Anton Steer Koblenz im Oktober 2007 Einf€hrender Kurzvortrag beim zweiten Ethik-Seminar des Distriktes 1810 „Durch Freundschaft zum Handeln“ I. Bewuƒt haben wir als Thema f€r das zweite Ethik-Seminar wieder die „berschrift „durch Freundschaft zum Handeln“ gew…hlt. Wir Rotarier haben eine gute Orientierung in der Kurzformel Rotary sei „Freundschaft nach innen, Hilfe und soziale Projekte nach aussen“. Auf das Handeln kommt es an und gemeinschaftlich geht es besser von der Hand. Einem Diskussionsteilnehmer unseres ersten Seminars im vergangenen Jahr – an das wir heute ankn€pfen geriet die Aussage zu seinem Verst…ndnis von Ethik zu einer Art Zusammenfassung des damals Besprochenen, indem er formulierte: „wer gut handelt, handelt moralisch, d.h.ethisch“. Und die Freundschaft kann uns neben vielem anderen auch eine gegenseitige Ermutigung zu gemeinschaftlichem Tun und die gemeinsame Freude an einem gelungenem Projekt geben. Nur soviel zum Thema unseres Vorhabens. Das Ziel unseres diesj…hrigen Ethik-Seminars sollte sein uns Gedanken €ber unsere Werte zu machen und €ber die Art und Weise ihrer Umsetzung bei unseren Aktivit…ten. Hierzu haben wir wieder zwei herausragende Referenten geladen. Zun…chst aber will ich einen kurzen Abriss vom Verlauf des letztj…hrigen Seminars geben, um den Anschluss zu gewinnen. Ich erz…hlte das Beispiel schon einmal: Im Jahre 2000, gab der Pr…sident von Rotary International- allgemein „Weltpr…sident“ genannt – als sein Jahresmotto weltweit das Wort aus: „Bewusstsein schaffen, aktiv werden“ (create awareness, take action). Die Auswirkung dieses Mottos war sehr positiv: in vielen Clubs rund um den Globus wurde €ber die Aufgaben Rotarys mit neuem Schwung diskutiert, ein neues Bewusstsein entstand bei vielen Rotariern €ber die Notsituationen in unserer Welt und neue Projekte entstanden. Ein Ergebnis der Diskussionen in unserem Seminar im vergangenen Jahr war, dass es nicht schwer ist, das Bewusstsein zu wecken oder zu steigern, aber sehr viel schwerer, Aktivit…ten und Projekte in den Clubs zu initiieren und mit Nachhaltigkeit zu verfolgen, also unsere Werte umzusetzen. 1 Bei unserem Seminar im vergangenen Jahr gab es auch interessante Diskussionen, die dem Referat „Selbstbestimmung und Verantwortung“ folgten. Es war klar, gerade die Rotarier sind weitgehend selbstbestimmt und treffen freiwillig ihre Entscheidung Rotary beizutreten und dessen Ziele und Aufgaben anzunehmen. „ber die Notwendigkeit sittlichen Handelns als Rotarier und damit €ber das Ausmass der €bernommenen Verantwortung bestand weitgehend Einigkeit. Jeder Rotarier kann ja seine jeweiligen Erwartungen und Erfahrungen einbringen. Aber die Diskussion ergab u.a. auch, dass man in manchem Club dabei auf die bekannte schweigende Mehrheit trifft. Wer jedoch humanit…re Ziele annimmt und die Not in der Welt erkennt, €bernimmt auch als Rotarier die Verantwortung daf€r, dass er etwas tut oder zumindest beitr…gt wurde immer wieder herausgestellt. Und schlieƒlich wurde im vorj…hrigen Seminar ein weiterer Gespr…chsbereich intensiv diskutiert, n…mlich das Nachdenken dar€ber, welche geistigen Grundlagen den Hintergrund f€r unsere rotarischen Werte bilden. Es wurde dabei €ber die klassischen Tugenden Klugheit, Tapferkeit Gerechtigkeit, Maƒ gesprochen und €ber die mittelalterliche, ritterliche Mildt…tigkeit und €berhaupt €ber die ethischen Grundlagen des christlichen Abendlandes, die Pate standen bei der Gr€ndung von Rotary. Diese Bemerkungen m‡gen gen€gen, um den Anschluss an die „berlegungen unseres ersten Ethik-Seminars herzustellen. II. Was wollen wir heute erreichen ? Wie k‡nnen wir unsere Diskussionen weiterentwickeln ? „Rotary ist eine Wertegemeinschaft“, haben die deutschsprachigen Governor 2007/08 formuliert und im Rotary Magazin zu einer breiten Diskussion aufgerufen. Vielleicht k‡nnen wir etwas beitragen, denn diesem Anliegen der deutschsprachigen Governor kann man nur zustimmen. Eine Formulierung in diesem Ansatz scheint mir besonders wichtig zu sein, sie lautet (Zitat): „ Die Kombination aus Wertebezogenheit, hoher beruflicher Verantwortung und pers‡nlichem Engagement eines jeden Rotariers macht Rotary zu einer einzigartigen Organisation.“ Und an anderer Stelle: „ Gefordert ist also die Bewahrung und Weiterentwicklung einer Kultur im rotarischen Sinne, ein rotarisches Auftreten mit Herz, kurz eine Kultur des Herzens“. Aber es wird auch gesagt: „Rotary als Wertegemeinschaft ist einerseits vom Werteverfall unmittelbar betroffen und aufgerufen, ihm entgegenzutreten - und andererseits bietet Rotary ein ideales Forum daf€r, diese Auseinandersetzung nach innen im Geiste der Freundschaft zu f€hren und nach aussen zu bef‡rdern.“ 2 Damit sind wir v‡llig im Bereich des Themas unseres des Seminars. Vielleicht ergeben unsere heutigen Gespr…che die eine oder andere Anregung sich an dieser von den Governorn angeregten Diskussion zu beteiligen. III. Das Koordinatensystem f€r unser Seminarthema „Durch Freundschaft zum Handeln“ und f€r Wertediskussionen bei Rotrary €berhaupt, sollten unsere vereinbarten Zielsetzungen von RI sein Diese freiwiilig angenommenen und vereinbarten Zielsetzungen sind im Verfahrenshandbuch abzulesen. Sie sind uns in ihren Formulierungen vertraut und greifen inhaltlich sicherlich sehr weit, n…mlich (Zitat): - „freundschaftliche Beziehungen entwickeln, um sich anderen als n€tzlich zu erweisen - hohe ethische Grunds…tze im Gesch…fts und Berufsleben verwirklichen - das Ideal des Dienens in der privaten, beruflichen und ‡ffentlichen T…tigkeit verwirklichen - V‡lkerverst…ndigung und Frieden f‡rdern“ (Zitat Ende). Diese grundlegenden Zielsetzungen werden dar€ber hinaus in konkreten Handlungsanweisungen in der Beschreibung von humanit…ren Zielbeschreibungen und durch Bildungsprogramme konkretisiert, Das ist t…gliche Praxis in den Clubs. Manchmal aber fragt sich der eine oder andere von uns, wie vielen Rotariern diese Zielformulierungen im Alltagsleben auch wirklich bewusst sind. Mehr noch: K‡nnen die rotarischen Ziele €berhaupt mehr sein als ein lockerer Anhalt, als eine allgemeine Orientierung ? Pr…gen die beruflichen Bedingungen im jeweiligen Lebensbereich der einzelnen Rotarier und die dort geltenden berufsethischen Vorstellungen das Bewusstsein nicht doch viel mehr als die rotarisch-idealistischen Forderungen? ˆrzte, Manager, Lehrer, Pastoren, K€nstler, Soldaten oder Journalisten und andere sind von ihren jeweiligen berufsethischen Vorstellungen sehr stark gepr…gt und finden sich doch bei Rotary zu gemeinsamen Zielen und Handlungen zusammen. Ist es also eigentlich das Band der Freundschaft, das unser gemeinschaftliches Handeln €berhaupt erst erm‡glicht? Rotary hat im Laufe seiner Geschichte die – manchmal bel…chelte 3 4-Fragen-Probe entwickelt und eingef€hrt, in der solche Werte menschlichen Verhaltens wie Wahrhaftigkeit, Fairneƒ, guter Wille und Wohl der Beteiligten angesprochen werden. Es geht also augenscheinlich um die Prinzipien und die Werte, welche die eigentliche Grundlage f€r unsere rotarischen Zielformulierungen bilden. Soweit zu den offiziellenen Frormulierungen von Rotary International zu unseren Werten. IV. Rotarisches Schrifttum zu ethischen Fragen ist bei Rotary im €brigen ausreichend vorhanden. Ethische Fragestellungen scheinen in zahlreichen Ver‡ffentlichungen - auch in unserem Rotary-Magazin – immer wieder Konjunktur zu haben. Ich habe einmal – ganz unsystematisch und unstrukturiert – bei meinen Clubbesuchen und aus der Lekt€re des Rotary Magzins zusammengetellt, welche Werte m.E. von Rotariern – neben den offiziell formulierten - am h…ufigsten genannt werden. Das ist eine beeindruckende Liste. Ich weiƒ nicht, ob das in der ‰ffentlichkeit genau so wahrgenommen wird. Manchesmal hat man allerdings den Eindruck, dass es Rotary nich gelungen ist, unsere Werte auch in der ‰ffentlichkeit darzustellen, oder ob dort weniger der Eindruck eines Serviceclubs sondern vielmehr das Image eines Gesellschaftsclubs entstanden ist. Jede Kommunikation zwischen Menschen, die das Verhalten bewertet und das Handeln beschreibt, wird irgendwie moralisch eingeordnet. Auch dies – zu unseren rotarischen Zielen in Beziehung gesetzt – werden wir sicherlich im ersten Vortrag heute h‡ren. „ber den Wert der Freundschaft h‡ren wir einen eigenen Vortrag. Das halte ich bei der Bedeutung dieses Themas f€r Rotarier f€r angemessen. V. Die beschriebenen rotarischen Ziele – als Teil unseres rotarischen Selbstverst…ndnisses – sollten also ein Maƒstab f€r begr€ndetes rotarisches Handeln sein. Gute Beispiele aus manchen Clubs kennen wir alle. Aber manche von uns kennen auch andere Beispiele. So k‡nnten wir uns heute bei unseren Diskussionen durchaus auch kritische Fragen stellen ? Ich nenne daf€r einige Beispiele: 4 - spiegeln sich diese Werte und Prinzipien im rotarischen Alltagsleben in den Clubs wirklich wider? - ist die europ…ische (philosophische?) Tradition in den rotarischen Prinzipien weltweit bei RI verbindlich, oder bringt der globale Geltungsbereich zu viel Unverbindliches mit sich ? Wo liegt bei Rotary International der gemeinsame Nenner weltweit ? - gilt beispielsweise im rotarischen Bereich weltweit das gleiche Rechtsverst…ndnis, das gleiche Verst…ndnis von Gerechtigkeit, Mitmenschlichkeit, Toleranz; haben wir Rotarier €berall das gleiche Menschenbild ? - Wie wirken sich die Anforderungen einer modernen Berufswelt (Arbeitswille, Leistungsbereitschaft, Kooperationsf…higkeit, Sensibilit…t, Kreativit…t) aber auch Streƒ und Zeitmangel auf die rotarische Gemeinschaft eines Club aus? - Sind die traditionellen „b€rgerlichen“ Tugenden wie Aktivit…t, Fleiƒ, Pflichtbewusstsein, freiwillige „bernahme von Aufgaben bei der Mehrzahl der Rotarier pr…sent? - Warum ist es in manchen Clubs so schwer, junge Rotarier zu gewinnen? - Warum sperren sich manche Clubs immer noch gegen ClubNeugr€ndungen in der Nachbarschaft ? - Hat die rotarische Freundschaft wirklich immer stets Vorrang (Aristoteles: das Recht garantiert die Ordnung, aber der Freundschaft geb€hrt der Vorrang denn sie vertreibt die Zwietracht, die die gr‡ƒte Bedrohung eines Gemeinwesens ist) ? Kritische Fragen schm…lern aber keineswegs die groƒartigen Leistungen der Rotarier. VI. Kritische Fragen k‡nnten wir uns also einerseits stellen, die unser Selbstverst…ndnis unmittelbar ber€hren, und groƒartige Leistungen von Rotariern k‡nnen wir andererseits aufweisen. Beide Erfahrungsbereiche ber€hren unser Seminarthema. Anst‡ƒe f€r unsere Diskussionen k‡nnen aber besonders die Referate unserer beiden Hauptreferenten des heutigen Tages geben. Es ist eine Freude f€r uns, heute Professor emer. Dr. Dr.h.c. Hans Waldenfels bei uns zu haben, rotarischer Freund im RC Bonn und ehemaliger Ordentlicher Professor an der Universit…t Bonn; vielen von uns ist er bekannt; er ist ein h‡chst renommierter „Ethiker“, er genisst einen hervorragenden Ruf weit €ber unsere Region hinaus, ich erreichte ihn beispielsweise f€r die Einladung zu 5 diesem Seminar in den USA; wir freuen uns, ihn heute bei uns begr€ƒen zu d€rfen. Freund Waldenfels wird €ber das wichtige Thema „ Die besondere Veranwortung des Rotariers“ sprechen – und er steht anschlieƒend f€r die Beantwortung von Fragen zu Verf€gung. In seinem zweiten Vortrag spricht er „ €ber „ Das Wesen der rotarischen Freundschaft“ Pastdistriktgovernor Wilhelm Dr€he braucht man bei Rotariern unseres Distriktes kaum vorzustellen. H…ufig hat er sich mit Vortr…gen und Stellungnahmen in die Diskussion €ber das Selbstverst…ndnis von Rotariern eingeschaltet. Als evangelischer Pfarrer stellt er auch so etwas wie ein rotarisches Gewissen dar. Er €bersetzt auch immer wieder theoretische Erkenntnisse f€r uns alle in praktische Forderungen. Demzufolge wird er €ber das Thema „Der gesellschaftliche Auftrag des Rotariers“ sprechen und anschlieƒend f€r die Beantwortung von Fragen zur Verf€gung stehen. Ich danke schon jetzt beiden Referenten. Ich bin auch sicher, beide sind bereit auf besondere Fragen und Anregungen einzugehen. Diese k‡nnen jederzeit - jetzt oder Sp…ter - vorgebracht werden. Ich freue mich nunmehr auf die Vortr…ge und auf Ihre Diskussionsbeteiligung. Ich danke Ihnen. 6