Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ärztlicher

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Universitätsklinikum Ulm
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Horst Kächele
Einstellung von Psychotherapeuten zu Therapieleitlinien und manualisierter
Therapie bei Anorexia nervosa und Bulimia nervosa
Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der
Medizinischen Fakultät der Universität Ulm
Vorgelegt von Philipp Lang aus Füssen
2009
II
Amtierender Dekan: Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin
Erster Berichterstatter: Prof. Dr. Jörn von Wietersheim
Zweiter Berichterstatter: PD G. Müller
Tag der Promotion: 21.01.2010
III
Meinen lieben Eltern
IV
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
VI
1.
1
Einleitung, Grundlagen
1.1.
1.1.1.
1.1.2.
1.2.
1.3.
1.4.
1.5.
1.6.
1.6.1.
1.6.2.
1.6.3.
1.7.
1.7.1.
1.7.2.
1.7.3.
1.7.4.
1.8.
Krankheitsbild Anorexia nervosa/ Bulimia nervosa
Beschreibung des Störungsbildes Anorexia nervosa
Beschreibung des Störungsbildes Bulimia nervosa
Epidemiologie
Komorbiditäten
Ätiologie
Verlauf und Prognose
Therapieformen zur Behandlung von Essstörungen
Therapieverfahren zur Behandlung
körperlicher Symptome
Medikamentöse Therapie
Psychotherapie
Evidenz-basierte Medizin, Therapieforschung,
Manuale und Leitlinien
Evidenz-basierte Medizin
Therapieforschung
Manualisierte Therapieformen
Leitlinien in der Psychotherapie
Fragestellungen und Hypothesen
2. Methodik
2.1.
2.2.
2.2.1.
2.2.2.
2.3.
2.4.
2.5.
14
14
15
20
20
22
23
24
27
29
Studienpopulation
Ein- und Ausschlusskriterien
Einschlusskriterien
Ausschlusskriterien
Studienablauf
Statistische Verfahren
Rücklauf
3. Ergebnisse
3.1.
3.2.
3.3.
3.4.
3.5.
3
3
4
5
7
9
11
14
Studium
Therapeutischer Ansatz
Erfahrung mit essgestörten Patientinnen
Therapiedauer bei Anorexia nervosa und Bulimia nervosa
Therapeutische Vorgehensweise
29
29
29
29
30
34
34
35
35
35
36
38
42
V
Inhaltsverzeichnis
3.6.
3.7.
3.8.
3.9.
3.10.
3.11.
3.12.
3.13.
3.14.
3.15.
Kenntnis von Therapiemanualen
Verwendung von Therapiemanualen
Orientierung an Leitlinien zu Anorexia nervosa und
Bulimia nervosa
Bereitschaft mit Therapiemanualen zu arbeiten
Kriterien die ein Manual erfüllen sollte
Verwendung von Manualen
Schwächen von Manualen
Stärken von Manualen
Warum nicht nutzen
Welche Fragen sollen Therapieleitlinien beantworten
4. Diskussion
4.1.
4.1.1.
4.1.2.
4.2.
4.3.
4.3.1.
4.3.2.
4.3.3.
4.3.4.
4.4.
Diskussion der Methodik
Anschreiben
Fragebogen
Diskussion der Stichprobe
Diskussion der Fragestellungen
Diskussion der Behandlungsdauer
Diskussion manualisierte Therapieformen
Diskussion Therapieforschung, Leitlinientherapie
und evidenz-basierte Medizin
Richtlinienverfahren und Leitlinien
Schlussfolgerungen
43
46
49
51
51
53
53
54
55
56
58
58
58
58
59
60
60
63
64
68
71
5. Zusammenfassung
72
6. Literaturverzeichnis
74
7. Anhang
93
8. Danksagung
99
VI
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
AHCRP
Agency for Health-Care Research and Policy
AN
Anorexia nervosa
APA
American Psychiatric Association
AWMF
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Medizinischen Fachgesellschaften
BÄK
Bundesärztekammer
BN
Bulimia nervosa
Bvvpsw
Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten Süd
Württemberg
CBT
Cognitive behavioral therapy
Cochrane
Cochrane Collaboration
DGKJP
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und
Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
DGP
Deutsche Gesellschaft für Psychologie
DGPM
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin
und Psychotherapie
DGPPN
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie,
Psychotherapie und Nervenheilkunde
DKV
Deutsche Krankenversichrung
DSM III
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
3. Edition
DSM III R
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
3. Edition Revised
DSM IV
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
4. Edition
ICD- 10
International Classification of Disease, 10. Revision
VII
Abkürzungsverzeichnis
EST
Empirically Validated/Supported Treatment
IGeL
Individuelle Gesundheits-Eigenleistungen
IPT
Interpersonal Psychotherapy
KBV
Kassenärztliche Bundesvereinigung
KV
Kassenärztliche Vereinigung
KVBW
Kassenärztliche Vereinigung Baden Württemberg
NICE
National Institute fort he Clinical Excellence
OPD
Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
PD
Psychodynamisch
RCT
Randomized Controlled Trial
SD
Standardabweichung
SPSS
Statistical Package for the Social Sciences
SSRI
Selective Serotonin Reuptake Inhibitor
TRANS-OP
Transparenz und Ergebnisorientierung zur
Optimierung der psychotherapeutischen Versorgung
VT
Verhaltenstherapie
ZUMA
Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen
Einleitung
1
1. Einleitung, Grundlagen
Aktuelle Ergebnisse epidemiologischer Studien zeigen, dass immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene an Essstörungen leiden und gleichzeitig das
Eintrittsalter in die Erkrankung sinkt (Brunner 2006).
Essstörungen, wie die Anorexia nervosa und die Bulimia nervosa, sind psychosomatische Erkrankungen vorwiegend junger Frauen und Mädchen, die häufig
vorkommen und bis heute Therapeuten vor vielfältige Behandlungsschwierigkeiten stellen. Vor allem die Anorexia nervosa war bisher häufig behandlungsresistent und hat oft eine schlechte Prognose. So endet einer von zehn AnorexieFällen mit dem Tod (Fichter u. Quadflieg et al. 2006) durch Verhungern, Selbstmord oder medizinischen Komplikationen wie Herzinfarkt oder Nierenversagen
(APA 1998). Der klinische Verlauf dieser Erkrankungen hängt letztlich auch mit
der hohen Inzidenz psychiatrischer und somatischer Komorbiditäten zusammen.
Spontanremissionen sind bei diesen Erkrankungen eher selten und somatische
Therapieverfahren bringen langfristig keine wesentliche Verbesserung der Symptomatik oder Änderung des Essverhaltens. So scheint die Psychotherapie die
effektivste Therapieform zu sein (Csef 1997). In Studien wurde bisher die kognitive Verhaltenstherapie, die interpersonelle Psychotherapie und die psychodynamische Psychotherapie als wirksame therapeutische Verfahren zur Behandlung der Bulimie (Fairburn et al. 1986, 1993, 1995; Garner et al. 1993) und zur
Behandlung der Anorexie nachgewiesen (Dare et al. 2001).
Die in klinischen Studien am stärksten beforschte Therapieform in der psychotherapeutischen Behandlung der Bulimia nervosa war in den vergangenen Jahren die kognitive Verhaltenstherapie, die in den USA bei der Behandlung der
Bulimie als Therapieform der Wahl gilt (Wilson 2007). Zur Überprüfung der Wirksamkeit von Therapieverfahren gilt es als notwendig diese Therapieverfahren zu
manualisieren. Manualisierte Therapieformen werden in (RCT – Randomized
Einleitung
2
Contolled Trial) kontrollierten klinischen Studien wissenschaftlich beforscht und
bieten die Grundlage zur Erstellung von Therapieleitlinien. Die leitliniengerechte, manualisierte kognitive Verhaltenstherapie erscheint derzeit die effektivste
Behandlung der Bulimia nervosa zu sein.
In England werden Leitlinien vom NICE, dem „National Institute for Health and
Clinical Excellence“ herausgegeben. In Deutschland wird seit 1995 in vielen medizinischen Bereichen, die Entwicklung von Leitlinien von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften) koordiniert und veröffentlicht.
Um die Kosten für Behandlungen, auch von psychosomatischen Störungen zu
kontrollieren, sind für die Kostenträger besonders solche Therapieverfahren interessant, die aufgrund wissenschaftlicher Überprüfung eine nachweisliche
Wirksamkeit zur Heilung oder Verbesserung der Symptome einer Erkrankung
haben (Evidenzbasierte Medizin). Die Wirksamkeit einer Therapie wird vor allem
in randomisierten, klinischen Studien (RCT) nachgewiesen.
Dennoch wird in einigen Studien berichtet, dass die Verwendung solcher empirisch gestützter Therapieformen in der Praxis nicht unproblematisch (ThompsonBrenner u. Westen 2005) und die Effizienz der manualisierten Therapieform beschränkt ist. So erleiden zwei Drittel der ambulant mit kognitiver Verhaltenstherapie behandelten Bulimie-Patientinnen nach Therapieende einem Rückfall oder
brechen zuvor die Therapie ab (Thompson-Brenner 2005).
Einige Therapeuten bemängeln, dass diese auf Manualen basierenden Therapieleitlinien in vielen Bereichen und in vielerlei Hinsicht von der psychotherapeutischen Versorgungswirklichkeit abweichen (Seligman 1995; Roth u. Parry
1997; Beutler 1998; Henry 1998; Westen et al. 2004).
Strategien zur Verbesserung der derzeit in den USA und Großbritannien verwendeten manualisierten kognitiven Verhaltenstherapie werden diskutiert. Dies be-
Einleitung
3
inhaltet die Behandlung mit kognitiver Verhaltenstherapie in Verbindung mit
antidepressiver Medikation und eine Eweiterung des Umfangs und der Flexibilität der manualisierten kognitiven Verhaltenstherapie (Wilson 2005).
Seit längerem wird das Thema der evidenzbasierten Medizin, deren Entwicklung, sowie die Nutzung von Psychotherapieleitlinien und ihrer Praxisrelevanz
auch in Deutschland kontrovers diskutiert und hinterfragt (vgl Psychotherapeut
Ausgabe 6 2008).
Aus der Befürchtung heraus, leitlinienorientierte Therapien könnten wie in Großbritannien auch in Deutschland von den Kostenträgern zur Bedingung gemacht
werden, beschlossen die Teilnehmer des Symposiums „das Unbehagen in der
Psychotherapie-Kultur“ im März 2006 die „Bonner Erklärung“. Hierin sprechen
die Autoren Ihre Sorge darüber aus, dass nach Leitlinien behandelte Patientinnen auf ihre Symptome reduziert werden. Es sollte, so die Meinung der Autoren,
im Gegenteil eine „umfassende Orientierung an der Begleitung von Menschen
zur Vorbeugung, Heilung und Rehabilitation psychischer Erkrankungen“ erfolgen (Kächele 2006; Helle 2006). Auch befürchten die Therapeuten durch Vorgaben, wie zum Beispiel Leitlinien, in ihren Therapiemöglichkeiten eingeschränkt
zu werden, was unter anderem auch finanzielle Auswirkungen hätte.
1.1. Krankheitsbild Anorexia nervosa/ Bulimia nervosa
1.1.1. Beschreibung des Störungsbildes Anorexia nervosa (ICD-10 F50.0)
Obwohl die Magersucht schon seit langer Zeit bekannt ist, wurde die Anorexie
nervosa erst 1972 mit zuverlässigen Kriterien zur Diagnostik durch Feighner et
al. beschrieben.
Bei dieser psychosomatischen Erkrankung handelt es sich um eine Form der
Essstörung, die sich durch ein restriktives Essverhalten, willentliches Fasten und
Hungern sowie einen erheblichen Gewichtsverlust bei den Patientinnen auszeichnet. Verstärkt wird der Gewichtsverlust häufig durch Missbrauch von Abführmitteln und Diuretika sowie exzessives Ausdauertraining und in vielen Fäl-
Grundlagen
4
len selbstinduziertes Erbrechen. Es kommt zu einem teilweise massiven Untergewicht. Trotz Abmagerungen empfinden die Patientinnen große Angst dick zu
werden. Anorektische Patientinnen erleben ihren oft kachektischen Körper als
zu fett. Diese Missempfindung hält die Symptomatik aufrecht und kann zu körperlichen Mangel-zuständen und Unterernährung führen. Besonders Bauch,
Hüften und Oberschenkel werden von Patientinnen verzerrt wahrgenommen
(Herzog 2004).
Bei der Anorexia nervosa handelt es sich ausserdem um eine Erkrankung mit
hoher Morbidität und signifikanter Mortalität. Diese Erkrankung betrifft vor allem
junge Frauen mit steigender Inzidenz (Hay 2007). Häufig findet man bei Patientinnen mit Anorexie auch ein herabgesetztes Selbstwertgefühl oder eine narzistische Störung.
Die Anorexia nervosa unterscheidet sich merklich von anderen psychogenen
Essstörungen (Herzog 2006). Das Zusammenspiel von Persönlichkeit und Symptomatik ist noch nicht ausreichend beforscht (Swift u. Wonderlich 1994), dennoch ist bekannt, dass die Persönlichkeit bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Essstörungen zwar eine wichtige Rolle zu spielen scheint, aber nicht
als monokausale Ursache für die Ätiologie gesehen werden kann. Vielmehr geht
man heute von multikausalen Modellen aus, zum Beispiel dem Biopsychosozialen Modell (siehe Abb. 2, Seite 10). Dieses Modell erklärt die Entstehung von
Anorexie auf Basis dreier Faktoren, der Biologie, der Psyche und soziokultureller
Ereignisse.
1.1.2. Beschreibung des Störungsbildes Bulimia nervosa (ICD-10 F50.2)
Die Bulimia nervosa wurde erstmals 1979 in der Fachliteratur von Russell als eigenständiges Krankheitsbild beschrieben und ein Jahr später in das DSM-III aufgenommen. Diese Erkrankung ist gekennzeichnet durch Episoden von Fressanfällen („binge-eating“). Das Krankheitsbild wird meist bei jungen Frauen entdeckt, jedoch liegt das Erkrankungsalter meist höher als das von Anorektikerinnen. Die Patientinnen klagen über ein Gefühl von Kontrollverlust während ihrer
Grundlagen
5
Essattacken. Die Häufigkeit und Dauer der Essanfälle schwanken. Die Hälfte der
Bulimiekranken geben jedoch an, täglich eine solche Essattacke zu haben (Davis et al. 1988). Während dieser Essanfälle, die meist versteckt stattfinden,
nehmen die Bulimiker vor allem hochkalorische Lebensmittel zu sich. Als kompensatorisches Verhalten, vor allem aus Furcht vor Gewichtszunahme, kommt es
zu selbstinduziertem Erbrechen, Laxantienmissbrauch, Fasten und exzessivem
Ausdauertraining. Beim Erbrechen geben viele der Patientinnen ein Gefühl der
Erleichterung an, wohingegen nach den Ess-Brechattacken Schuldgefühle und
Hoffnungslosigkeit die Patientinnen beherrschen. Der Krankheitsverlauf der Bulimie tendiert zur Chronifizierung (Fairburn et al. 2000). Bei etwa 32% der Bulimikerinnen hält die Erkrankung über 10 Jahre an (Paul et al. 1987). Jacobi et al.
(2008) gehen bei 40% der Bulimikerinnen von einem chronischen oder intermittierenden Verlauf aus.
Anorexie und Bulimia nervosa haben bezüglich ihrer Psychopathologie und Psychodynamik große Gemeinsamkeiten und können deshalb auch im Krankheitsverlauf ineinander übergehen (Fichter 1991 a), dennoch liegen auch grundlegende Unterschiede zwischen den Erkrankungen vor. Während bei Patientinnen
mit Anorexie verstärkt ein Kontrollzwang vorliegt, findet man bei Patientinnen
mit Bulimie häufig eine verminderte Impulskontrolle. Die Therapiebereitschaft ist
ein weiteres Merkmal, in dem sich die Erkrankungen maßgeblich unterscheiden,
während bei Patientinnen mit Anorexie ein eher geringer Leidensdruck und eine
niedrige Therapiemotivation erkennbar sind, findet sich bei Patientinnen mit Bulimie ein sehr viel höherer Leidensdruck sowie eine vergleichbar größere Therapiebereitschaft.
1.2. Epidemiologie
Laut einer Untersuchung des Deutschen Institutes für Ernährungsmedizin kann
davon ausgegangen werden, dass in Deutschland etwa 100.000 Menschen an
Grundlagen
6
Anorexie leiden und etwa 600.000 an Bulimie erkrankt sind. Eine genaue Angabe der Inzidenz wird durch die Tatsache erschwert, dass die Betroffenen versuchen die Erkrankung zu verheimlichen und häufig keine Einsicht in eine therapeutische Behandlung haben.
Man geht heute bei Bulimikern immer noch von einem Verhältnis zwischen 10:1
und 20:1 von weiblicher zu männlicher Erkrankter aus, das liegt (Mehler 2003;
Woodside 2001). Auch wenn vermutet wird, dass die Dunkelziffer der männlichen Betroffenen durchaus höher liegen könnte. Der Eintritt in die Bulimie beginnt meist während der Pubertät mit einem Erkrankungsgipfel um das 18. Lebensjahr (Lewisohnu 2000) und hat eine Lebenszeitprävalenz von 3% (Kreipe
2000).
Die Lebenszeitprävalenz für Frauen an einer Anorexie zu erkranken liegt zwischen 0,3 und 1%. Männer haben ein zehnfach niedrigeres Erkrankungsrisiko für
eine Anorexie (Sullivan 1995). Laut einer Untersuchung von Hoek und van Hoeken (2003) in der Studien zu Inzidenzen und Prävalenzen von Bulimie miteinander verglichen werden, zeigen sich eine Prävalenz von 1% für Frauen und 0,1%
für Männer.
Die Neuerkrankungsrate für eine Bulimie liegt laut dieser Untersuchung bei 12
Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr (Herpertz 2008).
Die Prävalenzrate für eine Anorexie liegt laut Herpertz (2008) in der Altersgruppe zwischen 14 und 18 Jährigen zwischen 0,3-1%. Die Inzidenz für eine Anorexie
ist in dieser Altersgruppe am höchsten und liegt zwischen 50-70 pro 100.000
Einwohner.
Eine sehr hohe Inzidenz für Anorexia nervosa beschreiben Keski-Rahkonen
(2007). Die Inzidenz in dieser, aus einem Zwillingsregister bestehenden Untersuchungsgruppe liegt bei 270 pro 100.000 Einwohner. Es wird vermutet, dass
Grundlagen
7
dieser hohe Wert mit Individuationsproblemen von eineiigen Zwillingen zusammen hängt.
1.3. Komorbiditäten
Anorexia nervosa und Bulimia nervosa gehören zwar beide zu den Essstörungen, sie unterscheiden sich aber in vielerlei Hinsicht. Dennoch haben sie die
Gemeinsamkeit sowohl somatische als auch psychiatrische Komorbiditäten aufzuweisen (Fichter 1991b). Dabei ist nicht geklärt, ob das Vorhandensein einer
Essstörung die Vulnerabilität für eine komorbide psychische oder psychiatrische
Erkrankung darstellt, oder ob eine bereits bestehende psychische Erkrankung
das Risiko erhöht an einer Essstörung zu erkranken.
Jugendliche Anorektikerinnen tendieren zu introvertiertem Verhalten, dabei berichten einige Patientinnen über eine Aufhellung ihrer häufig depressiven Stimmungslage zu Beginn der Erkrankung.
Interessanterweise erfüllen ein Drittel aller erwachsenen Deutschen im Laufe
eines Jahres die Kriterien zur Diagnose einer psychischen Störung (Wittchen u.
Jacobi 2001). Bemerkenswert ist darüber hinaus die hohe Komorbidität: 48% der
Betroffenen leiden nämlich unter mehr als einer psychischen Störung. Depressive Störungen stellen dabei die häufigste (Punktprävalenz 4-13%) psychische
Erkrankung dar (Schulz 2006)
Zu den häufigsten Komorbiditäten von Essstörungen zählen Angststörungen,
affektive Störungen und Substanzmissbrauch (Braun et al. 1994; Herzog et al.
1996).
In einer Studie (Godart et al. 2002) mit 271 Patientinnen mit Essstörung wurde
nachgewiesen, dass 71% der Patientinnen mindestens einmal im Leben an einer Angststörung erkrankten. In einer Vergleichsstudie lag das Lebenszeitrisiko
von Essstörungs-Patientinnen niedriger, nämlich bei 64% (Kaye et al. 2004).
In einer groß angelegten Untersuchung stationär behandelter Patientinnen mit
Grundlagen
8
Essstörungen wurde bei 94% der Patientinnen eine komorbide affektive Störung
diagnostiziert, 56% der Patientinnen entwickelten neben der Essstörung eine
zusätzliche Angststörung (Blinder et al. 2006).
In Studien mit ambulant behandelten Patientinnen wurde bei Bulimikerinnen
eine höhere Komorbidität bezüglich generalisierter Angst- und Panikstörungen
sowie sozialer Phobien gefunden als bei Anorektikerinnen (Wonderlich et al.
1997; Bulik et al. 2002).
Die Komorbiditätsraten bei essgestörten Patientinnen differierten auch für die
Ausprägung sozialer Phobien; die Werte lagen bei der Untersuchung zwischen
15% und 59%. Für das Risiko an einer Zwangsstörung zu erkranken lagen sie
zwischen 0% und 41%. Anorektikerinnen haben laut Forschung ein 45,6% Risiko
an einer generalisierten Angststörung zu erkranken, bei Bulimikerinnen liegt das
Risiko laut dieser Studie demnach bei 31,4%. Die Gefahr einer Komorbidität mit
Agoraphobie lag zwischen 0% und 17%, für eine Panikstörung zwischen 0% und
15%, für eine spezifische Phobie zwischen 10% und 37% und für eine posttraumatische Belastungsstörung zwischen 3% und 30% (Godart et al. 2002).
Aus den vorliegenden Untersuchungen (Thompson-Brenner 2005) lässt sich
vermuten, dass Komorbiditäten in Form psychischer Störungen sowohl die
Schwere einer Essstörung sowie deren Therapieverlauf im negativen Sinn beeinflussen und die Therapieresistenz erhöhen (Blinder et al., 1988; Bulik et al.,
2002). Patientinnen mit Essstörungen die eine Begleiterkrankung aufweisen,
benötigen deshalb eine zusätzliche erweiterte Behandlung (Herzog et al. 1996).
Das Auftreten von komorbiden Störungsbildern bei Essgestörten wird in der Literatur als Ausdruck eines „nicht aufgeben wollens des gestörten Essverhaltens“,
und somit Aufrechterhaltung der Essstörung in Verbindung gebracht (Blocks et
al. 2004; Westen u. Harnden-Fischer 2001).
Grundlagen
9
Neben den psychiatrischen Komorbiditäten manifestieren sich gerade bei jungen Anorektikerinnen auch somatische Folgen, wie vermindertes Längenwachstum und Osteoporose als Ausdruck einer Mangelernährung.
1.4. Ätiologie
Seit Beginn der Forschung zu Essstörungen wurde immer wieder auch nach somatischen Ursachen gesucht. Zwillingsstudien zeigten bei zweieiigen Zwillingen
eine Konkordanz bei Anorexie von lediglich 5% im Vergleich zu 50% bei eineiigen Zwillingen (Schepank 1991). Die Erblichkeit lag in den Studien von Wade et
al (2000) sogar zwischen 33% und 84%. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei Untersuchungen der Bulimie (Bulik 2000). Dennnoch gibt es bis heute keine genetischen Marker, die beweisend für eine Essstörung sind.
Für die Ätiologie und Pathogenese von Essstörungen gibt es kein einheitliches
Modell, das sich mit gesicherten Daten belegen lässt. Deshalb geht man heute
von einer multifaktoriellen Genese (biologisch, soziokulturell, familiär, individuell, kognitiv) der Erkrankungen aus, die durch Konflikte auf verschiedenen Ebenen (Ideale, Identität, Werte) gefördert wird. Abbildung 1 zeigt die Faktoren, die
nach dem Modell von Legebauer und Vocks für die Entstehung einer Bulimie
verantwortlich gemacht werden; die Kräfte, die die Erkrankung bei Patientinnen
aufrecht erhalten, sowie deren Interaktionen mit den Kernsymptomen.
10
Grundlagen
Abbildung 1 Multifaktorielles Modell der Bulimie (nach Legenbauer & Vocks
2006, S. 30; modifiziert nach Fairburn et al. 2003, S. 516)
Zu den auslösenden Faktoren für eine Essstörung zählen sogenannte „life
events“, also kritische Lebensereignisse. Neben den ursächlichen und den auslösenden Faktoren spielen Faktoren zur Aufrechterhaltung der Erkrankung und
Risikofaktoren eine entscheidende Rolle in der Ätiologie der Essstörungen sowie
für die Schwere und Dauer des Verlaufs. Thiels (2004) erkannte bei essgestörten Patientinnen verstärkt eine gesteigerte Erwartungshaltung der Eltern und
eine niedrige Selbstbeurteilung als spezifische Risikofaktoren.
Zu den prädisponierenden Faktoren zählt auch der Druck auf junge Frauen
durch ein Schlankheitsideal in der Gesellschaft (Fairburn 2003).
Abbildung 2 zeigt die prädisponierenden Faktoren, die zur Entwicklung einer
Anorexie führen sowie die den Krankheitsverlauf bestimmenden Einflüsse.
11
Grundlagen
Abbildung 2 Biopsychosoziales Modell der Anorexia nervosa (nach H. Csef, Psychotherapeut 42: 1997, S. 383)
1.5. Verlauf und Prognose
Es ist schwierig, die Ergebnisse aus Studien zu Verlauf und Prognose von Essstörungen miteinander zu vergleichen. Die Gründe hierfür liegen in der Inkonsistenz der über die Zeit veränderten diagnostischen Kriterien (DSM III vs. DSM IIIR
vs. DSM IV), der unterschiedlichen Dauer der Verlaufsbeobachtung sowie dem
Mangel an Kriterien zur Bestimmung der Qualität eines Behandlungsergebnisses.
Orientiert man sich an somatischen Variablen wie z. B. Körpergewicht, Menstruationsstatus und Symptomen wie Erbrechen, Laxantienmissbrauch und bulimi-
Grundlagen
12
schem Essverhalten, so lässt sich bei psychotherapeutisch behandelten Patientinnen in 70% bis 80% der Fälle ein gutes Langzeitergebnis feststellen (Herzog
et al. 1996).
Der Verlauf der Erkrankung und Therapieerfolg werden durch die wesentliche
Komplexität der Erkrankung erschwert (Pike 1998). Zu den prognostisch ungünstigen Faktoren zählen Komorbiditäten sowie eine ausgeprägte Symptomatik
und eine familiäre Vorbelastung. In einer 10-Jahres-Katamnese lag die Rückfallquote bei Anorexie Patientinnen im ersten Jahr nach der Behandlung bei 42%
(Eckert 1995).
Eine Studie von Steinhausen (2002) zeigte, dass unter Jugendlichen Anorektikerinnen sich etwa 50% bis 70% komplett erholten, bei 20% verbesserte sich die
Symptomatik und 10%-20% entwickelten eine chronische Form der Anorexie.
In der Literatur gibt es bezüglich der Langzeit-Therapie und der Prognose bei
Bulimie nur wenig Aussagen und nur eingeschränkt Ergebnisse (APA 2005). Zu
den prognostisch günstigen Faktoren rechnet man intakte familiäre Strukturen
und Beziehungen sowie einen hohen sozialen Status, einen frühen Erkrankungsbeginn, eine frühe Diagnose der Erkrankung und die Therapieeinsicht
(Herzog et al. 1996). Nach fünf bis zehn Jahren sind etwa 50% der Patientinnen
in Remission, 30% in Teilremission und etwa 20% zeigen einen chronischen
Krankheitsverlauf auf (Zeeck 2006).
Dennoch ist bekannt, dass eine frühe Diagnose und Behandlung eine entscheidende Rolle in der Verlaufsprognose der Essstörungen spielt (Bjornelv 2004). In
der Abbildung 3 ist dargestellt welche Faktoren eine direkte bzw. indirekte Wirkung in einer psychotherapeutischen Behandlung auf den Patienten haben.
13
Grundlagen
Abbildung 3 Prozentualer Anteil der Ergebnisvarianz in der Psychotherapie als
Funktion unterschiedlicher Wirkfaktoren. (Nach Lambert u. Barley
2002; Wampold 2001; Lambert u. Olges 2004).
Abbildung 4 zeigt die in der TRANS-OP Studie untersuchten Besserungsraten
von ambulanten Psychotherapien in Abhängigkeit vom gewählten Verfahren.
Abbildung 4 Besserungsraten der Beschwerden während einer ambulanten
Psychotherapie, in Abhängigkeit vom angewandten Verfahren.
TRANS OP Studie nach Kordy et al. (2003)
Grundlagen
14
1.6. Therapieformen zur Behandlung von Essstörungen
Zur Behandlung von Patientinnen mit Essstörungen stehen unterschiedliche
Therapiekonzepte zur Verfügung. Abhängig von der Ätiologie der Erkrankung
sowie der Verlaufsdynamik und Komorbiditäten werden zur Behandlung von
essgestörten Patientinnen vorwiegend folgende Therapieansätze genutzt.
1. Therapieverfahren zur Behandlung körperlicher Symptome
2. Medikamentöse Therapie
3. Behandlung von Körperbildstörungen
4. Psychotherapie
Diese können einzeln oder auch in Kombination zum Einsatz kommen.
„Essstörungen sind Erkrankungen sowohl von Körper und Psyche. Eine früh einsetzende Behandlung fokussiert insbesondere auf den Ernährungszustand und
die somatische Gesundheit. (Ebeling 2003)“
1.6.1. Therapieverfahren zur Behandlung körperlicher Symptome
Die somatische Therapie stellt die internistische Therapiekomponente zur Behandlung einer Essstörung dar, zum Beispiel den Ausgleich einer Elektrolytstörung, die durch häufiges Erbrechen hervorgerufen werden kann. Diese Behandlungsform steht vor allem in lebensbedrohlichen Situationen bei Essstörungen
im Vordergrund, zur Substitutionstherapie und Kompensation bei Mangelzuständen (Fichter u. Goebel 1991, Herzog et al. 1996).
1.6.2. Medikamentöse Therapie
Vor allem psychische Begleiterkrankungen, insbesondere Angststörungen und
Depressionen stellen die Indikation für eine medikamentöse Therapie dar
(Zwaan 1996). In diesem Zusammenhang wurden Antidepressiva erstmals bei
bulimischen Patientinnen eingesetzt, bei denen Komorbiditäten in Form von affektiven Störungen auftraten. Man ging davon aus, dass eine Stimmmungsstabilisierung es den Patientinnen ermöglichen könnte, ihr Essverhalten besser zu
kontrollieren. Die Forschung hat gezeigt, dass diese Medikamente eine antibu-
Grundlagen
15
limische Wirkung haben und zwar unabhängig davon, ob die bulimische Patientin eine komorbide Depression aufweist. Laut aktueller Studienlage erscheinen
unter den Antidepressiva vor allem die SSRIs und hierunter insbesonders Fluoxetin als Medikament der Wahl (NICE 2004)
Bei adoleszenten Anorexie-Patientinnen hat sich jedoch gezeigt, dass weder
SSRI noch die Gabe von Antipsychotika eine signifikante Verbesserung der Symptomatik bringt. Nur die Verabreichung von atypischen Antipsychotika wie Olanzapin, Risperidon und Quetiapin zeigt bei einigen Patientinnen einen positiven
Effekt (Brambilla 2007). Die britischen NICE Guidelines, die auf aktuellen Studienergebnissen basieren, sehen den Einsatz von pharmakologischen Behandlungskonzepten bei Anorexia nervosa kritisch. Von alleiniger Pharmakotherapie
bei Anorexie wird komplett abgeraten.
1.6.3. Psychotherapie
Durch Psychotherapie zeigt sich bei 30-50% der Bulimie-Erkrankten nach 6-12
Monaten eine Remission. Dennoch wird eine echte Verbesserung der Symptomatik erst mit einer langandauernden Therapie erziehlt. So wird eine stabile
Symptombesserung bei Bulimikerinnen erst nach 5-6 Jahren erreicht.
Bei vielen Patientinnen findet man auch nach Beendigung der Therapie ein essgestörtes Verhalten. Die Rückfallquoten in eine Bulimie sinken mit der Zeit. So
erleiden nur noch 20% 6-9 Jahre nach Beendigung der Therapie einen Rückfall
in die Bulimie. Nach 12 Jahren sinkt die Zahl auf 10-15% (Herpertz 2008).
Auch frühere Studien belegen die Effektivität insbesonders der kognitiven Verhaltenstherapie (Garfinkel u. Garner 1982, 1987).
Die Psychotherapie von Essstörungen findet in den USA und Großbritannien vorwiegend im ambulanten und halbstationären Setting statt (Hay 2007). Nur in
schweren Fällen, bei Selbstgefährdung durch Abmagerung unter das kritische
Gewicht und Persönlichkeitsstörungen, werden Patientinnen auch stationär be-
Grundlagen
16
handelt. Diese Arbeit beschränkt sich auf die ambulante Behandlung von Essstörungen.
In der psychotherapeutischen Behandlung von Essstörungen kommen vorwiegend folgende Ansätze zum Einsatz.
1. Kognitive Verhaltenstherapie
2. Psychodynamische Therapieansätze
3. Gruppentherapien
4. Familientherapeutische Verfahren
1.6.3.1. Die kognitive Verhaltenstherapie
Eine Vielzahl an theoretischen Modellen versucht Essstörungen in Ihrer Entstehung zu erklären. Jedoch sind diese nicht einheitlich und keines kann empirisch
die Pathogenese oder das Aufrechterhalten der Essstörungen belegen. Das verhaltenstherapeutische Konzept geht von einem multifaktoriellen Modell aus
(Siehe Abbildungen 1 und 2). Für die Behandlung von Essstörungen, insbesondere der Bulimia nervosa hat sich die kognitive Verhaltenstherapie durch die
vergleichbar besseren kurzfristigen Erfolge bewährt (APA, 2006). Diese gilt ausserdem als die am besten beforschte Therapieform zur Behandlung von Essstörungen. Das von Fairburn (1985) entwickelte kognitiv-verhaltenstherapeutische Vorgehen gilt heute als Grundlage sämtlicher in Studien durchgeführter
Therapien und wird durch Forschungsergebnisse in Ihrer Form weiterentwickelt
(Fairburn et al. 1993, Fairburn et al. 2003. Die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie ist wissenschaftlich belegt und wird in einer weiterentwickelten
Form in den Therapieleitlinien (NICE 2004; APA 2006) als Therapieform der Wahl
empfohlen. Neben den beschriebenen Leitlinen wurde die Wirksamkeit auch in
den Cochrane-Reviews beforscht. Zu den deutschsprachigen Manualen zur verhaltenstherapeutischen Behandlung von Essstörungen zählen Jacobi et al
(2008), Legenbauer und Vocks (2006).
Die Behandlung einer Essstörung nach verhaltenstherapeutischen Verfahren
beinhaltet folgende Punkte (Csef 1997; Fichter 1992):
Grundlagen
17
-
Selbstbeobachtung des Essverhaltens
-
Informationsvermittlung
-
Stimuluskontrolle
-
Aufbau von Alternativverhalten
-
Selbstsicherheitstraining
-
Erlernen von Problemlösungsstrategien
-
Exposition von „verbotenen Nahrungsmitteln“
-
kognitives Umstrukturieren, vor allem die Angst vor Gewichtszunahme
-
Rückfallprophylaxe
1.6.3.2. Psychodynamische Therapien
Zu den psychodynamischen Psychotherapien zählen die tiefenpsychologische
sowie die psychoanalytische Therapie. Der Begriff „tiefenpsychologische Therapie“ wurde von Theodor Winkler geprägt, setzte sich international jedoch nie
durch (Rüger 2002). Der Schwerpunkt der Behandlung nach psychodynamischem Therapieansatz liegt, anders als in der symptombezogenen Verhaltenstherapie, in der Bearbeitung der Symptomatik zugrunde liegenden Konflikte.
Fokus der Therapie sollte demnach ein unbewusster Konflikt, der basierend auf
der psychoanalytischen Neurosenlehre aus der Kindheit und frühen Jugend
stammt und durch Trigger wieder re-aktualisiert wird. Neben einer Verbesserung
auf der Symptomebene wird in der psychodynamischen Therapie stets auch eine Persönlichkeitsänderung angestrebt.
Da Essstörungen gehäuft im jungen Erwachsenenalter auftreten, kommt es verstärkt zu Interaktionen mit den auch in diesem Lebensabschnitt auftretenden
Autonomie-Abhängigkeits-Konflikten. Swift und Stern (1982) beschreiben dies
als Defizit in der Separation und Individuation, die das Resultat einer Störung
der Eltern-Kind-Interaktion darstellen und den psychodynamischen Kernkonflikt
bei einem Großteil Ihrer Patientinnen ausmacht.
18
Grundlagen
Sie unterscheiden in
1. Borderline Anorektikerin
2. Leere, unstrukturierte Anorektikerin
3. Emotional-konflikthafte, identitätsgestöret Anorektikerin
Auch Thomä (1961) erklärte, dass es hinsichtlich der Charakterstrukturen bei
Anorexia nervosa kein homogenes Bild gäbe.
Bei der psychodynamischen Behandlung von essgestörten Patientinnen gibt es
auch spezielle Behandlungsformen wie das Kurzpsychotherapie-Programm über
25 Wochenstunden von Herzog und Sandholz (1997), das auf die Behandlung
der Bulimie abzielt.
Grundlegend für psychodynamische Therapieformen ist der Aufbau einer stützenden therapeutischen Beziehung in Form eines emotional-resonanten Vorgehens. Folgende Ziele sollen bei Patientinnen mittels psychodynamischen Therapieansätzen erreicht werden.
1. Stabilisierung des Essverhaltens (auch in psychodynamisch basierten
Therapieformen werden gerade in den Therapie-Anfangsphasen verhaltensorientierende und psychoedukative Elemente in die Therapie
integriert (Benninghoven u. Liebeck 2001; Fairburn et al. 1993; Legenbauer u. Vocks 2006; Reich 2001a; Reich 2001b; Wise 1994).
2. Es soll ereicht werden, dass von der Patientin abgelehnte und abgewehrte
Selbstanteile
akzeptiert
werden,
um
somit
ein
zu-
sammenhängendes Beziehungserleben anzunehmen und als Teil ihres selbst anzuerkennen.
3. Die Verbindung zur ausgeprägten Symptomatik zu erkennen um letztendlich.
4. Das eigene Erleben der Patientin sowie das Essverhalten langfristig
zu verändern.
5. Behandlung intrapersoneller und interpersoneller Konflikte.
Grundlagen
19
Die strukturiert aufgebaute psychodynamische Therapie zur Behandlung von
Ess-Störungen beinhaltet 4 Schritte
1. Störungsorientierte Diagnosestellung und Beginn der Psychotherapie
2. Stabilisieren des Essverhaltens
3. Bearbeiten der psychodynamisch relevanten Faktoren
4. Abschließen der Therapie
1.6.3.3. Gruppentherapie
In Deutschland findet diese Form der Therapie fast ausschließlich im stationären
Setting statt und dort vielerorts als Schwerpunkt-Therapie (Verband Deutscher
Rentenversicherungsträger 2000). Da sich diese Arbeit ausschließlich mit Therapieformen niedergelassener Psychotherapeuten auseinandersetzt, wird in dieser Arbeit nicht näher auf Gruppentherapien eingegangen.
1.6.3.4. Familientherapie
Der zentrale Ansatz der Familientherapie ist der interpersonelle Konflikt der Patientin. Besonders bei der Anorexie geht man von einer Störung der Familienund Paarbeziehung als Mitauslöser der Erkrankung aus. Man brachte deshalb
schon früh diese Form der Essstörung mit familiärer Beziehung in Zusammenhang. Im Gegenzug haben Essstörungen einen wesentlichen Einfluss auf die
familiäre Beziehung sowie der zum Partner. Vor allem steht bei den Patientinnen ein Konflikt zu ihren Müttern im Vordergrund, aber auch der zu deren Vätern
und Geschwistern. So erscheint die Essstörung als Lösungsansatz zur Bewältigung eines interpersonellen Konfliktes. Die Entwicklung einer Essstörung wird in
der Familientherapie somit als Systemprozess betrachtet und dementsprechend
auch behandelt.
Das Ziel der Familientherapie besteht in einer Verbesserung des interpersonellen Konflikts. Faktoren, die für die Aufrechterhaltung einer Essstörung verantwortlich gemacht werden, wie Störungen der familiären Interaktion sollen minimiert werden. Damit soll die Essstörung als Lösungsansatz bestehender Konflik-
Grundlagen
20
te abgelöst werden. Dies soll somit zu einer Verbesserung der interpersonellen
Beziehung werden. Man unterscheidet verschiedene Formen der Familientherapien:
1. Psychodynamische Familientherapie
2. Strukturelle Familientherapie
3. Systemische Familientherapie
1.7. Evidenz-basierte Medizin, Therapieforschung, Manuale und Leitlinien
1.7.1 Evidenz-basierte Medizin
Der Begriff „evidence based medicine“ wurde Anfang der 90er Jahre in Großbritannien und den USA geprägt. In den USA werden diese EST, Empirically Validated /Supported Treatments auch als Behandlungsempfehlungen für unterschiedliche Störungsbilder definiert. Von der evidenz-basierten Medizin erwartet
man durch Anwenden des aktuellen, empirisch gestützen Wissens eine Verbesserung der Patientenversorgung mit möglichst gleichzeitiger finanzieller Einsparung seitens der Kostenträger.
Unter evidenz-basierter Medizin versteht man also die Behandlung eines Patienten gemäß der besten zur Verfügung stehenden externen Evidenz. Diese umfasst sämtliches objektives Fachwissen, das hierfür zur Verfügung steht. Abzugrenzen von der externen Evidenz versteht man unter dem Begriff der internen
Evidenz das individuelle, gelernte Wissen und Können, das ein Therapeut aus
Ausbildung und Berufserfahrung schöpft.
„Das Verfahren zur Definition evidenz-basierter therapeutischer Maßnahmen
umfasst die Suche der relevanten Literatur für ein konkretes klinisches Problem,
den Einsatz einfacher wissenschaftlich abgeleiteter Regeln zur kritischen Beurteilung der Validität der Studie und der Größe des beobachteten Effekts sowie
die Anwendung dieser Evidenz auf den konkreten Patienten mit Hilfe der klinischen Erfahrung“ (Fydrich 2007, S.57).
21
Grundlagen
In der Psychotherapie sowie in vielen anderen Bereichen der Medizin wird die
Forderung nach evidenz-basierten Verfahren seitens der Kostenträger immer
lauter um die Kosten im Gesundheitssystem zu reduzieren. Es „ ...gilt, die wissenschaftlichen Grundlagen für effiziente Therapien zu verbessern und so eine
rationale Grundlage für den Einsatz knapper Mittel zu schaffen“ (Kächele 1999,
S. 102).
In der Tabelle 1 werden die von der AWMF festgelegten Evidenzstufen und die
zur Erlangung nötigen Evidenztypen beschrieben.
Tabelle 1
Stufe
Ia
Evidenzklassen nach AWMF
Evidenztyp
Wenigstens ein systematischer Review auf Basis methodisch hochwertiger kontrollierter,
randomisierter Studien (RCTs) – A Evidenz
Ib
Wenigstens ein ausreichend großer, methodisch hochwertiger RCT
IIa
Wenigstens eine hochwertige Studie ohne Randomisierung – B Evidenz
IIb
Wenigstens eine hochwertige Studie eines anderen Typs quasiexperimenteller Studie
III
Mehr als eine methodisch hochwertige nichtexperimentelle Studie
IV
Meinungen und Überzeugungen von angesehenen Autoritäten (aus klinischer Erfahrung);
Expertenkommisionen; beschreibende Studien – C Evidenz
RCT: Randomized Controlled Trial (=randomisierte klinische Studie);
AWMF: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften
Einer der Väter der evidenz-basierten Medizin (Sackett) drückt es wie folgt aus:
„Evidenz-basierte Medizin ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige
Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für
Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten“ (Sackett, 1996, S.71).
Dennoch gibt Sackett zu bedenken: „Ohne klinische Erfahrung riskiert die ärztliche Praxis durch den bloßen Rückgriff auf die Evidenz, „tyrannisiert“ zu werden,
da selbst exzellente Forschungsergebnisse für den individuellen Patienten nicht
anwendbar oder unpassend sein können“ (Sackett 1996 S. 71, S.72).
Grundlagen
22
1.7.2. Therapieforschung
Die Aufgabe der Therapieforschung bei Essstörungen ist die Dokumentation des
Krankheitsbildes und die Verbesserung der therapeutischen Verfahren (Csef
1997). Bisher hatte man in der Therapieforschung bei Essgestörten versucht,
neben Studien zur Wirksamkeit, Prädiktoren zu erkennen, die den Therapieverlauf beeinflussen.
Die Wissenschaftlichkeit der Psychotherapie stützt sich auf zwei Fundamente.
1. Die Validität des therapeutischen Verfahrens erfasst die Gültigkeit der
Therapietheorie. Eine hohe Validität bedeutet, dass durch die Therapie
das beeinflusst wird was beeinflusst werden soll.
2. Die Effektivität bezieht sich auf die erwiesene Wirksamkeit der Therapie.
Sie spielt bei der Entwicklung evidenz-basierter Therapieverfahren eine
große Rolle (Buchkremer u. Klingberg 2001).
Im Bereich der Wirksamkeitsforschung wird unterschieden in „Efficacy“ und
„Effectiveness“. Analoge deutsche Begriffe existieren nicht.
Unter „Efficacy“ versteht man die Wirksamkeit unter kontrollierten Bedingungen. Seligmann (1995) beschreibt eine enge Beziehung zwischen der „Efficacy“
und randomisierten klinischen Studien (RCT’s-Randomized Controlled Trials), die
vor allem die internale Validität zum Ausdruck bringen. Es handelt sich bei den
RCT’s um standardisierte Verfahren, die als bestes Studiendesign gelten. Das
hat zur Folge, dass eine Randomisierung der Patienten in die Behandlungsgruppen sowie eine doppelte Verblindung (bei pharmakologischen Studien) zur
Bedingung werden. Das bedeutet, dass:
1. der Behandler selbst nicht die Zuordnung zu einer Studiengruppe kennt
und somit keinen Einfluss auf das Ergebnis hat.
2. eine gleichmäßige Verteilung der einflussnehmenden Faktoren vorliegt
um Störfaktoren zu minimieren. Deshalb ist es stets von Relevanz, dass
die zu untersuchende Gruppe groß genug ist.
23
Grundlagen
Die „Effectiveness“ beschreibt die Wirksamkeit eines Verfahrens unter klinischen Alltagsbedingungen. Die „Costeffectiveness“ (Kosteneffektivität) eines
Verfahrens, beschreibt das wirtschaftliche Minimalprinzip, also das Verfahren,
das bei gleichem Erfolg am kostengünstigsten ist. Beschränkte Ressourcen
spielen sowohl für die „Efficacy“ als auch die „Effectiveness“ keine Rolle, die
„Costeffetiveness“ jedoch schon. Die Kostenträger bevorzugen solche Therapieverfahren, von denen nicht nur der Patient sondern auch sie profitieren (Yates 1997).
Es gibt kaum vergleichende Studien von Langzeit verhaltenstherapeutischen
und psychodynamischen Verfahren bei Essstörungen. Aus der Literatur waren
Vergleiche von Kurzzeittherapien bei Essgestörten zu finden (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2
Vergleichsstudien Verhaltenstherapeutische vs.
psychodynamische Psychotherapie bei Essstörungen
1.7.3. Manualisierte Therapieformen
Die Manualisierung einer Therapie hat Ihre Wurzeln in den USA in den 60er Jahren. Erste Ansätze zu manualisierten Psychotherapie gab es in den 80er Jahren
mit dem 1984 von Strupp und Binder verfassten „Psychotherapy in a new key:
A Guideline to time-limited Psychotherapy“.
Grundlagen
24
Die Aufgabe und das Ziel von Therapiemanualen ist es, Therapien zu standardisieren und damit den Therapieeffekt zu sichern. Die Vorteile manualisierter Therapieformen liegen in der besseren Reproduzierbarkeit, daher werden in Therapiestudien meist manualisierte Therapien eingesetzt (Wilson 2007).
Da die für RCT’s verwendeten Therapiemanuale sich vor allem auf Therapieverfahren stützen, die eine Symptomverbesserung anstreben, werden Therapieeffekte von Verfahren, die dem Krankheitssymptom zugrunde liegende Ursachen
behandeln, weitestgehend ausgeschlossen.
Bein et. al. (2000) zeigten in der Vanderbilt-II-Studie, dass Manuale die Kompetenz der Therapeuten durchaus steigern können und dass „der Gebrauch eines
Manuals wichtig und hilfreich für den Anfänger sein kann“. Schon damals erkannte man aber auch, dass Therapiemanuale für den erfahrenen Therapeuten
eher eine Einschränkung seiner gewachsenen Flexibilität darstellen“(Kächele
2007, S.153).
1.7.4. Leitlinien in der Psychotherapie
1.7.4.1. Leitlinien allgemein
Für den niedergelassenen Psychotherapeuten ist es schwierig, ständig den neuesten Stand der Psychotherapieforschung sowie die Vielzahl an Entwicklungen
in seinem Fachbereich mitzuverfolgen. Um dem Therapeuten Hilfe zu leisten
und ihm evidenz-basierte Empfehlungen aus der Therapieforschung für seine
Therapie zu vermitteln, fasst die Cochrane Collaboration Forschungsergebnisse
zusammen. Auch Leitlinien der APA - American Psychiatric Association (USA,
2006) und die NICE-Guidelines (Großbritannien, 2004) sollen dem Praktiker die
beste Evidenz der Forschung vermitteln. Diese Leitlinien sind systematisch entwickelte, mögliche evidenz-basierende Empfehlungen (z.B. zu Essstörungen).
Diese sollen den Behandlern für als Unterstützung in ihren therapeutischen
Entscheidungen dienen und stellen einen wichtigen Bestandteil des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen dar. (AWMF 2003; Rudolf u. Eich 2002)
„Die ›Leitlinien‹ der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften sind
25
Grundlagen
systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen
und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der
Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die ›Leitlinien‹
sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung“ (www.awmf-online.de, 2005). In
Deutschland ist die Arbeitsgemeinschaft für medizinische Fachgesellschaften
(AWMF) seit 1992 das Forum für medizinische Leitlinien. Gegründet wurde die
AWMF zur Verbesserung der Qualität in der klinischen Forschung und Praxis.
Leitlinien, die von der AWMF entwickelt werden, durchlaufen definitionsgemäß
drei Entwicklungsstufen.
Stufe 1
Checklisten durch Expertengruppen
Stufe 2
Konstrukte von systematischen Konsensusprozessen
Stufe 3
Leitlinien mit allen Elementen der systematischen Entwicklung
(Logik/klinische Algorithmen, Konsensus, Evidence-based
Medicine, Entscheidungsanalyse)
Da kontrollierte Studien mit guter Methodik und manualisierter Therapie überwiegend zu kognitiver Verhaltenstherapie vorliegen, findet sich diese Therapieform schwerpunktmäßig in den Leitlinien wieder. Im Rahmen der fächerübergreifenden Erstellung von Therapieleitlinien in der Medizin wurde im März 2005 die
Entwicklung einer Psychotherapie-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung von
Essstörungen bei der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) angemeldet. Die federführenden Fachgesellschaften sind hierbei die
-
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, DGKJP
-
Deutsche Gesellschaft für Psychologie, Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie, DGP
-
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychothe-
Grundlagen
26
rapie, DGPM
-
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, DGPPN
Inwiefern Leitlinien zur Verbesserung der Versorgung beitragen können, wurde
jedoch bisher nicht hinreichend empirisch geprüft. Es stellt sich die Frage ob
psychotherapeutische Verfahren überhaupt die Grundvoraussetzung zur Forschung erfüllen, nämlich Randomisierung und Verblindung.
Deshalb werden derzeit vornehmlich Studien der Evidenzgrade 1b bis 3b (entsprechend der Evidenzgrade nach dem Oxford Centre of Evidence Based Medicine (2001) berücksichtigt (AWMF, sieheTabelle 1). Viele Studien entsprechen
einer niedrigen Evidenz, es werden in den bestehenden Leitlinien daher nur
Vorschläge gegeben.
1.7.4.2. Leitlinien Essstörungen
Ausgehend von den im Frühjahr 2004 erschienenen englischen Leitlinien (National Institute of Clinical Excellence – NICE Guidelines) für Essstörungen, entstehen deutsche Leitlinien, die um die Studien nach 2003 erweitert werden.
Die in den „NICE Guidelines“ empfohlenen psychotherapeutischen Behandlungen der Anorexia nervosa beinhalten die kognitiv analytische Therapie, die kognitive Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologische Psychotherapie, die fokale
psychodynamische Psychotherapie sowie Familientherapie.
Im Januar 2004 wurden die „NICE Guidelines“ zur Behandlung von Essstörungen
publiziert. Sie bestehen aus einer Reihe von Empfehlungen, die in interdisziplinären Arbeitsgruppen entwickelt wurden. Die Therapieempfehlungen beruhen
auf Grad A (stark empirisch gestützten, gut untersuchten randomisierten Versuchen) bis Grad C (Expertenmeinungen ohne starke empirische Datenlage). Darin
werden über hundert Empfehlungen ausgesprochen. Die meisten davon mit
Evidenzgrad C. Kognitive Verhaltenstherapie für Bulimie wurde mit Evidenz Grad
Grundlagen
27
A ausgezeichnet. Es wurde eine Überlegenheit von kognitiver Verhaltenstherapie gegenüber anderen psychologischen und pharmakologischen Therapieverfahren formuliert. Antidepressive Pharmakotherapie wurde mit Evidenzgrad B
bewertet.
Insbesondere bei der Anorexia nervosa geben die britischen Leitlinien sehr viele
Empfehlungen auf der Basis von Expertenmeinungen und daher mit geringer
Evidenz (Evidenzgrad C).
1.8. Fragestellungen und Hypothesen
In dieser Arbeit soll mit Hilfe eines Fragebogens untersucht werden, welche Einstellung niedergelassene Psychotherapeuten bezüglich manualisierter Therapieformen und Therapieleitlinien haben. Insbesondere sind folgende Fragen für
uns von Interesse:
1. Welche Therapieverfahren nutzen niedergelassene Psychotherapeuten?
Welchen Einfluss hat die Entscheidung für ein Therapieverfahren auf die
Therapiedauer? Wie stehen niedergelassene Therapeuten Therapieleitlinien gegenüber? Welche Fragen sollten Therapieleitlinien beantworten?
2. Für wie wichtig betrachten niedergelassene Psychotherapeuten Ausbildung oder Weiterbildung für ihre therapeutischen Entscheidungen. Worauf baut die Therapie niedergelassener Psychotherapeuten auf?
3. Kennen und nutzen Praktiker manualisierte Therapieformen? Wie sehen
Psychotherapeuten den Nutzen von manualisierten Therapieformen?
Welche Einstellung haben Therapeuten zu manualisierten Therapien?
Welche Gefahren sehen niedergelassene Therapeuten in manualisierten
Therapien?
Grundlagen
28
Folgende Hypothesen können aufgrund der Literatur aufgestellt werden.
1. Die Dauer der Psychotherapie in der Praxis des niedergelassenen Therapeuten unterscheidet sich erheblich von der Dauer der Therapie in den
Therapiestudien. Dies zeigt ein Vergleich der TRANS-OP Studie mit den
Veröffentlichungen der NICE-Guidelines.
2. Niedergelassene Psychotherapeuten stehen manualisierten Therapien
und Therapieleitlinien kritisch gegenüber (Bonner Erklärung).
3. Ärztliche und psychologische Psychotherapeuten unterscheiden sich hinsichtlich der von ihnen eingesetzten Therapieverfahren (vgl. Grunddaten
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, 2008).
Methodik
29
2. Methodik
2.1. Studienpopulation
Der Fragebogen wurde am 18.04.06 an 132 niedergelassene Psychotherapeuten
mit kassenärztlicher Zulassung aus Ulm und Umgebung versandt. Die Angeschriebenen teilten sich nach Ihrer Ausbildung wie folgt auf:
64 Mediziner, 53 Psychologen, 15 machten keine näheren Angaben, besitzen
keinen Titel, oder gaben diesen nicht an. Der Fragebogen wurde nicht personalisiert und in Form eines Direktmailings mit einem Anschreiben an die Therapeuten versand.
2.2. Ein- und Ausschlusskriterien
2.2.1. Einschlusskriterien
Es wurden sowohl verhaltenstherapeutisch tätige Psychotherapeuten, als auch
Psychotherapeuten mit psychodynamischen Therapieansätzen (Psychoanalyse
und Tiefenpsychologie) angeschrieben. Ausgewählt wurden Mediziner mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung sowie psychotherapeutisch tätige Psychologen oder sonstige von der KV anerkannte Ausbildungen.
Die Adressdaten für die Aussendung stammten aus dem Adressverzeichnis der
Abteilung Psychosomatische Tagesklinik der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Ulm und wurden mit den Daten der KVBW (Kassenärztliche Vereinigung Baden Württemberg, Ausgabe
2005) abgeglichen.
2.2.2. Ausschlusskriterien
Es wurden keine Ärzte angeschrieben, die Psychotherapie in Form von IGeL –
Individuelle Gesundheits- Eigenleistungen - anbieten. Weiterhin wurden keine
30
Methodik
ausschließlich im Krankenhaus tätigen Psychotherapeuten oder Psychotherapeuten ohne kassenärztliche Zulassung angeschrieben.
2.3. Studienablauf
Die 132 Psychotherapeuten erhielten einen dreiseitigen Fragebogen sowie ein
Anschreiben, zusammen in Form eines Direktmailings. Absender der Aussendung war die Abteilung Psychosomatische Tagesklinik, Professor von Wietersheim, der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
in Ulm. Die Therapeuten waren angehalten den Fragebogen auszufüllen und an
die Abteilung Psychosomatik zurückzusenden.
Entwicklung des Fragebogens
Der Fragebogen (Anhang) umfasste 21 sowohl dichotome, teils größenbezogene sowie offene Fragen.
1. Zur Ausbildung:
Hierunter hatten die Therapeuten die Auswahlmöglichkeit, ihr vorangegangenes
Studium
anzukreuzen.
Es
bestand
eine
Mehrfach-
Auswahlmöglichkeit für Medizin, Psychologie und als anhängende Freitextfrage eines oder mehrere weitere Studien anzugeben.
2. Zum Therapieverfahren:
Unter diesem Abschnitt wurde der Therapeut aufgefordert in Mehrfachauswahl seine praktizierte Therapieform anzugeben.
1. Verhaltenstherapie
2. Tiefenpsychologie
3. Psychoanalyse
Methodik
31
3. Spezialisierung
Der Therapeut wurde gebeten anzugeben, ob er auf ein Fachgebiet spezialisiert ist. Wenn er die Frage mit „ja“ beantwortete, wurde er gebeten
dies in einer Freitextfrage zu spezifizieren.
4. Erfahrung mit essgestörten Patientinnen
Hier hatte der Therapeut die Möglichkeit in einer „ja/nein“-Antwortmöglichkeit seine Erfahrung zu bestätigen und in einer weiteren Frage die
Möglichkeit anzukreuzen, ob er diese Erfahrung mit Anorexie oder Bulimie oder beiden Formen der Essstörungen gemacht hat.
5. Einschätzung der jeweiligen Therapiedauer
Eine Einschätzung über die benötigte Therapiedauer (in Therapiestunden) wurde unter diesem Punkt abgefragt. Der Therapeut wurde aufgefordert eine Schätzung für Mindesttherapiedauer, maximale Therapiedauer und durchschnittliche Therapiedauer, basierend auf seiner Erfahrung einzutragen. Die Frage war unterteilt in Therapiedauern für die
Behandlung von Anorexia nervosa und der Therapie der Bulimia nervosa.
6. Bedeutung von Ausbildung und Erfahrung für die therapeutische Vorgehensweise. Beurteilung der therapeutischen Vorgehensweise in Form einer Ratingskala von 1 bis 5. Wobei 1 für nicht zutreffend und 5 für voll zutreffend steht. Abgefragt wurden:
1. Studium
2. Klinikerfahrung
3. Psychotherapeutenausbildung
4. Zusatzausbildung
5. Literatur, Zeitschriften
6. Sonstiges
Methodik
32
7. Kenntnis über Therapiemanuale
Hier wurde in Form einer dichotomen Ja/ Nein Fragestellung abgefragt ob
Therapiemanuale bekannt sind oder nicht.
8. Kenntnis über genutzte Therapiemanuale
Eine Spezifizierung unter Angabe von Autoren oder einer Beschreibung
der bekannten Therapiemanuale wurde hier abgefragt.
9. Nutzung von Therapiemanualen
Die Therapeuten wurden gebeten eine Nutzung von Therapiemanualen
zu bestätigen und im Falle einer Nutzung diese Manuale zu benennen.
10. Art der Nutzung
Unter diesem Abschnitt wurden die Therapeuten nach der Art und Weise
der Nutzung befragt, es gab die Möglichkeit eine auszugsweise Nutzung
oder eine vollständige Nutzung zu benennen.
11. Situationen zur Nutzung von Therapiemanualen
In dieser offenen Fragestellung wurden die Therapeuten aufgefordert Situationen zu benennen, in denen sie Therapiemanuale nutzen oder auf
diese zurückgreifen.
12. Erfahrung mit Therapiemanualen
Die persönliche Erfahrung als Therapeut im Umgang mit Therapiemanualen wurde unter diesem Punkt abgefragt.
13. Stärken von Therapiemanualen
Die Therapeuten wurden aufgefordert die Stärken der von ihnen unter
Punkt 8 genannten Therapiemanuale zu benennen.
Methodik
33
14. Schwächen von Therapiemanualen
Wie unter Punkt 13, nur sollten die Therapeuten hier die Schwächen benennen.
15. Gründe mit Therapiemanualen nicht zu arbeiten
Die Therapeuten wurden aufgefordert ihre persönlichen Gründe für das
Nicht-nutzen von Therapiemanualen zu nennen.
16. Vorstellen mit Therapiemanualen zu arbeiten
In dieser ja/nein Frage konnten die Therapeuten angeben ob sie sich
vorstellen könnten mit Therapiemanualen zu arbeiten, wenn diese bestimmte Kriterien erfüllten.
17. Kriterien, die ein Manual erfüllen sollte
Therapeuten sollten die Kriterien für eine Nutzung von Therapiemanualen
nennen, wenn sie die vorgehende Frage mit „ja“ beantwortet hatten.
18. Orientierung an Therapieleitlinien
Die befragten Psychotherapeuten sollten ankreuzen „ja/nein“, ob sie
sich an Leitlinien zu Anorexia nervosa und/oder Bulimia nervosa orientieren würden.
19. Interesse an Leitlinien
Therapeuten konnten ihr Interesse am Mitwirken der Entwicklung von
Therapieleitlinien für Anorexia nervosa und Bulimia nervosa bestätigen.
Methodik
34
20. Fragen, die in den Leitlinien beantwortet werden sollten
Unter dieser Fragestellung hatten die Therapeuten die Möglichkeit die
Fragen zu nennen, die sie für wichtig erachten, um in den Leitlinien zu
Anorexia nervosa und Bulimia nervosa beantwortet zu werden.
21. Berufserfahrung mit essgestörten Patientinnen
Die befragten Therapeuten konnten hier Ihre Berufserfahrung (in Jahren)
mit essgestörten Patientinnen nennen. Die Antwortmöglichkeiten waren:
1 bis 5 Jahre; 6 bis 10 Jahre; 11 bis 15 Jahre; 16 Jahre und mehr.
2.4. Statistische Verfahren
Zur statistischen Erhebung wurden zunächst die zurück erhaltenen Fragebögen
auf Vollständigkeit und korrekte Bearbeitung überprüft. Zur Auswertung der Daten wurden die Angaben der Therapeuten zunächst in eine Microsoft Exceltabelle eingepflegt und darauffolgend mit dem Statistikprogramm SPSS ausgewertet.
Zur statistischen Auswertung wurden Häufigkeiten, Standardabweichungen und
Mittelwerte ermittelt. Zur Überprüfung der stochastischen Unabhängig wurde in
Kreuztabellen der exakte Fisher-Test oder der Chi-Quadrat-Test zu Hilfe gezogen. Bei Vergleich von unterschiedlichen Gruppen wurden H-Test (mit anschließendem U-Test) oder Varianzanalyse gerechnet. Das Signifikanzniveau wurde
mit p=0,05 festgelegt. Antworten aus Freitextfragen wurden zur Auswertung
zunächst einzelnen Kategorien zugeordnet.
2.5. Rücklauf
Von den 132 ausgesandten Fragebögen erhielten wir 51 zurück. Dies entspricht
einer Rücklaufquote von 38,6%. Es wird angemerkt, dass nicht alle Fragen von
allen Therapeuten beantwortet wurden.
Ergebnisse
35
3. Ergebnisse
3.1. Studium
Von den 51 zurückgesandten, gültigen Fragebögen stammten 26 also 51% von
Psychotherapeuten, die ausschließlich Medizin studiert haben. 21 der Fragebögen also 41,2% wurden von Psychotherapeuten ausgefüllt, die nur Psychologie
studiert haben. Einer der Psychotherapeuten(2%) hatte sowohl Medizin als
auch Psychologie studiert, ein weiterer (2%) hatte sowohl Medizin als auch Sozialwissenschaften studiert, sowie einer (2%), der Psychologie mit Literatur,
Sprache, Politik, Soziologie, Philosophie und Pädagogik studiert hatte.
3.2. Therapeutischer Ansatz
In 13 der insgesamt 51 beantworteten Fragebögen gaben die Psychotherapeuten an, sie würden nach rein verhaltenstherapeutischem Ansatz behandeln
(25,5%). 35 (68,6%) gaben an nach ausschließlich psychodynamischem Ansatz
zu behandeln, davon 23 rein tiefenpsychologisch (45,1%), 3 (5,9%) rein psychoanalytisch sowie 9 (17,6%) sowohl tiefenpsychologisch als auch psychoanalytisch. Drei Therapeuten gaben an sowohl verhaltenstherapeutische Verfahren
als auch psychodynamische Verfahren zu nutzen.
Die untersuchten Fragebögen ergaben, dass eine rein verhaltenstherapeutische
Therapie ausschließlich Therapeuten mit rein psychologischem Studium (13) anbieten. Fast genauso viele, nämlich 10 der Therapeuten mit Psychologiestudium,
verwenden bevorzugen eine psychodynamische Vorgehensweise. Therapeuten
mit medizinischem Studium (28) boten in ihrer Therapie immer eine psychodynamische Vorgehensweise mit an. Drei darunter boten zusätzlich auch verhaltens-therapeutische Maßnahmen an.
Die Auswertung durch Chi-Quadrat nach Pearson ergab einen hochsignifikanten
Wert von 19,38 (p<0,0001). In der Abbildung 5 wird verglichen inwieweit das genutzte Therapieverfahren vom Studium des Therapeuten abhängt. Somit kann
Hypothese 3 als bestätigt gelten.
Ergebnisse
36
Abbildung 5 Studium und Therapieverfahren
VT=Verhaltenstherapie; PD=psychodynamisches Therapieverfahren
Angewendetes Therapieverfahren in Abhängigkeit des absolvierten Studiums
der Psychotherapeuten
3.3. Erfahrung mit essgestörten Patientinnen
Die Frage nach der Erfahrung mit essgestörten Patienten und Patientinnen beantworteten alle der 51 Psychotherapeuten. Positiv, also mit ja antworteten 46
also 90,2% der Psychotherapeuten, darunter waren sechs die angaben, lediglich Erfahrung mit der Behandlung bulimischer Patientinnen haben. Einer gab an
lediglich Erfahrung mit anorektischen Patientinnen zu haben und 45 bestätigten
Kenntnis sowohl in der Behandlung der Anorexia nervosa als auch der Bulimia
nervosa zu haben. Zwei Psychotherapeuten geben an auf die Behandlung von
Essstörungen spezialisiert zu sein.
Mit nein, also keine Kenntnis im Bereich der Behandlung von Essstörungen zu
haben antworteten lediglich 5 (9,8%). Ein Psychotherapeut gab zwar an, Erfah-
37
Ergebnisse
rung im Bereich der Behandlung von Essstörungen zu haben, machte aber keine weiteren Angaben zu welchen Bereichen und wurde daher nicht mit ausgewertet.
3.3.1. Therapieerfahrung in Jahren
Über die Dauer der Erfahrung mit essgestörten Patientinnen machten die Therapeuten folgende Angaben. Insgesamt beantworteten 48 Therapeuten diese
Frage.
Abbildung 6 zeigt die Verteilung der Psychotherapeuten nach ihrer Erfahrung
mit essgestörten Patientinnen.
Abbildung 6 Therapieerfahrung der Psychotherapeuten mit essgestörten Patientinnen machten ( Anzahl der Psychotherapeuten 48).
Ergebnisse
38
3.4. Therapiedauer bei Anorexia nervosa und Bulimia nervosa
Die befragten Psychotherapeuten wurden aufgefordert eine Einschätzung aufgrund ihrer Erfahrung abzugeben über die minimale, maximale bzw. durchschnittliche Therapiedauer sowohl bei Anorexia nervosa als auch für die Behandlung der Bulimia nervosa. Zur Bewertung der Therapiedauer wurden die
einzelnen Zeitangaben in Kategorien zusammengefasst und abhängig von der
verwendeten Therapieform dargestellt.
3.4.1 .Therapiedauer von Verhaltenstherapien
8 Verhaltenstherapeuten beantworteten die Frage nach der Therapiedauer mit
einer minimalen Therapiestundenzahl von 35 bei Anorexia nervosa und 25 bei
Bulimia nervosa und maximal 100 Stunden bei Anorexia nervosa und 80 Stunden bei Bulimia nervosa. Zur Ermittlung des Mittelwertes wurde der Mittelwert
aus den angegebenen Durchschnittswerten eines jeden Items genommen. Hier
errechneten sich Werte von 62,5 Stunden bei Anorexie (SD=22,68) und 49,38
Stunden für die Bulimie (SD=19,17).
3.4.2. Therapiedauer von psychodynamischen Psychotherapien
Für die Therapiedauer von psychodynamischen Therapien wurden mindestens
45 Stunden sowohl bei Anorexie (N=15) als auch bei Bulimie (N=16) angegeben,
sowie maximal 160 Stunden für die Anorexie und 160 für die Bulimie. Im Durchschnitt ergab sich eine geschätzte Behandlungsdauer von 81,67 Stunden für die
Anorexie (SD=26,44) sowie 72,81 Stunden für die Bulimie (SD=28,28).
Ein Therapeut kommentierte diese Frage wie folgt: „Das zugrunde liegende Störungsbild ist so unterschiedlich, dass jeder Fall eine andere Prognose und Stundendauer hat.“ Ein weiterer gab die durchschnittliche Dauer mit „viele Jahre,
abhängig von Komorbidität“ an sowie die maximale Therapiedauer mit „Große
Streuung“. Nach Auswertung der Angaben kann die Hypothese 1 angenommen
werden.
Ergebnisse
39
3.4.3. Therapiedauer und therapeutische Erfahrung
Im Folgenden wurde verglichen wie viele Therapiestunden Therapeuten bei der
Behandlung einer Anorexie in Abhängigkeit ihrer Therapieerfahrung für nötig
halten. Die Therapiedauer wurde in Kategorien zusammengefasst.
Kategorie 1: bis 25 Therapiestunden
Kategorie 2: 26 bis 44 Therapiestunden
Kategorie 3: 45 bis 79 Therapiestunden
Kategorie 4: 80 bis 100 Therapiestunden
Kategorie 5: 101 bis 159 Therapiestunden
Kategorie 6: über 159 Therapiestunden
Die Kategorien wurden anhand der vom Leistungssträger anerkannten Leistungs- und Begrenzungsschemata erstellt. Hierin ist festgelegt, wieviel Therapiestunden in welchen Therapieverfahren abgerechnet werden dürfen.
Die Kategorie 1 (bis zu 25 Therapiestunden) wurde von keinem der Therapeuten
angegeben. 26-44 Therapiestunden hielten zwei Therapeuten für ausreichend,
beide Therapeuten verfügen über 6-10 Jahre Therapieerfahrung mit essgestörten Patientinnen. Weitere zwei Therapeuten mit vergleichbarer Therapieerfahrung gaben 45-79 Stunden durchschnittliche Therapiedauer bei Anorexia nervosa an. 4 Therapeuten mit diesem Erfahrungshintergrund hielten 80-100 Stunden
für ausreichend.
Aus der Gruppe der Therapeuten mit Therapieerfahrung zwischen 11-15 Jahren
(N=9) entschieden sich 5 dafür, dass 45-79 Stunden wohl ausreichend seien
und 4 dafür 80-100 Stunden anzusetzen.
Aus der Therapeutengruppe mit der meisten Erfahrung, mit über 15 Jahren Therapieerfahrung entschieden sich 6 (54,5%) für eine durchschnittliche Therapiedauer von 80-100 Stunden. Einer (9,1%) für eine Dauer von 101-159 Stunden und
4 für über 159 und mehr Stunden (36,4%). Auffällig ist der mit steigender Therapieerfahrung zunehmende Trend, dafür mehr Therapiestunden anzusetzen.
Für die Therapiedauer der Bulimia nervosa zeigte sich ein annähernd ähnliches
Bild.
Es zeigt sich auch, dass die drei Therapieformen sich signifikant in der mittleren
Ergebnisse
40
Behandlungsdauer der Patientinnen mit Anorexia nervosa (H-Test, p = 0,004)
unterscheiden. Sich anschließende Vergleiche zwischen jeweils 2 Therapieformen (U-Tests) ergaben signifikante Unterschiede zwischen der Psychoanalyse
und den anderen beiden Verfahren, kein signifikanter Unterschied zeigte sich
zwischen der tiefenpsychologischen und der verhaltenstherapeutischen Therapie.
Beim Vergleich der Behandlungsdauern der Patientinnen mit Bulimia nervosa
zeigten sich ebenfalls signifikante Unterschiede (H-Test, p = =,002). Die sich
anschließenden Vergleiche zwischen jeweils 2 Therapieformen (U-Tests)
waren alle statistisch signifikant (Vergleich zwischen TP und VT: p = 0,045).
In einer univariaten Varianzanalyse wurde der Einfluss der Therapieerfahrung der Therapeuten und Therapieverfahren als unabhängige Variablen
auf die Therapiedauer (abhängige Variable) untersucht. Hier zeigten sich
jedoch keine signifikanten Unterschiede. Dies dürfte an den kleinen Stichproben in den Untergruppen und der hohen Varianz liegen.
Abbildung 7 zeigt die Einschätzung niedergelassener Psychotherapeuten über
die Dauer der Behandlung einer Bulimie. Die durchschnittlichen Therapiedauern
werden in Abhängigkeit des vom Therapeuten verwendeten Therapieverfahrens
aufgezeigt. In der Abbildung 8 werden wie in Abbildung 7 die durchschnittlichen
Therapiedauern aufgezeigt, allerdings für die Behandlung einer Anorexie.
41
Ergebnisse
Abbildung 7 Durchschnittliche Therapiedauer zur Behandlung einer Bulimie
abhängig vom verwendeten psychotherapeutischen Verfahren.
Psychodynamische Therapieverfahren mit einer Standardabweichung von 28,28, verhaltenstherapeutische Therapieverfahren mit
einer Standardabweichung von 19,17.
Abbildung 8 Durchschnittliche Therapiedauer zur Behandlung einer Anorexie
abhängig vom verwendeten psychotherapeutischen Verfahren
Psychodynamische Therapieverfahren mit einer Standardabweichung von 26,44, verhaltenstherapeutische Therapieverfahren mit
einer Standardabweichung von 22,68.
42
Ergebnisse
3.5. Therapeutische Vorgehensweise
Unter Frage 6 des Fragebogens wurde abgefragt, auf welchen Komponenten
sich die therapeutische Vorgehensweise stützt. Die Therapeuten wurden aufgefordert fünf Items ( 1= trifft nicht zu bis 5=trifft voll zu) zu beurteilen.
Psychotherapeuten mit rein psychodynamischem Ansatz werteten an erster
Stelle die Psychotherapeutenausbildung mit 3,94 Punkten im Mittelwert (N=34;
SD=1,13); als zweitwichtigstes Instrument beurteilten sie Literatur und Zeitschriften mit 3,71 Punkten.
Abbildungen 9 und 10 zeigen für wie hilfreich niedergelassene Psychotherapeuten ihre Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für ihre praktische Tätigkeit einschätzen.
N= Anzahl der Therapeuten die hierzu Angaben machten.
Angaben von 0=unwichtig bis 5=wichtig (Mittelwert und
Standardabweichung)
Abbildung 9 Grundlagen der therapeutischen Vorgehensweise von psychodynamisch tätigen Psychotherapeuten.
43
Ergebnisse
Unter Verhaltenstherapeuten ergab sich mit einem Mittelwert von 3,73 Punkten
ein Schwerpunkt auf der Zusatzausbildung (N=11; SD=1,42), gefolgt von Literatur und Zeitschriften die sie mit einem Mittelwert von 3,58 (N=12; SD=1,0) beurteilten.
N= Anzahl der Therapeuten die hierzu Angaben machten.
Angaben von 0=unwichtig bis 5=wichtig (Mittelwert und
Standardabweichung)
Abbildung 10 Grundlagen der therapeutische Vorgehensweise von niedergelassenen Verhaltenstherapeuten.
Der Vergleich der Beurteilung von therapeutischen Vorgehensweisen zeigte
keinen signifikanten Unterschied zwischen Verhaltenstherapeuten und psychodynamisch tätigen Psychotherapeuten.
3.6. Kenntnis von Therapiemanualen
Diese Frage beantworteten 50 der Therapeuten. Es wurde in Abhängigkeit der
Therapieform ausgewertet, inwieweit Therapeuten Kenntnis von Therapiema-
rhaltensthe
rapeuten
8
4
44
Ergebnisse
nualen besitzen. Von insgesamt 12 Verhaltenstherapeuten gaben 8 (66,7%) an
Kenntnis über Therapiemanuale zu besitzen, 4 (33,2%) verneinten die Frage.
Psychodynamiker
„ja, ich
kenne
12
Unter Therapeuten mit rein
psychodynamischem
Ansatz (N=35) zeigte sich folTherapieman
„Nein, kenne
23
uale“
keine
Therapieman
gendes Bild: 23 (65,7%) der
insgesamt 35 Therapeuten gaben an Therapiemauale
nuale nicht zu kennen, und lediglich 12 (34,3) bestätigten die Kenntnis von Therapiemanualen.
34%
33%
66%
67%
„Ja, ich kenne Therapiemanuale“
„Nein, ich kenne keine Therapiemanuale“
„Ja, ich kenne Therapiemanuale“
„Nein, ich kenne keine Therapiemanuale“
Abbildung 11
Abbildung 11
Abbildung 12
Kenntnis über Therapiemanuale unter
Verhaltenstherapeuten
Abbildung 12
Kenntnis über Therapiemanuale unter psychodynamisch
tätigen Psychotherapeuten
Von den insgesamt 3 Therapeuten die sowohl psychodynamische Therapieansätze sowie verhaltenstherapeutische Therapien nutzen bestätigten 2 die
Kenntnis, einer negierte die Frage. Folgende Titel gaben die Therapeuten als
bekannte Manuale an. Allerdings handelt es sich bei einigen Schriften gar nicht
um ein Manual.
Ergebnisse
45
1. Silvia Schneider, Jürgen Margraf „Agoraphobie und Panikstörung“ (1998);
2. Stephan Hoyndorf, Marion Reinhold, Fred Christmann „Behandlung sexueller
Störungen“ (1995);
3. Simone Munsch „Binge eating. Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen
(Materialien für die klinische Praxis/ Praxismaterial)“ (2003);
4. Marsha M. Linehan „Dialektisch - Behaviorale Therapie der BorderlinePersönlichkeitsstörung“ (1996);
5. Wolfgang Herzog, Dietrich Munz, Horst Kächele „Essstörungen. Therapieführer und psychodynamische Behandlungskonzepte“ (2004); Hierbei handelt
es sich um kein Manual.
6. Rüdiger Hinsch, Ulrich Pfingsten „Gruppentraining sozialer Kompetenzen
(GSK). Grundlagen, Durchführung, Anwendungsbeispiele (Materialen für die
klinische Praxis/ Praxismaterial)“ (2002);
7. Corinna Jacobi, Andreas Thiel, Thomas Paul „Kognitive Verhaltenstherapie
bei Anorexia und Bulimia nervosa (Materialien für die psychosoziale Praxis)“
(2008);
8. Anne Boos „Kognitive Verhaltenstherapie nach chronischer Traumatisierung.
Ein Therapiemanual“ (2005); Kognitive Verhaltenstherapie nach chronischer
Traumatisierung.
9. Silja Vocks, Tanja Legenbauer „Körperbildtherapie bei Anorexia und Bulimia
nervosa. Ein kognitivverhaltenstherapeutisches Behandlungsprogramm
(Therapeutische Praxis)“ (2005);
10. Hans H. Strupp, Jeffrey L., Binder Jürgen, Peter Krause „Kurzpsychotherapie
(Konzepte der Humanwissenschaften)“ (1993); Hierbei handelt es sich um
kein Manual.
11. Jürgen Margraf „Lehrbuch der Verhaltenstherapie“ (2000); Behandlungsbereich: Anorexie/ Bulimie; Therapieansatz: VT;
12. OPD-Arbeitsgemeinschaft „Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
OPD-2. Das Manual für Diagnostik und Therapieplanung“ (2000); Therapieansatz: Psychodynamisch; Kein therapeutisches Manual, Diagnostik;
Ergebnisse
46
13. Luise Reddemann „Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie. PITT –
das Manual“ (2004/2007);
14. Dagmar Pauli, Hans-Christoph Steinhausen „Ratgeber Magersucht. Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher (Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie)“ (2005); Kein Manual;
15. Monika Gerlinghoff, Herbert Backmund „Therapie der Magersucht und Bulimie. Anleitung zu eigenverantwortlichem Handeln“ (1995); kein Manual;
16. Franz-Josef Feldhege, Günter Krauthahn „Verhaltenstrainingsprogramm zum
Aufbau sozialer Kompetenz (VTP)“ (1979); Verhaltenstrainingsprogramm zum
Aufbau sozialer Kompetenz;
17. Thomas Herzog, Angelika Sandholz „Störungsspezifische konflikt- und symptomzentrierte Kurzpsychotherapie der Bulimia nervosa. Ein Leitfaden für
Therapeuten“ aus Psychotherapeut, Volume 42, Nummer 2/ März (1997)
3.7. Verwendung von Therapiemanualen
Von den insgesamt 50 gültigen Antworten gaben lediglich 13 der Therapeuten
an, Therapiemanuale zu nutzen, darunter 7 Verhaltenstherapeuten (=58,3% der
Verhaltenstherapeuten) und 6 (=17,1%) Therapeuten mit psychodynamischem
Ansatz.
Unter den „Nichtnutzern“ von Therapiemanualen (insgesamt 37=74% aller Therapeuten) zeigte sich folgendes Bild: 5 waren Verhaltenstherapeuten (=41,7%
der Verhaltenstherapeuten) und 29 waren Therapeuten mit psychodynamischem Ansatz (82,9% der rein psychodynamisch tätigen Therapeuten). Die drei
Therapeuten, die angaben beide zuvor genannten Therapieformen zu nutzen
berichteten zu 100%, Therapiemanuale nicht zu verwenden. Basierend auf den
Angaben der niedergelassenen Psychotherapeuten kann die Hypothese 2 angenommen werden.
Die Abbildungen 13 und 14 zeigen die Nutzung von Nutzung von Therapiemanualen in Abhängigkeit vom angewendeten Therapieverfahren.
47
Ergebnisse
Abbildung 13
Abbildung 13
Abbildung 14
Verhältnis von Anwendern zu Nichtnutzern von Therapiemanualen unter Verhaltenstherapeuten.
Abbildung 14
Verhältnis von Anwendern zu Nichtnutzern von Therapiemanualen unter psychodynamisch tätigen Psychotherapeuten.
Unter den „Nichtnutzern“ (N=37) waren 28 (75,7%) die Therapiemanuale nicht
kennen und 9 (24,3%), die Therapiemanuale zwar kennen, aber aus bestimmten
Gründen nicht nutzen.
3.7.1. Verwendung von Therapiemanualen vs. Therapieerfahrung
Die Gruppe der Therapeuten, die Erfahrungen mit essgestörten Patientinnen
haben verteilt sich wie folgt. Ausgewertet wurden hierunter nur die Fragebögen,
in denen die Angaben zu beiden Items gemacht wurden:
1. Verwendung von Therapiemanualen (Ja oder Nein)
2. Therapieerfahrung (in Jahren) gemacht hatten.
In der Kategorie 1 mit der kürzesten Erfahrung (1-5 Jahre; N=2) gab einer der
Therapeuten an, Therapiemanuale zu nutzen, ein weiterer nutzt sie nicht. In der
Kategorie derer mit 6 bis 10 Jahren Erfahrung (N=14) waren 3 Nutzer (21,4%) und
48
Ergebnisse
11 „Nichtnutzer“ (78,6%). In der Kategorie der Therapeuten mit zwischen 11 und
15 Jahren Erfahrung (N=13) zeigten sich 4 Nutzer (30,8%) im Vergleich zu 9
„Nichtnutzern“ (69,2%). In der Kategorie mit der längsten Erfahrung (15+) in der
Therapie von essgestörten Patientinnen gaben von den insgesamt 19 Therapeuten lediglich 5 an (26,3%) diese zu nutzen und 14 (73,7%) gaben an diese nicht
zu nutzen. Der Signifikanztest ergab keinen Zusammenhang zwischen Therapieerfahrung und Verwendung von Therapiemanualen.
Abbildung 15 zeigt den Zusammenhang zwischen Therapieerfahrung von niedergelassennen Psychotherapeuten und der Nutzung von Therapiemanualen.
Abbildung 15
Vergleich Anzahl Therapiemanual Nutzer/nicht-Nutzer in Abhängigkeit von der therapeutischen Erfahrung mit essgestörten Patientinnen.
49
Ergebnisse
Abbildung 16 stellt den Zusammenhang zwischen der vom Therapeuten geschätzten Therapiedauer in Therapiestunden und der Nutzung von Therapiemanualen dar.
Abbildung 16
Anzahl der Nutzer/Nicht-Nutzer von Therapiemanualen in
Abhängigkeit von der vom Therapeuten eingeschätzten Therapiedauer (in Therapiestunden).
3.8. Orientierung an Leitlinien zu Anorexia nervosa und Bulimia nervosa
Auf die Frage, ob sich die Therapeuten wohl an der 2009 erscheinenden „Therapieleitlinie zur Behandlung von Anorexia nervosa und Bulimia nervosa“ orientieren würden, antworteten diese wie folgt:
Wir erhielten 45 gültige Antworten zurück(=88,2%), 6 machten zu dieser Frage
keine Aussage (11,8%).
32 der insgesamt 45 gültigen Angaben (71,1%) waren positiv, 12 gaben an, sich
nicht daran zu orientieren (26,7%), einer war unschlüssig. 90,9% der Verhaltenstherapeuten bejahten eine zukünftige Orientierung an Leitlinien zu Anorexia nervosa. Ein Verhaltenstherapeut sprach sich gegen eine Orientierung an
den Leitlinien aus. Unter psychodynamisch tätigen Psychotherapeuten zeigte
50
Ergebnisse
sich das Bild etwas gespaltener 22 (71%) sprachen sich für die Nutzung, 8
(25,8%) dagegen und einer (3,2%) konnte sich weder für noch gegen eine Nutzung entscheiden. Therapeuten die sowohl verhaltenstherapeutische als auch
psychodynamische Therapieformen nutzen (N=3) sprachen sich einstimmig gegen eine Nutzung aus.
Bezüglich der Nutzung der Leitlinien in der Therapie der Bulimia nervosa zeigte
sich Ähnliches, mit der Ausnahme, dass nur 44 gültige Angaben gemacht wurden. Ein Therapeut (psychodynamische Therapieform) beantwortete diese Frage
nicht. Die Abbildungen 17 und 18 zeigen die Bereitschaft niedergelassener Therapeuten sich bei Essstörungen an Therapieleitlinien zu orientieren (in Abhängigkeit vom verwendeten psychotherapeutischen Verfahren).
Abbildung 17
Abbildung 17
Abbildung 18
Bereitschaft unter Verhaltenstherapeuten sich an Therapieleitlinien zu Anorexie und Bulimie zu orientieren.
Abbildung 18
Bereitschaft unter psychodynamisch tätigen Psychotherapeuten sich an Therapieleitlinien zu Anorexie und Bulimie zu
orientieren.
Ergebnisse
51
3.9. Bereitschaft mit Therapiemanualen zu arbeiten
Auf diese Frage hin antworteten 46 der Therapeuten. Unter den 12 Verhaltenstherapeuten (1 fehlend) waren 10 (83,3% der Verhaltenstherapeuten) gewillt mit
Therapiemanualen zu arbeiten und lediglich 2 nicht (entspricht 16,7% der Therapeuten mit verhaltenstherapeutischem Ansatz).
Unter rein psychodynamisch tätigen Psychotherapeuten konnten sich 18
(=58,1%) vorstellen mit einem Therapiemanual zu arbeiten, wenn dieses bestimmte Vorgaben erfüllt. 13 der Therapeuten (41,9%) verneinten diese Frage.
Alle drei Psychotherapeuten mit sowohl verhaltenstherapeutischem als auch
tiefenpsychologischem Ansatz beurteilten diese Frage positiv (=100%), also mit
„ja“.
Von denjenigen, die keine Manuale verwenden (N=34), gaben 15 (44,1%) an,
sich nicht vorstellen zu können, diese zukünftig zu nutzen. 19 (55,9%) waren
positiv gegenüber einer zukünftigen Nutzung eingestellt.
3.10. Kriterien die ein Manual erfüllen sollte
Folgende Kriterien würden sich die Therapeuten von einem Manual wünschen:
1. „Körperbild, systemische Aspekte zur Familienkonstellation. Selbst-/
Fremdwahrnehmung, Körperwahrnehmung, Ressourcenorientierung.“
2. „Nicht symptomorientiert sondern Psychopathologie-orientiert.“
3. „Es müsste eine erstklassige und durchsichtige Gliederung haben.“
4. „Klar/ logisch/ evidenz-basiert/ erfolgreich.“
5. „Es müsste qualitativ gut sein und Freiräume (in der Therapie) gestatten.“
6. „Praxisbezogen, konkret.“
7. „Es wäre hier höchstenfalls eine Anregung, bislang machte ich die Erfahrung, dass ein individuelles Eingehen auf die Problematik des Patienten
am effektivsten ist.“
8. „Modularer Aufbau, flexibel handhabbar.“
Ergebnisse
52
9. „Es müsste bei aller Allgemeingültigkeit und festem Behandlungsplan
Raum lassen für individuelles therapeutisches Geschehen.“
10. „Anregung, Spielraum geben innerhalb sinnvoller Grenzen (häufig - nicht
häufig).“
11. „Überschaubar, praxisbezogen, Empfehlungscharakter, evidenz-basiert
bzw. wissenschaftlich begründet.“
12. „Wesentliche Problembereiche sollten abgedeckt sein.“
13. „Sehr freie Vorgaben, Vorschläge, zusätzlich psychoedukatives Material
für Patienten.“
14. „Kurz und klar.“
15. „Es sollte leicht nachvollziehbar sein und keinen zu hohen zusätzlichen
Arbeitsaufwand erfordern.“
16. „Der therapeutischen Beziehung Raum lassen.“
17. „Theoretisch fundiert: klinisch validiert.“
18. „Reihenfolge und Anzahl der Module sollte flexibel sein.“
19. „Theoriegeleitet und -erarbeitet von Praktikern, gute Lesbarkeit und Anwendbarkeit, methodische Offenheit.“
20. „Sehr sehr schwere Frage (flexibel genug).“
21. „Leichte Handhabung.“
22. „Es sollte gut ausgereift sein und nicht zu krankheitsspezifisch.“
23. „Wissenschaftlichkeit, Praktikabilität, strukturiert, VT-orientiert.“
24. „Grobes Diagnose- und Vorgehensraster an Hand von typischen Symptomen und Ursachen.“
25. „Es sollte nach dem Baukastenprinzip aufgebaut sein, dass einzelne
Elemente, die passend erscheinen herausgenommen werden können.“
Ergebnisse
53
3.11. Verwendung von Manualen
Unter dieser Frage wurden die Therapeuten gebeten anzugeben, wie sie die von
ihnen genutzten Manuale verwenden. Ob als ganzes oder aber nur auszugsweise. Wir erhielten 14 gültige Antworten auf diese Frage, die ausschließlich eine auszugsweise und keine ganzheitliche Nutzung erklärten.
3.12. Schwächen von Manualen
Die Therapeuten wurden gebeten Schwächen von Therapiemanualen aufzuzeigen. Zur Beurteilung der Aussagen in dieser offenen Fragestellung wurden Aussagen der Therapeuten analysiert und anschließend in 4 Kategorien gegliedert.
1. Keine Angabe,
2. Unflexibel/rigide,
3. nicht ganzheitlich, einseitig VT belastet und
4. keine Schwächen.
Gewertet wurden nur die Aussagen der Therapeuten, die zuvor die Kenntnis
über Manuale bestätigt hatten. Insgesamt ergaben sich somit 22 gültige Antworten. 7 (31,8%) machten keine Angabe, 10 (45,5%)beurteilten die Schwächen
der Manuale als zu rigide und unflexibel, 4 (18,2%) sagten aus, diese seien nicht
ganzheitlich und einer (4,5%) hatte keine Mängel auszusetzen.
Abbildung 19 zeigt die von niedergelassenen Psychotherapeuten bemängelten
Schwächen von Therapiemanualen.
54
Ergebnisse
Abbildung 19
Schwächen von Psychotherapiemanualen nach Therapieverfahren.
3.13. Stärken von Manualen
Unter diesem Punkt wurden die Therapeuten aufgefordert die Stärken die Therapiemanuale ihrer Meinung nach haben zu benennen. Die Aussagen der Therapeuten wurden in 6 Kategorien eingeteilt.
1. Keine Angabe,
2. der Therapie Struktur gebend,
3. bei Unerfahrenheit des Therapeuten Sicherheit gebend,
4. Vereinfachung und Motivationssteigerung des Patienten,
5. Stärkung der Introspektion,
6. Gute Integrationsmöglichkeit in die Therapie.
Insgesamt konnten 22 gültige Angaben ausgewertet werden. 9 Therapeuten
machten keine Angaben (40,9%), 7 Therapeuten (31,8%) lobten die Strukturierung der Manuale, 2 gaben an, diese bei Unerfahrenheit als Hilfe anzusehen
(9,1%). Einer sprach von einer Vereinfachung der Therapie und Steigerung der
Motivation für den Patienten (4,5%). Die Stärkung der Introspektion beurteilten
55
Ergebnisse
2 Therapeuten als positiv (9,1%). Von einer guten Integration in die Therapie
sprach einer der Befragen (4,5%).
In Abbildung 20 sind die von Therapeuten gelobten Stärken von Therapiemanualen aufgezeigt.
Abbildung 20
Stärken von Therapiemanualen
3.14. Warum nicht nutzen
Auf die Frage, weshalb Therapeuten Therapiemanuale nicht verwenden, äußerten sich die 37 „Nichtanwender“ wie folgt. Die Aussagen konnten in 5 Aussagebereiche untergliedert werden. 9 machten keinerlei Angaben hierzu(24,3%). Als
zu rigide bezeichneten 3 Therapeuten (8,1%) die Therapiemanuale. Eine individuelle Vorgehensweise betrachteten immerhin 17 (45,9%) als effektiver. Keinen
Bedarf zur Nutzung gaben 4 Therapeuten an (10,8%). 3 Therapeuten äußerten,
es sei Ihnen nichts Gutes über Manuale bekannt (8,1%) und als zu theoretisch
bezeichnete ein Therapeut die manualisierte Therapieform.
56
Ergebnisse
In Abbildung 21 sind die Gründe für die Nichtnutzung von Manualen zusammengefasst.
Abbildung 21
Gründe weshalb Psychotherapeuten Therapiemanuale nicht
nutzen.
3.15. Welche Fragen sollen Therapieleitlinien beantworten
In dieser Fragestellung konnten die Therapeuten Angaben darüber machen was
sie sich von Therapieleitlinien zu Anorexia nervosa und Bulimia nervosa wünschen würden.
1. „Therapiemotivation, ergänzende Medikamente“
2. „Welche Funktion hat das Symptom“
3. „Ziel und Sinn?“
4. „Wann ambulant - wann stationär. Einbeziehung d. Bezugspersonen /Kinder –Erwachsene“
5. „Wie man Psychodynamik erforscht“
6. „Am Ende meiner Berufslaufbahn nutze ich lieber meine erarbeiteten
Stärken, als mich in neue einzuarbeiten!“
7. „Derzeit keine“
Ergebnisse
57
8. „Wie ist der sinnvolle Umgang mit der oft rigiden, fast zwanghaften Seite,
d.h. wie kann man hier therapeutisch hilfreich eingreifen, was viel mit
Selbstbestimmung zu tun hat.“
9. „Kritisches Gewicht, was tun bei Verleugnung?“
10. „Wie kann die Therapeutin mit der Destruktivität umgehen, bzw. ihr Einhalt gebieten“
11. „Wenn die Leitlinien auch Hinweise und Hilfestellungen für die Notwendigkeit um Familientherapien beihalteten wären diese sinnvoll.“
12. „Welches unterschiedliche therapeutische Vorgehen ist nötig und hilfreich auf verschiedenen Strukturebenen?“
13. „Wer führt Gewichtskontrollen durch?“
14. „Wie stark auf tatsächliches Essverhalten und "objektive" Werte eingehen? Mit Sanktionen arbeiten?“
15. „Rolle der Intelligenzentwicklung und Genese der Anorexia nervosa. Bedeutung der Rückfallwahrscheinlichkeit“
16. „Einsetzbarkeit der Herkunftsfamilie/ Eltern- Geschwister, Systematische
-familientherapeutische Ansätze und Psychodynamische Ansätze
17. „Ambulante vs. stationäre Therapie (Kombination), Symptomorientierung
vs. Indirektes Vorgehen (Kombination) komorbide Störungen. Medizinisch
vs. reine Verhaltenstherapie (Kombination)“
18. „Auf dem Weg zu den Kern-Problemen der Person zu fokussieren (Abwehr/ Muster/Quelle)“
19. „Gewichtskontrollen, Esspläne“
Diskussion
58
4. Diskussion
4.1. Diskussion der Methodik
4.1.1. Anschreiben
Das Anschreiben und Mailing wurden nach Direktmailing-Verfahren gestaltet um
eine hohe Rücklaufquote zu erzielen. Es wurde darauf geachtet, dass der Therapeut beim Lesen des Anschreibens einen schnellen Einstieg in die Thematik
findet. Innerhalb der drei Abschnitte des Anschreibens sollte der Leser davon
überzeugt werden, dass er auch bei negativer Einstellung gegenüber manualisierter Therapieformen bzw. Leitlinientherapien antworten solle. Zur weiteren
Erhöhung des Rücklaufs wurden die Therapeuten darauf hingewiesen, dass das
Verfahren nicht personalisiert ist und das gesamte Mailing anonym und vertraulich behandelt wird. Dennoch beschwerten sich einige Psychotherapeuten über
die Anfrage und bezeichneten das Mailing als „... Zumutung, da Psychotherapeuten ohnehin im Papierkram ersticken“. Andere äusserten, dass die Uni Forschung auf ihre Kosten mache und sie täglich von Anfragen überrannt werden.
4.1.2. Fragebogen
Der Fragebogen wurde bewusst kurz gehalten und umfasste nur 21 Fragen. Aus
dem Direktmarketing ist bekannt, dass eine negative Korrelation zwischen der
Länge (Seitenzahl/ Fragenanzahl) eines Fragebogens und dessen Rücklaufquote besteht.
Eine Studie von Probst (2007), in der Chefärzte angeschrieben und befragt wurden ergab eine Rücklaufquote von 38%. Laut Diekmann (1995) liegen Rücklaufquoten von Mailings mit Fragebögen selten über 20%. Untersuchungen der
ZUMA (Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen), mit vergleichbaren Befragungen lagen mit 13,6% (Harkness 1998) bzw. 13,1% (Porst 1999) weit unter
unserem Ergebnis.
Diskussion
59
Laut Gajraj (1990) und Fox (1988) erhöhen finanzielle Anreize die Rücklaufquote. Für unsere Befragung standen keine Incentives oder sonstige Anreize zur
Verfügung. Da die Aussendung anonymisiert war, konnte auch keine Nachfassaktion zur Steigerung der Rücklaufquote erfolgen. Die Rücklaufrate unserer Untersuchung war mit 38,6% somit zufrieden stellend.
Dennoch muss man sich der Frage stellen, weshalb über 60% Therapeuten auf
die Aussendung nicht antworteten. Dabei stellt sich die kritische Frage, ob eine
postalische Aussendung ein geeignetes Kommunikationsmittel darstellt um
Psychotherapeuten zu erreichen. Möglicherweise haben niedergelassene Psychotherapeuten kein Interesse an derartigen Studien teilzunehmen, oder erkennen keinen persönlichen Nutzen. Unter Umständen fühlen sich Therapeuten
durch Fragebögen auch kontrolliert (z.B. Therapiedauer) oder sie sind nicht gewillt etwas über ihre therapeutische Vorgehensweise auszusagen.
4.2. Diskussion der Stichprobe
Laut Jahresbericht 2008 (vom 31.12.2007) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) waren im Jahre 2007 12.388 (1.347 in Baden-Württemberg) zugelassene psychologische Psychotherapeuten in Deutschland über die KBV gemeldet. Zusätzlich waren 4.496 (742 in Baden-Württemberg) angemeldete ärztliche
Psychotherapeuten in diesem Zeitraum tätig.
Hierbei rechneten psychologische Psychotherapeuten bundesweit zu 46% Verhaltenstherapie, zu 35% tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, zu 9%
tiefenpsychologisch fundierte analytische Psychotherapie und zu rein 10% analytische Psychotherapie ab.
Psychotherapeutisch tätige Ärzte (auf Deutschland bezogen) rechneten zu 59%
tiefenpsychologische Psychotherapie, zu 16% tiefenpsychologisch fundierte
Diskussion
60
und analytische Psychotherapie, zu 13% Verhaltenstherapie und zu 12% rein
analytische Psychotherapie ab.
Für Baden-Württemberg unterteilte sich laut Versorgungsbericht 2008 der KVBW
das Therapieangebot wie folgt. 43% (45% in unserer Erhebung) tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, 29% (25,5% in unserer Erhebung) Verhaltenstherapie, 19% (17,6% in unserer Erhebung) tiefenpsychologisch fundierte analytische Psychotherapie und 9% (5,9% in unserer Erhebung) analytische Psychotherapie. Die Stichprobe unserer Erhebung erscheint hinsichtlich dieser Untersuchung als repräsentativ.
Im Internationalen Vergleich mit den USA zeigte sich in einer Untersuchung von
Tobin et al. (2007), dass gerade einmal 13% der befragten Psychotherapeuten
angaben eine einzige Therapieform zu verfolgen, alle anderen Therapeuten verfolgen laut dieser Studie einen übergreifenden Ansatz. Die Therapeuten die nur
einen Therapieansatz verfolgen unterteilten sich in 61% kognitive Verhaltenstherapeuten, 27% psychodynamisch tätige Therapeuten 5% Verhaltenstherapeuten 2% Familientherapeuten und 2% interpersonellen Therapeuten. Ursache
für das Differieren der Angaben deutscher und US-amerikanischer Psychotherapeuten basiert auf dem hierzulande geltenden Psychotherapeuten-Gesetz mit
den Psychotherapierichtlinien.
4.3. Diskussion der Fragestellungen
4.3.1. Diskussion der Behandlungsdauer
Bei der Unterteilung der Therapiedauer gibt es international Unstimmigkeiten.
So gelten in den USA Therapien, die mehr als 24 Therapiestunden in Anspruch
nehmen oder über einen längeren Zeitraum als 6 Monate dauern gehen, als
Langzeit-Therapie (Gabbard 2004)
Diskussion
61
Obwohl ein Drittel aller bei der Kasse beantragten Verhaltenstherapien Langzeittherapien sind (zwischen 25-80 Therapiestunden), gibt es kaum Interesse an
Untersuchungen von Langzeittherapien (Janssen et al. 1997; Nissen 2001).
Unter niedergelassenen Psychotherapeuten herrscht laut Brockmann et al.
(2006) Einstimmigkeit über die Notwendigkeit und Wirksamkeit von Langzeittherapien. Untermauert wird dies durch die TRANS-OP Studie (Puschner et al. 2004),
die für die DKV Deutsche Krankenversicherung angelegt wurde. In dieser konnte
die These vom „abnehmenden Grenznutzen“ widerlegt werden, was bedeutet,
dass der Therapieeffekt mit der Dauer der Therapie nicht generell abnimmt.
In der Verhaltenstherapieforschung liegt die Therapiedauer generell unter 20
Therapiestunden (Wittmann u. Matt 1986).
Eine eindeutige Angabe zur Therapiedauer bei Essstörungen ist aus der Literatur nicht zuverlässig zu erfahren. Laut Literatur differiert die durchschnittliche
Behandlungsdauer pro Patient zwischen den unterschiedlichen Behandlungsmethoden. Für eine Verhaltenstherapie gaben die Therapeuten durchschnittlich
44 Stunden an. Eine tiefenpsychologische Therapie würde nach Therapeutenmeinung auf 70 Stunden kommen. Die höchste Therapiestundenzahl wurde für
die analytische Psychotherapie mit durchschnittlich 160 Stunden genannt. In
einer Studie von Thompson-Brenner & Westen (2005) lag die mittlere Therapiedauer für kognitive Verhaltenstherapie einer Bulimie bei 69,3 Stunden. Die
durchschnittliche Therapiedauer aller Therapieformen wurde hier bei gleicher
Indikation mit 97,8 Stunden beschrieben.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Behandlungsdauer und den Therapieausgang stellen die Komorbiditäten dar, deren Einfluss die Compliance in
negativem Sinne gegenüber der Therapie beeinflussen (Schulz 2006).
Auch laut unserer Untersuchung arbeiten Therapeuten bei Essstörungen vorzugsweise mit Langzeittherapien. Mit 72,8 Therapiestunden bei psychodynamischen Verfahren zur Behandlung einer Bulimie und 49,4 Stunden unter verhaltenstherapeutischen Anwendern, sowie 81,9 Therapiestunden, die von psycho-
Diskussion
62
dynamisch basierenden Verfahren zur Behandlung von Anorexia nervosa angegeben wurden. Bei gleichem Krankheitsbild gaben Verhaltenstherapeuten eine
durchschnittliche Therapiedauer von 62,5 Stunden an. Durch eine Varianzanalyse konnte die 1. Hypothese bestätigt werden. Diese zeigt die Diskrepanz von
benötigten Therapiedauern bei niedergelassenen Therapeuten im Vergleich zu
den in Studien angegebenen Therapiedauern.
Gemäß Leistungs-/Begrenzungsschema erreichen Verhaltenstherapien im Ausnahmefall die maximale abrechenbare Therapiestundenzahl bei 80 Stunden.
Tiefenpsychologen erreichen bei 100 Therapiestunden die Höchstgrenze im Regelfall. Psychoanalytisch tätige Therapeuten können bis zu 300 Therapiestunden abrechnen.
Angesichts der Angaben unserer Erhebung ist zu erkennen, das Therapeuten
meist die ihnen zu Verfügung stehenden Therapiestunden voll ausschöpfen.
Dies mag am Gutachterverfahren liegen und den Bewilligungsmechanismen.
Dem gegenüber steht der von Howard (1986) postulierte „abnehmende Grenznutzen“. Dieser konnte in der TRANS OP Studie jedoch nicht bestätigt werden.
Allerdings wurde laut dieser Untersuchung gerade einmal in 17% der Fälle das
vom Leistungsträger bewilligte Stundenkontingent vollständig genutzt.
Es gibt kaum katamnestische Langzeituntersuchungen die über mehr als 2 Jahre hinausgehen (Fairburn 1986, Lacey 1983). Mitchell et al. (1985) beschrieb,
dass die meisten Rückfälle bei bulimischen Patientinnen innerhalb der ersten
sechs Monate nach Behandlung auftreten und somit die Untersuchung des ersten Jahres post Behandlung ausreichend sei.
Der Kostenträger interessiert sich für die Verfahren, die bei zufriedenstellendem
Ergebnis die niedrigsten Kosten verursachen. In einer aktuellen Studie von
Puschner und Kraft (2008) wird gezeigt, dass es „keine nennenswerten Unter-
Diskussion
63
schiede hinsichtlich der Kosteneffektivität zwischen den beiden Verfahren
(VT/PD)“ gibt.
Es ist zu befürchten, dass die dünne Studienlage zu Langzeittherapien sowohl
bei psychodynamischen als auch für verhaltenstherapeutischen Therapieverfahren gegen diese und zugunsten von stärker beforschten Kurzpsychotherapien verwendet werden.
4.3.2 Diskussion manualisierte Therapieformen
Manualisierte Therapieformen werden bisher von niederglassenen Psychotherapeuten eher kritisch gesehen. Während eher Verhaltenstherapeuten die Vorzüge einer manualisierten Therapieform schätzen, sehen psychodynamisch arbeitende Therapeuten sich in Ihrer Therapieform beschränkt bzw. ihre Therapieform bedroht.
Bereits Mussell (1999) berichtete dass in den USA zwar Manual-basierte Therapie als Therapieform der Wahl gelte, dennoch habe diese Therapieform noch
keine adäquate Verbreitung erreicht. Ähnliches zeigt unsere Befragung.
17 Therapeuten, die keine Manuale nutzen, sind davon überzeugt, dass eine
individuelle Vorgehensweise effektiver ist. Weitere drei bezeichneten Therapiemanuale als zu rigide. Allerdings befürworteten Therapeuten in unserer Erhebung die Strukturierung durch Therapiemanualen zu Therapiebeginn und bei
Unerfahrenheit. Außerdem begrüßte ein Therapeut die Möglichkeit Manuale in
sein Therapiekonzept zu integrieren. Auch unter Nutzern von Therapiemanualen
wird diese Form der Therapie kritisch betrachtet. Selbst unter den Psychotherapeuten die angaben diese Therapieform zu nutzen fand sich keiner der Manuale
als ganzes nutzt, sondern lediglich auszugsweise. Auch die 2. Hypothese kann
somit als bestätigt betrachtet werden.
Diskussion
64
4.3.3. Diskussion Therapieforschung, Leitlinientherapie und evidenz-basierte
Medizin
Bislang wurden in Deutschland nur wenige naturalistische Wirksamkeitsstudien
im ambulanten psychotherapeutischen Bereich durchgeführt, also Studien die
in nicht unter Laborbedingungen entstanden. Die prospektive Studie von
Brockmann et al. (2003) bezieht sich auf eine relativ kleine Stichprobe und ist
auf eine spezifische Diagnosengruppe beschränkt. Des Weiteren wäre die
TRANS-OP Studie von Kordy et al. (2003) zu benennen. Hier wurde an einer größeren Stichprobe unter naturalistischen Voraussetzungen untersucht, wie sich
unter ambulanten Psychotherapien der Verlauf über 2 Jahre hinweg verändert.
Auch wenn einige Studien zu Kurzzeittherapien mit verhaltenstherapeutischen
oder psychodynamischen Ansätzen vorliegen (Orlinsky et al. 1994; Dare et al.
2001; Gowers et al. 1993; Fairburn 1986; Garner et al. 1993; Bachar et al. 1999),
gibt es vor allem ein Defizit an prospektiven Studien zu Langzeittherapien sowohl für Verhaltenstherapien als auch für psychodynamisch orientierten Verfahren. Dementsprechend ist die Studienlage in Deutschland derzeit noch zu dünn
um die Wirksamkeit ambulanter Langzeit-Behandlungen zu beurteilen und es
besteht immer noch ein Bedarf an groß angelegten naturalistischen Vergleichsstudien im ambulanten Bereich (Schulz 2006). Die für dieses Ungleichgewicht
an Studien verantwortlichen Ursachen liegen mitunter an wissenschaftstheoretischen Grundlagen (Zepf u. Hartmann, 2002). Der von Therapieforschern geforderte Wirksamkeitsnachweis (Buchkremer u. Klingberg, 2001) mithilfe von RCTStudien ist in Langzeittherapien aus methodischen Gründen nicht umsetzbar
(Kontrollgruppen mit Wartelisten oder unbehandelte Patientengruppen) und
ethisch häufig nicht vertretbar.
In einer US amerikanischen Studie stellten Haas und Clopton et al. (2002) fest,
dass Therapeuten in der klinischen Praxis empirisch nachgewiesene Therapieverfahren nicht nur aufgrund eines Mangels an klinischer Erfahrung nicht verwenden, sondern auch weil diese Verfahren kaum Hilfestellungen bei Essstö-
Diskussion
65
rungen mit Komorbiditäten bieten. Die Studie ergab auch, dass zwar weniger als
ein Drittel der Therapeuten Erfahrung mit Manualen hatten (in unserer Untersuchung gaben 58% der Therapeuten an keine Therapiemanuale zu kennen), die
meisten aber bereit wären, mehr über empirically supported treatment Verfahren zu lernen. In unserer Studie waren 68% der Therapeuten bereit Therapiemanuale zu nutzen.
Interessanterweise zeigt sich in einer Studie von Tobin et al. (2007), dass sich
nur 6% der klinischen Psychotherapeuten in den USA eng an Therapiemanualen
orientieren.
Die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung beschreiben die Definition von Leitlinien wie folgt: „Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über die angemessene Versorgungsweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen. Leitlinien sind wissenschaftlich begründete
und praxisorientierte Handlungsempfehlungen. Leitlinien sind Orientierungshilfen, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar
muss“ (BÄK, KVB 1997). Zwar werden in den Leitlinien die Behandlungsmethoden nicht strikt festgelegt, dennoch ist klar, dass diese die Richtung weisen sollen. Es liegt also am gemeinsamen Bundesausschuss, bestehend aus den Vertretern der KBV, der Spitzenverbände der Krankenkassen sowie unparteiischen
Mitgliedern, diese Leitlinien zur Mussvorschriften zu ernennen.
Unter bestimmten Voraussetzungen müssten Therapieleitlinien aber keine Einschränkung für Psychotherapeuten darstellen, sondern könnten eine Hilfestellung für den praktizierenden Psychotherapeuten sein.
Die Vorteile die Leitlinien in der Psychotherapie liegen sowohl in der Vergleichbarkeit der Wirkung von psychotherapeutischen und medizinischen Maßnahmen sowie in der Absicherung des Therapeuten durch eine einheitliche Strukturqualität der Therapie (Qualifikation, Weiterbildung). Ziel ist es die Prozessund Ergebnisqualität in der Diagnostik zu sichern.
In einer Ausgabe der bvvpsw vom 12.06.08 fordert der Autor (Deister, 2008) bei
Diskussion
66
der Entwicklung von Therapieleitlinien für Psychotherapeuten die Einzigartigkeit
der Beziehung zwischen Patient und Therapeut zu berücksichtigen sowie die
Individualität psychischer Erkrankungen zu würdigen. Er begründet seine Aussage mit den rechtlichen Folgen und Verpflichtungen. Diese Aussage spiegelt
auch das Bild unserer Untersuchung wider.
Mit der Einführung von Leitlinien wird außerdem versucht, einen höheren Grad
an Professionalisierung zu erreichen, was letztendlich auch, so wird erwartet, zu
einer größeren Akzeptanz der Psychotherapie in der Öffentlichkeit führt. Politisch betrachtet, wird den Therapeuten und allen Behandlern eine Bringschuld
übertragen, in dem sie die Wirksamkeit ihres Therapieverfahrens belegen müssen. Seitens der Kostenträger erhofft man sich durch die Einführung von Therapieleitlinien eine kosteneffizientere Behandlung.
Therapeuten stehen Leitlinien häufig kritisch gegenüber. Ihre Befürchtungen
sind vielfältig. Vor allem aber fühlen Therapeuten sich verunsichert und befürchten die Abgabe ihrer therapeutischen Entscheidungsgewalt und die Beeinflussung des Patienten-/ Therapeutenverhältnisses. Vor allem psychodynamisch
orientierte Psychotherapeuten in Deutschland sind eng an die von ihnen praktizierten Verfahren gebunden und haben Angst, dass ihre Therapieform nicht
mehr abrechenbar wird, da keine „Level I“ und „Level II“ -Studien zu diesen Verfahren vorliegen. Was die Frage aufwirft, ob möglicherweise zukünftig RCTStudien als Grundvoraussetzung und somit die Evidenz-basierung zum Zulassungskriterium wird. Viele Therapeuten sehen deshalb durch die externe Evaluation ihre berufliche Identität bedroht und befürchten einen Wandel in der
Psychotherapie, der ihr individuelles und intuitives Vorgehen verhindern und zu
einem rational kalkulierbaren Prozedere machen (Tschuschke 2007). Dies bedeutet eine riesige Diskrepanz zwischen Forschung und Praxis.
Evidenz-basierte Leitlinien sind limitiert durch die Qualität der vorliegenden Forschung. Die „NICE-Guidelines“ betonen den Mangel an hinreichender Evidenz
Diskussion
67
zur Anleitung in mehreren wichtigen Bereichen, wie zum Bespiel im Bereich der
atypischen Essstörungen (Essstörungen nicht weiter spezifiziert) mit häufigen
Vorkommen.
Diese empirischen Psychotherapiestudien müssen eine methodisch angemessene interne Validität aufweisen, ihre Ergebnisse sollen eine Relevanz für die
klinische Praxis haben und nicht nur für Forscher (Wilson 2005), sondern auch
für praktisch tätige Psychotherapeuten von Interesse und Bedeutung sein (Fydrich 2007). Da lediglich Therapieverfahren als evidenz-basiert (Evidenzgrad I)
eingestuft werden, deren Wirksamkeit in randomisierten klinischen Studien
(RCT, Randomized Controlled Trial) bei klar beschriebenen Patientengruppen
nachgewiesen werden kann, werden in den Leitlinien auch vorwiegend diese
Verfahren empfohlen. Die Therapie sollte idealerweise in einer manualisierten
Beschreibung vorliegen (vgl. Jong-Meyer et al. 2005; Hautzinger; Kühner u.
Schramm (2005)
Die exklusive Stellung der manualgestützten RCTs als einzige Methode zum
Wirksamkeitsnachweis eines Verfahrens ist somit auch der Hauptkritikpunkt bei
der Entwicklung von Leitlinien. Das Hauptargument ist, dass es fraglich erscheint, ob Ergebnisse aus RCTs repräsentativ für die klinische Praxis sind (Seligman 1995; Roth u. Parry 1997; Beutler 1998; Henry 1998; Westen et al. 2004)
Die Kritiker argumentieren, dass RCTs nicht geeignet seien um einen Wirksamkeitsnachweis zu erstellen, da sie nichts über die richtigen Wirkfaktoren aussagen (Tschuschke u. Kächele 1998). Aufgrund der starken Selektion von Patienten
im Rahmen der Ein- und Ausschlusskriterien könne aus den RCTs keine Aussage
über die klinische Praxis getroffen werden (Howard et al. 1994). Ausserdem sei
die Methodik der RCT’s nicht anwendbar auf Jahre andauernde psychoanalytische Langzeittherapien (Seligmann 1995).
Kächele et al. argumentieren „Die meissten Forschungsergebnisse fokussieren
immer noch zu sehr und primär auf die generelle Wirksamkeit von Interventionen und zu wenig auf differenzielle (Prozessergebnis-) Zusammenhänge“ (Kächele et al. 2008 Psychotherapeut Ausgabe 53 S. 409).
Diskussion
68
Einige argumentieren, dass die Wirksamkeit der Psychotherapie generell belegt
sei und somit RCTs keine Priorität haben (Strauss u. Kächele 1998). Weiterhin
bemängeln die Kritiker die Reduzierung von Psychotherapie auf den Gebrauch
von störungsspezifischen Manualen, der in hohem Masse dem umfassenden
klinischen Training von Therapeuten schade (Henry 1998). Letztendlich wird
nach Ansicht vieler Kritiker die Therapeut-Patientenbeziehung in Manualen nicht
ausreichend berücksichtigt (Garfield 1996).
4.3.4 Richtlinienverfahren und Leitlinien
Historisch begründet gibt es in Deutschland die Psychotherapierichtlinien (vom
01.10.1967), das besonders im ambulanten Behandlungsbereich die zugelassenen Therapieverfahren therapieschulenspezifisch in tiefenpsychologische und
psychoanalytische Therapieverfahren trennt (Rüger 2007). Später wurde zusätzlich noch das verhaltenstherapeutische Therapieverfahren zugelassen (Schulz
2004). Die Behandlung eines Patienten mit einer Kombination von oben genannten Therapieformen, sowie parallel laufende Therapieverfahren wird nach
den Richtlinien ausgeschlossen. Mit der Entstehung der Richtlinien wurde das
Gutachterverfahren zur Überprüfung der Indikation beim jeweiligen Patienten
festgelegt. Trotz Tendenzen diese Strukturen aufzulösen und integrative schulenübergreifende Therapiemodelle zu entwickeln (Dahm 2008) hat sich die Behandlung in Deutschland nicht geändert (vgl. Kächele 2008). Angesichts der
Verteilung der verwendeten Therapieverfahren ist zu erkennen, dass vor allem
psychologische Psychotherapeuten Verhaltenstherapien (zu 46%) abrechnen
(57% in unserer Untersuchung), wohingegen psychotherapeutisch tätige Ärzte
lediglich zu 13% (7% in unserer Untersuchung) Verhaltenstherapien anbieten
(KBV, 2008). Somit konnte auch die 3. Hypothese bestätigt werden.
Der Vergleich verhaltenstherapeutischer und psychodynamischer Therapien anhand ihres Therapieerfolges erweist sich als schwierig. Es gibt kaum Literatur
zur Therapieforschung ambulanter psychodynamischer Langzeittherapien (vgl.
Tabelle 3) (Dare et al. 2001; Gowers et al. 1993; Fairburn et al. 1986; Garner et al.
Diskussion
69
1993; Bachar et al. 1999). Der individuelle Verlauf bei Langzeittherapien macht
einen Vergleich in RCTs vermutlich unmöglich (Bowe 2008). Auch erscheinen die
Ansätze der Therapieformen zu unterschiedlich, um diese in RCTs zu vergleichen. Dennoch müssen sich auch psychodynamische Therapieformen der Frage
nach ihrem Erfolg stellen. Die kognitive Verhaltenstherapie weist mit 62% Symptombesserung bis zur 6. Woche der Therapie einen vergleichsweise schnelleren Behandlungseffekt als die tiefenpsychologische Therapie auf (Wilson 2002).
In einer Übersichtsstudie von Fonagy et al. (2005) wird berichtet, dass die psychodynamische Therapie der Bulimia nervosa der kognitiven Verhaltenstherapie
dann ebenbürtig ist, wenn sie entsprechend der Patientenproblematik modifiziert wird und Techniken aus anderen Therapieansätzen integriert werden.
Aus einer Studie von Thompson-Brenner (2005) ist zu erfahren, dass klinische
Psychotherapeuten in den USA zu 98% sowohl verhaltenstherapeutische als
auch psychodynamische Interventionen verfolgen. Aus dieser Untersuchung
geht ausserdem hervor, dass bei Verhaltenstherapeuten (im Vergleich zu psychodynamischen Therapeuten) zwar zu einem höheren Anteil kognitive Verhaltenstherapie zum Einsatz kommt dennoch greifen die Verhaltenstherapeuten
gerade bei Vorliegen von Komorbiditäten wie der Depression auch auf psychodynamische Strategien zurück.
In der Fachzeitschrift „Psychotherapeut“ wurde ein Artikel (Reich 2006) veröffentlicht, der „neue“ Wege in der Behandlung der Bulimia nervosa durch eine
Kombination von Therapiekonzepten aufzeigt.
Reich (2007) berichtet in seinem Artikel „störungsorientierte psychodynamische
Therapie der Bulimie“ das es insbesonders in der Anfangsphase sinnvoll sein
kann verhaltensorientierte und psychoedukative Elemente in die Therapie einzubeziehen. Das belegt auch eine Untersuchung der APA (2005), die zeigt, dass
eine kognitive Verhaltenstherapie zwar zu einer schnellen Remission der Patienten führt, aber die Kombination mit tiefenpsychologischen Verfahren ein besseres Gesamtergebnis erzielt. Laut dieser Untersuchungen profitieren gerade Pa-
Diskussion
70
tienten mit Komorbiditäten von einer Langzeit-Therapie. Die vorliegende Datenlage und der Anspruch dem niedergelassenen Psychotherapeuten die neuesten
wissenschaftlichen Ergebnisse in Form von Leitlinien zur Verfügung zu stellen
widerspricht dem Richtlinienverfahren. Die vorliegende Literatur und die Ergebnisse unserer Untersuchung geben Grund zum Anlass das bestehende Richtlinienverfahren zu überdenken um Platz zumachen für Verfahren-übergreifende,
integrativeTherapieleitlinien.
Diskussion
71
4.4. Schlussfolgerungen
In unserer Arbeit, in der wir die Einstellung niedergelassener Psychotherapeuten
zu manualisierter Therapieform und zu Leitlinien anhand der Behandlung von
Essstörungen untersucht haben und die Ergebnisse mit den Ergebnissen aus
der psychotherapeutischen Forschung verglichen haben, ergaben sich folgende
Schlussfolgerungen.
1. Psychotherapeutische Forschung und psychotherapeutische Praxis differieren erheblich.
2. Praktisch-therapeutische-wissenschaftliche und wirtschaftliche Interessen (vor allem der Kassen) stehen im Konflikt.
3. Obwohl in der Forschung RCTs als Goldstandard gelten, werden diese im
Rahmen der Psychotherapieforschung sowohl von praktisch tätigen Therapeuten als auch von Forschern stark kritisiert.
4. Die in der Therapieforschung beforschten Kurztherapiekonzepte (unter
25 Therapiestunden) werden von Therapeuten meist nicht angewandt.
5. Es besteht Bedarf an weiteren Untersuchungen zu psychodynamischen
und verhaltenstherapeutischen Langzeittherapien bei der Behandlung
von Essstörungen, sowie katamnestischen Studien zu verhaltenstherapeutischen und psychodynamischen Verfahren.
6. Therapiemanuale sind bei Psychotherapeuten nur wenig bekannt und
finden oft nur auszugsweise Anwendung in der psychotherapeutischen
Praxis, wobei psychodynamische Therapeuten Therapiemanuale seltener
verwenden als Verhaltenstherapeuten.
7. Es gibt offene Fragen, die Therapeuten gerne in Leitlinien beantwortet
finden würden.
8. Leitlinien zu Essstörungen würden von einem Großteil der Therapeuten
anerkannt, wenn diese nicht zur verbindlichen Vorgabe gemacht würden.
9. Es ist zu wünschen, dass praktisch tätige Psychotherapeuten an der Entwicklung von Leitlinien beteiligt werden, um Bedenken auszuräumen und
eine größere Akzeptanz zu erreichen.
Zusammenfassung
72
5. Zusammenfassung
Richtlinienpsychotherapie, manualisierte Therapieformen und Therapieleitlinien
sind aktuell Streitpunkte zwischen praktisch tätigen Therapeuten und Vertretern
der aktuellen Psychotherapieforschung. Auf dem Hintergrund der derzeit entwickelten Leitlinien zur Behandlung von Essstörungen wurde in dieser Arbeit die
Einstellung von niedergelassenen Psychotherapeuten zu Therapieleitlinien und
Therapiemanualen zur Behandlung der Anorexia nervosa und der Bulimia nervosa untersucht.
Basierend auf der vorliegenden Literatur wurden die Fragestellungen für diese
Arbeit entwickelt. So sollte erhoben werden, wie lange Psychotherapien in der
Praxis des Niedergelassenen dauern und ob die Dauer der Behandlungen und
die Akzeptanz von Therapieleitlinien abhängig ist vom eingesetzten Therapieverfahren. Weiter sollte erfasst werden, welche Einstellung niedergelassene
Psychotherapeuten zu manualisierten Therapieformen haben.
In Form einer schriftlichen Aussendung wurden hierfür 132 niedergelassene
Psychotherapeuten im Kreis Ulm/Neu-Ulm zu diesem Thema befragt. 51 Therapeuten beantworteten den Fragebogen, das entspricht einer Rücklaufquote von
38,6%.
Die durchschnittliche (geschätzte) Therapiedauer einer Bulimia nervosa lag mit
72,8 Therapiestunden bei psychodynamischer Therapie (einschließlich Psychoanalyse) über der für Verhaltenstherapie (49,4 Therapiestunden). Ein ähnliches
Ergebnis zeigte der Vergleich der Therapiedauer zur Behandlung von Anorexie
(psychodynamisches Verfahren 81,7 Therapiestunden, Verhaltenstherapie 62,5
Stunden). Diese Dauern sind wesentlich länger als die etwa 20 Stunden manualisierter Therapie, die in Therapiestudien üblich sind. Es zeigte sich, dass Therapiemanuale für einen Großteil der befragten Therapeuten, vor allem aber für
psychodynamisch tätige Psychotherapeuten, fremd sind oder sie diese grundsätzlich ablehnen. Verhaltenstherapeuten kennen zum Großteil Therapiemanuale, nutzen diese aber nur auszugsweise. Viele Therapeuten sind davon überzeugt, dass ihre individuelle Herangehensweise nicht zuletzt aufgrund der ho-
Zusammenfassung
73
hen Komorbiditätsraten bei der Therapie von Essstörungen effektiver ist als ein
manualisiertes Verfahren. Vor allem psychodynamisch tätige Psychotherapeuten bezweifeln, dass die in randomisierten klinischen Studien genutzten Therapiemanuale ein geeignetes Mittel zur Beforschung der Psychotherapie darstellen. Zum Einsatz kommen die Manuale in der Praxis vor allem in der Anfangsphase der Therapie, zur Strukturierung der Therapie und bei Unerfahrenheit des
Therapeuten. Hauptkritikpunkt an den manualisierten Therapien war laut der
von uns befragten Therapeuten die Rigidität dieser Verfahren und die fehlenden
Behandlungskonzepte bei Komorbiditäten. Dementsprechend wünschen sich
niedergelassene Psychotherapeuten in unserer Befragung ein evidenzbasiertes, flexibel und modular aufgebautes Therapiemanual, das dem Therapeuten dennoch Freiräume in der Behandlung lässt.
Unsere Untersuchung zeigte aber auch, dass niedergelassene Psychotherapeuten sehr wohl bereit wären sich an Therapieleitlinien zu Essstörungen zu orientieren (88,2%). Sie erhoffen sich von Therapieleitlinien auch die Beantwortung
vieler offener Fragen und Therapieschulen übergreifender Empfehlungen. Dennoch fürchtet der Großteil der Therapeuten (vor allem psychodynamisch tätige
Psychotherapeuten) Leitlinien als gesetzliche Vorgabe, die sie als Therapeut in
ihrer praktischen Ausübung beschränken und unter Umständen Nachteile auch
finanzieller Art für sie bedeuten könnten.
Es ist zu überlegen ob die Entwicklung praxisnaher Leitlinien das bestehende
Richtlinienverfahren ablösen könnte. Diese Leitlinien sollten allerdings nicht
fernab von der Praxis unter laborähnlichen Bedingungen entstehen, sondern
sich vielmehr aus naturalistischen Untersuchungen entwickeln, im Konsens mit
den niedergelassenen Psychotherapeuten.
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Anhang
93
Anhang
94
Anhang
95
Anhang
96
97
Anhang
Die Teilnehmer des Symposiums „Das Unbehagen in der (Psychotherapie-) Kultur“ am 17./18. März 2006 in Bonn-Röttgen beschließen folgende
Bonner Erklärung
Wir beobachten mit großer Sorge in der Psychotherapie eine Verengung des
Denkens auf Ansätze, die eine "evidenz-basierte Einheitspsychotherapie" favorisieren. Sinnverstehende, einem humanistischen Menschenbild verpflichtete
psychotherapeutische Traditionen haben in dieser Konzeption keinen Platz: Sie
sollen inhaltlich, politisch und ökonomisch verdrängt und ausgegrenzt werden.
Psychotherapeutische Verfahren sind nach unserem Verständnis nicht eine
Sammlung von Behandlungstechniken, sondern ein System von anthropologischen Grundannahmen, Persönlichkeits- und Störungstheorien, Behandlungsund Techniktheorien und darauf beruhender Behandlungspraxis. Das schließt
wissenschaftlich begründete Weiterentwicklung und den Austausch zwischen
verschiedenen psychotherapeutischen Traditionen ausdrücklich ein.
Wir wenden uns deshalb gegen die Zergliederung von Psychotherapieverfahren in Verfahren, Methoden und Techniken und gegen die ausschließende, diagnosebezogene Zuordnung von Psychotherapieverfahren. Der Reduzierung der
Patienten auf Symptome liegt ein Psychotherapieverständnis zugrunde, das mit
dem Selbstverständnis der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und
dem geltenden Psychotherapeutenrecht nicht zu vereinbaren ist. Für die ganzheitliche Sicht des Menschen, für eine verlässliche psychotherapeutische Beziehung und für die Entwicklungsmöglichkeiten der Patienten bliebe kein Raum.
Psychotherapeuten behandeln nicht Symptome, sondern Menschen, die an
Symptomen leiden!
Eine Beschränkung von Psychotherapieverfahren auf bestimmte Symptombereiche und eine Zersplitterung der Psychotherapie in Teilbereiche ist auch
aus der Psychotherapieforschung nicht abzuleiten.
Die Vielzahl der Lebensentwürfe und die vielfältigen Zugänge zum Verständnis
Anhang
98
menschlicher Existenz, die sich in unserer pluralen Wertekultur entfalten, finden ihre notwendige Entsprechung in den unterschiedlichen psychotherapeutischen Grundrichtungen.
Den neuen Absichten des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit Eingriff
in das Berufsrecht und das Selbstverständnis der überwiegenden Zahl der Psychotherapeuten setzen wir unseren Widerstand entgegen – im Interesse der
Patienten, denen wir verpflichtet sind und im Interesse der Qualität der psychotherapeutischen Versorgung.
Wir lehnen die Anerkennung und die Zulassung von psychotherapeutischen
Verfahren ausschließlich auf der Grundlage von Wirksamkeitsmessungen an
bestimmten ICD-10-Diagnosen ab. Das Vorgehen steht im Widerspruch zum
Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, es erfasst nur einen Bruchteil der
Faktoren, die eine erfolgreiche Psychotherapie ermöglichen.
Wir wenden uns deshalb nachdrücklich gegen die vom Gemeinsamen Bundesausschuss derzeit angestrebte Form der Neufassung der Psychotherapierichtlinien.
Lebenslauf
0
Ich bedanke mich vielmals bei Herrn Prof. von Wietersheim für seine sehr gute
Betreuung und Unterstützung bei dieser Arbeit.
Ganz besonders bedanke ich mich bei meinen Eltern, die mich stets unterstützt
haben und mir mein Studium erst ermöglichten.
Ich danke meiner Freundin Annika Ullmann für ihr Verständnis und ihre Unterstützung.
Ein besonderes Dankeschön gilt Frau Edit Rottler für ihre Unterstützung bei der
statistischen Auswertung der Daten und dafür, dass sie mir bei Fragen immer
mit Rat und Tat zur Seite stand.
Ich danke meiner Großtante Ilse Nigro für ihre Unterstützung und ihre Hilfe beim
Korrekturlesen.
Ich danke Petra Kornschober für ihre Hilfe beim Korrekturlesen.
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