Medizinische Diagnostik bei jungen Kindern Stuttgart im Oktober 2011 Diagnostik bei jungen Kindern DAS VORHABEN: n Entwicklungskonzept n Diagnostik n Zusammenfassung Gerhard Niemann Kinderklinik Schömberg und Universitätsklinikum Tübingen richtige Diagnostik heißt: [email protected] Medizinische Diagnostik bei jungen Kindern DAS n VORHABEN: Entwicklungskonzept – Variabilität - Adaptivität - Individualität – Beurteilbarkeit - Grenzsteine – Konsequenzen n motorisch sprachlich Diagnostik – Warum? – Wie? < < < < < n ENTWICKLUNG Beispiel-1: Beispiel-2 Beispiel-3: Beispiel-4: Beispiel-5: motorische Problematik (Motorik-1) Sprachentwicklungsstörung kognitive Störung sog. CP : Diagnostik u. Betreuung nach Diagnosestellung V.a. Chorea (Motorik-2) Zusammenfassung : richtige Diagnostik heißt: – Bezogen auf die Inhalte: Erarbeitung von spezifischen diagnostischen Wegen; kritische Methodenkenntnis – Bezogen auf die Mediziner: Vermittlungskompetenz; Ausbildung – Bezogen auf die Gesellschaft: Beteiligung am Diskurs Handmotorik Feinmotorik Hand-AugeKoordination kognitiv emotional, sozial Variabilität I n d i v i d u a l i t ä t ä t i v i t p a A d t Grenzsteine der Entwicklung GRENZSTEINE : n Obligate Entwicklungsschritte n ‚Relevante‘ Schritte n Klare Definition und eindeutige, einfache Bestimmbarkeit n Normierung an passender Stichprobe (90. – 97. Perzentile) Grenzsteine der motorischen Entwicklung 3. Monat Kopfkontrolle in BL; Abstützen auf Unterarme 5. / 6. sichere Kopfkontrolle; Faustgriff, greift u. transferiert 9. freies Sitzen Fortbewegen in BL: Drehen, Robben, Rollen... Scherengriff 14. Pinzettengriff 18. freies Gehen 3 Jahre hüpft beidbeinig Stufe herunter; steht kurz auf einem Bein Grenzsteine – und Konsequenzen GRENZSTEINE DIAGNOSTIK Grenzsteine der motorischen Entwicklung und Förderung DIAGNOSTIK -- MÖGLICHE URSACHEN ENTSCHEIDUNG n n n Allgemein zerebral (geistige Behinderung) Psycho-sozial n Normvariante n Entwicklungs Ursache ggf. Therapie auffälligkeit Beurteilung der Entwicklung Grenzsteine der Entwicklung und Förderung INTAKTHEIT des Nervensystems und REIFE- ENTWICKLUNGSSTAND Entwicklungsbeurteilung (Grenzsteine) Neurologische Unters. ENTWICKLUNGS-PÄD. NEURO-PÄDIATRIE Peripher-neurogen, myopathisch Zentral-motorisch THERAPIE - FÖRDERUNG : n Soll / muß therapiert – oder beraten – werden? n Was ist die (behandelbare) Zielsymptomatik? n Auswahl der Mittel; Festlegung von Zeit und Evaluation Grenzsteine der Entwicklung und Förderung Entwicklung und Förderung Ziele der FÖRDERUNG : THERAPIE - FÖRDERUNG : 1. Je nach Ursache 2. Je nach: < Kontext v. Kognition, sozio-emotionalem Stand < Prognose < Leidensdruck < Therapeutischen n Ausgleich des Defizits n Kompensation (bezogen auf das Problem) n Lernen, zu akzeptieren (andere Kompensation) n Stabilisierung der Familie n Kontakt halten, weitere Entwicklung begleiten n weil Familie, Kindergarten… es wünschen Möglichkeiten Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik BEISPIELE WARUM ÜBERHAUPT : n n n n n Motorische Entwicklungsstörung (Motorik-1) n Sprachentwicklungsstörung n Kognitive Störung n Verdacht auf ‚CP‘ n Motorik-2 Ursächliche Behandlung ? Genetische Konsequenzen ? Planung von Begleitung und symptomatischer Behandlung ? Bannung des Namenlosen ? Copinghilfe Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik BEISPIELE n Motorische Entwicklungsstörung (Motorik-1) n Sprachentwicklungsstörung n Kognitive Störung n Verdacht auf ‚CP‘ n Motorik-2 Bewegungsstörung : die Bedeutung der Phänomenologie Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik DIAGNOSTISCHER ZUGANG : n Phänomenologie: – Wie sieht das Problem genau aus ? – Mit wem ist es zusammen ? – Wie hat es sich entwickelt ? – Was macht die Sippe ? n Deutung DIAGNOSTISCHER ZUGANG : n Phänomenologie n Deutung – Topische / System-Zuordnung – Verlauf, zeitlich-pathogenetische Beziehungen, Entwicklungsfelder – bei mehreren Befunden: was gehört dazu, was ist rar Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik n Sicherung des Inhalts, Phänomenologie n Antizipation der möglichen Ursachen n n n n BEISPIELE n Motorische Entwicklungsstörung (Motorik-1) n Sprachentwicklungsstörung n Kognitive Störung n Verdacht auf ‚CP‘ n Motorik-2 Passende Algorithmen Methodenkenntnis Vermittlungskompetenz Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik Verdacht auf SPRACHENTWICKLUNGSSTÖRUNG: Verdacht auf SPRACHENTWICKLUNGSSTÖRUNG : Sprache - oder Sprechen ? n Sprechstörung: Schlucken Myopathie- Mimik, Motorik Diagnostik u.a. n expressive SES - oder/u. rezeptive ? n expr.-rezept. SES: Hören reine SES - oder + kognitive Störg.? n SES + kognitive Störg. weitere Befunde n Verlauf Familie n reine SES - + sozio-emotionale Störg.? Genetik, Bildgebung, Metabolik, EEG Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik n Sicherung des Inhalts, Phänomenologie n Antizipation der möglichen Ursachen n n n BEISPIELE n Motorische Entwicklungsstörung (Motorik-1) n Sprachentwicklungsstörung n Kognitive Störung n Verdacht auf ‚CP‘ n Motorik-2 Passende Algorithmen Methodenkenntnis Vermittlungskompetenz Medizinische Diagnostik MENTALE ENTWICKLUNGSSTÖRUNG - genetische Untersuchungen syndromal nicht-syndromal Medizinische Diagnostik B E I S P I E L - Kognitive Störung n Genetische Diagnostik n Polymorphismus Chromos.anal. 134 Euro (GOÄ) V.a. X-linked 200-600? sonst FISH-gezielt 224 Subtelomer-FISH 950 Array 1550 Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik WARUM NICHT : Warum ? n Ursache und genetische Konsequenzen n Einstellung auf den Verlauf n – Co-Morbiditäten ? – Vermeidung inadäquater Erwartungen n Vermeidung belastender Untersuchungen n Partizipation an speziellen Förderprogrammen n Coping-Hilfe; Bannung des Namenlosen; Elternselbsthilfegruppen n n Sicherung des Inhalts, Phänomenologie n Antizipation der möglichen Ursachen n Methodenkenntnis n Vermittlungskompetenz Wissen als Belastung BEISPIELE n Motorische Entwicklungsstörung (Motorik-1) n Sprachentwicklungsstörung n Kognitive Störung n Verdacht auf ‚CP‘ n Motorik-2 Passende Algorithmen n Methoden-Spezifisches: Falsch-positive (-negative) Befunde Medizinische Diagnostik Medizinische Diagnostik n Kosten Motorische Behinderung: obere Extremität Gruppe-1 Gruppe-2 n=24 n=18 Score Gruppe-3 Gruppe-4 Gruppe-6 n=8 n=10 n=2 4 3 2 1 Media-Infarkt: Kongenitale Hemiparesen und Epilepsie Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 (sub-)kortikale MalforPVL VentrikelLäsion mation erweiterung Patienten (N) 30 22 26 11 Epilepsie (N) (%) 1 3% 11 50% 16 60% 2 22% Therapieresist. (N) - 1 6 - Anfallsfrei (N) 1 spastische Hemiparese Psychologische Testung; Pädagogen Beratung: Körperschema; emotionale u. soziale Stabilität; Pubertät u. Behinderung EEG Neuroorthopädie Sehen und Hören Information über wahrsch. Entwicklung, Copinghilfen; Untersuchung Hämostasiologie, ggf. auch bei Mutter... Geburt 2 Sozialmedizinische Beratung Selbsthilfegruppen 5 8 Physio- (Ergo-)Therapie ………..CIMT 7 4 1 Hilfsmittel ? - Beinlängenausgleich? Botulinumtoxin? Lernstrategische Hilfen ? ggf. mit Arbeitsamt Berufsperspektive 11 14 Jahre Periventrikuläre Schädigung: Hemiparese Psychologische Testung; Pädagogen Periventrikuläre Schädigung: Hemiparese Beratung: Körperschema; emotionale u. soziale Stabilität; Pubertät u. Behinderung Psychologische Testung; Pädagogen EEG EEG Neuroorthopädie Neuroorthopädie Sehen und Hören Sehen und Hören Information über wahrsch. Entwicklung, Copinghilfen; Untersuchung Hämostasiologie, auch bei Mutter... Geburt 2 Sozialmedizinische Beratung Selbsthilfegruppen 5 8 ggf. mit Arbeitsamt Berufsperspektive 11 14 Jahre Information über wahrsch. Entwicklung, Copinghilfen Geburt Physio- (Ergo-)Therapie ………..CIMT 2 Sozialmedizinische Beratung Selbsthilfegruppen 5 11 Hilfsmittel ? - Beinlängenausgleich? Hilfsmittel ? - Beinlängenausgleich? Botulinumtoxin? Botulinumtoxin? Psychologische Testung; Pädagogen Periventrikuläre Schädigung: Hemiparese Beratung: Körperschema; emotionale u. soziale Stabilität; Pubertät u. Behinderung Psychologische Testung; Pädagogen Neuroorthopädie Neuroorthopädie Sehen und Hören Sehen und Hören...............GF Information über wahrsch. Entwicklung, Copinghilfen Sozialmedizinische Beratung Selbsthilfegruppen 5 14 Jahre Lernstrategische Hilfen ? Periventrikuläre Schädigung: Hemiparese 2 8 ggf. mit Arbeitsamt Berufsperspektive Physio- (Ergo-)Therapie ………..CIMT Lernstrategische Hilfen ? Geburt Beratung: Körperschema; emotionale u. soziale Stabilität; Pubertät u. Behinderung 8 Physio- (Ergo-)Therapie ………..CIMT ggf. mit Arbeitsamt Berufsperspektive 11 14 Jahre Information über wahrsch. Entwicklung, Copinghilfen Geburt 2 Beratung: Körperschema; emotionale u. soziale Stabilität; Pubertät u. Behinderung Sozialmedizinische Beratung Selbsthilfegruppen 5 8 Physio- (Ergo-)Therapie ………..CIMT Hilfsmittel ? - Beinlängenausgleich? Hilfsmittel ? - Beinlängenausgleich? Botulinumtoxin? Botulinumtoxin? Lernstrategische Hilfen ? Lernstrategische Hilfen ? ggf. mit Arbeitsamt Berufsperspektive 11 14 Jahre Periventrikuläre Schädigung: Hemiparese Psychologische Testung; Pädagogen Beratung: Körperschema; emotionale u. soziale Stabilität; Pubertät u. Behinderung Neuroorthopädie Sehen und Hören...............GF Information über wahrsch. Entwicklung, Copinghilfen Geburt 2 Sozialmedizinische Beratung Selbsthilfegruppen 5 8 ggf. mit Arbeitsamt Berufsperspektive 11 14 Jahre Physio- (Ergo-)Therapie ………..CIMT Hilfsmittel ? Botulinumtoxin? Lernstrategische Hilfen ? Medizinische Diagnostik URSACHE SYMPTOMATIK + OUTCOME BEISPIELE n Motorische Entwicklungsstörung (Motorik-1) n Sprachentwicklungsstörung n Kognitive Störung n Verdacht auf ‚CP‘ n Motorik-2 LÄSIONSTYP Medizinische Diagnostik BEISPIELE Medizinische Diagnostik B E I S P I E L - Motorik-2 : n Motorische Entwicklungsstörung (Motorik-1) n 5-jähriger Junge Sprachentwicklungsstörung n n Bizarres Verhalten, motorische Probleme, eingeschränkt – gebunden (akinetisch) wirkende Bewegungen n Kognitive Störung n MRT, Stoffwechselanalysen: kein pathologischer Befund n Verdacht auf ‚CP‘ n Motorik-2 : Verdacht auf Chorea Huntington Verdacht auf Chorea Huntington ? Medizinische Diagnostik B E I S P I E L - Motorik-2 : Medizinische Diagnostik n Sicherung des Inhalts, Phänomenologie n Antizipation der möglichen Ursachen n Passende Algorithmen n Methodenkenntnis n Vermittlungskompetenz, Werteorientierung Verdacht auf Chorea Huntington ? 1. Wem – und was - hilft das Wissen? - Einstellung auf den Verlauf? - Vermeidung belastender Diagnostik? - Genetik? 2. Belastung durch Wissen – ohne Beeinflußungsmöglichkeit Medizinische Diagnostik bei jungen Kindern DAS Medizinische Diagnostik VORHABEN: bei Entwicklungsauffälligkeiten – zu beachten : n n n Entwicklungskonzept n Variabilität ist nicht Pathologie n Bedeutung der Phänomenologie, der passenden Algorithmen, der Antizipation n Werteorientierung; Vermittlungskompetenz Diagnostik Zusammenfassung richtige Diagnostik heißt: Medizinische Diagnostik bei Entwicklungsauffälligkeiten – W ü n s c h e : medizinische Diagnostik Patient Gesellschaft Belastung n Implementierung in die Ausbildung n Einordnung in die Interdisziplinarität n Teilnahme am gesellschaftlichen Diskurs Finanzen intellektuelle Befriedigung Diagnostizierender