Musik als Sprache – Sprache als Musik Verlauf Reihe 6 Material LEK Glossar Infothek S1 Musik als Sprache – Sprache als Musik Bettina Middelberg, Hamburg II/B T H C I S N A R O V Aus: Dieter Schnebel: MO-NO: Musik zum Lesen. Köln: Du Mont Verlag 1969. © Dieter Schnebel. Was ist überhaupt Musik? Ist Musik eine Sprache? Musik spricht: musikalisch-rhetorische Figuren bei Bach. Aus Sprache wird Musik: Vertonung von Sprachklängen bei Penderecki. sieren – y l a n a , n e t l gesta , n e r is Cage. e b i h t c a u B k n s o v Di Musik Klangbeispiele Die Klangbeispiele zu diesem Beitrag sind erschienen als Track 17–49 auf der RAAbits Musik-CD 25 (Ausgabe 56, Oktober 2007). 57 RAAbits Musik Januar 2008 Musik als Sprache – Sprache als Musik Reihe 6 Verlauf Material LEK Glossar Infothek S 10 M 11 Singende und sprechende Trommeln in Schwarzafrika Melorhythmus II/B 5 10 15 20 Der amerikanische Musikethnologe John Miller Chernoff erzählt von einem sehr beeindruckenden Erlebnis bei seinem Trommellehrer Gideon in Ghana: „Während meines ersten Unterrichtstages bei Gideon konnte ich ihm ganz gut folgen, bis er plötzlich eine ziemlich komplizierte Folge von Rhythmen spielte und dann wieder zu dem Basis-Pattern zurückkehrte, das er mir gerade beibrachte. Einige Minuten später kam ein Mann, der zu diesem Zeitpunkt vorbeigegangen war, zurück mit zwei Flaschen Bier.“ Die afrikanische Trommel kann sprechen! T H C Die Talking Drum, auch Tama, ist eine Sprechtrommel aus Afrika. Sie hat einen sanduhrförmigen Körper und ist mit zwei über Lederschnüren miteinander verbundenen Fellen bespannt. Die Trommel wird unter den Arm geklemmt mit einem speziellen Krummstock bespielt. Durch Anspannen und Loslassen des Oberarmes kann so die Tonhöhe verändert werden. [...]. (Bildquelle: unbekannt) Die musikalischen Pattern sind in Afrika oftmals aus der Sprache entstanden. Deshalb legen Afrikaner großen Wert darauf, dass die einzelnen TrommelSchläge eines Rhythmus-Pattern sich in ihrer Tonhöhe, oder in ihrem Sound deutlich und klar voneinander unterscheiden. Andernfalls bleiben sie „unverständlich“, sind sie ohne „Sinn“. [...] [Afrikaner betonen] immer wieder, dass sie auf ihren Trommeln nicht etwa reine Rhythmus-Pattern spielen, sondern vielmehr „Melodien“. I S N A R O Pattern: kürzeres musikalisches „Muster“ („Baustein“), das zur mehrfachen gleichförmigen Wiederholung bestimmt ist V Tonhöhensprache Viele schwarzafrikanische Sprachen sind sog. Tonhöhensprachen. Die Bedeutung eines Wortes hängt in diesen Sprachen von der benutzten Tonhöhe ab. Wird die erste Silbe eines Wortes beispielsweise höher gesprochen als die folgende, so hat das Wort eine ganz andere Bedeutung, als wenn das Wort mit einer tiefen Silbe beginnt. So kann ein und dasselbe Wort aufgrund verschiedener Tonhöhenmuster die unterschiedlichsten Bedeutungen annehmen. Im folgenden Klangbeispiel bildet ein Angehöriger des Volkes der Ga (aus Ghana) aus dem einzigen Wort „nje“ einen ganzen Satz. Er verändert bei dem Wort „nje“ lediglich die Tonhöhen und Längen der einzelnen Silben. Bei jeweils veränderten Tonhöhen kann „nje“ die folgenden Bedeutungen annehmen: (a) yesterday, (b) you people, (c) you can’t, (d) hate, (e) your mother. So heißt der Satz „Nje nje njee nje nje, nje nje“ auf englisch: „You people can’t hate your mother“ (Ihr, Leute, ihr könnt eure Mutter nicht hassen) Aus: Volker Schütz: Musik in Schwarzafrika: Arbeitsbuch für den Musikunterricht in den Sekundarstufen. Oldershausen: Institut für Didaktik populärer Musik 1992. S. 40 f. © Lugert Verlag. 57 RAAbits Musik Januar 2008 Musik als Sprache – Sprache als Musik Verlauf Reihe 6 Material LEK Glossar Infothek S 11 Talking drum Bei westafrikanischen Völkern mit Tonhöhensprachen ist es möglich, einzelne Wörter, Sprichwörter oder beispielsweise auch Begrüßungsformeln mithilfe einer Trommel zu „sprechen“. Die dabei verwendeten Trommeln werden als „Talking-Drums“/ „Sprechtrommeln“ bezeichnet. Manche nennen sie auch aufgrund ihrer besonderen Form „Sanduhrtrommeln“. Im folgenden Klangbeispiel „spricht“ ein Yoruba aus Nigeria mithilfe seiner Talking-Drum die folgenden Wörter und Sätze. II/B a) Ojo (Regen) b) Ojo (Yoruba-Name), Sango (Yoruba-Gottheit) c) Ojonko? (Wie geht es Ojo?), Babanko? (Wie geht es Vater?), Iyanko? (Wie geht es Mutter?) d) Kanango (die Trommel) e) Eku aro o! (ein Yoruba-Gruß) Aus: Volker Schütz: Musik in Schwarzafrika: Arbeitsbuch für den Musikunterricht in den Sekundarstufen S. 41. © Lugert Verlag. T H C Klangbeispiele Beispiel für die Tonhöhensprache der Ga: „Nje nje njee nje nje“ I S N CD 25, Track 27 Yoruba-Sprechtrommeln demonstriert von Omo-oba E.A. Laoye, Prinz von Ede (Nigeria) A R O CD 25, Track 28 Aufgaben V 1. Erklären Sie schriftlich den Begriff „Melorhythmus” in einem Satz. 2. Notieren Sie in Stichworten Missverständnisse, die durch einen unangemessenen Gebrauch der „Tonhöhe“ bzw. des Tonfalls im Deutschen sowie in den sogenannten Tonhöhensprachen entstehen können. 57 RAAbits Musik Januar 2008 Musik als Sprache – Sprache als Musik Reihe 6 M 19 Verlauf Material LEK Glossar Infothek S 24 Hörpuzzle Verspottungsszene Klangbeispiel II/B Krzysztof Penderecki: Lukas-Passion. Ziffer 21. Più mosso (Agitato) „Et stabat populus spectans“ CD 25, Track 43–48 ✂ Chöre: Aufgabe Schneiden Sie die Puzzleteile aus und sortieren Sie sie mit Hilfe des Klangbeispiels in die richtige Reihenfolge. T H C Chöre: Chöre: I S N A R O V Chöre im Wechsel: „alios salvos fecit” Schlaginstrumente des Orchesters: Geräuschklänge Sprecher: „Et stabat populus spectans, et deridebant eum principes cum eis dicentes:“ 57 RAAbits Musik Januar 2008 Sämtliche Noten- und Textbeispiele: K. Penderecki: Et stabat populus spectans (aus Passio Et Mors Domini Nostri Jesu Christi Secundum Lucam), Ziffer 21, daraus Abschnitte aus Teil A, B, C. Mit Genehmigung der SCHOTT MUSIC GmbH & Co. KG, Mainz. Musik als Sprache – Sprache als Musik LEK Glossar Infothek Nach: Müller, Karl-Josef: Informationen zu Pendereckis LukasPassion. Frankfurt a. M.: Diesterweg 1973. S. 34. II/B T ICH 57 RAAbits Musik Januar 2008 Der Musikwissenschaftler Karl-Josef Müller bemerkt: „[Bei Penderecki] tritt dem Hörer nackte Brutalität entgegen, die (...) in einer textbezogenen Realistik liegt. (...) Das ist nicht mehr ,Vertonung’ des Textes. Es ist keine Musik mehr, dies ist das Geschehen selbst!“ S 25 CD 25, Track 43–46 Material ANS Krzysztof Penderecki: Lukas-Passion. Ziffer 21. Più mosso (Agitato) „Et stabat populus spectans“ Verlauf Klangbeispiel Verspottungsszene: Analyse und Reflexion Reihe 6 Geweckte Assoziationen, dargestellte Situation M 20 VOR Ausführende und musikalische Mittel II/B S 26 Material CD 25, Track 47/48 Verlauf Krzysztof Penderecki: Lukas-Passion. Ziffer 21. Più mosso (Agitato) „Et stabat populus spectans“ LEK ICH 1. Kleben Sie nach Überprüfen der Lösung die Puzzelteile (M 19) in der gehörten Reihenfolge in die linke Spalte der Tabelle. 3. Nehmen Sie Stellung zu dem Zitat von Karl-Josef Müller. Um Pendereckis Musik zu verstehen, muss der Hörer … Um Bachs Musik zu verstehen, muss der Hörer … Infothek 4. Vervollständigen Sie die beiden folgenden Sätze: Glossar 2. Hören Sie sich das Klangbeispiel weitere Male an und konzentrieren Sie sich nun auf den Ausdruck der Musik. Stellen Sie sich beim Hören das Geschehen der Verspottung Christi am Kreuz bildlich vor. Welche Assoziationen, Situationen oder Vorstellungen werden durch die Musik ausgedrückt bzw. geweckt? Tragen Sie Ihre Ideen in die rechte Tabellenspalte ein. Musik als Sprache – Sprache als Musik Klangbeispiel ANS Aufgaben Geweckte Assoziationen, dargestellte Situation Reihe 6 VOR 57 RAAbits Musik Januar 2008 Ausführende und musikalische Mittel T