- Mousonturm

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PRESSEKONFERENZ
5.7.2016
Programmvorschau
Saison 2016/2017
Ausgewählte Pressefotos:
www.mousonturm.de/web/de/pressefotos/aktuell
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Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt am Main GmbH / Waldschmidtstr. 4 / 60316 Frankfurt /M.
T 0 69- 40 58 95 – 0 / F 0 69- 40 58 95 – 40 / www.mousonturm.de / Intendant Matthias Pees
Presse-/ Öffentlichkeitsarbeit Gabriele Müller 069 / 40 58 95-41 [email protected]
Inhalt
1. Künstlerhaus 2.0
Der Mousonturm in der Saison 2016/17
S. 2
2. Neu am Mousonturm: SIXPACKS - Die Mousonturm Abos!
S. 4
3. Internationale Festivals & Programmschwerpunkte
S. 6
3.1
The Greatest Show On Earth. Ein Internationaler Performance-Zirkus
für das 21. Jahrhundert
3.2
S. 6
Tolle Künste - Theater, Tanz & Performance aus Flandern
und den Niederlanden
S. 8
3.3.
Akira Takayama / Port B - european thinkbelt
S. 17
3.4.
Tanzplattform Rhein-Main
S. 18
Tanzfestival Rhein-Main
S. 19
3.5.
Festival der afropäischen Künste – Afropean Mimicry & Mockery
in Theatre, Performance & Visual Arts III
S. 22
3.6.
Freischwimmer Festival
S. 24
3.7.
Frankfurter Positionen
S. 25
3.8.
YRD.Works – Künstlerhaus 2.0
S. 26
3.9.
Philippe Quesne - WELCOME TO CAVELAND!
S. 27
4. Tanz / Choreografie
S. 28
5. Theater / Performance
S. 29
6. Konzerte / Lesungen
S. 37
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1. Künstlerhaus 2.0
Der Mousonturm in der Saison 2016/17
Die Avantgarde ist schneller Geschichte als jede andere Abteilung einer Streitmacht – entweder weil
sie von hinten eingeholt wird oder von vorne vernichtet. Wir arbeiten deshalb am Mousonturm kontinuierlich und mit fast jedem Einzelprojekt an der ständigen Befragung, Reform, Umdeutung oder Neudefinition unserer Institution und den von ihr ausgehenden Impulsen, Praktiken und Formaten. Wir widmen uns darüber hinaus in der kommenden Spielzeit mit mehreren Themen- und Arbeitsschwerpunkten ganz systematisch und gleich an mehreren Fronten der Aufgabe, eine „2.0“-Version der Künstlerhausidee zu entwickeln und in Umlauf zu bringen. Mit neuen, anderen Bewegungen und Begegnungen.
Mit einem „Performance-Zirkus für das 21. Jahrhundert“ eröffnen wir Anfang September die Saison
unter dem Titel THE GREATEST SHOW ON EARTH im Frankfurt LAB und schicken vierzehn namhafte Künstlerinnen und Künstler der zeitgenössischen Theater- und Tanz-Avantgarde – unter ihnen
Meg Stuart, Jeremy Wade, Philippe Quesne und Antonia Baehr – auf die Reise in ein ganz anderes,
altgedientes und künstlerisch oft viel zu geringgeschätztes Genre. Eine Reise, die uns verwandelt,
und die für die beteiligten Performancestars in der Manege zugleich auch eine Suche ist nach neuen
Ufern und unbekannten Herausforderungen, nach einer Zukunft ihrer und unserer Zunft.
Der französische Theatermacher Philippe Quesne stiftet uns zu einem zweiten Großprojekt an, wenn
er zum ersten Mal in Deutschland mit WELCOME TO CAVELAND gemeinsam mit sechs Kolleginnen
und Kollegen – darunter Markus Öhrn, Ibrahim Quraishi, Doris Uhlich, Sybille Peters und die geheimagentur – interessierte Frankfurterinnen und Frankfurter über die Osterferien im April 2017 zu einem
„Caveland College“ (oder Höhlenkolleg) in den Mousonturm einlädt. Irgendwo zwischen Volkshochschule und Ferienkurs lässt sich dies gemeinsame, dreiwöchige Sit-In und Try-Out mit Kunstschaffenden, Laien und Maulwürfen verorten, zu dem Platons Höhlengleichnis ebenso Pate steht wie Bruno
Latours „Parlament der Dinge“ und andere politische Ökologien.
In diesem Jahr wird außerdem das Offenbacher Künstlerkollektiv YRD.Works mit seinem ProjektKÜNSTLERHAUS 2.0 bei uns residieren – und wir im Folgejahr bei ihnen auf dem Terrain um ihre
gerade eröffnete „Kressmann-Kunsthalle“ im Offenbacher Hafen. Wir lassen uns den Mousonturm in
diesem Rahmen nicht nur von Grund auf neu ordnen und umschichten, sondern eröffnen gemeinsam
mit YRD.Works auch gleich noch ein zweites, alternatives Künstlerhaus in der Nachbarstadt.
Von mobilen Universitäten in Vorortzügen bis hin zum „Fun Palace“: Mit Akira Takayama und der
Architekturklasse der Städelschule befragen wir mindestens ein Jahr lang die Ideen des visionären
englischen Architekten Cedric Price neu – und spannen einen EUROPEAN THINKBELT durch den
von Flüchtlingsbewegungen, Fremdenfeindlichkeit und Integrationskrisen erschütterten Kontinent.
Was können wir voneinander lernen, und wie, und wo? In einer „School of Migration“? Takayamas
„Theater, das sich versteckt“ (H.T. Lehmann) nähert sich ab November im Stadtraum wie weit über
Land in verschiedenen Versuchsanordnungen diesen Fragen an.
Und mit dem CAMPO-CAMP präsentieren und durchleuchten wir im Oktober und November die Arbeitsweisen und Projektideen des Produktionshauses „Campo“ in Gent, das uns ein wichtiger Partner
und großes Vorbild für die Arbeit von internationalen Künstler- und Produktionshäusern ist. Das gilt
insbesondere in Fragen der Förderung und Entwicklung zeitgenössischer Performancekünstlerinnen
und -künstler und der intergenerationellen Arbeit, einer – frei nach Hilmar Hoffmann – „Avantgarde
für alle“. Campo-Künstler wie Sarah Vanhee und Pieter Ampe kommen dabei ebenso zu Wort (und
zeigen Ihre aktuellen Produktionen) wie etwa Milo Rau, der dort im Rahmen des Campo-Kinder- und
Jugendschwerpunkts jüngst ein tief beeindruckendes Stück mit Kindern über den Kindermörder Marc
Dutroux erarbeitet hat.
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Viele weitere Höhepunkte flämischen und niederländischen Tanz-, Theater- und Musiktheaterschaffens zeigen wir im September und Oktober im Rahmen unseres Programms der TOLLEN KÜNSTE
rund um die Buchmesse-Ehrengäste – darunter Anne Teresa De Keersmaeker, einem Jubiläumswochenende zu 30 Jahren Needcompany, das Musiktheater LOD, die Gruppe Wunderbaum mit Johann
Simons .
Außerdem steuert die Tanzplattform Rhein-Main, die wir gemeinsam mit dem Hessischen Staatsballett initiiert haben, im November mit der ersten Ausgabe unseres TANZFESTIVALS RHEIN MAIN auf
einen weiteren Höhepunkt zu – u.a. kommen dafür Jérôme Bel, Sharon Eyal und Wayne McGregor
nach Darmstadt und Frankfurt.
Ende November/Anfang Dezember krönen wir unser dreijähriges Austausch- und Residenzprojekt
„Afropean Mimikry & Mockery in Theatre, Performance and Visual Arts“ mit einem zweiwöchigen
FESTIVAL DER AFROPÄISCHEN KÜNSTE und zeigen dabei u.a. Nkenguégi, das neue Stück unseres assoziierten Künstlers Dieudonné Niangouna.
Zahlreiche weitere, spannende Positionen aus den Bereichen Tanz und Performance, Internationales
Autoren-Theater, Musik und Literatur finden sich im Programm der kommenden Saison, mehr dazu
und zu allen anderen erwähnten Projekten und Formaten auf den folgenden Seiten. Zur Avantgarde
zählen jedoch nicht nur Innovation und Selbstreflexion, sondern stets auch die Provokation. Und die
stellt bei uns im nächsten Jahr geradezu im Höchstmaß eine ganz theatertraditionelle Neuerung dar:
wir führen MOUSONTURM-ABOS ein! Gleich zwei an der Zahl, zwei „Sixpacks“, eins für Tanz
(„Hips don’t lie!“) und eins für Theater“ („All around the world“), jeweils sechs Stücke für 66 Euro
(ermäßigt 44)! Auch dazu mehr auf den folgenden Seiten.
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2. Neu am Mousonturm: SIXPACKS - Die Mousonturm-Abos
Hips don't lie - Das Tanz-Abo am Mousonturm
€ 66,- / ermäßigt € 44,-
1. Rosas / Anne Teresa De Keersmaeker, Michaël Pomero & Chryssi Dimitriou
Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Mo. 19.9.2016
2. NEEDCOMPANY / Lemm&Barkey
FOREVER
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Fr. 7.10.2016
3. Jérôme Bel
Gala
Frankfurt LAB
Mi. 9.11.2016
4. Antonia Baehr
Normal Dance
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Fr. 9.12.2016
5. Sebastian Matthias
X I groove space
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Do. 19.1.2017
6. Eko Supriyanto
Balabala
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Sa. 25.3.2017
All around the world - Das Theater-Abo am Mousonturm
€ 66,- / ermäßigt € 44,-
1. The Greatest Show on Earth
Ein internationaler Performance-Zirkus für das 21. Jahrhundert
Frankfurt LAB
Do. 8.9.2016
2. Wunderbaum & Arnon Grunberg & Johan Simons
The Future of Sex
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Mo. 3.10.2016
3. Milo Rau
Five Easy Pieces / Frankfurt LAB
Frankfurt LAB
Mi. 2.11.2016
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4. Dieudonné Niangouna
Nkenguégi
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Do. 1.12.2016
5. Lola Arias
Minefield
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Do. 9.3.2017
6. BERLIN
Zvizdal
Künstlerhaus Mousonturm, Saal
Do. 27.4.2017
Die Abos können online auf www.mousonturm.de sowie in allen AD-Ticket VVK-Stellen erworben
werden.
Zu jeder Aufführung des jeweiligen Abos bietet das Künstlerhaus Mousonturm spezielle Vermittlungsformate beispielsweise in Form von Einführungen, Künstlergesprächen oder Warm-Ups an.
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3. Internationale Festivals und Programmschwerpunkte
3.1. The Greatest Show on Earth. Ein internationaler Performance-Zirkus für
das 21. Jahrhundert
Meg Stuart (Brüssel / Berlin), Hendrik Quast & Maika Knoblich (Berlin), Antonia Baehr & Valérie
Castan (Paris / Berlin), Philippe Quesne (Paris), Eisa Jocson (Manila), Vincent Riebeek & Florentina Holzinger (Amsterdam), contact Gonzo (Osaka), Jeremy Wade (Berlin), Les Trucs (Frankfurt)
Do. 1. - So. 4., Mi. 7. - Sa. 10.9.2016, Frankfurt LAB
Weitere Tourdaten: 11. - 14., 17. - 20.8.2016, Internationales Sommerfestival Kampnagel Hamburg /
21. - 23.9.2016, Sophiensæle Berlin, 30.9. - 5.10.2016 / Théâtre Nanterre-Amandiers, Paris /
13. - 16.10.2016, Kammerspiele München
Menschen, Tiere, Sensationen! Erleben Sie die Crème de la Crème der internationalen PerformanceAvantgarde! 14 internationale Künstlerinnen und Künstler riskieren alles, ohne Netz und doppelten
Boden und stellen sich in einer Zirkus-Show den Herausforderungen an den Menschen im 21. Jahrhundert! Hereinspaziert in die Manege des Theaterzauberers Philippe Quesne! Sehen Sie Europas
radikalstes Choreografen-Paar Florentina Holzinger und Vincent Riebeek in einem entblößenden Trapezakt! Erleben Sie das spektakuläre Überlebenstraining für die Zukunft von Meg Stuart und dem
Modedesigner Jean-Paul Lespagnard! Halten Sie den Atem an, wenn Valérie Castan und Antonia
Baehr ihren Dressurakt des Selbst vorführen! Lassen Sie sich von Eisa Jocsons Performance des
Glücks verwirren! Seien Sie dabei, wenn das Performance-Duo Hendrik Quast und Maika Knoblich
das Verhältnis von Mensch und Tier auf die Probe stellt und Jeremy Wade in einem Clowns-Entrée
zur Revolution anstachelt! Staunen Sie über den waghalsigen Kampf der Kunst-Combo contact Gonzo
mit ihrer Todesmaschine! Und über all dem: das neo-dadaistische 2-Mensch-Ding-Orchester Les
Trucs als Zirkusband!
The Greatest Show on Earth provoziert die Rettung der Performance durch den Zirkus: nicht durch
Opposition der Kunst zur Gesellschaft, sondern durch Affirmation der vollständigen Ökonomisierung
des Selbst, Ausstellung des Randständigen und Befriedigung der Schaulust. Vorbild ist der Zirkus auf
der Höhe seines ökonomischen Erfolgs im 19. Jahrhundert. Statt Kontemplation und Empfindsamkeit
präsentiert er das Disparate, Laute und eine Nummern-Dramaturgie, die mit Kontrasten und Brüchen
arbeiten; er stellt Freaks und Fremde aus und bietet ihnen gleichzeitig einen geschützten Raum. Der
Zirkus amüsiert, reizt, erzieht und verblüfft zugleich. The Greatest Show on Earth reagiert auf eine
Krise der Liveperformance. Ihr kritisches Potential wird durch die Vereinnahmung performativer Prozesse durch neoliberale Ökonomien entkräftet. Zugleich befragt das Projekt das zeitgenössische Theater, das sich den Schauwert der Bühne und ihre Funktion als Affektmaschine nur selten eingesteht
und nicht-normative Körper weiterhin exotisiert, auf seine formalen und ästhetischen Ausschlüsse.
In seiner experimentellen Form knüpft er dabei an die euphorischen Anfänge der freien Szene in den
1980er Jahren an. Der Einzug des Zirkus ins Performance-Theater verbindet dieses wieder mit der
postindustriellen Gesellschaft – als Umkehrung des einst aus der industriellen Gesellschaft hervorgegangenen Zirkus. In dieser Hinsicht ist The Greatest Show on Earth ein Vergnügen und eine Herausforderung für Künstler, Kuratoren, Produzenten, Zuschauer und die Institution Theater selbst.
Eine Produktion des Künstlerhaus Mousonturm und des Internationales Sommerfestival Kampnagel,
in Koproduktion mit dem Théâtre Nanterre-Amandiers und den Kammerspielen München. Gefördert
durch die Kulturstiftung des Bundes, die Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kultur im
Rahmen der Projektreihe UNLIMITED und die Rudolf Augstein Stiftung. Mit Unterstützung von der
Tanzfabrik Berlin.
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Antonia Baehr ist Choreografin und Filmemacherin. Sie arbeitet in ihren queeren Performances mit
klassischen subkulturellen Praktiken. Für The Greatest Show on Earth arbeitet sie erneut mit Valérie
Castan, Performerin und Tanzerzählerin für Sehbehinderte und Blinde, zusammen und entwickelt ein
Solo für die junge Gießener Performerin Emmilou Rößling.
contact Gonzo ist eine Performance-Gruppe, die eine eigene Variante von Kontaktimprovisation entwickelte. In ihr vermischen sie zeitgenössischen Tanz, Performance und populäre Kultur. contact
Gonzo zeigten Arbeiten u. a. bei Kyoto Biennale, Theaterspektakel Zürich, MoMA New York und Nam
Jun Paik Art Center Korea.
Florentina Holzinger und Vincent gehören zu den aufregendsten jungen Choreografen Europas.
Ihre erste gemeinsame Arbeit Kein Applaus für Scheisse, die in Europa und den USA gefeiert wurde,
wirkt wie ein Update klassischer Performance-Kunst für das 21. Jahrhundert.
Eisa Jocson ist eine bildende Künstlerin und Choreografin, die sich bereits in mehreren Arbeiten mit
den realen und imaginären Ökonomien von Striptease, Pole Dance und Macho Dancing beschäftigte.
Sie zeigt ihre Arbeiten weltweit, so z.B. beim Kunstenfestivaldesarts, TPAM Yokohama und dem Zürcher Theaterspektakel.
Maika Knoblich und Hendrik Quast entwerfen situative und ortsspezifische Performancearbeiten
zum Verhältnis von Natur und Kultur, wobei sie sich selbst zu Experten in verschiedenen Bereichen
ausbilden.
Philippe Quesne, führender Regisseur in Frankreich, entwirft liebevolle Low-Tech-Spektakel in großen Theaterbildern. Seine Arbeiten L’Effet de Serge, La Mélancolie des Dragons und Swamp Club
wurden auf allen großen europäischen Festivals gezeigt.
Meg Stuarts choreografische Arbeiten über emotionale und körperliche Grenzbereiche prägen den
Tanzdiskurs der letzten zwanzig Jahre. Sie war Residenz-Choreografin am Schauspielhaus Zürich, an
der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin und assoziierte Künstlerin der Münchner Kammerspiele. Zusammen mit dem Modedesigner Jean-Paul Lespagnard entwickelt sie ein Duo für die Tänzer Vania Rovisco und Marcio Kerber Canabarro.
Charlotte Piel und Zink Tonsur aka Les Trucs bearbeiten die Schnittstelle von Performance, musikalischem Happening und Komposition, zwischen Music Concrete und Pop. Auf Basis elektronischer
Instrumente, Gesang und Choreografie entwickelten sie Performances und Videos über gesellschaftliche Utopien im Kapitalismus.
Jeremy Wade ist ein Grenzgänger des zeitgenössischen Tanzes, dessen Arbeiten sich durch körperliche Grotesken und ekstatische Gruppenexperimente auszeichnen, seine eigene Rolle changiert dabei zwischen Entertainer, Narr und Schamane.
Für die Idee, Konzeption und Dramaturgie von The Greatest Show on Earth sind die MousonturmDramaturgin Anna Wagner und der Tanzwissenschaftler und Kurator Eike Wittrock verantwortlich.
Wagner und Wittrock lernten sich während ihres Studiums der Theaterwissenschaft an der Freien
Universität in Berlin kennen. Gemeinsam initiierten sie verschiedene Festivals und kuratorische Projekte, zuletzt das mobile Forschungszentrum Julius-Hans-Spiegel-Zenturm, das sich mit den globalen
Modernen im Tanz befasst.
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3.2. Tolle Künste - Theater, Tanz & Performance aus Flandern und den
Niederlanden
Frankfurter Buchmesse Ehrengast 2016
Die Tanz-, Theater- und Performance-Szene in Flandern und den Niederlande ist mit ihren singulären
ästhetischen Positionen und modellhaften Produktions- und Förderstrukturen weltweit impulsgebend:
Anne Teresa De Keersmaeker und ihre Company Rosas, Star-Regisseur Johan Simons, das Performance-Kollektiv Wunderbaum, das Kunst- und Produktionszentrum CAMPO, muziektheater LOD
oder Jan Lauwers und die Needcompany - sie alle überschreiten und unterwandern mit radikaler
Lust und subversiver Vehemenz die bestehenden Traditions-, Genre-, Alters- und Zielgruppengrenzen
und erschließen dabei stetig künstlerisches Neuland. Vor dem Hintergrund dieser lebendigen Szene
sind schlanke und nachhaltig agierende Institutionen entstanden, die sich um Förderung und Ausbildung kümmern und mit ihrer Arbeit weit über Europa hinaus Maßstäbe setzen und Schule machen.
Mit 16 exemplarischen Inszenierungen von Protagonisten sowie einer jungen Künstlergeneration
widmet das Künstlerhaus Mousonturm im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse 2017 dem flämischniederländischen Theater ein vielperspektivisches Sonderprogramm.
Tolle Künste – Theater, Tanz & Performance aus Flandern und den Niederlande ist ein Programmschwerpunkt in Kooperation mit Flandern & die Niederlande Frankfurter Buchmesse Ehrengast 2016,
gefördert von FBM16 und Performing Arts Fund NL.
Anne Teresa De Keersmaeker, Michaël Pomero & Chryssi Dimitriou / Rosas (Brüssel)
Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke
Sa. 17. - Mo. 19.9.
Für die belgische Choreografin und Tänzerin Anne Teresa De Keersmaeker ist die Beschäftigung mit
Rilkes „Cornet“ ein lang gehegter Wunsch. Ein literarischer Fiebertraum ist diese „Weise“, in der alle
Sphären verwischen: jugendlicher Lebenshunger und tragischer Todesmut; Männergestalten und
Frauenbilder; Sprache und Rhythmus. Wie entsteht Bewegung aus Atmen, aus Geräusch, Rede, Gesang? Gemeinsam erkunden Keersmaeker, der Tänzer Michaël Pomero und die Flötistin Chryssi Dimitriou auf der Bühne die Grenzbereiche in Rilkes Text, die Nuancen, die er aufzeigt zwischen Frau
und Mann, Lyrik und Prosa. – Ein Zusammenspiel aus Tanz, Musik und Dichtung in einer textbasierten Performance, in der Anne Teresa De Keersmaeker selber Rilkes Werk im deutschen Original zur
Sprache bringt.
Anne Teresa De Keersmaeker gilt als eine der einflussreichsten Erneuerinnen des zeitgenössischen
Tanzes. Bereits in ihrer frühen Produktion Asch (1980) zeigte sie eine außergewöhnliche Sensibilität
für das enge Wechselspiel von Bewegung und Musik. 1983 gründete sie ihre Kompanie Rosas. Mit
nahezu sämtlichen ihrer seither entstandenen Choreografien waren Rosas in Frankfurt zu Gast. 1995
begründete De Keersmaeker in Brüssel mit den Performing Arts Research and Training Studios, kurz
P.A.R.T.S., eines der wichtigsten europäischen Ausbildungszentren für Tanz und Performance, dessen Leitung sie bis heute innehat.
Jetse Batelaan / Theater Artemis (‘s-Hertogenbosch)
Wenn du nur schnell genug rennst, weiß keiner mehr wo du bist
Deutsche Erstaufführung
Do. 22. & Fr. 23.9.
Nichts steht still. Zu keinem Zeitpunkt. Denn: Wenn du nur schnell genug rennst, weiß keiner mehr wo
du bist. In Jetse Batelaans Total-Choreografie ist jeder - oder besser: alles - konstant in Bewegung.
Akteure, Kostüme, Objekte, Requisiten, Licht, Ton und Text, ob Mensch oder Ding, alles rennt, stürzt,
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fällt, kriecht, kracht über die Bühne, unausweichlich dem Ende der halsbrecherischen Show entgegen.
Und dann sogleich weiter, zum nächsten Auftritt. Dem fassungslosen Publikum (ab 8 Jahren!) bleibt
nur die staunende Frage: War da was? Wer hier nichts verpassen will, muss sich ranhalten!
Der niederländische Regisseur Jetse Batelaan gehört zu den einflussreichsten Protagonisten jener
jungen Generation von Theaterkünstler, die in ihrer Arbeit für junges Publikum die traditionellen Regeln des Genres völlig neu zu deuten und zu nutzen wissen. Seit 2013 ist Jetse Batelaan künstlerischer Leiter des Theater Artemis in ‘s-Hertogenbosch, an dem er auch Wenn du nur schnell genug
rennst, weiß keiner mehr wo du bist inszenierte.
David Weber-Krebs (Amsterdam / Brüssel / Hamburg)
Balthazar
Di. 27. & Mi. 28.9.
Auf humorvolle und zugleich hoch sensible Weise erforscht die Choreografie Balthazar die menschliche Faszination für alles Tierische und ihre Verankerung in Kunst und Kultur. Im Zentrum des Stückes
steht ein leibhaftiger Esel. Als Symbol des animalischen Eigensinns teilt er sich die Bühne mit einer
Gruppe menschlicher Akteure. Aus den wechselseitigen Erkundungen entstehen Schritt für Schritt
immer neue Konstellationen, Szenen, Bilder und Geschichten, angetrieben von der leidenschaftlichen
Kraft menschlicher Projektion. Die Idee zu Balthazar wurde 2011 von David Weber-Krebs gemeinsam
mit Studierenden der Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten entwickelt. Seither reist das Stück
mit eigenem Ensemble durch Europa. Das trifft vor Ort stets auf neue, lokal beheimatete Esel, deren
individuelle Charaktere jede Begegnung unvorhersehbar machen. So erzählt Balthazar voller Charme
und Selbsterkenntnis von der faszinierenden Beziehung zwischen Mensch und Tier, die in ihrem Kern
immer rätselhaft bleiben wird.
David Weber-Krebs ist Performer, Theater- und Filmregisseur und lebt zurzeit in Brüssel. Für seine
Arbeiten, die sich zwischen (Lecture-) Performance, Film und Installation bewegen, kooperiert er oft
mit Künstlern und Theoretikern. Er erforscht verschiedene Kontexte als Grundlage für ein experimentelles Verfahren, das die traditionelle Beziehung zwischen dem Kunstwerk und seinem Publikum hinterfragt. Seine Arbeiten wurden europaweit in Theatern und Galerien gezeigt.
Wunderbaum & Arnon Grunberg & Johan Simons (Amsterdam / Brüssel)
The Future of Sex
So. 2. & Mo. 3.10.
Ist die digitale Welt bald unser wichtigster Zugang zum Sex? Haben wir in der Zukunft vielleicht nur
noch auf virtuelle Art Geschlechtsverkehr, mit 3D-Brillen und Hautsensoren? Laut einer britischen
Studie, der National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles (2014), wird in allen wohlhabenden
Ländern weit weniger miteinander geschlafen als noch vor ein paar Jahrzehnten. Obwohl Sex in Medien und Gesellschaft allgegenwärtig ist, haben Individuelle Phantasien und reale sexuelle Beziehungen immer weniger miteinander zu tun. In The Future of Sex suchen das flämisch-niederländische
Theaterkollektiv Wunderbaum, der Bestseller-Autor Arnon Grunberg und Star-Regisseur Johan Simons nach Hinweisen für ihren aktuellen Ausblick. Sie besuchen einschlägige Webseiten, interviewen
Jugendliche, prüfen das neueste virtuelle Sexspielzeug und entwickeln Figuren, die in einer neuen
intimen Dimension leben. Die Grundlage von Arnon Grunbergs Texten bilden seine Erfahrungen im
französischen Nudisten- und Swinger-Dorf Cap d'Agde.
Arnon Grunberg wurde 1971 in Amsterdam geboren. Er veröffentlichte mehrere Theaterstücke, arbeitet für die International Theatre & Film Books, schreibt Kolumnen für Boekblad sowie für NRC Handelsblad über seinen Aufenthalt in den USA. Seit 1995 lebt er in New York. Wunderbaum ist eine
Gruppe holländischer und flämischer Schauspieler, die Theater über aktuelle Themen sowohl im Theaterraum als auch an Orten außerhalb des Theaters machen. Meist schreiben Wunderbaum ihre Tex-
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te im Kollektiv auf der Grundlage ihrer Recherche zum jeweiligen Thema. Der 1946 geborene Niederländer Johan Simons hat mit seinen energiegeladenen, oft in kollektiven Prozessen entwickelten
Inszenierungen auch an vielen deutschen Staats- und Stadttheatern größte Erfolge erzielt. Er leitete
Theater in Den Haag und Maastricht, schließlich die Münchner Kammerspiele, gegenwärtig die Ruhrtriennale und das NT Gent, das Theater Rotterdam und ab 2017 das Schauspielhaus Bochum.
Wunderbaum (Rotterdam)
Stop Acting Now
So. 2.10.
Zum Abschluss ihres sozial engagierten Projekts The New Forest dreht das Rotterdamer Theaterkollektiv Wunderbaum einen Film, in dem es selbst die Zügel in die Hand nimmt und versucht, die Welt
radikal zu verändern. Maartje gründet die Gruppe The Basic Optimists, die verschuldeten Familien
helfen will, während Marleen im Kampf gegen unsere stressige positivistische Gesellschaft ein HeulCafé nach japanischem Vorbild eröffnet. Matijs entwickelt eine App und sucht fieberhaft nach Großinvestoren, wohingegen Walter mehr Nutzen in radikaleren Aktionen wittert. Wine hat ein Kind und
denkt, dass die totale Hingabe die beste Investition in die Zukunft ist. Die Regie bei Stop Acting Now
führte Mike de Jong, dessen Vorgängerfilm Brozer (2014) die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion
untersuchte, ein Ansatz, dem sich hier auch die Theatermacher von Wunderbaum verschrieben haben.
muziektheater LOD / Asko|Schönberg Ensemble / Vasco Mendonça / Dimitri Verhulst / Kris
Verdonck (Gent / Amsterdam)
BOSCH BEACH
Mi. 12. & Do. 13.10.
Anlässlich des 500. Geburtstages von Hiernoymus Bosch entwerfen der bildende Künstler Kris Verdonck, der Autor Dimitri Verhulst, der Komponist Vasco Mendonça, das Amsterdamer Asko| Schönberg Ensemble und das Genter muziektheater LOD eine klang-, text- und bildgewaltige Oper. Inspiriert von Boschs verstörenden Visionen einer Hölle auf Erden sucht BOSCH BEACH nach den falschen Paradiesen der Gegenwart. Wo zeigt sich uns heute die Hölle auf Erden? Eingesponnen in den
Kokon ihres Ferien-Clubs verbringen zwei Männer und eine Frau ihren Urlaub auf Lampedusa. Sie
verführen einander, verschicken Postkarten und trinken morgens die ersten Cocktails. Ihr Kater könnte Gelegenheit für eine kleine existenzielle Krise bieten, würden da nicht schon die nächste Polonaise
und weitere Cocktails auf sie warten. Sonnenbaden am Strand von Lampedusa, während dort Flüchtlinge angespült werden: In BOSCH BEACH spielen Verhulst, Verdonck und Mendonça mit der Vieldeutigkeit dieses Ortes, mit Fragen nach unerträglicher Schuld und richten einen moralischen Appell
an unsere Verantwortung. Die Realität nagt an uns, wie sehr wir auch versuchen sie zu ignorieren.
Seit über 25 Jahren bringt muziektheater LOD in Gent Opern und Musiktheater zur Uraufführung. In
immer neuen Konstellationen führt die Kompagnie dabei namhafte Komponisten, Autoren, Theaterkünstler mit renommiertesten Solisten und Musikensembles zusammen. Das Asko|Schönberg Ensemble aus Amsterdam zählt zu den innovativsten Ensembles für zeitgenössische Musik der Niederlande. Zu ihrem Repertoire gehören auch Kompositionen des Portugiesen Vasco Mendonça, der
ebenso an vielen großen Konzerthäusern Europas gespielt wird und bereits mehrere Musiktheaterprojekte zusammen mit LOD und weiteren freien europäischen Opernkompanien realisiert hat. Einer internationalen Leserschaft bekannt wurde der flämische Roman- und Lyrikautor Dimitri Verhulst durch
seinen autobiografischen Roman Die Beschissenheit der Dinge (2009), der vielfach übersetzte und
schließlich erfolgreich verfilmt wurde. Sein Interesse für Bildende Kunst, Architektur und Bühne weiß
Kris Verdonck in nahezu all seinen für viele internationale Theater und Festivals produzierten Inszenierungen und Installationen zu vereinen.
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NEEDCAMP
WENEEDMORECOMPANY (Brüssel)
30 Jahre Needcompany
Fr. 7. & Sa. 8.10.
We need company! Alles beginnt mit dieser einfachen Formel. Mit ihr artikulieren der belgische Bildhauer Jan Lauwers und die Künstlerin Grace Ellen Barkey vor 30 Jahren ihr existenzielles Bedürfnis
nach verbindlicher Gemeinschaft und Teilhabe im künstlerischen Arbeitsprozess. NEEDCOMPANY
steht für die Idee eines offenen Freiraums, in dem sich die unterschiedlichsten Ideen von (Bühnen)
Kunst im Grenzbereich zwischen Theater, Tanz, Performance, Musik und Bildender Kunst unabhängig
von Genre-Traditionen oder Produktionsmechanismen radikal artikulieren und entfalten lassen. Schon
kurz nach der Gründung wird die NEEDCOMPANY zu einem der wichtigsten künstlerischen Partner
für das Frankfurter Theater am Turm (TAT) und zugleich zum Protagonist einer jungen, international
agierenden freien Theaterszene. Heute vereint die NEEDCOMPANY drei Generationen von Künstlerinnen, Künstler und weiteren Kollektiven. 35 (fünfunddreißig!) der aktuell assoziierten NEEDCOMPANY Künstlerinnen und Künstler okkupieren am 7. & 8.10. das Künstlerhaus Mousonturm und besiedeln sämtliche Bühnen, Studios, das Lokal und die Foyers.
Lemm&Barkey (Brüssel)
FOREVER
Fr. 7.10.
Deutsche Erstaufführung
Als Mahler von der Diagnose seines schweren Herzleidens erfährt, komponiert er mit Der Abschied
eines seiner persönlichsten und von tiefer Traurigkeit geprägten Werke. In der neuen Choreografie
FOREVER von Grace Ellen Barkey und Lot Lemm entfaltet sich das Stück aus dem Zyklus Das Lied
von der Erde. Bei Mahler steht das Ringen des Menschen mit seiner eigenen Sterblichkeit im Kontrast
zur unsterblichen und sich selbst stets erneuernden Natur. In FOREVER stellen sich Lemm&Barkey
die Frage, wie der Tod, die Endlichkeit und Begrenztheit des Lebens selbst in einem Lied, in einem
Tanz zelebriert werden können. Die menschliche Fähigkeit zu erinnern wird dabei zu einem zentralen
Leitmotiv - auch im ganz konkreten Umgang mit Mahlers Komposition. Eine klangsensible, aus hunderten Porzellanteilen zusammengefügte Bühneninstallation stiftet der Choreografie fragilen Halt.
Unter dem Namen Lemm&Barkey arbeiten die Künstlerinnen Grace Ellen Barkey und Lot Lemm bereits seit vielen Jahren zusammen. Es entstanden zahlreiche Installationen u. a. für Museen wie BOZAR (Brüssel), das Benaki Museum (Athen), das Musée des Arts Décoratifs (Paris) u. a. Ihre Zusammenarbeit hat auch viele der Bühnenprojekte von Grace Ellen Barkey & Needcompany und damit das
künstlerische Profil der Kompanie geprägt.
Lisaboa & Kuiperskaai (Gent)
The Winter's Tale
Deutsche Erstaufführung
Sa. 8.10.
The Winter's Tale gilt als gern gemiedener Problemfall unter Shakespeares Werken. Zu verworren
scheinen die einzelnen Erzählstränge der Geschichte, zu divers ihre Figuren. Das multidisziplinäre
Kollektive Kuiperskaai hat sich nun mit einer brachialen Bearbeitung dieses Problems angenommen
und die Tragik des Scheiterns wenn schon nicht zum Prinzip, so doch zum zentralen Thema erklärt.
Regisseurin und Autorin Lisaboa Houbrechts hat das Original gemeinsam mit dem Kollektiv neu montiert und interpretiert. In einem fantastischen Universum entspinnt sich so gänzlich aufs Neue eine
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dem tiefsten Schlaf entrissene Geschichte zwischen Illusion und Realität, Lust und Aggression, Märchen und Alptraum.
Das Kollektiv Kuiperskaai wurde 2012 von Romy Louise Lauwers, Oscar van der Put, Lisaboa Houbrechts und Victor Lauwers gegründet. Lisaboa Houbrechts gehört zur jüngsten Generation belgischer
Regisseurinnen. Es sind der Mut zur großen Besetzung, das Interesse an der Konfrontation von Bild
und Text und die Fusion von Performance, Musik, Choreografie, Literatur und bildender Kunst, die die
gemeinsame Arbeit zutiefst prägen.
Maarten Seghers (Brüssel)
o - Or The Challenge Of This Particular Show Was To Have Words Ending In O
Sa. 8.10.
o ist eine Performance - oder vielleicht besser eine Konfrontation der Ausnahmemusiker, Künstler und
Tänzer Fritz Welch, Simon Lenski, Nicolas Field und Mohamed Toukabri. Um sie alle auf der Bühne
zusammenzubringen, hat Maarten Seghers ihnen einen beschwörenden Song über die Wonne des
lautstarken Klangs gewidmet. Wer hier nun wildes, wahlloses Getöse vermutet, täuscht sich, da Seghers bei seiner Klangorgie nichts dem Zufall überlässt. Er hat mit seinem Ensemble komplexe rhythmische Strukturen und Melodien geschaffen, die die gesamte Performance prägen. Und dennoch
steht die Komposition für eine Idee von Wahrheit, die es aufzulösen gilt, um so der eigenen Idee eines
wahrhaftigen Nichts unmissverständlich Ausdruck zu verleihen.
Maarten Seghers macht Objekte, Installationen, Performances und Musik. In seiner künstlerischen
Arbeit verknüpft er stets die tiefe Lust an allem Absurden, Schönen und Komischen mit der Frage
nach der Unvermeidbarkeit von Leid. Seit 2001 Mitglied der Needcompany, prägt Maarten Seghers
neben seiner markanten Präsenz als Performer auch mit seiner Musik aller seither entstandenen Inszenierungen.
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CAMPO CAMP - Tanz, Theater, Performance
Sa. 15. - Mi. 19.10.
Mi. 2. - Fr. 4.11., Frankfurt LAB
Knapp zehn Jahren nach seiner Gründung ist CAMPO heute eines der führenden europäischen Produktionszentren im Bereich der darstellenden Künste und gilt in diesem Bereich längst als Modellinstitution. CAMPO CAMP macht deutlich, mit welcher Konsequenz und welchen Strategien sich CAMPO
auf die so diversen wie spezifischen Bedürfnisse und Ansprüche der Künstlerinnen und Künstlern
einzulassen vermag. CAMPO übernimmt dabei eine höchst aktive Rolle in sämtlichen Projektphasen,
von der Konzeption, Produktion und Realisation bis in die Bereiche von Management und Vertrieb. In
einem CAMPO TALK (19.10.) spricht der künstlerische Leiter Kristof Blom über die Arbeit des Zentrums und ihre Bedeutung für frei arbeitende Künstlerinnen und Künstlern in Flandern, den Niederlande und Deutschland. Europas erfolgreichstes Produktionshaus CAMPO aus Gent übernimmt den
Mousonturm und feiert am 15. und 16. Oktober den Auftakt des CAMPO CAMP mit einem zweitägigen
Theaterfest für alle!
Pieter Ampe & Guilherme Garrido (Gent / Lissabon)
Still Standing You
Sa. 15.10.
Freundschaft ist: zusammen lachen, weinen, sich gegenseitig unterstützen, da sein, streiten, versöhnen, irgendwie einander aushalten … oder nicht? In Still Standing You unterziehen Pieter Ampe und
Guilherme Garrido ihre Männerfreundschaft einer knallharten Belastungsprobe. Sie kneifen, schlagen,
ringen und schwitzen. Und fragen sich: Wie viele Arten sich zu umarmen gibt es? Wie viel Blöße kann
ich mir erlauben? Denn eins wird schnell klar: So leicht lässt sich eine Beziehung zwischen zwei Menschen nicht definieren. In Still Standing You erzählen zwei Körper von jenen zwei Menschen, die in
ihnen stecken. Statt einer einfachen Geschichte entsteht ein hoch dynamisches, oft urkomisches Universum einer intensiven Freundschaft, in der sowohl psychisch als auch physisch blank gezogen wird.
Nach seiner Tanzausbildung in Salzburg studierte Pieter Ampe theatrical dance an der Arnhem Dance
Academy, bevor er seine künstlerische Ausbildung bei P.A.R.T.S. in Brüssel abschloss. 2007 entwickelte er dort ein erstes Duo zusammen mit dem portugiesischen Tänzer und Choreografen Guilherme Garrido. Seit 2009 ist Ampe Artist in Residence bei CAMPO und hat seither zahlreiche Solo-, Duound Gruppenarbeiten, viele davon mit Guilherme Garrido, realisiert. Still Standing You entstand 2010
und wird seither in Theatern und auf internationalen Festivals weltweit präsentiert.
Louis Vanhaverbeke (Brüssel)
MULTIVERSE
Deutsche Erstaufführung
Sa. 15.10.
MULTIVERSE-SESSION FÜR ALLE
So. 16.10.
„Am Anfang war nichts, das explodierte.“ Louis Vanhaverbeke ist DJ. Zumindest in MULTIVERSE.
Angesichts der Menge an Platten, Turntables und all dem sonstigen Kram, mit denen er sich auf der
Bühne umgibt, müsste man sagen: Multifunktions-DJ. Da liegt der nächste Schritt auf der - oder besser noch: in der Hand: Multifunktions-Rapper! Vanhaverbeke wirft seine Klangmaschinen an, scratcht
seine in Vinyl gepressten Argumente, schleift seine Texte aus den Rillen und bürstet seine Lieblingshits mit den Plattennadeln so lange gegen den Strich, bis das Hirn rauscht und sich die Gedanken
endlich in neuen Dimensionen mehr Platz verschaffen.
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In einer MULTIVERSE-SESSION FÜR ALLE lädt Louis Vanhaverbeke zur offenen Jam Session, in
der mit allen, die Lust haben, seine Tools und Objekte zu neuen Apparaten zusammenbaut, um damit
Musik und Texte lautstark zu zerschreddern.
Louis Vanhaverbeke studierte Mixed Media in Gent und anschließend an der School for New Dance
Development (SNDO) in Amsterdam. Am Anfang seiner Performances und Installationen stehen Objekte: Plastik-Tools, Drum-Computer und alles, was rollt oder einfach nur bunt ist bringt Vanhaverbeke
auf äußerst bewegliche Art zum Einsatz um zum Kern seines Interesses vorzudringen, der Frage, wie
sich unser Sprechen und Denken selbst auf immer neue Weisen in Bewegung versetzen lässt.
Robbert&Frank Frank&Robbert (Gent)
TO BREAK - The Window of Opportunity
So. 16.10.
SUITCASES
Sa. 15.10.
Mit TO BREAK präsentiert das junge belgische Künstlerduo Robbert&Frank Frank&Robbert (allen ab
8 Jahren!) seine ganz eigene Vorstellung von der Magie des Theaters. Neben einer Westernkulisse
stehen Regale mit zahlreichen Gegenständen aus Holz, Stoff, Plastik und Metall. Wie zwei SlapstickCowboys taumeln die beiden Theaterbildhauer mit ihren Objekten über die Bühne. Ein Bild ergibt das
andere. Ob meterlange Holzlatten, Spielzeugauto, wackelnder Kuhkopf oder eine Pistole (die ganz
theatertypisch aus Schokolade ist und dann auch gleich gemeinsam mit dem Publikum verkostet wird)
- Schritt für Schritt füllt sich die Leere mit Farben und Objekten und erwacht zu einer lebendigen Wildnis, in der sich die unvorhersehbarsten Szenen abspielen. Und plötzlich gibt es kein Halten mehr und
alles setzt sich in Bewegung - zu einem Road Trip quer durch die Zeit und mit bester Aussicht auf all
die abenteuerlichen Möglichkeiten, die sie uns bietet.
Unter dem Titel SUITCASES sucht das Künstlerduo nach einem so subversiven wie spielerischen
Umgang mit einem der angstbesetzesten Alltagsgegenstände unserer Zeit: dem einsamen Koffer im
öffentlichen Raum. Mit ihrer Intervention ziehen sie vom Frankfurter Museum Angewandte Kunst zum
Künstlerhaus Mousonturm und lassen dabei an verschiedenen Plätzen das Innenleben ihrer SUITCASES ihr Unwesen treiben.
Beide Künstler des Duos Robbert&Frank Frank&Robbert absolvierten ihre Ausbildung an der KASK in
Gent am Fachbereich für Multimedia Design. In ihrer gemeinsam bildnerischen und performativen
Arbeit bringen sie ihre jeweiligen Backgrounds von bildendender und digitaler Kunst mit ihrer Lust an
konzeptioneller und spielerischer Konsequenz kongenial zusammen. Parallel zu ihrem Gastspiel am
Künstlerhaus Mousonturm präsentiert das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt ihre Arbeit GUNS.
Benny Claessens (Gent)
Hello Useless – for W and friends
Deutsche Erstaufführung
So. 16.10.
Benny Claessens ist ein Extrem. Als Schauspieler an den Münchner Kammerspielen unter der Leitung
von Johan Simons wurde er bereits mit seinem ersten Auftritt 2010 zur heiß umstrittenen Zumutung
erklärt. Die öffentliche Anerkennung ließ lange auf sich warten, fiel dann aber umso furioser aus: "Ein
poetisches Nilpferd, grazil wie eine Fee, ein gutmütiges Reittier, so agil wie ein Derwisch; vor allem
ein Körpermedium der Liebe." (Süddeutsche Zeitung, 2015). Nun hat er erstmals am Kunstzentrum
CAMPO eine neue Performance erarbeitet: Hello Useless – for W and friends ist ein Solo über den
Stillstand. Darüber, sich Zeit zu nehmen, um die Dinge klar zu sehen, um zu atmen, um bedeutungs
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los zu sein. Ohne Worte, ohne Kenntnis. Ohne Struktur. Aber auch ohne bestehende Strukturen zu
bekämpfen. Nur, um gesehen und gehört zu werden, um zu werden. Ein Versuch, all die Dinge, über
die wir uns einig sind, zu rekonstruieren. Nur eben aus der Perspektive eines Aliens.
Brief an W
Eine Nachtigall und eine Krähe im Gesangswettbewerb
Ein Schwein kommt vorbei
Die beiden bitten das Schwein über den Wettbewerb zu urteilen
Das Schwein willigt ein
Die Nachtigall singt makellos
Schön
Die Krähe singt
Krächzend und grauenvoll
Das Schwein erklärt die Krähe zum Sieger und geht
Die Nachtigall weint
Warum weinst Du, fragt die Krähe
Weinst Du, weil du nicht gewonnen hast
Ich weine nicht, weil ich nicht gewonnen habe, antwortet die Nachtigall
Ich weine, weil ich von einem Schwein beurteilt wurde
Pieter Ampe (Gent)
So you can feel
Di. 18.10.
Erstens trägt Pieter Ampe einen stattlichen Bart, zweitens tobt in dem belgischen Tänzer und Choreografen eine gewaltige Energie. Und drittens erstürmt dieser Mann nun allein und ohne Sauerstoffflasche einen trügerischen Gipfel der Verwandlungen. Ampe strebt dorthin, wo die gesellschaftsverbindliche Luft dünner wird, wo sich Normen verschieben und Leitbilder vernebeln lassen. Denn nur hier
besteht für ihn die Hoffnung, dass aus emotionalen und sexuellen Energien eine neue Atmosphäre
der Emanzipation entsteht. Wissen wir eigentlich, wie andere uns wahrnehmen? Welche Energie geht
von unseren Körpern aus? Müssen wir uns befreien? Pieter Ampe wird es in So you can feel herausfinden und es droht höchste Gefahr, dass er uns verführen wird ihm zu glauben.
Von allen CAMPO-Künstlern ist Pieter Ampe derjenige, dessen biografische und künstlerische Entwicklung aufs engste mit der Stadt Gent und der Geschichte des Kunstzentrums und seiner Partnerorganisationen und ihrer Vorläufer verknüpft ist. Bereits als Jugendlicher nahm er an zahlreichen
künstlerischen Workshops der heutigen Kopergietery teil. Nach seiner Ausbildung (u. a. bei P.A.R.T.S
in Brüssel) und mehrere Produktionen im Ensemble von Rosas ist er seit 2009 Artist in Residence bei
CAMPO, entwickelte dort seither er dort drei Duos, ein Quartett und nun mit So you can feel sein erstes Solo.
Sarah Vanhee (Brüssel)
Oblivion
Di. 18. & Mi. 19.10.
Stelle Sie sich einen Ort vor, an dem man all den Dingen, die man ausrangiert, gelöscht und weggeworfen hat, erneut begegnet. Die Künstlerin Sarah Vanhee hat mit Akribie und Konsequenz ein Jahr
lang ihren gesamten realen und virtuellen Müll gesammelt und daraus eine offene Performance entwickelt, die sich über mehrere Stunden und die gesamte, zunächst leere Bühne erstreckt. Minute für
Minute, Satz für Satz füllt sich in Oblivion der Raum mit Objekten, Gedanken, Beziehungen, von de-
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nen man sich losgesagt und die man vergessen hat. Alles taucht alle wieder auf. Es ist ein radikaler
Perspektivwechsel voll Zuwendung und Hingabe: Alles hat seinen Wert.
Sarah Vanhees künstlerische Praxis steht der Performance, der Bildenden Kunst und der Literatur
nahe, sie nutzt verschiedene Formate und entwickelt ihre Arbeiten stets neu oder als konsequente
Adaption direkt vor Ort. Aktuell ist sie Artist-in-Residence bei CAMPO in Gent. Am Künstlerhaus
Mousonturm entwickelte sie 2012 ihre Performance-Serie Ohne Titel über den persönlichen Umgang
mit Kunst in privaten Wohnungen.
Milo Rau (Zürich / Berlin / Gent)
Five Easy Pieces
Mi. 2. - Fr. 4.11., Frankfurt LAB
Five Easy Pieces macht das Leben und die Verbrechen des Belgiers Marc Dutroux und mit ihm verschiedene Tabus und Schmerzpunkte des privaten wie politischen Lebens zum Thema. Auf der Bühne: Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 13 Jahren. In "fünf Übungen größter Einfachheit" schlüpfen die jungen Akteure in verschiedene Rollen, etwa die eines Polizeioffiziers, eines der Opfer oder
der Eltern eines der toten Mädchen. Durch diese Übungen und durch mit erwachsenen Schauspielern
einstudierte Reenactments entspannt sich einerseits ein historisches Panorama belgischer Geschichte von der Unabhängigkeit des Kongo bis zur Großdemonstration des „Weißen Marsch“. Andererseits
fragt die Inszenierung nach den Grenzen von dem, was Kinder wissen, fühlen und tun dürfen. Was
bedeutet es, sie dabei zu beobachten? Und was erfahren wir dadurch über unsere eigenen Ängste,
Hoffnungen und Tabus? Der Komponist Igor Strawinsky komponierte vor einhundert Jahren seine
Five Easy Pieces als Erziehungsinstrument, um seinen Kindern das Klavierspielen beizubringen. Marina Abramović spielte mit Seven Easy Pieces ikonische Aktionen der Performancekunst nach. In Milo
Raus Five Easy Pieces nun werden die Kinder in die emotionalen und politischen Absurditäten und
Abgründe der Erwachsenenwelt eingeführt.
Für Five Easy Pieces erhält Milo Rau 2016 den Hauptpreis des "Prix de la Critique Théâtre et Danse".
Der Preis wird am 3. Oktober im Belgischen Nationaltheater in Brüssel verliehen.
Das IIPM – International Institute of Political Murder wurde vom Regisseur und Autor Milo Rau 2007
mit Sitz in der Schweiz und in Deutschland zur Produktion und internationalen Verwertung seiner
Theaterinszenierungen, Aktionen und Filme gegründet. Seither konzentriert sich das IIPM auf die multimediale Bearbeitung historischer oder gesellschaftspolitischer Konflikte.
Gastland-Café
Sa. 17.9. - So. 23.10.
Ab dem 17. September wird der Mousonturm offizielles Gastland-Café der diesjährigen BuchmessenEhrengäste Flandern & die Niederlande. Gestaltet vom Amsterdamer Design Studio DOG AND PONY
ist das Lokal insbesondere während der Buchmesse abendlicher Treffpunkt für Autoren, Künstler und
alle Gäste, die sich hier bei Partys, Empfängen, zahlreichen Zusatzevents und bei flämischen und
niederländischen Spezialitäten begegnen, austauschen und bis in die Nacht hinein feiern wollen.
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3.3. Akira Takayama / Port B (Tokio)
european thinkbelt
2016 - 2018
Europas Grenzen sind offen. Angstszenario, Wunschtraum oder grausamer Alltag - die mit dieser
Realität verbundenen Konflikte und Katastrophen dominieren gegenwärtig die Politik Europas.
Nie zuvor in seiner jüngeren Geschichte sah sich der Kontinent in vergleichbarer Weise herausgefordert, seine Ab- und Ausgrenzungsstrategien und darüber die Konstruktionen des eigenen Selbstverständnisses grundsätzlich zur Disposition zu stellen.
Mit dem dreijährigen Forschungsprojekt european thinkbelt unternimmt der in Tokio lebende Künstler
Akira Takayama eine umfassende Live-Kartografierung dieser fundamentalen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Eine zentrale Referenz ist dabei der 1966 vom britischen Architekt Cedric
Price entwickelte, jedoch niemals realisierte Potteries Thinkbelt, für den er die Infrastruktur des Nahverkehrsnetzwerks zwischen drei nordenglischen Städten zu einer mobilen, dezentralen, offenen Universität ausbauen wollte. Für european thinkbelt adaptiert und aktualisiert Akira Takayama nun diese
utopische Konzeption im gesamteuropäischen Rahmen.
european thinkbelt: speaking (AT)
Sa. 29.10. – So. 6.11.2016
Bereits vom 29.10. - 6.11.2016 vermittelt das Performance-Format speaking (AT) einen so ungewöhnlichen wie differenzierten Zugang zu Flucht- und Migrationserfahrungen. Mitten in der Frankfurter Innenstadt entsteht für eine Woche ein Netz ambulanter Radio-Stationen. Betrieben werden sie von
Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung, die heute in Frankfurt leben. An belebten öffentlichen
Orten begegnen sie sich in mehrstündigen Gesprächen. Zentrales Thema ihres Austauschs sind das
Wissen, die Kenntnisse und jene Informationsressourcen, die für ihre eigene Flucht und Migration
(über-)lebensnotwendig waren. Auch wenn die Gesprächspartner selbst im Trubel kaum auszumachen sind, so werden ihre Unterhaltungen live auf FM-Radiofrequenzen gesendet und sind im
unmittelbaren Nahbereich für jeden zu empfangen.
european thinkbelt: 2016 - 2018
Zwischen 2016 und 2018 initiiert Akira Takayama gemeinsam mit regionalen und internationalen,
künstlerischen und institutionellen Partnern zahlreiche weitere Labor- und Projektformate. Eine erste
Kooperation erfolgt ab September 2016 mit Architekturstudierenden der Städelschule (Klasse Johan
Bettum). Untersucht werden die öffentlichen, geförderten, geduldeten oder als illegal geltende Wege,
Transitstationen und Zielorte, die sich im Zuge von Flucht und Migration bereits etabliert oder in jüngster Zeit erst gebildet haben. Vor diesem Hintergrund entwirft european thinkbelt neue utopische und
realisierbare Konzepte für "arrival cities".
Ein Projekt im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Gefördert durch die Japan Foundation.
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3.4. Tanzplattform Rhein-Main
Ein Kooperationsprojekt des Künstlerhaus Mousonturm und des Hessischen Staatsballett
Die Tanzplattform Rhein-Main ist ein dreijähriges Kooperationsprojekt zwischen dem Künstlerhaus
Mousonturm und dem Hessischen Staatsballett. Das internationale Produktionshaus und die Tanzsparte der Staatstheater Wiesbaden und Darmstadt haben sich zusammengeschlossen, um in einem
für Deutschland einmaligen Projekt, vielfältige Produktions-, Aufführungs-, und Vermittlungsformate zu
entwickeln, um Künstlerinnen und Künstler und Institutionen im Bereich Tanz regional und überregional miteinander zu vernetzen und den Tanz in der Region zu stärken. Seit Januar 2016 sind im Rahmen der Tanzplattform Rhein-Main zahlreiche Projekte gestartet. Neben dem kontinuierlichen Workshop-Programm und Profitraining in Frankfurt, drei Clubs für tanzbegeisterte Laien in Wiesbaden,
Darmstadt und Frankfurt und zahlreichen Aktivitäten im Rahmen der Tanzplattform Deutschland, ist in
einer städteübergreifenden Residenz das Stück Puppets von Paula Rosolen entstanden. Im August
startet zudem die Entwicklung einer mobilen Tanzproduktion von Lina Lindheimer, die sich mit der
Situation des Wartens in Arbeitsämtern der Region beschäftigt und dort auch aufgeführt werden soll.
Jan Martens (Amsterdam / Brüssel / Frankfurt)
The Common People Frankfurt
Mousonturm-Koproduktion
Do. 20. & Fr. 21.10., Frankfurt LAB
Menschen aus Frankfurt begegnen sich das erste Mal. Nicht auf Facebook, nicht im Chat, sondern
leibhaftig, auf der Bühne vor Publikum. Da sie keine professionellen Schauspieler oder Tänzer sind,
entwickeln sich in diesen Begegnungen Momente und Situationen von besonderer Intimität. Der belgische Choreograf Jan Martens und der Filmemacher Lukas Dhont laden in offenen Aufrufen zu dieser
außergewöhnlichen Serie von Blind Dates ein: Nach vorbereitenden Workshops treffen in der Aufführung jeweils zwei Menschen aus unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen in 24 Duetten aufeinander. Und während sie in ihren Handlungen einfachen Fragen und Anweisungen folgen, entsteht
über die individuellen Interpretationen von Themen wie Annäherung, Austausch und Vertrauen zugleich ein einzigartiges Portrait ihrer Stadt. Im Verlauf des dreistündigen Performance-Marathons
kann das Publikum zwischen den Duetten kommen und gehen.
Jan Martens studierte Tanz am Royal Conservatoire of Dance der Artesis Hogeschool in Antwerpen
sowie an der Fontys Dance Academy in Tilburg und hat seit seinem Abschluss 2006 in verschiedenen
Kompanien in Belgien und im Ausland getanzt. Mit seinen zahlreichen, seit 2009 entstehenden eigenen Choreografien ist er regelmäßig zu Gast bei internationalen Festivals und ist seit 2014 Factory
Artist am Düsseldorfer Tanzhaus NRW.
Die Tanzplattform Rhein-Main ist ein Projekt von Künstlerhaus Mousonturm und Hessischem Staatsballett, ermöglicht vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain, gefördert von dem Kulturamt der Stadt
Frankfurt am Main, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Stiftungsallianz
[Aventis Foundation, BHF-BANK-Stiftung, Crespo Foundation, Dr. Marschner-Stiftung, Stiftung Polytechnische Gesellschaft].
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Tanzfestival Rhein-Main
So. 30.10. - So. 13.11., Darmstadt und Frankfurt
Im Rahmen der Tanzplattform Rhein-Main veranstalten das Künstlerhaus Mousonturm und das Hessische Staatsballett erstmals in Frankfurt und in Darmstadt das Tanzfestival Rhein-Main. Es wird in
Zukunft einmal im Jahr im Wechsel in den Städten Darmstadt und Frankfurt bzw. Wiesbaden und
Frankfurt stattfinden. Das Festival versammelt herausragende Arbeiten von Tanzschaffenden aus der
Region und internationale choreografische Positionen und eröffnet so neue Perspektiven auf die
Rhein-Main-Region als Tanzregion.
Eröffnet wird die erste Festivalausgabe mit Spiegelungen, einem neuen Tanzabend des Hessischen
Staatsballetts, der neben einer Neueinstudierung von Alexander Ekman und einer Uraufführung des
Ballettchefs Tim Plegge erstmals die gefeierte Choreografie Infra von Wayne McGregor in Deutschland zeigt. Mit Puppets von Paula Rosolen und einer neuen Version von In Act and Thought des
Frankfurter Choreografen Fabrice Mazliah werden weitere in der Rhein-Main-Region entstandene
Stücke zu sehen sein. Weitere internationale Programm-Highlights sind darüber hinaus: die meditativen Kurzstücke La Traversée und Sur le fil von Nacera Belaza, OCD LOVE von Sharon Eyals und Gai
Behars L-E-V Dance Company, eine temporeiche Choreografie über das Aufeinanderprallen von Liebe und Zwang und Jérôme Bels Arbeit Gala, in der Tanzprofis und Laien aus dem Rhein-Main-Gebiet
gemeinsam die Freude am Tanz und seine vielfältigen Ausdrucksformen feiern.
Das Gesamtprogramm liegt ab September vor.
Das Tanzfestival Rhein-Main bringt die Region in Bewegung. Es lädt dazu ein, vielfältige Formen von
Tanz und Choreografie kennenzulernen, und die Frage „Wer ein Tänzer“ ist, immer neu zu beantworten.
Dreiteiliger Ballettabend von Wayne McGregor, TimPlegge & Alexander Ekman
Spiegelungen
Infra (McGregor) / Uraufführung von Tim Plegge / Left Right Left Right (Ekmann)
Uraufführung So. 30.10., Hessisches Staatstheater Darmstadt
McGregors Infra betrachtet menschliche Beziehungen unter der Oberfläche. Das Offensichtliche ist
Impuls und führt zur Offenlegung des Darunterliegenden. Seine Soli, Pas de deux und Gruppensequenzen sind von großer Emotionalität und visueller Kraft. Die Neukreation von Ballettdirektor Plegge
ist als Abenteuer zu verstehen. Ein Stück, dessen Ansatz künstlerischer Intuition entspringt – beste
Voraussetzungen für ein künstlerisches Wagnis. Ein überspitztes Abbild alltäglicher Vorgänge stellt
Ekmans vom Publikum begeistert aufgenommene Left Right Left Right dar. Er perfektioniert das normale Gehen zu einem Höchstmaß an Konzentration, Timing und Rhythmus.
Jérôme Bel (Paris)
GALA
Di. 8. & Mi. 9.11., Frankfurt LAB
Mit seinen Stücken hat der französische Choreograf Jérôme Bel das Verständnis von Tanz, Choreografie und Theater in den letzten zwanzig Jahren radikal verändert. Bel entlarvt nicht nur die Konventionen des Tanzes sondern auch die impliziten Ausschlüsse des Theaterapparats. Nach Stücken wie
Disabled Theater und Cour d’honneur folgt auch seine jüngste Kreation Gala der Frage, wie sich das
verfestigte Machtsystem der theatralen Repräsentation in eine demokratische Veranstaltung umformen lässt, in der Menschen, die normalerweise aus dem Theater ausgeschlossen sind, einen Platz
finden, und das Bestmögliche der eigenen Fähigkeiten jenseits von Perfektion oder Virtuosität zeigen
können? In der zusammen mit der Wiesbaden Biennale erarbeiteten Rhein-Main-Version der Produktion lädt Bel vierundzwanzig Profis und Amateure aus der Region zu einer festlichen Tanz-Gala auf
die Bühne. Mit viel Spaß am individuellen Ausdruck und Freude an der Imperfektion ergründen sie
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was uns zum Tanzen bringt und wie wir tänzerische Darbietungen betrachten können, die fragil und
unsicher sein mögen, ohne ins Urteilen zu verfallen.
Nacera Belaza (Paris/ Algier)
La Traversée & Sur le fil
Mousonturm-Koproduktion, Deutsche Erstaufführung
Sa. 12. & So. 13.11., Frankfurt LAB
Nacera Belaza lebt und arbeitet in Frankreich und Algerien. Als Kind kam sie über Michael Jackson
zum Tanz und entwickelte als Autodidaktin ihren außergewöhnlichen choreografischen Stil, in dem
zeitgenössische und rituelle Bewegungspraxis miteinander verschmelzen. Im Rahmen des Festivals
für Choreografie wird Belaza erstmals ihre Arbeit in einem Doppelabend in Frankfurt vorstellen. Neben
ihrem 2014 entstandenen Gruppenstück La Traversée zeigt Belaza ihr eindringliches Trio Sur le fil,
das im Rahmen der Tanzplattform Rhein-Main im Frankfurt LAB geprobt und koproduziert wurde und
das in diesem Monat bei dem renommierten Festival Montpellier Danse uraufgeführt wurde.
Nacera Belaza hat seit der Gründung ihrer Kompanie 1989 eine Reihe von Arbeiten geschaffen, in
denen sie religiöse und tänzerisches Codes in einer ganz eigenen Ausdruckssprache mischt, darunter
zuletzt Le trait (2012), Le Temps scellé (2010), Les Sentinelles (2010) und Le cri (2008). Ihre Arbeiten
wurden in Europa präsentiert, wie auch in den USA, in Kanada, im Mittelmeerraum und in Afrika, darunter auf so bedeutenden Festivals wie Montpellier Danse, Rencontres Seine-Saint-Denis, Festival
d’Avignon, Biennale de la Danse de Lyon oder Tanz im August Berlin. Neben ihrer eigenen künstlerischen Arbeit widmet sich Nacera unterschiedlichen kulturellen Projekten in Marokko und Algerien, in
der Tanzausbildung wie auch in der Jugendarbeit, und ist am Aufbau eines französisch-algerischen
Choreografen-Austauschs beteiligt.
Paula Rosolen / Haptic Hide (Frankfurt)
Puppets
Hessisches Staatstheater Darmstadt
N.N.
Paula Rosolen ist Spezialistin für außergewöhnliche Themen im Tanz. Mit ihrem aktuellen Stück
Puppets führt sie uns erneut in ein choreografisches Randgebiet und deutet ein zentrales Bild im Tanz
um: In vielen Epochen und Kulturen, zum Beispiel im romantischen Ballett oder im klassischen javanischen Tanz, gelten die Bewegungen von Puppen als tänzerisches Ideal. Rosolen gibt dem Verhältnis
von Puppen und Tänzern einen erstaunlichen Twist. Sie nimmt nicht die Bewegungen der Puppen
sondern die der Puppenspieler in den Blick. Welche Tänze entgehen normalerweise unserer Aufmerksamkeit? Welche choreografischen Muster entstehen beim gemeinsamen Führen einer Puppe?
Über eine tanzfremde Disziplin, das Puppentheater, entwickelt Rosolen eine neue Perspektive auf
Tanz und dessen Wahrnehmung.
Fabrice Mazliah (Frankfurt)
In Act and Thought
Do. 10. & Fr. 11.11.
In Kollaboration mit Tänzern der Forsythe-Company kreierte Choreograf Fabrice Mazliah In Act and
Thought. Darin legen die Performer ein performatives Zeugnis ab: Wie kann das Erfahrungswissen,
das eine Gemeinschaft von Tänzern erworben hat, einem Publikum verständlich gemacht werden und
sich dabei gleichzeitig zu etwas Neuem hin entwickeln? Gemeinsam erproben die Performer, ihre
Bewegungen auf der Bühne mit Sprache zu verbinden – sie präzisieren, entwickeln Details zu komplexen Aktionen, bewegen sich einvernehmlich, entwerfen gemeinsam neue Ideen und werden poetisch. Aktionen bringen weitere Aktionen hervor; aus der Neu-Kombination einzelner Beiträge entste-
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hen wechselnde akustische Texturen. In dieser Verflechtung von Bewegung und Sprache, Austausch
und Präsenz, laden sie zur Möglichkeit einer neuen Konstruktion von kommunikativer Bedeutung ein.
Fabrice Mazliah wurde in Genf geboren und studierte dort, an der Nationalakademie in Athen und am
Rudra Béjart Atelier in Lausanne Tanz. Er war Mitglied des Nederlands Dans Theater, bevor er 1997
zum Balletts Frankfurt unter der Leitung von William Forsythe wechselte, aus der 2005 die Forsythe
Company hervorging. Seit 1998 kreierte Mazliah eine Vielzahl eigener Projekte und choreografischer
Arbeiten. Er ist Mitglied des Kollektivs MAMAZA, das zwischen 2012 und 2014 im Rahmen des Fonds
Doppelpass am Mousonturm residierte.
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3.5. Festival der afropäischen Künste – Afropean Mimicry & Mockery in
Theatre, Performance & Visual Arts III
Fr. 25.11. - So. 4.12.
Durch sämtliche Jahrhunderte afrikanisch-europäischer Begegnung zieht sich die Auseinandersetzung mit dem jeweils „Anderen“. Das Festival der afropäischen Künste lädt Künstlerinnen und Künstler ein, die auf dem afrikanischen Kontinent, in Europa oder der Diaspora leben und sich mit wechselseitigen Zuschreibungen und künstlerischen Aneignungsstrategien auseinandersetzen. In diesem
Rahmen zeigt der Mousonturm das neue Stück des kongolesischen Autors, Regisseurs und seit 2014
am Mousonturm assoziierten Künstlers Dieudonné Niangouna Nkenguégi, welches die Fluchtgeschichte eines Kongolesen nach Europa erzählt. Weiterhin zeigt Simone Dede Ayivi in ihrer Arbeit
First Black Woman in Space die Vision einer postrassistischen und feministischen Gesellschaft auf.
Oliver Zahn, erstmals in Frankfurt zu sehen, befasst sich mit dem Vorgang kultureller Aneignung von
Tänzen. Das umfangreiche Festivalprogramm bestehend aus Performance, Tanz, bildender Kunst,
Musik und Diskurs setzt sich intensiv mit Nachahmung und Verspottung, Blickstrategien und Repräsentation sowie der Sezierung vermeintlicher Gewissheiten auseinander, Themen die der Mousonturm bereits seit 2014 in zwei Schwerpunkten – Afropean Mimicry & Mockery I und II – erforscht hat,
und die nunmehr ein einem großen, zweiwöchigen Abschlussfestival münden.
Festival der afropäischen Künste – Afropean Mimicry & Mockery in Theatre, Performance & Visual
Arts III wird gefördert im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes und durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain, in Kooperation mit Théâtre de Vidy-Lausanne (CH), lagos_live Festival (NG), Festival
Mantsina sur Scène (CG), Goethe-Institut Nigeria, Iwalewahaus – Institut für Afrikastudien der Universität Bayreuth, Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen. Mit
Unterstützung der Freunde und Förderer des Mousonturms e.V. (f.f.m.).
Dieudonné Niangouna (Brazzaville / Paris / Frankfurt)
Nkenguégi
Mousonturm-Koproduktion, Deutsche Erstaufführung
Do. 1. & Fr. 2.12.
Die Nkenguégi ist eine rankende, stachelige Pflanze, die als Schutz vor wilden Tieren um Tiergehege
gepflanzt wird. Doch auch das von der Nkenguégi vermeintlich geschützte Vieh darf der Pflanze keinesfalls näher kommen und so wird dieser Schutz auch zum Gefängnis. Das Bild dieser schützenden,
zugleich gefährlichen Pflanze ist für Dieudonné Niangouna das Sinnbild für einen gesamtgesellschaftlichen Teufelskreis: Denn welche Sicherheit wird hier versprochen? Zugleich ist Nkenguégi die Geschichte eines Bootes, das bei dem Versuch, illegal nach Europa überzusetzen, untergeht. Irgendwo
zwischen Leben und Tod treibt auf einer Barke der einzige Überlebende. Die wahnhaften Gedanken
des Schiffbrüchigen sind die Bekenntnisse eines Mannes, der dazu verdammt ist, ohne Aussicht auf
Rettung über die Meere zu irren und niemals wieder Land zu sehen.
Dieudonné Niangouna, seit 2014 assoziierter Künstler am Mousonturm, beschließt mit Nkenguégi
seine La Trilogie des Vertiges, deren 1. Teil Le socle des Vertiges der Mousonturm 2015 präsentierte.
Die Arbeit ist der letzte Teil des seit fünf Jahren von der Compagnie Les Bruits de la Rue erzählten
Epos über den politischen Taumel zwischen Nord und Süd, geopferten Generationen, über Gewalt
und die Versessenheit um jeden Preis zu leben. 2015 wurde ein Teil des Stücktextes im Rahmen einer szenischen Lesung am Mousonturm vorgestellt, Uraufführung ist im November 2016 am Théâtre
de Vidy-Lausanne.
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Simone Dede Ayivi (Berlin)
First Black Woman in Space
Mousonturm-Koproduktion
November 2016
Im Kontext der Plattform Afropean Mimicry & Mockery in Theatre, Performance & Visual Arts II präsentierte der Mousonturm 2015 erstmals die Künstlerin Simone Dede Ayivi und ihre Arbeit Performing
Back. Warf jene Arbeit vor allem den Blick auf die koloniale Vergangenheit und ihre Präsenz im deutschen Alltag, befasst sich die Künstlerin mit ihrem Team in ihrer neuen Produktion mit der Zukunft und
dem Entwurf empowernder positiver Visionen für eine feministische und postrassistische Gesellschaft.
In First Black Woman in Space, die im Rahmen einer Residenz am Mousonturm vom Künstlerinnenteam erarbeitet wird, geht es ganz im Sinne des Afrofuturismus um das gemeinsame Denken von
Utopie. Ein Showing im September lädt zu ersten Einblicken in den Arbeitsprozess ein, die finale Arbeit wird im Rahmen des Festivals der afropäischen Künste – Afropean Mimicry & Mockery in Theatre,
Performance & Visual Arts III im November gezeigt.
Simone Dede Ayivi studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim und ist als
Regisseurin, Autorin und Performerin tätig. In ihrer Performance Krieg der Hörnchen arbeitet sie sich
durch ein akribisch zusammengestelltes Hörnchenarchiv, um in Soundcollagen und Videoprojektionen
Deutschtümelei und Xenophobie zu verhandeln.
Oliver Zahn (München)
Situation mit Doppelgänger
November 2016
2013 performte das weiße Pop-Starlet Miley Cyrus gemeinsam mit ihren afroamerikanischen Tänzerinnen und Tänzern bei den Video Music Awards eine sogenannte Twerking-Choreografie. Das
rhythmische Schütteln und pornografische Ausstellen des Hinterns zu basslastigen Beats löste einen
Sturm der Entrüstung aus, gleichzeitig machte jedoch die Performance Twerking einem Massenpublikum zugänglich.
Die Aneignung und Vermarktung schwarzer und anderer minoritärer Tanzformen hat eine lange Tradition in der Pop-Kultur und reicht bis in die Zeit der Minstrel-Shows des 19. Jahrhunderts zurück. Die
Fragen, welche diese kulturellen Aneignungen aufwerfen, sind seitdem dieselben: Welche Bedeutungen haben Tänze? Gehören sie irgendwem und wer darf sie dann überhaupt tanzen? Gemeinsam mit
dem Performer Julian Warner untersucht Oliver Zahn auf der Grundlage von Minstrel-Pop- und Volkstänzen den Vorgang kultureller Aneignung in seinen verschiedenen Ausformungen. Es entsteht ein
performativer Essay mit und über Tanz, über das Potenzial von Popularisierung und die Konstruktion
von Authentizität.
Der Absolvent der Theaterakademie August Everding München stellt sich erstmals dem Frankfurter
Publikum vor.
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3.6. Freischwimmer Festival 2016/2017
Neues aus Theater, Performance, Tanz und Live-Art
Family Affairs
Di. 10. – So. 15.1.2017
Wir wollen alles, nur nicht so werden wie unsere Eltern. Und während wir versuchen dem väterlichen
Schicksal zu entkommen, sehen wir längst aus wie die eigene Mutter. Ähnlich verhält es sich in gesellschaftlichen Prozessen. Obwohl wir fest davon überzeugt sind, aus der Geschichte gelernt zu haben, baden wir die Fehler vorheriger Generationen aus um dabei am laufenden Band neue zu produzieren. Was also tun, wenn das eigentliche Übel des Stillstands und der Unveränderbarkeit bereits in
der eigenen Familiengeschichte, der persönlichen Paarbeziehung, der individuellen Etikette oder eben
bei den eigenen künstlerischen Vorbildern und Praktiken grundgelegt zu sein scheint? Wie verhandelbar sind diese biografischen Aufträge, gesellschaftlichen Deals und kulturellen Verträge, die uns binden und in Beschlag nehmen? Wie können wir mit ihnen brechen, sie neu aushandeln oder auflösen?
In der neunten Ausgabe des Freischwimmer-Festivals präsentieren die Produktionshäuser Gessnerallee (Zürich), Sophiensaele (Berlin), BRUT (Wien), FFT (Düsseldorf) und das Künstlerhaus Mousonturm neue künstlerische Positionen aus den Bereichen Theater, Performance, Tanz und Live-Art.
Timo Krstin (Zürich) folgt mit seinem Kollektiv K.U.R.S.K den eigenen familiengeschichtlichen Spuren bis in die rassistische Kolonialisierung Afrikas und sucht genau dort nach jener Vermischung von
Politik und Ästhetik, die sich nach dem Ende der Kunst zur ästhetischen Politik des Faschismus auswächst. "Art must be beautiful, artist must be beautiful" - dieser Formel von Marina Abramović zu folgen lernte Anna Natt (Berlin) bereits von ihrer Großmutter, um nun in einer bild- und klangintensiven
Choreografie den Gefahren, die vom eigenen Begehren ausgehen, ein symbolisches Zeichen zu setzen. Die Choreografin Veza María Fernández Ramos (Wien) verlässt den Mikrokosmos der inzestuösen Theaterfamilie und entwickelt gemeinsam mit vier ihrer künstlerischen "Wahlväter" alternative
Arbeitsstrukturen und Konstellationen für ein künstlerisches Zusammenleben. Das Kollektiv Rylon/
The Agency (Düsseldorf) remodelliert in seinem individuellen Coaching-Programm das gegenwärtige
Nebeneinander von normativer Paarbeziehung, polyamourösen Strukturen, Neokonservatismus und
allgegenwärtig attestierter Bindungsunfähigkeit. ScriptedReality (Frankfurt) stemmt sich schließlich
dem Theater, der Gesellschaft und dem ewigen Glauben, dass alles nur aus Arbeit gemacht sei, mit
ihrer eigenen fluxistischen Festspiel-Vision und der so schlichten wie verlockenden Parole entgegen:
Wie wir es wollen!
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3.7. Frankfurter Positionen 2017
Festival für neue Werke
Eine Initiative der BHF-Bank-Stiftung
Ende Januar/Anfang Februar 2017
Die 2001 erstmals veranstalteten Frankfurter Positionen sind ein interdisziplinäres Festival mit Konzerten, Theater, Ausstellungen und Performances. In einem etwa zweijährigen Turnus werden Künstler
sowie Referenten gebeten, mit ihren neuen Arbeiten oder ihren Beiträgen auf dem Symposium der
begleitenden Vortragsreihe à jour eine Positionsbestimmung zu dem sich vollziehenden gesellschaftlichen Wandel und zu den Veränderungen in der Lebenswelt zu formulieren. Das Projekt ist eine Initiative der BHF-BANK-Stiftung, die — unter Einbeziehung von Fachjurys — Aufträge zur Erstellung neuer Werke an Künstler erteilt. Die Frankfurter Positionen werden von einem breiten Frankfurter KulturNetzwerk getragen. Seit der Etablierung des Projekts haben mehr als 80 Theaterautoren, bildende
Künstler, Komponisten, Choreografen und Filmemacher die Möglichkeit erhalten, neue Werke zu
schaffen und diese in und mit bedeutenden Institutionen vorzustellen.
Bereits im Herbst 2016 beginnen die Reihen à jour - Vorträge zu den Frankfurter Positionen
und FP Extra - Künstlergespräche und Vorträge
Informationen ab Herbst 2016 www.bhf-bank-stiftung.de
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3.8. YRD.Works – Künstlerhaus 2.0
Start Februar 2017
Ein Doppelpass-Kooperationsprojekt zwischen YRD.Works (Offenbach)
und dem Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt/ Main)
Das junge Offenbacher Künstler- und Gestalterkollektiv YRD.Works, bestehend aus Yacin Boudalfa,
David Bausch und Ruben Fischer, und das Team des Mousonturm unterziehen im Rahmen eines
zweijährigen, von der Kulturstiftung des Bundes initiierten und geförderten Doppelpass-Projekts die
Idee „Künstlerhaus“ einer fundamentalen Revision: Künstlerhaus 2.0 sucht nach unterschiedlichen
Dispositiven eines postdisziplinären Künstlerhauses der Zukunft, das sich von den Paradigmen gegebener architektonischer, institutionalisierter und kulturpolitischer Setzungen befreit.
YRD.Works sind Nonkonformisten. Ihre Aktionen bewegen sich außerhalb gängiger künstlerischer
Produktions- und Verwertungssysteme. Anstatt sich in gegebene Architekturstrukturen einzupassen,
schaffen sie temporäre Räume. Anstatt dem Autonomiegebot der Kunst zu folgen, schaffen sie Begegnungsorte. Und anstatt sich im Sinne des Kulturauftrags Gentrifizierungsprozessen kritisch zu
widersetzen, entwickeln sie ihre Umnutzungs- und Besiedlungskonzepte auf einem der spekulationsträchtigsten Areale Offenbachs, dem ehemaligen Hafengelände. "Bauen ist ein Mittel, um Menschen
mit dem Raum und miteinander in Kommunikation zu bringen.“ Impulsgebend ist für YRD.Works immer die Frage: Was fehlt an einem Ort? Ob Turnierstätte, Club, Restaurant oder Kunsthalle - der Bau
ihrer großformatigen, begeh- und benutzbaren Raumskulpturen wird stets zum performativen und
sozialen Ereignis. Mit ihren Projekten stehen YRD.Works in der Tradition von Künstlern und Kunstinitiativen, die in Anlehnung an das Konzept der Sozialen Plastik mit Kunst, Architektur und Design experimentieren und so alternative Wege suchen, wie Gesellschaft als aktiver Prozess einer Verknüpfung von (Kunst-) Arbeit und Leben funktionieren kann.
Mit einem solchen Traum haben auch die ersten Künstler den Mousonturm in den 1980er Jahren besiedelt und das Haus als offenen Ort im Geist konsequenter Interdisziplinarität konzipiert. Heute ist
das Künstlerhaus mit seiner Personal- und Infrastruktur hocheffizient auf die Realisierung internationaler Produktionen in seinen Blackbox-Bühnen spezialisiert. Nach dieser erfolgreichen Konsolidierungsphase befragt nun das Team des Mousonturm seit einigen Jahren die Einflüsse dieser räumlichen und
logistischen Strukturen auf künstlerische Prozesse.
Im Rahmen des vom Mousonturm initiierten Indonesia LAB entwickelten YRD.Works bereits im
Herbst 2015 gemeinsam mit der japanischen Gruppe contact Gonzo und dem indonesische Kollektiv
ruangrupa ArtLab die ortsspezifische Arbeit Trans-Act. Bereits hier erwies sich die Arbeitsweise von
YRD.Works als eine produktive Herausforderung. Im Rahmen der Doppelpass-Kooperation werden
YRD.Works in einer ersten Residenzphase den Mousonturm und seine bestehenden Strukturen mit
Raumskulpturen bzw. –interventionen besetzen und dabei Räume neu erschließen oder entgegen
ihrer bestehenden Nutzung umfunktionieren und zu alternativen Handlungs- und Begegnungsräumen
machen. Im zweiten Jahr der Partnerschaft wird dann das Mousonturm-Team gemeinsam mit internationalen und regionalen Künstlerkollektiven (contact Gonzo/ Japan, Les Trucs/ Frankfurt u. a.) auf das
Gelände des ehemaligen Hafens in Offenbach ziehen um dort mit YRD.Works neue Konzeptionen von
Künstlerhäusern zu erarbeiten.
Gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes.
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3.9. Philippe Quesne (Paris)
WELCOME TO CAVELAND!
LA NUIT DES TAUPES
April 2017
In seiner aktuellen Inszenierung La Nuit des taupes macht der französische Theaterkünstler Philippe
Quesne sein Publikum mit einer Gruppe von sieben Riesenmaulwürfen bekannt: Ohne dass ein Wort
gesprochen würde erforschen, erschaffen und verwandeln diese Wesen die Bühne in einen Höhlenkomplex - ein Refugium, das sowohl prähistorische Grotte, Atombunker oder auch Platons Höhle sein
könnte. Dabei teilen die Maulwürfe nicht nur ihre Nahrung, sondern auch ihre sozialen, musikalischen,
sexuellen, wissenschaftlichen, politischen und künstlerischen Interessen, Praktiken und Erfahrungen.
Als ein ökosophisches Theater stellt La Nuit des taupes einer anthropozentrischen Weltsicht einen
utopischen Ort entgegen: Traum und Bewusstsein sind hier eng miteinander verflochten und erlauben
die Wurzeln eines imaginären und poetischen Kollektiven zu ergründen.
CAVELAND COLLEGE für subterrane Kunst- und Lebensformen
April 2017
Bereits im Umfeld der Uraufführung von La Nuit des taupes hat Philippe Quesne damit begonnen
weitere Höhlenräume zu entwerfen, um sie gemeinsam mit anderen Kunstschaffenden, Forschenden
und dem Publikum zu besiedeln. Im April 2017 gründen Philippe Quesne und der Mousonturm gemeinsam das Caveland College und verwandeln damit das Künstlerhaus in einen solchen subterranen
Ort. Im Grenzbereich zwischen utopischem Think-Tank und Volkshochschule lädt das Cave Land
College Menschen aller Altersgruppen und Expertisen ein, sich an Forschungsgruppen, Kursen und
Workshops zu beteiligen, die von internationalen Künstlerinnen und Künstlern unterschiedlicher Genres und Backgrounds konzipiert und geleitet werden: Markus Öhrn, Sibylle Peters, Doris Uhlich,
Ibrahim Quraishi, das Kollektiv John The Housband u.v.a. stellen sich und allen weiteren Teilnehmenden die Frage, wie neue Parallelgesellschaften, Untergrund- und Widerstandsbewegungen aussehen könnten. Caveland College erforscht, entwickelt, bündelt und teilt neueste Ideen zu sozialen
und politischen Praktiken, Tanz, Aktivismus, Ernährung, Musik, Technologie und Erziehung. Bislang
galten Höhlen als Ort des Vor- oder Unbewussten, als prä- oder posthistorische Rückzugsstätten,
denen es zu entkommen galt. Hier sucht Caveland College nach Alternativen und folgt dabei dem
Weg von Philippe Quesnes Maulwürfen: Was, wenn wir einfach immer weitergraben?
Philippe Quesne, künstlerischer Leiter des renommierten Théâtre des Amandiers Nanterre, zählt zu
den führenden Theaterkünstlern Frankreichs. Er begann seine Theaterlaufbahn als Bühnenbildner
und wechselte mit Gründung seines Kollektivs Studio Vivarium zum Regiefach. Ob als Bühnenbildner
oder Regisseur, Quesnes denkt und erforscht das Theater immer von besonderen räumlichen Konstellationen aus und betrachtet die Bühne als einen Mikrokosmos, in dem Menschen und andere Kreaturen koexistieren. Als Meister der Bricolage, der Erschaffung wunderbarer Welten, die mit Nichts aus
Nichts zu entstehen scheinen, verzaubert Quenes mit seinen skurrilen Theaterräumen Zuschauer auf
der ganzen Welt.
Ein Projekt im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
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4. Tanz / Choreografie
Antonia Baehr (Berlin)
Normal Dance
Mousonturm-Koproduktion
Fr. 9. & Sa. 10.12.
Antonia Baehr begeistert mit ihren Choreografien seit über 15 Jahren ein internationales Publikum.
Aus Sicht von Baehr selbst beruht ihre Arbeit dabei allerdings auf einem Paradox. Sie wird als Choreografin bezeichnet, habe aber bis jetzt noch kein Tanzstück entwickelt. Mit Normal Dance setzt Baehr
diesem scheinbaren Widerspruch ein Ende. Hierzu lädt sie Mirjam Junker und Pia Thilmann ein, zwei
Freundinnen, die ihr in vielem ähnlich sind. Alle drei verkörpern eine feminine Maskulinität: kräftiger
Griff, fester Stand, Stärke, Kaliber. Mit viel Lust und Risikofreude werfen sich die drei Butches auf die
Bühne und erforschen die Rethorik des zeitgenössischen Tanzes. Als Leitfaden gilt ihnen dabei ein
Gedanke der amerikanischen Schriftstellerin Getrude Stein „You look ridiculous if you dance. You look
ridiculous if you don’t dance. So you might as well dance“.
Antonia Baehr studierte Performance an der Hochschule der Künste Berlin und am Art Institute of
Chicago. Ihre Arbeiten For Faces, Abecedarium Bestiarium und Misses und Mysteries waren zur
Tanzplattform Deutschland eingeladen. Antonia Baehr arbeitet in ihren queeren Performances mit
klassischen subkulturellen Praktiken, wie Burleske, Erotik und Camp, und lädt regelmäßig andere
Menschen ein, in ihrer Arbeit als Regisseure, Gastgeber, Autoren, Performer und Gäste aufzutreten.
Sebastian Matthias (Berlin / Düsseldorf / Tokio)
x I groove space
Mi. 18. - Fr. 20.1.2017
Mit seiner choreografischen Serie groove space untersucht Sebastian Matthias den urbanen Puls von
Städten wie Berlin, Zürich, Freiburg und Jakarta und folgte den Bewegungsformen und Alltagspraktiken ihrer Bewohner. In x / groove space, dem letzten Teil seiner Serie, machte er sich auf die Suche
nach dem Groove, der die Metropole Tokyo mit Düsseldorf verbindet. Im Zentrum des Stücks stehen
die körperlichen Sensibiläten, die Menschen in ihrem Lebensraum entwickeln sowie die Frage, welche
Formen von Zusammentreffen, Kommunikation und Teilhabe im öffentlichen Raum und im Theater
hergestellt werden können. Unterstützt wird Matthias dabei von sechs Tänzern und drei bildenden
Künstlern aus Japan, die ihn während der Recherche in Tokyo begleiteten und eigene Elemente für
das Stück entwickelten. Masaru Iwai lädt zu einer gemeinschaftlichen Erfahrung zum Thema Putzen
ein und Yoko Seyama sowie Atsuhiro Ito haben klingende und rotierende Skulpturen geschaffen, die
den Theaterraum und die Wahrnehmung der Zuschauer auf vielfältige Weise verändern.
Sebastian Matthias hat in den letzten fünf Jahren einen einzigartigen tänzerischen Ansatz entwickelt,
mit dem er radikal Konventionen des Theaterraums in Frage stellt, so zum Beispiel die Trennung zwischen Zuschauer und Darsteller. Im Zentrum seines Interesses steht die Erforschung von Formen der
Kommunikation und der kollektiven Praxis, die auf körperlicher Ebene in gemeinsam geteilten Räumen entstehen. Neben freien Produktionen entwickelt Matthias regelmäßig Arbeiten für feste Kompanien, zuletzt für das Cullberg Ballet in Schweden.
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Eko Supriyanto (Surakarta)
Balabala
Mousonturm-Koproduktion
März 2017
Im letzten Jahr begeisterten Eko Supriyanto und sechs junge Tänzer aus der Region Jailolo das
Frankfurter Publikum mit der Produktion Cry Jailolo. Mit der Produktion Balabala setzt der indonesische Starchoreograf die Auseinandersetzung mit Jailolo, einer der abgeschiedensten Regionen Indonesiens fort. Zusammen mit fünf jungen Tänzerinnen aus Jailolo untersucht er das Verhältnis von
individuellem Raum und gesellschaftlichen Dynamiken. Als Ausgangmaterial dient ihnen das Raumverständnis des Pencat Silat, einer indonesischen Kampfkunst, die in der Regel nur männlichen
Kämpfern vorenthalten ist.
Eko Supriyanto ist einer der bedeutendsten Choreografen Indonesiens. Seit seinem siebten Lebensjahr wurde er in klassischem javanischen Tanz und Pencat Silat, ausgebildet. Anschließend studierte
er Tanz und Choreografie an der University of California, Los Angeles. Als Tänzer arbeitete mit Choreografen wie Lemi Ponifasio und Arco Renz und Regisseuren wie Peter Sellars und Garin Nugroho.
Er ist Gründer und Künstlerischer Leiter des „Solo Dance Studios“, dessen auf führenden Festivals in
den USA, Europa und Asien gezeigt werden.
Termine Tanz / Choreografie im Überblick
Anne Teresa De Keersmaeker, Michaël Pomero & Chryssi Dimitriou / Rosas
Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke
Sa. 17. - Mo. 19.9.
David Weber-Krebs
Balthazar
Di. 27. & Mi. 28.9., Frankfurt LAB
Lemm&Barkey
FOREVER
Fr. 7.10.
Pieter Ampe & Guilherme Garrido
Still Standing You
Sa. 15.10.
Pieter Ampe
So you can feel
Di. 18.10.
Jan Martens
The Common People Frankfurt
Do. 20. & Fr. 21.10., Frankfurt LAB
Jérôme Bel
Gala
Di. 8. & Mi. 9.11., Frankfurt LAB
Fabrice Mazliah
In Act and Though t
Do. 10. & Fr. 11.11.
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Nacera Belaza
La Traversée / Sur le fil
Sa. 12. & So. 13.11., Frankfurt LAB
Antonia Baehr
Normal Dance
Fr. 9. & Sa. 10.12.
Sebastian Matthias
x / groove space
Mi 18.1. - Fr. 20.1.
Billinger & Schulz
Unlikely Creatures II
Februar 2017
Eko Supriyanto
Sa. 25. & So. 26.3.2017
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5. Theater / Performance
Romeo Castellucci (Cesena)
The Parthenon Metopes
So. 28. & Mo. 29.8.
Momente des Schocks und Entsetzens stellt der weltbekannte italienische Regisseur Romeo Castellucci an den Beginn seines Werkes The Parthenon Metopes, das wir in Kooperation mit der Wiesbaden Biennale in einer leeren Werkshalle von Opel in Rüsselsheim zeigen: Sechs Unfälle ereignen
sich, Menschen liegen in Schmerzen, die Zeit, bis endlich Hilfe herbeirast, wird zur schicksalhaften
Ewigkeit. Im Resonanzraum der Bilderzählungen des antiken Parthenon-Tempels inszeniert Castellucci ein ganz gegenwärtiges, unausweichliches Spiel um Kunst und Realität, das existenzielle
Menschheitsfragen aufwirft.
Romeo Castellucci gründete 1981 nach dem Studium der Malerei und Szenografie in Bologna die
Theaterkompanie Socìetas Raffaelo Sanzio und kreiert mit ihr Theaterstücke, reich an Musik, Licht
und häufig komplexen Maschinen, mit Referenzen aus der Bildenden Kunst. Er agiert als Lichtdesigner, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner und ist weltweit als Autor eines Theaters der ganzheitlichen Wahrnehmung bekannt. 2013 erhielt Romeo Castellucci den Goldenen Löwen der Biennale in
Venedig für sein Lebenswerk.
Die Anreise nach Rüsselsheim kann ausschließlich mit dem Busshuttle erfolgen, die auf dem Ticket
genannten Zeiten sind die Abfahrtszeiten ab Mousonturm, nicht der Vorstellungsbeginn.
Swoosh Lieu (Frankfurt / Berlin)
Who cares?
Mousonturm-Koproduktion, Uraufführung
Di. 13. - Do. 15.9.
Sorge-Arbeit, Care-Arbeit oder Reproduktionsarbeit – ihr nennt es Liebe, wir nennen es unbezahlte
Arbeit! Wer kümmert sich? Wer pflegt, versorgt, erzieht, putzt, kocht, haushaltet, hört zu und unterhält? Für welchen Lohn und welche Anerkennung?
Swoosh Lieu organisieren eine Mitglieder*innenbefragung der Care-Community, sie widmen sich der
Arbeit, die meist unsichtbar bleibt und deren Protagonistinnen sich nicht selten mit sexistischen Stereotypen und gesellschaftlich konstruierten Erwartungen konfrontiert sehen.
Swoosh Lieu stellen daher die Frage nach Selbstwahrnehmungen und Sichtbarkeit und versuchen
sich an Dekonstruktion von Zuschreibungen im Raum des Theaters. Wer spricht für wen und welche
Bilder haben wir dafür? Wer spielt welche Rolle?
Swoosh Lieu pflegen dabei ihre Liebe zum Theater, warten seine Bestandteile und laden ein zur (feministischen) Personalversammlung der Sorgetragenden.
Swoosh Lieu sind Johanna Castell, Katharina Kellermann, Juliane Kremberg und Rosa Wernecke. Sie
fanden sich während ihres Studiums am Institut für Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen
zusammen und realisieren seit 2009 Projekte im Bereich Performance und Installation. Ihre Arbeiten
waren u. a. bei einer Produzentenausstellung/ Istanbul, beim Festival Junge Hunde/ Dänemark sowie
beim Out Now Festival/ Bremen zu sehen. Ihre performative Installation The Factory - Eine Besetzungsprobe wurde zur Tanzplattform Deutschland 2014 eingeladen.
red park (Frankfurt)
SAPONifikation - einige Übungen in Aufruhr und Ökonomie
Mousonturm-Koproduktion, Uraufführung
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Fr. 8.7. Agitieren & Propagieren
Fr. 15.7. Konservieren & Konstruieren
Fr. 19.8. Agieren & Reagieren
Fr. 26.8. Appellieren & Montieren
Fr. 9.9. Solidarisieren & Produzieren
Fr. 30.9. Verausgaben
Angetrieben von der revolutionären Vergangenheit der Familiendynastie Mouson ist das Künstlerkollektiv red park im März mit hunderten von Aktionären in die Seifenproduktion eingestiegen. Bevor im
September die Frankfurter Fettreserven zu Seife verkocht und in einer finalen Seifenoper kollektiv
verschäumt werden, sind den Sommer über alle Sympathisanten aufgerufen, der mobilen GPS-Bar zu
fünf konspirativen Ortsterminen zu folgen und sich dem Unternehmen anzuschließen. An legendären
Frankfurter Stätten von Protest und Aufruhr der letzten 100 Jahre gilt es in temporären Trainingscamps bei reichlich Lavendelwodka Essenzen des Widerstands als weiteren Rohstoff zu gewinnen und erprobten Praktiken zu neuer Produktivität zu verhelfen. Die genauen Standorte werden jeweils 48 Stunden zuvor auf der Webseite von Mousonturm und unter www.saponifikation.org bekanntgegeben.
red park arbeitet seit 2003 auf den Terrains von Performance und Live-Art. Im Zentrum der Projekte
steht die Gestaltung von Produktionsprozessen als künstlerische Recherchen und die Erprobung experimenteller Dramaturgien und Settings. Viele Arbeiten basieren auf der Aneignung performativer
Modelle des Alltagslebens. Es geht darum Situationen zu erzeugen, die alle Beteiligten – Agierende
wie Rezipierende – etwas angehen, um hierin eine Politik der Anstiftung zu verfolgen. Die Arbeiten
von red park wurden im Mousonturm, Schauspiel Frankfurt, Frankfurter Kunstverein, im WUK Wien,
der Garage X Wien, dem Deutschen Theater Göttingen, bei Urbane Künste Ruhr und Festival der
Regionen gezeigt.
Rimini Protokoll (Helgard Haug / Daniel Wetzel) (Berlin)
Adolf Hitler: Mein Kampf, Band 1 & 2
Mi. 26. - Fr. 28.10.
1925/26 erstmals veröffentlicht und bis zum Ende des NS-Regimes in einer Millionenauflage vertrieben, haftet Adolf Hitlers Hetzschrift Mein Kampf seit Jahrzehnten die Aura des ‘verbotenen Buches’
an. Mit dem 31. Dezember 2015 laufen die vom Freistaat Bayern verwalteten Urheberrechte aus –
und damit das Instrument, mit dem Neudrucke bislang unterbunden wurden. Die Debatte, ob und in
welcher Form das Buch neu veröffentlicht werden darf, hat längst begonnen – obwohl es antiquarisch
erhältlich, umsonst und als E-Book im Internet verfügbar ist, und noch kein Staatsanwalt jemals ermittelt hat. Was wird durch das symbolische Verbot verhindert? Was steht überhaupt darin? Geht in Zeiten verstärkter rechter und neofaschistischer Tendenzen in Deutschland und Europa von dem Buch
eine politische Gefahr aus? Helgard Haug und Daniel Wetzel sind diesen Fragen nachgegangen, in
universitären Giftschränken, auf heimischen Dachböden oder ausländischen Flohmärkten haben sie
die Spur eines Buches aufgenommen, das seine geschichtspolitische Brisanz bis heute nicht verloren
hat.
Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel bilden seit 2000 ein Autoren-Regie-Team, dessen
Arbeiten im Bereich Theater, Hörspiel, Film, Installation in Zweier- und Dreier-Konstellationen sowie
Solo entstehen. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Weiterentwicklung der Mittel des Theaters, um
ungewöhnliche Sichtweisen auf unsere Wirklichkeit zu ermöglichen. Seit 2002 werden all ihre Arbeiten
unter dem Label Rimini Protokoll zusammengefasst und angekündigt.
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She She Pop (Berlin)
50 Grades of Shame
Mousonturm-Koproduktion
Do. 17. - Sa. 19.11.
In Wedekinds Tragödie Frühlings Erwachen scheitern Eltern und Lehrer kläglich an der Sexualaufklärung der ihnen anvertrauten Jugendlichen. Heute, in Zeiten digitaler Bilderflut, ist die individuelle sexuelle Entfaltung gesellschaftlicher Imperativ und jede Form von Nacktheit nahezu allgegenwärtig. In
50 GRADES OF SHAME verschieben She She Pop, den Spuren Wedekinds und E. L. James Roman
50 Shades of Grey folgend, den Fokus in einem rasanten Performance-Parcour zwischen Theatertheorie und Schamkunde, Kanzelpredigten, Frontalunterricht und Rollenspielen, auf das Machtgefälle
zwischen Unschuld und Wissen, Geschlechterkonstruktion und Ideologie.
Das Performance-Kollektiv, in dem alle Texte und Konzepte gemeinsam entwickelt werden, wurde
Ende der 90er Jahre von Absolventinnen des Gießener Instituts für Angewandte Theaterwissenschaft
gegründet. Mitglieder sind Sebastian Bark, Johanna Freiburg, Fanni Halmburger, Lisa Lucassen, Mieke Matzke, Ilia Papatheodorou und Berit Stumpf. Sie sehen die Bühne als Ort, an dem Entscheidungen getroffen, Gesprächsweisen und Gesellschaftssysteme ausprobiert, Gesten und soziale Rituale
einstudiert oder verworfen werden.
Ivo Dimchev (Sofia / Brüssel)
[15] Songs from my Shows
Sa 17.12.
Ivo Dimchev, bulgarischer Performer und Choreograf mit klassischer Stimmausbildung, verführt mit
schonungsloser Authentizität, liefert sich aus, zelebriert bezaubernde Shows, inszeniert aber auch
krasse Ereignisse, die seine Zuschauerschaft spalten. Mit 15 Songs from my Shows jedoch lädt er zu
einem seiner raren Live-Konzerte, die seine Musikalität und sein außergewöhnliches Gesangstalent
ins Zentrum stellen. Die Lieder, meist Eigenkompositionen, löst Dimchev aus dem Kontext der Aufführungen und präsentiert sie als eigenständige Meisterwerke. Ivo Dimchev schuf mehr als 30 Performances, erhielt zahlreiche internationale Auszeichnungen für seine Arbeiten im Bereich Tanz und
Theater und zeigt diese in ganz Europa, Süd- und Nordamerika. 2014 Ivo eröffnete er in Sofia MOZEI,
einen unabhängigen Ort für zeitgenössische Kunst und Musik.
2017
Thorsten Lensing (Berlin)
Karamasow
Fr. 3. - So. 5.3.2017
Wie kein anderer Schauspielregisseur in Deutschland hat sich Thorsten Lensing die Spielräume, die
sich dem Theater zwischen Staats- und Stadttheater und freien Produktionsstrukturen bieten, auf virtuose Weise zu eigen gemacht. Als Ausgangspunkte seiner Arbeiten dienen Lensing Werke der Weltliteratur, die er stets mit hochkarätig besetzten Ensembles für die Bühne neu adaptiert. In seiner Bearbeitung von Dostojewskijs tausendseitigem Roman Die Brüder Karamasow ist es die jüngste Generation, über deren Perspektive sich Lensing einen Zugang zum weitläufigen narrativen Geflecht über
die drei Brüder und ihren Vater, über Kinder, Tiere und einen Mord schafft.
Thorsten Lensing ist freier Regisseur, gründete 1994 das Theater T1 und gewann immer wieder namhafte SchauspielerInnen und unterschiedliche KooperationspartnerInnen für seine Inszenierungen, die
mehrfach zum Theaterfestival IMPULSE und dem Akzente-Festival in Duisberg eingeladen wurden.
Für die Produktion Karamasow wurde Thorsten Lensing mit dem Friedrich-Luft-Preis 2014 ausgezeichnet.
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Lola Arias (Buenos Aires)
MINEFIELD
Mousonturm-Koproduktion
Do. 9. - Sa. 11.3.2017
Vor 34 Jahren kämpften sie an gegnerischen Fronten, heute kommen sie auf der Bühne zusammen:
Argentinische und britische Veteranen des Kriegs um die Falkland/Malvinas-Inseln. Die Inselgruppe
im südlichen Atlantik ist schon lange umkämpftes Gebiet – Argentinien beansprucht es ebenso für
sich wie Großbritannien, unter dessen Souveränität es heute steht. 1982, als Argentinien die Inseln
besetzte, schickte Großbritannien Truppen in das 12.000 Kilometer entfernte Überseegebiet. Der
Krieg dauerte zwei Monate, der Konflikt schwelt bis heute. Während einige der Soldaten beim Militär
geblieben sind, haben andere ein neues Leben, als Lehrer, Psychologen oder Sicherheitskräfte begonnen. Was heißt es, an einem Krieg beteiligt gewesen zu sein? In Lola Arias neuem Stück MINEFIELD, in dem die Grenzen zwischen Fiktion und Geschichte verschwimmen, tritt mit den persönlichen Erlebnissen und Erinnerungen der Veteranen hervor, was dieser Krieg für sie bedeutet.
Lola Arias ist Schriftstellerin, Regisseurin, Performerin, Musikerin und Mitbegründerin des interdisziplinären Künstlerkollektivs Compañía Postnuclear. Ihre Theatertexte wurden in acht verschiedene Sprachen übersetzt, ihre Inszenierungen touren weltweit und waren u. a. zum Steirischen Herbst Graz,
Festival dʼAvignon, Zürcher Theater Spektakel, Spielart Festival München, den Wiener Festwochen
und dem Alkantara Festival Lisboa eingeladen. In Zusammenarbeit mit dem Musiker Ulises Conti
komponierte Arias die Alben El amor es un francotirador (2007) und Los que no duermen (2011).
BERLIN (Antwerpen)
Zvizdal - [Chernobyl - So far so close]
Mousonturm-Koproduktion
Do 27.4.2017
1986. Etwa 90 Städte und Dörfer in der Umgebung von Tschernobyl werden evakuiert. Pétro und
Nadia, ein damals sechzigjähriges Ehepaar, weigert sich die Todeszone zu verlassen und bleibt in
seinem Heimatdorf Zvizdal zurück. Von 2011 bis 2016 begleiteten die belgischen Multimedia-Künstler
Bart Baele und Yves Degryse alias BERLIN das Paar und portraitieren nun ihr Leben in einer Geisterstadt, in der es weder Strom noch fließend Wasser gibt; dafür aber Aberglauben und Wodka, es
wird gemurmelt, gebetet, gesungen und viel geflucht, über Zahnschmerzen, Alterskrankheiten und
den 20 km-Fußweg zum nächsten Geschäft. Zvizda ist eine Filmperformance über Einsamkeit, Überleben, Armut, Hoffnung und die Liebe zweier alter Menschen. Um sie herum und zwischen ihnen
herrscht die farblose, geruchlose, aber allgegenwärtige Strahlung. Inmitten eines komplexen Leinwand-Set-Ups entsteht ein maßstabsgetreues Modell des Lebensraums von Nadia und Pétro. Immer
wieder werden die Miniatur-Nachbauten in das filmische Geschehen auf den Screens mit einbezogen
- in den sich überlagernden Bildern verweben BERLIN mit leichter Hand Film, Gespräch, Beobachtung, Reales und Metaebene zu einem dichten multimedialen Erlebnis für den Betrachter.
Mit einer Mischung aus dokumentarischer Performance und VideoInstallation hat das Antwerpener
Künstlerkollektiv BERLIN eine eigene filmische Theatersprache entwickelt, die sich mit verschiedenen
künstlerischen Sparten und akademischen Disziplinen vernetzt, um komplexen Realitäten nachzuspüren.
andcompany&Co. (Berlin)
Not my revolution, if...: Angie O.
Mousonturm-Koproduktion
N.N.
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Not my revolution, if...: Angie O. erzählt die Geschichten von Angie O., einer professionellen Aktivistin,
die überall mitmischt, wo sich Menschen in losen Zusammenhängen treffen. Sie schlägt ihre Zelte an
Grenzen, Flughäfen, auf Grünflächen in der Innenstadt oder vor Banken auf. Wie eine wiedergeborene Heilige Johanna der Schlachthöfe versucht sie, die Banker von der Kraft der Nächstenliebe zu
überzeugen: „Service = Nächstenliebe, Dienst am Nächsten = Dienst am Kunden“. In Form eines AgitMusicals werden die Widersprüche des neoliberalen Zeitalters ausgetragen, in der selbst Wohltätigkeit
und Nächstenliebe zu ökonomischen Faktoren werden. Angie O. versucht nicht länger, Kapitalisten
davon zu überzeugen, bessere Kapitalisten zu werden - sie ist selbst die bessere Kapitalistin. Um der
Genese des „Hilfe-Business“ auf die Spur zu kommen, wird Angie O. als ein Forrest Gump Charakter
der neueren sozialen Bewegungen rückwärts durch die Zeit gejagt.
Angeregt von der neueren Tendenz bildender Künstler, sich in AOIs (Artist Organizations International) zu organisieren, wird hier in Form einer mockumentary die Existenz einer Organisation behauptet,
die seit fast 40 Jahren das Weltgeschehen beeinflusst, den Fall der Mauer vorbereitet und dem Triumphzug des Neoliberalismus im Weltmaßstab den Boden bereitet hat: eine globale Revolution!
Das Berliner Performance-Kollektiv andcompany&Co. wurde 2003 von Alexander Karschnia, Nicola
Nord und Sascha Sulimma in Frankfurt gegründet. Gemeinsam bilden sie als Ko-Regisseure ein offenes Netzwerk, zu dem stets neue Künstlerinnen und Künstler unterschiedlichster Disziplinen stoßen.
andcompany&Co. haben ihre Basis am Berliner HAU, die Stücke touren weltweit und liefen u. a. beim
Brüsseler Kunstenfestivaldesarts, den Wiener Festwochen, dem Festival Impulse, FAVORITEN.
Termine Theater / Performance im Überblick
Romeo Castellucci
The Parthenon Metopes
So. 28. & Mo. 29.8., Opelwerk Rüsselsheim
Jetse Batelaan / Theater Artemis
Wenn du nur schnell genug rennst, weiß keiner mehr wo du bist
Do. 22. & Fr. 23.9.
red park
SAPONifikation - einige Übungen in Aufruhr und Ökonomie, diverse Orte
Fr. 8.7. Agitieren & Propagieren
Fr. 15.7. Konservieren & Konstruieren
Fr. 19.8. Agieren & Reagieren
Fr. 26.8. Appellieren & Montieren
Fr. 9.9. Solidarisieren & Produzieren
Fr. 30.9. Verausgaben
Wunderbaum & Arnon Grunberg & Johan Simons
The Future of Sex
So. 2. & Mo. 3.10.
muziektheater LOD / Dimitri Verhulst / Kris Verdonck / Vasco Mendonça
BOSCH BEACH
Mi. 12. & Do.13.10.
Maarten Seghers (Brüssel)
o - Or The Challenge Of This Particular Show Was To Have Words Ending In O
Sa. 8.10.
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Kuiperskaai
The Winter's Tale
Sa. 8.10.
Louis Vanhaverbeke
MULTIVERSE
Sa. 15.10.
Sarah Vanhee
Oblivion
Di. 18.10.
Rimini Protokoll (Helgard Haug/Daniel Wetzel)
Adolf Hitler: Mein Kampf, Band 1 & 2
Mi. 26. - Fr. 28.10.
Milo Rau
Five Easy Pieces
Mi. 2. - Fr. 4.11., Frankfurt LAB
She She Pop
50 Grades of Shame
Do. 17. - Sa. 19.11.
Dieudonné Niangouna
Nkenguégi
Do. 1. & Fr. 2.12.
Simone Dede Ayivi
First Black Woman in Space
N.N.
Oliver Zahn
Situation mit Doppelgänger
N.N.
Ivo Dimchev
[15] Songs from my Shows
Di. 13.12.
Thorsten Lensing
Karamasow
Fr. 3. - So. 5.3.
Lola Arias
MINEFIELD
Do. 9.3. - Sa. 11.3.
BERLIN (Antwerpen)
Zvizdal - [Chernobyl - So far so close]
Do 27.4.2017
andcompany&Co. ()
Not my revolution, if...: Angie O. / N.N.
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6. Konzerte / Lesungen / Shows
Konzerte
Helgi Jonsson (Reykjavík)
So. 25.9.
Der isländische Multiinstrumentalist und Sänger Helgi Jónsson ist vor allem für die Zusammenarbeit
mit seiner Frau Tina Dico bekannt, mit der er seit Jahren tourt, komponiert und produziert. Als Posaunist kollaborierte er in der Vergangenheit auch mit Sigur Rós, Damien Rice und Alexi Murdoch und
war auf Alben von Boy und Philipp Poisel zu hören.
In Frankfurt verliebte sich Jónsson in einen Steinway-Flügel, den er prompt nach Reykjavik verschiffte
und seine neue EP Vaengjatak (dt. Flügelschlag) komponierte. Mit seiner außergewöhnlichen Stimme
und atemberaubenden Arrangements entwirft er darauf große emotionale Klangwelten. Das komplette
Album soll bereits im Frühjahr 2017 erscheinen. Und Fans von Tina Dico dürfen sich freuen: Der dänische Superstar reist definitiv nicht nur als Backgroundsängerin an!
Nils Petter Molvaer (Oslo)
Switch
Sa. 22.10.
Mit dem aktuellen Album Switch gelingt Molvaer eine wunderbare Balance zwischen synthetischen
und organischen Klängen. Mitte der achtziger Jahre machte er an der Seite der norwegischen Jazzpioniere Jon Christensen und Arild Andersen in der Band Masqualero auf sich aufmerksam, ein Jahrzehnt später schuf er mit seiner Band Khmer die Grundlage für die inzwischen typisch norwegische
Symbiose aus Jazz und elektronischer Musik. Einmal mehr hält sich der umtriebige Überzeugungstäter gleichzeitig in zwei Welten und auf mehreren Zeitebenen auf. Nebst elektronisch gefärbten
Sounds, welche auf futuristische und urbane Klangwelten verweisen, finden nun auch volkstümlichere
Improvisationen ihren Platz.
Jazz- Festival
Mi. 26. - So. 30.10.
Das Deutsche Jazzfestival Frankfurt ist das älteste in Kontinuität stattfindende Jazzfestival der Welt.
Seit 1953 war es Schaufenster und Symbol der Jazzmetropole Frankfurt – ein Ruf, den es noch heute
genießt mit seine Maxime: etwas vom Besten zu präsentieren, was die reichhaltige Szene bietet.
Brand Brauer Frick (Berlin)
So. 30.10.
Ob in klassischen Konzertsälen oder auf internationalen Festivals wie dem Glastonbury, Montreux
oder dem Sonar Festival - Brand Brauer Frick ist eines der ungewöhnlichsten Ensembles Deutschlands und überall gefragt. 2008 kreuzten sich die Wege der drei Musiker in Wiesbaden bei einer improvisierten Jamsession und schnell fand das Trio in der Verbindung von Clubmusik und Techno mit
den Sounds eines klassischen Instrumentariums seinen ganz eigenen musikalischen Kosmos. Nach
dem Umzug nach Berlin und der ersten noch zu dritt eingespielten CD You Make Me Real gründeten
die Musiker 2010 das zehnköpfige Brandt Brauer Frick Ensemble mit Posaune, Tuba, Geige, Cello,
Harfe, Klavier, Perkussion und einem analogen Synthesizer. Aktuell ergänzt die Stimme des kanadi-
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schen Sängers Beaver Sheppard die fiebrigen und perkussionsorientierten Arrangements um einen
melancholischen Grundton.
Matthew Bourne
Montauk Variations & Moogmemory
So. 30.10.
Der britische Pianist und Cellist Matthew Bourne beschreibt sich als „erfüllt von einem geradezu brennenden Verlangen, Musik zu machen auf allem, was alt, gebrechlich oder sogar kaputt ist“.
Sein Vintage-Synthesizer „Memorymoog“ Baujahr 1982, ausgestattet und verjüngt mit neuem Betriebssystem und hochwertigeren Hardware-Komponenten, inspirierte ihn zu neuen Sounds von meditativer Schönheit. Sie klingen wie ein elektronisches Echo auf Kirchenorgeln, Waldhörnern und Flöten.
Im März 2016 erschien sein erstes Album Moogmemory, ausschließlich mit Hilfe des Lintronics Advanced Memorymoog aufgenommen. Für das unvergleichliche Live-Erlebnis legt Bourne mal eben
über 1.000 Kilometer Distanz mit dem PKW zurück. Moogmemory wird also zum ersten und vorerst
einzigen Mal in Deutschland zu erleben sein!
StoltzeMussik - Konzert und Preisverleihung
Präsentiert von der Fliegenden Volksbühne Frankfurt in Kooperation mit dem Künstlerhaus Mousonturm
Mo. 31.10.
Friedrich Stoltze wäre im November 200 Jahre alt geworden. Der ihm gewidmete KompositionsWettbewerb soll dazu anregen, sich wieder mit den Texten des Frankfurter Dichters, Humoristen und
Satirikers zu befassen. Der Wettbewerb ist offen für alle Stilrichtungen und wendet sich an Solisten
und Ensembles aller Art, Chöre, Schülerbands, Singer-Songwriter sowie professionelle Komponisten
im klassischen Sinne. Eine fünfköpfige Jury kürt aus den eingereichten Vorschlägen die Gewinner, die
ihre Kompositionen am 31. 10. beim Konzertabend im Mousonturm erstmals zu Gehör bringen werden. Michael Quast moderiert die anschließende Preisverleihung.
John Grant (New York)
Di. 1.11.
In der zeitgenössischen Musik wagen nur selten arrivierte Künstler einen derart radikalen Schritt in
eine neue Richtung wie John Grant mit seiner Soloarbeit. Mit jedem neuen Album findet der ehemalige Frontmann der Folk Noir-Heroen The Czars neue Perspektiven auf seine atemberaubenden Kompositionen und stellt sie in frische Kontexte und so zuvor noch nicht gehörte Klangästhetiken. Auch mit
seinem neuesten Album Grey Tick les, Black Pressiere zog Grant Kritiker und Fans gleichermaßen in
seinen Bann: Das Album kletterte in fast alle Albumcharts Westeuropas und konnte sich auch in den
USA unter den Top 20 der Heetseakers Charts platzieren. Zum Jahresende wählten zahlreiche Magazine und Tageszeitungen die Platte unter die besten des Jahres. Doch erst live entfaltet sich John
Grants besondere Magie so richtig, umgeben von einer brillanten Backing Band. Entsprechend groß
ist die Vorfreude auf die wenigen Deutschland-Konzerte im Herbst: nur 4 Stationen macht Grant und
der Mousonturm ist eine davon!
Bugge Wesselthoft (Oslo)
New Conception of Jazz 2016 Edition
Mo. 21.11.
Der Norweger Bugge Wesseltoft gilt als Mastermind einer neuen Generation von Musikern, die klassischen Jazz mit elektronischer Musik verbinden. Das 20-jährige Jubiläum seines Labels Jazzland
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nimmt er nun zum Anlass sich erneut seiner mittlerweile ikonischen New Conception of Jazz, mittlerweile Leitfigur des Elektronischen Jazz, zu widmen. Nach weltweiten Touren, 400 Auftritten und den
fünf Alben New Conception of Jazz (1996), Sharing (1998), Moving (2001), Live (2003) und Filming
(2004) legte die Band nach 10 Jahren eine wohlverdiente Pause ein. Pünktlich zum 20-jährigen Geburtstag ist nun die Zeit für einen Neustart – zum Feiern dürfen Newcomer natürlich nicht fehlen. Mit
Marthe Lea am Saxofon, Oddrun Lilja Jonsdottir an der Gitarre, Sanskriti Shrestha an den Tablas und
Siv Øyunn Kjenstad am Schlagzeug bringt Wesselthoft einige der vielversprechendsten jungen Musikerinnen Norwegens an den Mousonturm um gemeinsam neue und alte Stücke zu interpretieren.
Show
Studio Braun (Hamburg)
Drei Farben Braun
Sa. 1.10.
Das norddeutsche Exzellenzcluster live: Jacques Palminger, Heinz Strunk & Rocko Schamoni auf
ihrer ersten Studio Braun-Tour seit 8 Jahren! Daran hat wohl niemand mehr im deutschen Showbusiness geglaubt. Aber es ist wahr: Anlässlich ihrer Werkschau „Drei Farben Braun“, die im Herbst erscheint, lesen, singen und zeigen die 3 Silberrücken mit den Adlerzungen das Beste ihrer psychedelischen Gag-Avantgarde auf der Bühne. Das bedeutet: Tonnenweise unveröffentlichtes Spitzenmaterial
aus fast 20 Jahren High-Class-Humor-Performance! In realiter wäre die Vergnügungssteuer unbezahlbar, aber der Staat hat anderes zu tun. Studio Braun 2016/17: Emeritiert, supernice, witzig!
Lesungen
Rocko Schamoni (Hamburg), Christoph Grissemann (Wien)
Ich will nicht schuld sein an deinem Niedergang - ein moderner Briefwechsel
Mi. 7.12.
Ein moderner Briefwechsel? Natürlich lügt der Untertitel - kein Schwein schreibt heute noch Briefe.
Es ist ein SMS-Wechsel und als solcher eine Zumutung 2.0 zwischen einem Hamburger Schmuckpunk Schamoni und dem Wiener Fernsehgaukler Grissemann. Sie schreiben gegeneinander an, ein
privatistischer Shitstorm sozusagen und kämpfen dabei mit offenem Visier und Hosenstall um Bier,
Schmuck, Sex und das Theater. Grissemann gegen Schamoni - ein Fegefeuer der Nichtigkeiten!
Rocko Schamoni ist Musiker, Autor, Humorist und Schauspieler. Literarisch hervorgetan hat er sich
zuletzt mit dem Roman Fünf Löcher im Himmel. Christoph Grissemann wechselte nach abgebrochenem Germanistik-Studium ins komische Fach und gehört in die erste Riege österreichischer Kabarettisten. Als Moderator von Willkommen Österreich erlangte er Kultstatus.
Max Goldt (Berlin)
Mo. 19. & Di. 20.12.
Goldts Lesereisen durch den deutschsprachigen Raum sind legendär. Immer spielt sein (oft) schwarzer Humor die größte Rolle, gewürzt mit scharfen Beobachtungen und absurden Übertreibungen.
Kaum ein Autor weit und breit, der so lustvoll und konsequent ins Nebensächliche abdriftet, um dabei
en passant fundamentale Fragen des Menschlichen zu berühren. 2008 wurde der langjährige TitanicKolumnist Goldt, der im wahren Leben absurderweise Matthias Ernst heißt, mit dem renommierten
Kleist-Preis ausgezeichnet. In der Begründung der Jury hieß es, Goldt habe den deutschen Alltag „bis
zur Kenntlichkeit entstellt.“
Mit einem Koffer voller ebenso humorvoller wie scharfsinniger Texte kehrt Max Goldt kurz vor Weihnachten wieder zurück an den Mousonturm.
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Axel Hacke (München)
Die Tage, die ich mit Gott verbrachte
Mo. 27.3.2017
Einen Draht zum Schöpfer suchen viele vergebens - Axel Hacke hat ihn. Schon immer, sagt er, sei
Gott für ihn ein melancholischer alter Herr gewesen, der etwas Großes schaffen wollte, doch einsehen
muss, dass ihm nicht wieder gut zu machende Fehler unterlaufen sind. In „Die Tage, die ich mit Gott
verbrachte“ schildert Hacke seine Begegnung mit diesem Schöpfer, der unglücklich ist über die Unvollkommenheit des eigenen Werks, nun aus seiner Einsamkeit flieht und ausgerechnet bei den Menschen Trost sucht: eine so großartige wie versponnene Geschichte voll seltsamster Ereignisse, heiter
und sehr ernst zugleich. Weil jeder Abend mit diesem Autor eine Wundertüte voll verschiedenster
Geschichten ist, trifft man hier nicht nur Gott, sondern auch den weißen Neger Wumbaba, den kleinen
König Dezember und den traurigen Kühlschrank Bosch, man begegnet Paola, der Ehefrau des Erzählers, und Luis, seinem Sohn – und (weil vieles von dem, was Hacke vorträgt, aus dem eigenen Leben
stammen könnte) vielleicht sogar sich selbst.
Katrin Bauerfeind (Köln)
Hinten sind Rezepte drin
So. 7.5.
Nach dem großen Erfolg ihres Buchs Hinten sind Rezepte drin und ausverkauften Lesungen kehrt
Katrin Bauerfeind 2017 an den Mousonturm zurück. Kann ich emanzipiert sein und trotzdem ohne
Unterwäsche in die Stadt? Bin ich schon eine moderne Frau, nur weil ich nicht kochen kann? Kriege
ich in einer Beziehung auch Treuepunkte? Muss es in Frauenbüchern eigentlich immer um Männer,
Mode und Cellulite gehen? Wenn Sie solche Fragen mögen, werden Sie auch an diesem Abend viel
Spaß haben. Katrin Bauerfeind bringt ihr Buch auf die Bühne und damit auch Geschichten über Playmobilfrisuren, schlechten Sex und gute Freunde und Frauen im Allgemeinen. Nur Rezepte gibt’s leider
keine. Dafür müssen Sie echt woanders hin.
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