Mündliche Diplomprüfung Evangelische Fachhochschule Hannover Studiengang Sozialarbeit / Sozialpädagogik Thema: Öffentlichkeitsarbeit bei Nonprofit-Organisationen Prüfer: Michael Brömse, Prof., Dr. theol., Pastor Prorektor Arbeitsschwerpunkte: Theologie / Sozialethik Projekt: ALTERnativen – Sozialarbeit mit älteren Menschen Prüfer: Frank-Johannes Lemke, Dipl. Heilpädagoge Fachbereichsbeauftragter für den berufsbegleitenden und grundständigen Diplomstudiengang Heilpädagogik Arbeitsschwerpunkte: Organisationsberatung, Sozialmanagement, Methodik/Didaktik, Beziehungsgestaltung in der Heilpädagogik Protokoll: Christel Gellermann, Dipl.-Sozialarbeiterin / Sozialpädagogin Lehrbeauftrage Projekt: ALTERnativen – Sozialarbeit mit älteren Menschen Diplomandin: Gina Günther Schulze-Delitzsch-Str. 15 30625 Hannover Tel.: 0171-4527869 Projekt: ALTERnativen– Sozialarbeit mit älteren Menschen Praxis: St. Nikolai Stift zu Hannover Mündliche Diplomprüfung Evangelische Fachhochschule Hannover Studiengang Sozialarbeit / Sozialpädagogik Thema: Öffentlichkeitsarbeit bei NonprofitOrganisationen Einleitung: Die folgenden Thesen behandeln die Thematik „Öffentlichkeitsarbeit bei NonprofitOrganisationen. Eine Definition von Detlef Luthe für Nonprofit-Organisationen: ,,Gemeinsam ist allen Nonprofit-Organisationen (...), dass sie (...) nicht kommerziellen Zwecken im Sinne einer Profiterwirtschaftung zugunsten einzelner Personen dienen.“1 Das gilt natürlich nicht für ein Wirtschaftsunternehmen im klassischen Sinne. Dennoch ist die Literatur aus der Wirtschaftslehre bzw. der „PR“ für den sozialen Bereich anwendbar, denn die Begrifflichkeiten und Mechanismen sind entsprechend angepasst. Es wird z.B. vom „Sozialmarketing“ gesprochen und ist zwar keine Gewinnerzielung vorhanden, zeigt eine Nonprofit-Organisation durchaus eine Unternehmensstruktur. Die ersten beiden Thesen lassen sich deshalb auf soziale Einrichtungen und Wirtschaftsunternehmen anwenden. Die dritte These geht auf den „sozialarbeiterischen“ Aspekt von Öffentlichkeitsarbeit ein. Während der Praxiszeit im Projekt ALTERnativen – Sozialarbeit mit älteren Menschen durfte ich mich im St. Nikolai Stift zu Hannover auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit versuchen. 1 Detlef Luthe: Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen 1. These PR ist die bessere Werbung – Zur Definition und Legitimation von Öffentlichkeitsarbeit „PR“ ist die Kurzform des englischen Begriffes Public Relations. In Deutsche übersetzt bedeutet das „öffentliche Verbindungen“. Man könnte auch in der freieren Übersetzung von „Beziehungen zur Öffentlichkeit“ sprechen. PR bedeutet Kontaktpflege und bezieht sich dabei nicht auf eine einzelne Person. Im deutschen Sprachgebrauch wird auch oft die Begrifflichkeit „Öffentlichkeitsarbeit“ benutzt. In erster Linie geht es bei der Öffentlichkeitsarbeit um die Imagepflege einer Nonprofit-Organisation oder eines Unternehmens. Dabei steht nicht das einzelne Produkt oder die Dienstleistung im Mittelpunkt, sondern die Nonprofit-Organisation und das Unternehmen in deren Ganzheitlichkeit. Um ein positives Image aufzubauen werden sich dabei spezifischer PR-Instrumente wie Geschäftsberichte, Vorträge, Einladungen zum „Tag der offenen Tür“ usw. bedient. PR oder Öffentlichkeitsarbeit wird in der Gesellschaft öfters mit Werbung gleichgesetzt. Eine klare Abgrenzung und Definition ist zwar in den Kommunikationswissenschaften noch nicht ersichtlich, aber es existieren deutliche Unterschiedsmerkmale. Weiterhin stellt sich oft die Frage, ob Werbung ein Teil der PR oder umgekehrt ist. Werbung bezieht sich immer nur auf das einzelne Produkt und verfolgt das Ziel zum Kaufen anzuregen. Der Erfolg einer Werbestrategie kann anhand der Umsatzsteigerung gemessen werden. Öffentlichkeitsarbeit bemüht sich um Sympathien seitens der Öffentlichkeit für das Unternehmen und dessen Produkte oder Dienstleistungen. Natürlich zeigt letztgenannte Aussage, dass auch dadurch ein Einfluss auf das Kaufverhalten von Konsumenten verzeichnet werden kann. Eine Kreditvergabe, die Gewinnung von Mitgliedern oder die Einstellung eines guten Mitarbeiters dank eines aus der Öffentlichkeitsarbeit resultierenden, positiven Images ist für ein Unternehmen jedoch von ebenbürtiger Bedeutung2. Die These „PR ist die bessere Werbung“ ist der von mir „stibitzte“ Buchtitel der Autoren Al und Laura Ries. Grundaussage dieses Literatenwerkes ist die, dass Werbung nicht funktioniert im Gegensatz zur PR. Denke ich an den Werbespot vom Häschen mit der Batterie des Herstellers „Energizer“, könnte ich auch auf den Gedanken kommen: Ich dachte schließlich zunächst als einer von vielen Konsumenten wie von den Autoren Ries beschrieben an „Duracell“. Das Buch fand ich zwar amüsant zu lesen, schließe mich der in einer Rezension formulierten wissenschaftlichen Unhaltbarkeit an3. Allein schon die von mir oben beschriebene unklare Abgrenzung der Begriffe Werbung und PR lässt eine klare Position unmöglich erscheinen. Als Aussage ist zu treffen, dass Öffentlichkeitsarbeit seit Beginn der 70iger Jahren in ihrem immer ausufernden Wirkungskreis gefördert wird und im Bereich der Massenmedien von wachsender Bedeutung ist4. Weiterhin erfreut sich das Aufgabenfeld von PR-Fachleiten seit Mitte der achtziger Jahre einem deutlich gewachsenen Interesse bei der Themenauswahl für Dissertationen, Diplom- und Magisterarbeiten in deutschen und österreichischen Hochschulen5. 2. These Der Erfolg von Öffentlichkeitsarbeit basiert auf Strategien, Zielformulierungen und Konzeptionen. Bei der Überlegung auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit tätig zu werden ist die präzise Formulierung des Zieles von Bedeutung. Aus ihr entwickelt sich die Zielgruppenarbeit. Beispiel: Eine Nonprofit-Organisation oder ein Wirtschaftsunternehmen sollte sich überlegen, was sie mit Hilfe der Öffentlichkeitsarbeit erreichen möchte. Das kann bei einem 2 Vgl. Claudia Cornelsen: Das 1x1 der PR; So haben Sie mit Public Relations die Nase vorn, S. 13-15 Rezension (http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3478211506/302-5955455-1497649) 4 Frank Böckelmann In: Johanna Dorer, Klaus Lojka: Öffentlichkeitsarbeit, Theoretische Ansätze, Empirische Befunde und Berufspraxis der Public Relations, S. 170 5 Frank Böckelmann In: Johanna Dorer, Klaus Lojka: Öffentlichkeitsarbeit, Theoretische Ansätze, Empirische Befunde und Berufspraxis der Public Relations, S. 171 3 Nonprofit-Organisation z.B. die Gewinnung von ehrenamtlich Tätigen und / oder Mitgliedern sein. Der von der Institution ausgewählte Personenkreis wäre im Sinne des Kommunikationsmanagement als Zielgruppe genauestens zu definieren, zu analysieren und mit den unterschiedlichen Kommunikationsmittel zu bedienen6. Ziel der Öffentlichkeitsarbeit ↑ ZIELGRUPPE ↑ ZIELGRUPPE ↑ ↑ ZIELGRUPPE ↑ ↑ Kommunikationsmaßnahmen ↑ Zieldefinition → Zielgruppen-Analyse → Konzept ↑ UNTERNEHMEN Besteht die Zielgruppe aus 50jährigen und älter, wäre es problematisch als Kommunikationsmittel das Internet einzusetzen, weil die Zahl der User in diesem Falle geringer ist wie die 17. WWW-Benutzer-Analyse W3B vom 3. Oktober bis 5. November 2003 bei 117.467 befragten Internet-Nutzern anzeigt7: Altersverteilung der Internet-Nutzer 17,0% 50 Jahre und älter 22,0% 40 bis 49 Jahre 28,6% 30 bis 39 Jahre 6 7 Vgl: Claudia Cornelsen: Das 1x1 der PR; So haben Sie mit Public Relations die Nase vorn, S. 24-28 Daten aus: Fittkau & Maaß, W3B Hamburg (www.w3b.de) 25,9% 20 bis 29 Jahre 6,5% 19 Jahre und jünger 100,0% Gesamt Das Ziel der Öffentlichkeitsarbeit ist in vier Ziele zu unterteilen. Die Veröffentlichungspflicht ist wie der Name schon sagt eine reine Pflichterfüllung. Dabei kann die Art der Gestaltung Nebensache sein. Bei der Legitimation werden Sachverhalte erklärt. Die Information kann z.B. die Angabe von Inhaltsstoffen eines Produktes beinhalten, wozu der Hersteller überhaupt nicht verpflichtet ist und wo dieser auch nicht im Erklärungszwang steht. Die Motivation soll die Zielgruppe dazu bewegen, in Sinne des Unternehmens zu handeln wie z.B. ein Produkt oder Dienstleistung zu kaufen oder zumindest positiv zu bewerten, Mitglied zu werden usw. Auch die Zielgruppen sind in vier Gruppen zu unterteilen. Da wären Unternehmen und Institutionen, informelle Gruppen, soziale Gruppen und die Medien. Neben der Analyse der Zielgruppe ist es wichtig zu ermitteln, welches Image ein Unternehmen zu eigen ist und wie sich das Eigenbild gegenüber dem Fremdbild gestaltet. Eine Eigenbildanalyse führt direkt zu einer bekannten Begrifflichkeit, nämlich Corporate Identity (CI). Das bedeutet nichts anderes als das Unternehmen „persönlich“ erscheinen zu lassen bzw. eine Unternehmensphilosophie aufzustellen. Design, Sprache, Kommunikation, Verhalten usw. werden auf diese abgestimmt8. Nicht nur die Wahl der Kommunikationsmittel ist wichtig , sondern auch deren Gestaltung bzw. Typografie und Layout. Die Orientierung an der Zielgruppe ist auch bei der sprachlichen Kreativität unabdingbar9. 8 9 Vgl.Claudia Cornelsen: Das 1x1 der PR; So haben Sie mit Public Relations die Nase vorn, S.29-36 Vgl.Claudia Cornelsen: Das 1x1 der PR; So haben Sie mit Public Relations die Nase vorn, S.37ff 3. These Soziale Arbeit braucht ein (eigenes) Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit Bewusst ist das Wort „eigenes“ in der These in Klammern gesetzt worden. Es finden sich einige Literaturstellen, die auf die Schwierigkeiten hinweisen, welche NonprofitOrganisationen mit der Thematik Öffentlichkeitsarbeit besitzen. Diese sind von Argwohn und Misstrauen gegenüber der PR geprägt10. Hinzu kommt, dass viele Nonprofit-Organisationen Öffentlichkeitsarbeit für überflüssig halten, diese einem angeblichen manipulativen Charakter von Werbung gleichsetzen und in diesem Zusammenhang einer Überzeugung durch Argumentation den Vorrang geben11. Verkannt wird, dass sie trotz aller Vorbalte und ohne bewusster Registrierung in die Praxis umgesetzt wird12. Das sind Tatbestände, welche die Öffentlichkeitsarbeit ziellos erscheinen lässt und gemeinsam mit der für Nonprofit-Organisationen typischen Vermengung von Bürokratie, Konkurrenzverhalten, Solidarität und informeller Kommunikation zu „dilettantischen Organisationsroutinen“ führt13. Im sozialen von mangelnden Ressourcen geprägten Bereich findet sich dann auch oftmals kein Verantwortlicher. Öffentlichkeitsarbeit kostet Geld. Das gilt auch für eine gute qualifizierte Ausbildung in diesem Bereich. So können Sozialarbeiter in Konkurrenz zu den ehrenamtlich Tätigen stehen , die aber PR in nicht seltenen Fällen als ihr „Hobby“ ansehen und dementsprechend handeln. 10 Vgl. Anette Zimmer: Stand und Perspektiven der NPO-Forschung. In: Arbeitskreis für NonprofitOrganisationen, S. 64 / Claudia Fischer: Öffentlichkeitsarbeit einer Nonprofit-Organisation: Die deutsche Lebensrettungsgesellschaft, S. 14 / Eckhart Bieger; Jutta Mügge; Claudia Höller; Sabine Müller: Zeit, Geld, Werte. Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für Bildung, Soziales, Verbände und kirchliche Einrichtungen, S. 121 ff 11 Eckhart Bieger; Jutta Mügge; Claudia Höller; Sabine Müller: Zeit, Geld, Werte. Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für Bildung, Soziales, Verbände und kirchliche Einrichtungen, S. 125 ff 12 Vgl. Anette Zimmer: Stand und Perspektiven der NPO-Forschung. In: Arbeitskreis für NonprofitOrganisationen, S. 64 / Claudia Fischer: Öffentlichkeitsarbeit einer Nonprofit-Organisation: Die deutsche Lebensrettungsgesellschaft, S. 14 / Eckhart Bieger; Jutta Mügge; Claudia Höller; Sabine Müller: Zeit, Geld, Werte. Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für Bildung, Soziales, Verbände und kirchliche Einrichtungen, S. 121 ff 13 Arbeitskreis für Nonprofit-Organisationen, S. 5 Das Konkurrenzverhalten der Nonprofit-Organisationen um begrenzten Ressourcen wie Geld und Zeit der potentiellen Mitglieder und Interessierte14 lässt (gute) Öffentlichkeitsarbeit trotz Anerkennung und Sympathie seitens der Bevölkerung15 unabdingbar erscheinen, welche auch das Lobbying als ganz spezielle Art mit einschließt. Literaturliste Arbeitskreis für Nonprofit-Organisationen. Frankfurt am Main. 1998 Eckhart Bieger; Jutta Mügge; Claudia Höller; Sabine Müller: Zeit, Geld, Werte. Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für Bildung, Soziales, Verbände und kirchliche Einrichtungen. Hamburg. 1996 Frank Böckelmann: Pressestellen als journalistisches Tätigkeitsfeld. Eine Untersuchung der Pressearbeit in Unternehmen, Organisationen und Institutionen. In: Johanna Dorer, Klaus Lojka: Öffentlichkeitsarbeit, Theoretische Ansätze, Empirische Befunde und Berufspraxis der Public Relations. Wien. 1986 Claudia Cornelsen: Das 1x1 der PR. So haben Sie mit Public Relations die Nase vorn. Freiburg im Breisgau. 2000 Claudia Fischer: Öffentlichkeitsarbeit einer Nonprofit-Organisation: Die deutsche Lebensrettungsgesellschaft. Bochum. 1995 Franck, Norbert, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ein Ratgeber für Vereine, Verbände und Initiativen. Köln, 1996. Dieter Franke: Greenpeace schlägt Porsche. In: PR-Magazin 2/88 Fittkau & Maaß, W3B Hamburg (www.w3b.de) Detlef Luthe: Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen. Augsburg. 1994 Rezension (http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3478211506/302-59554551497649) Franz Ronneberger, Manfred Rühl, Public Relations der Nonprofit-Organisationen, Düsseldorf. 1982. Anette Zimmer: Stand und Perspektiven der NPO-Forschung. In: Arbeitskreis für Nonprofit-Organisationen. Frankfurt am Main. 1998 14 Eckhart Bieger; Jutta Mügge; Claudia Höller; Sabine Müller: Zeit, Geld, Werte. Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für Bildung, Soziales, Verbände und kirchliche Einrichtungen, S. 23 15 Dieter Franke: Greenpeace schlägt Porsche. In: prmagazin 2/88, S. 27-33