Leseprobe

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Hug Büromanagement
Knauer
Lennartz Lernfelder 1 bis 6
Speth Kaufmann/-frau für
Waltermann Büromanagement
Merkur
Verlag Rinteln
Wirtschaftswissenschaftliche Bücherei für Schule und Praxis
Begründet von Handelsschul-Direktor Dipl.-Hdl. Friedrich Hutkap †
Verfasser:
Hartmut Hug, Dipl.-Hdl.
Sabine Knauer
Martina Lennartz, Dipl.-Math. oec.
Dr. Hermann Speth, Dipl.-Hdl.
Aloys Waltermann, Dipl.-Kfm. Dipl.-Hdl.
Fast alle in diesem Buch erwähnten Hard- und Softwarebezeichnungen sind eingetragene
Warenzeichen.
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als
den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des
Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine
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Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen.
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2. Auflage 2016
© 2014 by MERKUR VERLAG RINTELN
Gesamtherstellung:
MERKUR VERLAG RINTELN Hutkap GmbH & Co. KG, 31735 Rinteln
E-Mail:[email protected]
[email protected]
Internet:www.merkur-verlag.de
ISBN 978-3-8120-0681-1
Lernfeld
1 17
Die eigene Rolle im Betrieb mitgestalten und
den Betrieb präsentieren
1 Duales Ausbildungssystem
1.1 Rechtliche Regelungen für die betriebliche und schulische Ausbildung
1.1.1 Ausbildender, Ausbilder, Auszubildender
(1) Begriffe Ausbildender und Ausbilder
■■ Ausbildender ist derjenige, der ei-
nen Auszubildenden zur Berufsausbildung einstellt. ■■ Ausbilder ist derjenige, der vom
Ausbildenden mit der Durchführung der Ausbildung beauftragt
wird.
Beispiel:
Jens Zeiler wird von der Metallbau Thomas Hutter
GmbH ausgebildet. Die Metallbau Thomas Hutter
GmbH ist Ausbildender.
Beispiel:
In der Einkaufsabteilung wird Jens Zeiler von der
Angestellten Frau Freiberg ausgebildet. Frau Freiberg ist Ausbilderin.
Ausbilden darf nur, wer persönlich und fachlich geeignet und mindestens 24 Jahre alt ist.
Die fachliche Eignung umfasst vor allem die für den jeweiligen Beruf erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse.
Die Ausbilder vermitteln die Fertigkeiten und Kenntnisse, die zur Erreichung des Ausbildungsziels erforderlich sind. Ferner muss der Ausbildungsbetrieb in der Lage sein, die
wesentlichen Inhalte der Ausbildung zu vermitteln.
(2) Begriff Auszubildender
Auszubildender ist derjenige, der nach
den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes [BBiG] einen anerkannten Ausbildungsberuf aufgrund staatlicher und bundeseinheitlich gültiger
Ausbildungsverordnung erlernt.
Beispiel:
Jens Zeiler schließt mit der Metallbau
Thomas Hutter GmbH einen Ausbildungsvertrag als Kaufmann für Büromanagement ab. Jens Zeiler ist Auszubildender.
LS 1, 2,
3, 4
Lernfeld 1: Die eigene Rolle im Betrieb mitgestalten und den Betrieb präsentieren
18
Anforderungen an Auszubildende. Ein großes Unternehmen für Kunststoffverarbeitung
umschreibt z. B. die Anforderungen an Auszubildende auf seiner Internetseite folgendermaßen:
„Die Voraussetzung für die Bewerbung bei
uns sind gute schulische Leistungen und eine
abgeschlossene Schulausbildung. Die Fähigkeit zur Teamarbeit ist ebenso wichtig wie
ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Wir
möchten Auszubildende gewinnen, die überdurchschnittlich motiviert und engagiert sind.
Neben den schulischen Leistungen interessiert
uns vor allem die Persönlichkeit der Bewerber.“
1.1.2 Berufsbildungsgesetz, Ausbildungsordnung und Ausbildungsplan
(1) Berufsbildungsgesetz
Das Berufsbildungsgesetz [BBiG] regelt die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung
und die berufliche Umschulung. Die Ausbildung in den verschiedenen Ausbildungsberufen ist durch die Ausbildungsordnungen [§ 4 BBiG] geregelt.
(2) Ausbildungsordnung
Die Ausbildungsordnung ist die Grundlage für eine geordnete und einheitliche Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen. Sie hat mindestens festzulegen [§ 5 I BBiG]:
■■ die Bezeichnung des Ausbildungsberufs
Bezeichnung
Ausbildungsberuf
(z. B. Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement);
■■ die Ausbildungsdauer,
sie soll nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen;
■■ das Ausbildungsberufsbild,
es enthält die Fertigkeiten und Kenntnisse,
die Gegenstand der Berufsausbildung sind;
■■ den Ausbildungsrahmenplan,
es handelt sich hierbei um eine Anleitung
zur sachlichen und zeitlichen Gliederung
der Fertigkeiten und Kenntnisse und
■■ die Prüfungsanforderungen.
Ausbildungsdauer
Ausbildungsordnung
Ausbildungsberufsbild
Ausbildungsrahmenplan
Prüfungs­
anforderungen
Für einen anerkannten Ausbildungsberuf darf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden [§ 4 II BBiG]. Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nur in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden.
(3) Ausbildungsplan
Der Ausbildungsplan regelt die sachliche und zeitliche Berufsausbildung im Betrieb.
Der Ausbildungsplan wird von jedem Ausbildungsbetrieb eigenständig erstellt. Er muss
jedoch abgestimmt sein mit dem Ausbildungsberufsbild, dem Ausbildungsrahmenlehrplan sowie den Prüfungsanforderungen.
1 ​Duales Ausbildungssystem
19
(4) Beziehungen zwischen Ausbildungsrahmenplan, Ausbildungsplan und dem Rahmenlehrplan
(Duales1 Ausbildungssystem)
Ausbildungsrahmenplan
Rahmenlehrplan
Er beinhaltet die sachliche und zeitliche
Gliederung der Berufsausbildung.
Er ist Grundlage für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und
ist zeitlich und inhaltlich mit dem Ausbildungsrahmenplan abgestimmt.
Ausbildungsplan
Der Ausbildungsrahmenplan wird in
einen betrieblichen Ausbildungsplan
umgesetzt, der die Grundlage für die
individuelle Ausbildung im Betrieb
bildet.
Betrieb
Berufsschule
1.1.3 Berufsausbildungsvertrag
(1) Begriff kaufmännischer Auszubildender
Kaufmännischer Auszubildender ist, wer in einem Betrieb zur Erlernung kaufmännischer Tätigkeiten angestellt ist.
(2) Abschluss des Berufsausbildungsvertrags
Vor Beginn der Berufsausbildung ist zwischen dem Aus­
bildenden und dem Auszubildenden ein Berufsausbildungsvertrag zu schließen [§ 10 I BBiG].
Der Berufsausbildungsvertrag muss bei der zuständigen
Kammer zur Genehmigung und Eintragung in das „Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse“ vorgelegt werden
[§ 36 BBiG]. Zuständig ist die Industrie- und Handelskammer, wenn die Ausbildung in einem kaufmännischen Betrieb
erfolgt, bzw. die Handwerkskammer, wenn die Ausbildung in
einem Handwerksbetrieb erfolgt.
1 Dual: zweiseitig, zweigleisig.
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Lernfeld 1: Die eigene Rolle im Betrieb mitgestalten und den Betrieb präsentieren
20
Die Eintragung wird nur vorgenommen, wenn der Berufsausbildungsvertrag dem Berufsbildungsgesetz und der Ausbildungsordnung entspricht und die persönliche und fachliche
Eignung des Ausbildungspersonals sowie die Eignung der Ausbildungsstätte vorliegen.
Die Eintragung ist u. a. Voraussetzung dafür, dass der Auszubildende zur Abschlussprüfung der Industrie- und Handelskammer (IHK) bzw. Handwerkskammer zugelassen wird
[§ 43 I Nr. 3 BBiG].
Unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrags, spätestens vor Beginn der
Berufsausbildung, hat der Ausbildende den wesentlichen Inhalt des Vertrags schriftlich niederzulegen [§ 11 I, S. 1 BBiG].1 Der Vertrag ist vom Ausbildenden, vom Auszubildenden
und – wenn der Auszubildende noch minderjährig ist – von dessen gesetzlichem Vertreter zu unterzeichnen und unverzüglich eine Ausfertigung der unterzeichneten Niederschrift
dem Auszubildenden und dessen gesetzlichem Vertreter auszuhändigen [§ 11 III BBiG].
(3) Pflichten und Rechte aus dem Berufsausbildungsvertrag
Die Pflichten und Rechte des Auszubildenden bzw. des Ausbildenden ergeben sich vor allem
aus dem Berufsbildungsgesetz [§§ 14–19 BBiG] und dem Jugendarbeitsschutzgesetz. Pflichten des Auszubildenden
(Rechte des Ausbildenden)
Pflichten des Ausbildenden
(Rechte des Auszubildenden)
■■ Befolgungspflicht: Weisungen des Ausbil-
■■ Ausbildungspflicht: Vermittlung der Fertig-
■■
■■
■■
■■
■■
■■
denden im Rahmen der Berufsausbildung
sind sorgfältig zu befolgen.
Berufsschulpflicht.
Lernpflicht: Der Auszubildende muss sich
bemühen, so zu lernen, dass die Abschlussprüfung bestanden wird.
Ausbildungsnachweispflicht (Berichtsheftpflicht): Der Auszubildende hat in der Regel
wöchentlich Ausbildungsnachweise zu führen. Sie geben Auskunft über den Ablauf der
Ausbildung und müssen bei der Abschlussprüfung vorgelegt werden. Die einzelnen
Ausbildungsnachweise sind vom Ausbilder
zu unterschreiben.
Schweigepflicht über Geschäftsdaten.
Haftpflicht: Bei grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Schäden an Maschinen, Büroeinrichtungen usw. haftet der Auszubildende.
■■
■■
■■
■■
■■
keiten und Kenntnisse, die zur Erreichung
des Ausbildungsziels erforderlich sind.
Ausbildungsmittel: Müssen kostenlos zur
Verfügung gestellt werden.
Fürsorgepflicht: Vermeidung sittlicher und
körperlicher Schäden;
Anmeldung zur So­zialversicherung.
Freistellungspflicht: Der Ausbildende muss
den Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule anhalten und freistellen.
Anmeldepflicht zu Prüfungen: Der Auszubildende muss rechtzeitig zu Prüfungen
angemeldet und freigestellt werden.
Urlaubspflicht:2 Der Urlaub beträgt nach:
Alter
bis 16 Jahre
bis 17 Jahre
bis 18 Jahre
Mindesturlaub
30 Werktage
27 Werktage
25 Werktage
■■ Vergütungspflicht: Die Zahlung des Arbeits-
entgelts muss spätestens am letzten Werktag des Monats erfolgen.
■■ Pflicht zur Entgeltfortzahlung: An gesetzlichen Feiertagen und im unverschuldeten
Krankheitsfall bis zu sechs Wochen.
■■ Pflicht zur Ausstellung eines Zeugnisses.
1 Wesentliche Inhalte des Berufsausbildungsvertrags sind gesetzlich festgelegt (z. B. die Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie
das Ziel der Berufsausbildung; Beginn und Dauer der Berufsausbildung; Zahlung und Höhe der Vergütung). Der Berufsausbildungsvertrag ist kein Arbeitsvertrag.
2 Für Berufsschüler soll der Urlaub in die Schulferien gelegt werden. Es muss sichergestellt sein, dass mindestens 12 Werktage am
Stück gewährt werden.
1 ​Duales Ausbildungssystem
(4) Ausbildungszeit
Die Ausbildungszeit beträgt für den Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau für Büromanagement im Regelfall 3 Jahre. Eine Verkürzung der Ausbildungszeit ist unter bestimmten
Umständen möglich.
(5) Probezeit
Die Probezeit beträgt mindestens einen Monat und darf nicht länger als vier Monate
dauern. Die Probezeit ist Bestandteil des Ausbildungsverhältnisses. Während der Probezeit kann jeder der Vertragspartner das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen
fristlos lösen [§§ 20, 22 I BBiG].
(6) Institutionen zur Durchsetzung ausbildungsrechtlicher Ansprüche
Sind Auszubildende der Meinung, dass der ausbildende Betrieb seinen Pflichten nicht
nachkommt, können sie sich an verschiedene Institutionen wenden.
■■ Im Bereich des Betriebs- und Gefahrenschutzes sind die staatlichen Gewerbeaufsichts-
ämter als Landesbehörden für die Überwachung aller Betriebe ihres Bezirks zuständig. Die
Aufsichtsdienste der Berufsgenossenschaften kontrollieren die Betriebe des jeweiligen Wirtschaftszweigs.
■■ Im Bereich des sozialen Arbeitsschutzes können sich die Auszubildenden an den Betriebs-
rat1 – insbesondere an die Jugend- und Auszubildendenvertretung2 – wenden. Ansprechpartner sind auch die zuständigen Kammern (z. B. die Industrie- und Handelskammern).
■■ Ansprechpartner für Unternehmen und Auszubildende bei Problemen während der Ausbil-
dung sind z. B. die IHK-Ausbildungsberater. Sie stehen als Ansprechpartner für alle Fragen
rund um die Berufsausbildung zur Verfügung. In § 76 BBiG werden die IHKs beauftragt, Berater zu bestellen, die die Berufsausbildung in den Unternehmen durch Beratung fördern und
überwachen.
■■ Kommt es zu ernsten Konflikten zwischen Auszubildendem und dem Ausbildungsbetrieb, so
kann der „Schlichtungsausschuss für Streitigkeiten aus Ausbildungsverhältnissen“ angerufen werden. Der Schlichtungsausschuss muss nach dem Arbeitsgerichtsgesetz angerufen
werden, bevor eine Klage wegen Streitigkeiten aus bestehenden Ausbildungsverhältnissen
vor dem Arbeitsgericht erhoben werden kann. Das Verfahren ist gebührenfrei.
Ist zwischen den Parteien keine gütliche Einigung möglich, müssen die Arbeitsgerichte
angerufen werden.
(7) Beendigung des Ausbildungsverhältnisses
Das Ausbildungsverhältnis endet spätestens mit dem Ablauf der Ausbildungszeit [§ 21 II
BBiG], frühestens mit dem Bestehen der Abschlussprüfung oder durch schriftliche Kündigung.
Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
1Der Betriebsrat ist die Vertretung der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber im Betrieb. Die Mitbestimmung über den Betriebsrat ist im Betriebsverfassungsgesetz [BetrVG] geregelt. Näheres hierzu siehe Band 2, Lernfeld 8.
2 Vgl. S. 25.
21
Lernfeld
2 Büroprozesse gestalten und Arbeitsvorgänge
organisieren
1 Arbeitsraum und Arbeitsplatz gestalten
LS 1
1.1 Rechtliche Rahmenbedingungen erkunden
Mit Ihrer Ausbildung zum Kaufmann/zur Kauffrau für Büromanagement betreten Sie ein
neues, spannendes Lebensumfeld – bestehend aus Arbeits- und Aufenthaltsräumen, Kantinen, Kaffeeküchen und Sanitärräumen. Hier findet soziales Leben und Arbeiten statt.
Dieser neuen Umgebung vertrauen Sie aber auch Ihr persönliches Wohlergehen, Ihre
Gesundheit an. Damit diese geschützt wird, gibt es eine Reihe von Arbeitsschutzgesetzen,
Verordnungen und Vorschriften.1
(1) Aushangpflichtige Arbeitsschutzbestimmungen
Einige dieser Gesetze sind so wichtig, dass sie aushangpflichtig sind. Sie finden sie daher an allgemein zugänglichen Stellen des Betriebs, z. B. am „Schwarzen Brett“. Damit können
sich alle Mitarbeiter jederzeit darüber informieren.
Zu den wichtigsten aushangpflichtigen Gesetzen gehören z. B.
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■■ Jugendarbeitsschutzgesetz [JArbSchG]
■ Arbeitsschutzgesetz [ArbSchG]
■■ Arbeitszeitgesetz [ArbZG]
■ Bildschirmarbeitsverordnung [BildscharbV]
■■ Arbeitsstättenverordnung [ArbStättV]
■ Mutterschutzgesetz [MuSchG]
Exemplarisch sollen zwei Verordnungen im Überblick dargestellt werden.2
(2) Arbeitsstättenverordnung [ArbStättV]
Die Arbeitsstättenverordnung ist wichtig für die Gestaltung des gesamten Arbeitsumfeldes – sowohl für den Arbeitsraum als auch für den Arbeitsplatz und alle damit zusammenhängenden Räumlichkeiten.
Die Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung, [ArbStättV]) legt
gesetzliche Regeln zum Schutz der Beschäftigten fest. Sie dient dazu, die Gesundheit
zu schützen und Arbeitsunfälle zu vermeiden.
(3) Bildschirmarbeitsverordnung [BildscharbV]
Ein Büroarbeitsplatz stellt an die Gesundheit der Mitarbeiter hohe Anforderungen, besonders bei der Bildschirmarbeit.
1 Einen Mindeststandard für die nationalen Arbeitsschutzgesetze geben eine europäische Rahmenrichtlinie (EG Rahmenrichtlinie
89/391/EWG) sowie dazugehörige Einzelrichtlinien vor. Diese europäischen Richtlinien wurden in nationales Recht umgesetzt.
2 Speziellere Vorschriften dieser Verordnungen finden Sie in den nachfolgenden Kapiteln.
1 ​Arbeitsraum und Arbeitsplatz gestalten
63
Die „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten“ spezifiziert die Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung und soll
sicherstellen, dass der an einem Bildschirmarbeitsplatz Arbeitende sowohl körperlich
als auch psychisch1 keinen Überlastungen ausgesetzt wird.
In der Verordnung werden Mindestanforderungen
festgelegt, und zwar an ■■ das Bildschirmgerät selbst,
■■ die Software,
■■ den Arbeitsplatz,
■■ die Arbeitsumgebung und
■■ die Arbeitsorganisation.
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Kompetenztraining
13
1.
1.1 Erkunden Sie Ihr Arbeitsumfeld und stellen Sie fest, an welchen Stellen in Ihrem Ausbildungsunternehmen gesetzliche Vorschriften zum Arbeitsschutz ausgehängt sind!
1.2 Notieren Sie, um welche Vorschriften es sich handelt!
1.3 Berichten Sie darüber in der Klasse!
2.
Recherchieren Sie im Internet den Gesetzestext der Arbeitsstättenverordnung!
Finden Sie heraus,
2.1 welcher Paragraf die hygienischen Voraussetzungen in der Arbeitsstätte regelt!
2.2 welche Regelungen es in dieser Verordnung für den Nichtraucherschutz gibt!
2.3 Geben Sie die recherchierten Inhalte mit eigenen Worten wieder!
3. Lesen Sie § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung im Internet nach und fassen Sie kurz zusammen, welche Gefährdungen ausgeschlossen werden sollen!
1.2 Arbeitsraum
1.2.1 Ergonomische und ökologische2 Anforderungen
Humane Arbeitsbedingungen sind eine Voraussetzung für effektives (wirkungsvolles)
Arbeiten, weil Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Menschen
nur unter gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen aufrechtzuerhalten sind. Bei der
Planung und Einrichtung eines Arbeitsraums sind daher die ergonomischen und ökologischen Bedürfnisse des Menschen in besonderem Maße zu berücksichtigen.
1 Psyche: griechisch ursprünglich Hauch, Atem. Heute: Gemüt, Geist, Gesamtheit unserer Gefühle und Gedanken.
2 Ökologie: Teilbereich der Biologie, betrachtet die Wechselbeziehungen zwischen Organismen und ihrer natürlichen Umwelt.
Lernfeld 2: Büroprozesse gestalten und Arbeitsvorgänge organisieren
64
WORD ClipArt
Unter dem Begriff Ergonomie (Wissenschaft vom Menschen in seiner Arbeitsumwelt) werden alle Überlegungen zusammengefasst, die die Anpassung der Arbeitsmittel, der Arbeitsumwelt und der Arbeit selbst an die
menschlichen Bedürfnisse zum Ziel haben. Das betrifft
z. B. die Bereiche Büroeinrichtung, Arbeitsmittel, Akustik, Beleuchtung und Klimatisierung
Mit der Ergonomie sind ökologische Zielsetzungen untrennbar verbunden, denn eine
gesunde Umwelt ist die Grundlage für einen gesunden Arbeitsplatz.
Zur Erhaltung eines gesunden Arbeitsplatzes können Sie beitragen. Nachfolgend einige
Tipps zu ökologisch verantwortungsbewusstem Handeln:
■■ Auf möglichst geringen Papierverbrauch achten. Für Konzeptausdrucke genügt unter Umstän-
■■
■■
■■
■■
■■
den der Druck auf der Vorder- und Rückseite. Des Weiteren lässt sich auch für Entwurfstexte
vor dem Drucken die Druckereigenschaft auf 300 dpi reduzieren. Damit verringert sich der
Tonerverbrauch.
Verwenden von Recycling-Papier. In der Regel genügt diese Papierqualität für die
interne Verwendung. Chlorgebleichtes Papier belastet bereits bei der Herstellung die
Umwelt.
Bei der Beschaffung von Einrichtungsgegenständen und Geräten umweltfreundliche Produkte bevorzugen (siehe Kap. 1.3.2.3).
Müll trennen.
Geräte und Beleuchtung erst bei Gebrauch einschalten. Auch der Standby-Modus benötigt
Strom. Bei längerer Arbeitsunterbrechung den PC herunterfahren.
Bildschirmschoner deaktivieren und stattdessen die Energieverwaltung aktivieren, d. h., der
Monitor schaltet sich nach einer bestimmten Zeit der Nichtverwendung aus.
Die Erfahrung zeigt für die Abfalltrennung im Büro:
Altpapier
Zu jedem Schreibtisch gehört ein blauer Papiersammel-Behälter für
Pappe, Papierverpackungen und alle grafischen Papiere, die nicht dem
Datenschutz unterliegen.
Restmüll
Ein kleiner schwarzer Restmüllsammler ausschließlich für nicht mehr
verwertbare Abfälle wie z. B. Klebeband, Kaugummi und Heftklammern.
Biomüll
Die Biomülltonne für organische Abfälle wie Teebeutel, Kaffeefilter,
Essensreste, Pflanzen sowie Küchen- und Papiertücher sollte in die
Tee-/Kaffeeküche oder an zentrale Sammelstellen auf den Fluren.
Kunststoff­
verpackungen
Der gelbe Sack für Verpackungen mit grünem Punkt gehört in die Tee-/
Kaffeeküche oder an zentrale Sammelstellen auf den Fluren, am besten
in Mehrkammer-Sammelsystemen.
Verpackungen mit dem grünen Punkt aus Kunststoffen sowie Verbundstoffen und Aluminium gehören immer in den gelben Sack.
Für Glas, Metall, CDs,
Toner­kartuschen
und Problemabfälle
(Leuchtstoffröhren
oder Batterien)
In Großbetrieben hat sich die Einrichtung einer zentralen Sammelund Reparaturstelle bewährt. Hier können eingesammelte Materialien
instandgesetzt oder neu befüllt werden.
Quelle: in Anlehnung an „Umweltschutz im Büro“, hrsg. v. d. Stadt Erlangen, o. J.
1 ​Arbeitsraum und Arbeitsplatz gestalten
65
Kompetenztraining
14
1. Erläutern Sie Beispiele, durch die eine körperliche Belastung an einem Büroarbeitsplatz
entstehen kann!
2. Schildern Sie eine Situation, in der es zu einer psychischen Belastung am Arbeitsplatz
kommen kann!
1.2.2 Raumklima
(1) Einflussfaktoren auf das Raumklima
Das Raumklima ist abhängig von
■■ Lufttemperatur,
■■ Luftbewegung,
■Luftfeuchtigkeit,
■Wärmestrahlung.
Diese Faktoren tragen dazu bei, ob sich Menschen an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Die
Vorstellungen von einem guten Raumklima sind aber unterschiedlich. Manche Kollegen
oder Kolleginnen sind z. B. kälteempfindlicher als andere.
(2) Raumtemperatur
Während der Arbeitszeit muss unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren, der körperlichen Beanspruchung der Beschäftigten und des spezifischen Nutzungszweckes
des Raumes eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur bestehen [Anhang zu
§ 3 I ArbStättV].
Die Art der Arbeit spielt somit eine große Rolle. Ein Mitarbeiter, der seine Arbeit im Sitzen
erledigen kann, hat einen anderen Anspruch an die Raumtemperatur als jemand, dessen
Arbeit mit viel körperlicher Bewegung und Anstrengung verbunden ist.
Bei der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln, wie z. B. Computern, Druckern,
Kopierern, ist darauf zu achten, dass diese Geräte eine geringe Wärmeabstrahlung aufweisen, energiesparend und emissionsfrei sind. Zudem ist für eine ausreichende Luftfeuchtigkeit zu sorgen [Ziffer 18 des Anhangs zur BildscharbV].
Die Raumtemperatur in einem Büroraum sollte mindestens 20 °C betragen, empfohlen
werden 22 °C. Bei höheren Temperaturen, wie es z. B. unter Sonneneinstrahlung vorkommen kann, sollen ab 26 °C zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, ab 30 °C sind diese
Maßnahmen Pflicht.
Welche Maßnahmen können bei sehr hohen Außentemperaturen ergriffen werden?
■■ Sonnenschutzvorrichtungen nutzen
■■ in Zeiten geringerer Sonneneinstrahlung verstärkt für Frischluftzufuhr
­sorgen
■■ Erfrischungsgetränke bereitstellen (Flüssigkeitsaufnahme ist für die
­Mitarbeiter wichtig)
■■ evtl. Arbeitszeiten verschieben
WORD ClipArt
■■ ggf. mobile Ventilatoren oder Kühlaggregate einsetzen (Energieaufwand und Nutzen abwägen)
Lernfeld 2: Büroprozesse gestalten und Arbeitsvorgänge organisieren
66
(3) Belüftung
Bei Räumen mit Fensterlüftung ist eine Stoßlüftung vorzunehmen (mehrmals täglich für
einige Minuten die Fenster öffnen).
Bei Räumen mit Klimaanlagen übernehmen diese die Funktion der Be- und Entlüftung, der
Kühlung, Erwärmung, der Be- und Entfeuchtung. Eine regelmäßige Wartung ist wichtig für
einen umweltgerechten und hygienischen Einsatz. Klimaanlagen sollten auch bei heißen
Temperaturen nicht zu niedrig eingestellt werden. Je geringer der Temperaturunterschied
zwischen Innen- und Außentemperatur, desto geringer ist die Gefahr von körperlichen
Beschwerden.
Quelle: BGI 650, hg. v. BG Druck und Papierverarbeitung
Pflanzen dienen zur Verbesserung der Luftqualität, sie müssen aber fachgerecht gepflegt
werden.
Kompetenztraining
15
1.
1.1 An einigen Hochsommertagen kommt es in manchen Büros zu sehr hohen Raumtemperaturen. Sie werden gebeten, sich über die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Internet zu informieren.
Aufgabe:
Nennen Sie zwei gesetzliche Verordnungen, in denen Sie darüber Informationen finden!
1.2 Erläutern Sie Ihren Kollegen die Inhalte dieser Bestimmungen mit eigenen Worten!
2.
Geben Sie die Höhe der Raumtemperatur an, die in einem Büroraum als geeignet angesehen wird!
3.
Schlagen Sie Maßnahmen vor, die Sie bei einer zu hohen Raumtemperatur ergreifen können!
4. Bestimmte Merkmale sind bei der Beschaffung technischer Arbeitsmittel (Computer, Drucker, Kopierer u. dgl.) zu beachten, um ein gesundes Raumklima zu erhalten. Erklären Sie
an zwei Beispielen die wichtigsten Kriterien!
Lernfeld
3 Aufträge bearbeiten
1 Sich einen Überblick über den Geschäftsprozess der
Auftragsbearbeitung verschaffen
1.1 Begriff und Merkmale von Geschäftsprozessen
Beim Konzept der Geschäftsprozesse ist das Unternehmen bestrebt, die anfallenden Aufgaben in zusammenhängende Folgen von Tätigkeiten (Geschäftsprozesse) einzubinden
(z. B. Auftragsabwicklung, Personaleinstellung, Mahnwesen, Zahlungsabwicklung), um
einen zuvor festgelegten Auftrag zu erfüllen.1
Geschäftsprozesse werden nur für solche betrieblichen Abläufe
beschrieben (modelliert), die sich in einer gewissen Regelmäßigkeit
wiederholen (z. B. Bewerbungsverfahren für neue Mitarbeiter, Lagerbestandsbuchführung, Kundenservice, Bearbeiten und Buchen von Eingangsrechnungen). Für einmalig durchzuführende Projekte (z. B. Erstellen einer neuen Lagerhalle, Gründung eines Unternehmens), wird kein
modellhafter Prozessablauf beschrieben.
Ein weiteres Kriterium von GeschäftsprozesMerkmale von Geschäftsprozessen
sen ist, dass durch den Einsatz von betrieblichen Leistungsfaktoren (z. B. Mitarbeiter,
■■ Zusammenhängende Folge von TätigFunktionen der Software) der Outputfaktor
keiten
einen höheren Wert aufweist als der Input■■ Betrieblicher Ablauf wiederholt sich in
faktor, d. h. eine Wertschöpfung2 (ein Wert­
gewisser Regelmäßigkeit
zuwachs) entstanden ist. Die Wertschöp■■ Wertzuwachs beim Output gegenüber
dem Input
fung verursacht Kosten (z. B. Verbrauch von
■■ Geschäftsprozess bringt dem Kunden
Material, Arbeitsstunden, Betriebsmittel).
einen Nutzen
Die aufgewendeten Kosten sind jedoch nur
dann sinnvoll eingesetzt, wenn der erstellte
Wert dem Kunden einen Nutzen bringt, d. h. er bereit ist, hierfür einen Preis zu zahlen.
Der Kunde ist somit der entscheidende Bezugspunkt für Geschäftsprozesse: Er löst den
Geschäftsprozess aus, er bestimmt Art und Umfang des Wertschöpfungsprozesses und
er beendet ihn, indem er seinen Kundenwunsch als erfüllt betrachtet.
■■ Geschäftsprozesse bestehen aus einer zusammenhängenden, abgeschlossenen
Folge von Tätigkeiten, die zur Erfüllung einer betrieblichen Aufgabe notwendig
sind und den Kunden einen Nutzen liefern.
■■ Geschäftsprozesse werden nur für sich wiederholende betriebliche Abläufe
beschrieben (modelliert).
1 Siehe hierzu auch die Ausführungen auf S. 48.
2Die Wertschöpfung entsteht dadurch, dass bezogene Mittel durch die Leistung des Unternehmens in andere Erzeugnisse (Dienst­
leistungen) mit einem höheren Wert umgewandelt werden. Die Wertschöpfung zeigt somit die Differenz zwischen dem Wert der
erstellten Leistung und den eingesetzten Vorleistungen auf.
1 Sich einen Überblick über den Geschäftsprozess der Auftragsbearbeitung verschaffen
1.2 Geschäftsprozess der Auftragsbearbeitung1
Der Geschäftsprozess Auftragsbearbeitung ist Teil des Absatzprozesses. Er umfasst folgende Teilprozesse:
Teilprozesse der Auftrags­
bearbeitung
Betriebswirtschaftliche Inhalte
von Lernfeld 3
■■ Rechts- und Geschäftsfähigkeit
Rechtsgrundlagen
■■ Zustandekommen und Arten von Rechts-
geschäften
■■ Besitz und Eigentum
Kundenanfrage
­bearbeiten
■■ Begriff, Inhalt und Form der Anfrage
■■ Prüfung der Anfrage
■■ Begriff Angebot und die Bindung an ein
Angebot
Angebot abgeben
Falls Lagervorrat
nicht ausreicht
Kundenauftrag prüfen
Auftragsbestätigung
abgeben
Beschaffungsprozess
­durchführen
(Lernfeld 4)
Kaufvertrag ­
abschließen
■■ Inhalte des Angebots festlegen
■■ Angaben zum Produkt
■■ Lieferungsbedingungen
■■ Zahlungsbedingungen
■■ Leistungsort und Gerichtsstand
■■ Abgleich mit Angebot
■■ Prüfung auf Verfügbarkeit
■■ Begriff Auftragsbestätigung
■■ Erstellen der Auftragsbestätigung
■■ Begriff Kaufvertrag
■■ Möglichkeiten des Vertragsabschlusses
■■ Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag
(Verpflichtungsgeschäft)
■■ Erfüllung des Kaufvertrags
■■ AGBs
Ware versenden
Rechnung erstellen
Zahlungseingang
­kontrollieren
■■ Versand der Ware
■■ Funktion der Verpackung
■■ Versandpapiere
■■ Aufbau und Inhalt einer Rechnung
■■ Überwachung des Zahlungseingangs
1 Handelt es sich um einen Industriebetrieb, muss die Kette der Teilprozesse um die „Leistungserstellung“ erweitert werden.
209
Lernfeld 3: Aufträge bearbeiten
210
2 Rechtliche Rahmenbedingungen erkunden
Hinweis:
Ziel der folgenden Kapitel ist es, Sie zu befähigen, einen Kundenauftrag rechtssicher bearbeiten zu können. Rechtssicherheit soll so verstanden werden, dass Sie sich über die Rechtsfolgen
eines bestimmten Verhaltens (innerhalb der Auftragsbearbeitung) bewusst sind. Daher ist es von
Bedeutung, eine klare Vorstellung zu haben von den fundamentalen Rechtsbegriffen in diesem
Handlungsumfeld.
2.1 Rechts- und Geschäftsfähigkeit
2.1.1 Rechtsfähigkeit
(1) Begriff Rechtsfähigkeit
Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit von Personen, Träger von Rechten und Pflichten sein
zu können.
Rechtsfähig sind natürliche Personen (Menschen) und juristische Personen. Man nennt die
Personen auch Rechtssubjekte.1
(2) Natürliche Personen
Natürliche Personen sind alle Menschen. Der Gesetzgeber verleiht ihnen Rechtsfähigkeit.
Beispiel:
Das Recht des Erben, ein Erbe antreten zu
dürfen. – Das Recht des Käufers, Eigentum
zu erwerben. – Die Pflicht, Steuern zahlen zu
müssen. (Das Baby, das ein Grundstück erbt,
ist Steuerschuldner, z. B. in Bezug auf die
Grundsteuer.)
Die Rechtsfähigkeit des Menschen (der natürlichen Personen) beginnt mit der Vollendung der Geburt [§ 1 BGB] und endet mit dem Tod. Jeder Mensch ist rechtsfähig.
(3) Juristische Personen2
Juristische Personen sind „künstliche“ Personen, denen der Staat die Eigenschaft von Personen kraft Gesetzes verliehen hat. Sie sind
damit rechtsfähig, d.h. Träger von Rechten und
Pflichten.
Beispiele:
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
(GmbH); Aktiengesellschaft (AG); eingetragene Vereine; Industrie- und Handelskammern; öffentliche Rundfunkanstalten; Stiftungen.
1 Die „Gegenstände“ des Rechtsverkehrs (z. B. Abschluss und Erfüllung von Verträgen) bezeichnet man als Rechtsobjekte. Hierzu
gehören die Sachen als körperliche Gegenstände [§ 90 BGB] und die Rechte (z. B. Miet- und Pachtrechte, Patent- und Lizenzrechte).
2 Juristisch: rechtlich.
210
2 Rechtliche Rahmenbedingungen erkunden
2.1.2 Geschäftsfähigkeit
(1) Begriff Geschäftsfähigkeit
Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit von Personen, Willenserklärungen rechtswirksam
abgeben, entgegennehmen (empfangen) und widerrufen zu können.
(2) Gesetzliche Regelungen zur Geschäftsfähigkeit
■■ Geschäftsunfähigkeit
Kinder vor Vollendung des siebten Lebensjahres sind
geschäftsunfähig [§ 104, Nr. 1 BGB]. Den Kindern sind
Menschen, die sich in einem dauernden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden, gleichgestellt [§ 104, Nr. 2 BGB].
Rechtsfolge:
Geschäftsunfähige können keine rechtswirksamen Willenserklärungen abgeben. Verträge mit Kindern und Geschäftsunfähigen sind immer nichtig, d. h. von vornherein
ungültig.
Da Geschäftsunfähige keine Rechtsgeschäfte abschließen können, brauchen sie einen
Vertreter, der für sie handeln kann. Bei Kindern sind dies in der Regel kraft Gesetzes die
Eltern. Man bezeichnet die Eltern daher auch als „gesetzliche Vertreter“.
■■
Beschränkte Geschäftsfähigkeit
Minderjährige, die zwar das siebte Lebensjahr, aber noch nicht das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind beschränkt geschäfts­
fähig [§ 106 BGB].
Rechtsgeschäfte mit einem beschränkt Geschäftsfähigen bedürfen
der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
■■ Diese Zustimmung kann im Voraus erteilt werden. Sie heißt dann Ein­
willigung [§§ 107; 183, S. 1 BGB].
■■ Sie kann aber auch nachträglich gegeben werden. Die nachträglich er-
folgte Zustimmung heißt Genehmigung [§§ 108, 184 I BGB].
Rechtsfolge:
Solange die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters fehlt, ist ein durch den
beschränkt Geschäftsfähigen abgeschlossenes Rechtsgeschäft schwebend unwirk­
sam. Dies bedeutet, dass z. B. ein Vertrag (noch) nicht gültig, wohl aber genehmigungsfähig ist. Wird die Genehmigung verweigert, ist der Vertrag von Anfang an
ungültig. Wird sie erteilt, ist der Vertrag von Anfang an wirksam [§§ 108 I, 184 I BGB].
211
Lernfeld 3: Aufträge bearbeiten
212
Keiner Zustimmung bedürfen folgende Rechtsgeschäfte:
■■ Verträge, die dem beschränkt Geschäftsfähigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen
[§ 107 BGB].
■■ Verträge, bei denen die vertragsgemäßen Leistungen (z. B. die Kaufpreiszahlung) mit Mitteln
erfüllt werden, die der beschränkt geschäftsfähigen Person vom gesetzlichen Vertreter zur
freien Verfügung oder zur Erfüllung des Vertrags oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters von einem Dritten (z. B. den Großeltern, Patenonkel) überlassen wurden (Taschengeld­
paragraf) [§ 110 BGB].
■■ Rechtsgeschäfte, welche die Eingehung, Erfüllung oder Aufhebung eines Dienst- oder Ar­
beitsverhältnisses betreffen, wenn der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen diesen zur
Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ermächtigt hat [§ 113 I, S. 1 BGB].
■■ Rechtsgeschäfte, die der Betrieb eines selbstständigen Erwerbsgeschäfts (z. B. Handelsge-
schäfts) mit sich bringt, wenn der gesetzliche Vertreter den beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen mit der erforderlichen Genehmigung des Familiengerichts zum selbstständigen
Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt hat [§ 112 I, S. 1 BGB].
■■ Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit
Personen, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind unbeschränkt geschäfts­
fähig [§ 2 BGB]. Ausnahmen bestehen nur für Menschen, die sich in einem dauernden
Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befinden.
Rechtsfolge:
Die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit bedeutet, dass von dem Erklärenden (der
natürlichen Person) jedes Rechtsgeschäft, soweit dies gesetzlich erlaubt ist, rechtsgültig abgeschlossen werden kann. Eine Zustimmung gesetzlicher Vertreter und/oder
die Genehmigung eines Familiengerichts ist nicht (mehr) erforderlich.
Kompetenztraining
54
  1. Unterscheiden Sie die Begriffe Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit!
  2. Erklären Sie, welche Rechtsgeschäfte eine beschränkt geschäftsfähige Person ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters abschließen darf! Bilden Sie hierzu jeweils ein Beispiel!
  3. Begründen Sie, warum das BGB bei den Stufen der Geschäftsfähigkeit feste Altersgrenzen
zugrunde legt! Nennen Sie die Altersgrenzen!
 4. Erklären Sie, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn geschäftsunfähige, beschränkt geschäftsfähige oder voll geschäftsfähige Personen Willenserklärungen abgeben!
  5. Der 17-jährige Auszubildende Finn wohnt und arbeitet mit Zustimmung seiner Eltern in
Stuttgart, während seine Eltern in Mannheim zu Hause sind.
Aufgaben:
5.1 Am Monatsende ist die Miete zu zahlen. Begründen Sie, ob Finn aus rechtlicher Sicht
mit seiner Ausbildungsvergütung die Miete bezahlen darf!
5.2 Finn möchte sich von seiner Vergütung eine Stereoanlage kaufen. Erläutern Sie die
Rechtslage!
5.3 Erklären Sie, ob Finn, falls er 750,00 EUR geschenkt bekommt, eine Stereoanlage kaufen kann!
5.4 Begründen Sie, wie im Fall 5.1 zu entscheiden ist, wenn Finn von zu Hause fortgelaufen ist und seit mehreren Monaten ohne Wissen der Eltern unter falschem Namen in
Tübingen arbeitet!
Lernfeld
4 275
Sachgüter und Dienstleistungen beschaffen
und Verträge schließen
1 Sich einen Überblick über den Beschaffungsprozess verschaffen
LS 1
1.1 Wirtschaftliche Bedeutung der Beschaffung Die Beschaffung umfasst die Bereitstellung von Materialien, Dienstleistungen,
Betriebsmitteln, Rechten sowie Informationen über den Beschaffungsmarkt für den
Leistungsprozess eines Unternehmens.
„Das Geld wird im Einkauf verdient.“ Dies ist ein gängiger Spruch von Kaufleuten. Es lässt
sich durch das nachfolgende Beispiel leicht nachweisen, dass günstigere Bedingungen im
Einkauf zur Verbesserung des Gewinns führen, ohne dass die Verkaufspreise erhöht oder
durch teure Marketingmaßnahmen die Anzahl der Kunden erweitert werden muss.
Beispiel:
Vorher (in EUR)
Nachher (in EUR)
110,00
 50,00
 50,00
 10,00
110,00
 48,00
 50,00
 12,00
10,00 · 100
= ​ ____________
  
 ​ = 10  
%
100,00
12,00 · 100
= ​ ____________
  
 ​ = 12,25  
%
98,00
Umsatzerlöse
–Bezugspreis
– Kosten im eigenen Unternehmen
=Gewinn
Gewinnzuschlag in %
Erläuterungen:
Die Minderung des Bezugspreises um 2,00 EUR entspricht einer Preissenkung von 4 %. Eine solche
Preissenkung führt zu einer Erhöhung des Gewinnzuschlagssatzes von 10 % auf 12,25 %. Der Gewinn
kann durch die gesunkenen Kosten um 2,00 EUR oder 22,5 % gesteigert werden.1
1.2 Abfolge des Beschaffungsprozesses
Löst man den Beschaffungsprozess auf in seine Teilprozesse, dann ergibt sich die nachfolgende Darstellung. Sie gibt einen Überblick über die logische Abfolge der Teilprozesse
und knüpft eine Verbindung zu den betriebswirtschaftlichen Inhalten des Lernfeldes 4.
1 Nachher: Gewinn bei 100,00 EUR Kosten
Vorher:
Gewinn bei 100,00 EUR Kosten
Gewinnerhöhung
Alter Gewinn
Gewinnerhöhung
10,00 EUR ≙
  2,25 EUR ≙
100 %
x %
12,25 EUR
10,00 EUR
2,25 EUR
2,25 · 100
x = __________
​ 
 
 
 
​ = 22,5 %
10
Lernfeld 4: Sachgüter und Dienstleistungen beschaffen und Verträge schließen
276
Teilprozesse der Beschaffung
Beschaffungsplanung
kennen und anwenden
Bezugsquellen
ermitteln
Lieferantenauswahl
treffen
Beschaffungsprozesse
abwickeln
Vorgehen bei
­Vertragsstörungen
planen
Zahlungsabwicklung
überwachen
Betriebswirtschaftliche Inhalte von Lernfeld 4
■■
■■
■■
■■
■■
■■
■■
■■
■■
Sich über Aufgaben der Beschaffungsplanung informieren
Programm planen
Bestände verwalten
Bedarf an Beschaffungsobjekten ermitteln
Sich für Eigenfertigung oder Fremdbeschaffung entscheiden
Produktwert berücksichtigen: ABC-Analyse
Just-in-time-Konzeption beurteilen
Optimale Bestellmenge bestimmen (Mengenplanung)
Zeitpunkt der Bestellung bestimmen (Zeitplanung)
■■ Begriff Beschaffungsmarktforschung
■■ Informationen über Lieferer beschaffen
■■ Informationsquellen nutzen
■■ Informationswege recherchieren
■■ Anfrage an Lieferanten erstellen
■■ Angebote vergleichen und bewerten
■■ Einfaktorenvergleich mit Bezugskalkulation
■■ Nutzwertanalyse (Mehrfaktorenvergleich)
■■ Nachhaltiges Wirtschaften bei der Beschaffung beachten
■■
■■
■■
■■
■■
■■
Bestellung abgeben
Abschluss von Verträgen durchführen
Nichtigkeit und Anfechtung von Verträgen prüfen
Warenabnahme und -prüfung durchführen
Sachgerechte Einlagerung vornehmen
Soziale und ökologische Mitverantwortung im Zusammenhang mit der Lagerhaltung bewusst machen
■■ Vorgehen bei Vertragsstörungen planen
■■ Mangelhafte Lieferung (Schlechtleistung)
■■ Lieferungsverzug (Nicht-Rechtzeitig-Lieferung)
■■ Rechnung prüfen
■■ Rechnungsausgleich veranlassen
2 Beschaffungsplanung kennen und anwenden
Die Beschaffungsplanung legt für einen bestimmten
­Zeitraum fest,
■■ welche Güter
■■ in welcher Menge
■■ zu welcher Zeit
■■ bei welchem Lieferer
beschafft werden.
2 ​Beschaffungsplanung kennen und anwenden
277
2.1 Sich über Aufgaben der Beschaffungsplanung und
Verwaltung von Beständen informieren
2.1.1 Aufgaben der Beschaffungsplanung
Die Beschaffungsplanung hat in erster Linie folgende Fragen zu klären:
■■ Welche Güter (Beschaffungsobjekte) sollen gekauft werden?
■■ Für welche Güter lohnt sich ein intensiver Planungsaufwand?
■■ Welche Menge wird benötigt?
■■ Zu welchem Zeitpunkt werden die Güter benötigt?
2.1.2 Programm planen
(1) Begriffe Produkt- bzw. Sortimentsprogramm
Zu den bedeutsamen Festlegungen eines Industriebetriebs gehört die Entscheidung über
die Zusammensetzung des Produktprogramms. Gleiches gilt für den Handelsbetrieb, allerdings spricht man hier von Sortimentsprogramm.
Im Produkt- bzw. Sortimentsprogramm sind Art und Menge der Produkte bzw. Waren
festgelegt, die ein Industrie- bzw. Handelsunternehmen anbietet.
Dabei gilt eine einfache Regel: „Beschafft werden nur die Güter, die anschließend auch
verkauft werden können“. Mit anderen Worten: Die Auswahl der Beschaffungsobjekte
muss von seinem Ende – dem Absatzmarkt – her gedacht werden.
(2) Arten des Produkt- bzw. Sortimentsprogramms
Betrachtet man das Produkt- bzw. Sortimentsprogramm unter den Gesichtspunkten Breite
und Tiefe, dann kann einerseits zwischen einem breiten und einem schmalen Produktbzw. Sortimentsprogramm und andererseits zwischen einem tiefen und einem flachen
Produkt- bzw. Sortimentsprogramm unterschieden werden.
■■ Gliederung eines Programms unter dem Gesichtspunkt der Breite am Beispiel
Produktprogramm
Art des
Produktprogramms
Erläuterungen
Beispiele
Breites
Produktprogramm
Es werden viele Produktarten
in mehreren Varianten hergestellt.
Eine Möbelfabrik stellt Küchen-, Arbeits-, Wohn- und
Schlafzimmermöbel her. Innerhalb der Küchenmöbel gibt es eine klassische und eine Landhausreihe.
Die Fronten gibt es in verschiedenen Kunststoffdekors, in verschiedenen Holzarten sowie in vielen
Farben. Entsprechend gibt es auch Varianten der
Arbeits-, Wohn- und Schlafzimmermöbel.
Schmales
Produktprogramm
Es wird nur ein Produkt oder
nur wenige Produktarten
hergestellt. Die Verringerung
der Produktbreite bezeichnet
man auch als Spezialisierung.
Eine Möbelfabrik spezialisiert sich auf die Herstellung von Einbauküchen.
Lernfeld 4: Sachgüter und Dienstleistungen beschaffen und Verträge schließen
278
■■ Gliederung eines Programms unter dem Gesichtspunkt der Tiefe am Beispiel
Sortimentsprogramm
Tiefes Sortiment. Es kennzeichnet die
Anzahl der Artikel, die der Handelsbetrieb innerhalb einer Warengruppe
anbietet. Die Artikel unterscheiden sich
dabei hinsichtlich ihrer Qualität, Preislage und Ausführungen. Ein Sortiment ist
umso tiefer, je mehr gleich­artige Artikel
geführt werden. Aus Kundensicht verfügt solch ein Handelsbetrieb über eine
„große Auswahl.“
Beispiel:
Ein Jeansladen führt alle großen Marken,
alle Größen, viele Farben, Vielzahl von
Preislagen . . .
Flaches Sortiment. Es bietet nur wenige
Artikel innerhalb einer Warengruppe an.
Beispiel:
Artikel
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 i1 j1 k1
a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2
k2
3
3
3
c d
h
12 13 14 15 16
l1 m1 n1 o1 p1
l2 m2 n2
p2
3
l
p3

Sortimentsbreite
breites Sortiment
1 2 3
a1 b1 c1
a2 b2 c2
a3 b3 c3
b4
b5
Artikel
4 5
d1 e1
d2 e2
d3 e3
d4 e4
6
f1
f2
f3
f4
7 8
g1 h1
g2 h2
g3 h3
g4
f5 g5
f6 g6

Sortimentstiefe
Eine Boutique führt nur top-modische
Kleider, T-Shirts und Hosen; häufig nur
Einzelteile von bekannten Modeschöpfern; weniger Farben; nur hochpreisige
Ware.
tiefes Sortiment
2.1.3 Bestände verwalten
Eine Verwaltung und Darstellung der Güterbestände in Papierform ist heute auch bei kleineren Betrieben nicht mehr üblich. Die vielfältigen Möglichkeiten, die mit einer elektronischen Verwaltung und Darstellung unter Führung eines entsprechenden Programms
(IUS – Integrierte Unternehmenssoftware) geboten werden, bringen so viele wirtschaft­
liche Vorteile, dass ein Unternehmen darauf nicht verzichten kann.
2 ​Beschaffungsplanung kennen und anwenden
Vorteile einer elektronischen Verwaltung der Güterbestände
aus Sicht der
Datenhaltung
■■ Die Grunddaten des Unternehmens werden in einer unternehmensweiten
Datenbank verwaltet.
■■ Daten, die an unterschiedlichen Stellen im Betrieb benötigt werden (z. B.
Artikeldaten), werden nur einmal gespeichert. Änderungen werden sofort
und für alle Nutzer wirksam. Der Datenbestand ist stimmig.
■■ Der Verantwortliche für die Lagerbestandsführung ist daher nicht gezwun-
gen, Unsicherheiten bei den künftigen Bedarfen dadurch auszugleichen,
dass er „zur Sicherheit“ höhere Lagerbestände führt.
aus Sicht des
Benutzers
■■ Der Mitarbeiter hat Zugriff auf die Daten des Unternehmens, die er zur
Bewältigung seiner Aufgabe benötigt.
■■ Die Daten werden ihm in informativer Form am Bildschirm dargeboten.
Beispiele:
■■ Die Verwendung von Rahmen und Farbe lenkt die Aufmerksamkeit
des Benutzers rasch auf jene Informationen, die gerade bedeutsam
sind (rot: ein vorgegebener Grenzwert wurde unter- bzw. überschritten; z. B. der aktuelle Lagerbestand ist unterhalb des Sicherheitsbestandes).
■■ Diagramme unterstützen das Verständnis für komplexe Entscheidungen, z. B. Bestimmung der optimalen Bestellmenge, siehe Kapitel 2.6, S. 294 ff.
■■ Such- und Hilfefunktionen unterstützen den Benutzer bei der raschen und
fehlerfreien Erledigung seiner Aufgabe.
■■ Anforderungen der Datensicherheit und des Datenschutzes werden unter-
stützt (z. B. Vergabe von Zugriffsrechten).
■■ Der Bildschirm wird nicht mit Informationen überfrachtet.
Beispiel:
Wählt der Mitarbeiter den Programmbaustein „Artikelverwaltung“,
dann erhält er zunächst nur die Grunddaten, wie z. B. Artikelnummer,
Bezeichnung, Mengeneinheit, Lagerbestand, bestellte Menge. Spezielle Daten, z. B. über Meldebestand, Sicherheitsbestand, optimale
Bestellmenge usw., kann er über Registerkarten bei Bedarf anwählen.
■■ Ein einheitlicher Bildschirmaufbau (z. B. Verwendung einheitlicher Farben
und Schriften; Suchfunktion, Hilfefunktion) erleichtert die Orientierung, verkürzt die Einarbeitungszeit, beschleunigt die Bearbeitung der Aufgaben und
verringert das Risiko von Falscheingaben.
279
Lernfeld
5 391
Kunden akquirieren und binden
1 Einen Überblick gewinnen über den Geschäftsprozess
„Kunden akquirieren und binden“
Der Geschäftsprozess Kunden akquirieren1 und binden ist Teil des Absatzprozesses. Er
umfasst folgende Teilprozesse:
Teilprozesse der Kunden­akquise
und -bindung
Betriebswirtschaftliche Inhalte des Lernfeldes 5
■■ Marketing: Der Kunde im Mittelpunkt der betrieblichen
Aktivitäten
Marktsituation analysieren
und beurteilen
Absatzpolitische Ziele
ableiten und Wettbewerbsstrategien wählen
Marketing-Mix aus
Kommunikations- und
Preispolitik planen
Marketing-Mix aus
Kommunikations- und
Preispolitik durchführen
Marketing-Mix aus
Kommunikations- und
Preispolitik evaluieren
1 Akquirieren: erwerben, anschaffen.
■■ Marktsituation analysieren
■■ Begriff, Gebiete und Träger der Marktforschung
■■ Methoden der Marktforschung
■■ Kunden und Konkurrenten strukturieren
■■ Konjunkturelle Phasen erkennen
■■ Marktsituation beurteilen
■■ Alleinstellungsmerkmale der eigenen Produkte
■■ Festlegung der absatzpolitischen Ziele
■■ Wahl der passenden Wettbewerbsstrategie
■■
■■
■■
■■
Identifikation der Zielgruppe
Kommunikationspolitische Entscheidungen
Preispolitische Entscheidungen
Entwicklung eines abgestimmten Marketing-Mix
■■ Werbebrief gestalten und formulieren
■■ Aktuelle Kommunikationswege
■■ Wirtschaftliche, rechtliche und ethische Grenzen der
Werbung
■■
■■
■■
■■
■■
Marketing-Mix präsentieren
Präsentation beurteilen
Werbeerfolgskontrolle durchführen
Ergebnisse reflektieren
Bedeutung des Marketings für Unternehmenserfolg
392
Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden
2 Marktsituation analysieren und beurteilen
2.1 Marketing: Den Kunden im Mittelpunkt der betrieblichen Aktivitäten
wahrnehmen
Grundaufgabe eines jeden Unternehmens ist es, den Absatz seiner Ideen, Waren und
Dienstleistungen so zu organisieren, dass es auf dem gewählten Markt erfolgreich ist.
(1) Entwicklung zur Marketingkonzeption
Durch die zunehmende Sättigung der Bedürfnisse, den technischen Fortschritt und die
Liberalisierung der Märkte kommt es derzeit zu einem Überhang des Leistungsangebots.
Dies führt dazu, dass weniger die Produktion und ihre Gestaltung, sondern der Absatz der
erzeugten Produkte zur Hauptaufgabe der Unternehmen wird.
Diese Veränderungen bleiben nicht ohne nachhaltige Auswirkungen auf die Durchführung
des Absatzes. Während früher vorrangig die Verteilung der Erzeugnisse das Problem war,
kommt es nun darauf an, den Absatzmarkt systematisch zu erschließen. Dies erfordert
für das Erreichen der Unternehmensziele zunehmend die Ausrichtung aller Unternehmensfunktionen auf die tatsächlichen und die zu erwartenden Kundenbedürfnisse. Für
diese Führungskonzeption wird das aus dem Amerikanischen übernommene Wort Marketing verwendet.
(2) Begriff Marketing
Die Marketingkonzeption besagt, dass der
Schlüssel zur Erreichung des gesetzten Unternehmensziels darin liegt, die Bedürfnisse und
Wünsche des Kunden zu ermitteln und diese
dann wirksamer und wirtschaftlicher zufriedenzustellen als die Mitbewerber. Oberstes
Ziel des Marketings ist die Kundenzufriedenheit.
Schlagworte zum Marketing
■■ Erfülle Kundenbedürfnisse auf profita-
ble Art!
■■ Entdecke Kundenwünsche und erfülle
sie!
■■ Wir richten es, wie Sie es wollen!
■■ Bei uns sind Sie der Boss!
Ein zufriedener Kunde
■■ kauft mehr und bleibt länger „treu“,
■■ kauft bevorzugt vom gleichen Unternehmen, wenn dieses neue oder verbesserte Produkte
bringt,
■■ denkt und spricht gut über das Unternehmen und seine Produkte,
■■ beachtet Marken, Werbe- und Preisangebote der Mitbewerber weniger stark,
■■ bietet dem Unternehmen gern neue Ideen zu Produkt und Service an.
■■ Marketing ist eine Konzeption, bei der alle Aktivitäten eines Unternehmens konse-
quent auf die Erfüllung der Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind.
■■ Ziel der Marketingkonzeption ist die Kundenzufriedenheit.
393
2 Marktsituation analysieren und beurteilen
(3) Einbindung der Kundenorientierung in die Unternehmenskultur
Durch die Marketingkonzeption rückt der Kunde in den Mittelpunkt der betrieblichen Aktivitäten. Es geht dabei um mehr als
um die Verwaltung der Kundendaten – es geht um die Wertschätzung des Kunden als Partner, um die Übererfüllung seiner
Erwartungen und einen guten Service. Dies gelingt nur, wenn
das Unternehmen zuvor detaillierte Kenntnisse über die Kunden und den Markt gewonnen hat. Verfügt das Unternehmen
über die erforderlichen Informationen, dann kann es mit allen
Mitteln und Möglichkeiten dafür sorgen, dass der Kunde mit
unserer Leistung seinerseits gute Geschäfte macht.
König
Kunde
Diese Denkweise wird z. B. sichtbar in der Unternehmenskultur der Firma Henkel:1
Beispiel:
Wir stellen unsere Kunden in den Mittelpunkt
unseres Handelns.
Wir denken voraus und gehen auf die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden ein,
indem wir höchsten Kundennutzen, ausgezeichnete Qualität sowie innovative Marken
und Technologien bieten.
Wir schätzen unsere Kunden und stellen sie
in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Nur so können wir ihnen Mehrwert bieten. Da nicht alle
Henkel-Mitarbeiter im direkten Kontakt mit
den Kunden stehen, ist es umso wichtiger
für uns alle zu wissen, was dieser Wert für
Henkel bedeutet. Denn er ist maßgeblich für
unseren Erfolg. Um die besten Produkte, die
höchste Qualität und hervorragenden Service
zu gewährleisten, müssen wir Kunden und
Konsumenten besser verstehen, als es unsere
Wettbewerber tun. Wenn uns das gelingt, werden wir in all unseren Märkten weiter erfolgreich wachsen.
Mehrwert für die Kunden schaffen
Der Wert „Kunde“ ist maßgeblich für unseren
Erfolg. Unsere Kunden und Verbraucher stehen im Fokus aller unserer Aktivitäten. Dies gilt
nicht nur für die Mitarbeiter, die im Marketing,
Kundenservice oder Vertrieb im direkten Kontakt mit den Kunden stehen, sondern es gilt für
jeden Mitarbeiter. Denn auch in der Forschung,
der Personalabteilung oder Buchhaltung werden Entscheidungen getroffen, die sich auf
unsere Kundenbeziehungen auswirken.
Bei allem, was wir tun, erinnert uns der
Kunden-Wert daran, dass unsere Kunden in
der Industrie, im Handel und im Handwerk
nicht nur unsere Produkte, Technologien und
Dienstleistungen kaufen, sondern darüber hinaus auch unsere Partner sind. Gemeinsam mit
ihnen entwickeln wir Lösungen, die direkt auf
sie zugeschnitten sind. Diese erhöhen auch die
Qualität und Nachhaltigkeit der Produkte, die
unsere Kunden wiederum anbieten.
Wir schaffen für unsere Kunden und Verbraucher Mehrwert durch Innovationen und legen
damit gleichzeitig den Grundstein für weiteres
Wachstum in all unseren Märkten.
■■ Wird der Kunde als Partner des Unternehmens gesehen, lässt sich das Problem des
Kunden besser ermitteln und lösen.
■■ Gelingt es, dieses über den spezifischen Nutzen der eigenen Produkte besser zu
lösen als die Wettbewerber, stellt sich für das Unternehmen der Erfolg ein.
1 http://www.henkel.de/ueber-henkel/vision-und-werte-10015.htm [29.03.2014]
394
Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden
2.2 Eigene Marktsituation anhand der Marktforschungs- und Kundendaten
analysieren
LS 1, 2, 3
2.2.1 Begriff Marktforschung und die Träger der Marktforschung
(1) Begriff Marktforschung
Unternehmen, die ohne grundlegende Kenntnisse der Märkte und ohne sinnvolle Abstimmung der Marketinginstrumente Produkte auf
den Markt bringen, laufen Gefahr, auf ihren Produkten ganz oder teilweise „sitzen zu bleiben“.
Werden hingegen vor dem Verkauf der Produkte
Marktinformationen (z. B. über Kundenwünsche,
Kaufkraft der Kunden, Verhalten der Konkurrenten, die Lage auf den Beschaffungsmärkten und
allgemeine Marktdaten) beschafft, sind die Aussichten wesentlich besser, die Absatzpläne zu
verwirklichen.
■■ Marktforschung ist die systematische Erforschung, Beschaffung und Aufbereitung
von Marktinformationen.
■■ Marktforschung geschieht durch Marktanalyse und Marktbeobachtung.
■■ Marktanalyse
Die Marktanalyse untersucht die Marktgegebenheiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
Eine Marktanalyse wird z. B. vorgenommen, wenn neue Produkte oder weiterentwickelte
Produkte auf den Markt gebracht werden sollen. Untersuchungsgegenstände sind z. B.:
■■ Anzahl der Personen, Unternehmen und Verwaltungen, die als Käufer infrage kommen,
■■ Einkommens- und Vermögensverhältnisse der mutmaßlichen Käufer,
■■ persönliche Meinung der (möglichen) Käufer zum angebotenen Produkt,
■■ Beschaffung von Daten über die Konkurrenzunternehmen, die den zu untersuchenden Markt
bereits beliefern (z. B. deren Preise, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, Qualitäten der
angebotenen Erzeugnisse, Werbung).
■■ Marktbeobachtung
■■ Die Marktbeobachtung hat die Aufgabe, Veränderungen auf den Märkten laufend
zu erfassen und auszuwerten.
■■ Beobachtet werden zum einem die vorhandenen bzw. neu zu gewinnenden Kun-
den, und zum anderen das Verhalten der Konkurrenzunternehmen.
395
2 Marktsituation analysieren und beurteilen
Die Fragestellungen lauten z. B.:
■■ Wie entwickelt sich die Zahl der Nachfrager, wie die mengen- und wertmäßige Nachfrage
nach einem bestimmten Produkt?
■■ Wie entwickeln sich die Einkommen, wie die Vermögensverhältnisse der Abnehmer?
■■ Wie verändert sich die Einstellung der Käufer zum angebotenen Produkt?
■■ Wie reagieren die Konkurrenzunternehmen auf absatzpolitische Maßnahmen (z. B. Preisände-
rungen, Werbemaßnahmen)?
Ziel der Marktbeobachtung ist die Ermittlung von Tendenzen, Veränderungen sowie
Trends innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
(2) Träger der Marktforschung
Die Träger der Marktforschung sind die Großbetriebe mit ihren wissenschaftlichen Stäben, wissenschaftliche Institute und vor allem Marktforschungsinstitute.
Marktforschungsinstitute sind gewerbliche Einrichtungen und Unternehmen, die sich im Auftrag
von Industrie und Handel der Meinungsforschung
und der Marktforschung widmen.
Beispiele:
EMNID-Institut GmbH & Co. KG,
Bielefeld; Institut für Demoskopie
Allensbach GmbH, Allensbach
(Bodensee);
INFRA-TEST-Marktforschung, Wirtschaftsforschung,
Motivforschung, Sozialforschung
GmbH & Co. KG, München.
2.2.2 Verfahren zur Datenerhebung
(1) Begriffsdefinitionen
Informationen über Marktdaten (z. B. über die Kunden eines Unternehmens) können unmittelbar am
Markt erhoben oder es kann auf bereits vorhandenes
Datenmaterial zurückgegriffen werden. Im ersten Fall
spricht man von Primärforschung1 (Feldforschung).
Sie ermittelt Primärdaten. Im zweiten Fall spricht man
von Sekundärforschung2 (Schreibtischforschung).
Sie geht von Daten aus, die häufig bereits für andere
Zwecke ermittelt worden sind. Man bezeichnet diese
Daten als Sekundärdaten.
(2) Primärforschung
Die Primärforschung gewinnt die Informationen direkt an ihrem Entstehungsort.
Voraussetzung für die Gewinnung von Marktinformationen (z. B. über die Kunden) ist eine
möglichst umfassende und genaue Planung aller erforderlichen Einzelschritte.
1 Primär: an erster Stelle stehend, vorrangig.
2 Sekundär: an zweiter Stelle stehend, zweitrangig.
Lernfeld
6 495
Wertströme erfassen und beurteilen
1 Wertströme eines Unternehmens
LS 1
1.1 Geld-, Güter-, Informationsstrom und der Begriff Geschäftsvorfälle
Durch den Verkauf der hergestellten Erzeugnisse, der Handelswaren oder der erbrachten
Dienstleistungen erhält das Unternehmen einen Geldwert (Einzahlungen), den es dazu
nutzt, alle anfallenden Auszahlungen sowie die Investitionsgüter zu finanzieren. Dem
Güterstrom steht damit – in entgegengesetzter Richtung – ein Geldstrom gegenüber.
Damit der Güter- und Geldstrom ständig aufrecht erhalten wird, muss das Unternehmen
die geeigneten Lieferer auswählen und die möglichen Kunden finden. Hierzu ist ein Informationsstrom erforderlich, der von den Kunden ausgeht und über das eigene Unternehmen bis zum Lieferer reicht.
Beispiel: Güter-, Geld- und Informationsstrom bei einem Großhandelsunternehmen:
Geldgeber
Banken
Zins u.
Tilgung
Beschaffung von
–Mitarbeitern
–Waren
–Dienstleistungen
Lieferer
Lieferer
Lieferer
Lieferer
Auszahlungen für
–Waren
–Dienstleistungen
–Löhne
–Sozialversicherung
Gesellschafter
Geldkapital
Gewinne
Unternehmensleitung
Beschaffung
Lager
Verkauf von Waren
Verkaufsraum
Kunden
Kunden
Kunden
Kunden
Absatz
Erlöse aus dem Verkauf
von Waren
Informationsstrom
Güterstrom
Geldstrom
Durch den Geld- und Güterstrom verändert sich ständig der Wert des Vermögens (z. B. das
Bankguthaben, der Warenbestand) und der Schulden (z. B. die Verbindlichkeiten gegenüber Lieferern oder der Bank). Vorgänge, die Geld- und Güterströme hervorrufen, bezeichnet man als Geschäftsvorfälle.
Geschäftsvorfälle sind Vorgänge, die
■■ eine Veränderung der Vermögenswerte bzw. der Schulden auslösen,
■■ zu Geldeinzahlungen oder Geldauszahlungen führen und gegebenenfalls
■■ einen Werteverzehr (Aufwand) oder einen Wertezuwachs (Ertrag) darstellen.
496
Lernfeld 6: Wertströme erfassen und beurteilen
In der Praxis existiert über jeden Geschäftsvorfall ein Beleg. Aus dem Beleg geht hervor
■■ die Ursache (z. B. Kauf von Briefmarken),
DEUTSCHE POST AG
19053 SCHWERIN
1313-0108 0037 18. MÄRZ 20 . .
■■ die Höhe (z. B. 130,00 EUR) und
*130,00 EUR
■■ der Zeitpunkt (z. B. 18. März 20 . .)
POSTWERTZEICHEN
der Wertveränderung.
1.2 Belegarten
(1) Eingangs- und Ausgangsrechnungen
Werden Waren gegen Rechnungsstellung gekauft, so liegt eine Eingangsrechnung vor.
Werden Waren gegen Rechnungsstellung verkauft, so liegt eine Ausgangsrechnung vor.
Beispiel: Ein- und Ausgangsrechnung aus Sicht des Baumarkts Feistle OHG Maschinenfabrik Fritzenschaft GmbH
Maschinenfabrik Fritzenschaft ∙ 22117 Hamburg ∙ Spökelborgring 10
Baumarkt
Feistle OHG
Scherzerplatz 5
90766 Fürth
Rechnung Nr. 176/15
Menge
Artikel Nr.
8
476 108
Artikelbezeichnung
Bohrmaschine
+ 19 % USt
Einzelpreis
EUR
Gesamtpreis
EUR
68,20
545,60
103,66
649,26
Baumarkt Feistle OHG
Feistle OHG, Scherzerplatz 5, 90766 Fürth
Schreinerei
Hans Körner KG
Breitscheidstr. 81
90459 Nürnberg
■■ Zur Eingangsrechnung:
Werden Waren von einem Lieferer auf
Ziel (z. B. Zahlung innerhalb 14 Tagen),
d. h. auf Kredit an den Baumarkt Feistle
OHG geliefert, so bezeichnet man den
Lieferer in der Buchführung als Kreditor.1
Er hat an den Kunden Feistle OHG eine
Forderung.
Der Kreditor ist ein Gläubiger.
Der Baumarkt Feistle OHG hat gegenüber
der Maschinenfabrik Fritzenschaft GmbH
eine Verbindlichkeit von 649,26 EUR.
■■ Zur Ausgangsrechnung:
Bezieht ein Kunde vom Lieferer
Baumarkt Feistle OHG Waren auf Ziel
(z. B. Zahlung innerhalb 14 
Tagen),
d. h. auf Kredit, so bezeichnet man den
Kunden in der Buchführung als Debitor.2
Er hat gegenüber dem Lieferer eine
Verbindlichkeit.
Der Debitor ist ein Schuldner.
Rechnung Nr. 1040
Lieferung von 2 Bohrmaschinen
zu je 95,48 EUR
+ 19 % USt
190,96 EUR
  36,28 EUR
227,24 EUR
1 Der Begriff Kredit kommt von credere (lat.): glauben, vertrauen.
2 Debere (lat:) bedeutet etwas schulden.
Der Baumarkt Feistle OHG hat gegenüber
der Schreinerei Hans Körner KG eine
Forderung von 227,24 EUR.
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1 ​Wertströme eines Unternehmens​
(2) Fremd- und Eigenbelege
Belegart
Erläuterungen
Beispiele
Fremdbelege
(externe Belege)
Sind Belege, die von fremden
Unternehmen erstellt werden.
Sie fallen im Geschäftsverkehr
mit Außenstehenden an.
■■ Eingangsrechnungen
■■ Bankbelege (z. B. Kontoauszüge)
■■ Frachtbrief
■■ Gutschriftanzeige des Lieferers
■■ . . .
Eigenbelege
(interne Belege)
Sind Belege, die das Unternehmen selbst erstellt hat. Sie entstehen aus innerbetrieblichen
Vorgängen.
■■ Lohn- und Gehaltsliste
■■ Quittungen für Privatentnahmen
■■ Kopien von Ausgangsrechnungen
■■ Quittungsdurchschriften
■■ Durchschriften von Geschäftsbriefen
■■ . . .
1.3 Begriff Buchführung
In den Unternehmen fällt täglich eine Vielzahl von Geschäftsvorfällen an, die Wertveränderungen des Vermögens und/oder der Schulden hervorrufen. Um eine Übersicht über diese
Wertveränderungen zu behalten, muss der Kaufmann die zu Beginn der Geschäftsperiode
vorhandenen Bestände an Vermögen und Schulden sowie deren Veränderung durch die
Geschäftsvorfälle festhalten. Er muss über die Geschäftsvorfälle „Buch führen“.
Buchführung ist die lückenlose und sachlich geordnete Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle eines Unternehmens aufgrund von Belegen.
Darüber hinaus ist der Kaufmann auch im öffentlichen Interesse zur Buchführung verpflichtet (siehe Kapitel 2).
Kompetenztraining
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  1. Erläutern Sie den Begriff Buchführung!
  2. Notieren Sie, wie man die Vorgänge, die in der Buchführung erfasst werden, nennt!
  3. Bilden Sie drei Beispiele, aus denen hervorgeht, warum die Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle für die Geschäftsleitung des Unternehmens unentbehrlich ist!
  4. Erläutern Sie, worin der Unterschied zwischen einem Fremd- und einem Eigenbeleg liegt!
  5. Stellen Sie dar, welche Aussagen aus einem Beleg entnommen werden können!
  6. Erläutern Sie die Begriffe Güterstrom, Geldstrom und Informationsstrom!
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Lernfeld 6: Wertströme erfassen und beurteilen
  7. Ordnen Sie folgende Ereignisse den drei Strömen zu:
Nr.
Ereignis
7.1
Kunde erhält von uns ein Angebot
7.2
Kunde schickt uns einen Auftrag
7.3
Wir richten eine Anfrage an einen
Lieferer
7.4
Lieferer schickt uns Handelswaren
zusammen mit Lieferschein
7.5
Waren werden gegen Warenentnahmeschein dem Lager entnommen
7.6
Das Bankkonto wird mit einer Lastschrift des Lieferers belastet
Art des Stromes
  8. Erläutern Sie die Aufgabe von Belegen in der Buchführung!
2 Rechtliche Anforderungen an eine ordnungsmäßige Buchführung
Grundlegende gesetzliche Buchführungsbestimmungen für Kaufleute finden sich im Handelsgesetzbuch [HGB]. Da die Buchführung auch Grundlage für die Besteuerung des Unternehmens ist, gibt es daneben noch steuerrechtliche Buchführungsbestimmungen. Sie sind
insbesondere in der Abgabenordnung [AO],1 dem Einkommensteuergesetz [EStG], dem
Körperschaftsteuergesetz [KStG]2 und dem Umsatzsteuergesetz [UStG]3 enthalten.
2.1 Buchführungspflicht, ordnungsmäßige Buchführung und
die Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen
(1) Buchführungspflicht
Jeder Kaufmann, der ins Handelsregister eingetragen ist, ist verpflichtet Bücher4 zu
führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den
Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen [§ 238 I HGB].
Nach § 241 a HGB sind von der Buchführungspflicht befreit Einzelkaufleute, die an den
Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als
■■ 600 000,00 EUR Umsatzerlöse und
■■   60 000,00 EUR Jahresüberschuss
aufweisen.
1Unter Abgaben verstehen wir Pflichtzahlungen (Steuern, Zölle, Gebühren und Beiträge), die Bund, Länder und Gemeinden von
den Staatsbürgern und von juristischen Personen fordern. Das steuerliche Grundgesetz zur Regelung des Abgabenwesens nennt
man Abgabenordnung. Sie enthält Vorschriften über das Besteuerungsverfahren, das Steuerstrafwesen, das Rechtsmittelverfahren
gegen Steuerbescheide und die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit der Finanzämter.
2 Die Körperschaftsteuer besteuert den Jahresüberschuss der juristischen Personen (z. B. AG, GmbH).
3 Vgl. hierzu S. 550 ff.
4 Vgl. hierzu S. 524 f.
1 ​Wertströme eines Unternehmens​
(2) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung [GoB]
Ein großer Teil der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ist im HGB und in der AO
gesetzlich verankert. Wichtige Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind beispielsweise:
Allgemeiner Grundsatz
[§ 238 I, S. 2 HGB;
§ 145 I AO]
„Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick
über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens
vermitteln kann.“
Grundsatz der Klarheit und
Übersichtlichkeit
[§ 238 I, S. 3 HGB]
„Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und
Abwicklung verfolgen lassen.“
Praktisch führt dieser Grundsatz zu der Forderung: keine Buchung
ohne Beleg und zu einer ordnungsmäßigen Belegaufbewahrung.
Grundsatz der
Vollständigkeit und
Richtigkeit
[§ 239 II HGB;
§ 146 II AO]
„Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vor­genommen werden.“
Die Grundsätze 2 und 3 hängen eng miteinander zusammen. Der
dritte Grundsatz erfordert zusätzlich für die Praxis die Führung
eines Grundbuches (zeitgerechte Erfassung) und die Führung eines
Hauptbuches (sachgerechte, geordnete Erfassung).
Grundsatz des Erhalts
der ursprünglichen
Eintragungen
[§ 239 III, S. 1 HGB;
§ 146 IV AO]
„Eine Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise
verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist.“
Praktisch bedeutet das ein Verbot der Benutzung von Radier- oder
Killerinstrumenten sowie das Verbot des Überschreibens.
Grundsatz der Lesbarkeit
der Daten
[§ 239 IV, S. 2 HGB]
„Bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen
Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist
lesbar gemacht werden können.“
Zusätzlich zu den GoB wurden auch noch „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung
und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer
Form sowie zum Datenzugriff“ [GoBD] erstellt. Dies ist erforderlich, denn die zu führenden Bücher sowie die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch auf Datenträgern
geführt und aufbewahrt werden [§ 147 II AO]. Als Datenträger im Sinne dieser Vorschrift
kommen in erster Linie die nur maschinell lesbaren Datenträger (z. B. CD-ROM) in Betracht.
Mit den GoBD werden die GoB an die Entwicklungen einer modernen DV-gestützten Buchführung mit der Möglichkeit einer Speicherbuchführung angepasst.
(3) Aufbewahrungsfristen
Bücher und Aufzeichnungen (z. B. Handelsbriefe) müssen sowohl nach dem Handelsrecht
[§ 257 HGB] als auch nach dem Steuerrecht [§ 147 I AO] aufbewahrt werden. Dadurch soll
eine spätere Nachprüfung durch den Geschäftsinhaber bzw. Gesellschafter oder durch
Außenstehende (z. B. Finanzamt) gewährleistet werden.
Während das Handelsrecht nach § 257 HGB nur die Vollkaufleute erfasst, bezieht der
§ 147 I AO in Verbindung mit § 141 AO alle buchführungs- und aufzeichnungspflichtigen
Personen und damit einen viel größeren Personenkreis ein. Die nachfolgende Übersicht
gibt beispielhaft Aufschluss über Frist und Form der Aufbewahrung von Unterlagen.
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