arbeitskräfte
ausgetragen, die das Land in Scharren verlassen
müssen – auch an der Bäckerstrasse 51. 1977
zieht die erste Wohngemeinschaft ein; vornehmlich StudentInnen aus dem Berner Oberland und
dem Graubünden. So hängt am 1. Mai 1978 ein
Transparent «Stärkt die Linke in den Bergregionen» an der Fassade.
Während der 80er-«Bewegig» entwickelt sich
die Bäcki – wie sie von den BewohnerInnen
liebevoll genannt wird – zur Hochburg der
ausserparlamentarischen Linken. Bald ist das
Haus auch bei der Polizei bekannt und berüchtigt. Anfang der 80er Jahre verhaftet sie zwei
BewohnerInnen, denen vorgeworfen wird 34,5
Kilogramm Sprengstoff, 102 Meter Zeitzünder,
Pistolen und Munition gestohlen und versteckt
zu haben. Bei einer Razzia findet die Polizei
Anleitungen zur Herstellung von Sprengsätzen.
Etwas später kommt es zu einem tragischen
Vorfall: Nach einem Streit wird ein 36-jähriger
Mechaniker mit einem Rüstmesser tödlich
verletzt. «Erstochen! Schauplatz: Zürcher PolitUntergrund», empört sich der Blick am 23. April
1982. Das Haus sei bei den Behörden schon
länger als Treffpunkt von Chaoten und Terroranhängern bekannt. Ein Nachbar zum Blick:
«Die Bewohner machen oft unerträglich Lärm
schiessen sogar aus den Fenstern, und die Polizei
tut nichts.» Zu einer weiteren Hausdurchsuchung kommt es im September 1984: Nachdem
die Polizei einen Bewohner kontrolliert hat,
der Spraydosen und eine Schablone bei sich
führte, wird nicht nur die WG des Betroffenen,
sondern gleich das ganze Haus durchsucht. Die
unliebsamen Besuche der Polizei bleiben nicht
isoliert: Ende der 80er Jahre kommt es zu einem
Brandanschlag, verschiedene BewohnerInnen
erhalten anonyme Drohbriefe von einer Gruppe,
die sich «Swiss Watch Zürich» nennt. Die Diffe-
IMPRESSUM
renzen der unterschiedlichen politischen WGs
dagegen werden nur verbal geführt – dafür nicht
weniger heftig. Ein Beispiel: als Anti-ImperialistInnen der Bäcki 1989 aus Solidarität mit einem
Hungerstreik der RAF ein sternförmiges, rotes
Transparent «Für die Zusammenlegung der politischen Gefangenen» am Haus aufhängen, entgegnen die AnarchistInnen im ersten Stock mit
einen kleinen handgemalten Transpi «Freiheit
für alle Gefangenen». Den Höhepunkt erlangt
der Konflikt, als die Demokratie-Bewegung in
China auf dem Tiananmen-Platz mit Panzern
überrollt wird. Zwei Anarchas schneiden einen
Zacken des Sterns ab und schreiben auf einem
Zettel im Treppenhaus: «das blutrote Symbol
können wir nicht länger dulden».
Ende der 80er Jahre droht neues Ungestüm: das
Haus hat mehrfach den Besitzer gewechselt, bis
es 1988 vom Genfer Bauunternehmer Richard
Ambrosetti gekauft wird. Dieser plant einen
Neubau mit 50 Kleinwohnungen. Das Haus
öffnet sich gegen aussen: im Frühjahr 1990 wird
der Infoladen Kasama gegründet, ein Jahr später
das Kellerkino Potemkin eingerichtet und ein
regelmässiges Infoblatt herausgegeben. Im Oktober 1990 treten die BewohnerInnen in einen
Auszugsboykott, im Juni 1991 wird die Bäcki
besetzt. Mit unzähligen Aktion wehren sich die
BewohnerInnen gegen den Abriss: das Büro von
Stadtpräsident Esthermann wird besetzt, ein
Bäcki-Film produziert und auf dem Fussballplatz des FC Servette schreiben AktivistInnen
«Lutte contre les spéculateurs – Ambrosetti ne
touche pas à la Bäckerstrasse». Am Ende bleibt
die Bäcki nicht.
Das Neubauprojekt von Ambrosetti wird jedoch
nach dem Abriss nicht verwirklicht, da dieser
Konkurs geht. Rund acht Jahre bleibt das Areal
in der Folge unbebaut. Die «Rattenwiese» – wie
das brachliegende Land im Quartier genannt
wird – wird zum Mahnmal für Spekulation und
Quartierzerstörung. Erst Ende der 90er Jahre
planen die neuen Besitzer der renommierten
Galerie Hauser & Wirth einen Neubau. Die
Unterschiede könnten nicht grösser sein: Während zuvor mehr als 40 BewohnerInnen an der
Bäckerstrasse 51/55 gewohnt haben, leben in
den fünf Neubauwohnungen der internationalen
Oberklasse nicht halb so viel Leute auf bedeutend mehr Raum. Die «grösste Eigentumswohnung von Zürich» (3 Etagen, 13 Zimmer, 713
Quadratmeter) wird 2002 zum Verkaufspreis
von mehr als sechs Millionen Franken angeboten. Die Saisoniers der 60er Jahre und die
WG-Bewohnerinnen der 80er Jahre können sich
solche Preise wohl kaum leisten – vielleicht der
Drogenhändler aus Baku...
Tina rocks the line
Mit Texten von:
Yvonne Kunz, Ivan Sterzinger,
Etrit Hasler, Chris Wilpert,
Martin Büsser, Silvano Sarno,
Martin Söhnlein, Matthew Bennett,
Chris Wilpert, E.K.R.
Fabrik Zeitung
Seestrasse 395
Postfach 1073
8048 Zürich
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Herausgeberin:
Interessegemeinschaft Rote Fabrik
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Tel. Redaktion 044/ 485 58 08
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Gestaltung:
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Photos:
Nicolas Duc
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Plakat:
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Druck:
Ropress Genossenschaft
Baslerstrasse 106
8048 Zürich
Website:
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Inserate: Silvio Tommasini,
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Tel. 076/343 93 95
Auflage: 3‘500 Exemplare
Erscheinungsweise: monatlich
Abonnemente:
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60 Fr. Soliabonnement
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WIDERSPRUCH
WIDERSPRUCH
52
Beiträge zu
sozialistischer Politik
Beiträge zu
sozialistischer Politik
52
Ungleichheit, Ausgrenzung
Ausgrenzung
und Ungleichheit,
soziale Gerechtigkeit
und soziale Gerechtigkeit
Globale Ungleichheit; Neue Klassengesellschaft,
Globale Ungleichheit;
Neue
Klassengesellschaft,
soziale Spaltung,
Prekarität,
Geschlechterfrage;
soziale Spaltung, Prekarität, Geschlechterfrage;
Neue Unterschicht,
Klasse der Lohnabhängigen,
Neue Unterschicht, Klasse der Lohnabhängigen,
Streiks und
soziale
Kämpfe;
Frauen
und
Streiks
und soziale
Kämpfe;
Frauen
undPflegePflegearbeit; Schulische
Selektion,
Lebenslanges
arbeit; Schulische
Selektion,
LebenslangesLernen;
Lernen;
Agrotreibstoff
Ernährungssouveränität
Agrotreibstoff
gegengegen
Ernährungssouveränität
OKTOBER 0
7
GAINSBOURG ET
BA RDOT
E. Altvater,
K. Dörre,
I. Lenz,
R. Levy,
Oesch,
E. Altvater,
K. Dörre,
I. Lenz,
R. Levy,
D.D.
Oesch,
W. Eberle / H. Schäppi, V. Pedrina / H. Hartmann,
W. Eberle
/
H.
Schäppi,
V.
Pedrina
/
H.
Hartmann,
G. Notz, E. Hug, I. Langemeyer, R. Sonderegger
LES 40 ANS DE LEUR AMOUR
MAN HATTAN SHORT
FILM FESTIVAL
KINO/LOT: MARSEILLE
G. Notz, E. Hug, I. Langemeyer, R. Sonderegger
Grundeinkommen / Mindestlohn
Grundeinkommen / Mindestlohn
A. Gorz: Seid realistisch – verlangt das Unmögliche
M.R. Krätke: Grundeinkommen - Sozialstaatsersatz
A. Gorz: A.
Seid
realistisch
– verlangt
das Unmögliche
Rieger
/ H. Baumann:
Mindestlohnpolitik
M.R. Krätke:
Grundeinkommen
Sozialstaatsersatz
A. Sirmoglu
/ P. Streckeisen: -Kapitalistische
Utopie?
A. RiegerW./Vontobel:
H. Baumann:
Mindestlohnpolitik
Rettet die
Marktwirtschaft !
A. Sirmoglu / P. Streckeisen: Kapitalistische Utopie?
W. Vontobel: Rettet die Marktwirtschaft !
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27. Jg./1. Halbjahr 2007
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