AUS DER ABTEILUNG FÜR PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE DER UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR PSYCHIATRIE UND PSYCHOSOMATIK DER ALBERT-LUDWIGS-UNIVERSITÄT FREIBURG IM BREISGAU DIE ROLLE DER POLYSOMNOGRAPHIE IN DER DIAGNOSTIK DER INSOMNIE INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Vorgelegt 2010 von Nils Heim geboren in Bonn 2 Dekan: 1. Gutachter: 2. Gutachter: Jahr der Promotion Prof. Dr. Dr. h.c. mult H. E. Blum Prof. Dr. D. Riemann PD Dr. H. W. Clement 2010 3 Für meine Eltern 4 INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG 12 1.1 Schlaf und Schlafstörungen 1.1.1 Der physiologische Schlaf 1.1.1.1 Die Schlafeinleitung und Schlafregulation 1.1.1.2 Schlafphasen 1.1.1.3 Unterschiede im Schlafprofil gesunder Menschen 1.1.1.4 Die innere Uhr und biologische Rhythmen 1.1.2 Schlafstörungen 1.1.2.1 Nichtorganische (primäre) Insomnie (F51.0) 14 14 14 15 18 20 23 27 1.2 Fragestellung 30 2 STUDIENTEILNEHMER UND METHODEN 31 2.1 Patienten 2.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien 2.1.1.1 Einschlusskriterien 2.1.1.2 Ausschlusskriterien 2.1.2 Demographische Daten 2.1.3 Ausgeschlossene Patienten 31 31 31 31 32 32 2.2 Untersuchungsmethoden 2.2.1 Ablauf 2.2.2 Polysomnographie 2.2.3 Diagnosen 2.2.4 Pittsburgher Schlafqualitätsindex (PSQI) 2.2.5 Beck-Depressions-Inventar (BDI) 2.2.6 Morgen/Abend-Protokolle 33 33 34 35 36 36 37 2.3 Statistische Auswertung 38 3 ERGEBNISSE 39 3.1 Diagnosen 3.1.1 Zusammenfassung 39 43 3.2 Psychometrische Befunde 3.2.1 Pittsburgher Schlafqualitätsindex (PSQI) 3.2.1.1 PSQI – Schlafeffizienz (SE) 3.2.1.2 PSQI – Gesamtschlafzeit (TST – Total Sleep Time) 3.2.2 Beck-Depressions-Inventar (BDI) 3.2.3 Abend/Morgen-Protokolle 3.2.3.1 Einschlafzeit 3.2.3.2 Wachperioden 3.2.3.3 Gesamtschlafzeit 44 44 47 50 53 55 56 60 63 5 3.2.3.4 Schlafeffizienz 67 4 DISKUSSION 71 4.1 Diagnosen 71 4.2 Psychometrische Befunde 4.2.1 PSQI 4.2.2 BDI 4.2.3 Abend/Morgen-Protokolle 73 73 75 76 5 ZUSAMMENFASSUNG 79 6 LITERATURVERZEICHNIS 80 7 LEBENSLAUF 87 6 TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1-1: Charakteristika der verschiedenen Schlafphasen Tabelle 1-2: Klassifikation von Schlafstörungen nach ICD-10 Tabelle 1-3: Klassifikation von Schlafstörungen nach DSM-IV Tabelle 2-1: Alter der Patienten Tabelle 2-2: Aufschlüsselung der demographischen Daten nach Alter und Geschlecht Tabelle 3-1: ICD-10-Erstdiagnosen – Schlaflabortermin (T1) Tabelle 3-2: PSQI – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Tabelle 3-3: PSQI – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-4: PSQI – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-5: PSQI – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Tabelle 3-6: PSQI-SE – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Tabelle 3-7: PSQI-SE – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-8: PSQI-SE – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-9: PSQI-SE – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Tabelle 3-10: PSQI-TST – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Tabelle 3-11: PSQI-TST – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-12: PSQI-TST – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-13: PSQI-TST – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Tabelle 3-14: BDI – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Tabelle 3-15: BDI – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-16: BDI – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-17: BDI – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Tabelle 3-18: Einschlafzeit – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Tabelle 3-19: Einschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-20: Einschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-21: Einschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Tabelle 3-22: Anzahl der Wachperioden – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Tabelle 3-23: Anzahl der Wachperioden – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-24: Anzahl der Wachperioden – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-25: Anzahl der Wachperioden – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Tabelle 3-26: Gesamtschlafzeit – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte 7 Tabelle 3-27: Gesamtschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-28: Gesamtschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-29: Gesamtschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Tabelle 3-30: Schlafeffizienz – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Tabelle 3-31: Schlafeffizienz – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Tabelle 3-32: Schlafeffizienz – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Tabelle 3-33: Schlafeffizienz – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 8 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1-1: Idealtypisches Schlafprofil Abbildung 1-2: Schlafphasenunterschiede im Verlauf des Lebens Abbildung 1-3: Zwei-Prozess-Modell zur Schlaf-Wach-Regulation Abbildung 1-4: Modell zur Genese und Aufrechterhaltung primärer Insomnien Abbildung 2-1: Studiendesign Abbildung 3-1: ICD-10-Erstdiagnosen – Schlaflabortermin (T1) Abbildung 3-2: ICD-10-Zusatzdiagnosen – Schlaflabortermin (T1) Abbildung 3-3: PSQI – MW ± SD gepaarter Differenzen Abbildung 3-4: PSQI-SE – MW ± SD gepaarter Differenzen Abbildung 3-5: PSQI-TST – MW ± SD gepaarter Differenzen Abbildung 3-6: BDI – MW ± SD gepaarter Differenzen Abbildung 3-7: Einschlafzeit – MW ± SD der Einzelwerte Abbildung 3-8: Einschlafzeit – MW ± SD gepaarter Differenzen Abbildung 3-9: Anzahl der Wachperioden – MW ± SD der Einzelwerte Abbildung 3-10: Anzahl der Wachperioden – MW ± SD gepaarter Differenzen Abbildung 3-11: Gesamtschlafzeit – MW ± SD der Einzelwerte Abbildung 3-12: Gesamtschlafzeit – MW ± SD gepaarter Differenzen Abbildung 3-13: Schlafeffizienz – MW ± SD der Einzelwerte Abbildung 3-14: Schlafeffizienz – MW ± SD gepaarter Differenzen 9 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Abb. Abbildung BDI Beck- Depressions- Inventar d.h. Das heißt DSM-IV Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (4th Edition) EEG Elektroenzephalogramm EKG Elektrokardiogramm EMG Elektromyogramm EOG Elektrookulogramm HHN Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse GABA Gammaaminobuttersäure gamma-GT Gamma-Glutamyltranspeptidase GOT Glutamatoxalacetattransaminase GPT Glutamatpyruvattransaminase grch. Griechisch ICD-10 International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (10th Revision) lat. lateinisch MW Mittelwert NISAS Nationwide Insomnia Screening and Awareness Study PSG Polysomnographie PSQI Pittsburgher Schlafqualitätsindex REM Rapid Eye Movement SD Empirische Standardabweichung SE Schlafeffizienz SWS Slow wave sleep Tab. Tabelle TST Total Sleep Time (totale Schlafzeit) u.a. unter anderem z.B. zum Beispiel ZNS zentrales Nervensystem z.T. Zum Teil 10 Danksagungen Ich bedanke mich herzlich bei Herrn Prof. Riemann für die Überlassung des Themas, die gute Betreuung der Arbeit und für konstruktive Kritik und Anregungen. Weiterhin danke ich Herrn Dr. Feige für die Hilfestellungen bei der Bewältigung der gesamten Statistik und den großen Datenmengen. Marie-Luise Heim-Berger und Prof. Mathias Berger danke ich für die vielen schönen Monate, die ich bei ihnen in Freiburg während der Bearbeitung meiner Arbeit verbringen konnte und für die Unterstützung die sie mir stets haben zukommen lassen. Zuletzt danke ich meinen Eltern Dr. Geerd Heim und Wiebke Colmorn-Heim und meiner Großmutter Johanna Heim für ihre ständige Motivation und Unterstützung. 11 Ein treuer Freund, der allen frommt, gerufen oder nicht, er kommt. Gern mag er Elend, Sorge, Pein mit seinem sanften Schleier decken, und selbst das Glücke wiegt er ein, zu neuen Freuden es zu wecken. J. W. v. Goethe 12 1 Einleitung Der Schlaf, ein Zustand den jeder Mensch kennt, der aber trotzdem schwer erklärbar und wenig greifbar ist, ist ein Phänomen mit dem sich die Menschheit schon sehr lange auseinandersetzt. Schon früh in der griechischen Mythologie erscheint „Hypnos“ als Gott des Schlafes und Bruder des „Thanatos“, dem Gott des Todes. Im Verlauf der Geschichte beschäftigten sich auch Philosophen wie Aristoteles und Hippokrates mit der Thematik des Schlafes. Aristoteles vertrat die Hypothese, dass auf Grund physiologischer Prozesse während des Wachzustands das Blut in den Adern verdicke und der Mensch daraus resultierend müde würde. Im Schlaf, so mutmasste Aristoteles, werde das Blut dann wieder dünner und korreliere somit mit dem Erholungsprozess. In die Richtung der heutigen Theorien in Bezug auf den Schlaf tendierte Galen bereits im zweiten Jahrhundert nach Christus. Galen verstand den Schlaf schon damals als eine Art Regenerationsphase für das Gehirn. In den folgenden Jahrhunderten erschienen immer wieder Schriften, die sich mit dem Schlaf beschäftigten. Eine schlüssige Erklärung darüber was Schlaf ist und wozu er dient blieben die Verfasser solcher Hypothesen allerdings stets schuldig. Über die mangelnde Deutbarkeit dieses Mysteriums fand der Schlaf auch immer wieder seinen Weg in berühmte literarische Werke. Auffällig ist, dass gerade bei Sagen und Märchen, wie etwa „Dornröschen“ als auch bei Shakespearewerks „Romeo und Julia“, der Schlaf als eine Art Scheintod wahrgenommen wird. Der österreichische Komponist Joseph Haydn (1732-1809) geht im 18. Jahrhundert sogar soweit die Grenzen zwischen Tod und Schlaf ganz zu verwischen: „Tod ist ein langer Schlaf – Schlaf ist ein kurzer Tod.“ Ein klar erkennbarer Fortschritt blieb allerdings trotz vieler Überlegungen lange aus. Vielmehr stützten sich die meisten Theorien auf Annahmen und Gedankenspiele. Einzig und alleine die grundsätzliche Auffassung des Schlafes als passiven, dem Wachsein entgegengesetzten Zustand, fand sich in nahezu allen Überlegungen bezüglich des Schlafes wieder. Erst im 19. Jahrhundert beginnt im Zuge der Hinwendung zu den Naturwissenschaften auch die Zeit der systematischen Schlafforschung. So erkennt der Physiologe Kohlschütter bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in seinem sogenannten Weck-Experiment unter Erstellung einer „Schlaftiefkurve“, dass ein anfänglich sehr tiefer Schlaf im Laufe der Nacht oberflächlicher wird. Den ersten wirklichen Meilenstein legte der Jenaer Psychiater Hans Berger (1924) und die Physiologen Adrian und Matthews (1934) mit der Aufzeichnung elektrischer Hirnströme mittels 13 des Elektroenzephalogramms (=EEG). Nicht lange Zeit später, im Jahre 1936, beobachtet der Physiologe Loomis mittels der neuen EEG-Ableitung, dass die elektrische Aktivität des menschlichen Gehirns mit zunehmender Schlaftiefe abnimmt, wohingegen die Amplitude gleichzeitig zunimmt. Diese Beobachtung führte zum Namen „Slow-Wave-Sleep“ (SWS), zu deutsch „Tiefschlaf“ [Loomis et al 1937]. Im Lauf der fünfziger Jahre veröffentlichten Aserinsky und Kleitman (1953) ihre Forschungen. Sie beobachteten und dokumentierten rasche Augenbewegungen bei schlafenden Menschen, sog. „rapid eye movements (=REM)“, die sich etwa alle 90 Minuten verzeichnen ließen. Dies führte zu einer Einteilung des Schlafes in REM- und non-REM-Schlafphasen. Eine weitere und genauere Unterteilung der Schlafphasen beschrieben am Ende der sechziger Jahre die Schlafforscher Rechtschaffen und Kales [Rechtschaffen & Kales 1968]. Sie erschufen Kriterien für die Einteilung des Schlafes in vier voneinander abgrenzbare Schlafstadien des non-REM-Schlafes und des REM-Schlafes [Berger et al 1992]. Der Grund warum wir schlafen bleibt weiterhin weitgehend im Dunkeln. Allerdings konnte Allan Rechtschaffen mit einem Experiment an der University of Chicago im Jahre 1983 die unabdingbare Wichtigkeit des Schlafes untermauern. Er hinderte in einem Versuch Ratten daran zu schlafen. Nach zehn Tagen Versuchsdauer entgleisten Hungergefühl mit gesteigertem Fressverhalten und gleichzeitiger Gewichtszunahme sowie Anstieg der Körpertemperatur und Ausbildung von Infektionen und Tumorwachstum. Sowohl Stoffwechsel, als auch sämtliche Immunfunktionen brachen zusammen und führten zum Tod der Tiere nach drei bis vier Wochen. Schlaf und Gesundheit scheinen also ein untrennbares Korrelat zu bilden. 14 1.1 Schlaf und Schlafstörungen 1.1.1 Der physiologische Schlaf 1.1.1.1 Die Schlafeinleitung und Schlafregulation Im Gehirn des Menschen sind mehrere Systeme im Stamm- und Zwischenhirn an der Einleitung des Schlafes beteiligt. Zunächst nahm man an, dass das Stammhirn alleine verantwortlich für die Mechanismen der Schlaf-Wach-Regulation sei. Im Laufe der letzten Jahrzehnte stellte sich allerdings heraus, dass die Schlaf-Wach-Regulation ein sehr komplexer Vorgang ist der zahlreiche Hirnareale beansprucht. Im Hirnstamm fungiert die Formatio reticularis als Teil des aufsteigenden reticulären aktivierenden Systems (ARAS) als Signalgeber und ist somit verantwortlich für die Aufmerksamkeit und Wachheit des Menschen. Mittlerweile gilt allerdings der Hirnstamm nicht mehr als einzig verantwortliches Organ des Schlaf-Wach-Rhythmus. Auch im Zwischenhirn, also im Thalamus und Hypothalamus, sowie im Kortex sind neuronale Zentren an dem komplexen Wechselspiel der Schlaf-Wach-Regulation beteiligt [Kryger, 2002]. Die Formatio reticularis erregt mittels der Neurotransmitter Noradrenalin (NA) und Acetylcholin (Ach) den Thalamus im Zwischenhirn. Dieser leitet dann als Zwischenschaltstelle Informationen an das Großhirn weiter. Weitere Verschaltungen befinden sich direkt in der Formatio reticularis und sind grundsätzlich in der Lage mittels des Neurotransmitters Serotonin (5-HT) hemmende Einflüsse auf das noradrenerge System aus zu üben. Insbesondere beim Einschlafen spielt diese Hemmung ein Rolle. Eine zusätzliche Verschaltung der Formatio reticularis zu verschiedenen Raphe-Kerngruppen stellt einen zweiten Weg zur Unterstützung der Schlafeinleitung dar. Über den Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure (GABA) kann von hier aus eine hemmende Wirkung auf den Thalamus ausgeübt werden. Das ARAS ist somit gleichzeitig über direkte Verschaltungen für die Wachheit als auch über hemmende Interneurone indirekt für die entgegengesetzte Schlafeinleitung mitverantwortlich. Als dritte Funktion vom Übergang vom Wach- in den Schlafzustand ist die hemmende Wirkung selbiger Hirnstamm-Kerngebiete auf Nervenzellkomplexe im Rückenmark zu nennen. Der Effekt ist hier eine Atonie der Muskulatur. Der Hypothalamus, als dritte Instanz der Schlafeinleitung, bewirkt über die Ausschüttung des Peptids Orexin und des Neurotransmitters Histamins eine Erregung des Gehirns. Über 15 Verbindungen mit der Sehbahn und damit einhergehend der Information über Hell- und Dunkelwahrnehmung kann der Hypothalamus die Histamin- und Orexinausschüttung vermindern und somit fördernd auf das Einschlafen wirken. Der darauf aufbauende Schlaf unterliegt weiterhin einer internen Regulation, die den Ablauf des Wechsels zwischen REM- und nonREM-Schlaf bestimmt. Eine der ersten Modelle, die diese Vorgänge zu erklären versucht, stammt von Jouvet aus dem Jahr 1972. In seiner Monoamintheorie wird der Beginn des Schlafs durch serotoninhaltige Neurone der Raphekerne ausgelöst. Weiterhin halten cholinerge Nervenzellen den non-REMSchlaf aufrecht. Der REM-Schlaf hingegen beginnt mit der Aktivierung noradrenerger Neurone des Locus coeruleus. Aus dieser Hypothese entstand 1975 das von Hobson entwickelte „Reziproke Interaktionsmodell“ [Hobson & McCarley, 1977]. Hier wird die interne Schlafregulation der zyklischen Abfolge von REM- und non-REM-Schlaf durch ein Zusammenspiel zentraler aminerger und cholinerger Neuronenverbände im Hirnstamm erklärt (Übersicht von Riemann und Voderholzer 2003). Grundlage dieser Theorie ist eine On- und eine Off-Funktion vermittelt von Nervenzellen der Formatio reticularis im Bezug auf den REM-Schlaf. Eine antagonistische Wirkung von cholinerger und aminerger Aktivität führt entweder zur Stimulation (REM-on;cholinerg) oder zur Unterdrückung (REM-off;aminerg) des REM-Schlafs. Eine weitere Hypothese von Sakai (1988) besagt, dass die Aktivierung der cholinergen REM-onNeurone weitaus wichtiger für die Einleitung des REM-Schlafs ist als die Inhibition der aminergen REM-off-Neurone. Unterstützt wird diese Annahme durch Studien bei denen Probanden welchen ein Cholinergikum verabreicht wurde, schneller in eine REM-Phase gelangten als Probanden die das Mittel nicht einnahmen [Riemann et al. 1988; Berger et al. 1989; Gillin et al. 1982]. 1.1.1.2. Schlafphasen Der Schlaf unterscheidet sich in mehreren Parametern vom Wachzustand. Als ein Zustand der äußeren Ruhe lassen sich Veränderungen der Gehirnaktivität, als auch ein Absinken von Blutdruck, Puls und Atemfrequenz beobachten. Grundsätzlich kann man den Schlaf im Verlauf der Nacht in vier verschiedene Phasen (Phase 1 bis 4) des non-REM-Schlafs und in den REM-Schlaf einteilen. Um den Eintritt in die 16 verschiedenen Phasen definieren zu können, muss man verschiedene polysomnographische Messungen vornehmen. Sowohl im Elektroenzephalogramm (EEG) als auch im Elektromyogramm (EMG) und im Elektro-okulogramm (EOG) lassen sich Unterschiede in den jeweiligen Phasen herausstellen. Die Stadien eins und zwei werden als Leichtschlafphasen bezeichnet, während die darauf folgenden Stadien (drei und vier) als Tiefschlafphasen bezeichnet werden. Parallel zur Einschlaftiefe nimmt die Weckbarkeit im Verlauf der Stadien 1 bis 4 ab. Im Wachzustand zeichnen sich im EEG hauptsächlich Alphawellen ab. Gleichzeitig lässt sich im EMG ein hoher Muskeltonus und im EOG ein rascher Lidschlag beobachten. Den Übergang vom Wachzustand zum Schlaf, der auch als Prädormitium bezeichnet wird, nimmt das Stadium 1 ein. Im EEG, in dem zunächst noch Alpha-Aktivitäten zu messen sind, erscheinen nun Theta-Wellen. Diese treten relativ unregelmäßig mit sogenannten Vertexzacken auf. Der Muskeltonus nimmt in diesem Stadium ab und die Augen zeigen langsame, rollende Bewegungen. Im Übergang zu Stadium 2 bleiben zunächst die Theta-Wellen bestehen, die sich in Stadium 1 aufgebaut haben. Dazu treten vermehrt K-Komplexe und Schlafspindeln auf. Der Muskeltonus nimmt weiter ab. Das Stadium 3 zeichnet sich durch das Auftreten von Deltawellen aus. Liegen diese zu mindestens 20% vor, so spricht man vom Eintritt in dieses Stadium. Überschreiten wiederum die Delta-Wellen einen Anteil von 50%, so spricht man von einem Übergang in Stadium 4. In beiden Phasen nimmt der Muskeltonus sukzessiv ab. Der Schlaf in Stadium 4 ist noch einmal tiefer als in Stadium 3 und kann als tiefste Schlafform bezeichnet werden. Der REM-Schlaf muss von den anderen Phasen des non-REM-Schlafs gesondert betrachtet werden. Er wird häufig als „paradoxer Schlaf“ bezeichnet [Berger et al. 1992; 10-13, Borbély 1984/98:Kapitel 2]. Die Begründung dieser Bezeichnung hat seinen Ursprung darin, dass EEG und die Schlaftiefe nicht zusammen zu passen scheinen. Im EEG zeigen sich Theta-Aktivitäten mit sogenannten Sägezahnwellen, die am ehesten mit den Mustern des Stadium 1 korrelieren, also ein sehr flacher Schlaf. Gleichzeitig sind hingegen ein sehr niedriger Muskeltonus und eine hohe Weckschwelle zu verzeichnen. Dazu zeigen sich schnelle Augenbewegungen, die dieser Schlafphase den Namen „rapid eye movement“-Schlaf gaben. 17 Tabelle 1-1: Charakteristika der verschiedenen Schlafstadien (Quelle: Eigene Tabelle (2007)) Das Schlafprofil eines gesunden Erwachsenen beginnt mit der Ein- und Leichtschlafphase in denen die Stadien 1 und 2 durchlaufen werden. In der Regel ist das Ende des zweiten Stadiums bereits nach 10 bis 30 Minuten erreicht. Bei einem normalen Nachtschlaf taucht Stadium 1 kein zweites Mal in der Nacht auf. Alle anderen Stadien werden mehrmals durchlaufen. Mit Stadium 3 beginnt die Tiefschlafphase. Sie wird nach etwa 20 bis 30 Minuten erreicht, geht anschließend in Stadium 4 über, welches in der Regel nach 45 Minuten beginnt. Stadium 3 und 4 werden auch als „slow wave sleep“ bezeichnet. Das vierte Stadium nimmt etwa 20 bis 40 Minuten in Anspruch, um danach rückläufig und relativ rasch in Stadium 3 und dann in Stadium 2 über zu gehen. An dieses Stadium 2 schliesst sich daraufhin die erste REM-Phase an. Wiederum ausgehend vom Einschlafzeitpunkt verzeichnen wir die erste REM-Phase nach ca. 70-80 Minuten. Nach einer 10 bis 20 minütigen REM-Phase beginnt dann ein weiteres Stadium 2. Dieser Kreislauf der verschiedenen Schlafphasen wird als Schlafzyklus bezeichnet und dauert in der Regel 90 Minuten. Während eines ungestörten Nachtschlafs durchläuft der Mensch diesen Kreislauf im Durchschnitt fünf mal. Allerdings ist zu beobachten, dass die Dauer der Tiefschlafphasen in der zweiten Nachthälfte abnimmt oder die Tiefschlafphasen im Verlauf der Nacht gar nicht mehr entstehen. Entgegengesetzt dazu, nimmt die Länge der REM-Phasen zu. Somit sind diese, auch traumreichsten Phasen, gegen Ende des Nachtschlafs zum Morgen hin am 18 längsten und nehmen in Bezug auf die gesamte Nacht etwa 20-30 % der Dauer des Schlafs ein. Abbildung 1-1: Idealtypisches Schlafprofil (Quelle: Hajak et al. (1995)) 1.1.1.3 Unterschiede im Schlafprofil gesunder Menschen Der physiologische Schlaf zeigt von Mensch zu Mensch sowohl in Schlafdauer als auch in Schlafarchitektur Unterschiede. Abgesehen von Differenzen innerhalb einer Altersgruppe, besonders im Hinblick auf die Schlafdauer, kann man typische Schlafveränderungen im Verlauf des Lebensalters beobachten. Der gesunde Erwachsene schläft im Durchschnitt etwa sieben Stunden. Allerdings kann die natürliche Schlafdauer bei verschiedenen Menschen zwischen 5 und 10 Stunden liegen. Der „Durchschnittsdeutsche“ schläft von 23:04 Uhr bis 6:18 Uhr und braucht 15 Minuten zum Einschlafen [Ohayon und Zulley, 1999]. Als Langschläfer werden Menschen beschrieben die mehr als 9,5 Stunden schlafen, als Kurzschläfer werden Menschen bezeichnet die weniger als 6,5 Stunden schlafen. Sowohl die Kurz- als auch die Langschläfer weisen nach neuen Studien ein erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko auf [Youngstedt und Kripke 2004]. 19 Der Schlaf vollzieht sich normalerweise in der Nacht und meistens zu den selben Uhrzeiten. Man nennt ihn daher monophasischen Schlaf. Im Unterschied dazu schlafen Neugeborene bis zu sechzehn Stunden täglich in mehreren Episoden und halten sich dabei nicht an einen Tag-NachtRhythmus. Dies bezeichnet man als polyphasischen Schlaf. Mit zunehmenden Alter passen sich Kinder immer mehr einem Tag-Nacht-Rhythmus an und schlafen als Kleinkinder in der Regel um die 12 Stunden. Bei alten Menschen zeigt sich eine deutlich verringerte Schlafzeit, die im Mittel nur noch etwa fünf bis sieben Stunden beträgt. Allerdings nimmt der Tagschlaf mit zunehmenden Alter zu. Weiterhin unterliegt der Schlaf im Laufe des Lebens auch typischen Schlafarchitekturveränderungen. Wieder angefangen beim Neugeborenen, dass etwa die Hälfte des Schlafs im REM-Schlaf durchlebt, nimmt dieser mit zunehmendem Lebensalter rapide ab. Er nimmt beim Kleinkind nur noch etwa 25% und beim Erwachsenen nur knapp 20% der Schlafzeit ein. Im Hinblick auf den non-REM-Schlaf verändert sich in den ersten zwei Lebensdekaden des gesunden Menschen wenig. Erst nach der vierten Lebensdekade zeigt sich eine Abnahme der Tiefschlafphasen, die am Anfang des Lebens noch etwa 20% der Schlafzeit einnehmen, um nach dem vierzigsten Lebensjahr bis auf 5% ab zu sinken. Diese Zeit wird dementsprechend von Stadien der Leichtschlafphasen eingenommen. Hinzu kommt, dass im Alter die nächtlichen „arousals“ (arousal = aufwachen) zunehmen, wodurch die Wachzeit zunimmt und die Schlafeffizienz gleichzeitig abnimmt. 20 Abbildung 1-2: Schlafphasenunterschiede im Verlauf des Lebens (Quelle: Abbildung nach Roffwarg et al. 1966) 1.1.1.4 Die innere Uhr und biologische Rhythmen Die Funktionen des menschlichen Körpers zeigen eine rhythmische Veränderung im Verlauf des Tages. Sowohl die Leistungsfähigkeit, als auch Prozesse wie die Schmerzempfindung oder der Schlaf gehorchen dabei systematischen Rhythmen. Die Schmerzempfindung ist beispielsweise nachmittags nur ein Drittel so intensiv wie morgens, wobei Schmerzmittel in den Abendstunden deutlich bessere Wirkung zeigen. Ein weiteres sehr eindrucksvolles Beispiel für die Auswirkungen von biologischen Rhythmen beschreibt eine Studie von Haen und Zulley (1994). Beleuchtet wird hier die Wahl der richtigen Tageszeit bei der Verabreichung von Chemotherapeutika in der Tumorbehandlung. Es konnte gezeigt werden, dass die „maximal tolerierte Dosis“ in Abhängigkeit von der Tageszeit bis zu viermal so hoch wie zu anderen Tageszeiten verabreicht werden konnten und somit eine effizientere Behandlung möglich gemacht wird. Die Schlaf-Wach-Regulation und auch die Schlafarchitektur werden durch viele Faktoren gesteuert und beeinflusst. Neben vielen Umweltfaktoren stehen hier vor Allem endokrine Systeme und Neurotransmittersysteme im Vordergrund. Die Chronobiologie (griechisch chronos = Zeit) beschäftigt sich mit Zusammenhängen dieser Systeme und dem Schlaf. 21 Bereits Anfang der 1960er Jahre zeigte Jürgen Aschoff, Verhaltensphysiologe am Max-PlanckInstitut in München-Seewiesen, in einem „Isolationsexperiment“, dass Menschen, sobald sie in einem Umfeld ohne äußere Reize (in diesem Fall verlegte er die Versuche unter die Erde) und ohne externen Zeitgeber wie z.B. das Sonnenlicht, trotzdem einer definierten Rhythmik in ihrem Verhalten folgen (Wever 1979). Die Tatsache, dass sich die Teilnehmer allerdings nicht einer 24Stunden-Rhythmik, sondern einer 25-Stunden-Rhythmik anpassten, führte zu der Überlegung, dass äußere Reize einen zusätzlichen Einfluss auf den zirkadianen Rhythmus haben müssen. In einer zeitisolieten Umgebung ohne Wechsel von Hell und Dunkel kann sich also eine Phasendauer von 25 Stunden und mehr ergeben [Dreßing & Riemann 1994: 19]. Als wichtigster Reiz bzw. Zeitgeber wurde in den 1980er Jahren die Helligkeit des Lichts (>2500 Lux) benannt, die den Rhythmus „feinreguliert“. Neben verschiedenen Modellen, die u.a. mehrere Systeme (Multioszillatorensystem) berücksichtigen, entstand das Zwei-Faktoren-Modell nach Borbély [Borbély & Achermann 1999]. Diese zwei auf die innere Uhr wirksamen Faktoren sind beschrieben als ein rhythmischer Faktor C und ein homöostatischer Faktor S. Faktor C ist hierbei für den Beginn der rhythmischen Abläufe verantwortlich, fungiert also als eine Art Zeitgeber. Faktor S gibt vor, was innerhalb des von Faktor C gesteckten Rahmens passieren soll. Bezogen auf den Schlaf bedeutet dies, dass der erste Faktor (C) bestimmt, wann geschlafen wird, während der zweite Faktor S vorgibt, wie intensiv bzw. oberflächlich der Schlaf sein soll. Nach diesem Modell gibt es also nicht nur einen Taktgeber, dessen Rolle Faktor C spielt, sondern zusätzlich einen weiteren Regulator, die beide zusammenhängend agieren und weiterhin von äußeren Einflüssen beeinflusst werden können. Die anatomische Struktur die mit der inneren Uhr und somit mit der zirkadianen Rhthmik in Verbindung gebracht wird ist ein Oszillator im Nucleus suprachiasmaticus (SCN) im vorderen Hypothalamus [Aschoff et al 1982: 273-274]. Er ist sehr klein, liegt über dem Chiasma opticum und besteht aus zwei Nervenbündeln. Der SCN steht über den Tractus retinohypothalamicus mit dem Auge in Verbindung. Die von der Netzhaut aufgenommenen Reize werden über diese Verbindung zum SCN geleitet. Der SCN wiederum steht in Verbindung mit der Zirbeldrüse (Pinealorgan) und kann diese dazu anregen, mehr oder weniger Melatonin zu produzieren. Das von der endokrinen Drüse ausgeschüttete Melatonin hat im Organismus wichtige Aufgaben in Bezug auf Taktgebung und Rhythmusanpassung an den Tag-Nacht-Rhythmus [Lee et al. 2003]. Gehemmt wird die Sekretion des Melatonins durch Lichteinflüsse [Backhaus & Riemann 22 1999:26-27]. Trotz der zentralen Rolle des SCN muss bedacht werden, dass alle Untersysteme vom Organ bis hin zur Zelle autonome Rhythmen besitzen nach denen sie ablaufen. Die Systeme sind hierachisch geordnet und stehen miteinander in Verbindung [Zulley & Knab 1993]. Bis jetzt ist noch nicht vollständig geklärt, ob das das zirkadiane System einen Einfluss auf das Schlafbedürfnis hat oder evtl. nur die Wachheit steuert [Lavie 2001]. Abbildung 1-3: Zwei-Prozess-Modell zur Schlaf-Wach-Regulation (Quelle: Nach Borbély in Kryeger (1982)) 23 1.1.2 Schlafstörungen Schlafstörungen, insbesondere Ein- und Durchschlafstörungen, treten bei vielen körperlichen Beschwerden und den meisten psychischen Leiden mit unterschiedlicher Häufigkeit auf. Jeder vierte Einwohner von Industriestaaten ist mindestens einmal im Laufe seines Lebens von Schlafschwierigkeiten betroffen [Möller, Laux und Kapfhammer 2002]. Nicht zuletzt wegen dieses hohen Anteils von Schlafproblemen in unserer Gesellschaft rückt die Problematik immer mehr in den Fokus der öffentlichen Interesse. Dem Voraus gehen mehr als ein halbes Jahrhundert intensiver und schnell voranschreitender Schlafforschung, die ihren Ausgangspunkt in der Entdeckung des REM-Schlafs durch die beiden amerikanischen Wissentschaftler Aserinsky und Kleitmann (1953) nimmt. Als Primäre Schlafstörung bezeichnen wir das Krankheitsbild, wenn die Schlafschwierigkeiten das Hauptsymptom darstellen. Diese Störung des Schlafes kann dann wiederum zur Auslösung und/oder Verschlimmerung anderer Leiden führen. Hierbei kann es sich sowohl um physische als auch psychische Krankheiten handeln. Da gerade psychische Leiden in der Regel mit manifesten Schlafstörungen einhergehen, ist es oft schwer zu beurteilen, ob eine Ein- oder Durchschlafproblematik das Produkt einer psychischen Erkrankung ist oder ob die Schlafstörung ein psychisches Leiden verstärkt. Bei Schlafstörungen unterscheidet man neben Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus die Parasomnie, die Insomnie und Hypersomnie voneinander [Dreßing & Riemann 1994]. Die Insomnien zeichnen sich durch eine gestörte Schlafqualität, sowie durch gestörtes Ein-und Durchschlafverhalten aus. Es entsteht also eine Differenz zwischen Schlafbedürfnis und Schlafdauer bzw. Schlafqualität. Die Insomnien können weiterhin in Untergruppen unterteilt werden. Die Unterteilung findet nach den verschiedenen Ursachen der Schlafstörungen statt. Wie schon vorher erwähnt treten Insomnien häufig bei psychischen Störungen auf. Als zweite Ursache ist die Insomnie in Folge von organischen Störungen zu nennen. Weiterhin kann die Insomnie Begleitsymptom anderer Schlafstörungen sein. Daneben gibt es die primäre (psychophysiologische) Insomnie und die verschiedenen Insomniesonderformen [Berger et al. 1992]. Parasomnien sind Episoden, die den Schaf unterbrechen und häufig mit vegetativen Begleitsymptomatiken einhergehen. Sie treten mehr im Kindes- als im Erwachsenenalter auf. Zu den Parasomnien zählt man: Somnambulismus (Schlafwandeln), Pavor nocturnus und Alpträume [Möller, Laux und Deister 2005]. 24 Die Hauptsymptomatik der Hypersomnien ist eine stark ausgeprägte Schläfrigkeit während des Tages bis hin zu unkontrollierten Schlafanfällen, sowie eine verlängerte Übergangsphase vom Schlaf- in den Wachzustand [Möller, Laux und Deister 2005]. Seltener treten isolierte Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus auf. Hierbei handelt es sich um eine Schlafstörung, bei der zwar die Stundenzahl der Schlafzeit bezogen auf die 24 Stunden eines Tages relativ normal ist, hingegen aber die tatsächlichen Schlafzeiten nicht mit den gewünschten Schlafzeiten korrelieren. Als wichtige Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen seien sowohl das Syndrom der verzögerten Schlafphase („delayed sleep phase syndrome“), als auch das Syndrom der vorgezogenen Schlafphase („advanced sleep phase syndrome“) und das Syndrom des Zeitzonenwechsels (besser bekannt als „Jetlag“) genannt. Nach Angaben der WHO (1991) handelt es sich beim Syndrom der verzögerten Schlafphase um Einschlafstörungen verbunden mit Tagesschläfrigkeit am Morgen und Schwierigkeiten aufzustehen bei unverrückbar späten Einschlaf- und Aufwachzeiten. Beim Syndrom der vorgezogenen Schlafphase hingegen besteht das Problem der Durchschlafstörung und des Früherwachens bei unverrückbar frühen Einschlaf- und Aufwachzeiten [WHO 1991]. Dem Syndrom des Zeitzonenwechsels („Jetlag“) liegt ein schneller Wechsel von Zeitzonen (z.B. bei Flugreisen) zu Grunde. Resultierend daraus entwickeln sich Ein- und Durchschlafprobleme. Daneben werden häufig weitere Beschwerden wie allgemeines Unwohlsein, gastrointestinale Beschwerden, Appetitlosigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit beklagt. Die subjektiven Beschwerden sistieren meist nach einigen Tage, während objektive, im Schlaflabor gemessene Parameter, wie Hormonstatus und Körpertemperatur, oft über einen Zeitraum von bis zu zwei Wochen verändert sind [J.Waterhouse 1999]. Bei einer Zeitverschiebung ab 5 Stunden werden von fast allen Reisenden Beschwerden angegeben. Natürlich ist die Dauer und die Intensität der Beschwerden individuell sehr variabel. Allerdings scheinen die vom Jetlag hervorgerufenen Beschwerden bei Menschen in jüngerem Alter ausgeprägter zu sein als bei älteren Menschen [Waterhouse et al. 2002]. Beeinträchtigungen des Schlafes sind dann von eigenständigem Krankheitswert, wenn die Hauptbeschwerde die Schlafstörung ist und/oder dadurch ein erheblicher Leidensdruck mit Beeinträchtigungen der Tagesbefindlichkeit entsteht [Hajak und Rüther 1995]. Die häufigsten Schlafstörungen sind die Insomnie und die Hypersomnie. Nach den Bestimmungen der WHO (1991) werden sie dann als manifeste Erkrankung angesehen, wenn: 25 Beschwerden von zu wenig oder unerholsamen bzw. von zu viel Schlaf oder Tagesschläfrigkeit Mindestens dreimal pro Woche (Insomnie) bzw. täglich (Hypersomnie) über mindestens einen Monat lang auftreten und entweder deutlichen Leidensdruck verursachen oder die soziale oder berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen Es gibt einige gängige Klassifikationen zur Einteilung der verschiedenen Schlafstörungen. Einer Einteilung in nichtorganische Unterdifferenzierungen folgt die und organische internationale Schlafstörungen Klassifikation von mit mehreren Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation („International clssification of diseases“ / ICD-10). Die zehnte Revision stellt die aktuelle Klassifikation dar (WHO 1991). Tabelle 1-2: Klassifikation von Schlafstörungen nach ICD-10 Quelle: Eigene Tabelle (2007) Eine weitere Klassifikation ist die vierte Version des diagnostischen und statistischen Manuals psychischer Störungen („Diagnostic and statistical manual of mental disorder“ / DSM-IV) der amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft (APA 1994). Die Einteilung ist umfassender als die ICD-10 und bietet weiterhin die Möglichkeit Schlafstörungen mit anderen psychischen und körperlichen Erkrankungen in Relation zu setzen. 26 Tabelle 1-3: Klassifikation von Schlafstörungen nach DSM-IV Quelle: Eigene Tabelle (2007) Als dritte Klassifikation von Schlafkrankheiten ist die internationale Klassifikation von Schlafstörungen („International classification of sleep disorders“ / ICSD) der amerikanischen Gesellschaft für Schlafstörungen (American sleep disorder association 1990) zu nennen. Diese Einteilung ist sehr umfassend und beinhaltet 88 Krankheitsbilder. Sie enthält unter anderem auch Diagnosekriterien unter Zugrundelegung von polysomnographischer Untersuchungen und dient Schlafexperten als Diagnosemanual. Abschließend sollte zu den Schlafstörungen erwähnt sein, dass gestörter Schlaf sehr weitreichende Folgen hat. Übermüdungsbedingte Unfälle führen allein in Deutschland zu jährlich etwa 10 Milliarden Euro Folgekosten. Hinzu kommen chronische Folgeerkrankungen und deren Kosten [Zulley und Knab 2003]. Neben aus Schlafstörungen entstehende Folgeerkrankungen wie gastrointestinale Erkrankungen, hoher Blutdruck und Depressionen, zeigen neue Studien beispielsweise, dass etwa 60% der Schlaganfallpatienten unter Schlaf-Apnoe leiden. Gerade solche Krankheitsbilder wären leicht zu diagnostizieren [Lattimore et al., 2003] und sind nur ein Beispiel dafür, wie jährlich Kosten in Milliardenhöhe durch angemessene schlafmedizinische Versorgung vermieden werden könnten [Fischer et al., 2002]. 27 1.1.2.1 Nichtorganische (primäre) Insomnie (F 51.0) Der Begriff Insomnie setzt sich aus dem lateinischen >somnus< (=Schlaf) und dem griechischen Präfix in verneinender Bedeutung >in< zusammen. In westlichen Industrieländern leiden schätzungsweise zwischen 15 und 25% der Bevölkerung unter manifesten Schlafstörungen. Ein Drittel davon leiden an nichtorganischer Insomnie [Weyerer und Dilling 1991]. Grundsätzlich sind ältere Menschen wesentlich häufiger als junge Menschen und Frauen häufiger als Männer betroffen [Riemann et al 2003]. Als Merkmale einer nichtorganischen Insomnie gelten nach Hajak und Rüther (1995): Beschwerden von zuwenig oder unerholsamen Schlaf mindestens 3mal pro Woche über mindestens einen Monat lang auftreten und entweder deutlichen Leidensdruck verursachen oder die soziale oder berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen Die primäre Insomnie wird dann diagnostiziert, wenn andere organische oder auch psychische Ursachen als verursachende Faktoren ausgeschlossen werden können. D.h.: wenn die Schlafstörung im Sinne von ICD-10 und DSM-IV als primäre Insomnie bezeichnet werden soll, so muss sie einerseits den in der obigen Aufzählungen beschriebenen Einschränkungen gerecht werden und andererseits „muss eine organische bzw. psychiatrische Ursache bzw. andere schlafspezifische organische Erkrankungen als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden“ [Backhaus & Riemann 1999: 5]. Die nichtorganische Insomnie äußert sich primär in Ein- und Durchschlafstörungen, sowie in zu frühem Erwachen in den Morgenstunden. Menschen die an dieser Insomnie leiden klagen weiterhin über Tagesmüdigkeit und Konzentrationsstörungen als Resultat des mangelnden und oft nicht erholsamen Schlafs. Insomnien verlaufen nach vielen epidemiologischen Studien häufig chronisch und mehr als 75% der Patienten leiden über ein Jahr an der Schlafstörung. Weiterhin konnte man feststellen, dass Menschen mit chronischer Insomnie einem erhöhten Risiko für die Ausbildung von psychischen Störungen, insbesondere Depressionen und Angststörungen sowie häufiger der Gefahr von Alkohol- oder Hypnotikamissbrauch ausgesetzt sind [Backhaus & Riemann 1999 11-12]. Trotz der Tatsache, dass viele Patienten die Diagnosekriterien der gängigen Klassifikations- 28 kriterien bezüglich anderer psychiatrischer Erkrankungen nicht erfüllen, so werden doch häufig Zustände der Angst, der Hypochondrie, sowie Depressionen bei diesen Menschen beobachtet. Weiterhin typisch für diese Patientengruppe ist die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Schlafstörungen. Die primäre Insomnie weist sowohl in Entstehung, als auch in ihrer Aufrechterhaltung mehrere Ansatzpunkte auf. Am Anfang steht meist eine akute Belastungssituation, später tägliche Belastung, die zu einem erhöhten emotionalen und vegetativen sowie kognitiven Erregungsniveau führt. Ausgehend von dieser Situation kommt es oft zu einem typischen Circulus vitiosus. Die Konsequenzen der Insomnie wie etwa Tagesmüdigkeit und Leistungsminderung lösen eine antizipatorische Angst vor dem Schlafdefizit aus. Diese Angst wiederum äußert sich beim Patienten als entsprechend erhöhter Erregungszustand und perpetuiert die Schlafprobleme. Durch die Ungewissheit wie Schlafdauer und Schlafqualität sich verhalten werden und die Angst davor im Sinne weiterer Schlafversuche zu „versagen“, entwickeln die Betroffenen Gefühle des Ausgeliefertsein und der Hilflosigkeit. Die Selbstmedikation durch Konsum von Alkohol und (frei verkäuflichen) Schlafmitteln kann zusätzlich zu einer verstärkten vegetativen Labilisierung führen und bleibt therapeutisch wirkungslos, bzw. ist sogar schädlich. 29 Abbildung 1-4: Modell zur Genese und Aufrechterhaltung primärer Insomnien Quelle: Eigene Abbildung (nach MORIN 1993) Eine weitere Problematik besteht in der Konditionierung des problematischen Schlafverhaltens, sowie in mangelhafter Schlafhygiene. Oft wird die Schlafstätte, also Schlafzimmer und Bett, von Patienten mit negativen Erfahrungen in Verbindung gebracht. Ärger und Enttäuschung stehen in diesem Fall mit dem Ort des Schlafes in engem Zusammenhang. Anders als bei gesunden Probanden kann dann oft bei diesen Patienten ein subjektiv und objektiv verbesserter Schlaf in einer anderen Umgebung wie etwa in einem Schlaflabor verzeichnet werden („reverse first-night effect [Hauri & Olmstead 1989]). Im Gegensatz dazu schlafen gesunde Probanden gerade in der ersten Nacht in einem Schlaflabor eher schlechter als in gewohnter Umgebung. Mangelnde Schlafhygiene kann ebenfalls zu Schlafstörungen führen. Gerade diese beiden Komponenten sind häufig Ziel eines verhaltenstherapeutischen Behandlungsansatzes. 30 1.2. Fragestellung Das Thema der vorliegende Arbeit lautet: „Die Rolle der Polysomnographie in der Diagnostik der chronischen Insomnie.“ Grundlage der Arbeit ist eine Studie, die über 12 Monate in einer Querund Längsschnittuntersuchung 105 Patienten mit der Verdachtsdiagnose nicht-organische Insomnie (Dauer > 6 Monate, ICD-10 F51.0, ICSD 307.42-0) erfasste. Die Untersuchung wurde mit einem ambulanten, einem stationären und zwei postalischen Kontakten (6 und 12 Monate) durchgeführt. Zielsetzung der Arbeit ist die Klärung der Frage, ob die Polysomnographie im Schlaflabor einen Zugewinn in differentialdiagnostischer Hinsicht bei der Diagnostik chronischer Insomnien zu leisten vermag. Außerdem soll die Arbeit Hinweise über die klinische Relevanz der Polysomnographie geben. Weiterhin soll erörtert werden, ob sich das subjektive Empfinden der Patienten, bezüglich ihrer Insomnie, im Verlauf der Studienzeit nach der Polysomnographie verändert hat. 31 2 Studienteilnehmer und Metohden 2.1 Patienten Die Untersuchungen für die Studie haben in den Räumlichkeiten des Schlaflabors der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg im Breisgau stattgefunden. Die Untersuchung wurde mit einem ambulanten, einem stationären und zwei postalischen Terminen (6 und 12 Monate) durchgeführt. Alle Untersuchungsteilnehmer schliefen zwei Nächte unter polysomnographischer Überwachung im Schlaflabor. Diese Schlafnächte gehörten zur Untersuchung des stationären Untersuchungstermins. Weiterhin sollten die Patienten Selbstbeurteilungsskalen zum Schlaf und zur Befindlichkeit (PSQI, SFA, FEPS, BDI, 2-WochenSchlafprotokolle und Katamnesefragebögen) bearbeiten. Von anfänglich 105 Patienten der Studie wurden wegen fehlender Daten 18 Patienten für die vorliegende Arbeit ausgeschlossen (siehe hierzu 2.1.3). Für die Studie war das hauptsächliche Einschlusskriterium das Vorliegen der Verdachtsdiagnose F51.0 (ICD-10). Diese wurde nach der ausführlichen Anamnese eines psychiatrischen Facharztes bzw. somnologisch geschulten Klinischen Psychologen gestellt. Weiterhin war für die Arbeit das Vorliegen vollständiger Daten der untersuchten Parameter besonders wichtig (PSQI und BDI). 2.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien 2.1.1.1 Einschlusskriterien − Alter ≥ 18 Jahre − Fähigkeit den Anforderungen der Studie gerecht zu werden − schriftliche Einwilligung zur Teilnahme an der Studie − Verdachtsdiagnose F 51.0 2.1.1.2 Ausschlusskriterien – mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache – fehlendes Einverständnis zur Studienteilnahme – Keine Verdachtsdiagnose F 51.0 32 2.1.2 Demographische Daten Die Patientengruppe setzt sich aus 87 Patienten zusammen. Der jüngste Patient ist 19 und der älteste Patient ist 75 Jahre alt (Tabelle 2-1). Tabelle 2-1: Alter der Patienten N Max. Alter Min. Alter Mittelwert Median Standardabweichung 87 75 19 45,76 44 14,46 Insgesamt sind 34 Patienten männlich und 53 Patienten weiblich. Die Männer sind zwischen 21 und 65 Jahre alt und im Mittel 42,53 ± 12,45 Jahre alt. Die weiblichen Patienten sind zwischen 19 und 75 Jahre alt und im Mittel 47,83 ± 15,37 Jahre alt (Tabelle 2-2). Tabelle 2-2: Aufschlüsselung der demographischen Daten nach Alter und Geschlecht N Geschlecht Min. Alter Max. Alter Mittelwert Standardabweichung 34 M 21 65 42,53 12,45 53 W 19 75 47,83 15,37 2.1.3 Ausgeschlossene Patienten Die ursprüngliche Zahl der Studienteinehmer mit der Verdachtsdiagnose F51.0 betrug 105. Im Verlauf der Studie schrumpfte die Zahl der Teilnehmer die zu den jeweiligen postalischen Terminen untersucht wurden. Die Gründe für die sinkende Zahl der verwertbaren Daten bei den Folgeterminen lagen einerseits darin, dass einige Patienten die Studie aus eigener Motivation abbrachen. Die zweite Ursache bestand darin, dass einige Patienten unvollständige und somit nicht verwertbare Angaben in den PSQI-, und BDI-Fragebögen oder den Abend-MorgenProtokollen machten. Aus diesen Gründen konnte die folgende Zahl von Patientendaten zu den jeweiligen Zeitpunkten einbezogen werden: T0 – Ambulanztermin : 105 Patientendatensätze T1 – Schlaflabortermin : 87 Patientendatensätze T2 – 6-Monatskatamnese : 53 Patientendatensätze T3 – 12-Monatskatamnese : 38 Patientendatensätze 33 2.2 Untersuchungsmethoden 2.2.1 Ablauf Der Ablauf der Studie sah insgesamt vier Termine vor. In einem Ambulanztermin (T0) wurde bei allen Patienten eine eingehenden Anamnese durch einen psychiatrischen Facharzt bzw. somnologisch geschulten klinischen Psychologen erhoben. Zusätzlich wurden die Patienten gebeten verschiedene Selbstbeurteilungsskalen zum Schlaf und zur Befindlichkeit zu bearbeiten. Im Einzelnen waren dies: PSQI, BDI, FEPS-II, SCL-90, 2-Wochen-Schlafprotokoll und Katamnesefragebögen. Auf Grund der Ergebnisse der erhobenen Anamnese und den Ergebnissen der Fragebögen wurde am Ende des Termins eine Verdachtsdiagnose festgelegt. Nach sechs bis zwölf Wochen folgte ein Schlaflabortermin (T1). Bei diesem Termin wurden ein weiteres Mal alle fünf Skalen bearbeitet und nach eingehender Untersuchung im Schlaflabor die zuvor erstellte Diagnose der primären Insomnie (F 51.0) bestätigt bzw. verworfen. Auf den Schlaflabortermin folgten zwei weitere Termine. Eine sechs-Monatskatamnese (T3), sowie eine zwölf-Monatskatamnese (T4). Bei beiden Terminen wurden die Patienten wiederum dazu angehalten die sechs Bögen zu bearbeiten (Abbildung 2-1). Abbildung 2-1: Studiendesign (Quelle: Eigene Abbildung 2007) 34 Um den diagnostischen Zugewinn der Polysomnographien der Insomniepatienten sowie den klinischen Verlauf nach den Polysomnographien beurteilen zu können, werden in dieser Arbeit die verschiedenen Ergebnisse der relevanten Instrumente ausgewertet. Im Einzelnen werden die Ergebnisse der PSQI- und der BDI-Bögen ausgewertet, sowie Ergebnisse der Abend/Morgenprotokolle (Aufwachanzahl, Einschlaflatenz und Schlafeffizienz) und die Differenzen der ICD-10-Diagnosenergebnisse zwischen dem Ambulanztermin (T0) und dem Termin im Schlaflabor (T1). 2.2.2 Polysomnographie Zur exakten Diagnostik von Schlafstörungen und zur Objektivierung der Schlafbeschwerden wird seit einiger Zeit die aufwändigste Untersuchung, die Schlafpolysomnographie angewendet. Bei der Polysomnographie werden gleichzeitig das Elektroenzephalogramm (EEG), das Elektromyogramm (EMG) der Kinnregion und das Elektrookulogramm (EOG) erfasst. Zusätzlich können Atmungsparameter und Messgrössen der Motorik (periodische Beinbewegungen) gemessen werden. Für die korrekte Durchführung einer Polysomnographie sind zwei Räume notwendig die durch einen schallisolierten Schacht miteinander in Verbindung stehen. Der Patient befindet sich während den Aufzeichnungen im Ableiteraum und wird hier mit einer Infarot-Videokamera während der gesamten Zeit der Untersuchung überwacht. Der schallisolierte Schacht dient zur Unterbringung eines Kabels zur Übermittlung bioelektrischer Daten in den Registrierraum. Der Untersucher befindet sich in diesem Registrierraum, wo alle aufgezeichneten Signale zusammenlaufen. Zur Registrierung von EEG, EMG, EOG, EKG, Atmung und Motorik werden Messverstärker verwendet und die Daten werden elektronisch aufgezeichnet und anschliessend am PC analysiert. Die Registriergeräte verfügen über verschiedene Kanäle die die Aufzeichnung der empfangenen Signale in variabler Filterung und Verstärkung ermöglichen. Die spätere Auswertung geschieht entsprechend den standardisierten Kriterien nach Rechtschaffen und Kales [Rechtschaffen & Kales 1968]. Die Daten des EEG erlauben eine Differenzierung zwischen den Schlafphasen 1 - 4 und REM und die Wachphasen. In der Regel wird von den Elektroden C3 und C4 abgeleitet (nach dem10bis 20- System, Jasper 1958). Für eine genauere Beurteilung des REM-Schlafs dienen die Daten des EMG der Kinnregion. Einerseits ist es mit dem EMG möglich den Anfang und das Ende des REM-Schlafs zu 35 identifizieren, andererseits erlaubt das EMG eine Aussage darüber zu machen, wann phasische Muskelaktivitäten und Körperbewegungen während des Schlafs statt finden (im REM-Schlaf ist der Tonus beispielsweise sehr niedrig). Das EOG gibt weitere Aufschlüsse über das Durchlaufen verschiedener Schlafphasen. Im REMSchlaf zeichnet das EOG schnelle konjugierte Augenbewegungen auf. Im leichten non-REMSchlaf (Stadium 1) hingegen können langsame rollende Augenbewegungen registriert werden. Der Wachzustand ist wiederum durch Lidschläge gekennzeichnet und kann so identifiziert werden. Das grundsätzliche Funktionsprinzip des EOG besteht in der Aufzeichnung von Potentialdifferenzen zwischen Cornea und Retina. Weiterhin können zur Abklärung weiterer Fragestellungen zusätzliche Messparameter abgenommen werden. Dazu können ein EKG, eine Messung der Sauerstoffsättigung, eine differenzierte Messung der motorischen Aktivität, eine Ermittlung der Körperlagebestimmung mit Lagesensoren, sowie eine Messung nächtlicher Erektionen beim Mann und weitere atmungsphysiologische Parameter gehören (Berger 2003). 2.2.3 Diagnosen (ICD-10) Neben der Beurteilung des diagnostischen Zugewinns bei primärer Insomnie (F 51.0) durch verschiedene polysomnographische Schlafparameter sollte weiterhin überprüft werden, ob sich die anfänglichen Verdachtsdiagnosen in Form einer primären Insomnie, nach einer durchgeführten Polysomnographie, bestätigen oder nicht. Hierzu wurden die Diagnosen des Ambulanztermins (T0) in der sechs bis zwölf Wochen später stattfindenen Schlaflaboruntersuchung (T1) überprüft. Alle 87 Patienten, die im Hinblick auf ihre Diagnosen untersucht wurden, standen im Verdacht unter primärer Insomnie zu leiden. Für die genaue Beurteilung und Differenzierung der Diagnosen, sowie eventueller Zweit- und Drittdiagnosen, wurde das Diagnosesystem der „International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“ (ICD-10) der WHO gewählt. Alle Angaben hinsichtlich der Diagnosen und deren deutsche Bezeichnung beziehen sich auf die 10. Revision in deutscher Modifikation (Version 2004) der ICD-10 (Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)). 36 2.2.4 Pittsburgh-Schlafqualitäts-Index (PSQI) Der PSQI ist ein psychometrischer Fragebogen. Er gilt als internationales Standardinstrument und dient dazu die subjektiven Schlafqualitäten von Patienten und Probanden zu erfassen. Dieses relativ einfach zu handhabende Instrument wurde erstmals von Buysse et al. im Jahre 1989 beschrieben. Der PSQI liefert einen Score mit dem der Patient auf Grund seiner subjektiven Schlafbeurteilung eingeordnet werden kann. Insgesamt werden beim PSQI sieben Frageblöcke abgedeckt. Der Patient muss subjektiv Schlafdauer, Schlafqualität, Schlafeffizienz, Einschlaflatenz und Schlafstörungen bewerten. Weiterhin beurteilt er die Tagesmüdigkeit und macht Angaben über einen eventuellen Konsum von Schlafmitteln über einen Zeitraum von zwei Wochen. Insgesamt werden 19 Fragen vom Patienten beantwortet. Die 19 Items werden zu Komponentenwerten kombiniert. Jeder dieser Werte kann mit einem Wert von 0 bis 3 belegt werden. Der Wert „0“ bedeutet stets „keine Schwierigkeiten“, während ein Wert von „3“ gleichbedeutend mit „große Schwierigkeiten“ ist. Die insgesamt sieben Komponentenwerte können addiert werden und ergeben einen Gesamtwert zwischen 0 und 21. Wie zuvor bedeutet der Wert „0“ „keine Schwierigkeiten“ und der Wert „21“ „maximale Schwierigkeiten“ in allen erfragten Komponenten. Die Einordnung der Patienten in „gute“ und „schlechte“ Schläfer erfolgt nach dem Erreichen von bestimmten Punktwerten. Bei einem Gesamtwert des PSQI ≤ 5 gilt das Ergebnis als unauffällig. Gesamtwerte zwischen 6 und 10 werden als leichte Beeinträchtigung, Werte zwischen 10 und 15 als mäßige Beeinträchtigung und Werte über 15 als schwere Beeinträchtigung des Schlafes bewertet. 2.2.5 Beck – Depressions - Inventar (BDI) Das Beck Depressionsinventar (BDI) ist ein Selbstbeurteilungsbogen zur Erfassung von Schweregraden einer depressiven Symptomatik. Im angloamerikanischen Sprachraum kommt der empirisch entstandene BDI bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz. Die deutsche Fassung stammt von Hautzinger et al. (1991). Insgesamt besteht der Fragebogen aus 21 depressionsassoziierten Aussagegruppen, von denen jede einen Punktwert von 0 bis 3 (nicht vorhanden bis stark ausgeprägt) annehmen kann. Die Aussagen beziehen sich auf körperliche, kognitive und affektive Symptome des Patienten. Die aus den Fragen entstandenen Werte werden zu einem Summenwert zusammengefasst der Werte zwischen 0 und 63 einnehmen kann. Bei einem summierten Wert des BDI unter 12 bewertet man das Ergebnis als unauffällig. Werte bis 20 gelten als leicht depressiv 37 und Werte bis 27 als mäßig depressiv. Alle Werte die 27 übersteigen zeigen nach dem BDI eine klinisch relevante Depressionssymptomatik an. 2.2.6 Abend-Morgenprotokolle für zwei Wochen Bei dem Abend-Morgenprotokoll handelt es sich um ein Schlaftagebuch bestehend aus Abendund Morgenprotokollen für insgesamt zwei Wochen. Diese Protokolle sollen abends vor dem abendlichen Lichtlöschen sowie morgens direkt nach dem Aufstehen ausgefüllt werden. Die Abend-Morgenprotokolle sind ein Instrument zur Erfassung der subjektiven Einschätzung des Schlafes von Patienten. Die Schlaftagebücher sind ein äußerst wichtiges und gleichzeitig das am häufigsten in der Schlafmedizin benutzte Instrument in der Diagnostik und Therapieverlaufsmessung von Insomnien. Eine Kernfunktion des Schlaftagebuchs liegt in der regelmäßigen Protokollierung des Schlaf-Wach-Rhythmus durch den Patienten. Allein die genaue Protokollierung und die Reflektion über diese Notizen hilft den Patienten in vielen Fällen von ihrer negativen, generalisierten Grundhaltung zum Schlaf Abstand zu gewinnen. Ein weiteres, wichtiges Element des Tagebuchs liegt in der zusätzlichen Protokollierung von Ereignissen die während des Tages stattfanden. Dies ermöglicht vielen Patienten einen Zusammenhang von Ereignissen während des Tages einem Schlafverhalten zuzuordnen. Wegen dieser wichtigen Funktionen hat die deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) Abend-Morgen-Protokolle für den deutschsprachigen Raum als Standardinstrument entwickelt und veröffentlicht. Eine Kurzversion der Abend-Morgen-Protokolle findet sich bei Fischer, Mayer, Peter, Riemann & Sitter (2002). Diese Kurzversion enthält zentrale Items des von der DGSM vorgeschlagenen Standardprotokolls. In diesem Protokoll wird zunächst der Abend beurteilt. Nach Angabe des Wochentags folgen Fragen nach dem aktuellen Befinden, sowie nach der durchschnittlichen Leistungsfähigkeit am Tage. Bewertet wird mit Zahlen von 1 bis 6 (angespannt = 1 ; entspannt = 6 bzw. gut = 1 ; schlecht = 6). Die nächste Frage bezieht sich auf die Erschöpftheit über den Tag und kann wiederum mit 0 (nicht erschöpft) bis 3 (sehr erschöpft) bewertet werden. Weitere Fragen werden nach Länge und Uhrzeit eines Tagesschlafes, sowie nach konsumierter Alkoholmenge in den vergangenen vier Stunden und der Uhrzeit zu der der Patient zu Bett gegangen ist, gestellt. Der zweite Teil des Protokolls wird vom Patienten am folgenden Morgen ausgefüllt. Als erstes wird die Frage nach der Erholsamkeit des Schlafes der vergangenen Nacht gestellt. 38 Ein Zahlenwert zwischen 1 und 6 (1 = sehr erholsam; 6 = gar nicht erholsam) beschreibt die subjektive Empfindung der Erholsamkeit. Die zweite Frage bezieht sich, wie am Vorabend, auf das momentane Befinden und wird ebenfalls mit 1 bis 6 bewertet (1 = bedrückt; 6 = unbeschwert). Im weiteren Verlauf soll der Patient darüber Angaben machen wie lange es seiner Ansicht nach gedauert hat bis er nach dem Lichtlöschen einschlief, ob und wie oft und lange er nachts aufgewacht ist, sowie eine Angabe darüber wie lange der Patient insgesamt geschlafen hat und wann er endgültig aufgestanden ist. Die letzte Frage des Bogens fragt nach zum Schlaf eingenommenen Medikamenten (Präparat, Dosis, Uhrzeit). 2.3 Statistische Auswertung Alle ermittelten Daten wurden in Form einer Datenbank gesammelt. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Statistik-Programm SPSS. Darstellungen und Abbildungen entstanden mit dem Tabellenverarbeitungsprogramm Excel und dem Graphikprogramm Adobe Illustrator 8.0. Alle Ergebnisse werden konventionell als Mittelwert ± Standardabweichung angegeben. Die statistische Auswertung der psychometrischen Befunde innerhalb der Patientengruppe zu den verschiedenen Zeitpunkten erfolgte mit Hilfe des t-Tests für abhängige (gepaarte) Stichproben. Da die Anzahl der Patienten im Laufe der Studie abnahm, wurde weiterhin eine Korrelation bei gepaarten Stichproben durchgeführt und auf Signifikanz überprüft. Der Korrelationskoeffizient r nach Pearson wird berechnet um eine lineare Abhängigkeit zwischen zwei Merkmalen zu ermitteln. Liegt ein positiver bzw. negativer Zusammenhang vor, so ergeben sich Werte zwischen +1 und -1. Ein r-Wert nahe Null beschreibt, dass keine Korrelation vorliegt. Es ist allerdings nicht ohne Weiteres möglich einen r-Wert >0 bzw. <0 als positive oder negative Korrelation zu beschreiben. Diese Aussage ist nur gültig, wenn der ermittelte Korrelationskoeffizient statistisch signifikant ist. Das Signifikanzniveau der Irrtumswahrscheinlichkeit wird generell auf p < 0,05 festgelegt. Somit deuten Ergebnisse mit eben dieser Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,05 auf einen signifikanten Unterschied hin. 39 3 Ergebnisse 3.1 Diagnosen (ICD-10) Zu Beginn der Untersuchungen (Ambulanztermin - T0) wurden den Patienten bestimmte ICD-10Diagnosen zugeordnet (siehe auch 2.2.3). Nur die Patienten mit der Diagnose F51.0 (primäre Insomnie) wurden in die weiteren Untersuchungen einbezogen. Nach der Durchführung der Polysomnographie beim Schlaflabortermin wurden die Diagnosen auf Grund der gewonnen Daten entweder bestätigt oder hinsichtlich der richtigen Diagnose geändert. Die Überprüfung der Diagnosen soll den Stellenwert der Polysomnographie für die Ermittlung korrekter Diagnosen und somit die Auswahl korrekter Therapien für den einzelnen Patienten darstellen. Überprüft wurden die Verdachtsdiagnosen von 87 Patienten. Davon waren 53 weibliche und 34 männliche Patienten. Beim anschließenden Schlaflabortermin wurden die Diagnosen ggf. verändert (Tabelle 3-1). Tabelle 3-1: ICD-10-Erstdiagnosen – Schlaflabortermin (T1) Geschlecht Erstdiagnose Schlaflabor M W F31.1 F32.1 F32.2 F33.1 F51.0 F51.2 G25.8 G47.0 G47.3 Gesamt: 0 1 0 0 31 1 0 1 0 34 1 0 1 2 44 0 1 1 3 53 Gesamt 1 1 1 2 75 1 1 2 3 87 (Quelle: eigene Tabelle 2007) Von den insgesamt 87 Patienten mit der Verdachtsdiagnose F51.0 konnte bei 75 Patienten die Diagnose nach dem Schlaflabortermin bestätigt werden. 12 Patienten erhielten eine revidierte Diagnose. ICD-10-Diagnosen vom Ambulanztermin und Schlaflabortermin: Ambulanztermin (T0) Schlaflabortermin (T1) N=87 F51.0 N=75 F51.0 N=12 andere Diagnosen 40 Sowohl bei den Insomnikern als auch bei den Patienten mit anderen Diagnosen wurden, zum Schlaflabortermin, zusätzlich Nebendiagnosen (Zusatzdiagnosen) gestellt: ICD-10-Diagnosen und Zusatzdiagnosen: Ambulanztermin (T0) Schlaflabortermin (T1) N=87 F51.0 N=75 F51.0 mit Zusatzdiagnose ( in 20 Fällen (s.u.): F32.1, F40.9, F41.0, F43.2, F51.2, F51.8, F52.2, G25.3, G25.8, G43.1, G47.3, H40.2, I10.90) N=1 F31.1 mit Zusatzdiagnose (G25.8) N=1 F32.1 N=1 F32.2 N=2 F33.1 N=1 F51.2 N=1 G25.8 mit Zusatzdiagnose (F33.1) N=2 G47.0 N=3 G47.3 mit Zusatzdiagnose (F32.0) Abbildung 3-1 zeigt in graphischer Darstellung die Verteilung der Erstdiagnosen beim Schlaflabortermin (T1). Den größten Teil (N=75) macht die Diagnose „Primäre Insomnie – F51.0“ aus. Die weiteren Diagnosen sind aus der Abbildung leicht in verschiedenen Grautönen hervorgehoben. Die in der Liste, neben der Abbildung stehenden Diagnosen von oben nach unten gelesen, entsprechen den grau unterlegten, hervorgehobenen Anteilen der Darstellung im Uhrzeigersinn. 41 Abbildung 3-1: ICD-10-Erstdiagnosen – Schlaflabortermin (T1): N= 75 - F51.0 N= 1 - F31.1 N= 1 - F32.1 N= 1 - F32.2 N= 2 - F33.1 N= 1 - F51.2 N= 1 - G25.8 N= 2 - G47.0 N= 3 - G47.3 Die Nebendiagnosen (Zusatzdiagnosen) unter den 75 Insomnikern verteilten sich wie folgt: ICD-10-Zusatzdiagnosen der Patienten mit diagnostizierter chronischer Insomnie (F51.0) Erstdiagnose Zusatzdiagnosen N=75 F51.0 N=1 F32.1 N=1 F40.9 N=1 F41.0 N=1 F43.2 N=1 F51.2 N=1 F51.8 N=1 F52.2 mit Drittdiagnose (I10.90) N=4 G25.3 N=4 G25.8 N=4 G47.3 N=1 H40.2 mit Drittdiagnose (G43.1) Von den 75 Patienten mit der Diagnose einer chronischen Insomnie konnte bei 20 Patienten eine Zusatzdiagnose gestellt werden. Bei über einem Viertel (26,67%) der Patienten reicht die alleinige Diagnosestellung F51.0 also nicht aus. Weiterhin haben zwei dieser 20 Patienten eine Drittdiagnose zugewiesen bekommen. 42 Abb. 3-2 zeigt die Zusatzdiagnosen zum Zeitpunkt T1. Sie ist ebenso aufgebaut wie Abb. 3-1 (s.o.). Abbildung 3-2: ICD-10-Zusatzdiagnosen – Schlaflabortermin (T1): N= 55 - F51.0 ohne Zusatzdiagnose N= 1 - F51.0 + F32.1 N= 1 - F51.0 + F40.9 N= 1 - F51.0 + F41.0 N= 1 - F51.0 + F43.2 N= 1 - F51.0 + F51.2 N= 1 - F51.0 + F51.8 N= 1 - F51.0 + F52.2 mit Drittdiagnose (I10.90) N= 4 - F51.0 + G25.3 N= 4 - F51.0 + G25.8 N= 4 - F51.0 + G47.3 N= 1 - F51.0 + H40.2 mit Drittdiagnose (G43.1) Übersicht und Aufschlüsselung der erkannten F51.0-Diagnosen: F31.1 – Bipolare affektive Störung (gegenwärtig manische Episode ohne psychotische Symptome) F32.0 – Leichte depressive Episode F32.1 – Mittelgradige depressive Episode F32.2 – Schwere depressive Episode (ohne psychotische Symptome) F33.1 – Rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig mittelgradige Episode) F40.9 – Phobische Störung (nicht näher bezeichnet) F41.0 – Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst) F43.2 – Anpassungsstörung F51.0 – Nichtorganische Insomnie F51.2 – Nichtorganische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus F51.8 – Sonstige nichtorganische Schlafstörung F52.2 – Versagen genitaler Reaktionen 43 G25.3 – Myoklonus G25.8 – Sonstige, nicht näher bezeichnete extrapyramidale Krankheiten und Bewegungsstörungen G43.1 – Migräne mit Aura (klassische Migräne) G47.0 – Ein- und Durchschlafstörung G47.3 – Schlafapnoe H40.2 – Primäres Engwinkelglaukom I 10.90 – Essentielle Hypertonie (ohne Angabe einer hypertensiven Krise) 3.1.1 Zusammenfassung Die Ergebnisse zeigen, dass die Polysomnographie die Verdachtsdiagnose F51.0 nur in etwa 86% der Fälle bestätigen konnte und bei über einem Viertel der Patienten mit der endgültigen Diagnose F51.0 eine oder mehrere Zusatzdiagnosen gestellt werden mussten. In etwa 14% der Fälle konnte die Verdachtsdiagnose F51.0 somit nicht bestätigt werden. Zum Schlaflabortermin konnten jeweils sechs Patienten, bezüglich der Erstdiagnose, einer psychiatrischen bzw. einer schlafmedizinischen Diagnose zugeteilt werden (Abb. 3-1). Die alleinige Diagnose F51.0 konnte somit nur in weniger als drei Viertel der Fälle bestätigt werden. Bei den restlichen Patienten mussten Zusatzdiagnosen gestellt werden (Abb. 3-2). Bei den 20 Zweitdiagnosen handelte es sich in 13 Fällen um organische Diagnosen und in den restlichen 9 Fällen um psychiatrische Diagnosen. Die beiden festgestellten Drittdiagnosen wurden beide als Diagnosen organischer Genese identifiziert. Besonders häufig festgestellte Zusatzdiagnosen stellen mit jeweils vier erkannten Fällen der Myoklonus (G25.3) sowie sonstige, nicht näher bezeichnete extrapyramidale Krankheiten und Bewegungsstörungen (G25.8) und Schlafapnoe (G47.3) dar. Diese drei Krankheitsbilder nehmen jeweils 20% der diagnostizierten Zusatzdiagnosen ein. 44 3.2 Psychometrische Befunde 3.2.1 Pittsburgher Schlafqualitätsindex (PSQI) 87 Patienten bearbeiteten den Pittsburgher Schlafqualitätsindex beim Ambulanztermin (T0) und dem Schlaflabortermin (T1). Im Verlauf der Studie wurden die Patienten dazu angehalten den Index zum Zeitpunkt der 6 – Monats- und zur 12 – Monatskatamnese (T2 und T3) zu bearbeiten. Auf Grund des Ausscheidens mehrerer Patienten im Verlauf der Studie liegen für den ersten postalischen Termin nach 6 Monaten die Daten von 48 Patienten vor. Für den zweiten postalischen Termin verblieben 38 Patienten die den PSQI bearbeiteten. Weiterhin wurden für alle vier Termine die durch den PSQI bestimmte Schlafeffizienz und die totale Schlafzeit (total sleep time) gesondert berechnet. Zum Zeitpunkt des Ambulanztermins (T0) ergab sich aus den PSQI-Ergebnissen der 87 Patienten ein Mittelwert von 12,805 ± 3,23 Punkten. Der beim Schlaflabortermin (T1), von ebenfalls 87 Patienten, ermittelte PSQI-Punktewert lag im Mittel bei 11,75 ± 3,30. Bei der 6 – Monatskatamnese (T2) ergab sich, aus den Daten von 48 Patienten, ein Mittelwert von 10,25 ± 3,89. Bei der letzten Ermittlung nach 12 Monaten (T3) wurden die Daten von 38 Patienten ausgewertet und ein Mittelwert von 10,16 ± 3,62 Punkten ermittelt. Alle Werte entsprechen einem mäßig beeinträchtigtem Schlaf (Tabelle 3-2). Tabelle 3-2: PSQI – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 87 12,80 ± 3,23 T1 87 11,75 ± 3,29 T2 48 10,25 ± 3,88 T3 38 10,16 ± 3,62 Die Anzahl der Patienten die zum Zeitpunkt der 6 – und 12 – Monatskatamnese den Index bearbeitet haben, verringerte sich jeweils. Um eine korrekte Beurteilung über die Werte im Verlauf der Zeit machen zu können, darf ein Vergleich der Werte der postalischen Termine nur mit denjenigen Werten herangezogen werden, die auch zuvor im Ambulanztermin den jeweiligen Patienten zugeordnet werden können. Betrachtet man also die Differenzen der Mittelwerte zwischen dem Ambulanztermin und den zweiten folgenden Terminen (Schlaflabortermin – T1, 6-Monatskatamnese – T2, und 12 Monatskatamnese - T3), so werden die gepaarten Differenzen 45 dargestellt. Es werden in diesem Fall also sowohl für den Ambulanztermin als auch für den jeweils zu vergleichenden Termin die Daten von jeweils 87, 48 bzw. 38 Patienten verglichen. Daher ändern sich jeweils die Mittelwerte für den Ambulanztermin in den Tabellen 3-3, 3-4 und 3-5 auf Grund der untersuchten Datenzahl. Der Vergleich der PSQI-Werte zwischen den Zeitpunkten T0 und T1 umfasst die Daten von jeweils 87 Patienten. Im Mittel nahm der PSQI-Wert um 1,055 ± 3 Punkte ab. Diese Differenz der Mittelwerte kann als hoch signifikant bezeichnet werden (Tabelle 3-3). Tabelle 3-3: PSQI - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 1. Ambulanztermin (T0) & 87 12,805 ± 3,23 1. Schlaflabortermin (T1) 87 11,75 ± 3,29 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 1,055 ± 3,00 3,286 86 0,001 Für die Datenpaare T0 und T2 wurden die Werte von 48 Patienten verglichen. Der PSQI-Wert nahm im Mittel 2,87 ± 3,90 Punkte ab. Die Differenz der Mittelwerte kann ebenfalls als hochsignifikant beschrieben werden (Tabelle 3-4). Tabelle 3-4: PSQI - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 2. Ambulanztermin (T0) & 48 13,12 ± 3,03 2. 6-Monatskatamnese (T2) 48 10,25 ± 3,88 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 2,87 ± 3,90 5,106 47 0,000 Der letzte Vergleich bezog sich auf die Werte der Datensätze von T0 und T3. Für diesen Vergleich konnten die Daten von 38 Patienten einbezogen werden. Der PSQI-Wert nahm im Mittel um 2,66 ± 3,74 Punkte ab. Die Mittelwertdifferenz ist als hoch signifikant anzusehen (Tabelle 3-5). 46 Tabelle 3-5: PSQI - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 38 12,82 ± 3,18 38 10,16 ± 3,62 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 2,66 ± 3,74 4,377 37 0,000 Die Differenzen zwischen dem PSQI-Wert der zum Zeitpunkt des Ambulanztermins (T0) ermittelt wurde und den allen jeweils folgenden PSQI-Werten (T1,T2 und T3) sind als hoch signifikant anzusehen. Die Werte fallen vom Zeitpunkt T0 bis zum Zeitpunkt T3 um einen mittleren Punktwert von 2,645 ab und sind in Abbildung 3-3 graphisch dargestellt. Abbildung 3-3: PSQI - MW ± SD gepaarter Differenzen 47 3.2.1.1 PSQI – Schlafeffizienz (SE) Der Pittsburgh Schlafqualitätsindex ermittelt verschiedene einzelne Komponenten der Schlafqualität und fasst die Ergebnisse zu einem Gesamtpunktwert zusammen. Eine dieser Komponenten ist die Schlafeffizienz. Auf diese wird im Folgenden eingegangen. Die statistische Auswertung der Daten bezüglich der Schlafeffizienz wurde nach dem gleichen Muster wie der PSQI (siehe 3.2.1) bearbeitet. Die Schlafeffizienz wird in Prozent (%) angegeben. Mittelwerte und Standardabweichungen sind als Prozentwerte anzusehen und können Werte zwischen Null und Hundert annehmen. Zum ersten Termin (Ambulanztermin – T0) bearbeiteten 86 Patienten die Fragen zur Schlafeffizienz. Aus den Daten ergab sich ein Mittelwert von 60,96 ± 17,89 %. Beim zweiten Termin (Schlaflabor - T1) konnten die Daten von 84 Patienten erfasst und ausgewertet werden. Der Mittelwert lag bei 64,96 ± 18,14 %. Zum dritten Termin (6-Monatskatamnese – T2) wurden die Daten zur Schlafeffizienz von 46 Patienten erfasst und ein Mittelwert von 71,22 ± 15,82 % ermittelt. Beim letzten Termin (12-Monatskatamnese – T3) bearbeiteten 37 Patienten die Fragen zur Schlafeffizienz und es wurde ein Mittelwert von wiederum 71,22 ± 14,58 % errechnet. Die Mittelwerte und Standardabweichungen der verschiedenen Termine sind in Tabelle 3-6 aufgeführt. Tabelle 3-6: PSQI-SE – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 86 60,96 ± 17,89 T1 84 64,96 ± 18,14 T2 46 71,22 ± 15,82 T3 37 71,22 ± 14,58 Es wurden beim Vergleich der Werte zu den unterschiedlichen Zeitpunkten wiederum nur die Daten der Patienten verglichen, die jeweils den selben Patienten zu zwei verschiedenen Zeitpunkten zugeordnet werden können. Die Zahl der gültigen, vergleichbaren Daten in den folgenden Tabellen sind daher nicht identisch mit denen in Tabelle 3-6 (s.o.). Für den Ambulanztermin (T0) und den Schlaflabortermin (T1) konnten, im Hinblick auf die Schlafeffizienz, die Daten von 83 Patienten ausgewertet und verglichen werden. 48 Die Schlafeffizienzmittelwertdifferenz stieg um 3,76 ± 14,37 %. Die Mittelwertdifferenz ist als signifikant zu beschreiben (Tabelle 3-7). Tabelle 3-7: PSQI-SE - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 1. Ambulanztermin (T0) & 83 61,56 ± 17,61 1. Schlaflabortermin (T1) 83 65,32 ± 17,95 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -3,76 ± 14,37 -2,383 82 0,019 Für die Datenpaare der Termine T0 und T2 wurden die Werte von 46 Patienten verglichen. Es ergab sich eine Differenz zwischen den beiden Mittelwerten von -11,46 ± 15,665 %. Die Differenz ist hoch signifikant (Tabelle 3-8). Tabelle 3-8: PSQI-SE - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 2. Ambulanztermin (T0) & 46 59,75 ± 16,30 2. 6-Monatskatamnese (T2) 46 71,22 ± 15,62 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -11,46 ± 15,665 -4,963 45 0,000 Der Vergleich der Mittelwerte der Datenpaare von den Zeitpunkten T0 und T3 konnte auf der Grundlage der Werte von 37 Patienten errechnet werden. Der Mittelwert stieg um 8,51 ± 17,39 %. Die Mittelwertdifferenz ist signifikant (Tabelle 3-9). Tabelle 3-9: PSQI-SE - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 37 62,71 ± 16,16 37 71,22 ± 14,58 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -8,51 ± 17,39 -2,975 36 0,005 49 Die Differenzen zwischen den Mittelwerten zum Zeitpunkt des Ambulanztermins zu den Werten der jeweiligen späteren Zeitpunkte sind signifikant. Die durch den PSQI ermittelte Schlafeffizienz nimmt im Mittel vom ersten gemessenen Zeitpunkt (T1) bis zum letzten postalischen Termin (T3) um mehr als 9,65 % zu. Die graphische Darstellung ist Abbildung 3-4 zu entnehmen. Abbildung 3-4: PSQI-SE - MW ± SD gepaarter Differenzen 50 3.2.1.2 PSQI - Gesamtschlafzeit (TST – Total Sleep Time) Die Werte der Gesamtschlafzeit, die aus PSQI-Daten ermittelt wurden, werden neben den Werten der Schlafeffizienz (siehe 3.2.1.1) ebenfalls gesondert herausgestellt. Alle angegebenen Mittelwerte und Standardabweichungen sind als Minutenwerte zu verstehen. Die Gesamtschlafzeit gibt wichtige Aufschlüsse über die Schlafqualität und beträgt beim gesunden Erwachsenen in der Regel 7 – 8 Stunden bzw. 420 – 480 Minuten [Berger et al. 2004]. Insgesamt liegen Gesamtschlafzeitdaten von 87 Patienten für den Ambulanztermin (T0) und den Schlaflabortermin (T1) vor. Aus den Daten vom Zeitpunkt T0 ergab sich ein Mittelwert von 294,17 ± 81,54 Minuten. Der Mittelwert aus den Daten vom Zeitpunkt T1 lag bei 307,90 ± 78,47 Minuten. Weiterhin bearbeiteten 48 Patienten die Fragen zum Zeitpunkt der 6 – Monatskatamnese (T2). Aus den Daten dieser 48 Patienten ergab sich eine mittlere Gesamtschlafdauer von 327,69 ± 66,49 Minuten. Die Daten von 38 Patienten konnten zum Zeitpunkt der 12 – Monatskatamnese (T3) ausgewertet werden. Bei ihnen ergab sich ein Mittelwert von 328,58 ± 69,62 Minuten. Tabelle 3-10 zeigt die beschriebenen Mittelwerte und Standardabweichungen. Tabelle 3-10: PSQI-TST – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 87 294,17 ± 81,54 T1 87 307,90 ± 78,47 T2 48 327,69 ± 66,49 T3 38 328,58 ± 69,62 Die Mittelwerte und Standardabweichungen vom Zeitpunkt des Ambulanztermins (T0) zur Gesamtschlafzeit aus den PSQI-Fragebögen wurden jeweils mit den Mittelwerten der drei folgenden Termine (T1, T2 und T3) verglichen (Tabelle 3-11, 3-12 und 3-13). Es wurden wiederum nur die Daten der Patienten verglichen, die sowohl zum Ambulanztermin, als auch zum jeweiligen folgenden Termin Angaben gemacht haben. Zum Vergleich der Daten die zum Zeitpunkt T0 und T1 ermittelt wurden konnten die Werte von 87 Patienten ausgewertet werden. Es ergab sich eine Mittelwertdifferenz von 13,72 ± 60,90 Minuten. Diese Differenz kann als signifikant bezeichnet werden (Tabelle 3-11). 51 Tabelle 3-11: PSQI-TST – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 1. Ambulanztermin (T0) & 87 294,17 ± 81,54 1. Schlaflabortermin (T1) 87 307,90 ± 78,47 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -13,72 ± 60,90 -2,102 86 0,038 Der Vergleich der Mittelwerte der Datenpaare von den Zeitpunkten T0 und T2 konnte auf Grundlage der Angaben von 48 Patienten berechnet werden. Es stellte sich eine hoch signifikante Mittelwertdifferenz von 41,68 ± 61,57 Minuten dar (Tabelle 3-12). Tabelle 3-12: PSQI-TST – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 2. Ambulanztermin (T0) & 48 286,00 ± 74,64 2. 6-Monatskatamnese (T2) 48 327,69 ± 66,49 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -41,68 ± 61,57 -4,690 47 0,000 Auf der Auswertung der Daten von 38 Patienten basierend zeigte sich beim Vergleich der Mittelwerte der Zeitpunkte T0 und T3 eine signifikante Mittelwertdifferenz von 37,58 ± 78,425 Minuten (Tabelle 3-13). Tabelle 3-13: PSQI-TST – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 38 291,00 ± 79,06 38 328,58 ± 69,615 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -37,58 ± 78,425 -2,954 37 0,005 Die Differenzen zwischen den Mittelwerten der vom PSQI-TST ermittelten Gesamtschlafzeit vom Zeitpunkt des Ambulanztermins zu den Werten der jeweils folgenden Termine sind signifikant. 52 Im Mittel verlängerte sich die angegebene Gesamtschlafzeit vom ersten Termin (T0) bis zur 12 – Monatskatamnese (T3) um mehr als 34 Minuten. Die graphische Darstellung der Mittelwerte und der zugehörigen Standardabweichungen sind Abbildung 3-5 zu entnehmen. Abbildung 3-5: PSQI-TST - MW ± SD gepaarter Differenzen 53 3.2.2 Beck – Depressions – Inventar (BDI) Der BDI ist ein Selbstbeurteilungsbogen zur Erfassung der Schwere einer depressiven Symptomatik (siehe 2.2.5). Im Folgenden soll im Zuge eines Vergleichs der Mittelwerte der BDIScores zu verschiedenen Zeitpunkten vor und nach einer polysomnographischen Untersuchung der mögliche Einfluss der Polysomnographie auf eine depressive Symptomatik untersucht werden. Zu diesem Zweck wurden die Patienten dazu angehalten an allen vier Untersuchungszeitpunkten den BDI-Fragebogen zu beantworten. Der beim Ambulanztermin (T0) ermittelte BDI-Mittelwert lag bei etwa 12,5. Per Definition beschreibt man den Zustand von Patienten mit einem BDI-Wert zwischen 12 – 20 Punkten als „leicht depressiv“ [Hautzinger et al. 1991]. Der errechnete Mittelwert zum Zeitpunkt der Ambulanzuntersuchung hat diese Schwelle also leicht überschritten und ist nicht mehr als „unauffällig“ anzusehen (Tabelle 3-14). Der BDI-Bogen wurde beim Schlaflabortermin (T1), ebenso wie beim Ambulanztermin (T0), von insgesamt 87 Patienten bearbeitet. Zum Zeitpunkt T0 ergab sich für diese Patientengruppe ein BDI-Mittelwert von 12,49 ± 6,46. Bei der 6 – Monatskatamnese (T2) machten 48 Patienten Angaben bezüglich des BDI und es ergab sich ein Mittelwert von 9,67 ± 7,35. Bei der 12 – Monatskatamnese (T3) bearbeiten 38 Patienten den Bogen. Aus den Daten ergab sich ein Mittelwert von 9,00 ± 8,38 (Tabelle 3-14). Tabelle 3-14: BDI – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 87 12,49 ± 6,46 T1 87 11,39 ± 6,93 T2 48 9,67 ± 7,35 T3 38 9,00 ± 8,38 Bei den Patienten, die jeweils Angaben zum Zeitpunkt des Ambulanztermins (T0) und zusätzlich zum Zeitpunkt der folgenden Termine (T1, T2 und T3) gemacht haben, wurden wiederum die Differenzen der Mittelwerte berechnet. Für den Vergleich der Mittelwerte zu den Zeitpunkten T0 und T1 konnten die Daten von 87 Patienten ausgewertet werden. Es stellte sich eine signifikante Mittelwertdifferenz von 1,10 ± 4,28 Punkten dar (Tabelle 3-15). 54 Tabelle 3-15: BDI - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 1. Ambulanztermin (T0) & 87 12,49 ± 6,46 1. Schlaflabortermin (T1) 87 11,39 ± 6,93 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 1,10 ± 4,28 2,404 86 0,018 Der Vergleich der BDI-Mittelwerte von den Zeitpunkten T0 und T2 konnte auf Grundlage der Daten von 48 Patienten gemacht werden. Es wurde eine signifikante Mittelwertdifferenz von 2,58 ± 5,41 Punkten ermittelt (Tabelle 3-16). Tabelle 3-16: BDI - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare N MW ± SD 2. Ambulanztermin (T0) & 48 12,25 ± 5,37 2. 6-Monatskatamnese (T2) 48 9,67 ± 7,35 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 2,58 ± 5,41 3,308 47 0,002 Die Differenz der Mittelwerte der Zeitpunkte T0 und T3 wurde auf dem Boden der Daten von 38 Patienten errechnet und beträgt 3,08 ± 6,62 Punkte. Sie ist signifikant (Tabelle 3-17). Tabelle 3-17: BDI - MW ± SD und geparte Differenzen für T0 & T3 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 38 12,08 ± 5,66 38 9,00 ± 8,38 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 3,08 ± 6,62 2,866 37 0,007 Der BDI-Mittelwert lag beim letzten Termin (T3) bei 9 ± 8,38 Punkten. Vom Ambulanzwert ausgehend ist der Wert also im Mittel um etwa 3,5 Punkte gefallen und kann als „unauffällig“ bezeichnet werden. Die Mittelwertdifferenzen aus den Daten vom Zeitpunkt T0 zu den Daten der jeweils folgenden Termine (T1,T2 und T3) sind signifikant. Abbildung 3-6 zeigt diese Entwicklung. 55 Abbildung 3-6: BDI – MW ± SD gepaarter Differenzen 3.2.3 Abend/Morgen-Protokolle Die Abend/Morgen-Protokolle sind ein Instrument zur Erfassung der subjektiven Schlafeinschätzung von Patienten (siehe auch 2.2.6). Sie werden in Form von Schlaftagebüchern bearbeitet und jeweils vor dem Einschlafen abends und nach dem Aufstehen morgens bearbeitet. Im Einzelnen wurden zur subjektiven Erfassung des Schlafes vier der Parameter der Protokolle ausgewertet. Zum Einen die Zeit die es gedauert hat bis der Patient nach eigener Einschätzung eingeschlafen ist. Im Folgenden wird diese Zeit als „Einschlafzeit“ bezeichnet. Zweiter ermittelter Parameter war die selbst beurteilte Anzahl der Wachperioden der Patienten. Als dritten Punkt galt es für die Patienten die eigene Gesamtschlafzeit zu bewerten. Als letzten Parameter wird die Schlafeffizienz errechnet. Sie wird nach folgender Formel berechnet: SE= [(Schlafdauer x 100) / Bettliegezeit] = ____%. 56 3.2.3.1 Einschlafzeit Der erste, aus den Abend/Morgen-Protokollen untersuchte Punkt war die Einschlafzeit. Die Zeit, die zum Einschlafen gebraucht wurde, sollte jeweils von den Patienten selbst eingeschätzt werden. Im Verlauf der vier Termine sollte daraufhin geprüft werden, inwiefern sich die Einschätzung der Patienten bezüglich der Zeit, die sie zum Einschlafen benötigten, verändert hat. Die angegebenen Mittelwerte und Standardabweichungen sind als Minutenwerte zu verstehen. Verglichen wurden hier die Werte des Ambulanztermins, des Schlaflabortermins, sowie der 6-Monats- und 12-Monatskatamnese. Zum Ambulanztermin (T0) beantworteten 70 Patienten die Frage nach der Einschlafzeit. Zum Schlaflabortermin (T1) beantworteten 73 Patienten die Frage. Bei den folgenden Terminen nach 6 Monaten (T2) und nach 12 Monaten (T3) beantworteten 47 bzw. 36 Patienten die Frage. Die mittlere Einschlafzeit der Patienten betrug zum Zeitpunkt T0 43,85 ± 39,41 Minuten. Beim Zeitpunkt T1 lag die mittlere Einschlafzeit bei 47,00 ± 41,18 Minuten. Zum ersten postalischen Termin (T2) stellte sich ein Mittelwert von 36,86 ± 33,03 und zum zweiten postalischen Termin (T3) stellte sich ein Mittelwert von 34,48 ± 25,48 dar (Tabelle 3-18). Tabelle 3-18: Einschlafzeit – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 70 43,85 ± 39,41 T1 73 47,00 ± 41,18 T2 47 36,86 ± 33,03 T3 36 34,48 ± 25,48 Abbildung 3-7 zeigt die einzelnen Mittelwerte und Standardabweichungen der Einschlafzeiten. Die Abbildung vernachlässigt die Ergebnisse der Statistik für gepaarte Stichproben und zeigt die unkorrigierten Werte. 57 Abbildung 3-7: Einschlafzeit – MW ± SD der Einzelwerte Es wurden allerdings nur jeweils eine Teilmenge der Daten im Verlauf miteinander verglichen, da zu den verschiedenen Terminen nicht immer die gleichen Personen die Protokolle korrekt und vollständig bearbeiteten. Aus den Daten zum Zeitpunkt des Ambulanztermins und des Schlaflabortermins konnten die Angaben von 61 Patienten hinsichtlich der Einschlafzeit ausgewertet werden. Es stellte sich eine Mittelwertdifferenzerhöhung von 0,28 ± 26,64 Minuten dar, die allerdings in keiner Weise als signifikant bezeichnet werden kann (Tabelle 3-19). 58 Tabelle 3-19: Einschlafzeit - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare 1. Ambulanztermin (T0) & 1. Schlaflabortermin (T1) N MW ± SD 61 45,19 ± 41,075 61 45,47 ± 41,05 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -0,28 ± 26,64 -0,082 60 0,935 Für den Vergleich der Einschlafzeitwerte zwischen dem Ambulanztermin und der 6-Monatskatamnese standen 37 Datenpaare zur Auswertung zur Verfügung. In diesem Fall zeigte sich eine signifikante Abnahme der Mittelwertdifferenz von 13,33 ± 31,05 Minuten (Tabelle 3-20). Tabelle 3-20: Einschlafzeit - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare 2. Ambulanztermin (T0) & 2. 6-Monatskatamnese (T2) N MW ± SD 37 46,88 ± 45,01 37 33,56 ± 32,51 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 13,33 ± 31,05 2,61 36 0,013 Für den letzten Vergleich der Einschlafzeitwerte zwischen dem Ambulanztermin und der 12-Monatskatamnese konnten die Daten von 26 Patienten miteinander verglichen werden. Es zeigte sich eine nicht signifikante Mittelwertdifferenz von 3,79 ± 21,13 Minuten (Tabelle 3-21). Tabelle 3-21: Einschlafzeit - MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 26 35,39 ± 30,44 26 31,60 ± 27,18 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 3,79 ± 21,13 0,914 25 0,369 59 Die Mittelwertdifferenz ist nur beim Vergleich der Daten der Zeitpunkte T0 zu T2 signifikant (Tabelle 3-20). Abbildung 3-8 zeigt Mittelwerte und Standardabweichungen der gepaarten Stichproben. Abbildung 3-8: Einschlafzeit – MW ± SD gepaarter Differenzen 60 3.2.3.2 Anzahl der Wachperioden Aus den vier untersuchten Parametern der Abend/Morgen-Protokolle wurde als zweiter Punkt die von den Patienten selbst eingeschätzte Anzahl der Wachperioden kontrolliert. Die angegebenen Werte der aufgeführten Mittelwerte und Standardabweichungen entsprechen der Anzahl von Wachperioden. Zum Zeitpunkt des Ambulanztermins (T0) machten 69 Patienten eine Angabe über die Anzahl der Wachperioden. Beim Schlaflabortermin (T1) konnten die Daten von 73 Patienten verzeichnet werden. Zu den postalischen Terminen beantworteten zum Zeitpunkt T2 47 Patienten und zum Zeitpunkt T3 36 Patienten die Frage zur Einschätzung der Wachperioden. Zum Zeitpunkt T0 stellte sich eine mittlere Aufwachanzahl von 1,62 ± 1,52 Mal dar. Bei den Angaben zum Zeitpunkt T1 konnte eine Mittelwert zur Anzahl der Wachperioden von 1,62 ± 1,37 verzeichnet werden. Bei den beiden postalischen Terminen ergab sich für den Zeitpunkt T2 ein Mittelwert von 1,86 ± 1,29 und für den Zeitpunkt T3 ein Mittelwert der Aufwachanzahl von 1,74 ± 1,49 (Tabelle 3-22). Tabelle 3-22: Anzahl der Wachperioden – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 69 1,62 ± 1,52 T1 73 1,62 ± 1,37 T2 47 1,86 ± 1,29 T3 36 1,74 ± 1,49 In Abb. 3-9 sind die einzelnen Mittelwerte und Standardabweichungen der Wachperiodenanzahl dargestellt. 61 Abbildung 3-9: Anzahl der Wachperioden – MW ± SD der Einzelwerte Aus den angegebenen Daten wurden die Werte miteinander verglichen, die zu den verschiedenen Zeitpunkten den jeweils selben Patienten zugeordnet werden konnten. Aus den Daten zum Zeitpunkt des Ambulanztermins und des Schlaflabortermins konnten die Angaben von 60 Patienten hinsichtlich der Einschätzung der Anzahl der Wachperioden ausgewertet werden. Beim Datenvergleich stellte sich eine nicht signifikante Mittelwertdifferenzsteigerung von 0,03 ± 0,08 Wachperioden dar (Tabelle 3-23). Tabelle 3-23: Anzahl der Wachperioden: MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare 1. Ambulanztermin (T0) & 1. Schlaflabortermin (T1) N MW ± SD 60 1,65 ± 1,57 60 1,68 ± 1,43 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) 0,03 ± 0,88 0,234 59 0,816 62 Für den Vergleich der Wachperiodenanzahl zwischen dem Ambulanztermin und der 6Monatskatamnese standen 36 Datenpaare zur Auswertung zur Verfügung. Der Vergleich der Daten ergab eine nicht signifikante Mittelwertdifferenzsteigerung von 0,10 ± 0,88 Wachperioden (Tabelle 3-24). Tabelle 3-24: Anzahl der Wachperioden: MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare 2. Ambulanztermin (T0) & 2. 6-Monatskatamnese (T2) N MW ± SD 36 1,81 ± 1,51 36 1,91 ± 1,305 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -0,10 ± 0,88 -0,679 35 0,502 Für den letzten Vergleich der Wachperiodenanzahl zwischen dem Ambulanztermin und der 12-Monatskatamnese konnten die Daten von 25 Patienten miteinander verglichen werden. Es zeigte sich beim Vergleich der Daten eine nicht signifikante Erhöhung der Mittelwertdifferenz von 0,19 ± 1,05 Wachperioden (Tabelle 3-25). Tabelle 3-25: Anzahl der Wachperioden: MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 25 1,89 ± 1,70 25 2,08 ± 1,61 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -0,19 ± 1,05 -0,895 24 0,379 Vergleicht man die Mittelwerte des Zeitpunktes T0 mit jeweils den Mittelwerten der folgenden Zeitpunkte (T1, T2 und T3) kann keine der Mittelwertdifferenzen als signifikant bezeichnet werden. Abbildung 3-10 zeigt Mittelwerte und Standardabweichungen der gepaarten Stichproben. 63 Abbildung 3-10: Anzahl der Wachperioden – MW ± SD gepaarter Differenzen 3.2.3.3 Gesamtschlafzeit Der dritte, aus den Abend/Morgen-Protokollen untersuchte Punkt war die Gesamtschlafzeit. Die Gesamtschlafzeit sollte subjektiv von den Patienten selbst eingeschätzt werden. Die angegebenen Mittelwerte und Standardabweichungen sind wiederum als Minutenwerte zu verstehen. Zum Ambulanztermin (T0) machten 65 Patienten eine Angabe zu ihrer geschätzten Gesamtschlafzeit. Zum Zeitpunkt des Schlaflabortermins (T1) wurden die Daten von 71 Patienten verzeichnet. Zu den postalischen Terminen (6- und 12 – Monatskatamnese (T2 und T3)) wurden Angaben von 47 bzw. 35 Patienten gemacht. Bei den Angaben zum Zeitpunkt T0 ergab sich ein Mittelwert von 324,34 ± 83,13 Minuten. Zum Zeitpunkt T1 stellte sich ein Mittelwert von 331,75 ± 74,09 Minuten dar. Beim ersten postalischen Termin (T2) ergab sich ein Mittelwert von 355,11 ± 66,00 Minuten und beim zweiten postalischen Termin (T3) ein Mittelwert von 344,85 ± 76,33 Minuten (Tabelle 3-26). 64 Tabelle 3-26: Gesamtschlafzeit – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 65 324,34 ± 83,13 T1 71 331,75 ± 74,09 T2 47 355,11 ± 66,00 T3 35 344,85 ± 76,33 Abbildung 3-11 vernachlässigt die Ergebnisse der Statistik für gepaarte Stichproben und zeigt die unverglichenen Mittelwerte und Standardabweichungen. Abbildung 3-11: Gesamtschlafzeit – MW ± SD der Einzelwerte 65 Aus den angegebenen Daten wurden die Werte miteinander verglichen, die zu den verschiedenen Zeitpunkten den jeweils selben Patienten zugeordnet werden konnten. Aus den Daten zum Zeitpunkt des Ambulanztermins und des Schlaflabortermins konnten die Angaben von 57 Patienten hinsichtlich der Einschlafzeit ausgewertet werden. Es stellte sich beim Vergleich der Daten eine nicht signifikante Mittelwertdifferenzsteigerung von 5,44 ± 69,225 Minuten dar (Tabelle 3-27). Tabelle 3-27: Gesamtschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare 1. Ambulanztermin (T0) & 1. Schlaflabortermin (T1) N MW ± SD 57 329,41 ± 85,80 57 334,85 ± 75,27 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -5,44 ± 69,225 -0,593 56 0,555 Für den Vergleich der Einschlafzeitwerte zwischen dem Ambulanztermin und der 6- Monatskatamnese standen 35 Datenpaare zur Auswertung zur Verfügung. Es zeigte sich eine signifikante Mittelwertdifferenzsteigerung von 48,63 ± 103,11 Minuten (Tabelle 3-28). Tabelle 3-28: Gesamtschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare 2. Ambulanztermin (T0) & 2. 6-Monatskatamnese (T2) N MW ± SD 35 311,67 ± 92,86 35 360,30 ± 52,31 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -48,63 ± 103,11 -2,790 34 0,009 Für den letzten Vergleich der Einschlafzeitwerte zwischen dem Ambulanztermin und der 12-Monatskatamnese konnten die Daten von 24 Patienten miteinander verglichen werden. Der Vergleich der Daten stellte eine nicht signifikante Mittelwertdifferenz von 17,29 ± 55,25 Minuten heraus (Tabelle 3-29). 66 Tabelle 3-29: Gesamtschlafzeit – MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 24 314,30 ± 80,49 24 331,58 ± 71,15 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -17,29 ± 55,25 -1,533 23 0,139 Die Mittelwertdifferenz stellte sich nur für die Datenpaare der Zeitpunkte T0 zu T2 als signifikant dar. (Tabelle 3-28). Abbildung 3-12 zeigt Mittelwerte und Standardabweichungen der gepaarten Stichproben. Abbildung 3-12: Gesamtschlafzeit – MW ± SD gepaarter Differenzen 67 3.2.3.4 Schlafeffizienz Die berechnete Schlafeffizienz der Patienten war der vierte aus den Abend/Morgen-Protokollen untersuchte Punkt. Die Schlafeffizienz wird in Prozent (%) angegeben und kann Werte zwischen Null und Hundert annehmen. Die errechneten Mittelwerte und Standardabweichungen entsprechen Prozentwerten. Zum Ambulanztermin (T0) machten 65 Patienten Angaben zu ihrer selbst eingeschätzten Schlafeffizienz. Beim Schlaflabortermin (T1) waren es 71 Patienten die Aussagen über die Effizienz ihres Schlafes machten. 47 Patienten schätzten ihre Schlafeffizienz zum Zeitpunkt der 6-Monatskatamnese (T2) ein und 35 Patienten taten dies zum Zeitpunkt der 12-Monatskatamnese (T3). Beim Zeitpunkt T0 ergab sich ein Mittelwert von 66,53 ± 17,57 %. Zum nächsten Termin (T1) zeigte sich ein Mittelwert von 68,74 ± 15,69 %. Zum ersten postalischen Termin (T2) stellte sich ein Mittelwert von 74,99 ± 13,69 % dar und zum letzten Termin ergab sich nach Angaben der Patienten ein Mittelwert der Schlafeffizienz von 72,17 ± 14,70 % (Tabelle 3-30). Tabelle 3-30: Schlafeffizienz – Mittelwerte und Standardabweichungen der Einzelwerte Termin N MW ± SW T0 65 66,53 ± 17,57 T1 71 68,74 ± 15,69 T2 47 74,99 ± 13,69 T3 35 72,17 ± 14,70 In Abbildung 3-13 sind die einzelnen Mittelwerte und Standardabweichungen der Schlafeffizienzen dargestellt. 68 Abbildung 3-13: Schlafeffizienz – MW ± SD der Einzelwerte Aus den angegebenen Daten wurden die Werte miteinander verglichen, die zu den verschiedenen Zeitpunkten den jeweils selben Patienten zugeordnet werden konnten. Aus den Daten zum Zeitpunkt des Ambulanztermins und des Schlaflabortermins konnten die Angaben von 57 Patienten hinsichtlich der Schlafeffizienz verglichen und ausgewertet werden. Die errechnete Mittelwertdifferenz lag bei 1,75 ± 14,84 % und ist nicht signifikant (Tabelle 331). Tabelle 3-31: Schlafeffizienz MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T1 Gepaarte Differenzen Datenpaare 1. Ambulanztermin (T0) & 1. Schlaflabortermin (T1) N MW ± SD 57 67,73 ± 18,13 57 69,49 ± 15,73 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -1,75 ± 14,84 -0,892 56 0,376 69 Für den Vergleich der Schlafeffizienzwerte zwischen dem Ambulanztermin und der 6-Monatskatamnese standen 35 Datenpaare zur Auswertung zur Verfügung. Es stellte sich eine signifikante Mittelwertdifferenzsteigerung von 12,76 ± 21,87 % dar (Tabelle 3-32). Tabelle 3-32: Schlafeffizienz MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T2 Gepaarte Differenzen Datenpaare 2. Ambulanztermin (T0) & 2. 6-Monatskatamnese (T2) N MW ± SD 35 63,22 ± 18,89 35 75,99 ± 11,10 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -12,76 ± 21,87 -3,453 34 0,002 Für den letzten Vergleich der Schlafeffizienzwerte zwischen dem Ambulanztermin und der 12-Monatskatamnese konnten die Daten von 24 Patienten miteinander verglichen werden. Die Mittelwertdifferenz entspricht einer Erhöhung von 4,93 ± 14,46 %, ist allerdings nicht signifikant (Tabelle 3-33). Tabelle 3-33: Schlafeffizienz MW ± SD und gepaarte Differenzen für T0 & T3 Gepaarte Differenzen Datenpaare 3. Ambulanztermin (T0) & 3. 12-Monatskatamnese (T3) N MW ± SD 24 65,77 ± 17,27 24 70,70 ± 14,04 MW ± SD T df Sig. (2-seitig) -4,93 ± 14,46 -1,670 23 0,108 Die Mittelwertdifferenzsteigerungen sind lediglich beim Vergleich der Daten der Zeitpunkte T0 und T2 (Tabelle 3-32) als signifikant anzusehen. Abbildung 3-14 zeigt Mittelwerte und Standardabweichungen der gepaarten Stichproben der Angaben zur Schlafeffizienz. 70 Abbildung 3-14: Schlafeffizienz – MW ± SD gepaarter Differenzen 71 4 DISKUSSION In der vorliegenden Arbeit sind verschiedene psychometrische Befunde im zeitlichen Verlauf untersucht worden. Untersucht wurden hierbei Patienten mit primärer Insomnie zu insgesamt vier Zeitpunkten vor und nach einem Schlaflabortermin bei dem eine Polysomnographie durchgeführt wurde. Außerdem wurden Diagnosestellungen im zeitlichen Verlauf, d.h. vor und nach der Polysomnographie, untersucht. Ziel ist es gewesen, den diagnostischen Zugewinn der Polysomnographie, im Bezug auf die primäre Insomnie, zu untersuchen. Im Einzelnen sollten die PSQI-Fragebögen sowie die Abend/Morgen-Protokolle einen Hinweis darauf geben, wie die Patienten im Verlauf eines Jahres nach einer Polysomnographie ihren Schlaf nach verschiedenen Gesichtspunkten bewerten. Überdies sollte mit dem BDI gemessen werden, wie sich depressive Symptome der Patienten von einem Zeitpunkt vor bis ein Jahr nach einer Polysomnographie entwickeln. 4.1 Diagnosen Der erste Kontakt mit den Patienten fand beim Ambulanztermin (T0) statt. Hier war es Aufgabe von Experten auf dem Gebiet von Schlaferkrankungen den Patienten eine korrekte Diagnose zuzuweisen. Insgesamt bekamen 87 Patienten die Verdachtsdiagnose „primäre Insomnie“ (F51.0) zugewiesen. Beim zweiten Termin (Schlaflabortermin-T1) wurden die Patienten mit der vorher zugewiesenen Verdachtsdiagnose der primären Insomnie mittels der Polysomnographie untersucht. In verschiedenen Studien wurden Patienten aus Allgemeinarztpraxen bezüglich ihrer Schlafprobleme untersucht. Es stellte sich heraus, dass Insomnien nur in weniger als der Hälfte der Fälle von Hausärzten erkannt wurden. Studien wie die NISAS-Studie [Wittchen et al., 2001a; 2001b] kamen unter Anderen zu diesen Ergebnissen. Im Falle dieser Arbeit wurden die Untersuchungen allerdings von Experten durchgeführt. Somit konnte zwar einerseits davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der falschen Diagnosen deutlich geringer ausfallen würde als in den Allgemeinarztpraxen, jedoch konnte ebenfalls angenommen werden, dass es ohne polysomnographische Untersuchung zu einer gewissen Fehleinschätzung bezüglich der Diagnosen kommen könnte. Nach der Untersuchung zum Zeitpunkt T1 wurden die vorher gestellten Diagnosen bestätigt oder revidiert und durch andere Diagnosen ersetzt. Es stellte sich heraus, dass in 12 von 87 Fällen die Anfangsdiagnose nicht aufrecht erhalten werden konnte. In den Übrigen 75 Fällen wurde die 72 Verdachtsdiagnose bestätigt. Die 12 Diagnosen, die nicht der Diagnose F51.0 entsprachen, erstreckten sich über verschiedene Erkrankungen der Psyche und des Verhaltens, sowie über einige Erkrankungen des Nervensystems. Bei den 75 Patienten, die tatsächlich als Insomniker identifiziert werden konnten, wurden in 20 Fällen Zusatzdiagnosen gestellt. Vor dem Hintergrund der Frage, ob die Polysomnographie einen Zugewinn in der Diagnostik von Schlafkrankheiten bringt, kann bereits jetzt eine Aussage, bezogen auf die primäre Insomnie, getroffen werden. Trotz der Einschätzung von Experten wurde in 12 von 87 Fällen die falsche Diagnose getroffen. D.h. in ca. 14 % (13,79%) der Fälle lagen die Experten nicht richtig bzw. die Polysomnographie ließ auf eine andere Diagnose schließen. Weiterhin muss erwähnt werden, dass bei den 75 Patienten mit der bestätigten Diagnose der primären Insomnie, in 20 Fällen eine Zusatzdiagnose und in 2 der 20 Fälle sogar noch eine Drittdiagnose gestellt werden musste. Diese Tatsache zeigt, dass selbst bei der richtigen Erstdiagnose in über einem Viertel der Fälle (26,67%) eine weitere Diagnose durch die Polysomnographie aufgedeckt wurde. Man muss dabei bedenken, dass auch die Behandlung dieser Zweitdiagnose wichtige Auswirkungen auf die Auswahl der richtigen Zusammenfassend kann Therapie, festgestellt sowie auf werden, den dass Behandlungserfolg die haben kann. Polysomnographie einen differantialdiagnostischen Zugewinn bezüglich der Diagnose der primären Insomnie leistet. Ohne die ausführliche polysomnographische Untersuchung der Patienten hätte man in mehr als jedem achten Fall die falsche Diagnose gestellt und darüber hinaus in mehr als jedem vierten Fall eine Zweit- bzw. Drittdiagnose übersehen. In der Literatur unterstützt beispielsweise SchneiderHelmert (2003) die Ansicht, dass die Polysomnographie für die korrekte Diagnosefindung bei der primären Insomnie von hoher Wichtigkeit ist. Andere Autoren gehen eher davon aus, dass die Polysomnographie kein hinreichend genaues Instrument dafür ist, um die primäre Insomnie von anderen, z.T. ähnlichen, Krankheitsbildern abzugrenzen. Vgontzas et al (1994) postuliert, dass die Unterschiede zwischen Patienten mit einer nicht-organischen Insomnie und gesunden Probanden teilweise zu gering seien, als dass sie von der Polysomnographie erkannt würden und dass daraufhin Verlegenheitsdiagnosen gestellt würden, die allenfalls als Begleitdiagnosen einer primären Insomnie gelten dürften. Ähnliche Kritik an der Untersuchung äußert Hudson (1992). Auch er beschreibt die Polysomnographie als zu undifferenziert und sieht Probleme in der Abgrenzung der Insomnie von anderen Krankheitsbildern wie der Depression und der Narkolepsie, wenn die Diagnosestellung ausschließlich auf den Ergebnissen der Polysomnographie beruhen. Ein weiteres Problem sehen Dorsey & Bootzin (1997) in der 73 Bewertung der subjektiv empfundenen Insomnie. Sie sehen dieses Stadium nicht als Diagnose im engeren Sinne, sondern beschreiben diese subjektive Einschätzung eher als einen Übergang zwischen normalen Schlaf und bestätigter Insomnie. 4.2 Psychometrische Befunde 4.2.1 PSQI Der PSQI-Mittelwert für die 87 Patienten lag beim ersten Termin klar im Bereich eines mittelgradig beeinträchtigten Schlafes. Der niedrigste, zu Zeitpunkt T3 gemessene, Mittelwert lag noch knapp im Bereich eines mäßig beeinträchtigen Schlafs. Dieses Ergebnis stimmt gut mit den Ergebnissen anderer Studien überein. Bei einer Studie von Wittchen et al (2001) wurden insgesamt 4856 Patienten mit der Forschungsdiagnose Insomnie untersucht. In über 90% der Fälle wurden PSQI-Werte >5 festgestellt. In etwa der Hälfte der Fälle wurde ein PSQI-Wert von über 10 ermittelt. Die diagnostische Validität des PSQI ist im Bezug auf seine Sensitivität in vier und seine Spezifität in drei dieser vier großen Studien untersucht worden. Die Spezifität in den Studien Buysse et al. (1989), Fichtenberg et al. (2001) und Doi et al. (2000) lag für die verschiedenen Stichproben schlafgestörter Patienten stets über 80% (83-87%). Bezogen auf die Sensitivität kann die Studie von Wittchen et al (2001) hinzugenommen werden. Hier werden ebenfalls immer Werte von über 80% (80-100%) erreicht. Die in der Arbeit beschriebenen Mittelwerte, die einen mäßig beeinträchtigten Schlaf beschreiben, passen insgesamt gut zu den Ergebnissen der Studien. Ausgehend vom PSQI-Gesamtscoremittelwert zum Zeitpunkt T0 kann zu jedem der drei folgenden Zeitpunkte ein signifikanter Abfall der Mittelwerte registriert werden. Gleiches gilt für die Veränderung der Werte beim PSQI-TST und PSQI-SE. Sowohl beim PSQI-Gesamtscore, als auch beim PSQI-TST und PSQI-SE kann die größte signifikante Mittelwertdifferenz zwischen den Zeitpunkten T0 und T2 beobachtet werden. Die jeweils zweitgrößte Differenz lässt sich zwischen den Zeitpunkten T0 und T3 feststellen. Die kleinste Veränderung der Mittelwerte (die aber trotzdem jeweils signifikant ist) zeigt sich demnach beim Vergleich der Werte zu den Zeitpunkten T0 und T1. Vor dem Hintergrund, dass die Polysomnographie zum Zeitpunkt T1 stattgefunden hat und daraufhin eine spezifische Therapie der diagnostizierten Erkrankung folgte, war zu erwarten, dass die Mittelwerte sich, vom Zeitpunkt T0 zum Zeitpunkt T2, merklich verändern würden. Nach der Polysomnographie konnte eine gezielte Diagnose und somit auch eine gezielte Therapie eingeleitet werden. Die Besserungen des Schlafbefindens sind somit 74 6 Monate später zum Zeitpunkt T2 ablesbar. Die Mittelwertdifferenzen zwischen den Zeitpunkten T0 und T3 sind ebenfalls signifikant. Jedoch nicht so deutlich wie die Differenzen beim Termin T2, 6 Monate zuvor. Geht man davon aus, dass sich im Zeitraum von T2 zu T3 weder etwas an der Diagnose, noch etwas an der Therapie geändert hat, liegt es nahe, die Erklärung für die etwas schlechtere Schlafbeurteilung in der persönlichen Bewertung der Patienten zu suchen. Man muss bedenken, dass es sich um eine subjektive Bewertung des Schlafs handelt. Anzunehmen wäre beispielsweise, dass sich an der Schlafeffizienz, der Gesamtschlafzeit und den anderen Schlafparametern im dem 6-monatigen Zeitraum zwischen T2 und T3 objektiv gar nichts geändert hat, die Patienten aber die Phase der Schlafverbesserung (von T1 zu T2), durch die beginnende Therapie, als schlafverbessernder einstufen, als die halbjährliche Phase in der sich nichts additiv am Schlafverhalten bessert. Eine weitere Begründung könnte sein, dass sich der Schlaf nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv wirklich verschlechtert. Die Compliance der Patienten bezüglich der Einhaltung der Therapie könnte sich im Laufe des Jahres verschlechtert haben. Dies wäre insbesondere bei Therapiebestandteilen denkbar, die von dem Patienten ein hohes Maß an Disziplin verlangen (z.B. Einhaltung von Schlafhygiene, Schlafrestriktion, Alkoholabstinenz, Einhaltung von Schlafritualen und Anwendung erlernter Entspannungsmaßnahmen). All diese Erklärungsversuche sind allerdings rein spekulativ und können nicht weiter bewiesen werden. Ebenfalls nur spekulativ kann erklärt werden, warum sich die Mittelwertdifferenzen aller drei PSQI-Werte vom Zeitpunkt T0 zum Zeitpunkt T1 signifikant verändern. Vor dem Hintergrund, dass die Patienten zum Zeitpunkt T0 nur eine Verdachtsdiagnose bekamen und daraufhin in den folgenden 6 bis 12 Wochen keine weiteren therapeutischen Maßnahmen verfolgt wurden, ist die Beteiligung einer psychologischen Komponente und deren Auswirkung auf das subjektive Schlafempfinden der Patienten nicht unwahrscheinlich. Führt man sich vor Augen, dass etwa 15-25% der Bevölkerung von westlichen Industrieländern an manifesten Schlafstörungen und davon rund ein Drittel an primärer Insomnie leiden [Weyerer und Dilling 1991] und setzt man diese Zahlen in Relation zu der Anzahl der Patienten, die sich wegen einer Schlafstörung in Behandlung eines Facharztes befinden, so liegt der Gedanke nahe, dass auch viele, der in dieser Arbeit untersuchten Patienten erst sehr lange mit Schlafstörungen lebten, bevor sie sich einer Behandlung unterzogen. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht unwahrscheinlich, dass zumindest bei einer Anzahl von Patienten schon der Gedanke daran sich nun in guten Händen zu befinden sich in einer sub- 75 jektiven und vielleicht auch objektiven Schlafbesserung niederschlägt. Beachtet man, dass verhaltenstherapeutische Maßnahmen bei der primären Insomnie ebenso effektiv sind wie pharmakotherapeutische Ansätze [Riemann et al 2003], so wäre es nicht abwegig anzunehmen, dass auch andere psychologische Ansätze, wie die Aussicht auf Besserung durch eine Therapie, eine subjektive und/oder objektive Schlafbesserung zur Folge haben. 4.2.2 BDI Die BDI-Mittelwerte befinden sich zu allen vier Zeitpunkten an der Schwelle von einem unauffälligen Wert zu einer „leichten Depression“. Der Mittelwert zum Zeitpunkt T0 überschreitet diese Schwelle leicht und kann nicht als „unauffällig“ bezeichnet werden. In der Literatur ist die Verbindung zwischen einer depressiven Symptomatik und einem nicht erholsamen Schlaf häufig beschrieben. Es gilt als bekannt, dass depressive Erkrankungen fast immer von Störungen des Schlafs begleitet werden. Es herrscht Einvernehmen darüber, dass die Kombination aus deutlichen Störungen der Schlafkontinuität, einer Reduktion des Tiefschlafs und einer Vorverlagerung des REM-Schlafs mit einer Erhöhung der REM-Dichte am häufigsten bei Patienten mit einer Major Depression anzutreffen ist [Riemann et al 2001]. Andersherum gilt die Insomnie als ein frühes Symptom der Depression und wird auch als Risikofaktor für eine Depression angesehen (Übersicht von Riemann, 2003). Speziell bezogen auf die primäre Insomnie, konnte Hall et al (2000) bei einer Studie mit 14 Insomniepatienten und 14 Kontrollprobanden nachweisen, dass eine leichte depressive Symptomatik bei Patienten mit primärer Insomnie gleichzeitig einhergeht mit einer gesteigerten subjektiven Schlafbeeinträchtigung. Der BDI-Mittelwert zum Zeitpunkt T0 entspricht dem durchschnittlichen Wert der bis dahin unbehandelten Insomniepatienten. Er liegt im Bereich einer leichten Depression. Dieses Ergebnis passt gut in die Ergebnisse der Studien zur Verbindung von primärer Insomnie und depressiver Symptomatik. Der BDI-Mittelwert nahm, ausgehend vom Zeitpunkt T0, stetig ab. Die größte Mittelwertdifferenz findet sich zwischen den Werten der Zeitpunkte T0 und T3. Insgesamt nahm der BDI-Mittelwert um mehr als drei Punkte ab und kann, ab dem Zeitpunkt T1, als unauffällig bezeichnet werden. Auch der BDI-Mittelwertabfall vom Zeitpunkt T0 zu T2 ist signifikant und deutlich. Die ebenfalls signifikante Mittelwertdifferenz zwischen den Zeitpunkten T0 und T1 ist allerdings nicht mit der Behandlung nach der richtigen Diagnose auf Grund der Polysomno- 76 graphie zu erklären. Geht man davon aus, dass bei der Polysomnographie zum Zeitpunkt T1 die richtige Diagnose bezüglich der Schlafstörung gestellt wurde und daraufhin die richtige Behandlung begonnen wurde, und legt man weiterhin zu Grunde, dass die Intensität der Insomnie in gewissem Maße mit der depressiven Symptomatik korreliert, so scheint ein kombinierter Rückgang der Mittelwerte im Bereich des PSQI und des BDI nach der Schlaflabornacht, nachvollziehbar. Die Polysomnographie hätte demnach einen, über den diagnostischen Zugewinn bei der Schlafstörung, zumindest indirekten Einfluss auf die depressive Symptomatik. Allerdings lässt sich mit diesem Ansatz nicht die, zwar geringere, jedoch signifikante, Mittelwertabnahme des BDI vom Zeitpunkt T0 zu T1 erklären. Hier muss wiederum spekuliert werden. Die wohl sinnvollste Erklärung für die BDI-Mittelwertabnahme von T0 zu T1 scheint die Tatsache zu sein, dass die Patienten sich nach dem Kontakt zum Zeitpunkt T0 in einer Situation mit Aussicht auf Besserung befinden und sich daraufhin ihre depressive Symptomatik signifikant bessert. 4.2.3 Abend/Morgenprotokolle Die untersuchten vier Einzelpunkte aus den Abend/Morgen-Protokollen zeigen ein sehr direktes Abbild des subjektiven Schlafempfindens der jeweiligen Patienten. Die Patienten machen selbst eingeschätzte Angaben zu bestimmten Punkten ohne gewissermaßen über den Umweg von einzelnen Items die sich zu einem Score zusammenfassen lassen um dann eine Aussage über bestimmte Parameter zu machen, wie es z.B. beim PSQI-Fragebogen der Fall ist. Die Werte, die bezüglich der Einschlafzeit und der Gesamtschlafzeit ermittelt werden konnten, sind beim Vergleich mit den allgemeinen, durchschnittlichen Werten in Deutschland, als nicht der Norm entsprechend anzusehen. Im Mittel findet sich in Deutschland eine Gesamtschlafzeit von sieben Stunden und eine durschnittliche Einschlafzeit von einer viertel Stunde [Ohayon und Zulley, 1999]. Die Definition, wann Schlafwerte als pathologisch gelten, ist in der Literatur nicht einheitlich beschrieben. Bei Lichstein et al. (1994) gilt eine Schlafeffizienz unterhalb von 90% schon als objektive Störung des Schlafes. Andere Forschungsgruppen gehen von einem objektiv gestörten Schlaf aus, wenn die Einschlafdauer mehr als 30 Minuten beträgt und/oder die Schlafeffizienz altersabhängig unter 85 bzw 80 % liegt [Edinger et al. 2000, Morin & Espie 2003]. Genauer ist die Definition von Morin & Espie (2003). Sie postulieren, dass eine objektive Insomnie dann vorliegt, wenn die Einschlafdauer, die nächtliche Wachzeit und/oder das vorzeitige Aufwachen am Morgen mehr als 77 30 Minuten beträgt und/oder das Aufwachen mehr als 30 Minuten vor einer Gesamtschlafzeit von 6,5 Stunden erfolgt und/oder die Schlafeffizienz geringer als 85% ist. Vor diesem Hintergrund müssten die erhobenen Werte zu den Punkten Gesamtschlafzeit, Einschlafzeit und Schlafeffizienz alle als pathologisch angesehen werden. Allerdings handelt es sich bei sämtlichen Ergebnissen aus den Studien um die Resultate aus objektiven Daten. Die Ergebnisse aus den Abend/MorgenProtokollen entspringen den Daten subjektiver Werte. Man kann die Ergebnisse aus den subjektiven Angaben nicht einfach mittels der Standards für objektive Ergebnisse in pathologisch und nicht pathologisch einteilen. Ein wichtiger Grund für die Differenz der Ergebnisse zwischen subjektiven und objektiven Daten ist die Unterschätzung der Schlafzeit der Insomniker. Hauri und Olmstead (1989) stellten fest, dass ihre Insomniepatienten meist erst nach über 15 Minuten ruhigen Schlafs ihre Einschlafzeit vermuteten. Andere Studien, bezüglich der Gesamtschlafzeiteinschätzung, zeigten eine Unterschätzung der Gesamtschlafzeit seitens der Insomniker [Mercer, Bootzin & Lack (2002)]. Es kann also nicht eindeutig bestätigt werden, dass die, in allen drei Punkten, auftretenden pathologischen Werte in dem beschriebenen Ausmaß zutreffen. Sowohl die Einschlafzeit, als auch die Gesamtschlafzeit und die Schlafeffizienz bessern sich tendenziell in einem gewissen Zeitrahmen. In allen drei Fällen ist allerdings nur die Mittelwertdifferenz zwischen den Zeitpunkten T0 und T2 signifikant. Die feststellbare Besserung bezüglich der drei Parameter lässt sich für keinen von ihnen zwischen dem Zeitpunkt des Ambulanztermins und der letzten Katamnese beschreiben. Wenn man also von einer Besserung der Schlafbeeinträchtigungen durch eine Therapie auf dem Boden von Polysomnographieergebnissen sprechen möchte, so zeigt sich, dass diese Besserung nur auf einen begrenzten Zeitraum nach der Polysomnographie festzustellen ist. Schwieriger ist die Einschätzung einer Tendenz bezüglich der Ergebnisse der Anzahl der Wachperioden. Beim Vergleich der Daten von T0 mit den Daten der jeweils folgenden Termine zeigt sich jeweils ein geringer Anstieg in der Anzahl der Wachperioden, der allerdings zu keinem Zeitpunkt signifikant ist. Die Patienten scheinen also keine eindeutige Änderung in der Häufigkeit der Wachperioden in die eine oder andere Richtung feststellen zu können. Unabhängig von der Tatsache, dass die subjektiven Parameter wahrscheinlich von den objektiven abweichen, kann man davon ausgehen, dass die Werte zur Gesamtschlafzeit, der Einschlafzeit und der Schlafeffizienz zum Zeitpunkt T0 trotz der beschriebenen Fehleinschätzungen von Insomnikern als pathologisch angesehen werden können. Weiterhin kann bei drei der vier 78 untersuchten Werte zwar eine Tendenz hin zu einer Schlafbesserung gemacht werden, diese muss allerdings in einen zeitlichen Rahmen gefasst werden (T0 zu T2). 79 5 Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit wurden 87 Patienten mit der Verdachtsdiagnose primäre Insomnie untersucht. Die Untersuchung wurde mit einem ambulanten, einem stationären und zwei postalischen (nach 6 und nach 12 Monaten) Kontakten durchgeführt. Zum stationären Termin fand eine polysomnographische Untersuchung statt. Zu allen vier Kontakten wurden die Ergebnisse eines PSQI-Fragebogens (mit den Unterpunkten SE und TST), eines BDI-Fragebogens, sowie vier verschiedene Aspekte aus so genannten Abend/Morgen-Protokollen (Einschlafzeit, Wachperioden, Gesamtschlafzeit und Schlafeffizienz) untersucht und verglichen. Zusätzlich wurden die zu den Zeitpunkten T0 und T1 gestellten Diagnosen untersucht und verglichen. Bei jedem achten Patienten musste die Ambulanzdiagnose revidiert werden. Weiterhin musste bei mehr als jedem vierten Patienten mit polysomnographisch bestätigter primärer Insomnie eine Zweitdiagnose bzw. Drittdiagnose gestellt werden. Sollte diese genauere Diagnosestellung durch die PSG den Patienten signifikant helfen, müsste eine häufigere Anwendung der PSG im Bezug auf die Diagnosestellung von Schlafstörungen empfohlen werden. Die ermittelten PSQI-Werte passten mit einem mäßig beeinträchtigten Schlaf gut in die Studienlage. Beim Vergleich der PSQI-Mittelwerte war eine Verbesserung des Schlafs zu beobachten. Die größte subjektive Besserung der Werte wurde ein halbes Jahr nach der PSG registriert. Wiederum ein halbes Jahr später schrumpften die Mittelwertdifferenzen wieder. Die Untersuchung des BDI zeigte erwartungsgemäß, im Einklang mit aktuellen Studien, einen Wert der im Bereich einer leichten Depression lag. Der Wert sank stetig ab und notierte beim letzten Termin über drei Punkte unter dem Ausgangswert und konnte als unauffällig bezeichnet werden. Die Untersuchung der Punkte der A/MProtokolle im zeitlichen Verlauf zeigten im Bereich der Einschlafzeit, der Gesamtschlafzeit und der Schlafeffizienz eine ähnliche Tendenz wie die PSQI-Werte. Mit dem Unterschied, dass ausschließlich beim Vergleich der Werte der Zeitpunkte T0 und T2 eine jeweils signifikante Besserung der Schlafparameter beobachtet werden konnte. Bei der Untersuchung der Wachperiodenanzahl konnte keine Tendenz vor oder nach der PSG abgelesen werden. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse die größten Verbesserungen des Schlafes ein halbes Jahr nach der PSG. Danach scheint sich die Besserung wieder zu relativieren. Eine weitere Katamnese würde darüber vielleicht Aufschluss geben. Bezogen auf eine exaktere Diagnosestellung zeigt die PSG recht eindeutig eine Besserung. Abschließend bleibt ein Blick auf die hohen Kosten der PSG. Aufgrund der Häufigkeit der Insomnie in Relation zu den Kosten und der nicht eindeutig geklärten Schlafverbesserung bleibt es wohl bei einer seltenen Indikation der PSG. 80 6. Literaturverzeichnis American Psychatric Association (1994): Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (4th edition). Washington, DC, American Psychiatric Press Aschoff J, Daan S, Groos GA (eds) (1982): Vertebrate circadian systems. Structure and Physiology. 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