Primäre Insomnie – Was ist eigentlich darunter zu verstehen?

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Prof. Dr. Dieter Riemann: Primäre Insomnie – Was ist eigentlich darunter zu verstehen?
Primäre Insomnie – Was ist eigentlich darunter zu verstehen?
Prof. Dr. Dieter Riemann
Leipzig (14. November 2009) - Verschiedene diagnostische Systeme, wie etwa
ICD-10 oder DSM-IV, differenzieren im Bereich der Schlafstörung verschiedene
Formen von Insomnien. Im ICD-10 wird z. B. zwischen der nicht-organischen und
der organischen Insomnie unterschieden. Im DSM-IV hingegen wird in die primäre
Insomnie, die Insomnie im Rahmen einer anderen körperlichen oder psychischen
Störung, oder Insomnie als Folge einer Substanzeinnahme differenziert.
Letztendlich versteht man somit unter einer primären Insomnie eine Klage über
Ein- und Durchschlafstörungen und nicht erholsamen Schlaf für eine Dauer von
mehr als vier Wochen, die mit signifikanten Beeinträchtigungen der
Tagesbefindlichkeit, wie etwa Konzentrations- und Leistungsstörungen,
verbunden ist. Insomnische Symptome generell sind in der Allgemeinbevölkerung
sehr häufig und betreffen mehr als ein Fünftel aller Befragten.
Unter Zugrundelegung von Insomniekriterien als Krankheitsentität leiden etwa
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zehn Prozent der Allgemeinbevölkerung in westlichen Industrienationen an einer
insomnischen Störung. Davon lässt sich bei etwa ein Drittel, d.h. drei Prozent der
Allgemeinbevölkerung, die Diagnose einer primären Insomnie stellen. Die
Diagnosestellung basiert auf der klinischen Anamnese, der Zuhilfenahme von
Zusatzuntersuchungen, wie etwa Labor und EKG, und einer spezifischen
Schlaf-Anamnese mit Schlaffragebögen und Schlaftagebüchern. Darüber hinaus
kann bei besonders chronischen und therapierefraktären Fällen eine
Untersuchung im Schlaflabor zur genauen Bestimmung der Schlafqualität
durchgeführt werden.
In den letzten Jahren steht im Mittelpunkt der Hypothesen zur Ätiologie und
Pathophysiologie der primären Insomnie das sogenannte Hyperarousal-Konzept.
Darunter wird eine Übererregung verstanden, die sich auf zentral nervöser Ebene
z. B. in einer Zunahme schneller Frequenzen im Schlaf-EEG abbildet. Hinsichtlich
der Cortisol-Ausschüttung konnte gezeigt werden, dass bei vielen Patienten mit
primärer Insomnie ebenso eine Hypersekretion vorliegt. Ein zentral nervöses
Hyperarousal konnte aber auch z. B. mit Hilfe der
Positronen-Emissions-Tomographie nachgewiesen werden. In eigenen
Untersuchungen konnten wir zeigen, dass primäre chronische Insomnien auch mit
einer Verkleinerung von Hippocampusvolumina einhergehen.
Eine immer noch nicht geklärte Frage stellt das Problem der Fehleinschätzung der
Schlafqualität und Schlafdauer durch Patienten mit primärer Insomnie dar. So
konnten viele Untersuchungen im Schlaflabor zeigen, das bei primären Insomnien
eine Verkürzung der Schlafzeit um 30 bis 60 Minuten vorliegt, hingegen subjektiv
viele Patienten davon ausgehen, zwei bis drei Stunden weniger als der
Durchschnitt zu schlafen. Möglicherweise hängt diese Fehlwahrnehmung auch mit
veränderten nächtlichen Gedächt-nisprozessen zusammen.
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Hinsichtlich der therapeutischen Beeinflussung haben sich neben
verschiedensten pharmakologischen Interventionsmöglichkeiten auch
kognitiv-verhaltenstherapeuti-sche Techniken bewährt, die sich insbesondere
durch die Nachhaltigkeit ihres Therapieeffektes auszeichnen. Bemerkenswert an
der primären Insomnie scheint auch, dass viele Untersuchungen aus den letzten
Jahren zeigen konnten, dass insomnische Symptome sowohl ein frühes Symptom
als auch einen Risikofaktor für spätere affektive Erkrankungen, insbesondere
Depressionen, darstellen können. Dies unterstreicht die Bedeutung des
Krankheitsbildes primäre Insomnie und weist darauf hin, dass entsprechende
Beschwerden auch initial sehr ernst genommen und adäquat behandelt werden
sollten.
Prof. Dr. rer. soc. Dipl.-Psych. Dieter Riemann
Leiter der Sektion für Klinische Psychologie und
Psychophysiologie/Schlafmedizin, Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik,
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstraße 5
79104 Freiburg
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Quelle: Satelliten-Symposium der Firma Lundbeck zum Thema „Primäre
Schlafstörung: Eine unterschätzte Gefahr?“ am 14.11.2009 in Leipzig anlässlich
der 17. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und
Schlafmedizin (Gianni Public Relations).
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