Epilepsie – Definition und Begriffe Epileptische Anfälle sind ein gemeinsames Symptom sehr unterschiedlicher Erkrankungen, die vorrangig das Gehirn betreffen. Generell führen dabei überschießende Entladungen von Nervenzellen im Gehirn, den Neuronen, zu den typischen Krampfanfällen: Das physiologische Gleichgewicht aktivierender und hemmender Kräfte garantiert die übliche Balance der Hirnaktivität. Die Neuronen stellen gemeinsam mit den sie umgebenden anderen Zellen des Gehirns ein komplexes Geflecht dar, das mit zahlreichen chemischen Reaktionen und elektrischen Entladungen ununterbrochen aktiv ist. Verschiedene Botenstoffe fördern dabei die Aktivität der Neuronen, andere hemmen sie. Gerät dieses fein differenzierte Gleichgewicht von Aktivitäten und Hemmungen außer Kontrolle und entfachen die aktivierenden Botenstoffe plötzlich eine extreme Steigerung der Aktivität, kommt es zu massiven elektrischen Entladungen zahlreicher Neuronen zur gleichen Zeit. Dann zieht sozusagen ein Gewittersturm durchs Gehirn: der epileptische Anfall. Verschiedene Ursachen können für dieses plötzliche Ungleichgewicht verantwortlich sein: Bei der symptomischen Epilepsie ist ein direkt im Gehirn stattfindender Krankheitsprozess für die Krampfanfälle verantwortlich, ein Gehirntumor, eine Blutung oder eine Entzündung im Gehirn. Bei reaktiven epileptischen Anfällen liegt die organische Ursache bzw. die auslösende Erkrankung beispielsweise in einer Leberfunktionsstörung oder einer Vergiftung außerhalb des Gehirns. Als kryptogene Epilepsie werden Anfälle bezeichnet, die erst in höherem Alter ohne nachweisbare Ursache auftreten, wobei allerdings auch hier ein Krankheitsprozess im Gehirn vermutet wird. Eine idiopathische Epilepsie liegt dann vor, wenn alle Untersuchungen ein negatives Ergebnis aufweisen, also „ohne Befund“ blieben und somit keine organische Ursache für die Epilepsie, die in dieser Form zumeist zwischen dem 1. und 5. Lebensjahr zum ersten Mal auftritt, nachweisbar ist. Die Vermutung, dass idiopathische Epilepsie erblich ist, basiert bei vielen Hunderassen auf einer familiären Häufung und dem Nachweis gemeinsamer Vorfahren von Epilepsiefällen, wie auch die 2010 veröffentlichte Studie der Medizinischen Kleintierklinik der Universität München beim Border Collie bestätigt. Für Therapie und Prognose ist eine genaue Beschreibung und Einordnung der Anfälle des individuellen Patienten unumgänglich: Primär generalisierte Anfälle gehen von beiden Hirnhälften aus und zeigen den Hund sofort in der typischen Seitenlage mit den am ganzen Körper erkennbaren Krämpfen. Bei fokallen Anfällen liegt der Ausgangspunkt in einer begrenzten Region des Gehirns und betrifft nur einzelne Körperteile, macht sich beispielsweise. Durch Zuckungen im Gesichtsbereich bemerkbar, aber auch vorübergehende Wahrnehmungsstörungen und Verhaltensänderungen sind möglich. Fällt der Hund nach einem zunächst fokalen Anfall dennoch nachfolgend in Seitenlage und krampft am ganzen Körper, spricht die Medizin von einem primär fokalen sekundär generalisierten Anfallsgeschehen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Tierbesitzers, der seinen Hund durch einen epileptischen Anfall begleiten muss, ist der Blick auf die Uhr, denn die Dauer des Anfalls ist ein entscheidendes Kriterium. Die meisten epileptischen Anfälle dauern ein bis zwei Minuten, hält das Geschehen aber länger als fünf Minuten an oder folgen mehrere Anfälle ohne vollständige Erholungsphasen dazwischen, befindet sich der Hund mit dem Status epilepticus in einem lebensgefährlichen Zustand, der durch Medikamente unterbrochen werden sollte. Kommt es innerhalb von 24 Stunden zu mehreren Anfällen, die allerdings durch deutliche Erholungsphasen voneinander abgetrennt sind, spricht man von Serienanfällen. Als refraktäre oder pharmakoresistente Epilepsie wird eine Epilepsie bezeichnet, die auf die medikamentöse Behandlung nicht anspricht, und wenn das Tier trotz adäquater Therapie mit Antiepileptika weiter Anfälle erleidet. Quelle: BreederSpecial Ausgabe 2/2013