Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler

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Jugendliche und
Erwachsene
mit angeborenem
Herzfehler
Eine Informationsbroschüre
der Schweizerischen Herzstiftung
Aktiv gegen Herzkrankheiten und Hirnschlag
Danksagung
Die Schweizerische Herzstiftung dankt den Autoren für die unentgeltlich erstellten Artikel sowie der Vereinigung CUORE MATTO und
ihren Mitgliedern für die kompetente Beratung und engagierte
Mitarbeit. Insbesondere danken wir der Gertrude von MeissnerStiftung (in Erinnerung an Annette und Clas Richter). Sie hat uns mit
grosszügigen Spenden die Herausgabe dieser Broschüre ermöglicht.
Herausgeber: Schweizerische Herzstiftung
Schwarztorstrasse 18
Postfach 368
3000 Bern 14
Telefon 031 388 80 80
Fax 031 388 80 88
E-Mail: [email protected]
www.swissheart.ch
PC-Konto 30-4356-3
Autoren: Prof. Beat Friedli, Genf
Prof. Andreas Hoffmann, Basel
PD Dr. Erwin Oechslin, Zürich
Dr. Noémi de Stoutz, Forch
Doris Zemp, Buttisholz
Mitglieder von CUORE MATTO
Koordination der Texte: Prof. Hugo Saner, Olten/Bern
Übersetzung: Prof. Beat Friedli, Genf
Dr. Noémi de Stoutz, Sion
Fotoporträts: Foto Wolf, Chur
Illustrationen: Prof. Beat Friedli, Genf
Lektorat und Druck: Schwabe AG, Basel
Hinweis der Redaktion: Um den Text nicht schwerfällig zu
machen, verwenden wir vorwiegend
und damit stellvertretend für
die weibliche Form die männliche
Bezeichnung. Wir danken für Ihr
Verständnis.
© Schweizerische Herzstiftung, 3.2004
Inhaltsverzeichnis
2 Einleitung
7 Die verschiedenen Typen von Herzfehlern und ihre Auswirkungen
21 Anpassungen, Komplikationen und Begleiterkrankungen
29 Die wichtigsten und häufigsten Untersuchungsmethoden
35 Operationen und interventionelle Eingriffe
44 Medikamentöse Behandlung und Antikoagulations-Selbstkontrolle
53 Freizeit, Sport, Reisen und Höhenaufenthalte, Diensttauglichkeit,
Führen eines Fahrzeugs
67 Sexualität, Empfängnisverhütung und Schwangerschaft
77 Psyche und soziale Beziehungen
81 Berufsausbildung und Anstellungsverhältnisse
84 Versicherungen
86 Behandlungskette
91 Fragen und Ängste von Betroffenen
93 Kontaktadressen
98 Diagramm «Ihr persönlicher Herzfehler»
100 Literaturhinweise
Porträts von Betroffenen auf den Seiten
4 l 18
l 27 l 33 l 42 l 50 l 64 l 75 l 83 l 88
1
Einleitung
Etwa eines von hundert Neugeborenen hat einen Herzfehler. Die Hälfte
ist nicht schwer wiegend, wird manchmal erst viel später entdeckt und
bedarf keiner Behandlung. Bei einem Viertel wird aber bereits im ersten
Lebensjahr eine Behandlung und oft ein Eingriff notwendig. Viele Herzfehler können heutzutage dank grosser Fortschritte der chirurgischen
und anästhesiologischen Technik frühzeitig operiert werden und hinterlassen dann vielfach keine wesentlichen Folgen. In den meisten Fällen
sind jedoch weiterhin regelmässige Kontrolluntersuchungen auch im
Erwachsenenalter notwendig, um spätere Komplikationen oder Folgeschäden zu vermeiden oder frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
2
Vielleicht gehören Sie zu den Personen, die ihre ganze Kindheit und
einen Teil ihrer Jugendjahre mit einem angeborenen Herzfehler verbracht haben. Während dieser Zeit waren es in erster Linie die Eltern, die
sich um die notwendige Information und Unterstützung bemüht haben.
Nun ist die Zeit gekommen, Ihren weiteren Lebensweg selbständig zu
bestimmen. Damit Sie bei gesundheitlichen Beschwerden und im
Umgang mit Ärzten, Versicherungen, Arbeitgebern und Behörden gut
gerüstet sind, sollten Sie Ihre bisherigen Kenntnisse ergänzen und
lernen, mit Ihrem Herzfehler gut umzugehen. Bedenken Sie, dass Ihr
Herzfehler nur einen Teil von Ihnen ausmacht und seinen kleineren oder
grösseren Platz in Ihrer ganz persönlichen Lebensgeschichte hat.
Die vorliegende Broschüre enthält Informationen zu einzelnen Herzfehlern, deren Behandlung und zu verschiedenen medizinischen Fragen.
Darüber hinaus finden Sie darin praktische und hoffentlich für Sie hilfreiche Ratschläge. Schliesslich kommen in der Broschüre Betroffene zu
Wort: Menschen, die alle an einem angeborenen Herzfehler leiden und
am Sommerlager 2003 der Vereinigung CUORE MATTO in Passugg
(Graubünden) teilgenommen haben. Sie berichten aus ihrem Leben mit
der Krankheit, welche die einen mehr, die andern weniger einschränkt.
Ihre Berichte zeigen, wie man mit einem schweren Schicksal umgehen
kann oder muss. Sie machen Mut.
Die Broschüre kann nicht alle Ihre Fragen beantworten. Die Art und
die Bedeutung Ihres Herzfehlers sollten Sie sich von Ihrem Arzt im Detail
erklären lassen. Ihr Arzt und insbesondere Ihr Herzspezialist, weitere
medizinische Fachpersonen, die Vereinigung CUORE MATTO und die
Schweizerische Herzstiftung stehen Ihnen ebenfalls jederzeit für weiterführende und individuelle Fragen gerne Rede und Antwort.
Für Ihren weiteren Lebensweg wünschen wir Ihnen von Herzen
alles Gute.
Schweizerische Herzstiftung
3
Mein Name ist Monika Rüegg Jeker, ich bin 41 Jahre alt, gelernte
Bürokauffrau und seit Juni 2003 mit meinem langjährigen Lebenspartner
verheiratet. Ich wurde 1962 mit einem Single Ventrikel und einem offenen Ductus Botalli geboren. Daraus entstand im Laufe der Zeit zusätzlich
ein Eisenmenger-Syndrom. Die Ärzte prophezeiten mir kein langes Leben.
Damals konnte der Herzfehler noch nicht operiert werden. Trotzdem
konnte ich wie alle anderen Kinder die Primarschule besuchen. Während
der Bezirksschulzeit hatte ich vermehrt mit gesundheitlichen Problemen
zu kämpfen. Zum einen musste ich ein Korsett tragen, das meine Skoliose
(Wirbelsäulenverkrümmung) stabilisieren sollte. Zum andern erlitt ich
einige schmerzhafte Lungenembolien.
4
Nach der Schulzeit absolvierte ich eine kaufmännische Lehre bei der kantonalen Verwaltung. Anschliessend trat ich eine Stelle als Sachbearbeiterin
bei einem Getränkekonzern an. Das 100-Prozent-Pensum bereitete mir
keine grossen Probleme, bis ich 1985 eine Lungenblutung erlitt, die besonders schwer wiegend war, da ich zu dieser Zeit blutverdünnende Medikamente nahm. Nach diesem gesundheitlichen Rückschlag durfte ich auf
Anraten der Ärzte noch fünfzig Prozent arbeiten. Mit zunehmendem
Alter machte mir auch dies immer mehr zu schaffen, so dass ich mich
Mitte 2001 entschloss, eine volle IV-Rente zu beantragen.
Seit Ende 2001 amte ich in unserem Dorf als Gemeindeschreiberin. Das
Nebenamt umfasst nur ein geringes Pensum, und ich kann die Arbeit zu
Hause erledigen. So ist es mir möglich, die Zeit nach meinem gesundheitlichen Befinden frei einzuteilen, und ich habe trotzdem eine interessante
und verantwortungsvolle Aufgabe. Daneben bleibt mir viel Freiraum,
um beispielsweise – meist mit meiner Mutter als Gegnerin – Scrabble zu
spielen. Ab und zu besuche ich meine Patenkinder oder gehe shoppen.
An den Wochenenden treffen wir uns oft mit Freunden, gehen essen oder
besuchen Konzerte.
Gesundheitlich geht es mir seither einiges besser. Eine Korrektur des
Herzfehlers wäre heute medizinisch zwar machbar, kommt aber wegen
meinen geschädigten Lungen nicht in Frage. Sollte sich mein Gesundheitszustand wesentlich verschlechtern, wäre eine Herz-LungenTransplantation die einzige Option. Ausser auf sportliche Aktivitäten
musste ich bisher auf wenig verzichten. Deshalb fühle ich mich durch
meinen Herzfehler selten behindert. Ab und zu hadere ich dennoch mit
meinem Schicksal, vor allem dann, wenn ein gesundheitlich schlechter
Tag meine Pläne durchkreuzt.
55
Monika Rüegg
Die verschiedenen Typen
von Herzfehlern
und ihre Auswirkungen
Angesichts der grossen Vielfalt von Herzfehlern und ihres unterschiedlichen Schweregrades können die Auswirkungen von Patient zu Patient
sehr verschieden sein. Bezüglich des klinischen Erscheinungsbilds gibt
es drei grosse Gruppen:
– Herzfehler, die zu ungenügender Pumpleistung führen
(Herzinsuffizienz).
– Herzfehler mit Blauverfärbung (Zyanose).
– Herzfehler, die keinerlei Symptome verursachen.
Anatomisch lassen sich vier hauptsächliche Missbildungen
unterscheiden:
1. Defekte (Öffnungen) der Scheidewände, welche die rechten und
linken Herzhöhlen voneinander trennen.
7
2. Verengungen von Klappen oder grossen Blutgefässen.
3. Abnormale Stellung der grossen Gefässe (Aorta, Lungenarterie,
obere oder untere Hohlvene), einer Herzhöhle oder des ganzen
Herzens.
4. Ungenügende Entwicklung von Herzhöhlen oder Gefässen, die
zu klein sind oder sogar ganz fehlen.
Verschiedene Kombinationen dieser Elemente erklären die grosse Vielfalt
der bekannten Herzfehler, wobei bestimmte Kombinationen besonders
häufig sind. Das Ziel dieser Broschüre ist es nicht, alle Herzfehler aufzuzählen und zu beschreiben. Wir werden nur einige Beispiele für jede der
genannten Kategorien beschreiben.
Um die Herzfehler zu verstehen, müssen wir uns zuerst die normale
Anatomie und Funktionsweise des Herzens vergegenwärtigen.
Abbildung 1 zeigt ein normales Herz, in dem die vier Herzhöhlen sauber
getrennt sind. Das Blut vom Körperkreislauf kommt im rechten Vorhof
und das Blut vom Lungenkreislauf kommt im linken Vorhof an. Aus den
Vorhöfen gelangt das Blut in die Herzkammern (Ventrikel), welche die
eigentliche Pumpleistung aufbringen. Die rechte Kammer schickt das
blaue Blut in die Lungen, wo es sich mit Sauerstoff belädt und von wo
es in den linken Vorhof gelangt. Die linke Kammer pumpt das rote sauerstoffreiche Blut in den Körperkreislauf.
Abb. 1:
Normale Anatomie des Herzens
1 rechter Vorhof
2 rechte Kammer (Ventrikel)
3 Lungenarterie, die das blaue Blut
in die Lungen führt
4 linker Vorhof
5 linke Kammer (Ventrikel)
6 Aorta, die das rote Blut
in den Körperkreislauf führt
6
3
4
Lunge
1
5
2
Defekte in den Scheidewänden und
grossen Gefässen
8
Der Ventrikelseptumdefekt
Abbildung 2 zeigt diesen sehr häufigen Herzfehler, der sich durch Herzinsuffizienz bemerkbar machen kann. Es besteht eine Öffnung zwischen
den beiden Kammern (in der Scheidewand, dem Septum). In dieser
Situation dringt das sauerstoffreiche Blut aus der linken Kammer (Ventrikel) durch die Öffnung in den rechten Ventrikel, weil der Druck in der
linken Kammer höher ist.
Abb. 2:
Ventrikelseptumdefekt
Sauerstoffreiches Blut fliesst vom
linken in den rechten Ventrikel
(wo ein tieferer Druck herrscht),
vermischt sich mit dem blauen Blut
und kehrt in die Lunge zurück
In der Mehrheit der Fälle ist die Öffnung klein, es fliesst wenig Blut
hindurch, und der Patient spürt nichts davon. Wenn die Öffnung grösser
ist, geht viel sauerstoffreiches Blut über die rechte Kammer in die
Lungen zurück. Der Herzmuskel ermüdet dann, und es kommt zur Herzinsuffizienz. Glücklicherweise haben diese Öffnungen die Tendenz, mit
der Zeit spontan kleiner zu werden oder sich sogar ganz zu verschliessen,
und sind dann bedeutungslos. Wenn ein kleines Loch bleibt, das nicht
operiert werden muss, wird das den Patienten nicht stören. Es ist aber
wichtig, darauf zu achten, dass für den Rest des Lebens eine Endokarditisprophylaxe (siehe Seiten 21, 22) durchgeführt werden muss.
Der Vorhofseptumdefekt
Abbildung 3 illustriert diesen häufigen Herzfehler. Auch hier dringt
sauerstoffreiches Blut vom linken in den rechten Vorhof. Der Druck
in den Vorhöfen ist aber gering, so dass kleinere Mengen Blut durch den
Defekt fliessen als beim Ventrikelseptumdefekt. Daher kommt es nicht
zur Herzinsuffizienz, und der Herzfehler wird oft während der ganzen
Kindheit nicht bemerkt. Symptome treten häufig erst beim Erwachsenen
auf in Form von Atemnot bei Anstrengungen oder Störungen des Herzrhythmus mit unangenehmem Herzklopfen und unregelmässigem Puls.
Dieser Herzfehler wird aber doch meist in der Kindheit beim Abhören
9
(Auskultation) entdeckt. Wenn sich eine Überlastung der rechten Herzhöhlen zeigt, ist eine Operation notwendig. Ist die Öffnung jedoch sehr
klein, so kann man darauf verzichten. Heute können gewisse Defekte
mittels Herzkatheter, die in die Leistenvene eingeführt werden, behoben
werden. Dabei wird mit einer kleinen, schirmförmigen Prothese das Loch
verschlossen. Wenn ein Eingriff, sei es chirurgisch oder mit dem Katheter, rechtzeitig und mit Erfolg vorgenommen wurde, sind längerfristig
keine Kontrollen mehr nötig.
Abb. 3:
Vorhofseptumdefekt
Rotes, sauerstoffreiches Blut fliesst
durch die Öffnung in den rechten
Vorhof und in den rechten Ventrikel,
mischt sich mit dem blauen Blut,
und kehrt zurück in die Lunge
Der offene Ductus Botalli
Beim ungeborenen Kind ist der Ductus Botalli eine normale und lebenswichtige Struktur. Es handelt sich um ein kurzes Verbindungsgefäss
zwischen der Lungenarterie und der Aorta. Dieser Kanal verschliesst sich
spontan in den ersten Tagen nach der Geburt. Wenn er dennoch offen
bleibt, kann das sauerstoffreiche Blut aus der Aorta (wo ein hoher Druck
herrscht) in die Lungenarterie (wo der Druck niedriger ist) fliessen. Die
Folgen sind bei einem grossen Ductus genau gleich wie beim Ventrikelseptumdefekt. Oft verschliesst sich aber der Ductus Botalli teilweise,
so dass nur wenig Blut durchdringt. Dann wird dieser Herzfehler, der
keine Beschwerden verursacht, erst spät, bei grösseren Kindern oder gar
Erwachsenen, festgestellt. Es ist in jedem Fall wichtig, einen offenen
Ductus Botalli zu verschliessen, um das Risiko einer Endokarditis zu vermeiden. Der Eingriff erfolgt bei kleinem Ductus mit einem Herzkatheter.
Wenn der Kanal weit offen ist und erst spät entdeckt wird, besteht die
Gefahr eines Lungenhochdrucks (Blutdruck in der Lungenarterie erhöht,
zum Teil sogar höher als in der Aorta = Eisenmenger-Reaktion).
Einfache Verengungen (Stenosen)
10
Stenose der Pulmonalklappe
Die Pulmonalklappe, die am Ausgang der rechten Herzkammer sitzt, ist
am häufigsten von einer Verengung betroffen (Abbildung 4). Die Verengung kann sehr unterschiedlich stark sein. Oft ist sie so geringfügig,
dass sie zu keinen Beschwerden führt. Ausser in sehr schweren Fällen
sind auch stärkere Verengungen recht beschwerdearm. Wenn es sich um
eine grössere Verengung handelt, muss sie aber doch behoben werden.
Abb. 4:
Pulmonalstenose
(Lungenklappenverengung)
Die Pulmonalklappe ist verwachsen
und öffnet sich unvollständig, so dass
nur ein feiner Strahl Blut mittels
hohen Drucks in die Lungenarterie
gepumpt wird
Die Klappe lässt sich meist mittels Herzkatheter erweitern (Ballon-Valvuloplastie). Nach einer solchen Erweiterung mit einem Ballon verengt sich
die Klappe nur in Ausnahmefällen wieder. In diesem Fall kann der Eingriff wiederholt werden. Ein chirurgisches Vorgehen ist nur selten nötig.
Stenose der Aortenklappe
Diese führt viel häufiger zu Beschwerden. Die Aortenklappe sitzt am
Ausgang der linken Herzkammer (Abbildung 5). Da sie ein Hindernis am
Ausgang bildet, kann die Herzkammer ihre Pumpleistung bei Anstrengung nicht erhöhen. Bei körperlichen Anstrengungen kann es daher zu
Ermüdbarkeit oder sogar zu Bewusstlosigkeit (Synkopen) kommen.
Abb. 5:
Aortenstenose
(Aortenklappenverengung)
Die Aortenklappe ist verwachsen
und öffnet sich nur unvollständig.
Unter hohem Druck pumpt die
linke Kammer einen Strahl Blut
durch die verengte Klappe
in die Aorta
11
Beim Kind kann eine Stenose der Aortenklappe wie jene der Lungenklappe ohne Operation mit einem Ballon aufgedehnt werden, der mit
einem Katheter eingeführt wurde. Bei Erwachsenen muss im Allgemeinen chirurgisch vorgegangen und die Klappe eventuell durch eine
mechanische oder biologische Prothese ersetzt werden. Mit einer
mechanischen Klappe ist eine lebenslange Blutverdünnung angezeigt,
dies ist bei biologischen Klappen nicht notwendig. Hingegen haben
biologische Klappen nach heutiger Erkenntnis eine beschränkte Lebensdauer. Für beide Arten von Klappenprothesen braucht es eine Endokarditisprophylaxe und regelmässige kardiologische Kontrollen.
Koarktation der Aorta (Aortenisthmusstenose)
Es handelt sich nicht eigentlich um einen Herzfehler, sondern um
eine Fehlbildung der Aorta. Wie Abbildung 6 zeigt, besteht eine Verengung der absteigenden Aorta, unterhalb des Abgangs der Kopf- und
Armarterien. Diese unterschiedlich starke Verengung bildet ein Hindernis
für die Blutzufuhr in die untere Körperhälfte, also die Bauchorgane und
Beine. Demzufolge ist der Blutdruck in Kopf und Armen hoch und
jenseits des Hindernisses niedrig. Dieser Unterschied kann mit einem
Blutdruckmessgerät festgestellt werden. Gewisse Formen der Aortenisthmusstenose verursachen schon beim Säugling schwere Störungen;
andere werden sehr gut vertragen, und die Diagnose wird dann erst
spät, beim Jugendlichen, gestellt. Es ist der Bluthochdruck am Arm, der
den Verdacht einer solchen Missbildung aufkommen lässt. Die Anomalie
sollte immer behoben werden – meistens chirurgisch –, vor allem bei
jungen Patienten. Wenn sich die Aorta später wieder verengt, kann sie
oft mit einem Ballonkatheter erneut erweitert werden. Dies erlaubt im
Allgemeinen, den Blutdruck wieder zu normalisieren. Er kann aber, auch
nach einer erfolgreichen Operation oder Aufdehnung, nach einigen
Jahren wieder ansteigen. Kardiologische Kontrollen bleiben also nach
diesen Eingriffen lebenslang nötig.
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Abb. 6:
Aortenisthmusstenose
(Koarktation)
Nach Abgang der linken Armarterie
(Subclavia) findet sich eine Verengung
der Aorta, wodurch der Blutstrom
gehemmt wird und der Blutdruck im
oberen Körperteil ansteigt
Die wichtigsten zyanotischen Herzfehler
mit vier Herzhöhlen
Die Fallot-Tetralogie
Dies ist der häufigste zyanotische Herzfehler. Er vereint zwei der oben
besprochenen Anomalien, nämlich einen Ventrikelseptumdefekt und
eine Pulmonalstenose. Letztere liegt vor der eigentlichen Klappe, im
Muskel am Ausgang des rechten Ventrikels, und behindert den Zugang
des sauerstoffarmen Blutes zu den Lungen. Daher entweicht Blut durch
den Septumdefekt in Richtung Aorta (Abbildung 7). Das sauerstoffarme
Blut in der Aorta führt zur Zyanose, das heisst Blauverfärbung der Haut
und Schleimhäute. Ausserdem sind die äussersten Finger- und Zehenglieder verbreitert, man spricht von Trommelschlegelfingern. Die FallotTetralogie muss immer operiert werden, andernfalls erreichen die
Patienten das Erwachsenenalter nur selten. Wenn die Operation früh
und erfolgreich durchgeführt wird, können diese Personen ein praktisch
normales Leben mit nur wenigen Einschränkungen führen. Immerhin
sind regelmässige kardiologische Kontrollen und einige, in den nächsten
Kapiteln beschriebene Vorsichtsmassnahmen zu empfehlen.
13
Abb. 7:
Fallot-Tetralogie
Die häufigste «blaue» Krankheit.
Es besteht ein Kammerseptumdefekt
kombiniert mit einer stark verengten
Ausflussbahn zur Lungenarterie;
die Aorta sitzt halbwegs über dem
rechten Ventrikel. Blaues Blut fliesst
folglich in die Aorta
Die Transposition der grossen Arterien
Dieser Herzfehler, der fast so häufig auftritt wie die Fallot-Tetralogie,
entsteht durch eine verkehrte Verbindung der grossen Arterien mit ihren
Herzkammern: Die Lungenarterie tritt aus dem linken statt aus dem
rechten Ventrikel aus, die Aorta aus dem rechten statt aus dem linken
Ventrikel (Abbildung 8). Diese Fehlbildung ist mit dem Leben nicht vereinbar, da das blaue, sauerstoffarme Blut direkt in den Körperkreislauf
Abb. 8:
Transposition der grossen Arterien
Die Aorta entspringt dem rechten
Ventrikel, die Lungenarterie dem
linken Ventrikel. Ein Überleben
nach der Geburt ist nur möglich,
wenn rotes und blaues Blut ausgetauscht wird, zum Beispiel durch
einen Vorhofseptumdefekt
14
zurückgeht, ohne sich in den Lungen mit Sauerstoff angereichert zu
haben. Das Überleben ist jedoch möglich, wenn zwischen den Vorhöfen
oder den Herzkammern eine Verbindung besteht, was doch recht häufig
der Fall ist. Eine Verbindung zwischen den Vorhöfen kann auch notfallmässig beim Neugeborenen mittels Herzkatheter geschaffen werden,
um ihm das Überleben zu ermöglichen. Eine chirurgische Korrektur muss
sehr rasch darauf folgen. Heute werden dabei die grossen Gefässe am
Ausgang ihres jeweils richtigen Ventrikels angeschlossen. Früher wurde
das Blut aus den Hohlvenen in die linke und aus den Lungenvenen in die
rechte Kammer geleitet (Operation nach Senning oder Mustard, siehe
Seite 37). Diese Operation, die heute kaum noch durchgeführt wird,
erlaubt, ein relativ normales Leben zu führen. Manche Patienten müssen
aber Medikamente nehmen, um die rechte Herzkammer zu entlasten,
die in die Aorta pumpt. Ausserdem kommt es manchmal zu verlangsamtem Puls, was selten Probleme verursacht, aber gelegentlich das Einsetzen eines Herzschrittmachers erforderlich macht.
Komplexe Herzfehler, mit Fehlen einer Herzhöhle
oder eines grossen Gefässes
Fehlen eines Ventrikels
Alle bisher dargestellten Herzfehler haben eines gemeinsam: Das Herz
besteht aus den vier Herzhöhlen, d.h. zwei Vorhöfen und zwei Kammern
der richtigen Grösse. Dies erlaubt, chirurgisch einen normalen Kreislauf
herzustellen, bei dem das Blut aus einem Ventrikel in die Lungen,
aus dem anderen in den Körper gepumpt wird. Eine solche symmetrische
Ausbildung der rechten und linken Herzhöhlen kann jedoch fehlen.
Tatsächlich gibt es Herzfehler, bei denen eine Kammer, meist ein Ventrikel,
kaum oder gar nicht entwickelt ist. Es kann sich um den rechten oder
den linken Ventrikel handeln. Der einzige Ventrikel muss dann die ganze
Arbeit übernehmen, das heisst als Pumpe für den systemischen (Körper-)
und den pulmonalen (Lungen-)Kreislauf dienen. Es ist unvermeidlich,
dass sauerstoffarmes und -reiches Blut sich vermischen, so dass diese
Patienten meist zyanotisch sind.
Die Abbildungen 9 und 10 zeigen zwei klassische Situationen, bei denen
beide Kreisläufe aus einer einzigen Kammer gespeist werden. In der
einen (Abbildung 9) ist die Klappe zwischen dem rechten Vorhof und
dem rechten Ventrikel vollständig verschlossen (Atresie der Trikuspidalklappe). Das Blut, das aus den Körpervenen in den rechten Vorhof
zurückkommt, fliesst durch eine Öffnung in der Vorhofscheidewand
(Septumdefekt oder Foramen ovale) und gelangt so über den linken
Vorhof durch die verbleibende Klappe in den linken Ventrikel. Der rechte
Ventrikel ist sehr klein und dient praktisch nur als Durchgang in die
Lungenarterie, die Pumpfunktion wird vom linken Ventrikel allein übernommen.
15
Abb. 9:
Trikuspidalatresie
Die Trikuspidalklappe (zwischen rechtem
Vorhof und rechter Kammer) ist verschlossen, der rechte Ventrikel stark
unterentwickelt. Blaues Blut muss durch
einen Vorhofseptumdefekt in den linken
Vorhof fliessen, mischt sich mit rotem
Blut und gelangt in die linke Kammer, die
einzige effektive Pumpe. Dank einem
Ventrikelseptumdefekt geht Blut in die
kleine rechte Kammer und in die Lungenarterie. Die Lungenklappe ist oft verengt
Im zweiten hier dargestellten Fall (Abbildung 10) sind die Klappen am
Ausgang beider Vorhöfe normal, führen aber beide in eine einzige
Kammer, die der linken Kammer entspricht (alleinige Kammer = «Single
Ventricle» vom linken Typ oder linker Ventrikel mit doppeltem Eingang).
Die rechte Kammer ist nur ein Anhängsel, das durch einen Ventrikelseptumdefekt mit dem linken Ventrikel verbunden ist und als Durchgang
Abb. 10:
Single Ventricle
Hier sind beide Klappen von Vorhof
zu Kammer offen, aber beide führen
das Blut in den linken Ventrikel.
Der rechte Ventrikel ist unterentwickelt
und dient als Ausflussbahn zur Aorta,
die Lungenarterie entspringt direkt dem
linken Ventrikel (Transposition)
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zur Aorta dient. Die Aorta entspringt also von der rechten Kammer, man
spricht von Transposition. Diese komplexen Herzfehler haben gemeinsam, dass dem Lungenkreislauf keine eigene Pumpe zugeordnet werden
kann. Die einzige Möglichkeit, die beiden Kreisläufe zu trennen, besteht
darin, die Körpervenen oder den rechten Vorhof direkt, ohne zwischengeschaltete Pumpe, an die Lungenarterie anzuschliessen. Der Druck in
der Lungenarterie muss dann tief sein, damit der Venendruck das sauerstoffarme blaue Blut durch die Lungen befördern kann (siehe Kapitel
Operationen und interventionelle Eingriffe, Seite 38).
Fehlen einer grossen Arterie
Seltener kommen Herzfehler vor, bei denen beide Ventrikel gut ausgebildet sind, aber eine der grossen Arterien fehlt (oder sehr klein ist). Wenn
die Lungenarterie fehlt, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder entspringen aus der Aorta eine linke und eine rechte Lungenarterie, man spricht
dann vom gemeinsamen Arterienstamm (truncus arteriosus communis).
Oder aber die Lungenarterien haben überhaupt keinen Kontakt zu
einem Ventrikel oder der Aorta (Pulmonalatresie). In diesem Fall führen
mehrere Arterien aus dem absteigenden Teil der Aorta Blut in die Lungenarterien. In beiden Situationen ist die chirurgische Korrektur schwierig,
aber oft dadurch möglich, dass eine künstliche Pulmonalarterie oder ein
transplantiertes Gefäss und eine Klappe eingebaut werden.
Wenn die Aorta sehr klein ist, ist auch der linke Ventrikel zu klein (Linksherzhypoplasie), um eine Korrektur mit zwei funktionierenden Pumpen
vornehmen zu können. Dieser Herzfehler erlaubt kein Überleben, wenn
nicht bald nach der Geburt eine palliative Operation (Teilkorrektur, siehe
Kapitel Operationen und interventionelle Eingriffe) durchgeführt wird.
Andere Herzfehler
Ebstein-Anomalie
Es handelt sich um eine seltene Fehlbildung, bei der die Trikuspidalklappe, die den Durchgang vom rechten Vorhof zum rechten Ventrikel
bildet, in den Ventrikel hinunter versetzt ist. Dadurch hat der Ventrikel
ein reduziertes Volumen, während der Vorhof um einen Teil des Ventrikels
vergrössert ist, der hier oberhalb der Klappe zu liegen kommt.
Wenn das Säuglingsalter vorüber ist, wird dieser Herzfehler oft während
der ganzen Kindheit und im frühen Erwachsenenalter gut vertragen.
Die wesentlichen Probleme sind Herzrhythmusstörungen und eine Herzinsuffizienz, die spät auftritt. Oft besteht zusätzlich ein Defekt in der
Vorhofscheidewand, so dass venöses Blut in den linken Vorhof gelangen
kann, was zu einer Zyanose führt. Treten Symptome auf, ist ein chirurgischer Eingriff nötig.
Die kongenital korrigierte Transposition der grossen Arterien
Die kongenital korrigierte Transposition der grossen Arterien ist ein
seltener Herzfehler. Wie der Name sagt, sind die grossen Arterien ausgetauscht, das heisst, die Aorta tritt aus dem rechten, die Lungenarterie
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aus dem linken Ventrikel aus. Die Ventrikel haben aber ihre Stellung
ebenfalls ausgewechselt: der linke Ventrikel liegt rechts und schliesst an
den rechten Vorhof an; der rechte Ventrikel liegt links und nimmt das
Blut aus dem linken Vorhof auf. Das sauerstoffarme blaue Blut geht also
in die Lungen, das sauerstoffreiche rote Blut in die Aorta, also in den
Körperkreislauf: Die Transposition ist durch die Fehlstellung der Ventrikel
«korrigiert».
Wo liegt nun das Problem? Die beiden Ventrikel sind nicht gleichwertig,
sie haben eine unterschiedliche anatomische Struktur. Der rechte Ventrikel ist nicht dazu gedacht, ein Leben lang den Körperkreislauf (hoher
Druck) zu speisen. Im Laufe der Jahre ermüdet deshalb der Ventrikel
oder die Trikuspidalklappe wird undicht. Darum müssen regelmässige
kardiologische Kontrollen durchgeführt werden.
Ich heisse Donat Burkhalter und wurde 1959 geboren. Als ungewöhnlich
ruhiger Bub wurde ich vom Einschulungsarzt wegen eines abnormen
Herzgeräuschs an einen Kardiologen überwiesen. Vorerst war nicht klar,
ob es sich um einen erworbenen oder angeborenen Herzfehler handelte.
Erst später liess sich mit der Ultraschalltechnik eine angeborene inoperable Ebstein-Anomalie diagnostizieren. Endlich hatten meine Familie und
ich eine Erklärung dafür, weshalb ich oft müde, antriebslos und körperlich
weniger leistungsfähig war als gleichaltrige Kinder.
Die Schulzeit erlebte ich unterschiedlich. In den ersten Jahren waren die
Hänseleien und Übergriffe seitens der Mitschüler massiv. Dank tollen
Kollegen gestalteten sich die letzten vier Jahre hingegen recht spassig.
Die Mithilfe im elterlichen Lebensmittelgeschäft und in einer Buchdruckerei hatten mich körperlich etwas gestärkt. Schon lange stand mein
Berufswunsch fest: Ich wollte Coiffeur werden. So begann ich 1975 die
Ausbildung, drei Jahre als Herrencoiffeur in Solothurn und 11/2 Jahre als
Damencoiffeur in Herzogenbuchsee.
18
Mit der Berufserfahrung, die ich mir inzwischen angeeignet hatte,
erwarb ich 1981 den fünfplätzigen Salon meines ehemaligen Lehrmeisters
in Solothurn. Mit der Zeit wurde die Belastung durch das eigene Geschäft
und weitere Aktivitäten – ich sang in einem Männerchor und spielte
in einem Akkordeonorchester – doch zu gross. 1992 rächte sich die Überlastung mit einem Spitalaufenthalt. Es wurde mir eine Lebenserwartung
von nur noch drei bis fünf Jahren genannt. Erst nach einem vierwöchigen
Aufenthalt in der Reha-Klinik in Seewis ging es langsam wieder aufwärts.
Später erlitt ich einen Autounfall. Es folgten mehrere Hospitalisierungen,
eine Operation und eine Neurodermitis-Behandlung. 2002 verkaufte
ich den Coiffeursalon. Dank IV-Unterstützung habe ich meinen Beruf nun
zum Hobby machen können. Viel Freude bereiten mir auch das Akkordeonspiel im Orchester und die Aktivitäten bei CUORE MATTO.
Mir ist bewusst, dass die meisten Menschen Lebenskurven kennen; mit
einer Behinderung sind sie eben doch schwerer zu ertragen.
Donat
Burkhalter
19
Anpassungen, Komplikationen
und Begleiterkrankungen
Bestimmte Komplikationen sind allen angeborenen Herzfehlern gemeinsam. Ein Beispiel ist die subakute bakterielle Endokarditis. Andere
sind für einen Typ spezifisch. Schliesslich gibt es Komplikationen, die
typischerweise nach chirurgischen Eingriffen auftreten, wie zum Beispiel
Herzrhythmusstörungen.
Subakute bakterielle Endokarditis
Die Endokarditis ist eine Komplikation, die allen, auch sehr leichten
Herzfehlern droht, ausser im Fall von Vorhofseptumdefekten. Sie wird
durch im Blut zirkulierende Bakterien verursacht, die sich auf Anomalien
(Verengungen, Öffnungen, Klappen) festsetzen und dort vermehren
können. Es entsteht eine Infektion im Herzen, insbesondere auf den
Klappen. Wie gelangen solche Bakterien ins Blut? Die wichtigsten Eintrittspforten sind der Mund und Infektionsherde. Wenn der Zahnarzt
einen Zahn zieht oder auch nur Zahnstein radikal entfernt, wenn ein
21
Abszess oder Furunkel aufgeschnitten wird, haben die Bakterien aus
dem Mund oder dem Infektionsherd Zugang ins Blut. Das ist bei jedermann der Fall. Wenn kein Herzfehler besteht, können sich die Bakterien
(meistens) nicht am Endokard (Innenhaut des Herzens) fixieren, sie
werden durch die Infektabwehr abgetötet. Wenn jedoch im Blutfluss
Wirbel bestehen, beispielsweise durch abnormale Klappen oder
Öffnungen, können sich die Bakterien dort fixieren.
Die Endokarditis ist eine schwere Infektionskrankheit, die eine langdauernde Behandlung mit Antibiotika erfordert und Folgeschäden nach
sich ziehen kann, insbesondere die Zerstörung von Klappen. Sie muss
unter allen Umständen verhütet werden. Deshalb werden Personen mit
angeborenem Herzfehler mündlich und schriftlich über die Massnahmen
informiert, die bei Zahnbehandlungen, Magen- oder Darmspiegelungen
oder bei chirurgischen Eingriffen in infizierten Gebieten ergriffen werden müssen. Eine Stunde vor Beginn der Prozedur muss das Antibiotikum geschluckt werden, damit es im Blut aktiv ist, wenn die Bakterien
eindringen.
Diese Vorbeugung ist zwar sehr nützlich, schützt aber nicht hundertprozentig vor einer Endokarditis. Bei Fieber über eine längere Zeit und
verschlechtertem Allgemeinzustand muss an eine Endokarditis gedacht
werden. Eine frühzeitige Behandlung erlaubt im Allgemeinen, die Infektion unter Kontrolle zu bringen, ohne dass Folgeschäden entstehen.
Nach guten chirurgischen Korrekturen von Herzfehlern ist zum Glück
eine Endokarditis viel seltener.
Jeder Patient, ob operiert oder nicht, bekommt ein Kärtchen mit präzisen Anleitungen für Massnahmen zur Vorbeugung der Endokarditis.
Es enthält eine Liste jener Eingriffe, die mit dem Risiko einer Bakteriämie
(Eintritt von Bakterien ins Blut) verbunden sind, so dass die vorgängige
Einnahme von Antibiotika nötig ist. Auch die empfohlenen Antibiotika
und ihre Dosierung sind angegeben. Diese Kärtchen sind rot oder grün.
Die rote Karte gilt für Patienten mit hohem Endokarditisrisiko, hauptsächlich Personen mit mechanischen oder biologischen Herzklappenprothesen, und solche, deren Herzfehler mit künstlichen Gefässen mit oder
ohne Klappen korrigiert worden ist. Die grüne Karte gilt für alle anderen
Patienten.
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Die Liste der Risikoeingriffe ist nicht erschöpfend. Heute wünschen viele
Junge, sich tätowieren zu lassen oder ein Piercing zu tragen. Es sind Fälle
von Endokarditis auch nach solchen kosmetischen Prozeduren beschrieben worden. Der beste Schutz wird natürlich durch den Verzicht auf
diese Eingriffe erreicht. Wer dennoch ein Piercing oder Tattoo unbedingt
wünscht, muss sich dieses unter absolut sterilen Bedingungen anbringen
lassen und zuvor Antibiotika einnehmen, besonders wenn das Piercing
Schleimhäute (Nase, Mund) betrifft.
Anpassungen und Komplikationen
bei zyanotischen Herzfehlern
Die zyanotischen Herzfehler haben gemeinsam, dass die Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut vermindert ist. Der Körper reagiert mit
einem ganz logischen Anpassungsmechanismus: Die Anzahl roter Blutkörperchen steigt an. Da jeder dieser Sauerstofftransporter (rotes
Blutkörperchen) weniger Sauerstoff trägt, erlaubt deren höhere Anzahl,
die im ganzen transportierte Sauerstoffmenge zu erhöhen. Dies ist –
bis zu einer gewissen Grenze – durchaus sinnvoll. Wenn die roten Blutkörperchen zwei Drittel oder mehr des Blutvolumens ausmachen
(Hämatokrit 65% oder höher), wird das Blut dickflüssig (höhere Viskosität) und fliesst langsamer durch die kleinsten Blutgefässe (Kapillaren).
Es entsteht ein Stau wegen des dichteren «Verkehrs», und es gelangt
eine geringere Sauerstoffmenge zu den Zellen.
Die Menge der Blutkörperchen kann durch einen Aderlass verringert
werden. Dies ist aber bei einem Hämatokrit unter 65 Prozent nicht
angezeigt. Auch bei höheren Werten ist ein Aderlass nicht immer erforderlich. Gewisse Patienten ertragen einen Hämatokrit bis 70 Prozent
gut. Wenn jedoch Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit
auftreten, muss Blut abgenommen und durch physiologische Kochsalzlösung ersetzt werden.
Unter den infektbedingten Komplikationen der zyanotischen Herzfehler
ist in erster Linie die Endokarditis zu nennen (siehe oben), dann auch der
Hirnabszess. Da das Blut, das aus dem Körper zum Herzen zurückkommt, nicht durch die Lungen «gefiltert» wird, können kleine Gerinnsel, die Bakterien aus einem Infektionsherd enthalten, in die Aorta
gelangen und in verschiedene Organe geschwemmt werden. Das Gehirn
ist besonders empfindlich für diese Komplikation. Die Bakterien können
sich an irgendeiner Stelle des Gehirns festsetzen und einen Abszess
bilden. Bei Fieber mit Kopfschmerzen ist es daher wichtig, dass Personen
mit zyanotischen Herzfehlern ihren Arzt aufsuchen.
Herzinsuffizienz
Herzinsuffizienz bedeutet, dass das Herz keine ausreichende Pump23
leistung erbringt, um eine normale Durchblutung der Organe zu ermöglichen. Dies kann zwei Gründe haben: Entweder wird ihm eine stark
erhöhte Leistung abverlangt oder die Pumpe selbst ist geschwächt, das
heisst, die Muskelkraft nimmt ab.
Bei angeborenen Herzfehlern ist die Muskelkraft meist erhalten, jedenfalls bei Kindern und Jugendlichen. Die Hauptursache der Herzinsuffizienz ist hier also eine erhöhte Belastung. Zum Beispiel ist bei einem
grossen Ventrikelseptumdefekt die Blutmenge, die gepumpt werden
muss, bis zu dreimal höher. Dies ist eine klassische Ursache der Herzinsuffizienz beim Säugling. Hingegen ist die zu pumpende Blutmenge
bei zyanotischen Herzfehlern nicht erhöht, in einigen Fällen sogar erniedrigt (Fallot-Tetralogie).
Es kommt jedoch vor, dass im Erwachsenenalter eine Ermüdung des
Herzmuskels auftritt und die Kontraktionskraft abnimmt, besonders bei
komplexen Herzfehlern wie dem «Single Ventricle» (alleinige Kammer).
Patienten mit Herzinsuffizienz verspüren Atemnot bei Anstrengungen,
zum Beispiel beim Treppensteigen. Ihre Knöchel werden geschwollen.
Es gibt heute sehr wirksame Medikamente gegen die Herzinsuffizienz
(siehe Kapitel Medikamentöse Behandlung und Antikoagulations-Selbst-
kontrolle). Wenn jedoch ein nicht operierter Herzfehler die Ursache der
Herzinsuffizienz ist, kann ein chirurgisches Vorgehen oft zu einer Lösung
des Problems führen.
Herzrhythmusstörungen
Das Herz schlägt normalerweise regelmässig, wobei die Frequenz sehr
unterschiedlich ist, je nachdem ob man schläft, wach ist oder sich
körperlich anstrengt. Sogar die gewöhnliche Atmung führt zu kleinen
Schwankungen des Herzrhythmus. Eine Gruppe von Zellen im rechten
Vorhof, Sinusknoten genannt, gibt entsprechend dem Bedarf den Rhythmus an. Er gibt elektrische Impulse, die durch das Herz geleitet werden
und zur Kontraktion zuerst der Vorhöfe, dann der Kammern führen.
Dieser perfekte Mechanismus kann auf verschiedene Arten gestört
sein. Zellen ausserhalb des Sinusknotens, irgendwo im Herzen, können
elektrische Reize aussenden, die den Herzrhythmus stören. Das kann
bei jedermann, auch mit normalem Herzen, passieren und sich mit den
Extrasystolen, die oft als Herzstolpern spürbar sind, äussern.
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Herzrhythmusstörungen können dazu führen, dass das Herz viel zu
schnell schlägt. Man spricht in diesem Fall von Tachykardie. Andererseits
kann ein schlechtes Funktionieren des Sinusknotens oder ein blockiertes
Reizleitungssystem, insbesondere im Leitungsbündel zwischen Vorhof
und Ventrikeln, den Rhythmus stark verlangsamen, man spricht dann
von Bradykardie.
All diese Herzrhythmusstörungen kommen bei Menschen mit normalen
Herzen zwar vor, aber sie sind bei Personen mit Herzfehlern häufiger.
Bestimmte Rhythmusstörungen treten nach Operationen am offenen
Herzen auf, entweder weil Narben die Ausbreitung der Reize verändern,
oder weil der Sinusknoten während der Operation verletzt wurde. Ist
der Herzrhythmus beschleunigt (Tachykardie), muss dies im Allgemeinen
mit Medikamenten behandelt werden. Im Fall eines verlangsamten
Rhythmus (Bradykardie) sind Medikamente nicht sehr nützlich, und es
muss oft ein Herzschrittmacher eingesetzt werden.
Personen mit Herzfehlern, ob operiert oder nicht, müssen wissen, dass
es wichtig ist, rasch mit dem Kardiologen Kontakt aufzunehmen, wenn
sie Herzstolpern spüren, plötzliche Schwindelanfälle bekommen oder
in Ohnmacht fallen.
Pulmonale Hypertonie
Der Blutdruck im kleinen (Lungen-)Kreislauf ist normalerweise fünf- bis
sechsmal niedriger als der systemische Druck (der am Arm gemessen wird).
Wenn beide Kreisläufe verbunden sind, meistens wegen eines Ventrikelseptumdefekts, wirkt der systemische Blutdruck auch auf den Lungenkreislauf ein, und es entsteht eine pulmonale Hypertonie. Die Blutgefässe in der Lunge reagieren darauf mit einer Verdickung ihrer Wände,
sie verengen sich oder verstopfen sogar ganz. Diese Lungengefässkrankheit wird Eisenmenger-Reaktion genannt. Wenn diese Reaktion
eintritt, ist der Bluthochdruck in der Lunge nicht rückgängig zu machen
(irreversibel), und es kann keine Operation mehr vorgenommen werden.
Nur eine Herz-Lungen-Transplantation ist denkbar, die heute noch
risikoreich ist.
Eine frühe Operation kann die Entwicklung eines fixen und irreversiblen
Lungenhochdrucks verhüten. Bei fortgeschrittener Eisenmenger-Reaktion wird der Druck in der Lungenarterie so hoch, dass sauerstoffarmes
blaues Blut durch den Defekt von den rechten in die linken Herzhöhlen
und in Richtung auf die Aorta hinüberfliesst: der Patient wird zyanotisch.
Begleiterkrankungen
Bei etwa einem Drittel der Patienten mit angeborenen Herzfehlern
kommen zusätzliche Missbildungen vor, die nicht das Herz betreffen.
Etwa 15–20 Prozent der Herzfehler sind Teil eines so genannten
Syndroms, einer Zusammensetzung von Fehlentwicklungen an mehreren
Organsystemen. Zudem gibt es eine ganze Reihe von Krankheiten, die
als Folge eines angeborenen Herzfehlers erworben werden.
Eine Verzögerung der intellektuellen Entwicklung kann als angeborene
Behinderung (als Teil eines Syndroms, wie z.B. beim Down-Syndrom)
oder seltener auch als Folge eines frühkindlichen Sauerstoffmangels in
Erscheinung treten. Skelettdeformationen wie Skoliose, Anfallsleiden
(Epilepsie) oder Muskellähmungen und -verkrampfungen sowie Lungenerkrankungen (Asthma, Infektionen) sind oft beobachtete Begleiterscheinungen. Gicht und Störungen im Blutbild (Zusammensetzung
der Blutkörperchen) kommen als Folge einer chronischen Zyanose vor.
Zu den Folgen früherer Operationen und Eingriffe (z.B. wiederholte
Herzkatheteruntersuchungen) zählen Gefässverschlüsse von Arterien
und Venen an Armen und Beinen, Narben meistens am Brustkorb,
welche manchmal die Rippen miteinbeziehen und sichtbare Deformationen bewirken.
25
26
Andreas Meyer
Ich heisse Andreas Meyer und bin 1978 mit einem Herzfehler – Fallotsche
Tetralogie – zur Welt gekommen: Aufgewachsen und zur Schule gegangen bin ich in Wil. Dank einem Lehrer, der mich trotz meiner körperlichen Schwächen gezielt förderte, konnte ich die ganze Primarschule in
der Regelklasse besuchen. In der Oberstufe wurde es einfacher: Die
körperliche Leistungsfähigkeit stand nicht mehr im Vordergrund, und mit
der Berufswahl wurden ganz andere Themen aktuell. Ja, die Berufswahl:
Mein Kardiologe hätte mich wohl am liebsten in irgendeinem Büro
versorgt, um mich vor körperlicher Anstrengung zu schützen. Ich wollte
aber Schreiner lernen. Allerdings war es nicht ganz einfach, einen
Lehrmeister zu finden, der bereit war, einen körperlich eingeschränkten
Lehrling auszubilden. Nach einem Tag in der Werkstatt hatte ich keine
Energie mehr für ein Hobby.
Während dem ersten Lehrjahr wurde der lange angekündigte und
dringend notwendige Kathetereingriff mit anschliessender notfallmässiger
Operation am offenen Herzen vorgenommen. Letztere war in jenem
Moment problematisch und risikoreich, entpuppte sich aber nachher als
Glücksfall für mich. Auf diese Weise konnte ein Teil der Verengungen
in den herznahen Blutbahnen operativ beseitigt werden, was dauerhafter
ist als einzelne Katheterinterventionen. Nach der Erholungsphase war das
27
Resultat deutlich spürbar. Ich hatte viel mehr Lust und Energie, nach
einem Tag in der Werkstatt noch etwas zu unternehmen. Damals wuchs
auch der Wunsch, im Beruf mehr mit dem Kopf zu arbeiten, als nur
die Ideen anderer umzusetzen. Ich schloss meine Lehre mit der Berufsmatura ab, die den Eintritt in eine technische Hochschule ermöglicht.
Heute stehe ich kurz vor dem Abschluss meiner Zweitausbildung zum
Raumplaner (Dipl. Ing. HS). Dank den Beziehungen, die ich während
einem Praktikumsjahr im Tessin geknüpft habe, habe ich für die Zeit nach
der Ausbildung dort bereits eine Stelle.
Schon während der Lehre begann ich mich für die Selbsthilfegruppe
CUORE MATTO zu engagieren. Auch wenn ich mich gesund fühle, ist das
Thema Herzfehler für mich noch lange nicht erledigt. Es wird mich wohl
ein Leben lang begleiten. Wie lange ich die Energie und die körperliche
Leistungsfähigkeit haben werde, um ein so aktives Leben zu geniessen,
weiss ich nicht. Zurzeit habe ich sie. Und wenn ich einmal gewisse
Abstriche machen muss, werde ich Lösungen finden. Meine individuelle
Lebensqualität wird darunter nicht leiden.
Eine Begleiterkrankung bzw. deren Behandlung wird unter Umständen
von den besonderen Kreislaufbedingungen der Herzpatienten und deren
Behandlung beeinflusst. Ein wichtiges Beispiel dafür ist das Absinken des
Blutdrucks bei Fieber, Flüssigkeitsverlust oder Narkose, das sich besonders ungünstig auswirkt auf den Kreislauf von Patienten mit Lungenhochdruck und Zyanose oder bei Patienten, die bereits unter einer stark
blutdrucksenkenden medikamentösen Behandlung stehen.
Bei komplizierten Herzfehlern ist deshalb eine Verständigung zwischen
allen behandelnden Ärzten auch bei scheinbar «harmlosen» Eingriffen
lebenswichtig und sollte von den Patienten selbst nachdrücklich verlangt
werden. Frauenärzte, Narkoseärzte, Chirurgen und Zahnärzte sollten
sich immer mit dem für Sie zuständigen Herzspezialisten in Verbindung
setzen.
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Die wichtigsten und häufigsten
Untersuchungsmethoden
In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Untersuchungsmethoden
kurz beschrieben. Weitere Informationen zu den Untersuchungsmethoden finden Sie in den entsprechenden Broschüren der Schweizerischen
Herzstiftung. Wenn Sie den Grund einer Untersuchung oder die Untersuchungsmethode trotzdem nicht verstehen, sprechen Sie mit Ihrem
Arzt und lassen Sie sich beraten.
EKG
Das Elektrokardiogramm (EKG) registriert die feinen elektrischen Ströme,
die sich bei der Erregung des Herzens über dieses ausbreiten. Mit dem
EKG werden bei Patienten mit angeborenem Herzfehler vor allem der
Herzrhythmus, Erregungsausbreitungsstörungen im Herzen und Rhythmusstörungen untersucht. Die Frage nach einer Durchblutungsstörung
des Herzens (Ischämie oder Herzinfarkt) stellt sich bei Patienten mit
angeborenen Herzfehlern selten.
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Holter-EKG
Das Holter-EKG wird auch 24-Stunden-EKG genannt. Die Untersuchung
wird ambulant durchgeführt. Der Patient soll während der Registrierung
seinen üblichen Alltagsverpflichtungen nachgehen.
24-Stunden-Blutdruckmessung
Ein Registriergerät misst während 24 Stunden in bestimmten Intervallen
den Blutdruck und zeichnet ihn auf. Diese Untersuchung dient der
Bestätigung oder dem Ausschluss eines zu hohen Blutdruckes (bei grenzwertigen Blutdruckwerten während der ärztlichen Untersuchung) und
der optimalen Blutdruckeinstellung.
Röntgenbild
Das Röntgen ist eine alte und heute immer noch sehr wichtige Untersuchungsmethode. Bei Eintritt ins Erwachsenenalter wird in der Regel zur
Standortbestimmung («Ausgangswert» für den weiteren Verlauf) ein
Röntgenbild des Brustkorbs angefertigt.
Echokardiographie
Bei der transthorakalen Echokardiographie wird das Herz von aussen
durch die Brustwand mittels Ultraschall untersucht. Bei Lungenerkrankungen und/oder Zustand nach Operationen kann die Bildqualität
eingeschränkt sein.
Bei der transösophagealen Echokardiographie wird das Herz von der
Speiseröhre (Ösophagus) her, das heisst von hinten, mittels Ultraschall
untersucht. Der Patient muss wie bei der Magenspiegelung eine Sonde
schlucken. Der Vorteil liegt in der ausgezeichneten Bildqualität. Diese
Untersuchung wird häufig während und am Schluss einer Herzoperation
als Qualitätskontrolle durchgeführt.
Belastungstest
Ein Belastungstest kann mit dem Velo (Fahrrad-Ergometer) oder einem
Laufband (Laufband-Ergometer) durchgeführt werden. Die Belastung
auf dem Laufband ist natürlicher und wird in vielen Fällen der FahrradErgometrie vorgezogen.
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Mit dem Belastungstest werden neben der Belastbarkeit auch Symptome, Puls und Blutdruckanstieg, Rhythmusstörungen und EKG-Veränderungen beurteilt. In speziellen Situationen wird eine Spiroergometrie
durchgeführt, das heisst, neben den üblichen Messwerten werden über
ein Mundstück oder eine Maske die anaerobe Schwelle (Übergang auf
nicht primär sauerstoffabhängige Energiegewinnung) und die Sauerstoffaufnahme während der Belastung gemessen.
Computer-Tomographie
Das Computer-Tomogramm stellt den Körper in Schicht-Röntgenbildern
dar, so dass krankhafte Veränderungen genau studiert werden können.
Sein Nachteil ist die Strahlenbelastung. Dreidimensionale Darstellungen
sind aber möglich und sehr informativ. Die Computer-Tomographie
eignet sich zum Beispiel besonders gut für die Untersuchung der Brustschlagader.
Magnet-Resonanz-Untersuchung (MRI)
Diese sehr moderne Untersuchungsmethode bedient sich der elektromagnetischen Eigenschaften der Moleküle, und es entstehen Bilder mit
sehr hohem Auflösungsvermögen. Die fehlende Strahlenbelastung ist
ein grosser Vorteil. Die Methode darf aber bei Patienten mit einem Herzschrittmacher oder einem Defibrillator (ICD) nicht angewendet werden.
Herzkatheter-Untersuchung
Bei der Herzkatheter-Untersuchung wird durch die Punktion der Arterie
und der Vene in der Leiste (gelegentlich auch in der Armbeuge oder
einer Vene am Hals) ein Katheter in die grossen, herznahen Venen, zu
den grossen Arterien und zum Herzen vorgeschoben. Die Untersuchung
wird unter örtlicher Betäubung (Lokalanästhesie) durchgeführt (eine
Narkose ist bei Adoleszenten und erwachsenen Patienten nicht notwendig). Sie dient der Druckmessung im Herzen und in den grossen Gefässen sowie der Darstellung der Gefässe und der Herzkammern durch die
Injektion von Kontrastmittel.
31
Gabi Kobelt
32
Ich heisse Gabi Kobelt, bin 24 Jahre alt und die jüngste von drei
Schwestern. Ich wohne in Olten. Meine Hobbys sind Kochen, vor allem
asiatische und thailändische Gerichte, und Einkaufen in SpezialitätenLäden.
Und nun zu meiner Krankheit: Ich habe ein Noonan-Syndrom. Das
bedeutet Kleinwuchs, Blutgefässmissbildung mit inneren Blutungen,
Organmissbildung und neben anderem natürlich auch einen Herzfehler.
Bis zur 6. Klasse besuchte ich die Schule in Olten, die 7. und 8. Klasse im
Töchterinstitut Marienburg in Wikon bei Ordensschwestern. Es ging mir
gesundheitlich so schlecht, dass ich nicht einmal den Schulweg bewältigen
konnte. Nach diesen zwei Jahren durfte ich im Rossfeld in Bern, einer
Institution für körperbehinderte Menschen, einen kaufmännischen Beruf
erlernen. Im Jahr 2002 habe ich die Bürolehre abgeschlossen.
Bei meiner ersten Herzoperation war ich 15 Jahre alt. Ich musste die
Pulmonalklappe erweitern lassen, die zu eng war (Stenose). Weil es mir
so schlecht ging, musste ich rund sechs Monate im Inselspital in Bern
bleiben. Ich weiss von dieser Zeit fast nichts mehr. Ich hatte fürchterliche Ödeme in den Beinen und Lungen bekommen, welche die Ärzte
fast nicht mehr zu heilen wussten. Dazu kamen noch Magen- und Darmblutungen. Der Tod wartete an meinem Bett. Wie durch ein Wunder
stoppten Kortisonpillen die Blutungen.
Die zweite Herzoperation erfolgte im Januar 2003 wiederum im Inselspital, wo ich einfühlsam betreut wurde. Wegen dem Wachstum hatte sich
meine eigene Herzklappe zu stark erweitert. Ich musste einen Klappenersatz haben. Ich bekam einen so genannten Homograft (menschliche
Klappe). Anschliessend musste ich für vier Wochen zur Kur nach Gais.
Danach ging ich dreimal pro Woche zur Rehabilitation ins Kantonsspital
Olten.
Die IV hat mich aufgrund meiner vielen gesundheitlichen Probleme zu
hundert Prozent arbeitsunfähig erklärt. Trotzdem bin ich bestrebt, eine
meiner Leistungsfähigkeit entsprechende Teilzeitarbeit zu suchen. Bei der
heutigen Arbeitsmarktlage ist dies für Behinderte aber sehr schwierig.
33
Operationen und
interventionelle Eingriffe
Dank bedeutenden Fortschritten in der Medizin während der letzten
vierzig Jahre können heute auch komplizierte Herzfehler bereits in den
ersten Lebenswochen operativ behandelt werden. Neben grossen Fortschritten und Erfahrungen in der Herzchirurgie haben neue Erkenntnisse
in diagnostischen Verfahren, in der Herzanästhesie, der Intensivmedizin,
der Pflege, der Physiotherapie usw. zum Erfolg in der Behandlung von
angeborenen Herzfehlern beigetragen und vielen Kindern das Überleben
ins Erwachsenenalter ermöglicht.
Teiloperation – palliative Operation
Das Ziel der Teiloperation oder des Palliativeingriffs ist die Verbesserung
der Symptome und der Lebensqualität. Der Herzfehler wird in seiner
Anatomie nicht oder nur unwesentlich verändert (z.B. der Kammerscheidewanddefekt wird nicht verschlossen), das heisst, die wichtigsten
Defekte bleiben bestehen und werden nicht angerührt.
Die meisten palliativen Eingriffe werden (als vorbereitende Massnahme) 35
zur Verbesserung der Lungendurchblutung und somit zur Linderung
der Zyanose bei ungenügendem Blutfluss in die Lunge durchgeführt.
So wird beispielsweise zwischen der linken Armarterie und der linken
Lungenarterie eine Verbindung hergestellt zur Verbesserung der Lungendurchblutung (der Patient ist weniger zyanotisch oder weniger «blau»).
Ein palliativer Eingriff kann sein:
7 Ein erster Schritt zur definitiven Operation, weil das Kind noch zu
klein oder zu krank für die definitive Operation ist.
7 Eine Behandlungsmöglichkeit zur Verbesserung der Symptome,
weil der Herzfehler wegen des Schweregrades nicht definitiv operiert
werden kann.
Reparative Operation
In der Vergangenheit wurde häufig von Totalkorrektur eines Herzfehlers
gesprochen. Dieser Begriff beinhaltet eine vollständige Korrektur des
Herzfehlers (d.h. keine Restbefunde) und lässt vermuten, dass in Zukunft
keine Operationen mehr notwendig sein werden – der Herzfehler ist ja
total korrigiert. In den letzten Jahren lernten wir aber, dass dieser Begriff
nur für einzelne Herzfehler (z.B. offener Ductus arteriosus Botalli, Vor-
hofseptumdefekt) Gültigkeit hat. Für viele Herzfehler ist er aus folgenden Gründen nicht ganz zutreffend:
7 Die abnormale Verbindung zwischen den Ventrikeln und den grossen
Arterien nach der Operation einer Transposition der grossen Arterien
(z.B. Vorhofumkehr nach Senning) besteht immer noch, das heisst,
der rechte Ventrikel pumpt das Blut in den Körper.
7 Obwohl ein ausgezeichnetes Operationsresultat besteht, kann nach
Verschluss eines grossen Ventrikelseptumdefekts immer noch eine
kleine Verbindung zwischen den beiden Ventrikeln oder eine Einengung über einer Klappe bestehen (z.B. Conduit mit biologischer
Klappe).
7 Das zur Herstellung der Verbindung verwendete Prothesematerial
wird mit dem Wachstum zu klein, altert und muss wieder ersetzt
werden, das heisst, eine erneute Operation ist vorprogrammiert.
36
Der bis anhin verwendete Begriff «Totalkorrektur» wird deshalb zunehmend durch den Begriff «reparative Operation» ersetzt. Beispiele:
7 Eine eingeengte Klappe wird plastisch erweitert oder durch eine
künstliche Klappe ersetzt.
7 Undichte Herzklappen werden rekonstruiert (vor allem Mitralklappe)
oder ersetzt (z.B. biologische oder mechanische Herzklappen).
7 Nach der Operation einer Fallot-Tetralogie mit Verschluss des Ventrikelseptumdefekts und Behebung der Einengung im Ausflusstrakt
des rechten Ventrikels besteht häufig eine Resteinengung, eine
Undichtigkeit der Pulmonalklappe (Klappe zwischen Lungenarterie
und rechter Ventrikel) und /oder eine Undichtigkeit des mittels Patch
verschlossenen Ventrikelseptumdefekts (Abbildungen 11a
und b).
Abb. 11a und b:
Operation der Fallot-Tetralogie
a) Seitenanblick der Tetralogie:
LV = linker Ventrikel
RV = rechter Ventrikel
PA = Pulmonalarterie
(Lungenarterie)
Ao = Aorta
b) Nach der Operation:
Der Ventrikelseptumdefekt ist mit
einem «Patch» verschlossen, und
die Ausflussbahn zur Lungenarterie
ist erweitert worden. Oft besteht
eine undichte Pulmonalklappe,
nachdem diese chirurgisch eröffnet
wurde (Pfeil)
a)
b)
Ao
PA
LV
RV
7 Bei einer Transposition der grossen Arterien – die Lungenarterie
entspringt aus dem linken Ventrikel und die Aorta aus dem rechten
Ventrikel – wurde das Blut in der Vergangenheit auf Ebene des
Vorhofs auf die Gegenseite umgeleitet (z.B. Vorhofumkehr nach
Senning). Somit besteht eine funktionelle (das Blut fliesst nun
richtig), aber nicht eine anatomische Korrektur (der rechte Ventrikel
ist weiterhin mit der Aorta verbunden und pumpt das Blut in den
Körper anstatt in die Lunge) (Abbildung 12).
Abb. 12:
Operation nach Senning oder Mustard
im Falle der Transposition
Durch eine komplexe Kanalisation der
Vorhöfe, nachdem die Scheidewand
herausgeschnitten wurde, kann nun
sauerstoffarmes Blut in den linken
Ventrikel und so in die Lungenarterie
fliessen (blaue Pfeile), während sauerstoffreiches Blut in den rechten
Ventrikel und so in die Aorta gelangt
(rote Pfeile)
37
7 Eine schwere Einengung (z.B. Aortenisthmusstenose, Stenose der
Ausflussbahn des linken oder rechten Ventrikels) kann auch durch
einen Bypass überbrückt werden.
7 Bei komplexen Herzfehlern wird das Blut zur Trennung der Kreisläufe
vom rechten Vorhof direkt in die Lungenarterie geleitet, womit nur
noch ein Ventrikel die Pumpleistung für den Kreislauf aufbringt
(Fontan-Operation mit univentrikulärer Zirkulation) (Abbildungen
13a und b).
Abb. 13a und b:
Operationen im Falle von Trikuspidalatresie
oder Single Ventricle (so genannte FontanZirkulation)
a)
a) Klassische Fontan-Operation, wobei
der rechte Vorhof mit der Lungenarterie
verbunden wird; der Vorhofseptumdefekt
wurde verschlossen, so dass alles sauerstoffarme Blut in die Lunge fliesst, ohne
Hilfe einer Pumpe (hier in einer Trikuspidalatresie)
b) Total Cavo-pulmonary Connection.
Beide Hohlvenen werden separat in die
Lungenarterie geführt (hier in einem
Single Ventricle)
b)
38
Schrittmacher
Bei angeborenen Herzfehlern und erworbenen Herzerkrankungen
können Reizleitungsstörungen (Blockierungen) entstehen, das heisst, das
Herz schlägt viel zu langsam. Die zu langsame Herzfrequenz kann sich
in einer Leistungsabnahme oder im Extremfall in einem kurzen Bewusstseinsverlust äussern.
Der Schrittmacher wird bei Reizleitungsstörungen eingepflanzt. Er registriert jeden Herzschlag. Wenn die Herzfrequenz zu langsam ist, gibt er
dem Herzen einen elektrischen Impuls, den man nicht spürt. Der Eingriff
ist bei Patienten ohne angeborenen Herzfehler ein Routineeingriff. Bei
Patienten mit einem angeborenen Herzfehler kann er aber wegen der
schwierigen Anatomie und den Voroperationen kompliziert sein, weshalb
in solchen Fällen die Implantation in der Regel in einem Zentrum mit
Erfahrung in der Betreuung von Patienten mit angeborenem Herzfehler
erfolgt. Für weitere Details siehe Broschüre «Herzschrittmacher» der
Schweizerischen Herzstiftung.
Radiofrequenzablation
Diese Behandlung erfolgt mittels Kathetertechnik, das heisst, es wird
über eine Vene oder über eine Arterie ein Katheter eingeführt. Rhythmusspezialisten können mittels dieser Technik einen instabilen Herd, der
Rhythmusstörungen verursachen kann, im Herzen lokalisieren und durch
die lokale Verabreichung von Wärme veröden und ausschalten.
Interner Defibrillator (ICD = Internal Cardioverter Defibrillator)
Neben den Blockierungen mit zu langsamem Puls kann das Herz ohne
Grund auch viel zu schnell schlagen (Tachykardien). Einige dieser Rhythmusstörungen können bedrohlich sein (Kammertachykardie). Der interne
Defibrillator (ICD) erkennt solche schnellen Herzrhythmen, analysiert
sie und führt den Rhythmus durch die Abgabe eines Impulses wieder in
einen normalen Rhythmus über, das heisst, der schnelle Puls wird unterbrochen. Für weitere Details siehe Broschüre «Herzrhythmusstörungen»
der Schweizerischen Herzstiftung.
Herztransplantation
Die Herztransplantation ist heute eine weltweit akzeptierte Behandlungsmethode, wenn die Pumpfunktion des Herzens schwer ein39
geschränkt ist. Voraussetzungen für eine Herztransplantation sind:
7 Schwere Symptome, Einschränkungen der Lebensqualität und
der Lebenserwartung trotz optimaler Einstellung der medikamentösen
Therapie und Ausschöpfung sämtlicher herzchirurgischer Methoden
(z.B. Ersatz einer Herzklappe).
7 Lebensbedrohliche, schwierig behandelbare Rhythmusstörungen.
7 Keine schweren anderen Erkrankungen (ausser der Herzerkrankung),
die den Erfolg der Herztransplantation in Frage stellen bzw.
gefährden.
7 Bereitschaft und Fähigkeit zur Einhaltung einer komplizierten
medizinischen Behandlung. Das Mitmachen des Patienten und der
Angehörigen ist unabdingbar.
Der Zeitpunkt der Herztransplantation wird auch bestimmt durch das
Risiko des Spontanverlaufs der Herzerkrankung und das Risiko der Herztransplantation, das heisst, der Zeitpunkt ist gekommen, wenn das
Risiko der Herztransplantation kleiner ist als das Risiko des Spontanverlaufs der Herzkrankheit.
Folgende Punkte sind wichtig:
7 Frühzeitiges Gespräch mit dem behandelnden Arzt über die Möglichkeit einer Herztransplantation, damit der einschneidende Entscheid
für oder gegen die Herztransplantation in Ruhe getroffen werden
kann. Dieser Entscheid reift meistens über Wochen bis Monate
gemeinsam bei Betroffenen und bei den betreuenden Ärzten.
7 Möglichst früh soll auch ein Arzt mit Erfahrung in der Transplantationsmedizin in die Betreuung miteinbezogen werden. So kann ein
Vertrauensverhältnis aufgebaut werden und die Betroffenen erhalten
eine kompetente Beratung über Erfolgschancen, Nachbetreuung
u.a.m.
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Die Aussichten sind nach erfolgreicher Herztransplantation meistens gut
bis sehr gut. Patienten mit einem angeborenen Herzfehler verfügen
nach der Transplantation häufig über eine bessere Leistungsfähigkeit als
je zuvor in ihrem Leben. Für die gewonnene Lebensqualität wird jedoch
ein Preis bezahlt:
7 Regelmässige, lebenslange Kontrollen.
7 Regelmässige, ambulant durchgeführte Herzmuskelbiopsien
(Entnahme von Herzgewebe aus dem rechten Ventrikel) zur Überwachung der Abstossungssituation. Die Biopsie ist jedoch eine
schmerzlose Untersuchung.
7 Konsequente Einnahme von Medikamenten zur Unterdrückung des
Abwehrsystems (Immunsuppression), damit das Organ nicht abgestossen wird.
7 Viele Patienten benötigen auch Medikamente zur Behandlung des
erhöhten Blutdrucks und weiterer Begleiterkrankungen.
Interventionen
Interventionen beinhalten Behandlungen mittels Kathetertechniken, das
heisst, über eine Vene oder eine Arterie wird ein Katheter, beispielsweise
zur Erweiterung einer verengten Herzklappe oder zum Verschluss einer
Verbindung zwischen zwei Herzhöhlen, eingeführt. Das Angebot und
der Therapieerfolg dieser Eingriffe haben sich in den letzten Jahren stets
erweitert und verbessert. Die Vorteile sind gross:
7 Die meisten Eingriffe erfolgen im Wachzustand.
7 Ein Hautschnitt (mit Narbe) ist nicht notwendig.
7 Dem Patienten bleibt eine Operation, eventuell mit Herz-LungenMaschine, erspart.
Folgende Eingriffe bieten sich an:
Erweiterung von eingeengten Herzklappen (Valvuloplastie) oder
Gefässen (Angioplastie)
Ein aufblasbarer Ballon wird zu einer eingeengten Herzklappe vorgeschoben und nach der Positionierung aufgeblasen (z.B. Lungenklappe,
Mitralklappe). Wird der Eingriff durch einen erfahrenen Untersucher
vorgenommen, ist das Risiko niedrig. Das Behandlungsresultat ist bei
sorgfältiger Auswahl der Patienten gut bis sehr gut. Mit dieser Methode
werden auch Gefässe, meistens Lungenarterien, erweitert (Angioplastie).
Weil sich bei der Anwendung dieses Verfahrens das erweiterte Gefäss
nicht selten wegen Schrumpfung der Gefässwand oder des Narbengewebes wieder einengt, wird zur Stabilisierung und zum Offenhalten des
Gefässlumens gleichzeitig ein Stent (Gitternetz aus rostfreiem Edelstahl)
implantiert. Heute werden in Zentren mit entsprechender Erfahrung
auch Aortenisthmusstenosen (Einengung der Aorta nach dem Abgang
der linken Armarterie) mittels Ballonerweiterung und gleichzeitiger
Implantation eines Stents behandelt. Die Kurzzeitresultate sind vielversprechend, Langzeitresultate fehlen noch.
Verschluss von abnormen Verbindungen
Mittels Kathetertechniken können abnorme Verbindungen verschlossen
41
werden: Ein offener Ductus arteriosus Botalli (Verbindung zwischen
Aorta und Lungenarterie) oder ein Vorhofscheidewanddefekt durch die
Implantation eines «Schirmchens». Abnorme Verbindungen zwischen
Arterien und Venen werden durch die Platzierung von Metallspiralen
(Coils) verschlossen. Die Coils rollen sich im Gefäss auf und führen durch
Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) zum Verschluss des Gefässes.
Ich bin Sybille Haller. Ich wurde 1974 geboren und habe eine extreme
Fallotsche Tetralogie. Das heisst, dass ich zyanotisch bin (Blaufärbung der
Fingernägel und Lippen). Wenn ich längere Strecken gehen muss, ermüde
ich meistens sehr schnell, und das Treppensteigen ist für mich eine grosse
Anstrengung. Deshalb bin ich auf einen Rollstuhl und ein Elektromobil
angewiesen.
Je nach dem geht es mir manchmal etwas besser oder etwas schlechter.
Ich mache Physiotherapie und Reittherapie (Hippo). Diese Behandlungen
tun mir gut und helfen mir, den Alltag etwas besser zu bewältigen. Das
«Reiten» macht mir Freude und erheitert. Ich bin gerne bei den Pferden.
Die Reittherapie kräftigt die Rückenmuskulatur und die Muskeln überhaupt und lockert, wenn ich Schmerzen habe. Ich gehe fast jeden Monat
zum Hausarzt und einmal im Jahr zum Herzspezialisten.
42
Zweimal haben mich die Ärzte zu operieren versucht, einmal als Kind
und einmal als junge Erwachsene. Im Verlaufe des Eingriffs mussten sie
feststellen, dass die Operation nicht gelingen würde. Das war für mich
eine grosse Enttäuschung. Als einzige Möglichkeit bliebe eine HerzLungen-Transplantation. Darauf will ich mich nicht einlassen. Das Risiko
wäre viel zu gross. Manchmal geht es mir doch recht gut, wenn es dazwischen auch wieder schwerere Zeiten gibt. Man muss das Beste aus dem
Leben machen. Man lebt ja nur einmal!
Beruflich habe ich einmal eine Büro-Anlehre der IV in der Rodtegg
Luzern gemacht. Jetzt arbeite ich im Arbeitszentrum für Behinderte in
Strengelbach. Leider nicht mehr so oft im Büro, so dass ich mich manchmal frage, wieso ich eine Büro-Anlehre absolviert habe. Statt in der
Werkstatt Sichtmäppli polieren und zählen zu müssen, möchte ich wieder
mehr anspruchsvollere Büroarbeiten erledigen.
Doch genug gejammert. Lieber erzähle ich noch etwas über meine
Hobbys: Das sind Briefe und E-Mails schreiben, Spielen und Arbeiten am
Computer, etwas Handarbeiten, Radio hören oder fernsehen. Meinen
Haushalt besorge ich selber. Ich lebe in einer Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung. Es macht mir grosse Freude, meine eigene Wohnung zu haben.
Im Haushalt gibt es leichtere und schwerere Arbeiten. Bei den schwereren
Arbeiten nehme ich mir halt mehr Zeit.
Sybille Haller
43
Medikamentöse Behandlung
und AntikoagulationsSelbstkontrolle
Allgemeine Überlegungen
Vor jeder medikamentösen Behandlung sollten Sie Antworten auf folgende Fragen verlangen:
7 Warum erhalte ich ein Medikament?
7 Wie lange muss ich es nehmen?
7 Welche Wirkungen und Nebenwirkungen hat das Medikament?
7 Verträgt sich das Medikament mit bestimmten Medikamenten nicht
oder wird seine Wirkung abgeschwächt oder verstärkt?
44
WICHTIG: Patienten mit zyanotischen Herzfehlern (Blauverfärbung
der Haut) und Patienten, die so genannte Blutverdünnungsmittel
einnehmen, wird empfohlen, vor jeder Einnahme eines neuen Medikaments Rücksprache mit dem behandelnden Arzt bzw. Kardiologen zu nehmen. Schmerzmittel (z.B. Aspirin, Rheumamittel)
können die Blutungsneigung erhöhen und zu schwer wiegenden
Nebenwirkungen und Folgen führen!
Medikamente mit Herz-Kreislauf-Wirkung
Nachfolgend werden die wichtigsten Medikamente mit Herz-KreislaufWirkung besprochen, wobei die aufgeführten Indikationen und Nebenwirkungen nicht abschliessend sind.
Angiotensin-Converting-Enzyme-Hemmer (ACE-Hemmer)
Die ACE-Hemmer senken den Widerstand im Systemkreislauf, das
heisst, der Blutdruck sinkt und das Herz wird durch die Reduktion der
Herzarbeit entlastet.
Indikationen: Hoher Blutdruck; Herzmuskelschwäche.
Wichtigste Nebenwirkungen: Husten; Schwindel wegen zu tiefem
Blutdruck; Einschränkung der Nierenfunktion (deshalb regelmässige
Kontrolle der Nierenfunktionen). Diese Nebenwirkung wird bei jungen
Menschen sehr selten festgestellt. Angioödem, das heisst Schwellung
von Lippen und Zunge, worauf sofort der Arzt aufgesucht werden muss
(sehr seltene Nebenwirkung).
WICHTIG: ACE-Hemmer dürfen während der Schwangerschaft
wegen Nebenwirkungen auf das Kind nicht eingenommen werden!
Diuretika
Diuretika sind wassertreibende Medikamente. Sie reduzieren das Blutvolumen und die Stauung im Kreislauf.
Indikationen: Herzmuskelschwäche; hoher Blutdruck (arterielle
Hypertonie).
Nebenwirkungen: Sehr selten; zu tiefer Blutdruck; Durst, wenn zu
hoch dosiert; Kalium-Magnesium-Mangel.
Digitalis
Digoxin wird seit Jahrzehnten in der Medizin bei Herzschwäche (Herzinsuffizienz) verabreicht. Heute stehen aber viel wirksamere Medikamente
zur Behandlung von Herzschwäche zur Verfügung, so dass Digoxin an
Bedeutung verloren hat.
Indikationen: Herzmuskelschwäche; gewisse Herzrhythmusstörungen.
Nebenwirkungen: Rhythmusstörungen; Appetitlosigkeit; Übelkeit
und /oder Erbrechen; Veränderung des Farbsehens vor allem im GrünGelb-Bereich.
Die gleichzeitige Verabreichung von anderen Medikamenten, insbesondere Medikamente zur Stabilisierung des Herzrhythmus, kann die
Wirkung wie auch die Nebenwirkungen von Digoxin verstärken.
Betablocker
Betablocker blockieren die Beta-Rezeptoren an Herz und an Gefässen,
die wichtig sind für die Übertragung der Signale des unwillkürlichen
Nervensystems (Sympathikus) und der Hormone (z.B. Adrenalin). Sie verlangsamen unter anderem die Herzfrequenz und senken den Blutdruck.
Indikationen: Hoher Blutdruck (Hypertonie); Durchblutungsstörungen
des Herzens (Angina pectoris oder nach Herzinfarkt); Rhythmusstörungen.
Nebenwirkungen: Müdigkeit; Asthma; Potenzstörungen; Schwindel bei
zu tiefem Blutdruck; langsame Rhythmusstörungen.
45
Antiarrhythmika
Antiarrhythmika sind Mittel zur Stabilisierung des Herzrhythmus. Es gibt
verschiedene Antiarrhythmika mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen. Die wichtigsten Vertreter sind Betablocker, Sotalol, Amiodarone,
Flecainid und Propafenon.
Indikation: Rhythmusstörungen, die vom Vorhof (z.B. Vorhofflimmern,
Vorhofflattern) oder von der Herzkammer (z.B. Kammertachykardien)
ausgehen.
Nebenwirkungen: Das Nebenwirkungsprofil dieser Medikamente ist
verschieden. Orientieren Sie sich vor Einnahme eines solchen Medikaments beim Arzt und anhand der Patienteninformation, die der Medikamentenpackung beiliegt.
Orale Antikoagulantien
46
Orale Antikoagulantien sind Blutverdünner, das heisst, sie blockieren den
Gerinnungsprozess, so dass keine Thromben (Blutgerinnsel) entstehen.
Der im Volksmund verwendete Begriff «Blutverdünnung» ist verwirrlich:
Das Blut ist nicht dünner, es dauert nur länger, bis es gerinnt. Im Extremfall gerinnt es nicht, wenn die Dosierung des Medikamentes zu hoch
ist. Marcoumar® und Sintrom® werden in der Schweiz verwendet. Die
Therapie mit diesen Medikamenten erfordert eine genaue Überwachung
des Ausmasses der Blutverdünnung und wird im INR-Wert angegeben.
Der früher übliche Quick-Wert (in Prozenten) wird immer seltener und
sollte nicht verwendet werden.
Indikationen: Mechanische Herzklappen; Rhythmusstörungen (Vorhofflimmern, Vorhofflattern); tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie; thrombotische und/oder embolische Ereignisse (Bildung und /
oder Verschleppung von Blutgerinnseln in der Blutbahn mit Verstopfung
von Gefässen); schwere Einschränkung der Herzfunktion.
Nebenwirkungen: Blutungsneigung, vor allem bei zu hoher Dosierung
bzw. bei zu hohem INR-Wert; Missbildungen des Kindes, wenn
orale Antikoagulation von der werdenden Mutter in den ersten zwölf
Schwangerschaftswochen eingenommen wird (kritische Wochen:
6.–12. Schwangerschaftswoche), insbesondere in hohen Dosen.
WICHTIG: Wenn Sie mit Marcoumar® oder mit Sintrom® behandelt
werden, muss der Ziel-INR-Wert durch den Arzt festgelegt und
Ihnen mitgeteilt werden.
Das Ausmass der Blutgerinnung muss regelmässig nachkontrolliert
werden, weil eine schlecht eingestellte Blutgerinnung gefährlich ist.
Ein zu tiefer INR-Wert schützt nicht vor Blutgerinnseln, bei einem
zu hohem INR-Wert besteht ein Blutungsrisiko.
Aspirin und Rheumamittel erhöhen die Blutungsneigung und
können zusammen mit Blutverdünnungsmitteln zu schweren Blutungen führen.
Die Kontrolle des INR-Werts erfolgt regelmässig durch den Hausarzt
oder durch Sie selbst.
CoaguCheck®: Die Selbstbestimmung des Blutzuckers und die Dosierung des Insulins in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt ist bei vielen
Patienten mit einem Diabetes mellitus in der Zwischenzeit eine Selbstverständlichkeit. Für Patienten mit einer Langzeitantikoagulation
(Blutverdünnung) stehen nun ebenfalls Geräte zur Selbstbestimmung
des INR-Werts bzw. Quick-Werts zur Verfügung. Dabei wird ein Tropfen
Blut durch einen Fingerstich gewonnen und auf den Teststreifen aufgetragen. Das Gerät bestimmt den INR-Wert innert 2 Minuten. Die Technik
kann in einem Kurs gelernt werden.
Vorteile der Selbstbestimmung:
7 Übernahme von Selbstverantwortung.
7 Zuverlässige und sichere Messergebnisse.
7 Im Langzeitverlauf sehr gute Einstellung des INR-Werts.
7 Grössere Mobilität und Unabhängigkeit.
7 Weniger Arztbesuche zur Bestimmung des INR-Werts und Einsparen
von Kosten im Gesundheitswesen.
7 Sehr gute Erfahrungen in kontrollierten Untersuchungen.
Nachteile der Selbstbestimmung:
7 Kostenübernahme durch die Krankenkasse noch nicht geregelt.
Die Selbstbestimmung des INR-Werts und Selbstdosierung der Medikamente (Selbstmanagement) reduzieren die Arztbesuche, ersetzen sie
aber nicht. Die Einstellung des INR-Werts erfolgt in Zusammenarbeit mit
dem Hausarzt, weshalb in grösseren Abständen zur Qualitätskontrolle
eine Konsultation bei ihm nötig ist.
Andere Medikamente
Schmerzmittel
Schmerzmittel auf der Basis von Paracetamol sind gut verträglich und
führen bei üblicher Dosierung (bis 2 g pro Tag) sehr selten zu Nebenwirkungen. Schmerzmittel auf der Basis von Aspirin oder Rheumamittel
können zu Nebenwirkungen führen, insbesondere bei Patienten, die
Sintrom® oder Marcoumar® einnehmen, oder bei zyanotischen Patienten.
47
Aspirin
Aspirin-Tabletten enthalten Acetylsalicylsäure, welche die Funktion aller
im Blut zirkulierenden Blutplättchen (Thrombozyten) irreversibel hemmt.
Aspirin wird deshalb verabreicht, um Blutgerinnsel zu verhindern (z.B.
zur Vorbeugung von Gefässverschlüssen und somit von Herzinfarkt und
Hirnschlag).
Nebenwirkungen: Weil Aspirin die Funktion der Blutplättchen hemmt,
ist das Blutungsrisiko erhöht, vor allem bei gleichzeitiger Einnahme
von Marcoumar® oder Sintrom® oder bei Patienten mit zyanotischen
Herzfehlern. Bei hoher Dosierung kann Aspirin die Magenschleimhaut
angreifen.
Ovulationshemmer (Antibabypille)
Die meisten Ovulationshemmer enthalten zur Empfängnisverhütung
(Antikonzeption) ein Östrogen und ein Progesteron. Die Konzentration
von Östrogen ist in den heutigen Präparaten niedrig, womit auch das
Risiko für Thrombosen (Blutgerinnsel) gesenkt werden konnte. Die Konstellation «Rauchen und Ovulationshemmer» ist sehr ungünstig, weil
das Risiko für Thrombosen deutlich erhöht wird.
48
Die meisten Frauen mit angeborenem Herzfehler können einen Ovulationshemmer einnehmen (siehe Kapitel Sexualität, Empfängnisverhütung,
Schwangerschaft). Vor der definitiven Einnahme soll das Risiko zusammen mit dem betreuenden Kardiologen und Gynäkologen besprochen
werden.
Eisenpräparate
Patienten mit einem zyanotischen Herzfehler können wegen wiederholter Phlebotomien (Aderlass) einen Eisenmangel haben, der behandelt
werden muss! Ein Eisenmangel kann dieselben Symptome verursachen
wie ein zu hoher Hämatokrit- bzw. Hämoglobin-Wert. Diese Symptome
werden häufig nicht als Eisenmangel erkannt, so dass weitere Phlebotomien durchgeführt werden und der Eisenmangel verstärkt wird. Neben
der Verschlechterung des allgemeinen Wohlbefindens hat ein Eisenmangel auch weit reichende Auswirkungen (erhöhtes Risiko von Durchblutungsstörungen).
Indikation: Eisenmangel.
Nebenwirkungen: Schlechte Verträglichkeit der Tabletten (intravenöse
Verabreichung ist in diesem Fall bevorzugt).
Wechselwirkungen der Medikamente
(Interaktionen)
Verschiedene Medikamente können sich gegenseitig beeinflussen, das
heisst die Wirkung verstärken oder vermindern. Wenn Sie Medikamente
– auch homöopathische Mittel – einnehmen, erkundigen Sie sich beim
Arzt über deren Verträglichkeit.
Impfungen
Für die meisten Patienten ist die jährliche Grippeimpfung empfohlen.
Die Pneumokokken verursachen oft eine Lungenentzündung (Pneumonie), die ausserhalb des Spitals erworben wird. Deshalb empfiehlt
sich die Impfung mit Pneumovax®. Beide Impfungen werden allgemein
gut toleriert.
49
Hallo! Ich heisse Laurent Höller und bin 13 Jahre alt. Ich wurde mit einer
Pulmonal- und einer Trikuspidalatresie geboren. Ich hatte im Alter
zwischen einem Tag und sechs Jahren sechs Operationen und drei Kathetereingriffe. Von Beruf bin ich (leider) noch Schüler. Ich sage «leider»,
weil die Schule nicht unbedingt mein Hobby ist. Zurzeit bin ich in der
Orientierungsschule in Basel. Berufswünsche habe ich noch keine.
Mein Herzfehler behindert mich nur manchmal beim Sport, weil ich
zwischendurch von den andern geplagt werde. Und weil mich viel
schneller etwas schmerzt (aber trotzdem treibe ich sehr viel Sport). Meine
Hobbys sind: Fussball (ich bin ein grosser Fan des FC Basel), ich fahre
gerne Snowboard und skate gern. Zu meinen Hobbys gehört auch das
Schlagzeug. Ich spiele schon seit vier Jahren und bin ein grosser Fan von
Linkin Park (Rockgruppe).
50
Wegen meines Herzfehlers bin ich im Vergleich zu meinen Alterskollegen
ziemlich klein. Das kann auch Vorteile haben: Weil ich so klein bin, muss
ich oft weniger für meine Kleider bezahlen. Auch bei Rennen und Wettkämpfen in der Schule kann sich das positiv auswirken: Wenn jemand
irgendwohin getragen werden muss, bin ich oft der Auserwählte, weil ich
leichter bin. Das Negative an meinem Herzfehler ist, dass mich viele für
einen kleinen Angeber halten, wenn ich mit meinem Skateboard in der
Stadt herumlaufe. Oder ich werde unterschätzt, wenn ich zum Beispiel am
Kiosk eine Jugendzeitschrift kaufen will. Aber ich habe lieber etwas im
Gehirn als in den Fäusten oder in den Beinen.
Laurent Höller
Freizeit, Sport
Reisen und Höhenaufenthalte
Diensttauglichkeit
Führen eines Fahrzeugs
In der Vergangenheit wurde Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern Zurückhaltung sowohl beim Reisen als auch bei
sportlichen Aktivitäten empfohlen. Teils wurden ihnen sogar Aktivitäten
verboten, welche für die Integration in der Gesellschaft wichtig sind.
In der Zwischenzeit haben wir gelernt, dass viele Patienten mit angeborenen Herzfehlern ihren Aktivitäten nach ihren Möglichkeiten nachgehen können, ja diese Aktivität für die Entwicklung der Persönlichkeit,
des Selbstwertgefühls und der sozialen Integration sogar erwünscht
ist. Jeder soll nach seinen Möglichkeiten seine Aktivitäten in Beruf und
Freizeit soweit möglich nach eigenen Wünschen und Bedürfnissen
gestalten können.
53
Freizeit, Sport
Regelmässige körperliche oder sogar sportliche Aktivitäten sind nicht
nur wichtig für die körperliche und geistige Fitness, sondern ebenso für
die soziale Integration in Familie, Freundeskreis und Gesellschaft. Zudem
wissen wir heute, dass frühzeitige Mobilisation, körperliche Aktivität
und Rehabilitation auf den Kreislauf und den Organismus als Ganzes
sowie auf die Leistungsfähigkeit, die Lebensqualität und die Prognose
positive Auswirkungen haben.
Warum sind Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem
Herzfehler weniger leistungsfähig?
Viele Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern
berichten über normale Leistungsfähigkeit im Alltag und verneinen eine
Einschränkung. Festgestellt wird höchstens eine rasche Ermüdbarkeit
bei starken Belastungen. Dieses Empfinden ist subjektiv, weil viele sich
an eine verminderte Leistungsfähigkeit im Vergleich zu ihren Alltagskollegen und -kolleginnen gewöhnt oder angepasst haben. Wenn die
Leistungsfähigkeit durch einen Belastungstest objektiv gemessen wird,
erreichen viele Patienten nur etwa zwei Drittel der normalen Leistungsfähigkeit im Vergleich zum Alterskollektiv, weil:
7 die Herzfrequenz während der Belastung nicht adäquat erhöht
werden kann (zu langsamer Pulsanstieg);
7 die Pumpfunktion des Herzens während der Belastung nicht genügend gesteigert werden kann;
7 die Lungenfunktion eingeschränkt sein kann, das heisst, die Lungenvolumina sind reduziert (nach Operationen, Wirbelsäulenfehlbildung
[Skoliose] etc.);
7 die Muskulatur ungenügend ausgebildet ist (wegen des Herzfehlers,
wegen ungenügender körperlicher Belastung bzw. Schonung);
7 der Stoffwechsel in der Muskulatur nicht normal ist (z.B. bei Patienten
mit zyanotischen Herzfehlern);
7 eine psychologische Barriere besteht (Vermeiden von körperlicher
Anstrengung während der Kindheit).
Warum ist körperliche Aktivität erwünscht?
Der Einfluss regelmässiger körperlicher Aktivität auf den Organismus
ist mannigfaltig:
54
Besseres Allgemeinbefinden.
Gewichtskontrolle.
Günstiger Einfluss auf bessere Einstellung des Blutdrucks.
Stärkung von Muskulatur und Knochen (Skelett) und bessere Beweglichkeit der Gelenke.
7 Verminderung der Risikofaktoren für Arteriosklerose im Erwachsenenalter.
7
7
7
7
Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern können
eine Skoliose haben (krummer Rücken). Die Kräftigung der Muskulatur
als Stützapparat des Skeletts ist deshalb besonders wichtig.
Ist sportliche Aktivität schädlich?
Regelmässige körperliche Betätigung ist nicht schädlich, und über
ernsthafte Komplikationen wurde bei Jugendlichen und Erwachsenen
während sportlicher Tätigkeit kaum berichtet. Ernsthafte Zwischenfälle
betreffen meistens bis anhin Gesunde während extremen sportlichen
Belastungen, das heisst Sportler, bei denen ein Herzfehler noch nicht
entdeckt worden war.
Welche Probleme können bei körperlicher Aktivität auftreten?
7 Rhythmusstörungen bei stark geschwächtem Herzmuskel, bei Durchblutungsstörungen oder Zyanose.
7 Extremer Blutdruckanstieg oder -abfall; Blutungsgefahr insbesondere
unter Gerinnungshemmern wie Marcoumar® oder Sintrom®.
7 Flüssigkeitsmangel.
7 Verletzungen von Skelett und Weichteilen.
Welche Belastungsarten gibt es?
Grundsätzlich werden zwei Belastungsarten unterschieden:
7 Isotone Belastung: Diese Belastung beinhaltet alle dynamischen
Belastungen wie Schwimmen, Laufen, Wandern, Springen, Velofahren usw.
7 Isometrische Belastung: Diese Belastung beinhaltet alle statischen
Belastungen, das heisst, es wird eine grosse Kraftanstrengung ohne
Vorwärtsbewegungen gemacht, z.B. Gewicht stemmen, Harasse
oder Sack heben usw.
Viele Belastungsarten sind gemischte Formen und lassen sich nicht
streng in eine isotone oder isometrische Belastungsart einteilen.
Allgemein sind isotone Belastungen besser, weil sie nicht zu einem
plötzlichen starken Blutdruckanstieg und einer plötzlichen Belastung
des Herzens und des Kreislaufs führen.
Wie stark darf ich mich belasten?
Bei Gesunden wird als grobe Regel folgende maximale Herzfrequenz
angegeben: 220 minus Alter. Diese Regel darf bei Jugendlichen und
Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler nicht angewendet werden!
Eine Formel zur Berechnung der maximalen Herzfrequenz gibt es bei
ihnen nicht, weil die Herzfrequenz zwischen verschiedenen Individuen
und den verschiedenen Herzfehlern stark variiert. Wenn die Angabe
einer Zielherzfrequenz erwünscht ist, muss ein Belastungstest mit der
Berechnung der anaeroben Schwelle bzw. der Sauerstoffaufnahme
durchgeführt werden.
Viele unterschätzen ihre Fähigkeit zu körperlichen Leistungen, weil sie
während der Kindheit stets vor körperlichen Belastungen geschont
oder vom Turnunterricht dispensiert wurden. Einzelne Jugendliche und
Erwachsene mit Herzfehlern haben Sport sogar bis zum Niveau
Nationalliga (z.B. Volleyball) betrieben!
55
Energieverbrauch und Belastungsarten beim Sport
Beispiele von Sportarten
Leicht (<3 MET)
Langsames Gehen
Wandern
Rasches Gehen
Gymnastik
Golf
Mässig (3–6 MET)
Tourenradfahren
Schwimmen
Bergaufgehen mit Last
Alpiner Skilauf
Reiten
Gesellschaftstanz
Schwer (>6 MET)
Tennis (Einzel)
Jogging
Langlaufen (klassisch)
Rennvelofahren
Rudern
Fussball, Handball
Energieverbrauch in kcal/h
(für 70 kg Körpergewicht)
statisch
dynamisch
200
300
350
400
350
–
–
–
++
–
+
+
+
–
–
400
500
500
450
200–500
400
+
+
–
++
+
+
++
+
+
+
–
+
600
700
700
800
800
600
–
+
–
++
++
+
++
+
++
++
++
++
– gering, + mässig, ++ stark
56
Die Belastung kann auch aus dem Energieverbrauch abgeschätzt
werden. Dies erfolgt in Kilokalorien pro Stunde (kcal/h) oder in MET
(metabolische Einheiten). Man kann Sportarten grob in drei Gruppen mit
leichtem, mittlerem und hohem Energieverbrauch einteilen.
Beurteilung der körperlichen Aktivität
Für die Begrenzung der körperlichen Aktivität beim einzelnen Menschen
eignen sich die folgenden drei Methoden am besten, die auf eigenem
Erleben oder Messungen beruhen:
Borg-Skala (einfache Skala von 0 bis 10, welche die persönliche Bewertung einer Anstrengung gemäss dem eigenen Empfinden erlaubt):
0
1
2
3
4
5
Ruhezustand
Sehr leicht
Leicht
Mässig
Etwas schwer
Etwas schwer
6
7
8
9
10
Schwer
Sehr schwer
Sehr schwer
Sehr sehr schwer
Maximal
Empfohlen wird beim Sport ein Anstrengungsgefühl zwischen 3 und 5.
Sprechregel: Solange das Sprechen möglich ist, ist die Aktivität nicht
zu schwer.
Trainingspuls: 60–80 Prozent des maximalen Pulswertes, der während
eines Belastungstests ohne schwere Rhythmusstörungen, Durchblutungsstörungen oder Blutdruckabfall erreicht werden kann (für Leute
zwischen 20 und 30 Jahren entspricht dies in der Regel einem Pulswert
zwischen 140 und 160 pro Minute, Abweichungen vor allem unter
gewissen Medikamenten und bei Schrittmachergeräten).
Empfehlung für die sportliche Tätigkeit
Die Empfehlung ist stets individuell und orientiert sich am Herzfehler
und der körperlichen Konstitution. Als Richtlinien gelten:
7 Gehorchen Sie Ihrer inneren Stimme, Ihrem allgemeinen Empfinden.
Respektieren Sie Ihre körperlichen Grenzen.
7 Gehorchen Sie nicht Ihrem Willen.
Welche sportlichen Tätigkeiten sind geeignet?
Es muss zwischen Freizeitsport und Wettkampfsport unterschieden
werden. Freizeitsport ist für die meisten Herzfehler geeignet, Wettkampf- 57
sport soll erst nach eingehender ärztlicher Beratung ausgeübt werden.
Die Wahl der Sportart richtet sich in erster Linie nach den persönlichen
Wünschen und Bedürfnissen. Allgemein sind Sportarten mit isotoner
(dynamischer) Belastung besser als jene mit isometrischer Belastung:
7 Die meisten Mannschaftssportarten (z.B. Volleyball, Fussball, Handball), ausser Sportarten mit speziell grossem körperlichem Einsatz
(z.B. Boxen, Rugby).
7 Alle Sportarten mit dynamischem Bewegungsablauf wie Wandern,
Laufen, Joggen, Schwimmen, Velofahren.
Welche Tätigkeiten sind nicht geeignet?
Alle Sportarten mit isometrischer Belastung und starkem körperlichem
Engagement:
7
7
7
7
Gewichtheben
Ringen
Boxen
Rugby
Keine Einschränkung
Kein Wettkampfsport
Sportarten mit leichter Belastung
Kein Sport erlaubt
58
Vermeiden von heftigem
Körperkontakt
Geringgradige Klappenfehler
Kleine Septumdefekte
Verschlossene Septumdefekte
Korrektur bei Fallot ohne Restbefunde
Optimaler Verlauf nach arterieller Switch-Operation
Mitralklappenprolaps ohne Rhythmusstörungen
Klappenprothesen mit normaler Ventrikelfunktion
Leichte bis mittelschwere Einengung oder Undichtigkeit
von Klappen
Mittelschwere Aortenisthmusstenose
Bedeutsamer Shunt
Herzvergrösserung
Verminderte Pumpfunktion des Herzens
Vorhofumkehr (Mustard/Senning) bei Transposition
der grossen Arterien
Fontan-Operation
Patienten mit palliativen Shunts
Leichter bis mässiger Lungenhochdruck
Zyanose
Hochgradige Einengung oder Undichtigkeit von Klappen
Schwere Aortenisthmusstenose
Hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie
Missbildungen der Herzkranzgefässe
Schwerer Lungenhochdruck (Eisenmenger-Reaktion)
Rhythmusstörungen unter Belastung
(wenn sie nicht harmlos sind)
Marfan-Syndrom
Nach Operation an der Aorta
Behandlung mit Antikoagulantien
Herzschrittmacherträger
Empfehlungen für einige typische Herzfehler
Die oben stehende Tabelle ist eine Empfehlung für sportliche Aktivitäten
bei bestimmten Herzfehlern. Sie ersetzt aber keinesfalls eine ärztliche
Beratung.
Zu jeder kardiologischen Kontrolle gehört eine Beratung über die Möglichkeiten und Grenzen der sportlichen Tätigkeit.
Reisen und Höhenaufenthalte
Wir können dank der sicheren sozialen Verhältnisse, des grossen Reiseangebots und der Sicherheit aller Verkehrsmittel beinahe unbeschränkt
unsere Reisefreudigkeit und Reiselust ausleben. Ist es Jugendlichen und
Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern vorenthalten, Geheimnisse
und Wunder der Natur zu entdecken, neue Länder und Kulturen kennen
zu lernen? Nein! Die meisten von Ihnen dürfen die Bewegungsfreiheit
der modernen Gesellschaft geniessen, wenn bestimmte wichtige Punkte
beachtet werden.
Lassen Sie sich vor jeder grösseren Reise und vor Höhenaufenthalten durch Ihren Kardiologen beraten.
Mit zunehmender Höhe nimmt mit der Abnahme des Barometerdrucks
der Sauerstoffgehalt der Luft ab, das heisst, der Lunge und dem Körper
werden mit zunehmender Höhe weniger Sauerstoff angeboten. Dank
der Anpassungsmechanismen des Organismus sinkt sowohl beim
Gesunden als auch beim Patienten mit einem angeborenen Herzfehler,
ebenso bei Patienten mit Eisenmenger-Syndrom, die Sauerstoffkonzentration im Blut nur leicht (bei Patienten mit Lungenerkrankungen
verhält es sich ein wenig anders). Die Herzarbeit und somit auch der
Sauerstoffbedarf und -verbrauch des Herzens nehmen aber wegen der
Zunahme der Herzfrequenz und des Blutdrucks beim Höhenaufenthalt
zu. Diese Veränderungen werden meistens problemlos toleriert.
Aufenthalte in der Höhe
Ferien- oder Kurorte liegen meistens nicht höher als 1500 Meter ü. M.
und sollten deshalb keine grösseren Probleme bereiten. Der Aufenthalt
und das Gehen in der Höhe (v.a. über 1500 Metern ü. M.) kann in den
ersten Tagen Mühe bereiten, bis die Adaptationsmechanismen abgeschlossen sind. Die Symptome äussern sich meistens in rascher Ermüdbarkeit, Atemnot und Schwindel.
Empfehlungen:
7 Schrittweiser Aufstieg: Man soll nicht direkt auf eine Höhe von
über 1800 Metern ü. M. gehen, sondern sich bereits Wochen vorher
stufenweise an diese Höhe herantasten, das heisst auf einen Hügel
(evtl. mit Bahn) mit etwa 1500 Metern ü. M., dann auf einen mit etwa
1800 Metern ü. M. und dann erst auf einen Berg mit 2000 Metern
ü. M. aufsteigen.
7 Reduzierte Aktivität: In den ersten 3–5 Tagen (Zeit der Adaptation)
keine grösseren körperlichen Anstrengungen machen.
59
Ferien im Ausland und Flugreisen
Ferien im Ausland können auch Jugendliche und Erwachsene mit einem
angeborenen Herzfehler meistens ohne Probleme geniessen, wenn
einige Verhaltensmassnahmen berücksichtigt werden. Bei Zweifel oder
Unklarheiten fragen Sie Ihren Hausarzt oder Kardiologen.
Flugzeuge adaptieren den Kabinendruck auf einer Flughöhe zwischen
1800 und 2400 Metern ü. M. (maximale Flughöhe 2438 Meter ü. M.).
Eine Untersuchung bestätigte die guten Erfahrungen, die Patienten mit
zyanotischem Herzfehler oder Eisenmenger-Syndrom auch während
längeren Flugreisen bereits selbst machten. Das Fliegen wird sehr gut
toleriert, wenn bestimmte Verhaltensmassnahmen berücksichtigt werden.
Besonders zu beachten ist die Thrombose-Prophylaxe (Trinkmenge,
Bewegungsübungen alle Stunden).
60
Planung der Reise:
7 Frühzeitig mit der Planung beginnen.
7 Klima und sanitäre Einrichtungen können einen grossen Einfluss auf
die Wahl des Ferienorts haben.
7 Wenn möglich Ferienort auswählen, der nicht fern von der Zivilisation liegt.
7 Wo ist das nächste Spital mit kompetenter Betreuung (d.h. Erfahrung
mit angeborenen Herzfehlern)? Ihr Kardiologe kann Ihnen helfen,
den Standort ausfindig zu machen.
7 Ausführliche Arztberichte in Englisch mitnehmen.
7 Genügend Tabletten organisieren und mitnehmen, das heisst
meistens doppelte Ration und in separaten Koffern (falls ein Koffer
verloren geht!).
7 Notwendige Impfungen frühzeitig machen.
7 Reiseversicherung. Besteht ein Versicherungsschutz im Ausland?
Versicherung für Repatriierung abschliessen, falls noch nicht in der
Versicherung abgedeckt.
7 Eventuell Hilfsmittel sowohl am Abflug- als auch am Zielflughafen
rechtzeitig reservieren (z.B. Rollstuhl, Betreuung am Flughafen).
7 Rechtzeitig einen Kollegen oder eine Kollegin zum Tragen der Koffer
organisieren.
7 Sauerstoffflasche, wenn benötigt, besorgen. Erfahrungen und
Untersuchungen zeigten aber, dass auch Patienten mit zyanotischem
Herzfehler oder Eisenmenger-Syndrom die Flugreise ohne zusätzlichen Sauerstoff problemlos tolerieren (Sauerstoff hilft aus medizinischen Überlegungen nicht, seine Handhabung kann aber beruhigen
und psychischen Stress vermeiden und damit hilfreich sein).
Die gute Planung und Vorbereitung ist der wichtigste Schritt,
damit Sie die Reise unbeschwert geniessen können!
Reisetag:
7 Nehmen Sie sich Zeit für die Formalitäten am Bahnhof und Flughafen
und rechnen Sie die Wartezeiten ein.
7 Wenn Sie alleine reisen, was je nach angeborenem Herzfehler und
Gesundheitszustand nicht empfehlenswert ist, sollten Sie einen
Helfer zum Tragen des Gepäcks haben.
Vermeiden Sie psychischen und körperlichen Stress und Hektik.
Treten Sie die Reise ausgeruht an!
Flugreise:
7 Genügend Flüssigkeit im Flugzeug zu sich nehmen, weil die
Luftfeuchtigkeit sehr tief ist (<15%); Konsequenz: Austrocknen der
Schleimhäute, Dehydratation.
7 Keine alkoholischen Getränke.
7 Regelmässiges Herumgehen bzw. Bewegen der Beine gegen Beinvenenthrombose.
Ferienort:
Der ungetrübte Feriengenuss steht an erster Stelle. Beachten sie deshalb
61
einige Vorsichtsmassnahmen:
7 Vorsicht mit ungekochter Nahrung (Salmonellen, andere Erreger).
7 Vorsicht mit direkter Sonnenbestrahlung – Sonnenschutzcrème und
Sonnenhut.
7 Melden Sie sich rechtzeitig bei einem Arzt, wenn medizinische Probleme auftreten. Kontaktieren Sie allenfalls auch Ihren Kardiologen in
der Schweiz.
Diensttauglichkeit
Die gültigen Richtlinien für die Beurteilung der Diensttauglichkeit von
Stellungspflichtigen und Armeeangehörigen wurden per 1. Januar 1999
revidiert, medizinisch aktualisiert und den neuen Bedürfnissen der
Armee angepasst. Folgende Patientengruppen sind zwingend dienstuntauglich:
7 Patienten, die eine Langzeit-Antikoagulation benötigen.
7 Patienten mit angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen mit
einem hohen Endokarditis-Risiko, z.B. Patienten nach durchgemachter Endokarditis, Patienten mit Klappenprothesen.
7 Patienten mit einem zyanotischen oder anderen komplizierten Herzfehler.
62
Für andere Herzerkrankungen werden spezielle Empfehlungen abgegeben, das heisst, der Vorsitzende der Untersuchungskommission wird sich
dabei insbesondere auf medizinische Unterlagen (Verlauf, Schweregrad
der Erkrankung, Behinderungen) und das militärische Umfeld (welche
Funktion hat der Armeeangehörige?) abstützen. Ein aktueller Arztbericht erübrigt nicht selten unnötige Diskussionen und vereinfacht den
Ablauf am Aushebungstag. Für Angehörige des Zivilschutzes wird die
Diensttauglichkeit nach anderen Richtlinien definiert.
Führen eines Fahrzeugs
Das Auto ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens und das Führen
eines Fahrzeugs im privaten (z.B. Freizeitaktivitäten, Fahrt zum Arbeitsplatz) oder beruflichen Bereich besitzt in den westlichen Industrieländern einen sehr hohen Stellenwert. Die Verweigerung des Fahrausweises
hat für den Betroffenen einen ernsthaften Einfluss auf seine Aktivitäten.
Die meisten Verkehrsunfälle (95%) ereignen sich wegen menschlichen
Versagens (z.B. Missachten von Verkehrsregeln, Alkohol). Seltener (etwa
5%) sind technische Mängel am Fahrzeug die Ursache eines Unfalls.
Gesundheitliche Störungen als Ursache für einen Unfall mit ernsthaften
Folgen sind im Vergleich zu den anderen Ursachen sehr selten.
Beurteilung der Fahrtauglichkeit
Bei der Beurteilung der Fahrtauglichkeit ist die Herzerkrankung nur ein
Kriterium; neurologische Begleiterkrankungen, Sehkraft, Hörvermögen
sind weitere Kriterien. Eine angeborene oder erworbene Herzerkrankung
an sich ist kein Grund zur Verweigerung des Ausweises zum Führen von
Motorrädern (Kat. A), von Motorwagen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht
und bis maximal acht Sitzplätzen (Kat. B) oder landwirtschaftlichen
Motorfahrzeugen (Kat. G). Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
können den Führerausweis der Kategorie A und B ohne Einschränkungen erwerben, wenn keine zusätzlichen, disqualifizierenden Faktoren
vorliegen.
Eine Einschränkung zum Führen eines Fahrzeugs kann auferlegt werden:
7 Bei einem ungeklärten Bewusstseinsverlust.
7 Nach der Implantation eines Herzschrittmachers (während einer
Woche).
7 Nach der Implantation eines internen Defibrillators zur Behandlung
von Rhythmusstörungen (in der Regel während 6 Monaten).
Bei Unklarheiten wenden Sie sich an das kantonale Strassenverkehrsamt, wo ein Vertrauensarzt die Fahrtauglichkeit beurteilt. Zum Erwerb
des Führerausweises der Kategorien C, E und D gelten besondere
Beurteilungskriterien.
63
Hallo, ich bin Daniela Thalmann. Letzten Dezember durfte ich nach
einer problemlosen Schwangerschaft mit 31 Jahren stolze Mutter von Tim
werden.
Ich wurde mit einer bikuspiden Aortenklappe und einer postduktalen
Aortenisthmusstenose geboren, die im Universitätsspital Zürich operiert
wurde, als ich sechs Monate alt war. Ich verbrachte eine beschwerdefreie
Kinder- und Jugendzeit. Meine Eltern machten zwischen mir und meinen
Schwestern nie einen Unterschied. Ich wurde von ihnen auch nicht
gehindert, im Turnunterricht alles mitzumachen oder meinem Hobby, dem
Reiten, nachzugehen. Nur die jährlichen Kontrollen erinnerten mich
jeweils an meinen Herzfehler.
Nach der obligatorischen Schulzeit und einem einjährigen Aufenthalt in
der Westschweiz absolvierte ich die KV-Lehre. Ich merkte schnell, dass
meine Welt die Zahlen sind. Deshalb bildete ich mich berufsbegleitend
zur eidg. Buchhalterin mit Fachausweis weiter. Zum Ausgleich verbrachte
ich meine Freizeit und Ferien auf dem Pferd, dem Motorrad und auf den
Skiern. Dies vermittelte mir immer ein Gefühl der Freiheit.
64
Mit Beginn meiner Schwangerschaft begann für meinen Mann und mich
ein neuer Lebensabschnitt. Den Augenblick, als wir Tim zum ersten Mal
in den Armen hielten, werden wir nie vergessen. Es ist einfach grossartig
zu erleben, wie ein kleiner Mensch heranwächst.
Meinen Beruf als Buchhalterin tauschte ich gegen den der Mutter und
Hausfrau ein. Für meine Hobbys bleibt nicht mehr viel Zeit, dafür geniesse
ich das Spielen und Spazieren mit meinem Sohn sehr.
Ich fühle mich trotz meines Herzfehlers rundum wohl.
Daniela
Thalmann
Sexualität
Empfängnisverhütung
Schwangerschaft
Dank der grossen Fortschritte in der Medizin erhalten auch Kinder mit
komplizierten Herzfehlern, die etwa einen Drittel der angeborenen Herzfehler ausmachen, eine Überlebenschance. Im Erwachsenenalter stellen
sich dann für sie die Fragen der Sexualität, Antikonzeption und allfälligen Schwangerschaften.
Sexualität
Darf ich eine normale Sexualität leben?
Jugendliche und Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler dürfen
und sollen eine normale Sexualität leben, wobei die üblichen Sicherheitsmassnahmen bezüglich Empfängnisverhütung (Antikonzeption) und
Infektionsrisiko (HIV-Infektion, Hepatitis, Geschlechtskrankheiten) beach67
tet werden müssen. Die körperliche Einschränkung äussert sich bezüglich Sexualität beim Mann und bei der Frau verschieden.
Die Frau ist vor allem konfrontiert mit den Fragen der Empfängnisverhütung, der Möglichkeit zu einer Schwangerschaft und der Fähigkeit,
die Schwangerschaft und die Geburt ohne grössere Risiken zu tolerieren.
Während bei der Frau der Geschlechtsakt an sich mit geringeren körperlichen Anstrengungen verbunden ist als beim Mann, kann er für
diesen eine grosse körperliche Anstrengung bedeuten, der er sich nicht
gewachsen fühlt und sich deshalb seiner Partnerin gegenüber als Versager sehen kann.
Der Aufbau und die Stabilität einer Partnerschaft können in dieser Situation sehr belastet sein, wenn der Partner mit einem komplizierten Herzfehler und eingeschränkter Herzfunktion wegen ungenügender Erektion
zur Penetration nicht fähig ist (Einführung des Penis in die Scheide,
Impotentia coeundi) oder die Frau wegen ihres Herzfehlers nicht fähig
ist, ein Kind auszutragen und den Wunsch des Partners auf ein gemeinsames Kind zu erfüllen. Diese Umstände erfordern gegenseitiges Verständnis und Einfühlungsvermögen, damit sich beide nicht verletzen.
Empfängnisverhütung (Antikonzeption)
Jede Schwangerschaft birgt ein Risiko für Komplikationen, auch bei
Frauen ohne Herzfehler. Frauen mit einem Herzfehler besitzen ein höheres Risiko, weshalb vor allem für jene mit einem komplizierten Herzfehler die Vermeidung einer ungeplanten Schwangerschaft und somit die
Durchführung einer konsequenten Antikonzeption enorm wichtig ist.
Ein informatives Gespräch über Fragen der Antikonzeption mit
dem Arzt muss bei Frauen im gebärfähigen Alter in regelmässigen
Abständen erfolgen.
68
Welche Methode ist die beste Empfängnisverhütung?
Die perfekte Methode zur Empfängnisverhütung (Antikonzeption) existiert nicht. Jede hat ihre Vor- und Nachteile bezüglich Sicherheit und
Komplikationen. Zudem müssen die persönlichen Präferenzen der Partner berücksichtigt werden. Jede Methode hat eine Versagerquote, auch
die Sterilisation. Versager werden mit dem PEARL-Index angegeben:
Anzahl Schwangerschaften bei hundert Frauen, die während eines Jahres
eine bestimmte Methode anwenden. Die nachfolgenden Beschreibungen der verschiedenen Möglichkeiten ersetzen die kompetente Beratung
bei einem Gynäkologen oder einer Gynäkologin und die Rücksprache
mit dem betreuenden Kardiologen nicht.
Die Wahl der Methode zur Antikonzeption muss stets nach einer
Untersuchung und Beratung bei einem Gynäkologen oder einer
Gynäkologin, in Zusammenarbeit mit Ihrem Kardiologen erfolgen!
Natürliche Methoden
Sie beinhalten Coitus interruptus, Temperaturmessmethode (sichere
Zeitspanne) und natürlich auch die Enthaltsamkeit. Diese so genannten
natürlichen Methoden sind sehr unsicher (ausser der Enthaltsamkeit)
und sind in der praktischen Anwendung in einer Partnerschaft alles
andere als natürlich.
Barriere-Methoden
Sie beinhalten das Präservativ oder Kondom beim Mann und das Diaphragma bei der Frau. Neben der effektiven Verhütung ist das Kondom
bei korrekter Anwendung auch sehr wirksam in der Verhinderung
der Übertragung von Infektionskrankheiten.
Intrauterine Spirale (IUCD = Intra Uterine Contraceptive Device)
Die Spirale ist effektiver in der Verhinderung von Schwangerschaften
als das Kondom (PEARL-Index 0.1–1.0, d.h., eine von hundert Frauen
wird alle zehn Jahre schwanger bzw. eine von hundert Frauen pro Jahr
im schlechtesten Fall). Neben dem Infektionsrisiko besteht bei der Spirale
das Risiko von Zwischenblutungen oder anderen Blutungskomplikationen, vor allem bei Frauen mit zyanotischen Herzfehlern. Eine Endokarditis-Prophylaxe ist bei der Einführung empfohlen bei Hochrisikopatienten (z.B. Patienten mit Klappenprothese, zyanotischen Herzfehlern
oder nach durchgemachter Endokarditis).
Ovulationshemmer – orale Antikonzeptiva (Antibabypille)
Es gibt zwei verschiedene Arten von Ovulationshemmern oder Antibabypillen: Kombinationspräparate, die Östrogen und Gestagen als Hormone
enthalten, und Präparate, die nur ein Hormon (Gestagen) enthalten.
Die Wirkung beruht auf einer Hemmung der Ovulation (Eisprung). Über
die Vor- und Nachteile der verschiedenen Präparate müssen Sie sich
durch Ihren Gynäkologen oder Ihre Gynäkologin beraten lassen. Die
Ovulationshemmer sind am wirksamsten in der Verhinderung einer
Schwangerschaft (PEARL-Index 0.1–0.4), wenn sie korrekt eingenommen werden. Sie besitzen auch den Vorteil, dass sie den Menstruations- 69
zyklus regulieren und das Ausmass der Menstruationsblutung reduzieren. Sie besitzen aber das Risiko einer Thrombose (Bildung eines Blutgerinnsels). Das Thromboserisiko ist jedoch kleiner als das Risiko einer
Schwangerschaft, denn auch eine Schwangerschaft (bei einer gesunden
Frau) beinhaltet ein Komplikationsrisiko. Die Kombination Rauchen
und Ovulationshemmer ist sehr ungünstig und erhöht das Thromboserisiko deutlich!
Drei-Monats-Spritze – Depot-Injektion eines Hormons
Die Drei-Monats-Spritze (Injektion eines Hormons) gibt einen guten
Schutz gegen eine Schwangerschaft während zirka zehn Wochen
(PEARL-Index 0.1–1.0). Häufig entstehen Unregelmässigkeiten im Menstruationszyklus und starke Blutungen, wenn deren Wirkung nachlässt.
Implanon®
Implanon® ist ein biologisch nicht abbaubares Implantat zur subkutanen
Applikation eines Hormons (eines Gestagens), das heisst, Implanon®
wird unter die Haut eingesetzt und gibt das Hormon an die Blutbahn ab.
Die kontrazeptive Wirkung, das heisst die Verhinderung einer Schwan-
gerschaft, beruht primär auf einer Hemmung des Eisprungs (Ovulation),
wobei die Aktivität der Eierstöcke (Ovarien) nicht vollständig unterdrückt
ist. Der PEARL-Index ist bei bisherigen Erfahrungen sehr tief (0–0.1).
Dieser hohe Schutz vor einer Schwangerschaft wird erreicht, weil im
Gegensatz zu oralen Konzeptiva die Wirkung von Implanon nicht von
einer regelmässigen Tabletteneinnahme abhängig ist. Implanon wird zu
Beginn des Zyklus eingesetzt, was stets durch einen Arzt erfolgen muss.
Auf Wunsch kann Implanon jederzeit wieder entfernt werden, wenn
eine Empfängnisverhütung z.B. bei Wunsch auf eine Schwangerschaft
nicht mehr erwünscht ist. Es sollte aber spätestens nach drei Jahren
in jedem Falle entfernt bzw. ersetzt werden, weil die Wirkung nicht mehr
garantiert ist.
«Morning after Pill»
70
Die Morning after pill oder die «Pille danach» ist ein hoch dosiertes
Hormonpräparat, das so rasch als möglich, bis spätestens 48 (notfalls 72)
Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen
werden muss. Wegen des hohen Hormongehalts besteht bei Frauen mit
bestimmten angeborenen Herzfehlern ein besonderes Risiko für
Thrombosen. Eine geplante Antikonzeption ist immer besser als eine
Notfall-Antikonzeption.
Sterilisation
Die Sterilisation ist eine sehr gute und akzeptierte Methode (PEARLIndex 0–0.5), wenn sich das Ehepaar oder die Lebenspartner entscheiden,
keine Kinder mehr zu zeugen, oder zusammen mit dem betreuenden
Kardiologen finden, eine Schwangerschaft sei zu risikoreich. Es kann
entweder die Frau (Durchtrennung der Eileiter) oder der Mann (Durchtrennung der Samenleiter) sterilisiert werden. Meistens lassen sich
die Frauen sterilisieren, weil sie bei einer allfälligen Schwangerschaft
das Risiko tragen. Die Durchtrennung der Eileiter erfolgt im Allgemeinen
laparoskopisch: In Allgemeinnarkose werden zwei kleine Kanülen in
die mit Kohlendioxid gefüllte Bauchhöhle eingeführt. Unter Sicht werden
dann die beiden Eileiter durchtrennt. Andererseits können die Eileiter
bei der Durchführung eines Kaiserschnitts problemlos durchtrennt
werden. Bei Männern ist der Eingriff deutlich kleiner und kann unter
Lokalanästhesie durchgeführt werden.
Schwangerschaft
Darf ich schwanger werden?
Diese Kernfrage beschäftigt jede Frau und bedarf einer Antwort durch
den betreuenden Kardiologen. Frauen mit einer angeborenen oder
erworbenen Herzerkrankung müssen ihre Schwangerschaft planen, das
heisst, sie dürfen nicht plötzlich schwanger sein! Bei der Familienplanung und dem Entscheid über eigene Kinder müssen Mann und Frau
die eigene Lebenserwartung und die Fähigkeit zur Sorge und Erziehung
der Kinder berücksichtigen. Für beide Lebenspartner und die Kinder
können die Behinderung und das Erkrankungsrisiko des Betroffenen sehr
belastend werden. An die Leistungsfähigkeit des Herzens werden während der Schwangerschaft und der Geburt deutlich höhere Ansprüche
gestellt. Deshalb muss der Kardiologe, mit Einbezug des Geburtshelfers,
Ihnen nach einer gründlichen Untersuchung folgende Fragen beantworten:
7 Wie gross ist das Risiko der Schwangerschaft und der Geburt für
mich und mein Kind?
7 Welche Komplikationen können auftreten?
7 Wie gross ist das Risiko für mein Kind, einen angeborenen Herzfehler
7
7
7
7
7
7
oder andere Gesundheitsschäden zu haben?
71
Soll eine pränatale Diagnostik durchgeführt werden?
Wie kann ich gebären? Spontangeburt oder Kaiserschnitt?
Welche unterstützenden Massnahmen erhalte ich während der
Geburt?
Wo soll ich entbunden werden? Im Regionalspital oder im Zentrumsspital?
Habe ich spezielle Wünsche bei der Geburt und können sie ohne
Erhöhung des Risikos erfüllt werden?
Welche Medikamente dürfen bzw. dürfen nicht während der Schwangerschaft und Stillperiode eingenommen werden?
Risikobeurteilung
Nach einer medizinischen Standortbestimmung muss der Kardiologe vor
der Schwangerschaft eine Risikobeurteilung machen und die Frau und
ihren Partner eingehend über die Risiken bzw. über mögliche Komplikationen bei Mutter und Kind informieren. Die kardiologische Untersuchung vor der Schwangerschaft beurteilt den Ist-Zustand und dient zur
Bestätigung, dass eine Schwangerschaft für Mutter und Kind ohne Probleme oder unter Berücksichtigung bestimmter Massnahmen möglich
ist. Eine Schwangerschaft mit erhöhtem, aber vertretbarem Risiko ist für
die meisten Frauen mit einem angeborenen Herzfehler aufgrund der
heutigen Erfahrungen möglich. Gelegentlich muss vor einer Schwangerschaft zur Reduktion des Risikos zum Beispiel eine Herzklappe mit einem
Ballon zuerst erweitert oder durch einen Herzchirurgen ersetzt werden.
Ein hohes Risiko haben beispielsweise Frauen mit Einengungen von
Herzklappen, mit einem Marfan-Syndrom und mit zyanotischen Herzfehlern. Bei Eisenmenger-Syndrom ist das Risiko sehr hoch, und von einer
Schwangerschaft muss hier dringend abgeraten werden. Die Betreuung
während der Schwangerschaft geschieht stets gemeinsam durch den
Kardiologen und den Geburtshelfer.
72
Wie gross ist das Risiko eines angeborenen Herzfehlers
für mein Kind?
Die Wahrscheinlichkeit für einen angeborenen Herzfehler beträgt knapp
ein Prozent bei der Bevölkerung. Bei Eltern mit einem angeborenen
Herzfehler beträgt das Wiederholungsrisiko eines Herzfehlers beim Kind
etwa 4–6 Prozent, für Geschwister 2–3 Prozent. Bei bestimmten Herzfehlern, oder wenn die Frau an einem Herzfehler leidet, liegt das Risiko
etwas höher. Von einigen Defekten ist heute bereits der genaue Erbgang
bekannt, anderen genetischen Ursachen ist man auf der Spur. Bei einigen Formen von Herzfehlern ist allerdings eine ausführliche genetische
Beratung ratsam. Es sind Formen, bei denen die Vererbung genauer
bekannt ist wie zum Beispiel die hypertrophe Kardiomyopathie (HOCM)
und das Marfan-Syndrom. Hier kann die Erblichkeit sehr viel grösser
sein, das heisst, das höhere Risiko eines erneuten gleichartigen Herzfehlers bei den Nachkommen kann abgeschätzt werden.
Pränatale Diagnostik
Dank der grossen Fortschritte der bildgebenden Technik (Ultraschall)
kann um die 18. bis 22. Schwangerschaftswoche ein Ultraschall
gemacht werden, um Fehlbildungen des Herzens oder auch anderer
Organe zu erkennen. Auch wenn kleinere Fehlbildungen nicht dargestellt
werden können, lassen sich schwer wiegende Fehlbildungen mit grosser
Sicherheit diagnostizieren oder ausschliessen. Die Konsequenzen bei
der Entdeckung einer Fehlbildung müssen vor der Anordnung der pränatalen Diagnostik mit den werdenden Eltern besprochen werden.
Wie kann ich gebären? Spontangeburt oder Kaiserschnitt?
Wenn eine Frau die Schwangerschaft ohne ernsthafte Komplikationen
toleriert, kann sie aus kardiologischer Sicht meistens auch spontan gebären (vaginale Entbindung). Die Durchführung eines Kaiserschnittes aus
kardialen Gründen ist selten notwendig. Um den Faktor Stress und somit
eine übermässige Belastung des Herzens zu vermeiden, ist eine gute
Schmerzbehandlung während der Geburt notwendig (Epiduralanästhesie).
Wo soll ich entbunden werden?
Frauen mit einfachen Herzfehlern können im Spital ihrer Wahl gebären.
Frauen mit einfachen Herzfehlern, aber wichtigen Restbefunden, und
Frauen mit komplizierten Herzfehlern sollten an einem Zentrumsspital,
z.B. an einem Universitätsspital, gebären, damit bei Problemen die
Fachärzte rasch kompetente Hilfe für Mutter und Kind anbieten können.
Von einer Hausgeburt ist in der Regel abzuraten.
73
Linus Bernet
Mein Name ist Linus Bernet und seit meiner Geburt 1970 ist ein grosser
Ventrikelseptumdefekt mein ständiger Begleiter. Die Diagnose wurde
erst im 6. Lebensjahr gestellt, als ich zunehmend blau wurde und sich ein
Eisenmenger-Syndrom gebildet hatte. Darauf gilt es sich immer wieder
neu einzustellen. Aufgewachsen bin ich mit fünf Geschwistern in Meilen
am Zürichsee. Dort habe ich meine Schulzeit verbracht. Einschränkungen
wegen meiner Krankheit gab es fast nur beim Sportunterricht. Dank
der Unterstützung von Familie und Lehrern konnte ich eine Banklehre
absolvieren. Als Kassier, Kreditsachbearbeiter und Spezialist für Computerprogramme im Bereich Kreditvergabe lernte ich die Vielseitigkeit des
Bankgeschäfts kennen.
Oftmals habe ich mich aber über meine Grenzen hinaus belastet. Auf
Anraten meiner Ärzte reduzierte ich mein Arbeitspensum um 50 Prozent
und zog mich auf eine ruhigere Assistenzposition im Personalbereich
zurück. Ein Schritt, der mir nun wieder Raum lässt für andere Vorhaben,
für die mir vorher einfach die Kraft fehlte. Zum Beispiel übe ich in der
Rechnungsprüfungskommission der Gemeinde Männedorf ein politisches
Amt aus. Ausserdem bin ich Mitglied des Organisationskomitees für
die Young-Hearts-Konferenz 2004. Solche Nebenbeschäftigungen sind
mir wichtig. Sie erlauben mir, andere Menschen, Ansichten und Tätigkeits75
bereiche kennen zu lernen und neue Erfahrungen zu sammeln.
Positiv hat sich das proaktive Informieren über meinen Herzfehler vor
allem im Privatleben ausgewirkt. Das hilft Missverständnissen vorbeugen
und bewahrt mich davor, als bequem oder faul abgestempelt zu werden.
Die Mitarbeitenden sollen wissen, dass ich zum Beispiel nicht einfach aus
Bequemlichkeit den Lift benütze oder öfters eine Pause brauche. Dass
man mich nicht mit Samthandschuhen anfassen muss, merken meine
Gegenüber meist noch früh genug.
Seit über zehn Jahren führe ich meinen eigenen Haushalt, wobei ich
für Reinigung und Waschen auf freundliche Mithilfe zählen kann. In der
Ruhe meiner Wohnung tanke ich nach einem oftmals turbulenten
Arbeitstag oder einer hitzigen Sitzung neu auf und lasse meine Seele ein
wenig «baumeln». Sehr wichtig ist mir meine Freiheit. Das gilt auch bei
meinem liebsten Hobby, dem Reisen. In den vergangenen zehn Jahren
habe ich alle fünf Kontinente bereist, den Äquator und die Datumsgrenze
überquert und dabei die Welt einmal umrundet. Und dies alles auf eigene
Faust und als Alleinreisender. Die daraus entstandenen Begegnungen
möchte ich auf keinen Fall missen. Dabei habe ich eines gelernt:
«Vieles ist möglich, wenn du es nur willst» – aber auch: «Respektiere
deine Grenzen!»
Psyche und
soziale Beziehungen
Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen
Wer mit einem Herzfehler aufgewachsen ist, hat grosse Erfahrung mit
Einschränkungen, Ausgrenzungen und Unverständnis. Der Körper wurde
als unzuverlässiger Partner wahrgenommen in einer Zeit, als Gleichaltrige den ihren ganz selbstverständlich als Werkzeug benutzten. Junge
Erwachsene mit angeborenem Herzfehler haben daher oft ein geringes
Selbstwertgefühl und sind unsicher. Es braucht dann aber einiges an
Durchsetzungsvermögen, um dennoch ein einigermassen normales
Leben führen zu können. Der Weg des geringsten Widerstandes ist für
diese Menschen meist inakzeptabel. Sie werden zu Kämpfertypen, die
aber auch zerbrechen und resignieren können.
Umgang mit Grenzen
Der körperlichen Belastbarkeit Erwachsener mit einem angeborenen
Herzfehler sind Grenzen gesetzt. Sie haben die Tendenz, diese Grenzen
zu suchen und sie gelegentlich zu überschreiten. Die Angst, an Leistungs- 77
fähigkeit zu verlieren, ist dauernd im Hintergrund vorhanden. Das kann
dazu führen, dass sie sich selbst überfordern. Seltener unterfordern sie
sich und leiten aus ihrer Behinderung Ansprüche an die Umgebung
ab. Dies vor allem, wenn ihre Erziehung durch ein allzu beschützendes
Verhalten ihrer Umgebung geprägt war.
Die psychische Belastbarkeit ist an sich gross. Dennoch erreicht sie leicht
ihre Grenzen, weil Selbstdisziplin und Selbstzweifel der Herzkranken mit
Unverständnis und Diskriminierung seitens ihrer Umgebung konfrontiert
sind. Eine kompetente psychische Unterstützung wäre oft wünschenswert. Es gibt aber zurzeit wenig Fachleute, die sich auf dem Gebiet der
psychischen Folgen körperlicher Krankheiten auskennen.
In Selbsthilfegruppen können Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
untereinander Erfahrungen austauschen, Verständnis und Ermutigung
finden für die Dinge, in die sich Gesunde nicht einfühlen können.
Solche positive Erfahrungen machen zum Beispiel zahlreiche Betroffene,
die sich der Gruppe CUORE MATTO (Vereinigung für Jugendliche und
Erwachsene mit angeborenem Herzfehler) angeschlossen haben.
Unsichtbare Behinderung
Vielen Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler sieht man ihre Behinderung nicht an, sofern sie weder besonders klein noch zyanotisch oder
krankhaft mager sind. Es bleibt ihnen überlassen, ob, wie und wann sie
jemanden über ihren Herzfehler informieren. Dabei ist es unvermeidlich,
dass ahnungslose Mitmenschen Bemerkungen machen, die den Herzkranken verletzen. Die Gesellschaft hält Werte hoch, denen er nicht
nachleben kann: Treppen steigen statt Lift fahren, Rad statt Auto fahren,
Rohkost essen statt Medikamente nehmen.
Umgekehrt werden dem schwer atmenden Herzkranken gelegentlich
genau die Verhaltensweisen vorgeworfen, mit denen Gesunde ihr Herz
schädigen: «Du rauchst wohl zu viel!», «Du solltest mehr Sport treiben!»
78
Wenn Operationsnarben beim Sport sichtbar sind, reagiert die Umgebung entweder mit direkten Fragen oder mit auffallend unaufdringlichen Blicken. Das ist nicht angenehm, aber man kann sich darauf einstellen und darf sich die Freude am Sport dadurch auf keinen Fall trüben
lassen. Es ist praktisch unvermeidlich, dass Gesunde ungeschickt sind,
denn Gesunde und Herzkranke schüchtern sich gegenseitig ein. Manchmal ist es Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler möglich, Gesunde
in ausgesprochen peinliche Situationen hineinzumanövrieren. Wenn sie
auf eine spöttische Bemerkung mit der Information über den Herzfehler
antworten, kann das für Spötter zutiefst beschämend sein.
Partnerschaft, Ehe, Familie
Die Frage der Partnerschaft und Ehe ist für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler schwierig. Die Frage, ob und wie lange man den
Bedürfnissen des Partners gerecht werden kann, ist im Voraus kaum zu
beantworten. Das Ende einer Liebesbeziehung wird gerne mit dem
Herzfehler in Verbindung gebracht und trägt zur Unsicherheit noch
mehr bei. Frauen mit angeborenem Herzfehler können recht gut annehmen, dass sie von ihrem Partner Unterstützung brauchen. Schwierig ist
für sie die Frage, ob sie Kinder haben können, ob deren Entwicklung vor
der Geburt normal sein kann und ob diese früh ihre Mutter verlieren
werden. Beruf und Familie zu vereinbaren, ist für diese Frauen noch viel
schwieriger als für gesunde Frauen. Dem gesunden Partner fällt es oft
schwerer, mit der Behinderung umzugehen, als dem Behinderten selbst.
Männer mit angeborenem Herzfehler haben grosse Mühe damit, der
schwächere Partner zu sein. Die Erwartung der Gesellschaft an den
Mann belastet ihre Beziehung, und es fällt ihnen oft leichter, eine ähnlich behinderte Partnerin zu haben.
Wohl wollende Gesunde
Wie in der Kindheit, so ist es auch im Erwachsenenalter ein häufiges
Problem, dass Gesunde den Menschen mit angeborenem Herzfehler
unnötig enge Grenzen setzen. Ihre Vorstellungen über das Ausmass der
Behinderung, über Gefahren und ihre Hilfsbedürftigkeit sind diffus;
unnötige Schonung oder deplatzierter Trost sind ebenso häufig wie
unrealistische Erwartungen an die Willenskraft des Behinderten. Das
richtige Mass ist deshalb sowohl für Erwachsene mit angeborenem
Herzfehler als auch für ihre Umgebung schwierig zu finden, weil die
Leistungsfähigkeit oft sehr variabel ist. Beide haben Mühe vorauszusehen, wann wie viel zumutbar ist. Immer wieder taucht für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler auch die Frage auf, ob sie für
Gesunde eine Zumutung sind.
Diskriminierung
Diskriminierung ist eine häufige Erfahrung von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler. Es werden wohl auch Verhaltensweisen und
Regelungen als diskriminierend empfunden, die nicht so gemeint sind.
So kann eine «behindertengerechte» Bauweise für Behinderte mit
Atemnot die Wahl zwischen einer unzumutbaren Treppe und einer
ebenso unüberwindlichen Rampe bedeuten.
Wenn es schlechter geht
Für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler ist es nicht immer möglich,
das Thema ihrer Sterblichkeit so zu verdrängen, wie es Gesunde im Alltag tun. In jede Planung der eigenen Zukunft schleicht sich der Gedanke
ein, und auch eine Karriere kann nicht unbeschwert überblickt werden.
Wie es jedem Schwerkranken zusteht, sollen Personen mit Herzfehlern
wählen dürfen, ob, wann und mit wem sie über den Tod sprechen
wollen. Die Tendenz Gesunder, abzuwinken und zu positivem Denken
aufzufordern oder mit einem Hinweis auf Gefahren im Strassenverkehr
die Bedrohtheit des Herzkranken zu relativieren, ist verständlich, aber
wenig hilfreich.
Da in den Spitälern junge Herzpatienten selten sind, ist die Chance
gross, dass auf der Intensivstation alles versucht wird, ihr Leben zu retten.
Es kann sinnvoll sein, sich mit einer Patientenverfügung vor extremen
Massnahmen ein Stück weit zu schützen. Dabei ist das offene Gespräch
mit dem eigenen Arzt und mit nahe stehenden Personen wichtig, damit
der eigene Wille auch dann in ärztliche Entscheide einfliessen kann,
wenn der Patient zur Mitsprache nicht mehr fähig ist.
79
Das Sterben macht Angst. Körperliche Beschwerden (z.B. Atemnot),
Schwäche, Abhängigkeit und Vereinsamung dominieren die Vorstellungen. Die palliative Medizin und Pflege kann durch ärztliche und pflegerische Massnahmen, durch liebe- und respektvolle Beziehungen der
Betreuenden mit den Patienten und durch Unterstützung der Angehörigen vor und nach dem Tod das Ende des Lebens lebenswert machen.
Das dürfen Patienten und Angehörige fordern.
80
Berufsausbildung
und Anstellungsverhältnisse
Eine möglichst gute Schulbildung ist wichtig, insbesondere wenn als
Folge eines Herzfehlers oder einer begleitenden Erkrankung eine körperliche Leistungsverminderung vorliegt, welche die Ausübung eines
körperlich anstrengenden Berufes einschränkt. Manchmal ist die Ausbildung in einem Schulheim oder einer Spezialtagesschule sinnvoll.
In vielen Fällen kann eine sorgfältige Berufsberatung durch die Invalidenversicherung (IV) und durch andere staatliche oder private Stellen sehr
nützlich sein. Für die Mehrheit der Betroffenen stehen aber die meisten
Berufe offen.
Arbeitssuchende mit einem angeborenen Leiden sollten sich im Arbeitsrecht besonders gut auskennen oder beraten lassen. Im Bewerbungsgespräch oder auf Fragebögen müssen Angaben zum Gesundheitszustand
nur dann gemacht werden, wenn sie unmittelbar mit dem Arbeitsplatz
zusammenhängen.
81
Gezielte Fragen des Arbeitgebers müssen beantwortet werden, sofern
sie mit der zu leistenden Arbeit in Zusammenhang stehen können
(betrifft beispielsweise auch mögliche vermehrte Absenzen wegen Krankheiten) (OR Art. 320 und 328; AVIG Art. 30). Bei der Aufnahme in die
gesetzlich vorgeschriebene Vorsorge (II. Säule) besteht keine Verpflichtung zur Beantwortung von Gesundheitsfragen.
Beim Vorstellungsgespräch sollten Sie versuchen, ruhig und selbstsicher
zu sein, ein freundliches Gesicht zu machen und dem Gegenüber in die
Augen zu schauen. Seien Sie pünktlich, lieber etwas zu früh und rechnen Sie mit genügend Zeitreserve. Lassen Sie sich von einer Fachperson,
die über Vorstellungsgespräche besonders gut Bescheid weiss, instruieren und beraten, wie Sie sich verhalten sollen und auf welche Art Sie
Fragen am besten beantworten.
Christian Diem
Ich heisse Christian Diem und bin 30 Jahre alt, obwohl ich mich erst
25 Jahre jung fühle. Ich bin 185 cm gross und wohne in Herisau. Mit
16 Jahren, als ich in der 3. Sekundarschulklasse war, erkrankte ich an einer
Endokarditis. Irgendwann rebellierte mein Körper, aber ich wusste nicht
wieso. Ich wurde immer blasser und bekam lauter blaue Striche. Der
Kinderarzt wusste nicht mehr weiter und meldete mich im Regionalspital
an. Dort wurde die Krankheit aufgedeckt. Ich wurde sofort hospitalisiert
und nach drei Tagen ins Universitätsspital in Zürich verlegt, wo ich sieben
Wochen lang an Infusionsschläuchen hing. Die Endokarditis zerstörte
meine Aortaklappe und erforderte eine Herzoperation. Zuvor wurden mir
alle vier Weisheitszähne herausoperiert. Dann durfte ich bis zum Operationstermin nochmals nach Hause. In jener Zeit erlitt ich eine Hirnblutung. Halbseitig gelähmt wurde ich wieder nach Zürich verlegt. Meine
Mutter ist noch heute überzeugt, dass die Entfernung der Weisheitszähne
die Hemiplegie verursachte.
Zwei Wochen später wurde mir eine neue biologische Herzklappe eingesetzt. Von dann an war mein Tag mit Therapien ausgefüllt. Unter anderem
musste ich das Treppensteigen wieder lernen. Dann konnte ich endlich
zur Rehabilitation ins Jugendwerk nach Gailingen (Deutschland) gehen,
wo ich anderthalb Jahre blieb und auch die Schule besuchte. Meine Schul83
zeit beendete ich dann in Trogen. Bei einer Treuhandgesellschaft absolvierte ich eine kaufmännische Lehre. 1997, acht Jahre nach der ersten
Operation, wurde mir eine neue künstliche Aortenklappe eingesetzt. Seither bin ich auf blutverdünnende Medikamente angewiesen.
Mit einer Behinderung ist es schwierig, einen Job zu bekommen. Ich kann
nur noch die linke Hand gebrauchen, und meine Aphasie (Wortfindungsstörungen) erschwert den Kontakt mit Menschen, die meine Krankengeschichte nicht kennen. Ich arbeitete temporär in mehreren Treuhandfirmen, bis ich meine jetzige Stelle in der Buchhaltung des Kantonsspitals
St. Gallen bekam. Einer meiner früheren Chefs hatte meine Arbeitsfähigkeit entdeckt. Er sagte, die Behinderten wollten arbeiten, die gesunden
Menschen hingegen müssten arbeiten.
Obschon der Alltag für mich schwieriger ist als für die andern, bin ich ein
Optimist. Wenn man sich behindert fühlt, geht die Lebensfreude verloren.
Versicherungen
Zu den obligatorischen Versicherungen gehören die Grundversicherung
der Krankenkasse (KK) und die obligatorische Vorsorgeversicherung für
Arbeitnehmer (Pensionskasse II. Säule). Zusätzlich sind alle Schweizer
und aufenthaltsberechtigten Ausländer bei der Invalidenversicherung (IV)
versichert. Zu den freiwilligen Versicherungen gehören die Zusatzversicherungen (halbprivat und privat) der KK, die freiwilligen Zusatzanteile
der Pensionskasse, die vertraglich geregelten Lohnausfallversicherungen
sowie private Lebens-, Risiko- und Rentenversicherungen.
84
Angeborene Herzfehler fallen zunächst unter die Leistungspflicht der
Invalidenversicherung (IV, Ziffer 313). Die IV kommt bis zum vollendeten
20. Lebensjahr für medizinische Leistungen (ärztliche Behandlung) im
Zusammenhang mit dem Herzfehler auf, danach besteht die Leistungspflicht bei der Krankenkasse (Grundversicherung). Bei der obligatorischen Grundversicherung der Krankenkasse dürfen keine Vorbehalte
gemacht werden. Bei der obligatorischen beruflichen Vorsorge (II. Säule)
sind ebenfalls keine Vorbehalte möglich und daher müssen keine Gesundheitsfragen beantwortet werden. Jedoch ist eine Arbeitnehmerin
verpflichtet, anlässlich der Aufnahme in den über das gesetzliche Minimum hinausgehenden Teil der Pensionskasse zuhanden des Vertrauensarztes über eine allfällige Krankheit oder Behinderung Auskunft zu
geben. Die Pensionskasse bzw. deren Vertrauensarzt darf aber die
Krankheit gegenüber dem Arbeitgeber nicht erwähnen. Wenn keine
Höherversicherung möglich ist, sollte folgender Vermerk angebracht
werden: «Lediglich gesetzlich vorgeschriebener Vorsorgeteil erwünscht,
keine weitergehende berufliche Vorsorge.» Dies um eine Diskriminierung bei der Anstellung zu vermeiden.
Die Zusatzversicherungen der Krankenkasse und die nichtobligatorischen Vorsorge- und Risikoversicherungen, auch dem Gesetz für Privatversicherungen unterstellte Lohnversicherungen, sind nicht verpflichtet,
Kunden anzunehmen, und müssen für eine Ablehnung auch keine
Begründung angeben. Personen mit erhöhtem Risiko werden entweder
abgelehnt oder mit Prämienzuschlag versichert. Manchmal werden dieselben Anträge jedoch nicht von allen Versicherungen gleich beurteilt.
Die Versicherungsgesellschaften stützen sich bei ihren Verträgen auf das
Tarifbuch einer Rückversicherungsgesellschaft. Zurzeit befinden sich
die Beurteilungsgrundlagen der Schweizer Rückversicherung (die meist
massgebend ist) in Überarbeitung. Mehrere Versuche und eine Beratung
durch einen unabhängigen Versicherungsexperten sowie die persönliche
Rücksprache des behandelnden Arztes mit dem Vertrauensarzt der Versicherung lohnen sich. Es kann empfehlenswert sein, sich in Anstellungsund Versicherungsfragen eventuell frühzeitig von einem erfahrenen
Juristen beraten zu lassen (Kontaktadressen über die Selbsthilfeorganisation CUORE MATTO). Bei vollständiger oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit
infolge des Herzfehlers besteht nach Ablauf eines Jahres die Möglichkeit, eine IV-Rente zu beantragen. Die IV kommt auch für berufliche Eingliederungsmassnahmen oder Umschulungen auf. Die Antragsformulare
sind bei der kantonalen Ausgleichskasse zu beziehen und durch den
Versicherten selbst auszufüllen. Die IV holt dann bei den angegebenen
Ärzten die medizinischen Auskünfte ein.
85
Behandlungskette
Die erste Anlaufstelle für alle gesundheitlichen Probleme ist in der Regel
der Hausarzt. Wenn bei Ihnen bisher ein Kinderarzt die Funktion des
Hausarztes hatte, werden Sie anschliessend wahrscheinlich einen Allgemeinpraktiker oder einen Internisten als Hausarzt wählen. Daneben
benötigen Sie in gewissen Abständen auch die Untersuchung und Beratung durch einen im Umgang mit angeborenen Herzfehlern erfahrenen
Kardiologen.
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Eine gute Zusammenarbeit des Kinderkardiologen mit einem Herzspezialisten für Erwachsene ist sehr wichtig. In der Schweiz gibt es dafür eine
spezielle Arbeitsgruppe «WATCH» (= Working Group for Adults and
Teenagers with Congenital Heart Disease) der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie, welche die Fortbildung und Forschung auf dem
Gebiet der Herzfehler fördert. Durch die gemeinsame Besprechung lernen
einerseits die Erwachsenenärzte die neuen Erkenntnisse und Behandlungsmethoden im Kindesalter besser kennen, andererseits erhalten die
Kinderärzte wertvolle Informationen über das weitere Schicksal ihrer
Patientinnen und Patienten, die zur Beurteilung zukünftiger Probleme
wichtig sein können.
Am besten wird die Übergabe anlässlich der letzten Konsultation beim
Kinderkardiologen bereits festgelegt. Im Idealfall findet bei komplizierten Fällen eine persönliche Übergabe vom Kinderkardiologen an den mit
der Betreuung von Patienten mit angeborenem Herzfehler erfahrenen
Erwachsenenkardiologen in Anwesenheit des Patienten statt. Wenn
Akten über frühere Untersuchungen und Behandlungen vorhanden sind,
sollten diese vom Kinderarzt bzw. dem Kinderkardiologen an die
Erwachsenenärzte übergeben werden. Besonders wichtig sind die Protokolle der durchgeführten Operationen, da sie bei allfälligen später
auftretenden Problemen und speziell bei der Planung weiterer Eingriffe
wertvolle Hinweise liefern können.
Stellen Sie sicher, dass Sie Ihren Ansprechpartner für alle Arten von
Fragen kennen, sei es der Hausarzt, der Kardiologe in der Praxis oder
derjenige im Zentrumsspital. Sorgen Sie auch dafür, dass andere Ärzte,
mit denen Sie vielleicht wegen akuter Erkrankungen, Operationen oder
Unfällen in Kontakt kommen, immer mit Ihrem Hausarzt und Ihrem
Kardiologen Kontakt aufnehmen. Nur so werden Missverständnisse vermieden und wichtige Gesichtspunkte frühzeitig erkannt. Falls Sie viel
auf Reisen sind, empfiehlt es sich, eine Zusammenfassung Ihrer Krankengeschichte auf Englisch, ein aktuelles EKG und Kontaktadressen Ihrer
Ärzte mitzunehmen. Bei komplizierten Fällen ist es ratsam, wenn die
Patienten immer eine Kopie des letzten Arztberichts bei sich tragen.
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Mein Name ist Doris Zemp-Lustenberger. Ich wurde 1951 mit einer
kongenital korrigierten Transposition der grossen Arterien, einem Ventrikelseptumdefekt und einer Pulmonalstenose geboren. Damals war mein
Herzfehler noch inoperabel, weshalb ich mit einer kurzen Lebenserwartung von unter 20 Jahren zu rechnen hatte. Eine Endokarditis im Alter
von zwei Jahren verschlechterte die Prognose zusätzlich. Trotz körperlichen Einschränkungen und mehreren Spitalaufenthalten durchlief ich
die Schulzeit problemlos und war bei meinen Schulkolleginnen bestens
integriert. 1967, als ich 16 war, wagten sich die Ärzte im Unispital Zürich
an eine mehrstündige Operation, die erfolgreich verlief. Das eröffnete
mir neue Lebensperspektiven. Noch während meiner Lehrzeit als Dentalassistentin lernte ich meinen jetzigen Mann kennen, mit dem ich seit
1972 verheiratet bin. Nach fünf Fehlgeburten bekamen wir 1979 und 1981
zwei gesunde Kinder.
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Unser Familienglück wurde jedoch schon bald einer harten Zerreissprobe ausgesetzt, als sich mein Gesundheitszustand ab 1987 wieder
zusehends verschlechterte. Nach grossen Diskussionen, ob erneute Herzoperation oder Transplantation, wurde ich 1992 im Unispital Zürich zum
zweiten Mal operiert (mit der Option einer Transplantation nach fünf
bis sieben Jahren). Bei diesem sehr erfolgreichen Eingriff erhielt ich unter
anderem eine mechanische Herzklappe und einen Schrittmacher. Ich habe
dadurch wieder viel Lebensqualität gewonnen und bin meinen Ärzten
sehr dankbar für diesen mutigen Entscheid. Seitdem sind elf Jahre
vergangen, und es geht mir so gut, dass das Thema Herztransplantation
in weite Ferne gerückt ist.
Seit meine Kinder erwachsen sind, habe ich wieder mehr Zeit für andere
Tätigkeiten. Nebst meiner Teilzeitarbeit in der Zahnarztpraxis meines
Mannes und als Lehrabschlussprüfungsexpertin für Dentalassistentinnen
habe ich 1999 zusammen mit einigen anderen Betroffenen die Vereinigung für Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
namens CUORE MATTO gegründet, der ich seit Beginn als Präsidentin
vorstehe. Dieses Amt bringt zwar viel Arbeit mit sich, aber auch grosse
Befriedigung und vor allem viele neue Freundschaften.
In meiner Freizeit besuche ich gerne Konzerte, entspanne mich beim
Lesen oder geniesse mit Freunden ein Glas Wein. Auch wenn ich mit ein
paar Einschränkungen leben muss, fühle ich mich nicht behindert. Ich
habe meinen Herzfehler akzeptiert und mich mit ihm arrangiert, so dass
ich ein sehr lebenswertes Leben führen kann. Getragen und begleitet
werde ich von meiner Familie und kompetenten, einfühlsamen Ärzten.
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Doris Zemp
Fragen und Ängste
von Betroffenen
Viele Menschen mit angeborenen Herzfehlern werden im Laufe ihres
Lebens mit Situationen konfrontiert, die nicht nur für den Körper,
sondern auch für die Psyche eine grosse Herausforderung und Belastung
darstellen. Vor allem vor Operationen können quälende Fragen aufkommen:
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Ist dieser Eingriff wirklich notwendig?
Was wird dabei gemacht?
Werde ich grosse Schmerzen haben?
Geht es mir danach besser?
Wird sich meine Arbeitsfähigkeit verbessern?
Bin ich nachher auf Medikamente angewiesen?
Wie lange dauert der Spitalaufenthalt?
Wie lange dauert die Rekonvaleszenz?
Muss oder soll ich nach der Operation in die Rehabilitation gehen?
Muss ich später nochmals operiert werden?
Wie werden meine Kolleginnen und Kollegen reagieren?
Werden mich meine Narben sehr stören?
Verständlicherweise verursachen existenzielle Fragen grosse Angst und
Unsicherheit, mit denen sich Betroffene auseinander setzen müssen:
7 Wie risikoreich ist dieser Eingriff?
7 Könnte er gar tödlich enden?
Manchen Betroffenen fällt es schwer, mit ihren Angehörigen diese
Fragen zu thematisieren, weil sie deren Angst und Hilflosigkeit spüren.
Aus gegenseitiger Rücksichtnahme wird das Thema dann oft tabuisiert,
was jedoch für beide Seiten meistens sehr belastend ist.
Wie viel man Freunden und Bekannten gegenüber erzählen möchte,
muss wohl jeder für sich selbst abwägen. Erfahrungen zeigen jedoch,
dass die Umgebung oftmals mit Mitleid reagiert. Gut gemeinte Sätze wie:
«Du bist wirklich ein Armer» oder «Du tust mir echt leid» wirken eher
kontraproduktiv. Denn Mitleid kann beim Betroffenen sehr schnell
zu Selbstmitleid führen, und das ist wohl das Unbrauchbarste in einer
solchen Situation. Mutmachende Worte, welche die Kraft und den
Durchhaltewillen stärken, bleiben jedoch leider oft aus. Deshalb erzäh-
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len viele Betroffene aus Selbstschutz wenig bis gar nichts über ihre
Befindlichkeit bei einem bevorstehenden Eingriff.
In dieser Zeit kann der Arzt – meistens der Kardiologe – zu einer sehr
wichtigen Bezugsperson werden. Dies setzt jedoch ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis voraus, das schon vorher aufgebaut werden
sollte. Nur so werden sich Betroffene wagen, ihm gegenüber ihre
Ängste auszusprechen, und der Arzt wird sich den Fragen – auch den
unangenehmen – offen stellen. Für die Patienten ist es unabdingbar, von
ihrem Arzt ernst genommen zu werden. Niemand sollte sich schämen
müssen, wenn er zum Beispiel einen einfachen Kathetereingriff als
bedrohlich empfindet oder eine vermeintlich «dumme Frage» stellt. Auch
Tränen sollten nicht unterdrückt werden müssen aus Angst, vor dem
Arzt das Gesicht zu verlieren. Ebenso ist es kein Makel, psychologische
Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies geschieht idealerweise in interdisziplinären Sprechstunden, wo der Kardiologe und der Psychologe eng
zusammenarbeiten. Angst und Unsicherheit kann nur in einem engen
Verhältnis mit den betreuenden Ärzten, gestützt auf gegenseitige Offenheit, auf Respekt und Vertrauen, begegnet werden.
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Nicht zu unterschätzen ist auch der Austausch mit andern Betroffenen.
Wohl können Fachpersonen die medizinischen und psychologischen
Fragen beantworten und Verständnis für die Ängste ihrer Patienten
signalisieren. Dennoch werden wohl nur Personen, die Ähnliches selbst
durchlebt haben, die Ängste und Sorgen, welche Patienten vor einem
Eingriff bedrücken, wirklich nachvollziehen können.
Kontaktadressen
Patienten- und Selbsthilfeorganisationen
Schweizerische Herzstiftung
Schwarztorstrasse 18
Postfach 368
3000 Bern 14
Telefon 031 388 80 80
Fax
031 388 80 88
[email protected]
www.swissheart.ch
Die Schweizerische Herzstiftung setzt sich aktiv gegen Herzkrankheiten
und Hirnschlag ein. Sie organisiert einerseits Präventionskampagnen
zur Aufklärung der Bevölkerung über kardiovaskuläre Erkrankungen,
andererseits generiert sie Mittel für wichtige Forschungsprojekte, unter
anderem auch auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler. So hat die
Schweizerische Herzstiftung in den vergangenen Jahren wichtige
Beiträge zur Verbesserung der Situation von Patienten mit angeborenen
Herzfehlern geleistet und wird sich auch in Zukunft auf diesem Gebiet
engagieren. Auf der Website der Schweizerischen Herzstiftung finden
Betroffene, Angehörige und Interessierte Wissenswertes und Nützliches
zum Thema Herzkrankheiten und Hirnschlag.
CUORE MATTO, Vereinigung für Jugendliche (ab 16 Jahren)
und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler
Präsidentin:
Doris Zemp
Feldmatt 20
6018 Buttisholz
Telefon P 041 928 16 88
Telefon G 041 490 22 44
[email protected]
[email protected]
www.cuorematto.ch
Sekretariat:
Caroline Süess
Engelbergstrasse 40
4656 Starrkirch
Telefon 062 295 36 32
[email protected]
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Die Vereinigung CUORE MATTO hilft Betroffenen bei medizinischen Fragen und Alltagsproblemen. Dies geschieht sowohl durch gegenseitige
Unterstützung und Erfahrungsaustausch als auch durch Zusammenarbeit
mit Fachpersonen, Vermittlung von Beratungsstellen (z.B. bei Versicherungs- und Rechtsproblemen), Vorträge, Seminare, gesellschaftliche
Treffen und Ferienwochen. Ebenfalls pflegt die Vereinigung internationale Kontakte zu gleichartigen Patientenvereinigungen und setzt sich
gesamteuropäisch für die Anliegen ihrer Mitglieder ein.
Elternvereinigung für das herzkranke Kind
Sekretariat Anita Kallon
Neuhusstrasse 35c
8630 Rüti
Telefon 055 260 24 52
[email protected]
www.evhk.ch
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Die Elternvereinigung setzt sich direkt für herzkranke Kinder ein.
Sie pflegt eine gute Zusammenarbeit mit der Vereinigung CUORE MATTO
und stellt dieser im «Herzblatt», dem Informationsmedium der Elternvereinigung, ein Publikationsforum zur Verfügung.
Beratungsstellen
Dachverband Schweizerischer
Patientenstellen
Postfach
8042 Zürich
Telefon 01 361 92 56
Team Selbsthilfe
Dolderstrasse 18
8032 Zürich
Telefon 01 252 30 36
Procap
Schweizerischer Invalidenverband
Zentralsekretariat
Froburgstrasse 4
4600 Olten
Telefon 062 206 88 88
www.procap.ch
Beratungsdienst des
Schweizerischen Beobachters
Förrlibuckstrasse 10
8005 Zürich
Telefon 01 448 78 78
Rechtsberatungsstelle
für Unfallopfer und Patienten (UP)
Werdstrasse 36
8004 Zürich
Telefon 01 242 43 54 und
0800 707 277
Schweiz. Patientenorganisation
(SPO)
Zähringerstrasse 32
8001 Zürich
Telefon 01 252 54 22
Ombudsman der
sozialen Krankenversicherung
Morgartenstrasse 9
6003 Luzern
Telefon 041 226 10 10
Ombudsman der
Privatversicherung
Kappelergasse 15
8001 Zürich
Telefon 01 211 30 90
Unter www.krankenkasse.ch wird im Internet ein dreisprachiger
Prämienvergleich mit verschiedenen Franchisen für die ganze Schweiz
angeboten.
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Fachgesellschaften und -arbeitsgruppen
Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie
Schwarztorstrasse 18
3007 Bern
Telefon 031 388 80 90
Fax
031 388 80 98
[email protected]
www.swisscardio.com
Die Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie ist die Fachgesellschaft
der Schweizerischen Herzspezialisten. Sie beschäftigt sich neben organisatorischen und standespolitischen Aspekten mit medizinischen Fragen
der angeborenen Herzfehler und kann bei Bedarf Kontakte mit entsprechenden Fachleuten herstellen.
WATCH
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Innerhalb der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie hat sich eine
Arbeitsgruppe von Fachärzten gebildet, die sich speziell mit den angeborenen Herzfehlern im Erwachsenenalter befassen. Der Name dieser
Arbeitsgruppe ist WATCH (Working Group for Adults and Teenagers
with Congenital Heart Disease). Die Gruppe erarbeitet Empfehlungen
zur Abklärung und Behandlung von Herzfehlern, koordiniert Forschung
und Öffentlichkeitsarbeit und organisiert Fortbildungen sowie Fachtagungen. Sie unterhält ferner Kontakte zu gleichartigen ausländischen
Organisationen. Die Kontaktadressen der Funktionsträger dieser Gruppe
und eine Liste ihrer Mitglieder ist bei der Schweizerischen Gesellschaft
für Kardiologie erhältlich.
Allgemeine Adressen
Bundesamt für Sozialversicherung
(BSV)
Effingerstrasse 33
3003 Bern
Telefon 031 322 90 11
Bundesamt für Gesundheit
(BAG)
Schwarzenburgstrasse 165
3003 Bern
Telefon 031 322 21 11
Santésuisse
Konkordat der Schweizerischen
Krankenversicherer
Römerstrasse 20
4502 Solothurn
Telefon 032 625 41 41
[email protected]
Schweizerischer Verband
für Gemeinschaftsaufgaben
der Krankenversicherer (SVK)
Muttenstrasse 3
4500 Solothurn
Telefon 032 626 57 47
Interkantonale Kontrollstelle
für Heilmittel (IKS)
Erlachstrasse 8
3000 Bern 9
Telefon 031 322 36 51
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Diagramm
«Ihr persönlicher Herzfehler»
Diagramm 1:
normale Anatomie
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Bitten Sie Ihren Kardiologen, das vorgesehene Diagramm zu
ergänzen bzw. eine für Ihren Fall zutreffende Zeichnung an dieser
Stelle einzufügen:
Diagramm 2:
individuell zu ergänzen gemäss Diagnose
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Literaturhinweise
Website von CUORE MATTO
www.cuorematto.ch
Website des Canadian Adult Congenital Heart Network
www.cachnet.org
Website der Bibliothek der University of Toronto,
mit Spezialseiten für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern
www.library.utoronto.ca/nevil_thomas
Website der Elternvereinigung für das herzkranke Kind
www.evhk.ch
Diagramme von angeborenen Herzfehlern
www.kumc.edu/kumcpeds/cardiology/pedcardiodiagrams.html
«Herzblatt», Zeitschrift der Elternvereinigung
für das herzkranke Kind
Redaktion: Spichermattstrasse 18, 4573 Lohn-Ammannsegg
100
Oechslin E., Hoffmann A.
Organisatorische und medizinische Aspekte beim Übergang
von Jugendlichen mit einem angeborenen Herzfehler
ins Erwachsenenalter
Therapeutische Umschau 2001;58:111–118
Mutter Herz Kind – Das Leben mit einem vom Tod bedrohten Kind
Autorin: Ruth Meyer
Appenzeller Verlag, Kasernenstrasse 64, Postfach, 9101 Herisau
«Ruth beschreibt in ihrem stark autobiografischen Buch ihre Erfahrungen mit einem vom Tod bedrohten Kind. Sie erzählt von einem Leben,
in dem die Krankheit zum stetigen Begleiter, die Erwartung des Aussergewöhnlichen zum Normalen wird. In der Gegenüberstellung mit
Geschichten von Arbeitslosen entschlüsselt Ruth Meyer die Gefühle von
Sara und enthüllt die Dynamik, die weder die Elternbeziehung noch
das Leben der Geschwister unberührt liess.»
Ein kleines Herz wird stark
Prof. Dr. med. Thierry Carrel, Katalin Vereb, Karl-Heinz Hug
Werd Verlag
Schweizerische Herzstiftung
Schwarztorstrasse 18
Postfach 368
3000 Bern 14
Telefon 031 388 80 80
Fax 031 388 80 88
E-Mail: [email protected]
www.swissheart.ch
PC-Konto 30-4356-3
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