Folgen und Reihen

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Folgen und Reihen
Man betrachte viele Zahlen hintereinander geschrieben. Solche Folgen von Zahlen können durch nummeriert werden. Es entsteht eine Zuordnung der natürlichen Zahlen zu
den Gliedern der Folge. Man schreibt a1 , a2 , a3 , ...
Definition 1. Eine komplexe (reelle) Zahlenfolge ist eine Abbildung a : N → C
(a : N → R). Statt a(n) schreibt man an für die Funktionswerte und nennt sie die
Glieder der Zahlenfolge. Wir schreiben (an )n∈N für die Folge.
Beispiele:
1
Konvergenz
Nun stellt sich die Frage, wie sich die Folge für immer größer werdende n verhält. Also
ist ganz intuitiv der Grenzwertbegriff für Folgen von Interesse.
Definition 2. Eine Zahl a ∈ C heißt Grenzwert einer komplexen Zahlenfolge (an )n∈N
wenn zu jedem ε > 0 eine natürliche Zahl N existiert, so daß für alle Indizes n > N gilt:
|an − a| < ε.
Ist a der Grenzwert der Folge (an )n∈N , so schreiben wir a = lim an oder an → a für
n→∞
n → ∞ und sagen, an strebt oder konvergiert gegen a. Wenn eine Folge einen Grenzwert
hat, so nennen wir sie konvergent, andernfalls divergent.
1
Definition 3. Wir nennen eine reelle Folge bestimmt divergent gegen ∞ und schreiben
lim an = ∞ oder an → ∞, falls
n→∞
∀K > 0∃N ∈ N : ∀n > N : an > K.
Wir nennen eine reelle Folge bestimmt divergent gegen −∞ und schreiben lim an =
n→∞
−∞ oder an → −∞, falls
∀K > 0∃N ∈ N : ∀n > N : an < −K.
Folgen mit Grenzwert 0 nennt man Nullfolgen.
Beispiele: Konvergenzaussagen für an = n und an = n1 :
Kennt man schließlich einige Grenzwerte, so kann man daraus neue konstruieren.
Satz 1. Seien (an )n∈N und (bn )n∈N konvergente Zahlenfolgen mit an → a und bn → b
für n → ∞. Dann gilt
an + bn → a + b,
an − bn → a − b,
und falls b 6= 0, bn 6= 0 für alle n ∈ N dann gilt auch
an
a
→ .
bn
b
Beispiel: Wir betrachten die Folge an =
3n2 +2
.
n2 −n+2
2
an bn → ab
Es kann durchaus vorkommen, dass eine Zahlenfolge nicht direkt in Abhängingkeit von
n gegeben ist, sondern durch eine rekursive Bildungsvorschrift.
Beispiel: Wir betrachten die Folge a0 = 1, an+1 = 12 an + a2n . Die ersten Glieder ergeben sich wie folgt:
Satz 2. Sei (an )n∈N eine reelle Folge. Falls diese
• monoton wächst (fällt), d.h. es gilt für alle n ∈ N : an 6 an+1 (an > an+1 ), und
• nach oben (unten) beschränkt ist, d.h. es gibt ein C ∈ R mit an < C(an > C) für
alle n ∈ N.
so konvergiert sie.
Kommen wir zurück zum Beispiel der rekursiven Folge:
3
n
Beispiel: Wir betrachten die Folge an = 1 + n1 . Man zeige auch hier Monotonie und
Beschränktheit. Hilfreich dabei ist die Bernoullische Ungleichung
(1 + x)α > 1 + αx,
x > −1, α > 1.
Durch Satz 6.2 ist die Existenz des Grenzwertes der Folge sichergestellt. Wie der Grenzwert lautet, ist zu diesem Zeitpunkt aber offen.
Anschließend an Satz 6.2 folgen nun noch ein paar andere Konvergenzkriterien.
Satz 3. (Polizistenprinzip) Seien (an )n∈N , (bn )n∈N und (cn )n∈N reelle Folgen. Falls
(an )n∈N und (cn )n∈N gegen denselben Grenzwert a konvergieren und (bn )n∈N zwischen beiden Folgen liegt, d.h.
∃N : ∀n > N
an 6 bn 6 cn ,
so konvergiert auch (bn )n∈N gegen denselben Grenzwert a.
Satz 4. (Cauchysches Konvergenzkriterium) Eine Zahlenfolge (an )n∈N konvergiert genau
dann, wenn für jedes ε > 0 ein N ∈ N existiert, so dass für alle n, m > N folgendes gilt:
|an − am | 6 ε.
Die drei letzten Sätz geben Kriterien an, die man überprüfen kann, ohne den Grenzwert
der Folge zu kennen. Man kann also mitunter Aussagen über die Konvergenzeigenschaft
machen, ohne den Grenzwert zu berechnen.
Ein letzter Satz in diesem Abschnitt zeigt, dass das Studium von reellen Folgen auch für
das Verständnis komplexer Folgen hilfreich ist.
4
Satz 5. Eine komplexe Folge (an )n∈N konvergiert genau dann gegen a ∈ C, wenn die
Folge der Realteile (Re an )n∈N gegen Re a und die Folge der Imaginärteile (Im an )n∈N
gegen Im a konvergiert.
Damit kommen wir zu ein paar letzten Bemerkungen zu unbestimmten Ausdrücken. Für
zwei bestimmt divergente Folgen (an )n∈N und (bn )n ∈ N ist Satz 6.1 nicht anwendbar.
Durch geschicktes umformen kann man aber dennoch den Grenzwert berechnen. Dabei
kann die Folge eine Nullfolge sein, einen beliebigen Grenzwert besitzen oder divergieren.
Beispiel: Für die Subtraktion betrachten wir die folgenden Ausdrücke
• an = n, bn = n − (−1)n .
• an = 2n2 , bn = n2 .
• an =
√
√
n2 + n, bn = n2 − n.
• an = n + n1 , bn = n.
Finden sie selbst Beispiele für die Division:
5
2
Zahlenreihen
Ein Einheitsquadrat kann wie folgt in Rechtecke zerlegt werden:
Der Flächeninhalt dieses Quadrats berechnet sich dann wie folgt:
1 1 1
1
+ + +
+ ... = 1,
2 4 8 16
mit Summenzeichen geschrieben erhält man
∞
X
1
= 1.
2k
k=1
Um diese Summe ’unendlich vieler’ Summanden zu verstehen bildet man den Grenzübergang für endliche Summen
n
X
1
1
1 1 1
1
+ + +
+ ... + n = lim
= 1.
lim
n→∞
n→∞ 2
4 8 16
2
2k
k=1
Damit ergibt sich die Definition einer Zahlenreihe.
Definition 4. Sei (an )n∈N eine komplexe Zahlenfolge. Man sagt, die Reihe
∞
X
ak
k=0
ist konvergent und habe die Summe s, falls die Folge
sn :=
n
X
ak
k=0
gegen s konvergiert. Man schreib dafür
s = lim sn = lim
n→∞
n
X
n→∞
k=0
ak =
∞
X
ak
k=0
und nennt sn eine Partialsumme der Reihe. Die ak heißen Glieder der Reihe.
6
Nicht konvergente Reihen heißen divergent.
Beispiel: Machen Sie eine Aussage über die Konvergenz der Reihe
∞
P
k=1
Beispiel: Für q ∈ C nennt man die Reihe
∞
P
1
k(k+1) .
qk geometrische Reihe. Deren Partialsumme
k=0
ist bekannt und für q 6= 1 gilt
sn =
n
X
qk =
k=0
1 − qn+1
.
1−q
Für welche q konvergiert die Reihe und wie sieht ihre Summe aus?
Mitunter lässt sich also ein schöner Ausdruck für Partialsummen finden. Da das nicht
immer möglich ist, sollen Möglichkeiten vorgestellt werden, die Konvergenzaussagen ermöglichen.
Satz 6. (Notwendiges Kriterium)
Die Glieder einer konvergenten Reihe bilden selbst eine Nullfolge.
Bew.:
Man erkennt, dass tatsächlich die Glieder der bisher betrachteten Reihen Nullfolgen sind.
Dabei ist aber zu beachten, dass es für die Konvergenz einer Reihe nicht genügt, dass
7
die Glieder der Reihe gegen Null streben. Die harmonische Reihe ist dafür ein Beispiel.
Beispiel: Die Divergenz der harmonischen Reihe
∞
P
k=1
1
k
ergibt sich wie folgt:
Satz 7. (Weierstraßsches Majorantenkriterium, M-Test)
∞
∞
P
P
Sei
ak eine Reihe komplexer Zahlen,
bk eine Reihe nichtnegativer reeler Zahlen.
k=0
k=0
Gilt für alle k ∈ N
|ak | 6 bk ,
so folgt aus der Konvergenz von
∞
P
bk die Konvergenz von
k=0
∞
P
ak und es gilt
k=0
∞
∞
X X
bk .
ak 6
k=0
k=0
Bew.:
Die Reihe
∞
P
k=0
bk heißt Majorante der Reihe
∞
P
ak . Da das Abändern endlich vieler Glie-
k=1
der der Reihe auf die Konvergenz keinen Einfluss hat, kann man den letzten Satz abschwächen und nur fordern, dass |ak | 6 bk für k > k0 .
Beispiel: Nutzen Sie das Majorantenkriterium um die Konvergenz der Reihe
∞
P
k=0
zeigen.
8
1
k2
zu
Eine Umkehrung des Weierstraßschen Kriteriums ist der folgende Satz.
Satz 8. (Minorantenkriterium)
Wenn 0 6 ak 6 bk für alle k > k0 mit k ∈ N gilt und
∞
P
∞
P
ak divergiert, so divergiert auch
k=0
bk .
k=0
Beispiel: Untersuchen Sie
∞
P
k=0
√1 .
k
Aus den Überlegungen der vorherigen Sätze und der Kenntnis der geometrischen Reihe
resultiert der folgende Satz.
Satz 9. Möge q = limk→∞
∞
P
giert) die Reihe
ak .
p
k
|ak | existieren. Falls q < 1 (q > 1), so konvergiert (diver-
k=0
Man beachte, dass im Fall q = 1 auf diesem Wege keine Entscheidung möglich ist.
Beispiel:
9
Der letzte Satz läßt sich noch allgemeiner schreiben.
Definition 5. Wir betrachten eine reelle Zahlenfolge (an )n∈N . Wir nennen a ∈ R den
oberen Grenzwert (limes superior) dieser Folge und schreiben
lim sup an = lim an ,
k→∞
n→∞
falls für jedes ε > 0 eine Zahl N ∈ N so existiert, dass für alle n > N gilt an < a + ε
und für jedes M ∈ N existiert ein n > M mit an > a − ε. Wir nennen a ∈ R den unteren
Grenzwert (limes inferior) dieser Folge und schreiben
lim inf an = lim an ,
n→∞
k→∞
falls für jedes ε > 0 eine Zahl N ∈ N so existiert, dass für alle n > N gilt an > a − ε und
für jedes M ∈ N existiert ein n > M mit an < a − ε.
Beispiel: Wir betrachten die Folge an = (−1)n + n1 .
Mit dieser Definition lässt sich der vorhergehende Satz wie folgt verallgemeinern.
Satz 10. (Wurzelkriterium)
p
Möge q = lim supk→∞ k |ak | existieren. Falls q < 1 (q > 1), so konvergiert (divergiert)
∞
P
die Reihe
ak .
k=0
Beispiel: Wir untersuchen die folgende Reihe
P∞ 2+(−1)k k
10
k=0
4
.
Satz 11. (Quotientenkriterium)
|a
|
Möge q = limk→∞ |ak+1| existieren. Falls q < 1 (q > 1), so konvergiert (divergiert) die
k
∞
P
Reihe
ak .
k=0
Beispiel: Für die Reihe
P∞
k!
k=1 (2k)!
gilt
Außerdem wollen wir noch einmal die Reihen
P∞
1
k=1 k
und
P∞
1
k=1 k2
untersuchen
Da die bisherigen Konvergenzkriterien immer mit den Beträgen der Glieder arbeiteten,
haben wir sogar die Konvergenz der Reihen der Beträge gezeigt.
Definition 6. Die Reihe
∞
P
ak heißt absolut konvergent, falls
k=0
∞
P
|ak | konvergiert.
k=0
Satz 12. Jede absolut konvergente Reihe ist konvergent.
Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. Konvergente Reihen, die nicht absolut konvergent sind, heißen bedingt konvergent. Ein Beispiel dafür sehen wir nach dem folgenden
Satz.
Satz 13. (Leibnitzkriterium)
Sei (an )n∈N eine monoton wachsende oder fallende Nullfolge. Dann konvergiert die
∞
P
Reihe
(−1)k ak .
k=0
11
Eine Reihe mit abwechselnd positiven und negativen Vorzeichen nennt man alternierende
Reihe.
∞
P
Beispiel: Wir zeigen die bedingte Konvergenz von
k=1
(−1)k
k .
Die Bedeutung der absolut konvergenten Reihen wird durch den nächsten Satz deutlich.
Satz 14. Sei
P∞
k=0 ak
eine absolut konvergente Reihe. Dann gilt
• Jede Umordnung der Reihe konvergiert gegen den selben Grenzwert, d.h. für jede
bijektive Abbildung τ : N0 → N0 gilt
∞
X
k=0
ak =
∞
X
aτ(k) .
k=0
P
• Für jede weitere konvergente Reihe ∞
k=0 bk konvergiert das sogenannte Cauchyprodukt und ist gleich dem Produkt der Summen der Reihen:


! ∞
!
k
∞
∞
X
X
X
X

aj bk−j  .
bk =
ak
k=0
k=0
k=0
12
j=0
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