10-seitiger Bericht zum

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Thema des Monats Mehrgeschossiger Holzbau
P 2
Bürogebäude
Nachhaltig in die Höhe
Thomas Knapp / Architekten Hermann Kaufmann / Cree
Hochhäuser und Nachhaltigkeit erschienen bisher als
Widerspruch. Das ist nun anders. In Dornbirn entstand
ein Achtgeschosser in Holzbauweise mit Passivhausstandard.
20
mikado 7.2012
Projekt 2
LifeCycle Tower (LCT) One
Z
In Dornbirn entstand ein achtgeschossiger Prototyp des wohl
zur Zeit ambitioniertesten Holzbausystems der Welt.
wei große Megatrends bestimmen das künftige Baugeschehen
maßgeblich: die Notwendigkeit von
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
und der Trend zur Urbanisierung. Bei
genauem Hinsehen ist die Urbanisierung ebenfalls eine Konsequenz
aus dem ersten Megatrend, denn je
dichter die Menschen zusammenrücken, desto mehr Wege lassen sich
zu Fuß bewältigen und desto effizienter wird ein öffentliches Nahverkehrssystem.
Der österreichische Baukonzern Rhomberg, der bis vor wenigen Jahren mit dem Holzbau nicht
viel am Hut hatte, stellte sich diesen Tatsachen und entwickelte zusammen mit einem hochkarätig
besetzten Team ein ambitioniertes Bausystem, das er weltweit vermarkten und realisieren will: den
LifeCycle Tower (LCT). Für bis zu
30 Geschosse ist er konzipiert. Im
vorarlbergischen Dornbirn entstand
in der ersten Jahreshälfte 2012 der
erste achtgeschossige Prototyp: der
LCT One.
www.mikado-online.de
20
Steckbrief
23
Brandschutz: Sprinklern statt Kapseln
24
Wachstumsmarkt Stadt: Zwei Fliegen mit einer Klappe
26
Unternehmenskonzept: Gewinn durch Serienproduktion
28
Fazit: Eine neue Holzbau-Dimension öffnet sich
29
das verschiedene Gebäudegrundformen und Bauhöhen bis zu 100 m
ermöglicht.
Prof. Hermann Kaufmann nahm
bei der Entwurfsplanung Bezug auf
einen frühen Holzbaupionier des
20. Jahrhunderts: Konrad Wachsmann. Der suchte zeitlebens nach einer effizienten, industriell vorgefertigten Systembauweise aus Holz. Er
konzipierte standardisierte Paneelsysteme, ersann bautechnisch ausgeklügelte Vorkehrungen und reformierte
die Skelettbauweise durch neue Berechnungsmethoden. Wachsmanns
Kunst bestand darin, trotz der Limitation im vordefinierten Baukasten
Integraler Forschungs- und
Planungsprozess
Für die Entwicklung, Realisierung
und Vermarktung des LCT gründete Rhomberg extra ein Tochterunternehmen: die Cree GmbH. Der
Name verweist zum einen auf den
nordamerikanischen Indianerstamm
Cree, der für seinen respektvollen
Umgang mit der Natur bekannt ist,
zum anderen ist er eine Abkürzung
für „Creative Resource & Energy
Efficiency“.
2009 initiierte die Cree das Forschungsprojekt und engagierte dabei ein interdisziplinär zusammengesetztes Expertenteam: die Rhomberg
Bau GmbH selbst, die Architekten
Hermann Kaufmann ZT GmbH, das
Ingenieurbüro Arup GmbH, das Holzbauunternehmen Wiehag GmbH und
die Technische Universität Graz.
Wegen seines hochinnovativen Charakters erhielt das Projekt zudem
staatliche Fördergelder. In einem integralen Planungs- und Forschungsprozess entstand ein holzbasiertes,
systematisiertes Baukastensystem,
Bürogebäude: Nachhaltig in die Höhe
eine hohe Varietät am einzelnen Bauobjekt möglich zu machen. Dieses
Konzept verfolgt auch der LCT.
Seine Entwicklung erfolgte in verschiedenen technischen Varianten.
Ziel war dabei ein möglichst geringer
Materialeinsatz und eine möglichst
hohe Funktionalität und Flexibilität. Es zeigte sich, dass Holz-BetonVerbundlösungen reinen Holz-Lösungen überlegen sind – ein Resultat aus den hohen Brandschutzund Schallschutzanforderungen bei
Mehrgeschossern. Deshalb besteht die
Decke aus einer schmalen Stahlbeton-Platte mit unterseitigen Brettschichtholz-Rippen.
▸▸An den vorher
errichteten
Stahlbeton-Kern
(links) sind
die Holz-BetonVerbunddecken
angedockt.
Die Fassadenelemente tragen
die Lasten ab. Der
Innenraum
bleibt stützenfrei,
die Holzoberflächen sichtbar
21
Darko Todorovic Photography / Cree
Thema des Monats Mehrgeschossiger Holzbau
Achtgeschosser als Prototyp
für Hochhäuser
Die Genehmigungsbehörden reagierten auf das Bauvorhaben zunächst
zurückhaltend. Im Verlauf der Planungs- und Testphase, insbesondere
durch die Brandversuche an den Deckenelementen, wuchs das Vertrauen.
Um später einmal „echte“ Hochhäuser
bauen zu dürfen, war es „diplomatisch klug“, erst einmal das achtgeschossige „Fast-Hochhaus“ LCT One
zu errichten. Wenn da alles klappt,
dann ist der Schritt über die Hochhausgrenze nicht mehr ganz so groß
und leichter zu vermitteln.
Die Hochhausgrenze liegt bei
22 m. Gemeint ist damit die Höhe
der Fußbodenoberkante des obersten Geschosses im Verhältnis zur Geländeoberkante. Bis zu dieser Höhe
ist das Equipment der Feuerwehr ausgelegt. Bei Höhen darüber sind zusätzliche Fluchttreppenhäuser und
andere Sicherheitsmaßnahmen notwendig, um im Brandfall Menschen
aus den höher gelegenen Geschossen
retten zu können.
1. Tag
22
Die gesamte Planungsphase des
LCT One dauerte vom Entwurf bis
zum fertigen Genehmigungsplan
vier Wochen. Die Werksplanung beanspruchte weitere sechs Wochen,
wobei in dieser Zeit bereits mit der
Baustellenvorbereitung und den Erdarbeiten begonnen wurde. Im September 2011 ging es mit den Rohbauarbeiten los, im Juli 2012 soll das
Gebäude bezugsfertig sein. Die spektakulärste Phase war natürlich der
Holzrohbau im April 2012.
Ausgeklügeltes Bausystem
mit hoher Flexibilität
Der LCT One steht auf einer Grundfläche von 24 × 13 m. Sein Fundament
besteht aus einer wasserundurchlässigen Stahlbeton-Bodenplatte. Darauf entstand zuerst ein Erschließungskern aus 30 cm dicken
Stahlbeton-Wänden mit Anschlussbewehrungen für die Geschossdecken. Die acht Vollgeschosse ruhen auf 42 Brettschichtholz-Doppelstützen, die in einem Abstand von
2,70 m in der Fassadenebene liegen.
2. Tag
3. Tag
mikado 7.2012
◂◂Die Deckenelemente
sind mit den
tragenden
Außenwandelementen nur
über ein
simples RohrDorn-Stecksystem verbunden
▴▴Durch ausgeklügelte Bauund Zeitpläne
dauerte der
gesamte Holzrohbau nur
zehn Arbeitstage
Die Stützen haben gelenkige Verbindungen, die Geschossdecken agieren
als schubfest verbundene Scheiben
und der Erschließungskern nimmt
die Horizontallasten auf. Mit den
Deckenelementen verbunden sind die
Doppelstützen ausschließlich über ein
simples Rohr-Dorn-Stecksystem.
Durch eine präzise Planung und
Vorfertigung und einen ausgeklügelten Bauteil- und Zeitplan erfolgte der
Aufbau zügig. Pro Tag entstanden bis
zu zwei Geschosse, sodass der wetterfeste Holzrohbau in zehn Tagen
fertig war. In konventioneller Stahlund Stahlbeton-Bauweise hätte es
etwa sieben Wochen gedauert.
Holz-Beton-Verbund
löst Brand- und Schallschutz
Ein Spezifikum des LCT sind die
Holz-Beton-Verbund-Rippendecken.
Sie bestehen aus BrettschichtholzTrägern und einer 80 mm dünnen
Betonschicht. Wie bei den Fassadenstützen blieb auch hier das Holz
sichtbar. Zwischen den Rippen ist die
Haus- und Systemtechnik integriert:
4. Tag
Thema des Monats Mehrgeschossiger Holzbau
Steckbrief
Bauprojekt:
Heiz- und Kühlmodule, Lüftungs-,
Sprinkler- und Beleuchtungssysteme. Die Geschosse selbst sind stützen- und wandfrei, sodass sich jedes
mit Trockenbausystemen individuell
aufteilen lässt.
Aus Brandschutzgründen sind
die einzelnen Geschossebenen systemisch voneinander getrennt. Ein
Stahlbeton-Randbalken der Decken
unterbricht die BrettschichtholzFassadenstützen auf jeder Etage. Das
verhindert, dass sich bei einem Brand
das Feuer über die hölzernen Stützen
in das nächste Stockwerk rauf- oder
runterfressen kann. Die Befestigung
der Hybriddecken am Erschließungskern erfolgt mit Stahlkonsolen, die
durch Gipskarton-Feuerschutzplatten
brandsicher gekapselt sind.
Der Außenwandaufbau mit dem
innen sichtbaren Holztragwerk hat
eine Stärke von 48 cm und einen
U-Wert von 0,12 W/(m2K). Innen
ist die gedämmte Konstruktion mit
OSB-Platten verkleidet, die auch als
Dampfsperre dienen, außen mit einer
zementgebundenen-Holzfaserplatte,
auf ihr eine Unterkonstruktion zur
Hinterlüftung und als Wetterschutz
recyceltes Aluminium. Die Fenster – über 50 Prozent der Fassade,
sind öffenbar und dreifachverglast.
So erreicht das Bauwerk Passivhausstandard.
Beim energetischen Versorgungskonzept setzt der LCT auf einen flexiblen, modularen Aufbau, der sich an
die lokalen Besonderheiten anpassen
lässt. So ist der LCT One ans Nahwärmenetz Dornbirns angeschlossen,
das von einem Blockheizkraftwerk
gespeist wird. Die Jalousien werden
automatisch gesteuert und schützen
das Innere vor Überhitzung und die
Arbeitsplätze vor störender Strahlung. Eine vollautomatisierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und permanenter CO2-Messung
zur Volumenstromregelung komplettiert die Haussystemtechnik.
Gute Bilanzen bei CO2, Energie,
Zeit und Lkw-Verkehr
LifeCycle Tower One
A-6850 Dornbirn
www.cree.at
Bauherr:
Cree GmbH
A-6900 Bregenz
www.creebyrhomberg.com
Bauweise:
Mischbauweise
Brettschichtholz/Beton
Besonderheit:
Sichtbare Holzoberflächen
Bauzeit:
September 2011 bis Juli 2012
Bebaute Fläche:
Die effiziente Verwendung von Energie-, Material- und Arbeitseinsatz
führte beim LCT zu einer Verbesserung der CO2-Bilanz im Vergleich zu
konventionellen Stahlbeton-Hochbauten um rund 90 Prozent. Darin
enthalten sind die Emissionen, die
durch Herstellung, Transport, Einbau
und Unterhalt in der mit 50 Jahren
angesetzten Nutzungsdauer inklusive Demontage und Entsorgung der
Materialien der Rohbaukonstruktion verursacht werden. Die verbaute
Holzmenge von 280 m3 hat maßgeblich zu dieser guten Bilanz beigetragen.
Weitere Vorteile ergeben sich aus
dem Bausystem und hohen Vorfertigungsgrad: Die Bauzeit ist deutlich
kürzer und damit auch die Zeitspanne zwischen Grundstückskauf und
Nutzbarkeit des darauf errichteten
Gebäudes: zwischen Investition und
Rendite. Zudem reduziert sich die Belastung der Nachbarschaft mit Lärm
und Staub – und: die Belastung der
Straßen, denn es sind weniger Transporte notwendig.
Umbauter Raum:
8074 m3
Bruttogeschossfläche:
2319 m2
Nettonutzfläche:
1765 m2
Baukosten:
2,5 Mio. Euro
1417 Euro/m2
Heizenergiebedarf:
13 kWh/(m2a)
Architektur:
Architekten Hermann Kaufmann
ZT GmbH
A-6858 Schwarzach
www.hermann-kaufmann.at
Tragwerk:
merz kley partner ZT GmbH
A-6850 Dornbirn
www.mkp-ing.com
Holzbau:
Sohm Holzbautechnik GesmbH
A-6861 Alberschwende
www.sohm-holzbau.at
Holz-Beton-Verbunddecken:
Goldbeck Prefabeton S.R.O.
CZ-28571 Vrdy
www.prefabeton.cz
Cree
Marc Wilhelm Lennartz, Polch-Ruitsch ▪
305 m2
5. Tag
6. Tag
www.mikado-online.de
7. Tag
8. Tag
23
Thema des Monats Mehrgeschossiger Holzbau
P 2
▴▴Die Decken
bestehen
aus Brettschichtholz-Trägern
und einer
80 mm starken
Betonplatte.
Zwischen den
Trägern ist
die Haustechnik
integriert
Brandschutz
Sprinkeln statt Kapseln
Bei Mehrgeschossern ist der Brandschutz ein zentrales Thema. Meist müssen die
Holzoberflächen eingekapselt werden. Nicht beim LifeCycle Tower One, da blieben sie
sichtbar. Eine Sprinkleranlage sorgt für die notwendige Sicherheit.
J
e höher ein Gebäude, desto wichtiger ist das Thema Brandschutz.
Denn je höher die obersten Geschosse liegen, desto schwieriger ist es
im Brandfall, die sich dort aufhaltenden Menschen zu retten und das
Feuer zu löschen. Weil es in vergangenen Jahrhunderten immer wieder
verheerende Stadtbrände gab, war
Holz für mehrgeschossige Bauwerke
lange verboten. Das hat sich in den
letzten Jahren geändert. Vorschriften
orientieren sich heute nicht mehr an
einem angstgeprägten Bauchgefühl,
sondern zunehmend am Stand von
Forschung und Technik.
Trotzdem ist der Brandschutz bei
mehrgeschossigen Bauten das zen-
24
mikado 7.2012
trale Thema. Nach wie vor herrschen
in den Genehmigungsbehörden Skepsis und Vorsicht. In der Regel werden deshalb bei Mehrgeschossern die
Holzoberflächen tragender Bauteile komplett eingekapselt. Nicht so
beim achtgeschossigen LifeCycle
Tower (LCT) One in Dornbirn. Dort
blieben die Holzoberflächen sichtbar. Das sparte Zeit und Geld. Und
das Gebäude behielt seinen holzbautypischen Charme.
Brandschutztechnisch ist die Verbauung nicht-gekapselten Holzes
in tragenden Bauteilen differenziert
zu betrachten. Es werden besondere Vorkehrungen in der Konstruktion, in der Haustechnik, bei den
Fluchtwegen und bei den Warnsystemen notwendig. Andererseits existiert dann keine Gefahr versteckter
Brände in Hohlräumen oder hinter
den Kapselungen.
Gefahrenpotenzial Beton
In einem Testlabor fanden fünf Testreihen zum Brandwiderstand statt.
Die Holz-Beton-Verbund-Rippendecken wurden nach Eurocode 4 bemessen. Als Ergebnis erhielten vier
der in unterschiedlichen Varianten
konzipierten Hybriddecken Prüfzeugnisse in den Feuerwiderstandsklassen REI 90 und REI 120. Das sind
Sprinkler geben Sicherheit
Der LCT One fällt gemäß der österreichischen OIB-Richtlinie in die Gebäudeklasse 5, da der Fußboden des
obersten Geschosses mit 21,95 m
über dem Außengelände noch unter
der Hochhausgrenze von 22 m liegt.
Die Verwendung von nicht-gekapseltem Holz im Tragwerk stellt eine
immobile Brandlast und ein erhöhtes Brandrisiko dar. Darauf reagiert
das Gebäude mit Sprinkleranlagen.
Die sind zwar im mitteleuropäischen
Raum unüblich, doch der LCT ist
auch für die internationalen Märkte entwickelt.
Die Sprinkler wurden in allen Büros und Flurbereichen eingebaut. Ihre
Auslösetemperatur liegt bei 68 °C
Raumlufttemperatur, was Zigarettenoder Kerzenqualm als Ursache ausscheiden lässt. Die Feuerwehr kann
erkennen, welche Sprinklergruppe
www.mikado-online.de
▸▸Randbalken aus
Stahlbeton
unterbrechen die
Brettschichtholz-Stützen auf
jeder Etage
und verhindern,
dass sich bei
einem Brand das
Feuer in
vertikaler Richtung
ausbreitet
Thomas Knapp / Architekten Hermann Kaufmann / Cree
Klassifizierungsprotokolle des Feuerwiderstands, die den Verlauf und das
Ergebnis der Brandversuche dokumentieren. Die geprüften Varianten
unterschieden sich durch die Dicke
der Betonschicht und eine unterseitig integrierte Dämmung.
Die Betonschichten waren mit 8
bzw. 10 cm hinsichtlich Schallschutz
und Statik nur so dick wie nötig.
Als das Feuer 10 min auf die Betonschicht eingewirkt hatte, platzten plötzlich einzelne Teile ab und
schleuderten mit hoher Geschwindigkeit durch den Versuchsraum.
Solche Betonabsprengungen sind
bei Brandschutzexperten gefürchtet, denn sie stellen eine große Gefahr für die Feuerwehrleute dar. Als
Reaktion wurde die Betonrezeptur
verbessert, sodass keine Absprengungen mehr auftreten.
Der Querschnitt der Brettschichtholzträger verringerte sich bei den
Brandversuchen erwartungsgemäß
mit einer Abbrandgeschwindigkeit
von 0,65 mm/min. Die Norm geht
von 0,7 mm/min aus. Der nach den
Brandversuchen verbliebene Restquerschnitt verfügte noch über eine
ausreichende Tragfähigkeit. Sämtliche getesteten Hybriddecken hielten
den statischen Belastungen stand.
in Gang gesetzt wurde, und so den
Brandherd sofort orten.
Falls ein Brand einen Alarm auslöst, ergießen sich eine Stunde lang
pro Minute 5 l/m2 Wasser auf den
entsprechenden Bereich. Dann schaltet sich das System automatisch ab.
Das Löschwasser lässt sich nach dem
Einsatz kontrolliert abführen. Danach
können einzelne Holzbauteile repariert oder ausgetauscht werden.
Alternative Maßnahmen möglich
Generell lässt sich das erhöhte Brand­
risiko auch durch die Verbesserung
anderer Sicherheitsmaßnahmen
kompensieren, z. B. durch zusätzliche und kürzere Fluchtwege, ein
druckbelüftetes Fluchttreppenhaus,
einen im Brandfall benutzbaren Aufzug oder eine Brandmeldeanlage. Je
nach Staat und Bundesland sind die
zu erfüllenden Anforderungen verschieden. Und auch ihre Ermessensspielräume interpretieren die jeweiligen Behörden unterschiedlich.
Momentan verfügen die meisten
Behörden noch über zu wenig Erfahrungswerte zur Brandsicherheit von
Holz- und Hybrid-Mehrgeschossern.
Die gilt es nun peu a peu durch eine
enge Abstimmung und frühzeitige
Integration in den Planungsprozess
aufzubauen.
Brettschichtholz
für Erschließungskern
Die LCT-Studie zeigte, dass auch Erschließungskerne aus massivem Holz
bis zu einer Höhe von 20 Geschossen möglich wären. Künftig sollen
aber nur höhere Gebäude mit einem
Fluchtniveau über 22 Metern einen
Erschließungskern aus Stahlbeton erhalten, niedrigere Gebäude dagegen
einen aus Holz. Genauer gesagt: aus
senkrecht stehenden Brettschichtholzwänden. Das hat statische Gründe: Im Kern arbeiten vornehmlich
Vertikallasten. Brettschichtholz eignet sich im Vergleich zu Brettsperrholz deutlich besser dafür, weil die
Holzfaserrichtung dann durchweg
vertikal verläuft. Eine Brettschichtholzwand muss 40 cm dick sein, eine
Brettsperrholzwand 60 bis 80 cm. Die
Effizienzen von Grundflächenausnutzung, Ressourcen und Energie
würden sich verschlechtern.
Marc Wilhelm Lennartz, Polch-Ruitsch ▪
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Thema des Monats Mehrgeschossiger Holzbau
Architekten Hermann Kaufmann / Cree
P 2
▴▴In den großen
Metropolen
sollen LCT mit
20 Geschossen
entstehen
Wachstumsmarkt Stadt
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Die Urbanisierung ist keine vorübergehende Mode, sondern eine notwendige
Entwicklung und ein Ausdruck von Sparsamkeit. Hier setzt der LifeCycle Tower
(LCT) an: Er verbindet nachhaltige Siedlungsstrukturen mit einer nachhaltigen Bauweise.
W
eltweit leben heute bereits
die Hälfte aller Menschen in
Städten, in Deutschland drei Viertel.
Der Trend wird sich fortsetzen, als
Folge der zunehmenden Spezialisierung in der Arbeitswelt, vor allem
aber als Folge der Ölverknappung
und -verteuerung. Denn in dicht bebauten Siedlungsstrukturen lassen
sich deutlich mehr Wege zu Fuß und
mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen als in ländlichen Gegenden. Dort sind die Bewohner meist
auf das Auto angewiesen, weil die
zurückzulegenden Entfernungen wesentlich größer sind. Angesichts steigender Benzinpreise werden sich das
Autofahren aber in Zukunft immer
weniger Menschen leisten wollen.
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mikado 7.2012
Hohe Bebauungsdichten schonen
Ressourcen
Bisher war es so, dass durch eine
zunehmende Automobilisierung die
räumliche Nähe immer mehr an Bedeutung verlor. Die Entfernungen
zwischen Wohnungen, Arbeitsplätzen, Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen wuchsen. Das führte zur
Zersiedelung des ländlichen Raums.
Die Grundstücke und Immobilien
sind dort billiger und können entsprechend großzügiger ausfallen.
Durch einen moderaten Benzinpreis
und eine steuerliche Absetzbarkeit
des Wegs in die Arbeit überwogen
unterm Strich die finanziellen Vorteile. Bei steigenden Benzinpreisen
dreht sich diese Entwicklung nun um.
Immer mehr Menschen wollen vom
Land zurück in die Stadt.
Viele Menschen meinen, dünn besiedelte Gebiete seien „ökologischer“
als die „Betonwüsten“ der Stadt. Das
Gegenteil ist der Fall: Der Pro-KopfVerbrauch an Verkehrsfläche ist in
ländlichen Gemeinden um ein Vielfaches höher als in Städten, ebenso der
Aufwand für die Versorgung mit Abwasserkanälen, Trinkwasserrohren,
Strom- und anderen Leitungen.
Hohe Bebauungsdichten bedeuten einen geringeren Verbrauch an
Ressourcen und an Bodenfläche. Sie
sind ein Ausdruck von Sparsamkeit.
Je dichter die Menschen zusammenrücken, desto mehr unbebaute
Landschaft bleibt außerhalb der Siedlungsgebiete übrig und desto weniger Autoverkehr entsteht. Momentan
hat der Autoverkehr in Deutschland
einen Anteil von 30 Prozent am Gesamtenergieverbrauch.
Hohe Bebauungsdichten sind nachhaltig. Und Holz ist nachhaltig. Der
LifeCycle Tower (LCT) führt beide
Strategien zusammen. Und dadurch,
dass in seinem Inneren die Holzoberflächen sichtbar bleiben, erhält der
Bautyp „Hochhaus“ nun auch eine
ganz neue Raumqualität, wodurch
sich die Nutzerakzeptanz deutlich
erhöhen wird.
Zudem sind beim LCT die Systembauteile und die Energieversorgung so konzipiert, dass sie sich an
die lokalen Verfügbarkeiten anpassen können. Die Flächenheizsysteme
kommen mit geringen Vorlauftemperaturen aus, was ideal ist für die Nutzung regenerativer Energien.
Der LCT wurde entwickelt, weil
dafür heute und erst recht in naher
Zukunft eine hohe Nachfrage zu erwarten ist, aber auch, weil heute die
technischen Möglichkeiten für so ein
ambitioniertes Holzbauprojekt bestehen. Dank CAD-Planung und IT-gesteuerten Abbundanlagen ist eine bis
vor wenigen Jahren nicht gekannte
Präzision möglich.
Holz erweist sich zunehmend als
Hightech-Werkstoff. Wohl nur weil
er im Überfluss vorhanden ist, wird
er oft noch gering geschätzt. Gerade
für den weltweiten Vertrieb des LCT
ist das Vorhandensein des Baumaterials vor Ort jedoch ein wesentlicher
Pluspunkt, denn das hält die Herstellungskosten niedrig.
Thomas Knapp / Architekten Hermann Kaufmann / Cree
Holz gibt Hochhäusern eine
neue Qualität
▴▴Durch die
sichtbaren
Holzoberflächen
erhält der LCT
einen besonderen
Charme, was
auch die Nutzerakzeptanz
steigen
lassen dürfte
Variantenvielfalt mit einfachen
Bauelementen
Innerhalb des Bausystems sind zahlreiche Variationen möglich. Investoren und Bauherren können zwischen Büros, Wohnungen und anderen Nutzungen wählen, ebenso
zwischen verschiedenen Energiestandards: Je nach Klimazone und
Budget kann ein Bauherr zwischen
Niedrigenergie-, Passivhaus- und
Plusenergiestandard wählen. Diese Vielfalt an Möglichkeiten macht
den LCT für verschiedenste Standorte
auf der ganzen Welt interessant.
Exportieren möchte Cree dabei vor
allem das Know-how. Die Bauelemente selbst sollen nach Möglichkeit vor Ort entstehen. So kann dann
auch die lokale und regionale Wirt-
schaft davon profitieren – was vor allem bei staatlichen oder staatlich geförderten Bauprojekten ein wichtiges
Entscheidungskriterium ist. Und natürlich wird die Herstellung in Ländern mit niedrigerem Lohnniveau
auch kostengünstiger, als das in Österreich der Fall wäre.
Das Bausystem ist deshalb relativ einfach gehalten. Die Herstellung
der einzelnen Elemente dürfte deshalb im Normalfall kein Problem darstellen. Nur in Ausnahmefällen – in
waldarmen Gegenden ohne Holzbaukultur – würde Cree auch die Bauelemente liefern. Die Stärke des LCT
liegt vor allem darin, dass die Details nicht kompliziert, jedoch intelligent und sorgfältig aufeinander abgestimmt sind.
Marc Wilhelm Lennartz, Polch-Ruitsch/gh ▪
LIGNOConsult
Fachgesellschaf t für Beratung, Information und Innovation im Holzbau
www.mikado-online.de
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Thema des Monats Mehrgeschossiger Holzbau
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Unternehmenskonzept
Gewinn durch Serienproduktion
Der Entwicklungsaufwand für den LifeCycle Tower (LCT) war hoch. Damit sich das
Projekt zum lohnenden Geschäft entwickelt, müssen die Baukosten selbst relativ niedrig
sein, um sich gegen konventionelle Bauweisen durchzusetzen.
D
ie Attraktivität des LifeCycle Tower (LCT) beruht auf der
Vielfalt seiner Varianten. So kann
sich das Gebäude gut an verschiedene Klimabedingungen und unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten
der Bauherren anpassen. Das Bausystem ermöglicht Büros, Wohnungen und andere Nutzungen. Je nach
Klimazone und Budget lässt es sich
in Niedrigenergie-, Passivhaus- oder
Plusenergiestandard ausführen. Die
Vielfalt ist ein wesentlicher Bestandteil der Vermarktungsstrategie. Aus
dem Vorarlberger Piloten LCT One
soll das globale Serienprodukt LCT
entstehen, das lokalen Ansprüchen
Rechnung trägt und die länderspezifischen Baurechtsvorgaben – vor
allem auch beim Brandschutz – erfüllt.
Schwarze Zahlen nach fünf
bis sieben Projekten
Der hohe Grad der Vorfertigung und
die konsequente Systematisierung
des Bauprozesses ermöglichen eine
serielle Produktion der Einzelmodule
mit hohen Stückzahlen. Dadurch entstehen betriebswirtschaftliche Skaleneffekte, die es ermöglichen, den
LCT mittelfristig am internationalen
Baumarkt konkurrenzfähig zu platzieren. Über die Vervielfachung des
LCT-Konzeptes in einem kalkulierten
Zeitraum lassen sich Renditen erzielen. Nach Auskunft des MarketingLeiters Michael Zangerl rechnet Cree
mit schwarzen Zahlen innerhalb von
zwei bis drei Jahren. Das setzt allerdings voraus, dass das Unternehmen
in diesem Zeitraum fünf bis sieben
LCTs realisiert.
28
mikado 7.2012
Das Geschäftsmodell der Cree ist
klar und ehrgeizig. Es lautet: den LCT
als flexibel ausführbares Serienprodukt möglichst oft in die Ballungsräume der ganzen Welt verkaufen.
Interessant daran ist, dass das Konzept dabei eine wesentliche Komponente nachhaltiger Wirtschaft erfüllt: Hergestellt wird weitgehend vor
Ort. So entstehen nicht unerhebliche
Wohlfahrtseffekte in den Regionen,
aus denen das Holz stammt und in
denen die einzelnen Arbeitsleistungen erbracht werden. Das steigert
die Akzeptanz vor allem bei staatlichen und staatlich geförderten Bauprojekten.
Export des Bausystems, nicht
der Bauteile
Cree will im Normalfall nur das Bausystem exportieren, nicht die Bauteile. Das Unternehmen tritt dabei entweder als Generalübernehmer auf, um
das planerisch-konstruktive Knowhow einzubringen und den gesamten Bauprozess vor Ort zu steuern,
oder als Teil-Übernehmer, um dann
nur für den Rohbau verantwortlich
zu sein und den Innenausbau anderen Planern zu überlassen.
Die Herstellung der LCT-Elemente soll nach Plänen und unter der
Aufsicht von Cree in der Nähe des
jeweiligen Bauplatzes durch lokale Bauunternehmen erfolgen. Das
Bauwerk ist deshalb so konzipiert,
dass sich seine Einzelteile auch auf
internationaler Ebene – was meist
ein niedrigeres Qualitätsniveau bedeutet – vergleichsweise einfach reproduzieren lassen. Durch die exakten Vorgaben lassen sich Kosten und
Qualität sicher kalkulieren.
zeigten, dass hier die besten Absatzchancen bestehen.
Cree überlässt hier nichts dem Zufall und entwickelte schon im Vorfeld des LCT One eine eigene Marketing- und Kommunikationsstrategie,
um die breite Öffentlichkeit und die
Fachwelt über die Vorzüge des Projekts zu informieren und aufzuklären. Der LCT One in Dornbirn wird
größtenteils Büros beherbergen, zugleich aber als wichtiges Referenzund Besichtigungsobjekt dienen. Ins
Erdgeschoss kommt deshalb konsequenterweise: ein „Zukunftsmuseum
Architektur“.
Als erstes Folgeprojekt errichtet
die Cree mit Hermann Kaufmann seit
dem Frühjahr 2012 das neue Wasserkraft-Kompetenzzentrum der Vorarlberger Illwerke AG in Vandans. Dabei handelt es sich allerdings um ein
„gekipptes Hochhaus“: nur sechs Geschosse hoch, aber 120 m lang. Der
Bürobau mit einer Bruttogeschossfläche von über 10 000 m2 soll im August 2013 fertig sein und ist dann
eines der größten Holz-Hybrid-Gebäude der Welt.
Aktive Auftragsakquise in Europa
und Nordamerika
Der LCT kann somit weltweit als
Blaupause für zukünftigen Städtebau dienen. Die vom hauseigenen
Sales-Team adressierten Zielkunden
interessieren sich für nachhaltige,
gesunde Gebäude mit kurzen Bauzeiten: Investoren, Projektentwickler, Architekten, aber auch private
und öffentliche Bauherren. Als Zielkontinente fokussiert Cree zunächst
Europa und Nordamerika. Studien
Marc Wilhelm Lennartz, Polch-Ruitsch ▪
Projekt 2
Fazit
Architekten Hermann Kaufmann / Cree
Mit der Entwicklung und Realisierung des LifeCycle Tower
(LCT) öffnet sich für den Holzbau eine neue Dimension.
www.mikado-online.de
Mit dem LifeCycle Tower (LCT) wurde
ein Holzbausystem entwickelt, das mit
einer nachhaltige Bauweise nachhaltige Siedlungsstrukturen ermöglicht.
Der Entwicklungsaufwand war zwar
hoch, trotzdem ist es ein vielversprechendes Projekt, denn im Vergleich zu
konventionellen Bauweisen ist der LCT
wesentlich schneller — ein in dicht
bebauten Strukturen mit hohen
Grundstückspreisen und sensibler
Nachbarschaft ganz wichtiger Aspekt.
Durch den Variantenreichtum des
Bausystems dürften sich viele Bauherren dafür begeistern.
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