Verführen wozu?

Werbung
Brandenburgische Technische Universität Cottbus
Lehrstuhl für Technikphilosophie / Juniorprofessur Medienwissenschaft
Ringvorlesung: Macht der Medien
Werbung als unmoralische
Veranstaltung? –
eine Polemik
Klaus Kornwachs
2
1.
Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
2.
Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
4.
Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
3
1.
Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
2.
Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
4.
Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
4
Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
Π`λεµος = Streit, Kampf, Krieg - Polemik als Stilmittel in der
Philosophie und Politik
Jede Meinungsäußerung in
ist Werbung.
Werben gegen die Werbung
Disput,
Diskussion,
Diskurs
Medien, Öffentlichkeit
Darstellungsmittel, Publikum,
Aufmerksamkeitserzwingung,
Form, Inszenierung, ... alles,
was dazugehört
5
Werbung bedient sich immer eines Mediums
Medium
Reichweite Werbung
Mündliche M.
1-200
Brief
1000
Rede, Vortrag
3-1000
Flugblätter,
Zeitungen
100.000
1-2 Millio
Plakat
1-2 Millio
Geheimtipp, PeerWerbung
Aufdruck, Rand
Werbeveranstaltung
Werbung beim Vortrag
Strasse, Haushalte
Werbeseiten, unabh. von
der Redaktion
Klassische Werbung
Möglichkeit der
Vermeidung
(Escape)
weghören
Annahme
verweigern
Rausgehen
wegwerfen
überblättern
wegsehen
6
Fortsetzung
Bücher
Telefon
SMS
Radio
TV
WWW
Bekleidung
Veranstaltungen
400- 5 Mill. Einschuss (Block)
Cover
50 /Tag
Telefonwerbung
Display
SMS Werbung Display
2 – 300.000 Block oder Sandwich
0-10 Mill. Block
Sandwich
Bandenwerbung (Sport)
Product Placement
x Besucher- Bandenwerbung
zahl
Spams (e-mail)
50 Mill.
Selbstwerbung
Kopf- und
Kragensponsoren
Bis 500.000 Sport, Konzerte
Überblättern
Auflegen
Löschen
Sender wechseln
Zappen
zur Toilette gehen
elektr. Filter
wegsehen ?
löschen
wegsehen ?
Wegbleiben
7
Daddy, wofür
macht der Mond
Reklame ?
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1.
Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
2.
Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
4.
Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
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Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen Verführern
The Hidden Persuaders von I. Packers (1958) (Die geheimen
Verführer: Der Griff nach dem Unbewussten in Jedermann)
Funktion der Werbung:
Beeinflussung der freien Willensentscheidung des
Konsumenten dahin, ein bestimmtes Produkt eines
bestimmten Unternehmens zu erwerben
Zurückhaltung des Konsumenten brechen
Distanz zwischen Wille des Kunden - Wille des Anbieters
mit gebotenen Mitteln zu überwinden
10
Mittel der Werbung
Wahl des Mediums: (s.o.)
Offene Werbung:
Es ist dem Rezipienten klar, dass geworben
wird
Versteckte Werbung: Es soll unklar bleiben, dass geworben wird
Raffinierte Werbung: Ansprechen unbewusster Wünsche und
Ängste, um die Kaufentscheidung zu
beeinflussen
Psychologische Werbung: Ausnutzen des Wissens um die
Mechanismen der menschlichen Psyche
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Marktforschung:
Erkennen von Konsumentenverhalten (post
hoc), Trends, Moden, Vorlieben, Wünschen,
Stilen und Lebensformen (Zeitgeist)
Markterzeugung:
Induzieren von noch nicht existierenden
Konsumwünschen durch Mittel der Werbung
Marketing:
Alle die Verfahren und alle betrieblichen
Maßnahmen, die sich am so genannten
Marktgeschehen orientieren und darauf
ausgerichtet sind, den Absatz zu fördern.
Marktforschung Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik, alle werblichen
Maßnahmen, Imagepflege, Sponsoring, Vertriebspolitik,
Pflege der politischen Landschaft ...
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Verführen:
Jemanden dazu bringen, etwas zu tun,
was man (noch) nicht will und vielleicht
doch (oder noch) will, oder nicht weiß, ob
man es will – Bezug auf unbewusste,
unterbewusste oder neue mögliche
Wünsche
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Verführen:
Jemanden dazu bringen, etwas zu tun,
was man (noch) nicht will und vielleicht
doch (oder noch) will, oder nicht weiß, ob
man es will – Bezug auf unbewusste,
unterbewusste oder neue mögliche
Wünsche
Bloß Theorie?
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„Sie zitieren Sat1-Sprecher Zurstraßen: ‚Die Agenturen haben es
verstanden, uns (die Medien) wie Pawlowsche Hunde auf die
Zielgruppe der 14- bis 49jährigen abzurichten.’
Die ist eine Schuldzuweisung ohne Ursachenforschung. Letztendlich
handeln wir Dienstleister im Sinne der uns anvertrauten Marken
respektive der auftraggebenden Firmen. Und da sind die jüngeren
Zielgruppen aus zwei Gründen interessanter: Denn je früher die
Markenbindung erfolgt, um so langfristiger die Chance, das
Werbeinvestment durch Wiederholungskäufe zu refinanzieren. Und
bedingt durch die zunehmende Austauschbarkeit von Produkteigenschaften sind jüngere für ‚Image-Konzepte’ empfänglicher, weil
sie zwangsläufig unerfahrener sind.“
K. Kastning von der Fa. Scholz& Friends, Hamburg.
Leserzuschrift zu SPIEGEL Nr. 16/1998. Titel: Werbung – die
Flotten Fünfziger. In: Der SPIEGEL 18/1998
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1.
Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
2.
Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
4.
Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
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Verführen wozu?
„Alle Werbemaßnahmen, gleichgültig in welcher Form oder in welchem
Werbeträger sie veröffentlicht werden, sollen als solche klar erkennbar
sein; werden sie in Werbeträgern veröffentlicht, die gleichzeitig
Nachrichten und Meinungen publizieren, sollen sie so gestaltet oder
gekennzeichnet sein, dass sie klar als Werbeeinschaltung erkannt
werden können“.
Art. 11 der Int. Verhaltensregeln für die Werbepraxis
(Int. Handelskammer Paris 1973)
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Offene Verführung: Das Medium des Arrangements
Quengelware an der Kasse – die Erziehungsfalle
psychische und pädagogische Zwickmühle:
Konflikt mit einem Kind im Süßigkeitsalter, aus
dem es kein Entrinnen gibt - an der Kasse
kommt niemand vorbei.
Konflikt durchstehen (heroische Lösung),
Nachgeben – was der Anbieter will
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Die Freiheit der Entscheidung versus Zwangslage = Nötigung
zum Kauf durch:
Arrangement der Ware in anatomisch und physiologisch „richtiger“
Sicht- oder Greifhöhe,
Verstellen des Weges in die Haushaltsabteilung und den
Nahrungsmittelbereich, durch Waren, die vergleichsweise seltener als
der tägliche Bedarf gebraucht werden oder Luxuscharakter haben
Nutzung des Wissens über die meist unbewußten Verhaltensmuster
beim Einkaufen („Willenlosigkeit” oder „Willensoffenheit“)
Der schöne Schein der Ware wird zur menschlichen Schwäche.
Neukontextualisierung sinnlicher Wahrnehmung
19
Versteckte Verführung: Das Arrangement in den Medien
Subliminale Wahrnehmung. Das Zeigen eines Firmenlogos kürzer
als 1/25 - 3 Sekunden in einem Film (verboten)
Produkt-Placement als Industriezweig in Hollywood (Ausstatter)
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Versteckte Verführung: Das Arrangement in den Medien
Subliminale Wahrnehmung. Das Zeigen eines Firmenlogos kürzer
als 1/25 - 3 Sekunden in einem Film (verboten)
Produkt-Placement als Industriezweig in Hollywood (Ausstatter)
variable Kosten
Produkt
Auto
Mode
Food
Softdrinks
Weisse Ware
Braune Ware
Möbel
Toys
Reinigungs-/
Putzmittel
Dörfler (1992, S. 36)
Verleihprämie
*)
32,50
58,50
78,-325,-364,-195,-71,50
65,--
PlazierungsPlazierungsgrundprämie (3s) sekundenprämie
1.950,-650,-1.040,-455,-2.600,-1.170,-3.900,-1.820,-1.40,-845,-1.170,-975,-485,-325,-780,-585,-2.730,-1.300,--
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Erstes moralisches Zwischenergebnis
Diese Täuschungen schränken Freiheit, Zurechnungsfähigkeit und
Wahlmöglichkeit in der Tat ein und lassen - da keiner einem solchen
Arrangement letztlich entkommt – noch nicht einmal die heroische
Lösung zu, nämlich lediglich nur das einzukaufen, was auf dem
Einkaufszettel steht.
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Erstes moralisches Zwischenergebnis
Diese Täuschungen schränken Freiheit, Zurechnungsfähigkeit und
Wahlmöglichkeit in der Tat ein und lassen - da keiner einem solchen
Arrangement letztlich entkommt – noch nicht einmal die heroische
Lösung zu, nämlich lediglich nur das einzukaufen, was auf dem
Einkaufszettel steht.
Wenn uns die Werbung gezielt vergessen macht, daß der Kontext
der Werbung die mehr oder weniger aufdringliche Aufforderung ist,
dieses Produkt zu kaufen, weil dies im wohlverstandenen „legitimen“
Eigeninteresse des Anbieters ist, dann ist dies nicht nur unmoralisch,
sondern es ist in Regel auch gesetzlich mit Sanktionen versehen.
23
Wenn Werbung ein vergleichbares Arrangement darstellt wie die
Quengelware im Kaufhaus,
d. h. wenn sie so verführerisch wird, weil sie auf
psychologische Strukturen aufbaut, die wir nicht zu
durchschauen oder bewußt zu machen in der Lage sind,
dann sind moralische Bedenken wohl angebracht.
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Wenn Werbung ein vergleichbares Arrangement darstellt wie die
Quengelware im Kaufhaus,
d. h. wenn sie so verführerisch wird, weil sie auf
psychologische Strukturen aufbaut, die wir nicht zu
durchschauen oder bewußt zu machen in der Lage sind,
dann sind moralische Bedenken wohl angebracht.
Wenn also unsere Fähigkeit zur Entscheidung über ein Angebot
durch Spekulation auf unbewusste Faktoren, die zu dieser
Entscheidung beitragen können, vermindert wird, dann wird eine der
Vorbedingungen für verantwortliches Handeln verletzt.
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Wenn Werbung ein vergleichbares Arrangement darstellt wie die
Quengelware im Kaufhaus,
d. h. wenn sie so verführerisch wird, weil sie auf
psychologische Strukturen aufbaut, die wir nicht zu
durchschauen oder bewußt zu machen in der Lage sind,
dann sind moralische Bedenken wohl angebracht.
Wenn also unsere Fähigkeit zur Entscheidung über ein Angebot
durch Spekulation auf unbewusste Faktoren, die zu dieser
Entscheidung beitragen können, vermindert wird, dann wird eine der
Vorbedingungen für verantwortliches Handeln verletzt.
Nach dieser Überlegung wirkt das Selbsteingeständnis der Branche,
dass alle Werbung auf menschlichen Schwächen aufbaue, zynisch.
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1.
Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
2.
Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
4.
Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
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Mediale Führung und Ver-Führung
Werbung für Kinder ihrer Zeit – Zeitgemäss
Werbefilm als Jahrmarktattraktion (erstmals 1912 Nivea)
Bereits dort schon: Produkt mit positiver Stimmung in Verbindung
bringen (heute mit Musik, Prominente)
Unterhaltungsfilme als Werbung für Ideologien
Erster TV Spot in BRD 1956 (1 min, 3 Einstellungen, Persil,
Filmstil)
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US Konzept (1936) Unterhaltungsfilme zur Erzeugung eines
Publikums für die eingeschnittenen Werbebotschaften („place
commercials here“)
Privat-TV heute:
•
Serien mit emotionaler Bindung ( hoher
Wiedererkennungswert)
•
TV erzeugte Events (Spiel, Show, Casting, Big Brother)
•
Aktuelles mit Unterbrechungen
•
Sport (immer weniger Sport, immer mehr “drum rum“)
•
Blockbusters („must“)
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Werbestilmittel bei TV Spots:
Kurzer, klarer, einheitlicher systematischer Stil
Prägnanz: Einfachheit, Knappheit, bedeutungsvolle
Profiliertheit, Beschränkung auf das Wesentliche
Prägnante Darstellung: leicht wahrgenommen, invariant von
Umgebungsreizen (geometrische Form, Event (Spot), Slogan)
Fernsehbilder: Kurze Spots (Kosten!), aufs Wesentliche
beschränkt, positionieren auf Vitalität, Erotik, Abenteuer,
Frische (Mineralwasser)
Distanz zur Konkurrenz: zielgruppenadäquat, glaubwürdig
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Kaufentscheidende Dimensionen: (1) Person: Fleck geht nie
raus, (2) aber mit XYZ, (3) Demonstration (4) Person: geht
wirklich weg (Omo, Persil, Ariel)
Markenzeichen: Frosch (Umwelt), einziges Produktsegment
Ganzheit: einheitliche Form der Werbung in Photos, Farbe,
Aufbau, Slogan (Plakat, Anzeigen Logos, Spots etc.)
Orginalität: Wesen der Überraschung, Witz, schöpferische
Distanz, Verfremdung, Stilbruch, Stilvariation, Provokation
(nicht unbedingt Zustimmung) (Humanic, Benetton)
Kontinuität: frühere Spots und heute, Variation der Stile
Produktadäquatheit: Typologie der Akteure und Produkt
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Emotionale Konditinierung: Einstimmung auf das Produkt,
Wiederholungen, Kopplung von Reiz und Wunsch
Positionierung: Zusammenbringen von Produkt, Image und
Leitwerten
Zapping-Vermeidung: Zeitliche Positionierung auf dramaturgische Höhepunkte, vor Nachrichten etc.
Emotionale Stimuli: Familienglück, Erotik, Kindchenschema,
Tiere, Humor, Farbe, Musik, Rhythmen, Angst,
Wiedererkennung: Indikative, Logos, Slogans, Jingels,
Geschichten in Fortsetzung oder neue Witze, erwartete
(running) Gags
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Führung:
Anleitung zu willentlich akzeptierten bewussten Handeln
Der aufgeklärter, mündiger Konsument lässt sich durch
Wissen, das er aus dem Vergleich der Werbinformationen
gewinnen kann, führen.
Verführung:
Anleitung zu de facto akzeptiertem Handeln, dessen Motivation nicht
explizit gemacht werden soll
Der unaufgeklärte, unmündige Konsument lässt sich durch
Informationsmangel zu spontanen Entscheidungen
hinreißen.
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1.
Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
2.
Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
4.
Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
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Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral und
Recht
Verschleierungsversuche der Tatsache, dass es sich um
Werbung handelt, ist so alt wie die Werbung selbst.
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Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral und
Recht
Verschleierungsversuche der Tatsache, dass es sich um
Werbung handelt, ist so alt wie die Werbung selbst.
Der Gesetzgeber geht von der Beeinflussbarkeit des Menschen
aus in einem ihm nicht bewussten Masse
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Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral und
Recht
Verschleierungsversuche der Tatsache, dass es sich um
Werbung handelt, ist so alt wie die Werbung selbst.
Der Gesetzgeber geht von der Beeinflussbarkeit des Menschen
aus in einem ihm nicht bewussten Masse
Rechtliche Regelungen könne schützen, aber die zynische
Grundstimmung des Gewerbes nicht verändern
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Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral und
Recht
Verschleierungsversuche der Tatsache, dass es sich um
Werbung handelt, ist so alt wie die Werbung selbst.
Der Gesetzgeber geht von der Beeinflussbarkeit des Menschen
aus in einem ihm nicht bewussten Masse
Rechtliche Regelungen könne schützen, aber die zynische
Grundstimmung des Gewerbes nicht verändern
Wer medial etwas anbietet, hat Interessen – wer nichts will, hat
das Recht, in Ruhe gelassen zu werden.
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1.
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2.
Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
4.
Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
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Haben wir die Werbung, die wir wollen? Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
Ethische Frage nach der Werbung:
•
Sofern Werbung (in einem sehr weiten Sinne auch die wohl
zwangsläufig interessenorientierte Herstellung von Publicity)
ihren Interessenhintergrund (also den intentionalen
Handlungscharakter) durch bewußte Manipulation des
Wahrnehmungskontextes (sei dies durch Ausnutzung von
bestehenden Strukturen oder Schaffung neuer) zu verbergen
vermag, beeinflußt sie die Vorbedingungen unseres
verantwortlichen Handelns.
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Prinzip der Bedingungserhaltung:
Handle so, dass die Bedingungen zur Möglichkeit des
verantworlichen Handelns für alle Betroffenen erhalten bleiben.
Freiheit der Handlungen
Bewußtsein der eigenen Handlungsmotive
Autonomie des Individuums (freier Wille)
Subjekt, Objekt und Instanz der Verantwortung
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•
Sofern Werbung (in einem sehr weiten Sinne auch die wohl
zwangsläufig interessenorientierte Herstellung von Publicity)
ihren Interessenhintergrund (also den intentionalen
Handlungscharakter) durch bewußte Manipulation des
Wahrnehmungskontextes (sei dies durch Ausnutzung von
bestehenden Strukturen oder Schaffung neuer) zu verbergen
vermag, beeinflußt sie die Vorbedingungen unseres
verantwortlichen Handelns.
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•
Sofern Werbung (in einem sehr weiten Sinne auch die wohl
zwangsläufig interessenorientierte Herstellung von Publicity)
ihren Interessenhintergrund (also den intentionalen
Handlungscharakter) durch bewußte Manipulation des
Wahrnehmungskontextes (sei dies durch Ausnutzung von
bestehenden Strukturen oder Schaffung neuer) zu verbergen
vermag, beeinflußt sie die Vorbedingungen unseres
verantwortlichen Handelns.
•
Sie verletzt das Prinzip der Bedingungserhaltung auch
dadurch, wenn sie die paradoxe Struktur medialer Rezeption
bewußt ausnutzt, um bewußt und unbewußt wahrgenommen
zu werden.
43
Die Bewertung, die diese Wahrnehmung findet, ist für die
Protagonisten meist sekundär – besser eine schlechte Meinung über
einen Politiker oder ein Produkt als gar keine Meinung (MöllemannEffekt).
44
Die Bewertung, die diese Wahrnehmung findet, ist für die
Protagonisten meist sekundär – besser eine schlechte Meinung über
einen Politiker oder ein Produkt als gar keine Meinung (MöllemannEffekt).
•
Werbung und Marketing verletzen dieses Prinzip auch dann,
wenn sie diese paradoxe Situation medialer Rezeption durch
die Instrumentalisierung von Information (Infotainment),
Unterhaltung
(werbegerechte
Dramaturgie)
und
Kommunkation von Gefühlen zur Erzeugung eines Werbung
rezipierenden Publikums überhaupt erst erzeugt.
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Hypothese:
•
Gewisse Formen von Werbung für Produkte oder
Dienstleistungen können unmoralisch sein, wenn sie das
Prinzip der Erhaltung der Bedingungen für die
Möglichkeit verantwortlichen Handelns verletzen.
Dieses Prinzip beinhaltet, dass das eigene Verhalten andere Menschen nicht
in eine Situation bringen soll, in denen sie selbst nicht mehr
verantwortungsvoll handeln können.
46
Strukturelle Moralität:
Insbesondere darf man nicht durch den Aufbau von Strukturen,
Organisationen, Institutionen, zumindest nicht wissentlich Menschen in die Lage bringen, in denen sie allfällige Entscheidungen
nur unter Erleiden von moralischen Zwängen, Dilemmata,
Normenkonflikten und dergleichen durchführen können.
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Strukturelle Moralität:
Insbesondere darf man nicht durch den Aufbau von Strukturen,
Organisationen, Institutionen, zumindest nicht wissentlich Menschen in die Lage bringen, in denen sie allfällige Entscheidungen
nur unter Erleiden von moralischen Zwängen, Dilemmata,
Normenkonflikten und dergleichen durchführen können.
Nichtheroische Lösung:
Dabei gehe man davon aus, daß eine Lösung eines ethischen
Konfliktes nur unter Zuhilfenahme einer außergewöhnlichen
ethischen Leistung (sog. heroische Lösung) nicht das ist, was man
von einem durchschnittlichen Menschen in der Regel wird verlangen
können – Das wäre eine Überforderung des Menschen
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Literatur:
Dörfler, Gabriela: Product Placement im Fernsehen –unlautere Werbung
oder denkbare Finanzierungsquelle im dualen Rundfunksystem. Peter Lang,
Frankfurt a. M. 1992
Könches, Barbara: Ethik und Ästhetik der Werbung – Phänomenologie
eines Skandals. Peter Lang, Frankfurt a.M. 2002
Schweiger, G., Schrattenecker, G.: Werbung im Fernsehen. Gustav
Fischer, Wien 1994
Kornwachs, Klaus: Das Prinzip der Bedingungserhaltung – eine ethische
Studie. Lit Verlag, Münster 2000
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Wer gegen Werbung wettert, wirbt ....
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Das Märchen und die Wahrheit von den geheimen
Verführern
3.
Verführen wozu?
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Mediale Führung und Ver-Führung
5.
Warum es so viele rechtliche Regelungen gibt – Moral
und Recht
6.
Haben wir die Werbung, die wir wollen? – Wollen wir die
Werbung, die wir haben?
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