II Integralrechnung II.1. Flächeninhalt und bestimmte Integrale

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7.1
II Integralrechnung
II.1. Flächeninhalt und
bestimmte Integrale
Der Flächeninhalt spielt in der
Definition vieler physikalischer
Grössen, aber auch im Alltag, eine
wichtige Rolle. Z.B. ist Druck als
Kraft pro Fläche definiert und
Materialverbrauch wird oft mithilfe
des Flächeninhalts abgeschätzt.
Die Integralrechnung wurde unter
anderem zur Ermittlung von
Flächeninhalten entwickelt.
Flächeninhalt
7.2
Sei f eine nicht negative Funktion.
f(x)>0
A
a
b
Was ist der Flächeninhalt A
zwischen der x-Achse und der
Kurve y=f(x) im Intervall a<x<b?
Berechnung des Flächeninhalts
à la Riemann:
7.3
Bernhard Riemann
1826-1866
deutscher Mathematiker
Zerlege das Flächenstück durch
vertikale Schnitte in n Streifen
gleicher Breite
= b-a
.
n
a
b
7.4
Ersetze jeden Streifen S i durch
einerseits das kleinste Rechteck T i
das den Streifen enthält
andererseits das grösste Rechteck
Ri das im Streifen enthalten ist.
Ri
Si
Ti
Flächeninhalt: R i < S i < Ti
Seien
7.5
On = Summe der Rechtecksflächen
Obersumme
T1,...,Tn
Un = Summe der Rechtecksflächen
R 1,...,R n
Untersumme
Un
a
< A < On
b
7.6
Mit zunehmender Verfeinerung der
Zerlegung nehmen die Untersummen
zu, die Obersummen jedoch ab.
Def Die Funktion f(x) heisst
(Riemann-)integrierbar, wenn
lim U n = lim O n.
n
n
Dieser Grenzwert
ist dann der Flächeninhalt A.
b
Def
A =
a
f(x) dx
heisst bestimmtes Integral der
positiven Funktion f(x) zwischen
den Grenzen von x=a bis x=b.
7.7
zwei
Obersummen
zwei
Untersummen
Es spielt keine Rolle ob die vertikalen
Schnitte die gleiche Breite haben
oder nicht.
Zusammenfassung
7.8
Der Flächeninhalt des Gebiets unter
dem Graphen einer positiven Funktion
lässt sich durch endliche Summen
annähern. Zuerst zerlegen wir das
Intervall in Teilintervalle und
behandeln die dazugehörige Funktion
f so, als wäre sie über jedem
einzelnen Teilintervall konstant.
Dann multiplizieren wir die Breite
jedes Teilintervalls mit dem Wert von
f an einer Stelle des Teilintervalls
und addieren diese Produkte. Die von
uns betrachteten Näherungen durch
endliche Summen verbessern sich
durch Verwendung von immer mehr
und immer schmaleren Teilintervallen.
7.9
Integration einer negativen Fkt
Def Das bestimmte Integral einer
negativen Funktion f(x) zwischen
den Grenzen von x=a bis x=b ist:
b
f(x) dx = -A
a
a
b
A
A>0
7.10
Für allgemeine Funktionen
ist das Integral durch die
folgende Eigenschaft definiert:
b
f(x) dx =
c
a
b
f(x) dx
f(x) dx +
c
a
wenn a<c<b
[a,b]=[a,c]U[c,b]
b
c
"Intervall-Additivität"
a
7.11
a
+
-
c1
c2
+
b
b
f(x) dx =
a
c1
f(x) dx +
a
+
Flächeninhalt
c2
f(x) dx +
c1
Flächeninhalt
b
f(x) dx
c2
+
Flächeninhalt
7.12
Konvergenz der Obersummen
und der Untersummen
Integrierbarkeit
7.13
Satz von Riemann
Ist f(x) auf [a,b] stetig, dann
ist f(x) auf [a,b] integrierbar.
Ist f(x) auf [a,b] beschränkt
und hat f(x) auf [a,b] endlich
viele Unstetigkeitsstellen, dann
ist f(x) auf [a,b] integrierbar.
a
Unstetigkeitsstellen
(oder Sprungstellen)
b
Zusammenfassung
7.14
Das Integral von f von a bis b
ist ein bestimmtes Integral.
obere Grenze
Integralzeichen
b
a
untere Grenze
Integrationsvariable
f(x) dx
Integrand
(Symbol)
Die Integralgrenzen a und b sind Zahlen
und der Wert des Integrals ist eine Zahl.
Das unbestimmte Integral von
f ist die Menge aller
Stammfunktionen von f.
7.15
II Integralrechnung
II.2. Integrationsrechenregeln und -eigenschaften,
Mittelwerte
In der Praxis werden Integrale
mittels Rechenregeln und eines
Hauptsatzes bestimmt.
Der Mittelwert von n Zahlen ist
ihre Summe, geteilt durch n.
Analog ist der Mittelwert einer Fkt
f auf [a,b] das Integral von f von
a bis b, geteilt durch die Länge des
Intervalls, b-a.
7.16
Integrationsrechenregeln
a) Faktorregel (k reelle Zahl)
b
b
k f(x) dx = k
a
a
f(x) dx
b) Summenregel
b
b
b
(f(x)+g(x))dx = f(x)dx + g(x)dx
a
a
a
Alles zusammen: Linearität
b
a
( k f(x) + g(x) ) dx =
= k
b
a
f(x) dx +
b
a
g(x) dx
7.17
Integrationsrechenregeln
"Intervall-Additivität"
b
a
f(x) dx =
c
=
a
f(x) dx +
b
c
f(x) dx
Vertauschungsregel oder
"Rückwärtsintegration"
b
a
f(x) dx = -
a
b
f(x) dx
Integrationseigenschaft
7.18
Ist g(x)<f(x) auf einem Intervall
[a,b], so gilt
b
a
g(x) dx
<
b
a
f(x) dx.
Der Flächeninhalt zwischen der
Kurve y=g(x) und der Kurve y=f(x)
im Intervall [a,b], wobei g(x)<f(x)
ist
b
(f(x)-g(x)) dx.
a
y=f(x)
y=g(x)
7.19
Mittelwertsatz der Integralrechnung
Ist f(x) auf [a,b] stetig, dann gibt
es c zwischen a und b mit
b
f(x) dx = f(c) (b-a)
a
Flächeninhalt des
roten Rechtecks
f(c)
a
c
b
Anwendung der Integration: Mittelwerte
7.20
Der lineare Mittelwert einer
Funktion im Intervall [a,b] ist
1
b-a
flinear =
b
a
f(x) dx
y=f(x)
flinear
a
b
Der quadratische Mittelwert einer
Funktion f(x) im Intervall [a,b] ist
fquadratisch =
b
1
[f(x)]²dx
b-a a
7.21
II Integralrechnung
II.3. Hauptsatz der
Differential- und
Integralrechnung
Der Hauptsatz der Differential- und
Integralrechnung (HDI), auch bekannt
als Fundamentalsatz der Analysis,
sagt aus, dass Ableiten bzw.
Integrieren jeweils die Umkehrung
des anderen ist.
Der Satz besteht aus zwei Teilen.
Der zweite ermöglicht die Bestimmung
eines Integrals.
Wie berechnet man Integrale?
7.22
Mittels des Hauptsatzes der
Differential- und Integralrechnung HDI (Mathematik I).
Bestimmung einer Stammfunktion
Wenn Integration in
geschlossener Form nicht
möglich ist (eine Stammfunktion
in Form von elementaren
Funktionen nicht existiert),
benutzt man numerische
Methoden.
AW
*
7.23
Numerische Integrationsmethoden
benutzen auch andere Formen:
Trapezformel
Ersetze jeden Streifen durch ein
Trapez, d.h., ersetze den dortigen
Kurvenbogen durch die Sehnen.
Für grosse n ist die Summe aller
Trapezflächen eine gute Näherung
für das Integral.
a
b
Simpsonsche Formel
Statt der geradlinigen Berandung der
Streifen durch die Sehne, benutze
eine krummlinige obere Begrenzung
der einzelnen Flächenstreifen durch
parabelförmige Randkurven.
7.24
n parabelförmige
Randkurven
a
b
Konvergenzrate:
Riemann < Trapez < Simpson
Monte Carlo Integration
7.25
Wenn der Integrand kompliziert ist,
betrachte den Mittelwert von f(x) an
n zufälligen Stellen zwischen a und b.
n zufällige Stellen
a x1
Für grosse n ist
1
(b-a) n
Intervall-Länge
xk
n
xn b
f(xk )
k=1
Mittelwert
eine gute Näherung für das Integral.
AW=Allgemeinwissen & nicht Gegenstand der Prüfung.
7.26
HDI
Hauptsatz der Differentialund Integralrechnung (oder
Fundamentalsatz der Analysis)
1. Teil
Sei f(x) stetig.
x
Dann ist F(x) = f(t) dt
a
differenzierbar und
F'(x) = f(x).
D.h.
F(x) =
x
a
f(t) dt
ist eine Stammfunktion von f.
Das Integral als Stammfkt
7.27
f(t)
a
x0 x
t
variabel
F(x) =
x
f(t) dt
Die Funktion
a
ist eine Stammfunktion von f(x).
Der Integralwert F(x) ist eine Funktion
der oberen unbestimmten Grenze.
HDI-2.Teil
7.28
b
a
f(x) dx = G(b) - G(a)
wobei G eine beliebige
Stammfunktion von f ist.
b
Notation: [ G(x)] = G(b)-G(a)
a
b
oder
G(x)
a
= G(b)-G(a)
verkürzte Schreibweisen für die Differenz
der Stammfunktionswerte an der
oberen und unteren Integrationsgrenze
Der 2. Teil des HDI ist am wichtigsten
für die Integration in Mathe I.
Bsp
Bsp
7.29
1
1
(4x³-5) dx = [x⁴-5x]
0
0
= -4.
Statt x⁴-5x, als
Stammfkt könnten wir
auch x⁴-5x+33 nehmen.
1
0
1
sin(x) dx = [-cos(x)]
0
= -cos(1)+1
weil -cos ein Stammfkt
von sin ist.
Dummer aber wichtiger Fall
7.30
Die allgemeine Stammfkt der
Nullfunktion ist eine Konstante:
0 dx = Konst.
Aber ein bestimmtes Integral
der Nullfkt verschwindet immer:
b
a
0 dx = 0
immer!
Zwei alternative Gründe dazu:
Nullflächeninhalt!
(geometrisch)
(analystisch)
b
a
b
b
0 dx = [K]a = K - K = 0.
a
Konst!
Wieso gilt der HDI?
7.31
HDI-1.Teil
Wieso ist F(x) =
x
a
f(t) dt diff?
Betrachte die Def der Ableitung:
F(x+h)-F(x)
lim
h
h 0
x+h
x
1
= lim
f(t)dt - f(t)dt
h 0 h
a
a
=
lim
h
0
1
h
x+h
x
f(t) dt
= f(c), für ein c zwischen x & x+h
(Mittelwertsatz der Integralrech.)
=
lim f(c) = f(x).
h
0
7.32
HDI-2.Teil
Betrachte zuerst die Stammfkt
x
F(x) = f(t) dt von f(x).
a
Dann gilt
F(b)-F(a) =
b
a
f(t)dt -
a
a
f(t)dt.
0
Eine beliebige Stammfkt G(x) von
f(x) erfüllt G(x) = F(x) + k,
wobei k eine Konstante ist.
Dann gilt
G(b)-G(a) = (F(b)+k) - (F(a)+k)
b
= F(b)-F(a) = f(t)dt.
a
8.1
II Integralrechnung
II.4. Integration durch
Substitution
Die Integration durch Substitution
ist eine wichtige Methode, um
Stammfunktionen und bestimmte
Integrale zu berechnen.
Die Grundlage dieser Methode ist
die Kettenregel aus der
Differentialrechnung.
Zur Erinnerung:
8.2
Hauptsatz HDI
Sei f eine stetige Funktion auf [a,b].
1.
F(x) =
x
f(t) dt ist
a
differenzierbar und F'(x)=f(x).
x
D.h. F(x) = f(t) dt
a
ist eine Stammfunktion von f.
2.
b
f(x) dx = G(b) - G(a)
b
a
man schreibt [G(x)]
a
wobei G eine beliebige
Stammfunktion von f ist.
Integralberechnung
8.3
Der zweite Teil des HDIs erklärt,
wie Integrale berechnet werden
können:
1. Wir wählen eine beliebige
Stammfkt G des Integrands f.
2. Das Integral ist dann gleich
b
a
f(x) dx = G(b) - G(a).
Damit wird die Berechnung von
Integralen auf die Bestimmung
einer Stammfkt zurückgeführt.
Substitutionsmethode zur
Berechnung eines Integrals
8.4
("die Kettenregel rückwärts")
Sei F eine Stammfunktion von f und
sei u eine stetige Funktion.
Es folgt aus der Kettenregel, dass
F(u(x)) eine Stammfunktion von
f(u(x)) u'(x) ist.
Durch Einführung der neuen
Integrationsvariablen u lässt sich
ein Teil des Integranden ersetzen,
f(u(x)) u'(x) dx
f(u) du
und so letztlich auf ein bekanntes
oder einfacher handhabbares
Integral zurück führen.
8.5
Die Substitutionsregel:
b
a
f(u(x)) u'(x) dx =
Beweis
HDI
u(b)
u(a)
f(u) du
b
b
f(u(x)) u'(x) dx = [F(u(x)] a
a
= F(u(b))-F(u(a)) = [F(u)] u(b)
u(a)
u(b)
=
u(a)
f(u) du
Mnemonik:
f(u(x)) u'(x) dx =
du=u'(x)dx
weil u'(x)= du
dx
f(u) du
Bsp
1
0
e
-x⁴+6x²+7
8.6
(-4x³+12x) dx
-x⁴+6x²+7
=
e
=e
12
0
-
7
e
.
Kettenregel:
u(x)
d
e
dx
1
= e
u(x)
u'(x)
Alternative Sichtweise:
Sei u(x)=-x⁴+6x²+7.
u'(x)=-4x³+12x.
Nach der Substitutionsregel ist
1
0
e
u(x)
=
u(1)
u'(x) dx =
e
u
12
7
= e
u(0)
12
e u du
7
-e .
8.7
Falls u umkehrbar ist, betrachten
wir u=u(x) und x=x(u) als zwei
auswechselbare Variablen.
Bsp u = 2x+3
u(x)
Bsp u = e
x =
x
1
2
(u-3)
x(u)
x = ln u
Die frühere Substitutionsregel
mit vertauschten Variablen ist:
u(B)
B
f(x) dx =
A
B
Bsp
f(x(u)) x'(u) du
u(A)
f(x) dx =
A
eB
1
f( ln u) u du
eA
8.8
Gewisse Integrale lassen sich mit
Standard-Substitutionen lösen.
Z.B. falls der Integrand f(x) eine
Wurzel von den folgenden Typen
enthält, sind die folgenden
Standard-Substitutionen hilfreich:
a²-x²
x = a sin u
x²+a²
x = a sinh u
x²-a²
x = a cosh u
2
2
Bsp
4-x²dx = 4-4sin²u 2cos u du
0 x = 2 sin u 0 2 cos u
=
2
2
4 cos²u du = 2u+sin(2u) =
0
0
.
8.9
II Integralrechnung
II.5. Uneigentliche
Integrale
Der Begriff "uneigentliches Integral"
ermöglicht, Funktionen auf
unbeschränkten Integrationsintervallen
zu integrieren oder Funktionen zu
integrieren, die Singularitäten
aufweisen und deshalb im eigentlichen
Sinn nicht integrierbar sind.
Uneigentliche Integrale können also
als Erweiterung des (Riemann-)
Integrals verstanden werden.
Uneigentliche Integrale
8.10
Typ 1: Unendliches
Integrationsintervall
a
a
f(x) dx
oder
a
a
f(x) dx
f(x) dx
oder
8.11
Def
a
f(x) dx = lim
B
B
f(x) dx
a
Voraussetzungen:
B
a
f(x) dx existiert
ist eine Funktion der oberen Grenze B
der Grenzwert existiert
es heisst "konvergentes Integral"
Def
b
f(x) dx = lim
A
b
A
f(x) dx
mit ähnlichen Voraussetzungen.
8.12
Def
f(x) dx =
c
= lim
A
f(x) dx + lim
B
A
B
c
f(x) dx
wähle c
Voraussetzungen:
c
B
beide Integrale ... und ... und
A
c
beide Grenzwerte lim.. und lim..
A
B
müssen existieren.
y=f(x)
c
x
8.13
Typ 2: Integrand mit einem
Pol (=Unendlichkeitstelle)
b
a
f(x) dx
wobei
f(x) einen Pol hat:
bei der unteren Grenze a
oder
bei der oberen Grenze b
oder
bei c zwischen a und b.
a
c
b
8.14
Falls der Integrand einen Pol
bei der unteren Grenze hat:
Def
b
b
a
f(x) dx = lim
0
f(x) dx
a+
Voraussetzungen:
b
f(x) dx existiert
a+
ist eine Funktion von
der Grenzwert existiert
es heisst "konvergentes Integral"
8.15
Falls der Integrand einen Pol
bei der oberen Grenze hat:
Def
b-
b
a
f(x) dx = lim
0
a
f(x) dx
mit ähnlichen Voraussetzungen.
Falls der Integrand einen Pol
bei c zwischen a und b hat:
Def
b
a
f(x) dx =
= lim
0
c-
a
f(x) dx + lim
0
b
f(x) dx
c-
Beide Integrale und Grenzwerte
müssen existieren.
Bsp
8.16
1
hat einen Pol bei x=1.
1-x
1
0
1
1-x
= lim
HDI
dx
0
1-
1
1-x
0
= lim
-2 1-x
= lim
-2
0
0
= 2 .
dx
+ 2
10
9.1
II Integralrechnung
II.6. Partielle
Integration
Die partielle Integration, auch
Produktintegration genannt, ist eine
Methode zur Berechnung bestimmter
Integrale und zur Bestimmung von
Stammfunktionen.
Die Grundlage dieser Methode ist
die Produktregel aus der
Differentialrechnung.
9.2
Partielle Integration (PI)
oder Produktintegration
Aus der Produktregel für Ableitungen
( f(x)g(x) )' = f'(x)g(x) + f(x)g'(x)
folgt
kurz: ( f g )' = f'g + f g'
(f(x)g(x))'dx = f'(x)g(x) dx+ f(x)g'(x) dx
oder
f(x)g'(x)dx = f(x)g(x) - f'(x)g(x)dx
Für ein bestimmtes Integral:
b
f(x)g'(x)dx =
a
b
b
[f(x)g(x)] - f'(x)g(x)dx
a a
9.3
Bsp
x
x
x
x e dx = x e - 1 e dx
f
g'
f' g
g
f
x
x
= x e - e + C
beliebige reelle Konst.
Bsp
ln x dx = (ln x) x f
g'=1
f
g
1
x
x dx
f' g
= x ln x - x + C
beliebige reelle Konst.
Der Schlüsselpunkt bei der P.I.
ist die Funktionen geeignet zu
wählen, die die Rollen von f und
g übernehmen.
e
Bsp
1
9.4
cos(ln x) dx
1
=
u
cos(u) e du = ...
0
Substitution u = ln x
x = eu
d.h.
Bestimmung einer Stammfkt von
cos(u) e u durch partielle Integration:
u
cos(u) e du =
f
P.I.
P.I.
g'
= cos(u) e u
g
f
-
(-sin u) e u du
f'
g
= cos(u) eu +[ sin(u) e u - cos(u) e u du ]
Es folgt, dass
2 cos(u) eu du = e u [cos(u)+sin(u)] + C
... =
=
e
2
1
2
u
1
e [cos(u)+sin(u)] 0
1
(cos 1 + sin 1) - .
9.5
II Integralrechnung
II.7. Integration einer
gebrochen rationalen
Funktion durch
Partialbruchzerlegung
Die Partialbruchzerlegung (PBZ) ist
eine standardisierte Darstellung
rationaler Funktionen als Summe von
Polynomfkt'en und Brüchen der Form
Konst/(x-c) k. Insbesondere kommt
die PBZ bei der Integration von
rationalen Funktionen zur Anwendung.
9.6
Partialbruchzerlegung
= Darstellung einer rationalen Fkt
n
n-1
m
m-1
an x +an-1x +...+a 2x²+a 1x+a 0
bmx +bm-1x +...+b2 x²+b1 x+b0
Quotient
zweier
Polynome
als Summe einer Polynomfkt q(x)
1
und Brüchen der Form (x-x ) k ,
i
wobei die x i die Polstellen * sind,
um die Rechnung (insbesondere
die Integration) mit solchen
Funktionen zu erleichtern.
* Die Polstellen einer rationalen Fkt
sind die Nullstellen des Nenners.
Bsp
1
0
x³-x²+4
dx
x²-4
9.7
1. Dividiere die Polynome,
um q(x) zu bestimmen.
(x³ -x² +4) : (x²-4) = x-1
-(x³
-4x )
-x²+4x+4
-(-x²
+4)
4x
Also
x³-x²+4 = x-1 + 4x
x²-4
x²-4
q(x)
9.8
2. Bestimme die Polstellen x i ,
d.h. die Nullstellen des Nenners.
x²-4 = 0 <=> x = 2
3. Löse ein lineares System,
um die Zähler der Brüche
1
zu
bestimmen.
k
(x-x )
i
4x
x²-4
A
x-2
B
x+2
<=> 4x = A(x+2) + B(x-2)
<=>
setze die Koeff.
von x und die
Konst. gleich
4 = A + B
lineares System
0 = 2A-2B
<=> A = B = 2
9.9
Fazit:
x³-x²+4 = x - 1 + 2 + 2
x-2
x²-4
x+2
4. Integriere.
x³-x²+4 dx =
x²-4
1
=2
=
x²-x+2ln|x-2| +2ln|x+2| +K
1
2
x² - x + ln (x²-4)² + K
Eigenschaften
des Logarithmus
(K beliebig reell)
9.10
Rückschluss:
1
0
x³-x²+4
dx
x²-4
1
=
0
1
2
=
=
1
2
= -
2
2
x - 1 +
+
dx
x-2
x+2
x²-x + ln (x²-4)²
0
- 1 + ln 9 - ln 16
1
2
1
+ ln
9
16
9.11
Zur Erinnerung:
1
dx
=
ln
|x-x
|
+
K
0
x-x 0
1
1
dx = - x-x + K
(x-x 0)²
0
1
2
1
dx = + K
(x-x 0)³
(x-x 0)²
1
n-1
1
+
K
n dx = (x-x 0)
(x-x 0)n-1
In diesem Kurs betrachten wir nur
die drei folgenden Typen von Polstellen:
9.12
zwei verschiedene, einfache,
reelle Polstellen x 1 und x 2
ax+b
A
B
= x-x + x-x
(x-x 1)(x-x 2)
1
2
ein doppelter reeller Pol x 1
ax+b = A
B
+
x-x 1
(x-x 1)²
(x-x1)²
ein einfacher reeller Pol x1 und
ein doppelter reeller Pol x 2
ax²+bx+c =
(x-x 1)(x-x 2)²
B
A
C
= x-x + x-x +
(x-x 2)²
1
2
10.1
II Integralrechnung
II.8. Komplexe Zahlen,
Grundrechenarten
Die komplexen Zahlen erweitern den
reellen Zahlenbereich derart, dass die
Gleichung x²+1=0 lösbar wird. Dies
gelingt durch Einführung einer neuen
Zahl i mit der Eigenschaft i²=−1.
Beliebige komplexe Zahlen können in der
Form a+bi dargestellt werden, wobei a
und b reelle Zahlen sind. Dann lassen
sich die üblichen Rechenregeln für reelle
Zahlen auf die komplexe Zahlen
anwenden, wobei i² stets durch −1
ersetzt werden kann und umgekehrt.
10.2
Komplexe Zahlen
Wir erweitern den reellen Zahlenbereich,
um Polynomialgleichungen lösen zu können.
Wir führen eine neue Zahl ein:
die imaginäre Einheit i
mit der Eigenschaft i² = -1.
C = { x+iy | x,y
Komplexe
(oder Gauss-sche)
Zahlenebene
y
R, i²=-1 }
z=x+iy
x
10.3
z = x + i y
Realteil
Imaginärteil
eine komplexe Zahl
Re(z) = x
Im(z) = y
Der Imaginärteil ist reell !!!
Zwei komplexe Zahlen sind genau
dann gleich, wenn ihre Real- und
Imaginärteile gleich sind.
Falls Im(z)=0, heisst z =x+i0=x
eine reelle Zahl.
Falls Re(z)=0, heisst z =0+iy=iy
eine imaginäre Zahl.
Sei
z = x + i y
10.4
imaginäre Achse
z1
y
z
x
z1
-y
z = x - i y
reelle
Achse
z
heisst die
zu z komplex
konjugierte Zahl
z & z sind spiegelsymmetrisch
zur reellen Achse
10.5
Grundrechenarten: + -
:
mit den gleichen Eigenschaften
wie bei den reellen Zahlen
Seien
z 1 = x 1 + i y1
z 2 = x 2 + i y2
Addition und Subtraktion
erfolgen komponentenweise:
z 1 + z 2 = (x 1+x2 ) + i (y1 +y2 )
z 1 - z 2 = (x 1-x2 ) + i (y1 -y2 )
10.6
Multiplikation erfolgt durch
Ausmultiplizieren unter
Beachtung des Axioms i²=-1
z 1 z 2 = (x1 +iy1 ) (x2 +iy2 )
= x1 x2+x1 iy2 +iy1 x2 +iy1 iy2
i²y1 y2 =-y y2
1
= (x1 x2 -y1 y2 )+i(x1 y2 +y1 x2 )
Bmk z z = (x+iy)(x-iy)=...=x²+y²
= (Abstand zwischen z und 0)²
y
z
x
Pythagoras:
(Länge)²=x²+y²
10.7
Der Betrag der komplexen Zahl z
ist der Abstand zwischen z und 0:
|z| =
z z =
x²+y²
Der Kehrwert der Zahl z ist
x-iy
1
z
=
=
x²+y²
z
|z|²
z
da z
=1
|z|²
Division erfolgt durch Multiplikation
mit dem Kehrwert des Nenners:
z1
= z1
z2
z1 z2
1
=
z2
|z2|²
Bsp i (2+3i) = 2i + 3i²
= -3 + 2i
10.8
Bsp i (-i) = -(i²) = -(-1) = 1
1
und damit ist i = -i
Bsp (1+2i) (3-4i) = 3-4i+6i+8
= 11 + 2i
Bsp
1+2i
3-4i
=
(1+2i)(3+4i)
3²+(-4)²
=
1
25
= -
=
(3+4i+6i-8)
1
+
2
i
10.9
II Integralrechnung
II.9. Fundamentalsatz
der Algebra
Der Fundamentalsatz der Algebra
besagt, dass jedes nicht konstante
Polynom im Bereich der komplexen
Zahlen mindestens eine Nullstelle
besitzt. Zum Beispiel besitzt das
Polynom x²+1 zwei komplexe
Nullstellen (und keine reelle).
Der Fundamentalsatz der Algebra ist
eine der am öftesten verwendeten
Eigenschaften der komplexen Zahlen.
10.10
Fundamentalsatz der Algebra
(Gauss, 1799)
Jedes nicht konstante Polynom n-ten Grades
P(z) = a n z n + a n-1z n-1+...+ a 1z + a 0
mit Koeffizienten a n,a n-1,...,a 1,a 0 reelle
oder komplexe Zahlen (a n = 0) zerfällt
komplett in ein Produkt aus Linearfaktoren
P(z) = a n (z-z 1)(z-z 2)...(z-z n-1)(z-z n)
z 1 ,z 2 ,...,z n-1 ,z n sind die
Nullstellen des Polynoms, sind reelle
oder komplexe Zahlen und sind
nicht notwendigerweise verschieden.
Bsp p(z) = 2z⁴ + 10z² + 8
= 2 (z²+1) (z²+4)
besitzt 4 Nullstellen:
i, -i, 2i, -2i
10.11
sind vier einfache Nullstellen
Bsp p(z) = z⁵+2z⁴+6z³-18z²+13z
=z(z-1)²(z+2-3i)(z+2+3i)
besitzt 5 Nullstellen:
0, 1, 1, -2+3i, -2-3i
wobei mehrfache Nullstellen
entsprechend oft gezählt werden
Bsp p(z) = i z³ = i z z z
besitzt 3 Nullstellen: 0,0,0.
0 ist eine dreifache Nullstelle
Bsp p(z) = az² + bz + c besitzt
-b
b²-4ac
2 Nullstellen:
.
2a
10.12
Bmk Bei reellen Polynomen treten
komplexe Nullstellen immer
als Paare zueinander
komplex konjugierter Zahlen
auf.
Wieso?
Sei z eine Nullstelle des
Polynoms ax² + bx + c.
D.h. az² + bz + c = 0.
Da a, b, c reell sind, zeigt
die konjugierte Gleichung
az² + bz + c = 0,
dass z auch eine Lösung ist.
11.1
II Integralrechnung
II.10. Die Euler-Formel
Eigenschaften der komplexen Zahlen
haben sich in vielen Anwendungen als
äusserst nützlich erwiesen.
Insbesondere wird der Zusammenhang
zwischen trigonometrischen Funktionen
und der Exponentialfunktion oft
benutzt, der über die komplexen
Zahlen hergestellt werden kann und
der aus der Eulerschen Formel
entstanden ist.
Darstellungsformen
einer komplexen Zahl
11.2
Normalform (oder kartesische Form)
z=x+iy
y
x
x,y sind kartesische Koordinaten
Polarformen
trigonometrische Form
Exponentialform
r
J
z
r und J sind Polarkoordinaten
11.3
Polarkoordinaten
y
x = r cos J
y = r sin J
r
J
x
r=
x²+y²
= Abstand zwischen (x,y) & (0,0)
tan J
J = ...
y
x
= Drehung im Bogenmass von der
positiven x-Achse ausgehend im
Gegenuhrzeigersinn (positiven Sinn)
r
0
0
J
2p
11.4
Polarformen einer komplexen Zahl z
Trigonometrische Darstellung:
z = x + iy = r cos J + i r sinJ
= r (cosJ + i sinJ )
wobei
r = |z|
Betrag von z
J = arg(z)
Argument von z
(oder Winkel oder Phase) heissen
Hier ist
r
0 und
0
J 2p
der Hauptwert des Arguments liegt zwischen 0 und 2 p
Exponentialform:
Eulersche Formel
iJ
e = cosJ+ i sinJ
z = x + iy = r (cos J+ i sin J) = r e
iJ
11.5
Die Eulersche Formel lässt sich aus
den Taylorschen Reihenentwicklungen
der Funktionen e x, sin x und cos x
herleiten:
ex
1 xn
=
n=0 n!
e iz =
1 (iz) n
n=0 n!
sin z
cos z
cos x =
sin x =
k
k=0
(-1)
(2k)!
k
k=0
(-1)
(2k+1)!
x
2k
x
2k+1
Leonhard Euler
(1707-1783)
11.6
Schweizer Mathematiker
Eulersche Zahl e=2.718281828459...
e = lim (1+ ) stammt aus der Zinseszinsrechnung
[Basel 1736]
Eulersche Identität
e ip + 1 = 0
stellt einen Zusammenhang zwischen fünf der
bedeutendsten mathematischen Konstanten her
Und viel, viel mehr!
11.7
II Integralrechnung
II.10. Umrechnungen,
Potenzieren und
Radizieren
Potenzen und Wurzeln von komplexen
Zahlen lassen sich in Polarform
einfacher bestimmen.
Im Gegensatz zu reellen Zahlen,
besitzt jede nicht verschwindende
komplexe Zahl stets n komplexe
Wurzeln von Ordnung n.
Dies folgt aus dem Fundamentalsatz
der Algebra.
11.8
Bestimmung des Arguments J
Sei z = x + i y. Bestimme r und J
so, dass
x = r cosJ
y = r sin J
r=
x²+y²
tan J =
y
x
y
arctan x
J=
(für x=0)
falls z im 1. Quadrant oder
auf der positiven x-Achse liegt
p
falls x=0 und y>0
2
y
p + arctan x falls z im 2. oder im 3.
Quadrant liegt
3p
falls x=0 und y<0
2
y
falls z im 4. Quadrant
2 p + arctan x
J ist nicht definiert falls z=0
Tangens und Arkustangens
11.9
t
p
2
p
J
2
t=tan J
Die Arkustangensfunktion ist die
Umkehrfunktion der auf das Intervall
p f p
beschränkten
Tangensfunktion.
2
2
tan J = t <=> J = arctan t
p
J=
2
p
arctan t
t
11.10
Die Multiplikation lässt sich in den
Polarformen besonders einfach durchführen.
i f1
Seien z 1 = x 1 + i y1 = r1 e
i f2
z 2 = x 2 + i y2 = r2 e
i( f1+f2)
z1 z2 = ( r1 r2 ) e
Beträge
multiplizieren
iz=re
i(f
Argumente
addieren
)
=-y+ix
Multiplikation mit i
stellt eine Drehung
p
um den Winkel 2 dar.
rechten Winkel 90
Ähnlich für die Division:
z1
r1
=
z2
r2
e
i( f1-f2)
if
z=re =x+iy
11.11
Aus der Potenzregel...
ia
e
ib
e
(cos a+isin a )(cos b +isin b )
= e
i(a + b)
cos(a+b) + i sin(a+b)
...folgen die trigonometrischen
Formeln für cos/sin einer Summe:
cos( a+b )= cos a cos b - sina sinb
sin( a+b )= sina cos b + cosa sinb
Hinweis: Schreibe die Real- und Imaginärteile.
cos(a+b) = Re (ei(a +b ) ) = Re (ei a e i b ) = ...
sin(a+b ) = Im (ei(a +b ) ) = Im (e i a e i b ) = ...
11.12
Potenzieren
Das Potenzieren lässt sich in den
Polarformen besonders einfach durchführen.
Sei
z = r e
n
Dann ist z = r
d.h.
if
n
f
in
e
n|
n
|z
= |z|
arg(z n ) = n arg(z)
Aus dem Sonderfall r=1
n
inf
f
i
(e ) = e
folgen die Moivreschen Formeln
n
) =
( cos f + i sin f
cos ( n f ) + i sin ( n f )
=> Formeln für cos(3f ), sin(3f ), cos(4f )...
Anwendung zu Integralen
11.13
Aus der n=2 Moivreschen Formel,
cos(2x) + i sin(2x) = (cos x + i sin x)²
= cos²x - sin²x + 2i sin x cos x,
folgt, dass
cos(2x) = cos²x - sin²x
und
sin(2x) = 2 sin x cos x.
Unter Anwendung von cos²x+sin²x=1,
1+cos(2x)
erhalten wir cos²x =
2
und
sin²x = 1-cos(2x) .
2
Es folgt, dass
cos²x dx = x +
2
und
sin²x dx = x 2
sin(2x)
4
sin(2x)
4
+ Konst.
+ Konst.
11.14
Radizieren (oder Wurzelziehen)
Sei a eine gegebene (komplexe) Zahl.
n
z = a
<=>
z n- a = 0
ist ein Polynom n-ten Grades,
besitzt deshalb n Nullstellen
Die n-ten Wurzeln aus a sind die
n komplexen Zahlen z mit z n = a.
Schreibe die Zahlen in Polarform:
iJ
ia
z = r e
und a = |a| e
n
z = a
<=>
<=>
n
r e
inJ
= |a| e
ia
n
r = |a|
a
+2kp
J = n , k in Z
n verschiedene Hauptwerte
Fazit:
11.15
Ist a eine von null
verschiedene Zahl, so gibt es genau
n verschiedene n-te Wurzeln aus a.
Diese n-te Wurzeln liegen alle auf
einem Kreis um den Ursprung, dessen
Radius gleich der reellen positiven
n-ten Wurzel von |a| ist, und sie
liegen in gleichmässigem Abstand von
2p um den Kreis.
n
n verschiedene n-te
Wurzeln aus a
2p
n
n
Radius= |a|
11.16
Bsp -8 besitzt 3 dritte Wurzeln:
-8=8eip
z³ = -8 <=>
|z| =
3
8= 2
p
+2kp
arg(z)=
3
3 verschiedene Hauptwerte
(k=0,1,2)
<=> z = 2 e
oder z = 2 e
=-2
oder z = 2 e
2e
-2
2e
12.1
II Integralrechnung
II.12. Gewöhnliche
Differentialgleichungen
erster Ordnung
Eine Differentialgleichung (DGL) ist
eine Gleichung für eine gesuchte Fkt,
in der auch Ableitungen dieser Fkt
vorkommen. Viele Naturgesetze
können mittels DGL formuliert werden.
DGL sind daher ein wesentliches
Werkzeug der mathematischen
Modellierung. Dabei beschreibt eine
DGL das Änderungsverhalten dieser
Grössen zueinander.
12.2
Hauptanwendung der Integration:
Lösung von Differentialgleichungen (DGL)
DGL erster Ordnung
y
Bsp
(1+x²) y' = e
Bsp
y' = sin²(x-y+ )
Bsp
x²
y' = 2xy + e + x
Def Eine DGL ist eine Gleichung
für eine gesuchte Funktion,
in der auch Ableitungen
dieser Funktion vorkommen.
Die Ordnung einer DGL ist
der Grad der höchsten
auftretenden Ableitung.
Beliebige DGL erster Ordnung
12.3
y' = f(x,y)
dy ist die
dx
Steigung der
Lösungskurve
y=y(x)
unabhängige
Variable x
(z.B. Zeit)
abhängige
Variable y(x)
=> zugehöriges "Richtungsfeld"
sind einige Lösungskurven
12.4
Anfangswertproblem (AWP)
y' = f(x,y)
y(a) = ya
DGL
gegebener
Anfangswert,
wobei x=a die
"Anfangszeit" ist
Es folgt aus einem Satz
(von Picard-Lindelöf), dass
genau eine Lösung des AWPs
existiert, falls f(x,y)
differenzierbar ist
(eigentlich braucht f(x,y) nur
"Lipschitz-stetig" zu sein...).
12.5
In diesem Text ist normalerweise x
die Variable und y=y(x) eine unbekannte
Funktion von x.
Aber es könnte z.B. die unbekannte Fkt
P=P(t) eine Fkt der Zeit t sein, etc.
Eine DGL zu lösen heisst alle Fkt'nen
y(x) zu bestimmen, die die DGL erfüllen.
Ein Anfangswertproblem zu lösen heisst
die genaue Funktion y(x) zu bestimmen,
die nicht nur die DGL sondern auch
die Anfangsbedingung erfüllt.
Um ein Anfangswertproblem zu lösen:
- zuerst löse die DGL,
- danach bestimme die
Integrationskonstante anhand der
Anfangsbedingung (z.B. y(0)=33).
12.6
II Integralrechnung
II.13. Separierbare
Differentialgleichungen
Separierbare DGL (erster Ordnung)
sind DGL, bei denen die erste
Ableitung ein Produkt aus einer nur
von x und einer nur von y abhängigen
Funktion ist: y' = g(x)H(y).
Separierbare DGL lassen sich mit
der Methode "Trennung der
Variablen" lösen.
Separierbare DGL
(oder DGL mit
trennbaren Variablen)
12.7
y' = g(x) H(y)
lassen sich für H(y) = 0 wie
folgt integrieren (oder lösen):
dy
1
H(y) dx
1
H(y)
= g(x) <=>
dy =
g(x) dx
(mithilfe der Substitutionsregel).
y² y' = - sin x
Bsp Die DGL
12.8
dy
dx
ist separierbar. Symbolisch
multiplizieren wir sie mit dx
und integrieren sie (die
Substitutionsregel begründet
die Schreibweise y'dx = dy):
y² dy =
<=>
- sin x dx
y³
= cos x + C .
3
Die allgemeine Lösung lässt sich
explizit schreiben:
y(x) =
3
3 cos x + C .
Bmk Wir können die beliebige Konstante
stets als C bezeichnen.
12.9
Es gibt auch DGL, die nach einer
Substitution separierbar werden.
In diesem Kurs behandeln wir
nur zwei Typen davon:
Typ L
y' = f(ax+by+c)
Linear
Substitution: u=ax+by+c
Typ B
y
y' = f( x )
Bruch
Substitution: u =
y
x
Bsp Sei x>0. Die DGL
x y' = y lässt sich umschreiben
y
y' = x
12.10
x y
y
x
y)
f( x
y
und wird durch die Substitution u= x
eine sperarierbare DGL
x u' = - u .
*
Unter der Voraussetzung u>0
können wir diese DGL integrieren
1 du
u
<=>
2
-1 dx
=
x
u = - ln x + C
**
<=> u(x) = (- 1
ln x + C)².
2
Durch die umgekehrte Substitution
y = x u gewinnen wir die Lösungen
y(x) = x
(-
1 ln x + C
)²
2
.
*
12.11
Wegen der Wurzel kann u nie negativ
sein, aber die (konstante) Nullfunktion
u 0 (d.h. y 0) ist doch eine Lösung
der DGL:
0' = 0 - 0 .
Also ist die vollständige Lösung der DGL
die Menge aller folgenden Funktionen:
y(x) 0 oder
1
y(x) = x ( - 2
ln x +C)².
Oft funktioniert eine Methode unter
gewissen Voraussetzungen (z.B. H(y)=0).
Am Ende müssen wir die übrigen Fälle
einzeln betrachten.
** Der Definitionsbereich jeder
nichtkonstanten Lösung ist wegen
1
u = - 2 ln x + C
beschränkt.
> 0 =>
x < e2C
Anwendung
12.12
Das Verhulst Modell für
logistische Entwicklung
Obwohl Populationszahlen nur
ganzzahlige Werte annehmen,
sind bei grossen Populationszahlen
kontinuierliche Modelle passend.
Sei P(t) die Grösse einer
Population (Funktion der Zeit).
12.13
Im natürlichen Wachstumsmodell ist
das Wachstum einer Population
proportional zur Populationsgrösse:
dP
dt
= c P
wobei c eine positive, experimentellgeschätzte Proportionalitätskonst ist.
Aber falls diese Population einem
Wettbewerb mit limitierenden
Ressourcen (wie Essen oder Wasser)
in einem Lebensraum (wie einer Insel
oder einem Planeten) ausgesetzt ist,
dann wird sich die Populationsgrösse
in Abhängigigkeit von der Differenz
zwischen ihrer aktuellen Grösse und
einer theoretischen Maximalgrösse K
vermindern.
12.14
Logistische DGL (Verhulst)
dP
dt
P
= c P (1 )
K
Die Konstante K heisst die
Umweltkapazität oder Tragfähigkeit
und ist die maximale Populationsgrösse,
die in einem Lebensraum für unbegrenzte
Zeit existieren kann, ohne diesen
nachhaltig zu schädigen.
Die logistische (oder Verhulst) DGL lässt
sich mit Trennung der Variablen lösen.
*
Lösungen:
P(t) =
ct
K P0 e
K + P0 (ect -1)
wobei P0 die Anfangspopulation ist.
12.15
Für
P
K
0 ist dP
dt
cP
=> exponentielles
Wachstum
Für
P
K
1 ist dP
dt
0
=> fast konstante
Population
Für
P >1 ist dP <0
dt
K
Es ist stets
=> PopulationsAbnahme
lim P(t) = K.
t
P
K
P0
P(t)=
K P0 ect
K + P0 (ect -1)
t
12.16
Lösung
der
logistischen
DGL
*
dP
dt
P
= c P (1 ) ist separierbar.
K
H(P)
Für P=0 und P=K gilt:
1
P
P(1- K )
dP
dt
1
P
P(1- K )
= c
dP =
<=>
c dt
benutze PBZ
P
|
K
<=> ln|P| - ln|1= ct + Konst
P0
P
ct
<=>
=
k
e
,
wobei
k
=
0
0
P0
P
11- K
K
ct
K P0 e
<=>...<=> P(t) =
ct
K + P0 (e -1)
P(t)=0 und P(t)=K sind konstante Lösungen.
13.1
II Integralrechnung
II.14. Lineare DGL
erster Ordnung
In den Anwendungen sind lineare DGL
selbst und als Annäherungen für
andere DGL (durch Linearisierung)
sehr wichtig. Eine allgemeine Formel
bietet die Lösung einer linearen DGL
erster Ordnung.
Eine wesentliche Eigenschaft linearer
DGL ist das Superpositionsprinzip, das
neue Lösungen durch die Kombination
von alten Lösungen ermöglicht.
13.2
Lineare DGL 1. Ordnung
sind DGL von der Form
y' + P(x) y = Q(x)
heisst
Koeffizient
heisst
Störfunktion
Def Ist Q(x)=0, so heisst die DGL
homogen, sonst inhomogen.
Def Die zugehörige homogene
DGL der DGL
ist
y' + P(x) y = 0
H
13.3
Lösung der homogenen DGL
Die allgemeine Lösung der
homogenen linearen Dgl
H ist
- P(x) dx
yH (x) = k e
wobei k eine beliebige reelle Konst.
ist und P(x)dx eine beliebige
Stammfunktion von P(x) ist.
Diese Formel folgt aus der
Trennung der Variablen im Fall y=0:
y'+P(x)y=0 <=> 1y dy=- P(x)dx +c
<=> ln|y| =- P(x)dx +c
- P(x)dx
<=> y(x) = k e
13.4
Lösung einer inhomogenen DGL
mithilfe der Methode
"integrierender Faktor":
1. Multipliziere beide Seiten
der inhomogenen DGL
mit dem sogenannten
"integrierenden Faktor":
v(x) = e
P(x)dx
wobei wir hier eine beliebige
Stammfunktion von P(x) im
Exponent wählen dürfen.
13.5
Dann wird die DGL
y'e
P(x)dx
+ P(x) y e
P(x)dx
= Q(x) e
d
dx
( y e
P(x)dx
=
P(x)dx
)
2. Integriere:
y e
P(x)dx
=
Q(x) e
P(x)dx
dx
.
13.6
3. Schreibe um:
y(x)= Q(x)e
P(x)dx
- P(x)dx
dx e
wobei P(x) dx eine gewählte
Stammfunktion vom Koeffizient
P(x)dx
P(x) ist. v(x) = e
heisst
ein integrierender Faktor.
Die obige Formel bietet die
allgemeine Lösung der linearen
DGL erster Ordnung
.
13.7
Bsp Für die lineare DGL
y' = 2x y + 3e
-P(x)
x²
Q(x)
wählen wir den integrierenden
P(x)dx
Faktor e
= e-x².
Dann ist die allgemeine Lösung
y(x) =
(3 e x²e-x²)dx
e x²
1
x²
= ( 3x + c ) e , c
R.
Check: Nach den Produkt- und Kettenregeln
ist die Ableitung von y(x)=(3x+c)ex²
y'(x) = 3e x² + (3x+c) 2x e x²
und das ist gleich 2x y(x) + 3ex² .
13.8
Folgerung der Linearität:
das Superpositionsprinzip
Linearkombinationen von
Lösungen einer homogenen
linearen DGL sind auch Lösungen.
Das heisst:
Sind yH (x) und yH (x) zwei
2
1
Lösungen von
H , so ist die
Kombination c1 yH (x) + c 2y H (x)
2
1
auch eine Lösung von
H
(wobei c 1, c 2 R).
13.9
Folgerung der Linearität
Zwei beliebige Lösungen y P ,yP
1
2
der inhomogenen linearen DGL
unterscheiden sich durch eine
beliebige Lösung yH der
zugehörigen homogenen DGL.
Das heisst:
Sind yP ,yP partikuläre Lösungen
1
2
von , so löst y=y P -y P die DGL
1
2
und - umgekehrt - ist y P
H
eine partikuläre Lösung von
und yH eine Lösung von
,
H
so löst yP +yH die DGL
.
Zusammenfassung
13.10
Die allgemeine Lösung der DGL
y' + P(x) y = Q(x)
ist von der Form
y(x) = yP (x) +yH (x)
wobei yP (x) eine partikuläre
Lösung von
ist und yH (x)
die allgemeine Lösung der
zugehörigen homogenen DGL ist:
y' + f(x) y = 0
H
13.11
II Integralrechnung
II.15. Autonome DGL
erster Ordnung
Eine DGL y'=f(x,y) heisst autonom
oder stationär, falls f nur von y
(und nicht von x) abhängt.
Autonome DGL lassen sich graphisch
analysieren. Dabei ist die
Untersuchung des Vorzeichens von
f entscheidend. Ist f(y)>0, so
wächst y, ist f(y)<0, so nimmt y ab.
Die Stellen y 0 wo f(y 0)=0 heissen
Gleichgewichtspunkte.
13.12
Autonome DGL 1. Ordnung
sind DGL von der Form
y' = f(y)
Autonome DGL lassen sich
einfach graphisch analysieren.
Bmk Alle autonome DGL sind
separierbar, aber nicht
umgekehrt. Deshalb
lassen sich autonome
DGL durch Trennung der
Variablen lösen.
13.13
Def Die Werte von y, für die
f(y)=0, heissen
Gleichgewichtspunkte
oder singuläre Punkte.
Die Gleichgewichtspunkte sind
die Konstanten-Lösungen der
DGL
y'=f(y),
da die Ableitung von y genau
an dieser Stellen verschwindet.
13.14
Def Ein Gleichgewichtpunkt y0
heisst stabil, wenn jede
Lösung mit Anfangswert
nahe y0 für wachsende x
weiter auf y0 zuläuft;
heisst labil, wenn jede
Lösung mit Anfangswert
nahe y0 (bis auf y0 selbst)
sich für wachsende x
von y0 wegbewegt.
13.15
Die Phasenlinie ist eine
graphische Darstellung des
qualitativen Verhaltens der
Lösungen einer autonomen DGL.
Um eine Phasenlinie zu
erstellen:
- zeichne eine y-Achse,
- zeichne die Gleichgewichtspunkte ein und
- durch Pfeile zeige die
Intervalle, in denen die
Ableitung y' positiv bzw.
negativ ist.
13.16
Bsp Die DGL
y'= -y(y-3)
ist eine autonome DGL,
wobei f(y)=-y(y-3).
Wir erhalten die Gleichgeweichtspunkte, indem
wir die rechte Seite der
DGL gleich null setzen:
-y(y-3) = 0
<=> y=0 oder y=3.
13.17
Die Funktion f(y)=-y(y-3) ist
positiv für 0<y<3 und negativ
für y<0 oder y>3.
Deshalb wachsen die Lösungen
mit Anfangswerten zwischen 0
und 3 und nehmen bei negativen
Anfangswerten oder solchen,
die grösser als 3 sind, ab.
Die Phasenlinie ist:
y=0
y'<0
y
y
y=3
y'>0
y
y'<0
y
13.18
Der Gleichgewichtspunkt y=0
ist labil (oder instabil) und
der GGPunkt y=3 ist stabil.
Bsp Die DGL y'= sin(y) ist
autonom und besitzt
unendlich viele GGPunkte,
y = k
, wobei k eine
beliebige Ganzzahl ist.
Die GGPunkte sind stabil
für k ungerade, sonst
instabil:
y=-
y=-2
y=3
y=
y=0
y=2
13.19
Bsp Die logistische DGL,
dP
dt
P
= c P (1 )
K
(zum Beispiel für ein
Populationsmodell) ist
eine autonome DGL.
Wir erhalten die Gleichgewichtspunkte, indem
wir die rechte Seite der
DGL gleich null setzen:
c P (1 - P ) = 0
K
<=>
P=0 oder P=K.
Deshalb sind die Gleichgewichtspunkte
P=0 (Aussterben) und
P=K (Umweltkapazität).
Die Phasenlinie ist:
P=0
dP
>0
dt
P=K
13.20
P
dP
<0
dt
Das bedeutet, dass eine
Population mit einer
Anfangsgrösse 0<P0 <K
wächst, während eine
Population mit einer
Anfangsgrösse P0 >K abnimmt.
14.1
II Integralrechnung
II.16. Lineare DGL
zweiter Ordnung mit
konst. Koeffizienten
Lineare DGL zweiter Ordnung sind
eine wichtige Klasse von gewöhnlichen
DGL mit vielen Anwendungen.
Sie werden zum Beispiel verwendet,
um bedeutende partielle DGL (wie
die Wärmeleitungsgleichung oder die
Wellengleichung) lösen zu können siehe Mathe II.
14.2
Lineare DGL zweiter Ordnung
mit konstanten Koeffizienten
sind DGL von der Form
a y" + b y' + c y = G(x)
G(x) heisst
Die Koeff. a, b & c
Störfunktion.
sind reelle Konstanten
und a ist nicht Null.
Die DGL
y(x) ist, wie früher, heisst homogen
die unbekannte Fkt.
falls G(x) = 0.
Diese DGL sind die einfachsten DGL
zweiter Ordnung. Eine beliebige DGL
zweiter Ordnung ist von der Form
P(x) y" + Q(x) y' + R(x) y = G(x).
14.3
Das Superpositionsprinzip
gilt für lineare DGL 2. Ordnung
Die allgemeine Lösung der DGL
a y" + b y' + c y = G(x)
ist von der Form
y(x) = yP (x) +yH (x)
wobei yP (x) eine partikuläre
Lösung von
ist und yH (x)
die allgemeine Lösung der
zugehörigen homogenen DGL ist:
a y" + b y' + c y = 0
H
Wieso?
14.4
Sei y P eine partikuläre
Lösung von
, d.h.
a y"P + b y'P + c yP = G(x)
und sei yH die allgemeine
Lösung von
H , d.h.
a y"H + b y'H + c yH = 0.
Addiere diese Gleichungen:
a(yP +yH )"+b(yP +yH )'+c(yP +yH )=G.
Das bedeutet, dass auch yP +yH
löst. Und umgekehrt: zwei
Lösungen von
unterscheiden
sich durch eine Lösung von H.
14.5
Satz
Die DGL ay"+by'+cy = 0
hat zwei linear unabhängige
Lösungen y1 und y2 .*
Sind y1 und y2 zwei beliebige
linear unabhängige Lösungen,
so hat die allg. Lösung die
Form
yH = c1 y1 + c2 y2
wobei c 1 und c 2 beliebige
reelle Konstanten sind.
*
d.h. weder y1 noch y2 darf ein konstantes
Vielfaches der anderen Lösung sein.
Um eine DGL von der Form
14.6
a y" + b y' + c y = G(x)
zu lösen, lösen wir zuerst
die zugehörige homogene DGL
a y" + b y' + c y = 0
und dann bestimmen wir eine
partikuläre Lösung von
.
H
Um die homogene DGL zu lösen,
suchen wir Lösungen von der
Form y = e rx , weil die erste
und zweite Ableitung dieser
Exponentialfunktion konstante
Vielfache der ursprünglichen
Fkt sind: y'=ry und y"=r²y.
Einsetzen von y = e rx in
14.7
a y" + b y' + c y = 0.
ergibt
rx
rx
rx
a r² e + b r e + c e = 0.
rx
Wir können durch e
dividieren, da die Exp.Fkt
nie null wird. Die gefundene
polynomiale Gleichung
a r² + b r + c = 0.
heisst die charakteristische
Gleichung der DGL.
14.8
Wir berechnen dann die
Lösungen r 1 und r 2 der
charakteristischen Gleichung
(d.h. wir bestimmen die hom.
rx
Lösungen von der Form y=e ).
Bmk Nach dem Fundamentalsatz der Algebra besitzt
das quadratische Polynom
ar²+br+c stets 2 Nullstellen r1 und r 2 (wir
berücksichtigen die
Vielfachheit).
14.9
Es gibt drei Fälle für r1 , r2 :
zwei einfache reelle Lösungen r1 und r2
eine doppelte reelle Lösung r1 = r2
ein Paar von konjugiert komplexen Lösungen
Falls r1 = r2 und beide reell
r1x
r2 x
sind, sind y = e und y = e
zwei linear unabhängige
Lösungen der homogenen
DGL. Deshalb ist die allg.
Lösung der homogenen DGL:
r1x
yH (x) = c 1 e
+ c2 e
r2 x
wobei c 1 und c 2 beliebige
reelle Konstanten sind.
14.10
Bsp Löse die homogene DGL
y" -y'-6y = 0.
Die charak. Gleichung ist
r² - r - 6 = 0
und hat die Lösungen
(verwende die Mitternachtsformel)
r 1 = -2 und r2 = 3.
Die allgemeine Lösung
dieser homogenen DGL
ist daher
3x
-2x
y(x) = c1 e
+c2 e .
14.11
Falls r1 = r2 = r reell und
rx
gleich sind, dann sind y2 =e
und y1 = x erx * zwei linear
unabhängige Lösungen der
homogenen DGL.
Deshalb ist die allg. Lösung
der homogenen DGL:
yH (x) = ( c 1 + c2 x ) erx
wobei c 1 und c 2 beliebige
reelle Konstante sind.
*
In diesem Fall ist die DGL äquivalent zu
y"-2ry'+r²y=0. Da y' = (1+rx) e rx und
2
y" = (2r+r²x) e rx , können wir bestätigen,
2
dass die Fkt y 2 eine Lösung der DGL ist.
14.12
Bsp Löse die homogene DGL
y" - 4y' + 4y = 0.
Die charak. Gleichung ist
r² - 4r + 4 = 0
<=> ( r - 2 )² = 0
und hat die doppelte
Lösung
r = 2.
Die allgemeine Lösung
dieser homogenen DGL
ist daher
y(x) = ( c1 + c2 x ) e2x .
14.13
Falls r1 = a +ib , r2 =a +ib
konjugiert komplexe Lösungen
ax
sind, sind y 1 = e cos( b x)
ax
und y2 = e sin( b x)
zwei linear unabhängige
Lösungen der homogenen DGL.
Deshalb ist die allg. Lösung
der homogenen DGL:
x
a
yH(x)= e (c1cos( b x)+c2 sin( b x))
Bmk Nach der Eulerschen Formel
(a +i b )x
sind
y1 = Re ( e
)
a
(
und
y 2 = Im ( e +i b )x )
zwei reelle Funktionen.
14.14
Bmk Komplexe Lösungen r müssen
immer in zueinander komplex
konjugierten Paaren von
Zahlen auftreten, da unsere
DGL reell sind und deshalb
ihre charak. Polynome auch
reell sein müssen;
siehe Seite 10.12.
Es folgt, dass die komplexwertigen Lösungen auch als
Paare auftreten:
(a -i b )x
(a +i b )x
e
und e
.
Aber normalerweise brauchen
wir die entsprechenden
reellen Lösungen.
14.15
Ist y=u+iv eine komplexwertige Lösung einer reellen
DGL H , so sind Realteil u
und Imaginärteil v zwei
reelle Lösungen der DGL.
Warum?
Nimm den Real- und den
Imaginärteil der Gleichung
ay"+by'+cy = 0 :
Re(ay"+by'+cy) = 0
Im(ay"+by'+cy) = 0
au"+bu'+cu = 0
<=>
av"+bv'+cv = 0.
14.16
Bsp Löse die homogene DGL
y" + 9y = 0.
Die charak. Gleichung ist
r² + 9 = 0
und hat die Lösungen
r 1 = 3i, r2 = r1 = -3i.
( a = 0, b = 3)
Die allgemeine Lösung
dieser homogenen DGL
ist daher
y(x) = c1 cos(3x)+c2 sin(3x).
Bsp Löse das AWP
y" + 9y = 0
y(p ) = 5
y'(p ) = 12 .
14.17
Zuerst löse die DGL siehe Beispiel vorher:
y(x) = c1 cos(3x)+c2 sin(3x).
Bestimme die Koeffiz.
c 1 , c 2 , so dass
y( p ) = - c1 + 0 = 5
y'(p ) = 0 - 3 c2 = 12.
Lösung:
y=-5cos(3x)-4sin(3x).
14.18
II Integralrechnung
II.17. Methode der
unbestimmten
Koeffizienten
Die Methode der unbestimmten
Koeffizienten ermittelt eine
partikuläre Lösung einer inhomogenen
linearen DGL 2. Ordnung mit konst.
Koeffizienten, wenn die Störfunktion
eine Summe oder ein Produkt von
Polynomial-, Exponential-, Sinusoder Kosinusfunktionen ist.
14.19
Um eine partikuläre Lösung yP (x)
einer inhomogenen DGL
a y" + b y' + c y = G(x)
zu ermitteln, wobei die Störfkt
G(x) eine Linearkombination von
Produkten von Kosinus-, Sinus-,
Exponential- und Polynomfkt ist,
wählen wir einen Lösungsansatz
aus der Tabelle, die auf der
Vorlesungswebseite gefunden
werden kann.
Wir setzen den Ansatz in die DGL
ein und machen einen
Koeffizientenvergleich.
14.20
Bsp Löse die inhomogene DGL
y" + 9y = x + cos(3x).
Zunächst lösen wir die
zugehörige homogene DGL
- siehe früher:
yH(x) = k1 cos(3x)+k2 sin(3x).
Die Störfunktion
G(x) = x + cos(3x)
enthält x und cos(3x).
Da 0 keine Lösung der
charak. Gleichung ist,
aber 3i schon, wählen wir
als Lösungsansatz
(siehe Tabelle):
14.21
wegen des Terms x der Störfkt
yspez (x) = c1 + c2 x
+ c3 x cos(3x) + c4 x sin(3x).
wegen des Terms cos(3x) der Störfkt
Diese Funktion hat
y'spez (x) = c 2+ (c3 +3c4 x) cos(3x)
+ (c4 - 3c3 x) sin(3x)
und
y"spez (x) = (6c4 -9c3 x) cos(3x)
+ (-6c3 -9c4 x) sin(3x).
Wir setzen diesen Ansatz in die
DGL ein:
14.22
(6c4-9c3x) cos (3x) + (-6c 3-9c4x) sin (3x)
y"spez
+ 9 ( c + c x + c x cos(3x) + c x sin(3x))
1
2
3
yspez
4
= x + cos (3x)
G(x)
und setzen die Koeffizienten jeder
Grundfunktion gleich
9 c1= 0
Koeff. von 1
9 c = 1
Koeff. von x
2
- 6 c3 = 0
Koeff. von cos(3x)
Koeff. von sin(3x)
6 c4= 1
Daher ist yspez (x) = 91 x + 61 x sin (3x)
eine partikuläre Lösung und die allgem.
Lösung der gegebenen DGL ist
x )sin(3x)+ 1 x.
y(x)=yH +yspez= k cos(3x)+(k2+ 6
9
1
14.23
Lineare DGL höherer Ordnung mit
konstanten Koeffizienten lassen
sich wie DGL 2. Ordnung lösen,
ausser dass es mehr Fälle für die
homogenen Lösungen gibt.
Z.B., für eine DGL 3. Ordnung
y (3) + a 2y" + a 1y'+ a 0y = G(x)
hat die charakter. Gleichung
r³ + a 2r² + a 1r + a 0 = 0
drei Lösungen r1 , r 2 , r 3
(wir berücksichtigen die Vielfachheit)
und es gibt die folgenden vier
Fälle der homogenen Lösung:
(c1, c2, c3 sind stets beliebige reelle Konstante)
14.24
r1, r 2, r 3 sind reell und verschieden
Dann ist die allg. homogene Lösung
yH(x) = c1e
r1x
+ c 2e
r2 x
+ c 3e
r3 x
r1 = r2 = r 3 und sind reell
Dann ist die allg. homogene Lösung
yH(x) = c1e
r1x
+ (c 2+c 3x) e
r2 x
r1= r 2= r 3= r sind reell und gleich
Dann ist die allg. homogene Lösung
yH(x) = ( c 1 + c 2x + c 3x²) e
rx
r1= a +i b , r2= a-i b komplex konjug.
und r3 ist reell
Dann ist die allg. homogene Lösung
x
a
yH(x)= e (c 1cos( b x)+c 2sin( bx))
+ c 3 e r3 x
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