Lernfeld 5 15 Kunden akquirieren und binden 1 Einen Überblick gewinnen über den Geschäftsprozess „Kunden akquirieren und binden“ Der Geschäftsprozess Kunden akquirieren1 und binden ist Teil des Absatzprozesses. Er umfasst folgende Teilprozesse: Teilprozesse der Kunden­akquise und -bindung Betriebswirtschaftliche Inhalte des Lernfeldes 5 ■■ Marketing: Der Kunde im Mittelpunkt der betrieblichen Aktivitäten Marktsituation analysieren und beurteilen Absatzpolitische Ziele ableiten und Wettbewerbsstrategien wählen Marketing-Mix aus Kommunikations- und Preispolitik planen Marketing-Mix aus Kommunikations- und Preispolitik durchführen Marketing-Mix aus Kommunikations- und Preispolitik evaluieren 1 Akquirieren: erwerben, anschaffen. ■■ Marktsituation analysieren ■■ Begriff, Gebiete und Träger der Marktforschung ■■ Methoden der Marktforschung ■■ Kunden und Konkurrenten strukturieren ■■ Konjunkturelle Phasen erkennen ■■ Marktsituation beurteilen ■■ Alleinstellungsmerkmale der eigenen Produkte ■■ Festlegung der absatzpolitischen Ziele ■■ Wahl der passenden Wettbewerbsstrategie ■■ ■■ ■■ ■■ Identifikation der Zielgruppe Kommunikationspolitische Entscheidungen Preispolitische Entscheidungen Entwicklung eines abgestimmten Marketing-Mix ■■ Werbebrief gestalten und formulieren ■■ Aktuelle Kommunikationswege ■■ Wirtschaftliche, rechtliche und ethische Grenzen der Werbung ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ Marketing-Mix präsentieren Präsentation beurteilen Werbeerfolgskontrolle durchführen Ergebnisse reflektieren Bedeutung des Marketings für Unternehmenserfolg 16 Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden 2 Marktsituation analysieren und beurteilen 2.1 Marketing: Den Kunden im Mittelpunkt der betrieblichen Aktivitäten wahrnehmen Grundaufgabe eines jeden Unternehmens ist es, den Absatz seiner Ideen, Waren und Dienstleistungen so zu organisieren, dass es auf dem gewählten Markt erfolgreich ist. (1) Entwicklung zur Marketingkonzeption Durch die zunehmende Sättigung der Bedürfnisse, den technischen Fortschritt und die Liberalisierung der Märkte kommt es derzeit zu einem Überhang des Leistungsangebots. Dies führt dazu, dass weniger die Produktion und ihre Gestaltung, sondern der Absatz der erzeugten Produkte zur Hauptaufgabe der Unternehmen wird. Diese Veränderungen bleiben nicht ohne nachhaltige Auswirkungen auf die Durchführung des Absatzes. Während früher vorrangig die Verteilung der Erzeugnisse das Problem war, kommt es nun darauf an, den Absatzmarkt systematisch zu erschließen. Dies erfordert für das Erreichen der Unternehmensziele zunehmend die Ausrichtung aller Unternehmensfunktionen auf die tatsächlichen und die zu erwartenden Kundenbedürfnisse. Für diese Führungskonzeption wird das aus dem Amerikanischen übernommene Wort Marketing verwendet. (2) Begriff Marketing Die Marketingkonzeption besagt, dass der Schlüssel zur Erreichung des gesetzten Unternehmensziels darin liegt, die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden zu ermitteln und diese dann wirksamer und wirtschaftlicher zufriedenzustellen als die Mitbewerber. Oberstes Ziel des Marketings ist die Kundenzufriedenheit. Schlagworte zum Marketing ■■ Erfülle Kundenbedürfnisse auf profita- ble Art! ■■ Entdecke Kundenwünsche und erfülle sie! ■■ Wir richten es, wie Sie es wollen! ■■ Bei uns sind Sie der Boss! Ein zufriedener Kunde ■■ kauft mehr und bleibt länger „treu“, ■■ kauft bevorzugt vom gleichen Unternehmen, wenn dieses neue oder verbesserte Produkte bringt, ■■ denkt und spricht gut über das Unternehmen und seine Produkte, ■■ beachtet Marken, Werbe- und Preisangebote der Mitbewerber weniger stark, ■■ bietet dem Unternehmen gern neue Ideen zu Produkt und Service an. ■■ Marketing ist eine Konzeption, bei der alle Aktivitäten eines Unternehmens konse- quent auf die Erfüllung der Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind. ■■ Ziel der Marketingkonzeption ist die Kundenzufriedenheit. 17 2 Marktsituation analysieren und beurteilen (3) Einbindung der Kundenorientierung in die Unternehmenskultur Durch die Marketingkonzeption rückt der Kunde in den Mittelpunkt der betrieblichen Aktivitäten. Es geht dabei um mehr als um die Verwaltung der Kundendaten – es geht um die Wertschätzung des Kunden als Partner, um die Übererfüllung seiner Erwartungen und einen guten Service. Dies gelingt nur, wenn das Unternehmen zuvor detaillierte Kenntnisse über die Kunden und den Markt gewonnen hat. Verfügt das Unternehmen über die erforderlichen Informationen, dann kann es mit allen Mitteln und Möglichkeiten dafür sorgen, dass der Kunde mit unserer Leistung seinerseits gute Geschäfte macht. König Kunde Diese Denkweise wird z. B. sichtbar in der Unternehmenskultur der Firma Henkel:1 Beispiel: Wir stellen unsere Kunden in den Mittelpunkt unseres Handelns. Wir denken voraus und gehen auf die Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden ein, indem wir höchsten Kundennutzen, ausgezeichnete Qualität sowie innovative Marken und Technologien bieten. Wir schätzen unsere Kunden und stellen sie in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Nur so können wir ihnen Mehrwert bieten. Da nicht alle Henkel-Mitarbeiter im direkten Kontakt mit den Kunden stehen, ist es umso wichtiger für uns alle zu wissen, was dieser Wert für Henkel bedeutet. Denn er ist maßgeblich für unseren Erfolg. Um die besten Produkte, die höchste Qualität und hervorragenden Service zu gewährleisten, müssen wir Kunden und Konsumenten besser verstehen, als es unsere Wettbewerber tun. Wenn uns das gelingt, werden wir in all unseren Märkten weiter erfolgreich wachsen. Mehrwert für die Kunden schaffen Der Wert „Kunde“ ist maßgeblich für unseren Erfolg. Unsere Kunden und Verbraucher stehen im Fokus aller unserer Aktivitäten. Dies gilt nicht nur für die Mitarbeiter, die im Marketing, Kundenservice oder Vertrieb im direkten Kontakt mit den Kunden stehen, sondern es gilt für jeden Mitarbeiter. Denn auch in der Forschung, der Personalabteilung oder Buchhaltung werden Entscheidungen getroffen, die sich auf unsere Kundenbeziehungen auswirken. Bei allem, was wir tun, erinnert uns der Kunden-Wert daran, dass unsere Kunden in der Industrie, im Handel und im Handwerk nicht nur unsere Produkte, Technologien und Dienstleistungen kaufen, sondern darüber hinaus auch unsere Partner sind. Gemeinsam mit ihnen entwickeln wir Lösungen, die direkt auf sie zugeschnitten sind. Diese erhöhen auch die Qualität und Nachhaltigkeit der Produkte, die unsere Kunden wiederum anbieten. Wir schaffen für unsere Kunden und Verbraucher Mehrwert durch Innovationen und legen damit gleichzeitig den Grundstein für weiteres Wachstum in all unseren Märkten. ■■ Wird der Kunde als Partner des Unternehmens gesehen, lässt sich das Problem des Kunden besser ermitteln und lösen. ■■ Gelingt es, dieses über den spezifischen Nutzen der eigenen Produkte besser zu lösen als die Wettbewerber, stellt sich für das Unternehmen der Erfolg ein. 1 http://www.henkel.de/ueber-henkel/vision-und-werte-10015.htm [29.03.2014] 18 Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden 2.2 Eigene Marktsituation anhand der Marktforschungs- und Kundendaten analysieren LS 1, 2, 3 2.2.1 Begriff Marktforschung und die Träger der Marktforschung (1) Begriff Marktforschung Unternehmen, die ohne grundlegende Kenntnisse der Märkte und ohne sinnvolle Abstimmung der Marketinginstrumente Produkte auf den Markt bringen, laufen Gefahr, auf ihren Produkten ganz oder teilweise „sitzen zu bleiben“. Werden hingegen vor dem Verkauf der Produkte Marktinformationen (z. B. über Kundenwünsche, Kaufkraft der Kunden, Verhalten der Konkurrenten, die Lage auf den Beschaffungsmärkten und allgemeine Marktdaten) beschafft, sind die Aussichten wesentlich besser, die Absatzpläne zu verwirklichen. ■■ Marktforschung ist die systematische Erforschung, Beschaffung und Aufbereitung von Marktinformationen. ■■ Marktforschung geschieht durch Marktanalyse und Marktbeobachtung. ■■ Marktanalyse Die Marktanalyse untersucht die Marktgegebenheiten zu einem bestimmten Zeitpunkt. Eine Marktanalyse wird z. B. vorgenommen, wenn neue Produkte oder weiterentwickelte Produkte auf den Markt gebracht werden sollen. Untersuchungsgegenstände sind z. B.: ■■ Anzahl der Personen, Unternehmen und Verwaltungen, die als Käufer infrage kommen, ■■ Einkommens- und Vermögensverhältnisse der mutmaßlichen Käufer, ■■ persönliche Meinung der (möglichen) Käufer zum angebotenen Produkt, ■■ Beschaffung von Daten über die Konkurrenzunternehmen, die den zu untersuchenden Markt bereits beliefern (z. B. deren Preise, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, Qualitäten der angebotenen Erzeugnisse, Werbung). ■■ Marktbeobachtung ■■ Die Marktbeobachtung hat die Aufgabe, Veränderungen auf den Märkten laufend zu erfassen und auszuwerten. ■■ Beobachtet werden zum einem die vorhandenen bzw. neu zu gewinnenden Kun- den, und zum anderen das Verhalten der Konkurrenzunternehmen. 19 2 Marktsituation analysieren und beurteilen Die Fragestellungen lauten z. B.: ■■ Wie entwickelt sich die Zahl der Nachfrager, wie die mengen- und wertmäßige Nachfrage nach einem bestimmten Produkt? ■■ Wie entwickeln sich die Einkommen, wie die Vermögensverhältnisse der Abnehmer? ■■ Wie verändert sich die Einstellung der Käufer zum angebotenen Produkt? ■■ Wie reagieren die Konkurrenzunternehmen auf absatzpolitische Maßnahmen (z. B. Preisände- rungen, Werbemaßnahmen)? Ziel der Marktbeobachtung ist die Ermittlung von Tendenzen, Veränderungen sowie Trends innerhalb eines bestimmten Zeitraums. (2) Träger der Marktforschung Die Träger der Marktforschung sind die Großbetriebe mit ihren wissenschaftlichen Stäben, wissenschaftliche Institute und vor allem Marktforschungsinstitute. Marktforschungsinstitute sind gewerbliche Einrichtungen und Unternehmen, die sich im Auftrag von Industrie und Handel der Meinungsforschung und der Marktforschung widmen. Beispiele: EMNID-Institut GmbH & Co. KG, Bielefeld; Institut für Demoskopie Allensbach GmbH, Allensbach (Bodensee); INFRA-TEST-Marktforschung, Wirtschaftsforschung, Motivforschung, Sozialforschung GmbH & Co. KG, München. 2.2.2 Verfahren zur Datenerhebung (1) Begriffsdefinitionen Informationen über Marktdaten (z. B. über die Kunden eines Unternehmens) können unmittelbar am Markt erhoben oder es kann auf bereits vorhandenes Datenmaterial zurückgegriffen werden. Im ersten Fall spricht man von Primärforschung1 (Feldforschung). Sie ermittelt Primärdaten. Im zweiten Fall spricht man von Sekundärforschung2 (Schreibtischforschung). Sie geht von Daten aus, die häufig bereits für andere Zwecke ermittelt worden sind. Man bezeichnet diese Daten als Sekundärdaten. (2) Primärforschung Die Primärforschung gewinnt die Informationen direkt an ihrem Entstehungsort. Voraussetzung für die Gewinnung von Marktinformationen (z. B. über die Kunden) ist eine möglichst umfassende und genaue Planung aller erforderlichen Einzelschritte. 1 Primär: an erster Stelle stehend, vorrangig. 2 Sekundär: an zweiter Stelle stehend, zweitrangig. 20 Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden Der Ablauf einer Primärerhebung umfasst vier Phasen: Phasen Erläuterungen Beispiele Phase der Problemformulierung Es ist zu klären, worin das Marketingproblem besteht. Anschließend sind die Erhebungsziele zu formulieren. Rückgang von Bestellungen und Umsatzeinbruch. Erhebungsziel: Rückgewinnung von Kunden. Phase der Informa­ tionsgewinnung Auswahl der Methoden, mit denen die gewünschten Daten gewonnen werden sollen. Befragung der Kundenmeinung über das Image des Unternehmens, der Qualität und Aktualität der Produkte mithilfe von Fragebögen und Interviews. Phase der Informa­ tionsverarbeitung Die gewonnenen Informationen werden aufbereitet, ausgewertet, interpretiert und dokumentiert. Die Produkte haben mindere Qualität und sind technisch veraltet. Außerdem fehlt ein modernes Design. Phase der Ergebnispräsentation Die dokumentierten Ergebnisse werden den zuständigen Entscheidungsträgern präsentiert. Der Geschäftsführung werden die Informationen mit einem Vorschlag zur Verbesserung der Produkte präsentiert. (3) Sekundärforschung Gegenstand der Sekundärforschung ist die Beschaffung und Zusammenstellung des bereits vorhandenen Datenmaterials. Die Daten können aus internen und externen Informationsquellen stammen. Diese Form der Informationsgewinnung ist im Vergleich zur Gewinnung von Primärdaten schneller und kostengünstiger. Außerdem erweitert die Verfügbarkeit weltweiter elektronischer Netze (z. B. Internet) und Datenbanken die Möglichkeiten der Sekundärforschung, bei vergleichweise geringen Kosten, erheblich. Darüber hinaus sind bestimmte Daten (z. B. volkswirtschaftliche Gesamtgrößen, Branchenkennziffern, Entwicklungszahlen) auf anderem Wege für das einzelne Unternehmen praktisch nicht zugänglich. Einen Überblick über Quellen der Sekundärforschung zeigt die folgende Aufstellung: I. Unternehmensinterne Quellen ■■ Umsatz- und Absatzstatistik, ■■ Auftragsstatistik, ■■ Kundendatei, Kundenkorrespondenz, Berichte des Einkaufs, ■■ Vertreter- und Kundendienstberichte, ■■ Kostenrechnung, ■■ Berichte aus früheren Sekundär- und Primäruntersuchungen. 33 2 Marktsituation analysieren und beurteilen 3. 3.1 Nennen Sie die Faktoren, die für einen Konjunkturaufschwung förderlich sind! 3.2 Begründen Sie Ihre Entscheidung! 4. 4.1 Nennen Sie Faktoren, die einen Konjunkturabschwung auslösen können! 4.2 Begründen Sie Ihre Entscheidung! 5. Begründen Sie, warum die Wirtschaft nicht stetig entlang des langfristigen Trends steigt, sondern in Schwankungen um diesen Trend herum wächst! 2.7 Einen Fragebogen zur primären Marktforschung entwickeln und gestalten (1) Begriff Befragung Der direkte Weg, neue, bisher noch nicht erhobene Daten über die Kunden zu gewinnen, besteht darin, diese zu befragen. Im Rahmen einer Befragung werden ausgewählte Personen durch gezielte Fragen zur Herausgabe von Informationen veranlasst. Bevor die Befragung durchgeführt wer­ den kann, muss durch entsprechende Vorüberlegungen sichergestellt werden, dass die gewünschten Informationen mit vertretbarem Aufwand erlangt werden. Zu diesen Vorüberlegungen gehören ■■ die Festlegung des Auswahlverfahrens ■■ die Befragungsmethode. (2) Auswahlverfahren Werden alle Mitglieder einer Grundgesamtheit1 in die Untersuchung einbezogen, dann wird von einer Vollerhebung gesprochen. Diese ist nur dann mit wirtschaftlich vertretba­ rem Aufwand durchzuführen, wenn die Grundgesamtheit relativ überschaubar ist, z. B. alle Tankstellen einer bestimmten Region. Vorteil der Vollerhebung Genaues und aussagekräftiges Ergebnis Nachteil der Vollerhebung Hohe Kosten und hoher Zeitaufwand Der Nachteil der Vollerhebung lässt sich umgehen, indem man sich auf eine Teilerhebung (Stichprobe) beschränkt. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Stichprobe die Eigen­ schaften der Grundgesamtheit repräsentiert. 1Eine Grundgesamtheit ist die Gesamtmenge der Teilnehmer, über die aufgrund der Befragung Aussagen getroffen werden sollen (z. B.: alle Schüler, die Einwohner eines Landes, alle Pendler, Ärzte usw.). LS 6 34 Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden Beispiel: Die nebenstehende Grafik zeigt die Grundgesamtheit einer Befragungs­ gruppe. Dabei veranschaulichen die Kreise, Dreiecke und Quadrate in den verschiedenen Farben die unterschied­ lichen Eigenschaften der Grundge­ samtheit. Die danach folgende Grafik zeigt die hieraus gezogene Stichprobe. Diese beschränkt sich auf 1/4 der Befragungs­ menge. Die Teilnehmer der Stichprobe müssen so ausgewählt werden, dass sie in ihrer Zusammensetzung exakt die Zusammensetzung der Grundge­ samtheit widerspiegeln. Eine reprä­ sentative Stichprobe kann demnach nur gebildet werden, wenn zuvor geklärt ist, ■■ wer überhaupt zur Grundgesamt­ heit gehört und ■■ welche Eigenschaften die Elemente der Grundgesamtheit haben. Nur eine repräsentative Stichprobe ist eine verkleinerte Abbildung der Grundgesamtheit. Aus den so gewonnenen Aussagen der Befragung lassen sich anschließend verlässliche Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit ziehen. (3) Generelle Frageformen Frageform Merkmale Beispiele Offene Fragen Der Befragte hat die Möglichkeit, die Antwort frei zu formulieren. Vorausset­ zung ist, dass der Befragte ein gewis­ ses Maß an Ausdrucksfähigkeit besitzt und gewillt ist, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. ■■ Warum lesen Sie Bücher? ■■ Nach welchen Kriterien beurtei- len Sie eine gute Schule? Geschlossene Fragen Die möglichen Antworten sind vor­ gegeben ■■ Alternativ­ Die mögliche Antwort lautet z. B. nur ja oder nein Sie sind □ männlich □ weiblich ■■ Mehrfachaus­ Mehrere Alternativen stehen als Ant­ wort zur Verfügung Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden? □ Werbung □ Internet □ Empfehlung durch Freunde, Bekannte □ Sonstiges fragen wahlfragen 35 2 Marktsituation analysieren und beurteilen Frageform Merkmale Beispiele ■■ Skalenfragen Der Grad des Zutreffens einer Antwort kann ■■ verbal, ■■ numerisch (z. B. Schulnoten), ■■ durch Symbole (z. B. Smileys) ausgedrückt werden Kreuzen Sie an! Welche Schulnote geben Sie der Bundesregierung beim Klimaschutz? □ □ □ □ □ □ 123456 (4) Tipps zur Erstellung eines Fragebogens Bei der Erstellung eines Fragebogens sind einige wichtige Regeln zu beachten, damit die gewonnenen Daten auch aussagekräftig sind. 1. Die Zahl der Fragen sollte nicht zu umfangreich sein. Die Bereitschaft, den Fragebogen zu beantworten ist umso höher, je kürzer die hierfür erforderliche Zeit ist. 20 Fragen bzw. 10 Minuten Beantwortungszeit ist eine grobe Richt­ schnur für die Obergrenze. 2. Begründen Sie kurz, warum diese Befragung durchge­ führt wird und welcher Nutzen für die Teilnehmer aus der Befragung zu erwarten ist. Gegebenenfalls können Sie den Teilnehmern an der Befragung eine Belohnung in Aussicht stellen („Unter allenTeilnehmern verlosen wir . . .“). 3. Sichern Sie den Befragten auf jeden Fall Anonymität und Datenschutz zu. 4. Die Fragen müssen einfach (keine doppelten Verneinungen, keine Schachtelsätze, keine Fremdwörter oder Abkürzungen) und unmissverständlich formuliert sein, sodass die Fra­ gen nicht zusätzlich durch Erklärungen unterstützt werden müssen. („Wie beurteilen Sie die Response-time unseres Kundendienstes?“, „Kennen Sie unser E-Mail-Supportsystem?“) Andernfalls droht die Ermüdung des Befragten und er bricht die Befragung ab. 5. Bei Multiple-Choice-Fragen muss der Befragte aus mehreren vorgegebenen Antworten eine Auswahl treffen. Bei dieser Frageform sollten Antworten wie „Weiß nicht“ oder „Sonstiges“ zugelassen werden. Denn nicht immer passen die vorgegebenen Alternativen exakt auf das, was der Befragte sagen will. Gibt es die „Hintertür“ nicht, dann bleibt ihm nur die Möglichkeit, jene Alternative anzukreuzen, die seiner Antwort am nächsten kommt oder die Frage zu über­ springen. Möglich wäre auch eine Alternative, bei der er die Antwort frei formulieren kann. 6. Vermeiden Sie Suggestivfragen1 („Wie zufrieden sind Sie mit unserem hervorragenden Kundendienst?“). 7. Vermeiden Sie die Verknüpfung mehrerer Frageteile durch und bzw. oder („Waren Sie mit unserer Speiseauswahl und unserem Service zufrieden? Ja/Nein?“ → Was antwortet ein Gast, der zwar mit dem Service zufrieden war, nicht aber mit der Auswahl auf der Speisekarte?). 8. Bleiben Sie mit Ihren Fragen möglichst konkret (Nicht: „Wie beurteilen Sie unseren Kundendienst?“ Besser z. B.: „Wie lange [in Stunden] mussten Sie warten, bis Sie mit unserem Kundendienst einen verbindlichen Servicetermin vereinbaren konnten?“ Nicht: „Wie groß ist Ihre Wohnung?“ Besser: „Wie viele Zimmer [ohne Küche] hat Ihre Wohnung?“). 9. Vermeiden Sie hypothetische2 Fragen im Sinne von „Was-wäre-wenn-Situationen“, die außerhalb der gegenwärtigen Lebenswirklichkeit des Befragten liegen („Wie viel Geld würden Sie beim Kauf eines Neuwagens für ein LED-Intelligent-Light-System ausgeben?“). 1 Suggestiv: einen Menschen unterschwellig stark beeinflussen. 2 Hypothetisch: nur angenommen. 36 Lernfeld 5: Kunden akquirieren und binden 10. Mit der Antwortalternative ja/nein dringen Sie nicht sehr weit vor. Häufig verlangt die Antwort auch Zwi­ schentöne. Hilfreich ist hier, die Frage mit „Wie“ begin­ nen zu lassen („Wie zufrieden sind Sie mit dem Angebot im Spa-Bereich unseres Hotels?“). 11. Lassen Sie am Schluss noch Platz für freie Formulie­ rungen des Befragten für Kritik, Wünsche und Anre­ gungen. 12. Bedanken Sie sich für die Mithilfe! 13. Prüfen Sie den Fragebogen im Rahmen eines Pre-Test-Verfahrens1 (z. B. bei ausgewählten Kunden) dahingehend, ob die Fragen verständlich sind und ob er für das gewünschte Unter­ suchungsziel vollständig und geeignet ist. Beispiel: Fragebogen eines Schuhhauses zur Ermittlung der Kundenzufriedenheit Kundenbefragung Mo Di Mi Do Fr Sa Uhrzeit: 9-12 12-16 16-20 Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde, Ihre Meinung ist uns wichtig. Bitte beantworten Sie uns einige Fragen, damit wir in Zukunft noch besser auf Ihre Wünsche eingehen können. Für Ihre Hilfe möchten wir uns herzlich bei Ihnen bedanken. Ihre persönliche Erwartung sehr weniger nicht wichtig wichtig wichtig wichtig Erfüllung ☺ ☺ ☺ 1. Gestaltung der Schaufenster 2. Gestaltung der Verkaufsräume 3. aktuelles, modisches Angebot 4.freundliches, hilfsbereites Personal 5. fachkundige, ehrliche Beratung 6. hohe Warenqualität 7. übersichtliche Warenpräsentation 8. gutes Preis-/Leistungsverhältnis 9. Sauberkeit des Geschäfts 10. Die Wartezeiten sind: angemessen 11. Reklamationen (soweit beurteilbar) werden zu lang ☺☺ ☺ abgewickelt. 12. Anlass für meinen Besuch heute ist: ein geplanter/gezielter Kauf ein interessantes Warenangebot im ­Schaufenster ich wollte mich nur umschauen ein interessantes Warenangebot in der Eingangszone Sonstiges: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ihre Werbung 1 Siehe Ausführungen Kapitel 6.2, S. 108. Lernfeld 6 119 Wertströme erfassen und beurteilen 1 Wertströme eines Unternehmens LS 1 1.1 Geld-, Güter-, Informationsstrom und der Begriff Geschäftsvorfälle Durch den Verkauf der hergestellten Erzeugnisse, der Handelswaren oder der erbrachten Dienstleistungen erhält das Unternehmen einen Geldwert (Einzahlungen), den es dazu nutzt, alle anfallenden Auszahlungen sowie die Investitionsgüter zu finanzieren. Dem Güterstrom steht damit – in entgegengesetzter Richtung – ein Geldstrom gegenüber. Damit der Güter- und Geldstrom ständig aufrecht erhalten wird, muss das Unternehmen die geeigneten Lieferer auswählen und die möglichen Kunden finden. Hierzu ist ein Informationsstrom erforderlich, der von den Kunden ausgeht und über das eigene Unternehmen bis zum Lieferer reicht. Beispiel: Güter-, Geld- und Informationsstrom bei einem Großhandelsunternehmen: Geldgeber Banken Zins u. Tilgung Beschaffung von –Mitarbeitern –Waren –Dienstleistungen Lieferer Lieferer Lieferer Lieferer Auszahlungen für –Waren –Dienstleistungen –Löhne –Sozialversicherung Gesellschafter Geldkapital Gewinne Unternehmensleitung Beschaffung Lager Verkauf von Waren Verkaufsraum Kunden Kunden Kunden Kunden Absatz Erlöse aus dem Verkauf von Waren Informationsstrom Güterstrom Geldstrom Durch den Geld- und Güterstrom verändert sich ständig der Wert des Vermögens (z. B. das Bankguthaben, der Warenbestand) und der Schulden (z. B. die Verbindlichkeiten gegenüber Lieferern oder der Bank). Vorgänge, die Geld- und Güterströme hervorrufen, bezeichnet man als Geschäftsvorfälle. Geschäftsvorfälle sind Vorgänge, die ■■ eine Veränderung der Vermögenswerte bzw. der Schulden auslösen, ■■ zu Geldeinzahlungen oder Geldauszahlungen führen und gegebenenfalls ■■ einen Werteverzehr (Aufwand) oder einen Wertezuwachs (Ertrag) darstellen. 120 Lernfeld 6: Wertströme erfassen und beurteilen In der Praxis existiert über jeden Geschäftsvorfall ein Beleg. Aus dem Beleg geht hervor ■■ die Ursache (z. B. Kauf von Briefmarken), DEUTSCHE POST AG 19053 SCHWERIN 1313-0108 0037 18. MÄRZ 20 . . ■■ die Höhe (z. B. 130,00 EUR) und *130,00 EUR ■■ der Zeitpunkt (z. B. 18. März 20 . .) POSTWERTZEICHEN der Wertveränderung. 1.2 Belegarten (1) Eingangs- und Ausgangsrechnungen Werden Waren gegen Rechnungsstellung gekauft, so liegt eine Eingangsrechnung vor. Werden Waren gegen Rechnungsstellung verkauft, so liegt eine Ausgangsrechnung vor. Beispiel: Ein- und Ausgangsrechnung aus Sicht des Baumarkts Feistle OHG Maschinenfabrik Fritzenschaft GmbH Maschinenfabrik Fritzenschaft ∙ 22117 Hamburg ∙ Spökelborgring 10 Baumarkt Feistle OHG Scherzerplatz 5 90766 Fürth Rechnung Nr. 176/15 Menge Artikel Nr. 8 476 108 Artikelbezeichnung Bohrmaschine + 19 % USt Einzelpreis EUR Gesamtpreis EUR 68,20 545,60 103,66 649,26 Baumarkt Feistle OHG Feistle OHG, Scherzerplatz 5, 90766 Fürth Schreinerei Hans Körner KG Breitscheidstr. 81 90459 Nürnberg ■■ Zur Eingangsrechnung: Werden Waren von einem Lieferer auf Ziel (z. B. Zahlung innerhalb 14 Tagen), d. h. auf Kredit an den Baumarkt Feistle OHG geliefert, so bezeichnet man den Lieferer in der Buchführung als Kreditor.1 Er hat an den Kunden Feistle OHG eine Forderung. Der Kreditor ist ein Gläubiger. Der Baumarkt Feistle OHG hat gegenüber der Maschinenfabrik Fritzenschaft GmbH eine Verbindlichkeit von 649,26 EUR. ■■ Zur Ausgangsrechnung: Bezieht ein Kunde vom Lieferer Baumarkt Feistle OHG Waren auf Ziel (z. B. Zahlung innerhalb 14 Tagen), d. h. auf Kredit, so bezeichnet man den Kunden in der Buchführung als Debitor.2 Er hat gegenüber dem Lieferer eine Verbindlichkeit. Der Debitor ist ein Schuldner. Rechnung Nr. 1040 Lieferung von 2 Bohrmaschinen zu je 95,48 EUR + 19 % USt 190,96 EUR 36,28 EUR 227,24 EUR 1 Der Begriff Kredit kommt von credere (lat.): glauben, vertrauen. 2 Debere (lat:) bedeutet etwas schulden. Der Baumarkt Feistle OHG hat gegenüber der Schreinerei Hans Körner KG eine Forderung von 227,24 EUR. 121 1 Wertströme eines Unternehmens (2) Fremd- und Eigenbelege Belegart Erläuterungen Beispiele Fremdbelege (externe Belege) Sind Belege, die von fremden Unternehmen erstellt werden. Sie fallen im Geschäftsverkehr mit Außenstehenden an. ■■ Eingangsrechnungen ■■ Bankbelege (z. B. Kontoauszüge) ■■ Frachtbrief ■■ Gutschriftanzeige des Lieferers ■■ . . . Eigenbelege (interne Belege) Sind Belege, die das Unternehmen selbst erstellt hat. Sie entstehen aus innerbetrieblichen Vorgängen. ■■ Lohn- und Gehaltsliste ■■ Quittungen für Privatentnahmen ■■ Kopien von Ausgangsrechnungen ■■ Quittungsdurchschriften ■■ Durchschriften von Geschäftsbriefen ■■ . . . 1.3 Begriff Buchführung In den Unternehmen fällt täglich eine Vielzahl von Geschäftsvorfällen an, die Wertveränderungen des Vermögens und/oder der Schulden hervorrufen. Um eine Übersicht über diese Wertveränderungen zu behalten, muss der Kaufmann die zu Beginn der Geschäftsperiode vorhandenen Bestände an Vermögen und Schulden sowie deren Veränderung durch die Geschäftsvorfälle festhalten. Er muss über die Geschäftsvorfälle „Buch führen“. Buchführung ist die lückenlose und sachlich geordnete Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle eines Unternehmens aufgrund von Belegen. Darüber hinaus ist der Kaufmann auch im öffentlichen Interesse zur Buchführung verpflichtet (siehe Kapitel 2). Kompetenztraining 25 1. Erläutern Sie den Begriff Buchführung! 2. Notieren Sie, wie man die Vorgänge, die in der Buchführung erfasst werden, nennt! 3. Bilden Sie drei Beispiele, aus denen hervorgeht, warum die Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle für die Geschäftsleitung des Unternehmens unentbehrlich ist! 4. Erläutern Sie, worin der Unterschied zwischen einem Fremd- und einem Eigenbeleg liegt! 5. Stellen Sie dar, welche Aussagen aus einem Beleg entnommen werden können! 6. Erläutern Sie die Begriffe Güterstrom, Geldstrom und Informationsstrom! 122 Lernfeld 6: Wertströme erfassen und beurteilen 7. Ordnen Sie folgende Ereignisse den drei Strömen zu: Nr. Ereignis 7.1 Kunde erhält von uns ein Angebot 7.2 Kunde schickt uns einen Auftrag 7.3 Wir richten eine Anfrage an einen Lieferer 7.4 Lieferer schickt uns Handelswaren zusammen mit Lieferschein 7.5 Waren werden gegen Warenentnahmeschein dem Lager entnommen 7.6 Das Bankkonto wird mit einer Lastschrift des Lieferers belastet Art des Stromes 8. Erläutern Sie die Aufgabe von Belegen in der Buchführung! 2 Rechtliche Anforderungen an eine ordnungsmäßige Buchführung Grundlegende gesetzliche Buchführungsbestimmungen für Kaufleute finden sich im Handelsgesetzbuch [HGB]. Da die Buchführung auch Grundlage für die Besteuerung des Unternehmens ist, gibt es daneben noch steuerrechtliche Buchführungsbestimmungen. Sie sind insbesondere in der Abgabenordnung [AO],1 dem Einkommensteuergesetz [EStG], dem Körperschaftsteuergesetz [KStG]2 und dem Umsatzsteuergesetz [UStG]3 enthalten. 2.1 Buchführungspflicht, ordnungsmäßige Buchführung und die Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen (1) Buchführungspflicht Jeder Kaufmann, der ins Handelsregister eingetragen ist, ist verpflichtet Bücher4 zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen [§ 238 I HGB]. Nach § 241 a HGB sind von der Buchführungspflicht befreit Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als ■■ 600 000,00 EUR Umsatzerlöse und ■■ 60 000,00 EUR Jahresüberschuss aufweisen. 1Unter Abgaben verstehen wir Pflichtzahlungen (Steuern, Zölle, Gebühren und Beiträge), die Bund, Länder und Gemeinden von den Staatsbürgern und von juristischen Personen fordern. Das steuerliche Grundgesetz zur Regelung des Abgabenwesens nennt man Abgabenordnung. Sie enthält Vorschriften über das Besteuerungsverfahren, das Steuerstrafwesen, das Rechtsmittelverfahren gegen Steuerbescheide und die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit der Finanzämter. 2 Die Körperschaftsteuer besteuert den Jahresüberschuss der juristischen Personen (z. B. AG, GmbH). 3 Vgl. hierzu S. 174 ff. 4 Vgl. hierzu S. 148 f. 2 Rechtliche Anforderungen an eine ordnungsmäßige Buchführung (2) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung [GoB] Ein großer Teil der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ist im HGB und in der AO gesetzlich verankert. Wichtige Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind beispielsweise: Allgemeiner Grundsatz [§ 238 I, S. 2 HGB; § 145 I AO] „Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann.“ Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit [§ 238 I, S. 3 HGB] „Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.“ Praktisch führt dieser Grundsatz zu der Forderung: keine Buchung ohne Beleg und zu einer ordnungsmäßigen Belegaufbewahrung. Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit [§ 239 II HGB; § 146 II AO] „Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vor­genommen werden.“ Die Grundsätze 2 und 3 hängen eng miteinander zusammen. Der dritte Grundsatz erfordert zusätzlich für die Praxis die Führung eines Grundbuches (zeitgerechte Erfassung) und die Führung eines Hauptbuches (sachgerechte, geordnete Erfassung). Grundsatz des Erhalts der ursprünglichen Eintragungen [§ 239 III, S. 1 HGB; § 146 IV AO] „Eine Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist.“ Praktisch bedeutet das ein Verbot der Benutzung von Radier- oder Killerinstrumenten sowie das Verbot des Überschreibens. Grundsatz der Lesbarkeit der Daten [§ 239 IV, S. 2 HGB] „Bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können.“ Zusätzlich zu den GoB wurden auch noch „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ [GoBD] erstellt. Dies ist erforderlich, denn die zu führenden Bücher sowie die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch auf Datenträgern geführt und aufbewahrt werden [§ 147 II AO]. Als Datenträger im Sinne dieser Vorschrift kommen in erster Linie die nur maschinell lesbaren Datenträger (z. B. CD-ROM) in Betracht. Mit den GoBD werden die GoB an die Entwicklungen einer modernen DV-gestützten Buchführung mit der Möglichkeit einer Speicherbuchführung angepasst. (3) Aufbewahrungsfristen Bücher und Aufzeichnungen (z. B. Handelsbriefe) müssen sowohl nach dem Handelsrecht [§ 257 HGB] als auch nach dem Steuerrecht [§ 147 I AO] aufbewahrt werden. Dadurch soll eine spätere Nachprüfung durch den Geschäftsinhaber bzw. Gesellschafter oder durch Außenstehende (z. B. Finanzamt) gewährleistet werden. Während das Handelsrecht nach § 257 HGB nur die Vollkaufleute erfasst, bezieht der § 147 I AO in Verbindung mit § 141 AO alle buchführungs- und aufzeichnungspflichtigen Personen und damit einen viel größeren Personenkreis ein. Die nachfolgende Übersicht gibt beispielhaft Aufschluss über Frist und Form der Aufbewahrung von Unterlagen. 123 124 Lernfeld 6: Wertströme erfassen und beurteilen Fristen* Unterlagen 6 Jahre Form Original, Bildoder Datenträger 10 Jahre Originale Eröffnungsbilanzen X X Jahresabschlüsse X X Inventare X X Handelsbücher X X Lageberichte X X Arbeitsanweisungen X X empfangene Handelsbriefe X abgesandte Handelsbriefe X Buchungsbelege1 X X X X * Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Unterlage entstanden ist. Nach dem Steuerrecht läuft die Aufbewahrungsfrist allerdings so lange nicht ab, soweit und so lange die Unterlagen für die Steuer von Bedeutung sind. 1 2.2 Umsatzsteuerpflichtige Geschäftsvorfälle Jedes Unternehmen hat von dem Mehrwert (Unterschied zwischen Verkaufspreis und Einstandspreis), der von seinem Unternehmen geschaffen wird, Umsatzsteuer zu entrichten. Aus diesem Grund wird die Umsatzsteuer auch Mehrwertsteuer genannt. Rechtliche Grundlage ist das Umsatzsteuergesetz [UStG].2 Verkaufspreis netto – Einstandspreis netto = Mehrwert davon 19 % USt 2 000,00 EUR 1 500,00 EUR 500,00 EUR 95,00 EUR In vereinfachter und verkürzter Form dargestellt, beantwortet das Umsatzsteuergesetz folgende Fragen: 3 Wer ist umsatzsteuerpflichtig? Der Unternehmer, der die Leistung ausführt. Er ist Steuerschuldner. Welche Umsätze sind steuerpflichtig? ■■ Lieferungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. ■■ Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (z. B. Reparaturen, Transport von Waren, Errichtung neuer Anlagen usw.). 3 ■■ Die Einfuhr von Gegenständen aus einem Drittlandsgebiet in das Inland (Einfuhrumsatzsteuer). ■■ Innergemeinschaftlicher Erwerb im Inland gegen Entgelt (z. B. Kauf von Betriebsstoffen, eines Kassensystems). 1 Buchungsbelege sind u. a.: Rechnungen, Lieferscheine, Quittungen, Warenbestandsaufnahmen, Bankauszüge, Buchungsanweisungen, Gehaltslisten, Kassenbericht. 2 Siehe auch S. 174 ff. 3 Drittlandstaaten sind Staaten, die nicht zur Europäischen Union (EU) gehören. 125 2 Rechtliche Anforderungen an eine ordnungsmäßige Buchführung ■■ Ausfuhrlieferungen in ein Drittland; Welche Umsätze sind steuerfrei (Beispiele)? 1 ■■ innergemeinschaftliche Lieferungen; ■■ Umsätze im Geld- und Kapitalverkehr (z. B. die Gewährung und die Vermittlung von Krediten, die Umsätze von Wertpapieren); ■■ Vermietung und Verpachtung von Grundstücken; ■■ Umsätze von Bausparkassenvertretern, Versicherungsvertre- tern und Versicherungsmaklern; ■■ Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker und Krankengymnast; ■■ Zahlung von Versicherungsbeiträgen. ■■ Allgemeiner Steuersatz 19 % Wie viel Prozent beträgt der Steuersatz? ■■ Ermäßigter Steuersatz 7 % Dem ermäßigten Steuersatz unterliegen z. B. die Personenbeförderung im Linienverkehr; der Verkauf von Grundnahrungsmitteln (außer dem Verzehr an Ort und Stelle); der Umsatz aus dem Verkauf von Büchern und Zeitschriften. ■■ Die Umsatzsteuer wird vom Entgelt berechnet. Das ist der vom Von welchem Betrag wird die Umsatzsteuer berechnet? Empfänger der Leistung zu entrichtende Nettopreis (Bemessungsgrundlage). ■■ Die Umsatzsteuer fällt im Allgemeinen bereits dann an, wenn eine Lieferung bzw. Leistung erbracht wird, also die Forderung entsteht (Sollbesteuerung). Hinweis: Der Ablauf der Belegarbeiten und die Erfassung der Belege im Grund- und Hauptbuch wird auf den Seiten S. 146 ff. dargestellt. Kompetenztraining 26 1. Nennen Sie die Rechtsquellen, die für die Buchführung von Bedeutung sind! 2. Stellen Sie dar, welche Gründe den Staat veranlasst haben können, gesetzliche Bestimmungen zur Buchführung zu erlassen! 3. Sie sind Mitarbeiter der Großhandlung Björn Schön GmbH, Monschauer Platz 1, 50933 Köln. Aufgabe: Leiten Sie aus den folgenden Belegen ab, welche Wertströme Eingangs-/Ausgangsbeleg, Güter-/Geldstrom, Eigen-/Fremdbeleg angesprochen werden! Hinweis: Verwenden Sie zur Lösung die nachfolgende Tabelle: Eingangsbeleg Ausgangsbeleg Güterstrom Geldstrom Eigenbeleg Fremdbeleg 1 Gemeinschaftsgebiet umfasst das Gebiet der europäischen Staaten, die der Europäischen Union angehören. EU-Länder sind: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn und Zypern (griechischer Landesteil). 126 Lernfeld 6: Wertströme erfassen und beurteilen Beleg 1 Björn Schön GmbH Großhandlung Björn Schön GmbH · Monschauer Platz 1 · 50933 Köln Möbelhaus Rundel KG Hasselteich 24109 Kiel Bestell-Nr. Bestelldatum Lieferschein-Nr.Telefon 4130 02. 08. 20 . . 67132-04 0221 7124-556 Fax 0221 7124-587 Bei Zahlung unbedingt angeben: Wir berechnen für unsere Lieferung vom 04. 08. 20 . . Rechnungsdatum: 28. 08. 20 . . Kunden-Nr.:3804 Rechnungs-Nr.:3254/04 Artikel-Nr. Menge (Stück) 4235 25 Artikelbezeichnung Matrazen, Schaumstoff Einzelpreis EUR Gesamtbetrag EUR 101,90 2 547,50 2 547,50 127,38 2 420,12 459,82 2 879,94 Warenwert (netto) – 5 % Rabatt Rechnungsbetrag (netto) + 19 % USt Rechnungsbetrag Beleg 2 Mül ler Müller Spedition GmbH Müller Spedition GmbH · Postfach 711278 · 47139 Duisburg Großhandlung Björn Schön GmbH Monschauer Platz 1 50933 Köln Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom ge/ho 08. 08. 20 . . g Eingan 20 . . 25. 08. Umzüge Logistik Transporte Bitte stets angeben: Kunden-Nr.:731-2 Rechnungs-Nr.:7956 Rechnungsdatum: 23. 08. 20 . . Unser Zeichen, unsere Nachricht vom lü/ke Datum 23. 08. 20 . . Rechnung Gemäß Ihrem Auftrag vom 8. August 20 . . lieferten wir Ihnen einen Verpackungsautomaten von Ihrem Lieferanten, der Pohl Maschinenbau OHG Duisburg: Transportkosten, netto + 19 % USt 1 280,00 EUR 243,20 EUR Gesamtbetrag 1 523,20 EUR 127 2 Rechtliche Anforderungen an eine ordnungsmäßige Buchführung Beleg 3 JEANS AG Gera Jeans AG · Sachsenstr. 40 · 07551 Gera Großhandlung Björn Schön GmbH Monschauer Platz 1 50933 Köln Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom ri/ka 27. 08. 20 . . g Eingan 0 . . 02. 09. 2 Unser Zeichen, unsere Nachricht vom am/he Datum 29. 08. 20 . . Sehr geehrte Damen und Herren, wir bestätigen die Rücksendung von sechs Jeans Tapered wegen Qualitätsmangel: Warenwert 6 Jeans Tapered à 39,80 EUR + 19 % USt 238,80 EUR 45,37 EUR Gesamtwert 284,17 EUR Bitte nehmen Sie eine entsprechende Verrechnung in Ihrer Buchführung vor. Mit freundlichen Grüßen ppa. Ahner Beleg 4 Björn Schön GmbH Großhandlung Björn Schön GmbH · Monschauer Platz 1 · 50933 Köln Bürohaus Sommer Amalienstr. 20 80799 München Bestell-Nr. Bestelldatum Lieferschein-Nr.Telefon 0221 7124-556 Fax 0221 7124-587 Bonusgutschrift Auf den Umsatz in Höhe von 8 400,00 EUR im 2. Quartal gewähren wir einen Umsatzbonus von 4 %. Bonus + 19 % Umsatzsteuer 336,00 EUR 63,84 EUR Gutschrift 399,84 EUR 128 Lernfeld 6: Wertströme erfassen und beurteilen Beleg 5 800,00 achthundert–––––––––––––––– Björn Schön Barentnahme für private Zwecke 20. August 20.. Björn Schön GmbH B. Schön Beleg 6 €uro-Überweisung Für Überweisungen in Deutschland, in andere EU-/EWR-Staaten und in die Schweiz in Euro. Volksbank Köln-Nord Überweisender trägt Entgelte und Auslagen bei seinem Kreditinstitut; Begünstigter trägt die übrigen Entgelte und Auslagen. Bitte Meldepflicht gemäß Außenwirtschaftsverordnung beachten! Angaben zum Begünstigten: Name, Vorname/Firma (max. 27 Stellen, bei maschineller Beschriftung max. 35 Stellen) Jeans AG, Sachsenstr. 40, 07551 Gera IBAN GENODEF1GEV Betrag: Euro, Cent 1 655,78 -------------- Kunden-Referenznummer - Verwendungszweck, ggf. Name und Anschrift des Überweisenden - (nur für Begünstigten) Ihre Rechnung vom 25. August 20.. noch Verwendungszweck (insgesamt max. 2 Zeilen à 27 Stellen, bei maschineller Beschriftung max. 2 Zeilen à 35 Stellen) Rechnung-Nr. H 715376 Kopie für Kontoinhaber DE37 8306 4568 0123 8979 00 BIC des Kreditinstituts (8 oder 11 Stellen) Angaben zum Kontoinhaber: Name, Vorname/Firma, Ort (max. 27 Stellen, keine Straßen- oder Postfachangaben) Björn Schön GmbH, 50933 Köln IBAN DDE62 3706 9429 0064 0697 54 E Datum Unterschrift(en) 20.09.20.. B. Schön Beleg 7 Ausgabebeleg Kassenbeleg-Nr. netto Ausgezahlt wurden an € Ct ---- 600 ----00 Frau USt________% Ct Anneliese Werder im Hause Ct gesamt € ---- 600 ----00 Tausender Hunderter Einer Zehner --------------- Sechs --------------- -------------Freie Felder durchstreichen Gehaltsvorschuss für September 20. . für zulasten Köln Ort Datum 22. 08. 20 . . Buchungsvermerke Gesamtbetrag dankend erhalten A. Werder Unterschrift des Empfängers Ct wie oben Lernfeld 7 240 LS 1 Gesprächssituationen gestalten 1 Grundlagen für erfolgreiche Gespräche mit Geschäftspartnern schaffen 1.1 Bedeutung von Gesprächen im Berufsalltag Als Auszubildende führen Sie täglich Gespräche mit Kollegen, Vorgesetzten, Kunden und Dienstleistern. Mit manchen Gesprächspartnern macht es Freude zu kommunizieren. Die Gespräche geben Ihnen neue Energie und wirken motivierend. Anderen Gesprächssituationen möchten Sie am liebsten aus dem Wege gehen, denn Sie erwarten Gefühle von Frustration, Ärger oder Enttäuschung. Kommunikation ist ein lebendiges wechselseitiges Miteinander. Jedes Gespräch beeinflusst die zwischenmenschlichen Beziehungen, die entscheidend für die Entwicklung von Geschäftsbeziehungen sind. Um diese Entwicklung erfolgreich zu gestalten, ist es wichtig zu erkennen, welchen Regeln Kommunikation folgt und welche Wirkung Sprache auf den Menschen ausübt. Die äußeren Einflüsse haben eine Wirkung auf das innere Geschehen des Ablaufs eines Gespräches. 1.2 Einflüsse auf die Gesprächssituation (1) Anlässe – Warum findet das Gespräch statt? Die meisten Gespräche haben eine Vorgeschichte in Form von Telefonaten, E-Mails, Briefverkehr, Werbebotschaften usw. Vorab wurden in der Regel bereits Informationen aus­ getauscht, die durch ein Gespräch vertieft und ergänzt werden sollen. Die Erfahrungen, die die Teilnehmer im Vorfeld gesammelt haben, wirken sich auf die Stimmung aus, die die Gesprächssituation prägen. Man unterscheidet verschiedene Arten von Gesprächen. Je nach Gesprächsabsicht handelt es sich z. B. um: Beratungsgespräche Konfliktgespräche (Vermittlungsgespräche) Beschwerde Reklamation Feedbackgespräche 241 1 Grundlagen für erfolgreiche Gespräche mit Geschäftspartnern schaffen (2) Ziele – Wozu dient das Gespräch? Jeder Gesprächsteilnehmer knüpft bestimmte Ziele und Erwartungen an ein Gespräch. Die Informationen darüber werden im Gespräch ausgetauscht und Schlüsse werden gezogen. Die Erwartungshaltung der Teilnehmer spielt für den Verlauf eines Gespräches eine bedeutende Rolle. (3) Inhalte – Was ist Thema des Gespräches? Das Thema steht in enger Verbindung zu dem Gesprächsanlass. Themen im Geschäftsalltag sind z. B. ein Verkaufsgespräch, ein innerbetrieblicher technischer oder kaufmännischer Auftrag, Enttäuschung über erbrachte Leistungen, Lob und Anerkennung. (4) Teilnehmer – Wer bestimmt den Gesprächsverlauf? Jeder Gesprächsteilnehmer befindet sich in einer bestimmten Rolle, z. B. als Auszubildender, Angestellter, Chef oder Kunde. Die Rolle, die er ausübt, bestimmt sein Verhalten während des Gesprächs. Alle Teilnehmer beeinflussen den Gesprächsverlauf. 1.3 Grundlagen der Gesprächsführung 1.3.1 Elemente des Kommunikationsprozesses Wenn wir sprechen oder Zeichen von uns geben, stellen wir zu unserem Kommunikationspartner eine Verbindung her. Wir wollen ihm etwas mitteilen. Der Sprecher ist der Sender, der Hörer ist der Empfänger der Botschaft. Wenn es sich um ein Gespräch handelt, so gibt der Empfänger eine Rückmeldung an den Sender, wie er diese Botschaft verstanden hat. Sender Empfänger Botschaft Rückmeldung Dadurch wird der Zuhörer zum Sender und der ursprüngliche Sender zum Empfänger. In Wechselspiel eines Gespräches ist jeder Teilnehmer sowohl Sender als auch Empfänger. Kommunikation ist der Austausch von Informationen mithilfe sprachlicher und/oder nicht-sprachlicher Mittel. Ein Gespräch zwischen Menschen funktioniert aber nicht so einfach wie die Kommunikation zwischen Maschinen. Als Mensch kommunizieren wir mit unserer gesamten Persönlichkeit, d. h. mit Körper, Geist und Seele. 242 Lernfeld 7: Gesprächssituationen gestalten 1.3.2 Kommunikationsquadrat („Vier-Ohren-Modell“) Der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun stellt den Kommunikationsprozess in einem „Vier-Ohren-Modell“ – auch „Kommunikationsquadrat“ genannt – dar:1 Appell Selbstkundgabe Sachverhalt Äußerung Sender Empfänger Beziehungshinweis Eine Äußerung kann also in vier unterschiedlichen Weisen (mit vier „Schnäbeln“) gesendet werden. 1. 2. Kommunikationsebene Erläuterungen Beispiele Sachinhalt Der Sender teilt eine sachliche Information mit. „Hier ist es kalt.“ Selbstkundgabe (Selbstoffenbarung) Der Sender gibt etwas von sich preis. Er teilt mit, wie er sich fühlt. „Ich fühle mich hier nicht wohl, ich friere“. Beziehungshinweis Je nachdem, wie der Empfänger die Äußerung kommuniziert (durch Tonfall, Mimik, Gestik, Körperhaltung), wird etwas über die Beziehung zu dem Empfänger mitgeteilt. „Ich bin enttäuscht, dass du vergessen hast, die Heizung einzuschalten.“ Appellfunktion Der Sender appelliert mit seiner Äußerung an den Empfänger, etwas zu tun. Er möchte mit seiner Äußerung etwas bewirken. „Bitte schalte die Heizung ein.“ 3. 4. Der Empfänger seinerseits empfängt die Äußerung mit vier „Ohren“, d. h. auf den genannten vier Ebenen. Je nachdem, welcher Aspekt nach seinem Empfinden am stärksten betont wird, wird seine Reaktion ausfallen. Es kann z. B. sein, dass er sehr empfindlich auf die Appellfunktion reagiert, wenn die Beziehung zur Person des Senders gestört ist. Eine mögliche Antwort in obigem Beispiel wäre dann: „Dafür bin ich nicht verantwortlich.“ 1 Abbildung in Anlehnung an Friedemann Schulz von Thun – www.schulz-von-thun-institut.de [22. 09. 2014]. Lernfeld 8 293 Personalwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen 1 Ziele und Aufgaben der Personalwirtschaft ermitteln 1.1 Begriff und Ziele der Personalwirtschaft Die Personalwirtschaft ist für die Führung, Leitung und den Einsatz der Mitarbeiter zuständig. Für die Personalwirtschaft ergeben sich zwei Hauptziele, nämlich ein ökonomisches und ein soziales Ziel. Ökonomisches Ziel Soziales Ziel Mitarbeiter so auswählen, fortbilden und einsetzen, dass die Existenz des Betriebs gesichert ist. Mitarbeiter wirtschaftlich und sozial bestmöglichst absichern (z. B. sicherer Arbeitsplatz, beruflicher Aufstieg, gutes Arbeitsklima). Die Ziele der Personalwirtschaft sind nicht immer konfliktfrei. So kommen hohe Arbeitsentgelte und umfassende Sozialleistungen sicher den Erwartungen der Belegschaftsmitglieder entgegen, beeinträchtigen aber unter Umständen das ökonomische Ziel der Gewinnerreichung. 1.2 Aufgaben der Personalwirtschaft Aus den oben genannten Zielen leiten sich die folgenden speziellen Aufgaben der Personalwirtschaft ab: Aufgaben der ­Personalwirtschaft Beschreibung der Aufgaben Personal­ bedarfsplanung Sie legt den gegenwärtigen und zukünftigen Personalbedarf fest. Außerdem bestimmt sie über den zeitlichen und örtlichen Einsatz der Mitarbeiter. Personal­ beschaffung Sie wählt die geeigneten Mitarbeiter aus und stellt sie ein. Dazu werden Richtlinien für den Personalbeschaffungsweg festgelegt. Personalführung und -entwicklung ■■ Die Personalführung hat u. a. die Aufgabe, Führungsgrundsätze zu ent- Personal­ entlohnung Sie bestimmt die Personalkosten des Betriebs. Die Höhe der Personalentlohnung hat einen erheblichen Einfluss auf das Leistungsverhalten der Mitarbeiter. Personal­ freistellung Sie hat die Aufgabe, einen Personalüberhang abzubauen. Man unterscheidet ■■ die interne Personalfreistellung (z. B. durch Abbau von Mehrarbeit, Einführung von Gleitzeitarbeit, Arbeitsplatzteilung) und ■■ die externe Personalfreistellung (z. B. durch vorgezogenen Ruhestand, Kündigung). wickeln, Mitarbeiter zu beurteilen sowie auftretende Konflikte im Unternehmen zu lösen. ■■ Zur Personalentwicklung zählen alle Maßnahmen die das Ziel haben, die Qualifikation der Mitarbeiter zu verbessern. 294 Lernfeld 8: Personalwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen 2 Überblick über den Geschäftsprozess der Personalwirtschaft verschaffen Der Geschäftsprozess „Personalwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen“ unterstützt Geschäftsprozesse wie den Absatz- oder Beschaffungsprozess1, die direkt zur Wertschöpfung des Unternehmens beitragen. Gliedert man den Personalprozess in Teilprozesse auf, so können diesen die jeweiligen betriebswirtschaftlichen Inhalte zugeordnet werden. Teilprozesse der Personalwirtschaft Betriebswirtschaftliche Inhalte von Lernfeld 8 ■■ Analyse des Personalbedarfs Personalbedarfsplanung vornehmen ■■ Arten des Personalbedarfs ■■ quantitativ ■■ qualitativ ■■ Aufgaben der Personalbeschaffungsplanung Personalbeschaffungsplanung durchführen ■■ Personalbeschaffungsweg ■■ interne ■■ externe ■■ Ablauf des Auswahl- und Einstellungsverfahrens ■■ Stellenanzeigen formulieren ■■ Eingehende Bewerbungen überprüfen Personal beschaffen ■■ Durchführung der Personalauswahl ■■ Personalentscheidung treffen ■■ Rechtliche Anforderungen bei Arbeitsverträgen ■■ Mitarbeiter zur Sozialversicherung anmelden ■■ Personalakten Personal verwalten ■■ Personalinformationssysteme ■■ Personalstatistik, Datenschutz ■■ Modelle der Arbeitszeitzerlegung ■■ Personaleinsatzplanung ■■ Formen des betrieblichen Entgelts Entgelte abrechnen ■■ Aufbau der Lohn- und Gehaltsabrechnung ■■ Personalentwicklung Mitarbeiter qualifizieren Personal beurteilen Arbeitsverhältnis beendigen 1 Siehe Lernfeld 3 und Lernfeld 4. ■■ Mitarbeiterförderung ■■ Fort- und Weiterbildung ■■ Ziele, Kriterien, Formen der Beurteilung ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ Gründe für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen Vertragsablauf, Auflösungsvertrag Kündigung Kündigungsschutzklage Ausstellen eines Zeugnisses Entlassungsabwicklung 295 3 Personalbedarfsplanung vornehmen 3 Personalbedarfsplanung vornehmen Planung und Durchführung der Personalbeschaffung Personalbedarf planen PersonalPersonal beschaffung beschaffen planen Betreuung der Beschäftigten Personal verwalten Beendigung der Beschäftigung Personal Personal fördern und Personal freisetzen entlohnen beurteilen 3.1 Personalanalyse LS 1 (1) Ermittlung des derzeitigen Personalbestands Ein Betrieb braucht Mitarbeiter in ausreichender Zahl sowie mit passender Qualifikation und Erfahrung. Nur so kann der Betrieb wirtschaftlich erfolgreich sein. Die Personalabteilung hat dabei die Aufgabe, die aktuell und zukünftig benötigten Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Um einen Fachkräfteengpass langfristig zu vermeiden, muss die Personalabteilung die Altersstruktur und die Qualifikationen ihrer Mitarbeiter kennen. Auf diese Weise kann sie rechtzeitig Maßnahmen wie Neueinstellungen, Versetzungen oder Fortbildungsmaßnahmen ergreifen. 1 Beispiel: Personalwirtschaftliche Kennzahlen der Weber Metallbau GmbH Januar 20. . . männlich weiblich Gesamt Alle Beschäftigungsverhältnisse 128 72 200 davon älter als 60 Jahre 17 4 21 davon Auszubildende 7 3 10 6 4 10 18 17 35 davon schwerbehinderte Menschen 1 davon Beschäftigte mit Migrationshintergrund Analyse der Daten: ■■ Die Weber Metallbau GmbH beschäftigt 64 % Männer und 36 % Frauen. Maßnahme: Der Frauenanteil könnte angeglichen werden, dabei wäre eine genauere Aufteilung in Vollzeit-/Teilzeitstellen bzw. Führungskräfte, Sachbearbeiter usw. sinnvoll. ■■ In den nächsten Jahren gehen 10,5 % der Mitarbeiter aufgrund ihres Alters in Ruhestand, da sie älter als 60 Jahre sind. Maßnahme: Kurz- und mittelfristig muss dieser Abgang an Mitarbeitern durch Neueinstellungen gedeckt werden – vorausgesetzt, die Auftragslage bleibt gleich. ■■ Die Quote der Auszubildenden liegt bei 5 %. (Mit Übernahme der Auszubildenden kann der Abgang der älteren Mitarbeiter nicht gedeckt werden.) Maßnahme: Auf dem Arbeitsmarkt gibt es immer weniger Fachkräfte. Durch eine Erhöhung der Ausbildungsquote bildet die Weber Metallbau GmbH in Zukunft mehr 1Ein/-e Migrant/-in ist eine Person, die einen Ort verlässt und sich in einem anderen Ort in einem anderen Staat niederlässt (UNODefinition). 296 Lernfeld 8: Personalwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen eigene Fachkräfte aus und bindet gleichzeitig geeignete Mitarbeiter langfristig an den Betrieb. ■■ Der Anteil an schwerbehinderten Mitarbeitern beträgt 5 %. Hinweis: Laut § 71 Sozialgesetzbuch IX sind Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten dazu verpflichtet, auf wenigstens fünf Prozent der Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen. In Deutschland sind ca. 10 % der Menschen schwerbehindert. Mehr als die Hälfte der Menschen mit Schwerbehinderungen haben nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit eine abgeschlossene Berufsausbildung. Acht Prozent der Studierenden haben nach Angaben des Deutschen Studentenwerks Behinderungen oder chronische Krankheiten.1 Maßnahme: Die Einstellung von mehr schwerbehinderten Menschen sichert den Bedarf an motivierten und qualifizierten Mitarbeitern mit besonderen Fähigkeiten. ■■ Der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund beträgt 17,5 %. Die vielfältigen, teil- weise muttersprachlichen Fremdsprachenkenntnisse und der Einblick in unterschiedliche Kulturen können für die Beschaffung und den Absatz, im Schriftverkehr oder in Gesprächen eingesetzt werden. Durch die Einbindung der Migranten in die Arbeitswelt wird deren Eingliederung in die Gesellschaft (Inklusion)2 gefördert. Zudem tragen die Menschen mit Migrationshintergrund dazu bei, die Wirtschaft zu stärken und die Sozialsysteme abzusichern. Maßnahme: Kenntnisse von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund im Betrieb gezielt einsetzen. (2) Auswirkung inner- und außerbetrieblicher Faktoren auf den Personalbedarf Der Personalbedarf von Betrieben wird durch inner- und außerbetriebliche Faktoren beeinflusst. ■■ Die internen Einflussfaktoren werden vom Betrieb in Unternehmensplänen (Absatz-, Inves- titions-, Produktionsplan usw.) festgelegt. Der entstehende Personalbedarf kann z. B. mithilfe von Kennzahlensystemen berechnet werden. ■■ Externe Einflussfaktoren sind von der wirtschaftlichen, technischen und politischen Entwicklung abhängig. Für den Betrieb ist es dabei schwierig, die tatsächliche Auswirkung auf den Personalbestand zu bestimmen. ■■ Innerbetriebliche Faktoren Faktoren der Personalanalyse Erläuterungen Beispiele Absatzprogramm Die Produktions- und Absatzmenge wird verändert. Die Kochwelt AG beschließt, die Absatzmenge an Küchen um 15 % zu erhöhen. → erhöhter Personalbedarf in der Zukunft Mitarbeiter­ struktur Die Struktur der Mitarbeiter eines Betriebs kann auf verschiedene Kriterien hin analysiert werden. Beispielsweise wird eine Altersstrukturanalyse erstellt. Die Quote von Mitarbeitern, die älter als 50 Jahre sind, beträgt 23 %. → erhöhter Personalbedarf in der Zukunft 1 Quelle: http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a755-nap-leitfaden.pdf?_blob=publicationFile [23. 11. 14]. 2 Inklusion (lat.): Einschluss, Einbeziehung. Die Inklusion besagt, dass alle Menschen – ob Migrant oder mit Behinderung – das Recht haben, selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. 303 4 Personalbeschaffungsplanung durchführen 4.2 Personalbeschaffungswege 4.2.1 Interne Personalbeschaffung Die interne1 Personalbeschaffung erfolgt durch eine innerbetriebliche Stellenausschreibung.2 Die Stellenausschreibung kann den Mitarbeitern über das Schwarze Brett, das ­ Intranet, eine Hausmitteilung oder die direkte Mitarbeiteransprache bekannt gemacht werden. Handelt es sich bei der zu besetzenden Stelle um einen neu geschaffenen Arbeitsplatz, so wird das Problem durch interne Personalbeschaffung nicht gelöst, weil an anderer Stelle ein Arbeitsplatz frei geworden ist, der wiederum besetzt werden muss. Innerbetriebliche Stellenausschreibung In der AbteilungEinkauf . . . . . . . ist ab 1. . . .Juli . . . . . folgende Stelle zu besetzen: Terminsachbearbeiter/-in Stellenbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Stellennummer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lieferterminüberwachung, Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Mahnungen . . . . . . . . . . . schreiben ............................ Lohngruppe 4 Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gute Englischkenntnisse, Qualifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MS-Office-Kenntnisse ................................................ 15. Februar Bewerbungsunterlagen bis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heine 28. Januar Datum . . . . . . . . . . . . . Unterschrift . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Externe Personalbeschaffung (1) Personalbeschaffungswege Ist eine innerbetriebliche Personalbeschaffung nicht möglich (weil z. B. kein Bewerber den geforderten Qualifikationen entspricht) oder nicht gewollt (weil z. B. „frischer Wind“ in den Betrieb kommen soll), so erfolgt eine externe3 Personalbeschaffung. Es gibt folgende externe Beschaffungswege: ■■ Agenturen für Arbeit als Einrichtungen der Bundesagentur für Arbeit. Sie haben u. a. die Auf- gabe, berufliche Ausbildungsstellen und Arbeitsplätze zu vermitteln. ■■ Private Arbeitsvermittlungen. ■■ Arbeitsverleihunternehmen. Hier wird ein kurz- oder mittelfristiger Perso- nalbedarf durch das Leasen4 von Arbeitskräften gedeckt. Beim Personal­ leasing überlässt das Verleihunternehmen dem Betrieb gegen Entgelt Arbeitskräfte (die Leih- oder Zeitarbeitnehmer). Zwischen dem Verleihunternehmen und dem Betrieb wird ein Arbeitnehmerüberlassungs­vertrag abgeschlossen. Arbeitgeber ist das Verleihunternehmen. Es bezahlt demnach auch die Leiharbeitskräfte. Während der Laufzeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist der Geschäftsführer des Betriebs gegenüber der Leiharbeitskraft weisungsbefugt. 5 ■■ Stellenanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften. ■■ Personalberater. Sie sind externe Berater, die im Auftrag des Unternehmens vor allem hoch qua- lifiziertes Personal vermitteln und i. d. R. bereits eine Vorauswahl unter den Bewerbern treffen. 1 Intern: innen, innerbetrieblich. 2 Nach § 93 BetrVG hat der Betriebsrat das Recht zu verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden. 3 Extern: draußen befindlich; außerbetrieblich. 4 To lease: mieten. 5 Siehe S. 308 ff. 304 Lernfeld 8: Personalwirtschaftliche Aufgaben wahrnehmen (2) Interne und externe Personalbeschaffung im Vergleich Interne Personalbeschaffung Vorteile ■■ geringe Informationskosten ■■ geringer Zeitverlust bei der Stellen■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ Nachteile besetzung geringe Verhandlungs- und Einarbeitungskosten allgemeines Signal für Aufstiegschancen Anreize durch offene Konkurrenz um knappe Aufstiegs­chancen Qualifikationen bereits bekannt Erhaltung betriebsspezifischer Qualifikationen geringes Risiko der Fehlbesetzung, da die Mitarbeiter und ihr Leistungsverhalten im Unternehmen bekannt sind und umgekehrt auch die Mit­ arbeiter das Unternehmen kennen ■■ möglicher Rückgang der Leistungs■■ ■■ ■■ ■■ bereitschaft Gefahr der Veralterung fachspezifischer Qualifikationen durch fehlende Anreize zur Weiter­qualifizierung Förderung von „Betriebsblindheit“ abgelehnte Mitarbeiter können eine Absage als Niederlage empfinden, sich davon demotivieren lassen und im schlimmsten Fall das Betriebsklima vergiften bestehende Beziehungen verhindern die Anwendung notwendiger, aber unliebsamer Maßnahmen (Verfilzung, Seilschaften) Externe Personalbeschaffung ■■ größere Auswahlmöglichkeiten ■■ höhere Leistungsbereitschaft, da die subjektiv eingeschätzte Arbeitsplatzsicherheit geringer ist ■■ Erwerb neuartiger Qualifikationen, die betriebsintern nicht geschaffen werden können ■■ Verhinderung von Betriebsblindheit ■■ abgelehnte Bewerber haben ­keinen negativen Einfluss auf das Betriebsklima ■■ mangelnde Motivation des Perso- nals durch fehlende Aufstiegsmöglichkeiten ■■ gute Fachkräfte verlassen das Unternehmen und nehmen die aufgebauten Qualifikationen mit ■■ Fehlbesetzungsrisiko ■■ längere Einarbeitungs- und Eingewöhnungsphase Kompetenztraining 80 Die moderne Personalwirtschaft hat sowohl ökonomische als auch soziale Zielsetzungen. Aufgaben: 1. Erläutern Sie diese beiden Zielsetzungen! 2. Begründen Sie anhand eigener Beispiele mögliche Zielkonflikte bei der Verfolgung der von Ihnen genannten Ziele! 3. Stellen Sie dar, auf welchen Faktoren die steigende Bedeutung betrieblicher Personalwirtschaft beruht! 4. Nennen Sie das Ziel, das die betriebliche Personalbedarfsplanung verfolgt! 5. Beschreiben Sie die Hauptaufgaben betrieblicher Personalbedarfsplanung! 6. In der Einkaufsabteilung der Martin Müller Metallbau KG sind durchschnittlich 4 100 Rechnungen pro Monat zu bearbeiten. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Rechnung 305 4 Personalbeschaffungsplanung durchführen beträgt 15 Minuten. Als Verteilzeitfaktor gilt der Erfahrungswert von 1,2. Die durchschnittliche Arbeitszeit pro Monat beträgt 160 Stunden. Aufgabe: Berechnen Sie den Personalbedarf für die Einkaufsabteilung! 7. Unterscheiden Sie zwischen quantitativem und qualitativem Personalbedarf! 8. Der Behälterbau Hans Sailer KG legt für die Abteilung Versand die Personalbedarfsplanung für das kommende Jahr fest. Der Abteilungsleiter geht von folgenden Daten aus: –– Im nächsten Jahr sollen 20 Vollzeitkräfte eingesetzt werden. Derzeit umfasst die Abteilung 15 Vollzeitkräfte. –– Eine Mitarbeiterin geht im folgenden Jahr in Elternzeit; ein Mitarbeiter geht in den ­Altersruhestand, 2 Mitarbeitern wird gekündigt. –– 2 Mitarbeiterinnen kehren als Vollzeitkräfte aus der Elternzeit zurück; es werden als Aushilfskräfte 4 Mitarbeiter auf 450,00 EUR-Basis eingestellt, was als eine Vollzeitstelle gerechnet wird. Aufgaben: 8.1 Ermitteln Sie die Anzahl der Vollzeitkräfte, die im kommenden Jahr zusätzlich ein­ gestellt werden müssen! 8.2 Erläutern Sie, welche innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Einflüsse der Abteilungsleiter bei der Erstellung des Personalbedarfsplans in seine Überlegungen mit einbeziehen muss! 9. Beschreiben Sie die Berechnung des Personalbedarfs nach der Stellenplanmethode! 81 Die VBM Vereinigte Büromöbel AG, Bruchsal (im folgenden Text kurz „VBM AG“ genannt), hat infolge der günstigen Branchenkonjunktur stark expandiert. Mit dem Aufbau von Produktionsstätten und einem flächendeckenden Vertriebsnetz in den neuen Bundesländern hat sich das Unternehmen konsequent zukunftsorientierte Marktanteile gesichert. Die starke Expansion hat sich auch in der Belegschaftsstatistik niedergeschlagen. Aufgaben: 1. Am 31. Dezember des ersten Geschäftsjahres wurden 600 Angestellte und 1 400 gewerb­ liche Mitarbeiter beschäftigt. Im 2. Geschäftsjahr stieg die Gesamtbelegschaft um 25 %; die Zahl der Angestellten erhöhte sich um 37,5 %. Erstellen Sie eine Personalstatistik für das 1. und 2. Geschäftsjahr nach folgendem ­Schema: Jahr Gesamtbelegschaft Angestellte absolut gewerbl. Mitarbeiter % absolut % 2. Erklären Sie anhand von zwei Gesichtspunkten (Kriterien) die Veränderung der Belegschaftsstruktur! 3. Eine Hauptaufgabe der Personalabteilung besteht darin, den gegenwärtigen und zukünf­ tigen Bedarf an Arbeitskräften zu ermitteln. Erläutern Sie anhand von drei Einflussfaktoren, warum es sehr schwierig ist, die mittel- und langfristige Entwicklung des Personalbedarfs quantitativ und qualitativ genau festzulegen! 4. Die VBM AG sucht zum 1. Juli des 3. Geschäftsjahres weitere Arbeitskräfte. Stellen Sie dar, welche Personalbeschaffungswege infrage kommen! 5. Nennen Sie je einen Vor- und einen Nachteil der von Ihnen genannten Beschaffungswege! 6. Erläutern Sie die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes zur innerbetrieblichen Stellenausschreibung!