LD Handblätter Physik Elektrizitätslehre Elektromagnetische Schwingungen und Wellen P3.7.4.1 Mikrowellen Feldverlauf und Polarisation von Mikrowellen vor einer Hornantenne Versuchsziele Messung des transversalen und longitudinalen Feldverlaufs von Mikrowellen vor einer Hornantenne. Nachweis der Polarisierbarkeit von Mikrowellen und Bestimmung der Polarisation der abgestrahlten Mikrowellen. Grundlagen Eigenschaften von Mikrowellen: Mikrowellenquelle: Mikrowellen sind elektromagnetische Wellen mit Frequenzen von 300 MHz bis 300 GHz und Wellenlängen von 1 m bis 1 mm. Obwohl die Frequenzen mehr als 3 Dekaden unter denen für sichtbares Licht liegen, lassen sich viele Eigenschaften von Mikrowellenstrahlung mit denen von sichtbarem Licht vergleichen. Als Mikrowellenquelle dient im Versuch ein Gunn-Oszillator, der auf einer Frequenz von 9,4 MHz arbeitet und über eine angekoppelte Hornantenne eine Leistung von ca. 10 mW abgibt (siehe Fig. 1). Er ist als kurzer Abschnitt eines Rechteckhohlleiters aufgebaut, in dem dicht vor der Rückwand ein kleiner Keramikkörper durch einen Messingpfosten gehalten wird. Im Keramikkörper befindet sich ein Halbleiterbaustein mit einem negativen differentiellen Widerstand. Dieses sog. GunnElement ist das aktive, die Schwingungen des elektrischen und magnetischen Feldes erzeugende Element. Durch eine Lochblende auf der gegenüberliegenden Seite wird der Hohlleiter abgeschlossen und ein Teil der erzeugten Mikrowellenleistung ausgekoppelt. An den so abgeschlossenen Hohlraum ist durch ein weiteres Hohlleiterstück die Hornantenne angekoppelt, die die Mikrowellenleistung in den freien Raum abstrahlt. So können Mikrowellen ebenso wie Lichtwellen polarisiert werden. Man spricht von linearer Polarisation, wenn die elektrische Feldstärke in einer festen Ebene schwingt. Eine solche lineare Polarisation kann mit einem Polarisator erzeugt bzw. analysiert werden. Trifft eine linear polarisierte Welle mit der elektrischen Feldamplitude E0 auf einen um den Winkel zur Polarisationsrichtung der Welle gedrehten Polarisator, so lässt der Polarisator die Feldkomponente E () = E0 cos (I) durch. Die Intensität der Welle beträgt daher hinter dem Polarisator I () = I0 cos 2 Fig. 1 (II). 0612-Bb/Sel Gl. (II) ist in der Optik als Malussches Gesetz bekannt. Deutlich unterschiedlich ist die Erzeugung von Mikrowellen und Lichtwellen. Mikrowellen werden in der Regel als stehende Wellen in einem Hohlleiter erzeugt und über eine ausgedehnte Antenne in den freien Raum abgestrahlt. In einiger Entfernung kann die Antenne als punktförmige Quelle betrachtet werden. In dieser Entfernung schwingen die elektrische und die magnetische Feldstärke der Mikrowelle senkrecht zueinander und zur Ausbreitungsrichtung (Fernfeld). Beide nehmen – im konstanten Verhältnis zueinander – umgekehrt proportional zur Entfernung ab: E0 ⬃ B0 ⬃ 1 r (III) In Entfernungen unter dem Grenzwert D2 (IV) D: größte Querabmessung der Antenne, : Wellenlänge rD = 2 ⋅ ist der Verlauf des abgestrahlten Wellenfeldes komplizierter (Nahfeld). Nur in senkrecht zur Antenne abgestrahlten Wellen stehen Ausbreitungsrichtung, sowie elektrisches und magnetisches Feld senkrecht zueinander. 1 Interner Aufbau der Mikrowellenquelle und Verlauf der elektrischen Feldstärke E in der Grundmode der Hohlraumschwingung a Gunn-Element, b Hohlraum, c Lochblende, d Hohlleiter, e Hornantenne LD Handblätter Physik P3.7.4.1 Geräte 1 Gunn-Oszillator . . . . . . . . . . . 1 Große Hornantenne . . . . . . . . . 1 Stativstange 245 mm, mit Gewinde 1 Gunn-Versorgung . . . . . . . . . . 1 E-Feld-Sonde . . . . . . . . . . . . 1 Zubehör Physik Mikrowellen I . . . 1 Voltmeter, DC, U ⱕ 10 V . . . . . . 2 Sockel . . . . . . . . . . . . . . . . 2 HF-Kabel, 2 m . . . . . . . . . . . . 1 Paar Kabel, 100 cm, schwarz . . . . zusätzlich empfohlen: 1 Satz Noppenabsorber . . . . . . . zusätzlich erforderlich: Lineal oder Millimeterpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . z. B. . . . . . . . . . 737 01 737 21 309 06 578 737 020 737 35 737 27 531 100 300 11 501 022 501 461 . . . 737 390 Fig. 2 Interner Aufbau der E-Feld-Sonde a Hochfrequenz-Diode, b Dipolantenne, c Graphitschichten, d verdrillte Cu-Bahnen gnetisch induzierter Spannungen sind die Kupferbahnen im unteren Teil der Sonde verdrillt. Im Hohlraum können sich stehende elektromagnetische Wellen ausbilden, deren Wellenlängen durch die Abmessungen des Hohlraums festgelegt sind. Ein Verkleinern des Hohlraums bewirkt durch Herabsetzung der Wellenlänge eine Frequenzerhöhung. Auch durch Einbringen eines dielektrischen Stiftes kann die Frequenz verändert werden. Genau betrachtet misst die E-Feld-Sonde die Komponente des elektrischen Feldes parallel zur Längsachse der Sonde und richtet das Signal gleich. Da die Diodenkennlinie nicht linear ist, ist das Ausgangssignal in guter Näherung proportional zum Betragsquadrat der Feldstärkekomponente. In das Versorgungsgerät für den Gunn-Oszillator ist ein Verstärker für das Ausgangssignals der E-Feld-Sonde integriert. In der Grundmode ist die Resonanzfrequenz gegeben durch c 1 1 ⋅√ + 2 (V) 2 s b 2 c: Lichtgeschwindigkeit, b: Hohlraumbreite s: Hohlraumlänge (hier: Abstand zwischen Lochblende und Gunn-Element, siehe Fig. 1) f= Polarisationsgitter: Für s = 22 mm und b = 23 mm berechnet man f = 9,4 GHz und daraus = 33 mm. Der Grenzwert für das Fernfeld beträgt bei der Antennenabmessung D = 80 mm somit rD = 400 mm. Als Polarisator für Mikrowellen wird ein Polarisationsgitter eingesetzt, das als gedruckte Schaltung auf einer Leiterkarte aufgebaut ist. Streifenförmige, verzinnte Kupferbahnen verhindern durch ihre hohe elektrische Leitfähigkeit die Existenz eines elektrischen Feldes parallel zu den Streifen. Das elektrische Feld kann sich nur senkrecht zu den Metallstreifen ausbilden. Messung der Feldstärke: Mit einer E-Feld-Sonde (siehe Fig. 2) wird die elektrische Feldstärke im Mikrowellenfeld punktförmig gemessen, ohne den Feldverlauf zu beeinflussen. Dazu wirken kurze, an eine Hochfrequenz-Diode angelötete Leiterbahnstücke als Dipolantenne für Mikrowellen. Eine hochohmige Widerstandsschicht aus Graphit leitet das Empfangssignal ab. Zur Reduzierung ma- Fig. 3 Sicherheitshinweise Achtung Mikrowellenleistung: Die vom Gunn-Oszillator abgegebene Mikrowellenleistung von ca. 10−15 mW ist für den Experimentierenden ungefährlich. Im Hinblick auf einen möglichen Umgang mit Mikrowellensystemen größerer Leistung sollen aber gewisse Sicherheitsregeln trainiert werden. Niemals direkt in die strahlende Hornantenne schauen. Gunn-Oszillator vor Positionierarbeiten im Versuchsaufbau spannungsfrei schalten. 2 Interner Aufbau des Polarisationsgitters a Träger, b Metallstreifen LD Handblätter Physik Fig. 4 P3.7.4.1 Versuchsaufbau links: zur Messung des Feldverlaufs vor der Hornantenne rechts: zur Bestimmung der Polarisation Aufbau Durchführung Hinweise: a) Transversaler Feldverlauf: – E-Feld-Sonde im Abstand x0 = 100 mm vor der Hornanten- Durch Reflexion der Mikrowellen an senkrechten Flächen benachbarter Gegenstände können die Messergebnisse leicht verfälscht werden: Abstrahlrichtung der Hornantenne so wählen, dass reflektierende Flächen mindestens 4 m entfernt sind. Falls möglich, mit Hilfe von Noppenabsorbern einen reflexarmen Messraum aufbauen. ne aufstellen. – Position der E-Feld-Sonde von y = −200 mm bis +200 mm – b) Longitudinaler Feldverlauf: – E-Feld-Sonde mittig vor der Hornantenne aufstellen Bei gleichzeitigem Betrieb mehrerer Versuchsaufbauten mit Mikrowellen können benachbarte Gunn-Oszillatoren stören: Versuchsaufbauten möglichst geschickt anordnen. In diesem Fall unbedingt mit Hilfe von Noppenabsorbern getrennte reflexarme Messräume aufbauen. (y0 = 0 mm). – Empfangssignal U von x = 100 mm bis 820 mm in Schritten von 40 mm ausmessen und protokollieren. c) Polarisation: In Kabelschleifen können durch das zeitlich variierende Magnetfeld der Mikrowellen Spannungen induziert werden: Kabelschleifen vermeiden. zunächst: – E-Feld-Sonde senkrecht und dann waagerecht vor Hornantenne halten und jeweils Empfangssignal U messen. Der Versuchsaufbau ist in Fig. 4 dargestellt. anschließend: – Zur Abstandsmessung Millimeterpapier zu einem 800 mm – E-Feld-Sonde mittig vor der Hornantenne aufstellen (Ab- langen Maßstab zusammenkleben oder Lineal verwenden. – Gunn-Oszillator mit Schnellverschlüssen (b) an Hornanten- – ne befestigen. – Hornantenne waagerecht ausrichten, 245 mm lange Stativ– in Schritten von 40 mm variieren und jeweils Empfangssignal U messen und protokollieren. Messung für Abstand x0 = 200 mm wiederholen. stange in entsprechendes Gewinde schrauben und in Sockel festklemmen. Gunn-Oszillator mittels HF-Kabel an Ausgang OUT, EFeld-Sonde an Verstärker-Eingang und Voltmeter an Ausgang DC out der Gunn-Versorgung anschließen. stand ca. 300 mm) und Polarisationsgitter in das Feld zwischen Hornantenne und E-Feld-Sonde bringen. Polarisationsgitter von = 0⬚ bis 180⬚ in Schritten von 10⬚ drehen und jeweils Empfangssignal U messen und notieren. danach: – Hornantenne mit Gunnoszillator in die Senkrechte drehen, – E-Feld-Sonde mittig vor Hornantenne aufstellen. – Modulationsfrequenz mit Frequenzsteller (a) der Gunn-Ver- – sorgung so einstellen, dass am Multimeter ein maximales Empfangssignal U abgelesen wird. 3 Stativstange in entsprechendes Gewinde schrauben und Hornantenne im alten Abstand zu Polarisationsgitter und E-Feld-Sonde aufstellen. Polarisationsgitter wieder von 0⬚ bis 180⬚ in Schritten von 10⬚ drehen und jeweils Empfangssignal U messen und notieren. LD Handblätter Physik P3.7.4.1 Messbeispiel c) Polarisation: a) Transversaler Feldverlauf: Hornantenne waagerecht, E-Feld-Sonde senkrecht: U = 1800 mV: Tab. 1: Empfangssignal U(x0, y) (transversaler Verlauf) y mm x0 = 100 mm x0 = 200 mm U mV U mV −200 14 75 −160 22 235 −120 160 520 −80 820 1200 −40 2920 2200 0 5000 40 Hornantenne waagerecht, E-Feld-Sonde waagerecht: U = 14 mV Tab. 3: Empfangssignal U() hinter dem Polarisationsgitter bei senkrecht stehender E-Feld-Sonde grd waagerechte Hornantenne senkrechte Hornantenne U mV U mV 0 49 10 2700 10 59 64 3750 2100 20 115 210 80 1150 1040 30 190 350 120 245 490 40 370 420 160 52 220 50 600 360 200 19 75 60 940 245 70 1260 100 80 1430 21 90 1500 7 100 1430 42 b) Longitudinaler Feldverlauf: Tab. 2: Empfangssignal U(x, 0) (longitudinaler Verlauf) x mm U mV 110 1220 115 100 5000 120 920 200 140 3800 130 605 290 180 2850 140 350 320 220 2450 150 165 305 260 1750 160 77 195 300 1680 340 1120 170 42 70 380 1075 180 38 10 420 940 460 830 500 570 540 660 580 520 620 490 660 450 700 440 740 340 780 320 820 270 4 LD Handblätter Physik Fig. 5 Transversaler Verlauf des normierten Empfangssignals vor der Hornantenne ( 쏹 : x0 = 100 mm, : x0 = 200 mm) P3.7.4.1 Fig. 6 Longitudinaler Verlauf des normierten Empfangssignals vor der Hornantenne Fig. 7 Normiertes Empfangssignal hinter dem Polarisationsgitter bei senkrecht stehender E-Feld-Sonde 쏹: waagerechte Hornantenne (Messwerte) –––– : senkrechte Polarisation (berechnete Werte) : senkrechte Hornantenne (Messwerte) – – – : waagerechte Polarisation (berechnete Werte) Fig. 8 Berechnung der Komponenten des elektrischen Feldes Auswertung a) Transversaler Feldverlauf: Zur graphischen Darstellung des transversalen Feldverlaufs sind in Fig. 5 die auf U0 = U(100 mm, 0 mm) normierten Messwerte der Tab. 1 eingetragen. b) Longitudinaler Feldverlauf: Die in Fig. 6 dargestellten Werte des longitudinalen Feldverlaufs sind ebenfalls auf U0 = U(100 mm, 0 mm) normiert. Für Abstände x > rD = 400 mm stimmt die – als gestrichelte Linie eingezeichnete – quadratische Hyperbel gut mit den Messdaten überein. Dort gilt also die Fernfeldnäherung 1 1 U ⬃ E2 ⬃ 2 bzw. E ⬃ x x c) Polarisation: Das Empfangssignal wird annähernd Null, wenn bei waagerechter Hornantenne die E-Feld-Sonde ebenfalls waagerecht ausgerichtet ist. Die von der Hornantenne abgestrahlten Wellen sind also senkrecht zur Breitseite der Hornantenne linear polarisiert. In Fig. 7 sind die Messwerte der Tab. 3 – normiert auf den bei waagerechter Hornantenne gemessenen Wert U0 = U(90⬚) – graphisch dargestellt. Die eingezeichneten Kurven wurden mit folgender Überlegung berechnet (siehe Fig. 8): Bei senkrechter Polarisation der Wellen hinter der Hornantenne lässt das Polarisationsgitter senkrecht zu den Metallstreifen die Komponente EP = E0 ⋅ sin des elektrischen Feldes durch, wenn der Winkel zwischen den Metallstreifen des Polarisationsgitters und der Senkrechten ist. Die ebenfalls senkrecht stehende E-Feld-Sonde misst dann die Komponente ES = EP ⋅ sin = E0 ⋅ sin 2 und erzeugt das Empfangssignal U = U0 ⋅ sin 4 (durchgezogene Linie in Fig. 7). Sind die Wellen waagerecht polarisiert, ist hinter dem PolarisationsgitterEP = E0 ⋅ cos . Die E-Feld-Sonde misst dann die Komponente ES = EP ⋅ sin = E0 ⋅ cos ⋅ sin und erzeugt das Empfangssignal U = U0 ⋅ cos 2 ⋅ sin 2 (gestrichelte Linie in Fig. 7). Der Vergleich zwischen Messung und Rechnung bestätigt, dass die von der Hornantenne abgestrahlten Wellen senkrecht zur Breitseite der Hornantenne polarisiert sind. Ergebnis Mikrowellen sind polarisierbar und somit transversale Wellen. Das elektrische Feld vor der Hornantenne ist senkrecht zur Breitseite der Hornantenne linear polarisiert. Das abgestrahlte Signal der Hornantenne nimmt mit zunehmendem Abstand ab. Für große Abstände ist die elektrische Feldstärke des Signals umgekehrt proportional zum Abstand. Das Empfangssignal der E-Feld-Sonde ist proportional zum Quadrat der elektrischen Feldkomponente der Mikrowellen parallel zur Sondenachse. LD DIDACTIC GmbH ⋅ Leyboldstrasse 1 ⋅ D-50354 Hürth ⋅ Phone (02233) 604-0 ⋅ Telefax (02233) 604-222 ⋅ E-Mail: [email protected] © by LD DIDACTIC GmbH Printed in the Federal Republic of Germany Technical alterations reserved