7.1 II Integralrechnung II.1. Flächeninhalt und bestimmte Integrale Der Flächeninhalt spielt in der Definition vieler physikalischer Grössen, aber auch im Alltag, eine wichtige Rolle. Z.B. ist Druck als Kraft pro Fläche definiert und Materialverbrauch wird oft mithilfe des Flächeninhalts abgeschätzt. Die Integralrechnung wurde unter anderem zur Ermittlung von Flächeninhalten entwickelt. Flächeninhalt 7.2 Sei f eine nicht negative Funktion. f(x)>0 A a b Was ist der Flächeninhalt A zwischen der x-Achse und der Kurve y=f(x) im Intervall a<x<b? Berechnung des Flächeninhalts à la Riemann: 7.3 Bernhard Riemann 1826-1866 deutscher Mathematiker Zerlege das Flächenstück durch vertikale Schnitte in n Streifen gleicher Breite = b-a . n a b 7.4 Ersetze jeden Streifen S i durch einerseits das kleinste Rechteck T i das den Streifen enthält andererseits das grösste Rechteck Ri das im Streifen enthalten ist. Ri Si Ti Flächeninhalt: R i < S i < Ti Seien 7.5 On = Summe der Rechtecksflächen Obersumme T1,...,Tn Un = Summe der Rechtecksflächen R 1,...,R n Untersumme Un a < A < On b 7.6 Mit zunehmender Verfeinerung der Zerlegung nehmen die Untersummen zu, die Obersummen jedoch ab. Def Die Funktion f(x) heisst (Riemann-)integrierbar, wenn lim U n = lim O n. n n Dieser Grenzwert ist dann der Flächeninhalt A. b Def A = a f(x) dx heisst bestimmtes Integral der positiven Funktion f(x) zwischen den Grenzen von x=a bis x=b. 7.7 zwei Obersummen zwei Untersummen Es spielt keine Rolle ob die vertikalen Schnitte die gleiche Breite haben oder nicht. Zusammenfassung 7.8 Der Flächeninhalt des Gebiets unter dem Graphen einer positiven Funktion lässt sich durch endliche Summen annähern. Zuerst zerlegen wir das Intervall in Teilintervalle und behandeln die dazugehörige Funktion f so, als wäre sie über jedem einzelnen Teilintervall konstant. Dann multiplizieren wir die Breite jedes Teilintervalls mit dem Wert von f an einer Stelle des Teilintervalls und addieren diese Produkte. Die von uns betrachteten Näherungen durch endliche Summen verbessern sich durch Verwendung von immer mehr und immer schmaleren Teilintervallen. 7.9 Integration einer negativen Fkt Def Das bestimmte Integral einer negativen Funktion f(x) zwischen den Grenzen von x=a bis x=b ist: b f(x) dx = -A a a b A A>0 7.10 Für allgemeine Funktionen ist das Integral durch die folgende Eigenschaft definiert: b f(x) dx = c a b f(x) dx f(x) dx + c a wenn a<c<b [a,b]=[a,c]U[c,b] b c "Intervall-Additivität" a 7.11 a + - c1 c2 + b b f(x) dx = a c1 f(x) dx + a + Flächeninhalt c2 f(x) dx + c1 Flächeninhalt b f(x) dx c2 + Flächeninhalt 7.12 Konvergenz der Obersummen und der Untersummen Integrierbarkeit 7.13 Satz von Riemann Ist f(x) auf [a,b] stetig, dann ist f(x) auf [a,b] integrierbar. Ist f(x) auf [a,b] beschränkt und hat f(x) auf [a,b] endlich viele Unstetigkeitsstellen, dann ist f(x) auf [a,b] integrierbar. a Unstetigkeitsstellen (oder Sprungstellen) b Zusammenfassung 7.14 Das Integral von f von a bis b ist ein bestimmtes Integral. obere Grenze Integralzeichen b a untere Grenze Integrationsvariable f(x) dx Integrand (Symbol) Die Integralgrenzen a und b sind Zahlen und der Wert des Integrals ist eine Zahl. Das unbestimmte Integral von f ist die Menge aller Stammfunktionen von f. 7.15 II Integralrechnung II.2. Integrationsrechenregeln und -eigenschaften, Mittelwerte In der Praxis werden Integrale mittels Rechenregeln und eines Hauptsatzes bestimmt. Der Mittelwert von n Zahlen ist ihre Summe, geteilt durch n. Analog ist der Mittelwert einer Fkt f auf [a,b] das Integral von f von a bis b, geteilt durch die Länge des Intervalls, b-a. 7.16 Integrationsrechenregeln a) Faktorregel (k reelle Zahl) b b k f(x) dx = k a a f(x) dx b) Summenregel b b b (f(x)+g(x))dx = f(x)dx + g(x)dx a a a Alles zusammen: Linearität b a ( k f(x) + g(x) ) dx = = k b a f(x) dx + b a g(x) dx 7.17 Integrationsrechenregeln "Intervall-Additivität" b a f(x) dx = c = a f(x) dx + b c f(x) dx Vertauschungsregel oder "Rückwärtsintegration" b a f(x) dx = - a b f(x) dx Integrationseigenschaft 7.18 Ist g(x)<f(x) auf einem Intervall [a,b], so gilt b a g(x) dx < b a f(x) dx. Der Flächeninhalt zwischen der Kurve y=g(x) und der Kurve y=f(x) im Intervall [a,b], wobei g(x)<f(x) ist b (f(x)-g(x)) dx. a y=f(x) y=g(x) 7.19 Mittelwertsatz der Integralrechnung Ist f(x) auf [a,b] stetig, dann gibt es c zwischen a und b mit b f(x) dx = f(c) (b-a) a Flächeninhalt des roten Rechtecks f(c) a c b Anwendung der Integration: Mittelwerte 7.20 Der lineare Mittelwert einer Funktion im Intervall [a,b] ist 1 b-a flinear = b a f(x) dx y=f(x) flinear a b Der quadratische Mittelwert einer Funktion f(x) im Intervall [a,b] ist fquadratisch = b 1 [f(x)]²dx b-a a 7.21 II Integralrechnung II.3. Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung (HDI), auch bekannt als Fundamentalsatz der Analysis, sagt aus, dass Ableiten bzw. Integrieren jeweils die Umkehrung des anderen ist. Der Satz besteht aus zwei Teilen. Der zweite ermöglicht die Bestimmung eines Integrals. Wie berechnet man Integrale? 7.22 Mittels des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung HDI (Mathematik I). Bestimmung einer Stammfunktion Wenn Integration in geschlossener Form nicht möglich ist (eine Stammfunktion in Form von elementaren Funktionen nicht existiert), benutzt man numerische Methoden. AW * 7.23 Numerische Integrationsmethoden benutzen auch andere Formen: Trapezformel Ersetze jeden Streifen durch ein Trapez, d.h., ersetze den dortigen Kurvenbogen durch die Sehnen. Für grosse n ist die Summe aller Trapezflächen eine gute Näherung für das Integral. a b Simpsonsche Formel Statt der geradlinigen Berandung der Streifen durch die Sehne, benutze eine krummlinige obere Begrenzung der einzelnen Flächenstreifen durch parabelförmige Randkurven. 7.24 n parabelförmige Randkurven a b Konvergenzrate: Riemann < Trapez < Simpson Monte Carlo Integration 7.25 Wenn der Integrand kompliziert ist, betrachte den Mittelwert von f(x) an n zufälligen Stellen zwischen a und b. n zufällige Stellen a x1 Für grosse n ist 1 (b-a) n Intervall-Länge xk n xn b f(xk ) k=1 Mittelwert eine gute Näherung für das Integral. AW=Allgemeinwissen & nicht Gegenstand der Prüfung. 7.26 HDI Hauptsatz der Differentialund Integralrechnung (oder Fundamentalsatz der Analysis) 1. Teil Sei f(x) stetig. x Dann ist F(x) = f(t) dt a differenzierbar und F'(x) = f(x). D.h. F(x) = x a f(t) dt ist eine Stammfunktion von f. Das Integral als Stammfkt 7.27 f(t) a x0 x t variabel F(x) = x f(t) dt Die Funktion a ist eine Stammfunktion von f(x). Der Integralwert F(x) ist eine Funktion der oberen unbestimmten Grenze. HDI-2.Teil 7.28 b a f(x) dx = G(b) - G(a) wobei G eine beliebige Stammfunktion von f ist. b Notation: [ G(x)] = G(b)-G(a) a b oder G(x) a = G(b)-G(a) verkürzte Schreibweisen für die Differenz der Stammfunktionswerte an der oberen und unteren Integrationsgrenze Der 2. Teil des HDI ist am wichtigsten für die Integration in Mathe I. Bsp Bsp 7.29 1 1 (4x³-5) dx = [x⁴-5x] 0 0 = -4. Statt x⁴-5x, als Stammfkt könnten wir auch x⁴-5x+33 nehmen. 1 0 1 sin(x) dx = [-cos(x)] 0 = -cos(1)+1 weil -cos ein Stammfkt von sin ist. Dummer aber wichtiger Fall 7.30 Die allgemeine Stammfkt der Nullfunktion ist eine Konstante: 0 dx = Konst. Aber ein bestimmtes Integral der Nullfkt verschwindet immer: b a 0 dx = 0 immer! Zwei alternative Gründe dazu: Nullflächeninhalt! (geometrisch) (analystisch) b a b b 0 dx = [K]a = K - K = 0. a Konst! Wieso gilt der HDI? 7.31 HDI-1.Teil Wieso ist F(x) = x a f(t) dt diff? Betrachte die Def der Ableitung: F(x+h)-F(x) lim h h 0 x+h x 1 = lim f(t)dt - f(t)dt h 0 h a a = lim h 0 1 h x+h x f(t) dt = f(c), für ein c zwischen x & x+h (Mittelwertsatz der Integralrech.) = lim f(c) = f(x). h 0 7.32 HDI-2.Teil Betrachte zuerst die Stammfkt x F(x) = f(t) dt von f(x). a Dann gilt F(b)-F(a) = b a f(t)dt - a a f(t)dt. 0 Eine beliebige Stammfkt G(x) von f(x) erfüllt G(x) = F(x) + k, wobei k eine Konstante ist. Dann gilt G(b)-G(a) = (F(b)+k) - (F(a)+k) b = F(b)-F(a) = f(t)dt. a 8.1 II Integralrechnung II.4. Integration durch Substitution Die Integration durch Substitution ist eine wichtige Methode, um Stammfunktionen und bestimmte Integrale zu berechnen. Die Grundlage dieser Methode ist die Kettenregel aus der Differentialrechnung. Zur Erinnerung: 8.2 Hauptsatz HDI Sei f eine stetige Funktion auf [a,b]. 1. F(x) = x f(t) dt ist a differenzierbar und F'(x)=f(x). x D.h. F(x) = f(t) dt a ist eine Stammfunktion von f. 2. b f(x) dx = G(b) - G(a) b a man schreibt [G(x)] a wobei G eine beliebige Stammfunktion von f ist. Integralberechnung 8.3 Der zweite Teil des HDIs erklärt, wie Integrale berechnet werden können: 1. Wir wählen eine beliebige Stammfkt G des Integrands f. 2. Das Integral ist dann gleich b a f(x) dx = G(b) - G(a). Damit wird die Berechnung von Integralen auf die Bestimmung einer Stammfkt zurückgeführt. Substitutionsmethode zur Berechnung eines Integrals 8.4 ("die Kettenregel rückwärts") Sei F eine Stammfunktion von f und sei u eine stetige Funktion. Es folgt aus der Kettenregel, dass F(u(x)) eine Stammfunktion von f(u(x)) u'(x) ist. Durch Einführung der neuen Integrationsvariablen u lässt sich ein Teil des Integranden ersetzen, f(u(x)) u'(x) dx f(u) du und so letztlich auf ein bekanntes oder einfacher handhabbares Integral zurück führen. 8.5 Die Substitutionsregel: b a f(u(x)) u'(x) dx = Beweis HDI u(b) u(a) f(u) du b b f(u(x)) u'(x) dx = [F(u(x)] a a = F(u(b))-F(u(a)) = [F(u)] u(b) u(a) u(b) = u(a) f(u) du Mnemonik: f(u(x)) u'(x) dx = du=u'(x)dx weil u'(x)= du dx f(u) du Bsp 1 0 e -x⁴+6x²+7 8.6 (-4x³+12x) dx -x⁴+6x²+7 = e =e 12 0 - 7 e . Kettenregel: u(x) d e dx 1 = e u(x) u'(x) Alternative Sichtweise: Sei u(x)=-x⁴+6x²+7. u'(x)=-4x³+12x. Nach der Substitutionsregel ist 1 0 e u(x) = u(1) u'(x) dx = e u 12 7 = e u(0) 12 e u du 7 -e . 8.7 Falls u umkehrbar ist, betrachten wir u=u(x) und x=x(u) als zwei auswechselbare Variablen. Bsp u = 2x+3 u(x) Bsp u = e x = x 1 2 (u-3) x(u) x = ln u Die frühere Substitutionsregel mit vertauschten Variablen ist: u(B) B f(x) dx = A B Bsp f(x(u)) x'(u) du u(A) f(x) dx = A eB 1 f( ln u) u du eA 8.8 Gewisse Integrale lassen sich mit Standard-Substitutionen lösen. Z.B. falls der Integrand f(x) eine Wurzel von den folgenden Typen enthält, sind die folgenden Standard-Substitutionen hilfreich: a²-x² x = a sin u x²+a² x = a sinh u x²-a² x = a cosh u 2 2 Bsp 4-x²dx = 4-4sin²u 2cos u du 0 x = 2 sin u 0 2 cos u = 2 2 4 cos²u du = 2u+sin(2u) = 0 0 . 8.9 II Integralrechnung II.5. Uneigentliche Integrale Der Begriff "uneigentliches Integral" ermöglicht, Funktionen auf unbeschränkten Integrationsintervallen zu integrieren oder Funktionen zu integrieren, die Singularitäten aufweisen und deshalb im eigentlichen Sinn nicht integrierbar sind. Uneigentliche Integrale können also als Erweiterung des (Riemann-) Integrals verstanden werden. Uneigentliche Integrale 8.10 Typ 1: Unendliches Integrationsintervall a a f(x) dx oder a a f(x) dx f(x) dx oder 8.11 Def a f(x) dx = lim B B f(x) dx a Voraussetzungen: B a f(x) dx existiert ist eine Funktion der oberen Grenze B der Grenzwert existiert es heisst "konvergentes Integral" Def b f(x) dx = lim A b A f(x) dx mit ähnlichen Voraussetzungen. 8.12 Def f(x) dx = c = lim A f(x) dx + lim B A B c f(x) dx wähle c Voraussetzungen: c B beide Integrale ... und ... und A c beide Grenzwerte lim.. und lim.. A B müssen existieren. y=f(x) c x 8.13 Typ 2: Integrand mit einem Pol (=Unendlichkeitstelle) b a f(x) dx wobei f(x) einen Pol hat: bei der unteren Grenze a oder bei der oberen Grenze b oder bei c zwischen a und b. a c b 8.14 Falls der Integrand einen Pol bei der unteren Grenze hat: Def b b a f(x) dx = lim 0 f(x) dx a+ Voraussetzungen: b f(x) dx existiert a+ ist eine Funktion von der Grenzwert existiert es heisst "konvergentes Integral" 8.15 Falls der Integrand einen Pol bei der oberen Grenze hat: Def b- b a f(x) dx = lim 0 a f(x) dx mit ähnlichen Voraussetzungen. Falls der Integrand einen Pol bei c zwischen a und b hat: Def b a f(x) dx = = lim 0 c- a f(x) dx + lim 0 b f(x) dx c- Beide Integrale und Grenzwerte müssen existieren. Bsp 8.16 1 hat einen Pol bei x=1. 1-x 1 0 1 1-x = lim HDI dx 0 1- 1 1-x 0 = lim -2 1-x = lim -2 0 0 = 2 . dx + 2 10 9.1 II Integralrechnung II.6. Partielle Integration Die partielle Integration, auch Produktintegration genannt, ist eine Methode zur Berechnung bestimmter Integrale und zur Bestimmung von Stammfunktionen. Die Grundlage dieser Methode ist die Produktregel aus der Differentialrechnung. 9.2 Partielle Integration (PI) oder Produktintegration Aus der Produktregel für Ableitungen ( f(x)g(x) )' = f'(x)g(x) + f(x)g'(x) folgt kurz: ( f g )' = f'g + f g' (f(x)g(x))'dx = f'(x)g(x) dx+ f(x)g'(x) dx oder f(x)g'(x)dx = f(x)g(x) - f'(x)g(x)dx Für ein bestimmtes Integral: b f(x)g'(x)dx = a b b [f(x)g(x)] - f'(x)g(x)dx a a 9.3 Bsp x x x x e dx = x e - 1 e dx f g' f' g g f x x = x e - e + C beliebige reelle Konst. Bsp ln x dx = (ln x) x f g'=1 f g 1 x x dx f' g = x ln x - x + C beliebige reelle Konst. Der Schlüsselpunkt bei der P.I. ist die Funktionen geeignet zu wählen, die die Rollen von f und g übernehmen. e Bsp 1 9.4 cos(ln x) dx 1 = u cos(u) e du = ... 0 Substitution u = ln x x = eu d.h. Bestimmung einer Stammfkt von cos(u) e u durch partielle Integration: u cos(u) e du = f P.I. P.I. g' = cos(u) e u g f - (-sin u) e u du f' g = cos(u) eu +[ sin(u) e u - cos(u) e u du ] Es folgt, dass 2 cos(u) eu du = e u [cos(u)+sin(u)] + C ... = = e 2 1 2 u 1 e [cos(u)+sin(u)] 0 1 (cos 1 + sin 1) - . 9.5 II Integralrechnung II.7. Integration einer gebrochen rationalen Funktion durch Partialbruchzerlegung Die Partialbruchzerlegung (PBZ) ist eine standardisierte Darstellung rationaler Funktionen als Summe von Polynomfkt'en und Brüchen der Form Konst/(x-c) k. Insbesondere kommt die PBZ bei der Integration von rationalen Funktionen zur Anwendung. 9.6 Partialbruchzerlegung = Darstellung einer rationalen Fkt n n-1 m m-1 an x +an-1x +...+a 2x²+a 1x+a 0 bmx +bm-1x +...+b2 x²+b1 x+b0 Quotient zweier Polynome als Summe einer Polynomfkt q(x) 1 und Brüchen der Form (x-x ) k , i wobei die x i die Polstellen * sind, um die Rechnung (insbesondere die Integration) mit solchen Funktionen zu erleichtern. * Die Polstellen einer rationalen Fkt sind die Nullstellen des Nenners. Bsp 1 0 x³-x²+4 dx x²-4 9.7 1. Dividiere die Polynome, um q(x) zu bestimmen. (x³ -x² +4) : (x²-4) = x-1 -(x³ -4x ) -x²+4x+4 -(-x² +4) 4x Also x³-x²+4 = x-1 + 4x x²-4 x²-4 q(x) 9.8 2. Bestimme die Polstellen x i , d.h. die Nullstellen des Nenners. x²-4 = 0 <=> x = 2 3. Löse ein lineares System, um die Zähler der Brüche 1 zu bestimmen. k (x-x ) i 4x x²-4 A x-2 B x+2 <=> 4x = A(x+2) + B(x-2) <=> setze die Koeff. von x und die Konst. gleich 4 = A + B lineares System 0 = 2A-2B <=> A = B = 2 9.9 Fazit: x³-x²+4 = x - 1 + 2 + 2 x-2 x²-4 x+2 4. Integriere. x³-x²+4 dx = x²-4 1 =2 = x²-x+2ln|x-2| +2ln|x+2| +K 1 2 x² - x + ln (x²-4)² + K Eigenschaften des Logarithmus (K beliebig reell) 9.10 Rückschluss: 1 0 x³-x²+4 dx x²-4 1 = 0 1 2 = = 1 2 = - 2 2 x - 1 + + dx x-2 x+2 x²-x + ln (x²-4)² 0 - 1 + ln 9 - ln 16 1 2 1 + ln 9 16 9.11 Zur Erinnerung: 1 dx = ln |x-x | + K 0 x-x 0 1 1 dx = - x-x + K (x-x 0)² 0 1 2 1 dx = + K (x-x 0)³ (x-x 0)² 1 n-1 1 + K n dx = (x-x 0) (x-x 0)n-1 In diesem Kurs betrachten wir nur die drei folgenden Typen von Polstellen: 9.12 zwei verschiedene, einfache, reelle Polstellen x 1 und x 2 ax+b A B = x-x + x-x (x-x 1)(x-x 2) 1 2 ein doppelter reeller Pol x 1 ax+b = A B + x-x 1 (x-x 1)² (x-x1)² ein einfacher reeller Pol x1 und ein doppelter reeller Pol x 2 ax²+bx+c = (x-x 1)(x-x 2)² B A C = x-x + x-x + (x-x 2)² 1 2 10.1 II Integralrechnung II.8. Komplexe Zahlen, Grundrechenarten Die komplexen Zahlen erweitern den reellen Zahlenbereich derart, dass die Gleichung x²+1=0 lösbar wird. Dies gelingt durch Einführung einer neuen Zahl i mit der Eigenschaft i²=−1. Beliebige komplexe Zahlen können in der Form a+bi dargestellt werden, wobei a und b reelle Zahlen sind. Dann lassen sich die üblichen Rechenregeln für reelle Zahlen auf die komplexe Zahlen anwenden, wobei i² stets durch −1 ersetzt werden kann und umgekehrt. 10.2 Komplexe Zahlen Wir erweitern den reellen Zahlenbereich, um Polynomialgleichungen lösen zu können. Wir führen eine neue Zahl ein: die imaginäre Einheit i mit der Eigenschaft i² = -1. C = { x+iy | x,y Komplexe (oder Gauss-sche) Zahlenebene y R, i²=-1 } z=x+iy x 10.3 z = x + i y Realteil Imaginärteil eine komplexe Zahl Re(z) = x Im(z) = y Der Imaginärteil ist reell !!! Zwei komplexe Zahlen sind genau dann gleich, wenn ihre Real- und Imaginärteile gleich sind. Falls Im(z)=0, heisst z =x+i0=x eine reelle Zahl. Falls Re(z)=0, heisst z =0+iy=iy eine imaginäre Zahl. Sei z = x + i y 10.4 imaginäre Achse z1 y z x z1 -y z = x - i y reelle Achse z heisst die zu z komplex konjugierte Zahl z & z sind spiegelsymmetrisch zur reellen Achse 10.5 Grundrechenarten: + - : mit den gleichen Eigenschaften wie bei den reellen Zahlen Seien z 1 = x 1 + i y1 z 2 = x 2 + i y2 Addition und Subtraktion erfolgen komponentenweise: z 1 + z 2 = (x 1+x2 ) + i (y1 +y2 ) z 1 - z 2 = (x 1-x2 ) + i (y1 -y2 ) 10.6 Multiplikation erfolgt durch Ausmultiplizieren unter Beachtung des Axioms i²=-1 z 1 z 2 = (x1 +iy1 ) (x2 +iy2 ) = x1 x2+x1 iy2 +iy1 x2 +iy1 iy2 i²y1 y2 =-y y2 1 = (x1 x2 -y1 y2 )+i(x1 y2 +y1 x2 ) Bmk z z = (x+iy)(x-iy)=...=x²+y² = (Abstand zwischen z und 0)² y z x Pythagoras: (Länge)²=x²+y² 10.7 Der Betrag der komplexen Zahl z ist der Abstand zwischen z und 0: |z| = z z = x²+y² Der Kehrwert der Zahl z ist x-iy 1 z = = x²+y² z |z|² z da z =1 |z|² Division erfolgt durch Multiplikation mit dem Kehrwert des Nenners: z1 = z1 z2 z1 z2 1 = z2 |z2|² Bsp i (2+3i) = 2i + 3i² = -3 + 2i 10.8 Bsp i (-i) = -(i²) = -(-1) = 1 1 und damit ist i = -i Bsp (1+2i) (3-4i) = 3-4i+6i+8 = 11 + 2i Bsp 1+2i 3-4i = (1+2i)(3+4i) 3²+(-4)² = 1 25 = - = (3+4i+6i-8) 1 + 2 i 10.9 II Integralrechnung II.9. Fundamentalsatz der Algebra Der Fundamentalsatz der Algebra besagt, dass jedes nicht konstante Polynom im Bereich der komplexen Zahlen mindestens eine Nullstelle besitzt. Zum Beispiel besitzt das Polynom x²+1 zwei komplexe Nullstellen (und keine reelle). Der Fundamentalsatz der Algebra ist eine der am öftesten verwendeten Eigenschaften der komplexen Zahlen. 10.10 Fundamentalsatz der Algebra (Gauss, 1799) Jedes nicht konstante Polynom n-ten Grades P(z) = a n z n + a n-1z n-1+...+ a 1z + a 0 mit Koeffizienten a n,a n-1,...,a 1,a 0 reelle oder komplexe Zahlen (a n = 0) zerfällt komplett in ein Produkt aus Linearfaktoren P(z) = a n (z-z 1)(z-z 2)...(z-z n-1)(z-z n) z 1 ,z 2 ,...,z n-1 ,z n sind die Nullstellen des Polynoms, sind reelle oder komplexe Zahlen und sind nicht notwendigerweise verschieden. Bsp p(z) = 2z⁴ + 10z² + 8 = 2 (z²+1) (z²+4) besitzt 4 Nullstellen: i, -i, 2i, -2i 10.11 sind vier einfache Nullstellen Bsp p(z) = z⁵+2z⁴+6z³-18z²+13z =z(z-1)²(z+2-3i)(z+2+3i) besitzt 5 Nullstellen: 0, 1, 1, -2+3i, -2-3i wobei mehrfache Nullstellen entsprechend oft gezählt werden Bsp p(z) = i z³ = i z z z besitzt 3 Nullstellen: 0,0,0. 0 ist eine dreifache Nullstelle Bsp p(z) = az² + bz + c besitzt -b b²-4ac 2 Nullstellen: . 2a 10.12 Bmk Bei reellen Polynomen treten komplexe Nullstellen immer als Paare zueinander komplex konjugierter Zahlen auf. Wieso? Sei z eine Nullstelle des Polynoms ax² + bx + c. D.h. az² + bz + c = 0. Da a, b, c reell sind, zeigt die konjugierte Gleichung az² + bz + c = 0, dass z auch eine Lösung ist. 11.1 II Integralrechnung II.10. Die Euler-Formel Eigenschaften der komplexen Zahlen haben sich in vielen Anwendungen als äusserst nützlich erwiesen. Insbesondere wird der Zusammenhang zwischen trigonometrischen Funktionen und der Exponentialfunktion oft benutzt, der über die komplexen Zahlen hergestellt werden kann und der aus der Eulerschen Formel entstanden ist. Darstellungsformen einer komplexen Zahl 11.2 Normalform (oder kartesische Form) z=x+iy y x x,y sind kartesische Koordinaten Polarformen trigonometrische Form Exponentialform r J z r und J sind Polarkoordinaten 11.3 Polarkoordinaten y x = r cos J y = r sin J r J x r= x²+y² = Abstand zwischen (x,y) & (0,0) tan J J = ... y x = Drehung im Bogenmass von der positiven x-Achse ausgehend im Gegenuhrzeigersinn (positiven Sinn) r 0 0 J 2p 11.4 Polarformen einer komplexen Zahl z Trigonometrische Darstellung: z = x + iy = r cos J + i r sinJ = r (cosJ + i sinJ ) wobei r = |z| Betrag von z J = arg(z) Argument von z (oder Winkel oder Phase) heissen Hier ist r 0 und 0 J 2p der Hauptwert des Arguments liegt zwischen 0 und 2 p Exponentialform: Eulersche Formel iJ e = cosJ+ i sinJ z = x + iy = r (cos J+ i sin J) = r e iJ 11.5 Die Eulersche Formel lässt sich aus den Taylorschen Reihenentwicklungen der Funktionen e x, sin x und cos x herleiten: ex 1 xn = n=0 n! e iz = 1 (iz) n n=0 n! sin z cos z cos x = sin x = k k=0 (-1) (2k)! k k=0 (-1) (2k+1)! x 2k x 2k+1 Leonhard Euler (1707-1783) 11.6 Schweizer Mathematiker Eulersche Zahl e=2.718281828459... e = lim (1+ ) stammt aus der Zinseszinsrechnung [Basel 1736] Eulersche Identität e ip + 1 = 0 stellt einen Zusammenhang zwischen fünf der bedeutendsten mathematischen Konstanten her Und viel, viel mehr! 11.7 II Integralrechnung II.10. Umrechnungen, Potenzieren und Radizieren Potenzen und Wurzeln von komplexen Zahlen lassen sich in Polarform einfacher bestimmen. Im Gegensatz zu reellen Zahlen, besitzt jede nicht verschwindende komplexe Zahl stets n komplexe Wurzeln von Ordnung n. Dies folgt aus dem Fundamentalsatz der Algebra. 11.8 Bestimmung des Arguments J Sei z = x + i y. Bestimme r und J so, dass x = r cosJ y = r sin J r= x²+y² tan J = y x y arctan x J= (für x=0) falls z im 1. Quadrant oder auf der positiven x-Achse liegt p falls x=0 und y>0 2 y p + arctan x falls z im 2. oder im 3. Quadrant liegt 3p falls x=0 und y<0 2 y falls z im 4. Quadrant 2 p + arctan x J ist nicht definiert falls z=0 Tangens und Arkustangens 11.9 t p 2 p J 2 t=tan J Die Arkustangensfunktion ist die Umkehrfunktion der auf das Intervall p f p beschränkten Tangensfunktion. 2 2 tan J = t <=> J = arctan t p J= 2 p arctan t t 11.10 Die Multiplikation lässt sich in den Polarformen besonders einfach durchführen. i f1 Seien z 1 = x 1 + i y1 = r1 e i f2 z 2 = x 2 + i y2 = r2 e i( f1+f2) z1 z2 = ( r1 r2 ) e Beträge multiplizieren iz=re i(f Argumente addieren ) =-y+ix Multiplikation mit i stellt eine Drehung p um den Winkel 2 dar. rechten Winkel 90 Ähnlich für die Division: z1 r1 = z2 r2 e i( f1-f2) if z=re =x+iy 11.11 Aus der Potenzregel... ia e ib e (cos a+isin a )(cos b +isin b ) = e i(a + b) cos(a+b) + i sin(a+b) ...folgen die trigonometrischen Formeln für cos/sin einer Summe: cos( a+b )= cos a cos b - sina sinb sin( a+b )= sina cos b + cosa sinb Hinweis: Schreibe die Real- und Imaginärteile. cos(a+b) = Re (ei(a +b ) ) = Re (ei a e i b ) = ... sin(a+b ) = Im (ei(a +b ) ) = Im (e i a e i b ) = ... 11.12 Potenzieren Das Potenzieren lässt sich in den Polarformen besonders einfach durchführen. Sei z = r e n Dann ist z = r d.h. if n f in e n| n |z = |z| arg(z n ) = n arg(z) Aus dem Sonderfall r=1 n inf f i (e ) = e folgen die Moivreschen Formeln n ) = ( cos f + i sin f cos ( n f ) + i sin ( n f ) => Formeln für cos(3f ), sin(3f ), cos(4f )... Anwendung zu Integralen 11.13 Aus der n=2 Moivreschen Formel, cos(2x) + i sin(2x) = (cos x + i sin x)² = cos²x - sin²x + 2i sin x cos x, folgt, dass cos(2x) = cos²x - sin²x und sin(2x) = 2 sin x cos x. Unter Anwendung von cos²x+sin²x=1, 1+cos(2x) erhalten wir cos²x = 2 und sin²x = 1-cos(2x) . 2 Es folgt, dass cos²x dx = x + 2 und sin²x dx = x 2 sin(2x) 4 sin(2x) 4 + Konst. + Konst. 11.14 Radizieren (oder Wurzelziehen) Sei a eine gegebene (komplexe) Zahl. n z = a <=> z n- a = 0 ist ein Polynom n-ten Grades, besitzt deshalb n Nullstellen Die n-ten Wurzeln aus a sind die n komplexen Zahlen z mit z n = a. Schreibe die Zahlen in Polarform: iJ ia z = r e und a = |a| e n z = a <=> <=> n r e inJ = |a| e ia n r = |a| a +2kp J = n , k in Z n verschiedene Hauptwerte Fazit: 11.15 Ist a eine von null verschiedene Zahl, so gibt es genau n verschiedene n-te Wurzeln aus a. Diese n-te Wurzeln liegen alle auf einem Kreis um den Ursprung, dessen Radius gleich der reellen positiven n-ten Wurzel von |a| ist, und sie liegen in gleichmässigem Abstand von 2p um den Kreis. n n verschiedene n-te Wurzeln aus a 2p n n Radius= |a| 11.16 Bsp -8 besitzt 3 dritte Wurzeln: -8=8eip z³ = -8 <=> |z| = 3 8= 2 p +2kp arg(z)= 3 3 verschiedene Hauptwerte (k=0,1,2) <=> z = 2 e oder z = 2 e =-2 oder z = 2 e 2e -2 2e 12.1 II Integralrechnung II.12. Gewöhnliche Differentialgleichungen erster Ordnung Eine Differentialgleichung (DGL) ist eine Gleichung für eine gesuchte Fkt, in der auch Ableitungen dieser Fkt vorkommen. Viele Naturgesetze können mittels DGL formuliert werden. DGL sind daher ein wesentliches Werkzeug der mathematischen Modellierung. Dabei beschreibt eine DGL das Änderungsverhalten dieser Grössen zueinander. 12.2 Hauptanwendung der Integration: Lösung von Differentialgleichungen (DGL) DGL erster Ordnung y Bsp (1+x²) y' = e Bsp y' = sin²(x-y+ ) Bsp x² y' = 2xy + e + x Def Eine DGL ist eine Gleichung für eine gesuchte Funktion, in der auch Ableitungen dieser Funktion vorkommen. Die Ordnung einer DGL ist der Grad der höchsten auftretenden Ableitung. Beliebige DGL erster Ordnung 12.3 y' = f(x,y) dy ist die dx Steigung der Lösungskurve y=y(x) unabhängige Variable x (z.B. Zeit) abhängige Variable y(x) => zugehöriges "Richtungsfeld" sind einige Lösungskurven 12.4 Anfangswertproblem (AWP) y' = f(x,y) y(a) = ya DGL gegebener Anfangswert, wobei x=a die "Anfangszeit" ist Es folgt aus einem Satz (von Picard-Lindelöf), dass genau eine Lösung des AWPs existiert, falls f(x,y) differenzierbar ist (eigentlich braucht f(x,y) nur "Lipschitz-stetig" zu sein...). 12.5 In diesem Text ist normalerweise x die Variable und y=y(x) eine unbekannte Funktion von x. Aber es könnte z.B. die unbekannte Fkt P=P(t) eine Fkt der Zeit t sein, etc. Eine DGL zu lösen heisst alle Fkt'nen y(x) zu bestimmen, die die DGL erfüllen. Ein Anfangswertproblem zu lösen heisst die genaue Funktion y(x) zu bestimmen, die nicht nur die DGL sondern auch die Anfangsbedingung erfüllt. Um ein Anfangswertproblem zu lösen: - zuerst löse die DGL, - danach bestimme die Integrationskonstante anhand der Anfangsbedingung (z.B. y(0)=33). 12.6 II Integralrechnung II.13. Separierbare Differentialgleichungen Separierbare DGL (erster Ordnung) sind DGL, bei denen die erste Ableitung ein Produkt aus einer nur von x und einer nur von y abhängigen Funktion ist: y' = g(x)H(y). Separierbare DGL lassen sich mit der Methode "Trennung der Variablen" lösen. Separierbare DGL (oder DGL mit trennbaren Variablen) 12.7 y' = g(x) H(y) lassen sich für H(y) = 0 wie folgt integrieren (oder lösen): dy 1 H(y) dx 1 H(y) = g(x) <=> dy = g(x) dx (mithilfe der Substitutionsregel). y² y' = - sin x Bsp Die DGL 12.8 dy dx ist separierbar. Symbolisch multiplizieren wir sie mit dx und integrieren sie (die Substitutionsregel begründet die Schreibweise y'dx = dy): y² dy = <=> - sin x dx y³ = cos x + C . 3 Die allgemeine Lösung lässt sich explizit schreiben: y(x) = 3 3 cos x + C . Bmk Wir können die beliebige Konstante stets als C bezeichnen. 12.9 Es gibt auch DGL, die nach einer Substitution separierbar werden. In diesem Kurs behandeln wir nur zwei Typen davon: Typ L y' = f(ax+by+c) Linear Substitution: u=ax+by+c Typ B y y' = f( x ) Bruch Substitution: u = y x Bsp Sei x>0. Die DGL x y' = y lässt sich umschreiben y y' = x 12.10 x y y x y) f( x y und wird durch die Substitution u= x eine sperarierbare DGL x u' = - u . * Unter der Voraussetzung u>0 können wir diese DGL integrieren 1 du u <=> 2 -1 dx = x u = - ln x + C ** <=> u(x) = (- 1 ln x + C)². 2 Durch die umgekehrte Substitution y = x u gewinnen wir die Lösungen y(x) = x (- 1 ln x + C )² 2 . * 12.11 Wegen der Wurzel kann u nie negativ sein, aber die (konstante) Nullfunktion u 0 (d.h. y 0) ist doch eine Lösung der DGL: 0' = 0 - 0 . Also ist die vollständige Lösung der DGL die Menge aller folgenden Funktionen: y(x) 0 oder 1 y(x) = x ( - 2 ln x +C)². Oft funktioniert eine Methode unter gewissen Voraussetzungen (z.B. H(y)=0). Am Ende müssen wir die übrigen Fälle einzeln betrachten. ** Der Definitionsbereich jeder nichtkonstanten Lösung ist wegen 1 u = - 2 ln x + C beschränkt. > 0 => x < e2C Anwendung 12.12 Das Verhulst Modell für logistische Entwicklung Obwohl Populationszahlen nur ganzzahlige Werte annehmen, sind bei grossen Populationszahlen kontinuierliche Modelle passend. Sei P(t) die Grösse einer Population (Funktion der Zeit). 12.13 Im natürlichen Wachstumsmodell ist das Wachstum einer Population proportional zur Populationsgrösse: dP dt = c P wobei c eine positive, experimentellgeschätzte Proportionalitätskonst ist. Aber falls diese Population einem Wettbewerb mit limitierenden Ressourcen (wie Essen oder Wasser) in einem Lebensraum (wie einer Insel oder einem Planeten) ausgesetzt ist, dann wird sich die Populationsgrösse in Abhängigigkeit von der Differenz zwischen ihrer aktuellen Grösse und einer theoretischen Maximalgrösse K vermindern. 12.14 Logistische DGL (Verhulst) dP dt P = c P (1 ) K Die Konstante K heisst die Umweltkapazität oder Tragfähigkeit und ist die maximale Populationsgrösse, die in einem Lebensraum für unbegrenzte Zeit existieren kann, ohne diesen nachhaltig zu schädigen. Die logistische (oder Verhulst) DGL lässt sich mit Trennung der Variablen lösen. * Lösungen: P(t) = ct K P0 e K + P0 (ect -1) wobei P0 die Anfangspopulation ist. 12.15 Für P K 0 ist dP dt cP => exponentielles Wachstum Für P K 1 ist dP dt 0 => fast konstante Population Für P >1 ist dP <0 dt K Es ist stets => PopulationsAbnahme lim P(t) = K. t P K P0 P(t)= K P0 ect K + P0 (ect -1) t 12.16 Lösung der logistischen DGL * dP dt P = c P (1 ) ist separierbar. K H(P) Für P=0 und P=K gilt: 1 P P(1- K ) dP dt 1 P P(1- K ) = c dP = <=> c dt benutze PBZ P | K <=> ln|P| - ln|1= ct + Konst P0 P ct <=> = k e , wobei k = 0 0 P0 P 11- K K ct K P0 e <=>...<=> P(t) = ct K + P0 (e -1) P(t)=0 und P(t)=K sind konstante Lösungen. 13.1 II Integralrechnung II.14. Lineare DGL erster Ordnung In den Anwendungen sind lineare DGL selbst und als Annäherungen für andere DGL (durch Linearisierung) sehr wichtig. Eine allgemeine Formel bietet die Lösung einer linearen DGL erster Ordnung. Eine wesentliche Eigenschaft linearer DGL ist das Superpositionsprinzip, das neue Lösungen durch die Kombination von alten Lösungen ermöglicht. 13.2 Lineare DGL 1. Ordnung sind DGL von der Form y' + P(x) y = Q(x) heisst Koeffizient heisst Störfunktion Def Ist Q(x)=0, so heisst die DGL homogen, sonst inhomogen. Def Die zugehörige homogene DGL der DGL ist y' + P(x) y = 0 H 13.3 Lösung der homogenen DGL Die allgemeine Lösung der homogenen linearen Dgl H ist - P(x) dx yH (x) = k e wobei k eine beliebige reelle Konst. ist und P(x)dx eine beliebige Stammfunktion von P(x) ist. Diese Formel folgt aus der Trennung der Variablen im Fall y=0: y'+P(x)y=0 <=> 1y dy=- P(x)dx +c <=> ln|y| =- P(x)dx +c - P(x)dx <=> y(x) = k e 13.4 Lösung einer inhomogenen DGL mithilfe der Methode "integrierender Faktor": 1. Multipliziere beide Seiten der inhomogenen DGL mit dem sogenannten "integrierenden Faktor": v(x) = e P(x)dx wobei wir hier eine beliebige Stammfunktion von P(x) im Exponent wählen dürfen. 13.5 Dann wird die DGL y'e P(x)dx + P(x) y e P(x)dx = Q(x) e d dx ( y e P(x)dx = P(x)dx ) 2. Integriere: y e P(x)dx = Q(x) e P(x)dx dx . 13.6 3. Schreibe um: y(x)= Q(x)e P(x)dx - P(x)dx dx e wobei P(x) dx eine gewählte Stammfunktion vom Koeffizient P(x)dx P(x) ist. v(x) = e heisst ein integrierender Faktor. Die obige Formel bietet die allgemeine Lösung der linearen DGL erster Ordnung . 13.7 Bsp Für die lineare DGL y' = 2x y + 3e -P(x) x² Q(x) wählen wir den integrierenden P(x)dx Faktor e = e-x². Dann ist die allgemeine Lösung y(x) = (3 e x²e-x²)dx e x² 1 x² = ( 3x + c ) e , c R. Check: Nach den Produkt- und Kettenregeln ist die Ableitung von y(x)=(3x+c)ex² y'(x) = 3e x² + (3x+c) 2x e x² und das ist gleich 2x y(x) + 3ex² . 13.8 Folgerung der Linearität: das Superpositionsprinzip Linearkombinationen von Lösungen einer homogenen linearen DGL sind auch Lösungen. Das heisst: Sind yH (x) und yH (x) zwei 2 1 Lösungen von H , so ist die Kombination c1 yH (x) + c 2y H (x) 2 1 auch eine Lösung von H (wobei c 1, c 2 R). 13.9 Folgerung der Linearität Zwei beliebige Lösungen y P ,yP 1 2 der inhomogenen linearen DGL unterscheiden sich durch eine beliebige Lösung yH der zugehörigen homogenen DGL. Das heisst: Sind yP ,yP partikuläre Lösungen 1 2 von , so löst y=y P -y P die DGL 1 2 und - umgekehrt - ist y P H eine partikuläre Lösung von und yH eine Lösung von , H so löst yP +yH die DGL . Zusammenfassung 13.10 Die allgemeine Lösung der DGL y' + P(x) y = Q(x) ist von der Form y(x) = yP (x) +yH (x) wobei yP (x) eine partikuläre Lösung von ist und yH (x) die allgemeine Lösung der zugehörigen homogenen DGL ist: y' + f(x) y = 0 H 13.11 II Integralrechnung II.15. Autonome DGL erster Ordnung Eine DGL y'=f(x,y) heisst autonom oder stationär, falls f nur von y (und nicht von x) abhängt. Autonome DGL lassen sich graphisch analysieren. Dabei ist die Untersuchung des Vorzeichens von f entscheidend. Ist f(y)>0, so wächst y, ist f(y)<0, so nimmt y ab. Die Stellen y 0 wo f(y 0)=0 heissen Gleichgewichtspunkte. 13.12 Autonome DGL 1. Ordnung sind DGL von der Form y' = f(y) Autonome DGL lassen sich einfach graphisch analysieren. Bmk Alle autonome DGL sind separierbar, aber nicht umgekehrt. Deshalb lassen sich autonome DGL durch Trennung der Variablen lösen. 13.13 Def Die Werte von y, für die f(y)=0, heissen Gleichgewichtspunkte oder singuläre Punkte. Die Gleichgewichtspunkte sind die Konstanten-Lösungen der DGL y'=f(y), da die Ableitung von y genau an dieser Stellen verschwindet. 13.14 Def Ein Gleichgewichtpunkt y0 heisst stabil, wenn jede Lösung mit Anfangswert nahe y0 für wachsende x weiter auf y0 zuläuft; heisst labil, wenn jede Lösung mit Anfangswert nahe y0 (bis auf y0 selbst) sich für wachsende x von y0 wegbewegt. 13.15 Die Phasenlinie ist eine graphische Darstellung des qualitativen Verhaltens der Lösungen einer autonomen DGL. Um eine Phasenlinie zu erstellen: - zeichne eine y-Achse, - zeichne die Gleichgewichtspunkte ein und - durch Pfeile zeige die Intervalle, in denen die Ableitung y' positiv bzw. negativ ist. 13.16 Bsp Die DGL y'= -y(y-3) ist eine autonome DGL, wobei f(y)=-y(y-3). Wir erhalten die Gleichgeweichtspunkte, indem wir die rechte Seite der DGL gleich null setzen: -y(y-3) = 0 <=> y=0 oder y=3. 13.17 Die Funktion f(y)=-y(y-3) ist positiv für 0<y<3 und negativ für y<0 oder y>3. Deshalb wachsen die Lösungen mit Anfangswerten zwischen 0 und 3 und nehmen bei negativen Anfangswerten oder solchen, die grösser als 3 sind, ab. Die Phasenlinie ist: y=0 y'<0 y y y=3 y'>0 y y'<0 y 13.18 Der Gleichgewichtspunkt y=0 ist labil (oder instabil) und der GGPunkt y=3 ist stabil. Bsp Die DGL y'= sin(y) ist autonom und besitzt unendlich viele GGPunkte, y = k , wobei k eine beliebige Ganzzahl ist. Die GGPunkte sind stabil für k ungerade, sonst instabil: y=- y=-2 y=3 y= y=0 y=2 13.19 Bsp Die logistische DGL, dP dt P = c P (1 ) K (zum Beispiel für ein Populationsmodell) ist eine autonome DGL. Wir erhalten die Gleichgewichtspunkte, indem wir die rechte Seite der DGL gleich null setzen: c P (1 - P ) = 0 K <=> P=0 oder P=K. Deshalb sind die Gleichgewichtspunkte P=0 (Aussterben) und P=K (Umweltkapazität). Die Phasenlinie ist: P=0 dP >0 dt P=K 13.20 P dP <0 dt Das bedeutet, dass eine Population mit einer Anfangsgrösse 0<P0 <K wächst, während eine Population mit einer Anfangsgrösse P0 >K abnimmt. 14.1 II Integralrechnung II.16. Lineare DGL zweiter Ordnung mit konst. Koeffizienten Lineare DGL zweiter Ordnung sind eine wichtige Klasse von gewöhnlichen DGL mit vielen Anwendungen. Sie werden zum Beispiel verwendet, um bedeutende partielle DGL (wie die Wärmeleitungsgleichung oder die Wellengleichung) lösen zu können siehe Mathe II. 14.2 Lineare DGL zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten sind DGL von der Form a y" + b y' + c y = G(x) G(x) heisst Die Koeff. a, b & c Störfunktion. sind reelle Konstanten und a ist nicht Null. Die DGL y(x) ist, wie früher, heisst homogen die unbekannte Fkt. falls G(x) = 0. Diese DGL sind die einfachsten DGL zweiter Ordnung. Eine beliebige DGL zweiter Ordnung ist von der Form P(x) y" + Q(x) y' + R(x) y = G(x). 14.3 Das Superpositionsprinzip gilt für lineare DGL 2. Ordnung Die allgemeine Lösung der DGL a y" + b y' + c y = G(x) ist von der Form y(x) = yP (x) +yH (x) wobei yP (x) eine partikuläre Lösung von ist und yH (x) die allgemeine Lösung der zugehörigen homogenen DGL ist: a y" + b y' + c y = 0 H Wieso? 14.4 Sei y P eine partikuläre Lösung von , d.h. a y"P + b y'P + c yP = G(x) und sei yH die allgemeine Lösung von H , d.h. a y"H + b y'H + c yH = 0. Addiere diese Gleichungen: a(yP +yH )"+b(yP +yH )'+c(yP +yH )=G. Das bedeutet, dass auch yP +yH löst. Und umgekehrt: zwei Lösungen von unterscheiden sich durch eine Lösung von H. 14.5 Satz Die DGL ay"+by'+cy = 0 hat zwei linear unabhängige Lösungen y1 und y2 .* Sind y1 und y2 zwei beliebige linear unabhängige Lösungen, so hat die allg. Lösung die Form yH = c1 y1 + c2 y2 wobei c 1 und c 2 beliebige reelle Konstanten sind. * d.h. weder y1 noch y2 darf ein konstantes Vielfaches der anderen Lösung sein. Um eine DGL von der Form 14.6 a y" + b y' + c y = G(x) zu lösen, lösen wir zuerst die zugehörige homogene DGL a y" + b y' + c y = 0 und dann bestimmen wir eine partikuläre Lösung von . H Um die homogene DGL zu lösen, suchen wir Lösungen von der Form y = e rx , weil die erste und zweite Ableitung dieser Exponentialfunktion konstante Vielfache der ursprünglichen Fkt sind: y'=ry und y"=r²y. Einsetzen von y = e rx in 14.7 a y" + b y' + c y = 0. ergibt rx rx rx a r² e + b r e + c e = 0. rx Wir können durch e dividieren, da die Exp.Fkt nie null wird. Die gefundene polynomiale Gleichung a r² + b r + c = 0. heisst die charakteristische Gleichung der DGL. 14.8 Wir berechnen dann die Lösungen r 1 und r 2 der charakteristischen Gleichung (d.h. wir bestimmen die hom. rx Lösungen von der Form y=e ). Bmk Nach dem Fundamentalsatz der Algebra besitzt das quadratische Polynom ar²+br+c stets 2 Nullstellen r1 und r 2 (wir berücksichtigen die Vielfachheit). 14.9 Es gibt drei Fälle für r1 , r2 : zwei einfache reelle Lösungen r1 und r2 eine doppelte reelle Lösung r1 = r2 ein Paar von konjugiert komplexen Lösungen Falls r1 = r2 und beide reell r1x r2 x sind, sind y = e und y = e zwei linear unabhängige Lösungen der homogenen DGL. Deshalb ist die allg. Lösung der homogenen DGL: r1x yH (x) = c 1 e + c2 e r2 x wobei c 1 und c 2 beliebige reelle Konstanten sind. 14.10 Bsp Löse die homogene DGL y" -y'-6y = 0. Die charak. Gleichung ist r² - r - 6 = 0 und hat die Lösungen (verwende die Mitternachtsformel) r 1 = -2 und r2 = 3. Die allgemeine Lösung dieser homogenen DGL ist daher 3x -2x y(x) = c1 e +c2 e . 14.11 Falls r1 = r2 = r reell und rx gleich sind, dann sind y2 =e und y1 = x erx * zwei linear unabhängige Lösungen der homogenen DGL. Deshalb ist die allg. Lösung der homogenen DGL: yH (x) = ( c 1 + c2 x ) erx wobei c 1 und c 2 beliebige reelle Konstante sind. * In diesem Fall ist die DGL äquivalent zu y"-2ry'+r²y=0. Da y' = (1+rx) e rx und 2 y" = (2r+r²x) e rx , können wir bestätigen, 2 dass die Fkt y 2 eine Lösung der DGL ist. 14.12 Bsp Löse die homogene DGL y" - 4y' + 4y = 0. Die charak. Gleichung ist r² - 4r + 4 = 0 <=> ( r - 2 )² = 0 und hat die doppelte Lösung r = 2. Die allgemeine Lösung dieser homogenen DGL ist daher y(x) = ( c1 + c2 x ) e2x . 14.13 Falls r1 = a +ib , r2 =a +ib konjugiert komplexe Lösungen ax sind, sind y 1 = e cos( b x) ax und y2 = e sin( b x) zwei linear unabhängige Lösungen der homogenen DGL. Deshalb ist die allg. Lösung der homogenen DGL: x a yH(x)= e (c1cos( b x)+c2 sin( b x)) Bmk Nach der Eulerschen Formel (a +i b )x sind y1 = Re ( e ) a ( und y 2 = Im ( e +i b )x ) zwei reelle Funktionen. 14.14 Bmk Komplexe Lösungen r müssen immer in zueinander komplex konjugierten Paaren von Zahlen auftreten, da unsere DGL reell sind und deshalb ihre charak. Polynome auch reell sein müssen; siehe Seite 10.12. Es folgt, dass die komplexwertigen Lösungen auch als Paare auftreten: (a -i b )x (a +i b )x e und e . Aber normalerweise brauchen wir die entsprechenden reellen Lösungen. 14.15 Ist y=u+iv eine komplexwertige Lösung einer reellen DGL H , so sind Realteil u und Imaginärteil v zwei reelle Lösungen der DGL. Warum? Nimm den Real- und den Imaginärteil der Gleichung ay"+by'+cy = 0 : Re(ay"+by'+cy) = 0 Im(ay"+by'+cy) = 0 au"+bu'+cu = 0 <=> av"+bv'+cv = 0. 14.16 Bsp Löse die homogene DGL y" + 9y = 0. Die charak. Gleichung ist r² + 9 = 0 und hat die Lösungen r 1 = 3i, r2 = r1 = -3i. ( a = 0, b = 3) Die allgemeine Lösung dieser homogenen DGL ist daher y(x) = c1 cos(3x)+c2 sin(3x). Bsp Löse das AWP y" + 9y = 0 y(p ) = 5 y'(p ) = 12 . 14.17 Zuerst löse die DGL siehe Beispiel vorher: y(x) = c1 cos(3x)+c2 sin(3x). Bestimme die Koeffiz. c 1 , c 2 , so dass y( p ) = - c1 + 0 = 5 y'(p ) = 0 - 3 c2 = 12. Lösung: y=-5cos(3x)-4sin(3x). 14.18 II Integralrechnung II.17. Methode der unbestimmten Koeffizienten Die Methode der unbestimmten Koeffizienten ermittelt eine partikuläre Lösung einer inhomogenen linearen DGL 2. Ordnung mit konst. Koeffizienten, wenn die Störfunktion eine Summe oder ein Produkt von Polynomial-, Exponential-, Sinusoder Kosinusfunktionen ist. 14.19 Um eine partikuläre Lösung yP (x) einer inhomogenen DGL a y" + b y' + c y = G(x) zu ermitteln, wobei die Störfkt G(x) eine Linearkombination von Produkten von Kosinus-, Sinus-, Exponential- und Polynomfkt ist, wählen wir einen Lösungsansatz aus der Tabelle, die auf der Vorlesungswebseite gefunden werden kann. Wir setzen den Ansatz in die DGL ein und machen einen Koeffizientenvergleich. 14.20 Bsp Löse die inhomogene DGL y" + 9y = x + cos(3x). Zunächst lösen wir die zugehörige homogene DGL - siehe früher: yH(x) = k1 cos(3x)+k2 sin(3x). Die Störfunktion G(x) = x + cos(3x) enthält x und cos(3x). Da 0 keine Lösung der charak. Gleichung ist, aber 3i schon, wählen wir als Lösungsansatz (siehe Tabelle): 14.21 wegen des Terms x der Störfkt yspez (x) = c1 + c2 x + c3 x cos(3x) + c4 x sin(3x). wegen des Terms cos(3x) der Störfkt Diese Funktion hat y'spez (x) = c 2+ (c3 +3c4 x) cos(3x) + (c4 - 3c3 x) sin(3x) und y"spez (x) = (6c4 -9c3 x) cos(3x) + (-6c3 -9c4 x) sin(3x). Wir setzen diesen Ansatz in die DGL ein: 14.22 (6c4-9c3x) cos (3x) + (-6c 3-9c4x) sin (3x) y"spez + 9 ( c + c x + c x cos(3x) + c x sin(3x)) 1 2 3 yspez 4 = x + cos (3x) G(x) und setzen die Koeffizienten jeder Grundfunktion gleich 9 c1= 0 Koeff. von 1 9 c = 1 Koeff. von x 2 - 6 c3 = 0 Koeff. von cos(3x) Koeff. von sin(3x) 6 c4= 1 Daher ist yspez (x) = 91 x + 61 x sin (3x) eine partikuläre Lösung und die allgem. Lösung der gegebenen DGL ist x )sin(3x)+ 1 x. y(x)=yH +yspez= k cos(3x)+(k2+ 6 9 1 14.23 Lineare DGL höherer Ordnung mit konstanten Koeffizienten lassen sich wie DGL 2. Ordnung lösen, ausser dass es mehr Fälle für die homogenen Lösungen gibt. Z.B., für eine DGL 3. Ordnung y (3) + a 2y" + a 1y'+ a 0y = G(x) hat die charakter. Gleichung r³ + a 2r² + a 1r + a 0 = 0 drei Lösungen r1 , r 2 , r 3 (wir berücksichtigen die Vielfachheit) und es gibt die folgenden vier Fälle der homogenen Lösung: (c1, c2, c3 sind stets beliebige reelle Konstante) 14.24 r1, r 2, r 3 sind reell und verschieden Dann ist die allg. homogene Lösung yH(x) = c1e r1x + c 2e r2 x + c 3e r3 x r1 = r2 = r 3 und sind reell Dann ist die allg. homogene Lösung yH(x) = c1e r1x + (c 2+c 3x) e r2 x r1= r 2= r 3= r sind reell und gleich Dann ist die allg. homogene Lösung yH(x) = ( c 1 + c 2x + c 3x²) e rx r1= a +i b , r2= a-i b komplex konjug. und r3 ist reell Dann ist die allg. homogene Lösung x a yH(x)= e (c 1cos( b x)+c 2sin( bx)) + c 3 e r3 x