Entwicklung eines softwaregestützten Analysetools für komplexe akustische Signale Dipl.-Ing. Petra Friedrich, Daniel Baumann, Dipl.-Ing. Patrick Adigbli, Prof. Dr. Bernhard Wolf Heinz Nixdorf-Lehrstuhl für Medizinische Elektronik, Technische Universität München, Deutschland Kurzfassung Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Implementierung eines Audioanalyse-Tools zur spektralen Darstellung von musikalischen Signalen in MATLAB. Ziel ist es, eine Benutzeroberfläche zu gestalten, die es dem Benutzer erlaubt, die wichtigsten Parameter akustischer Signale zu ermitteln und diese sowohl im Zeit- als auch Frequenzbereich zu analysieren. Damit reiht sich die Arbeit in die Untersuchung der Modulation metabolischer und zentralnervöser Funktionen durch akustische Signale ein. 1 Einleitung Die Erhebung physiologischer Daten am Menschen ist bekanntermaßen sehr stark von Ort und Zeitpunkt abhängig. Der „Weißkitteleffekt“ bei Arztbesuchen ist nur ein Beispiel dafür. Zur Entwicklung neuer Therapien sind zuverlässige Ergebnisse aus Datenerhebungen in authentischen Umgebungen sehr wichtig. Um dies zu ermöglichen, wurde ein virtuelles Labor auf Basis des am Heinz Nixdorf-Lehrstuhl für Medizinische Elektronik entwickelten Telemetric Personal Health Monitoring Systems aufgebaut. Damit werden in Zusammenarbeit mit einer Reha-Klinik relevante Daten zur Entwicklung einer personalisierten akustischen Bio-Feedbacktherapie ermittelt. Die wissenschaftliche Grundlage des Projektes beruht auf der in vielen Publikationen beschriebenen blutdrucksenkenden Wirkung von speziellen Musikstücken und iterativen Klangmustern. Weiterhin hat sich gezeigt, dass es bezüglich der blutdrucksenkenden Wirkung individuelle akustische Präferenzen gibt. Ebenso ist bekannt, dass akustische Signale metabolische und zentralnervöse Funktionen modulieren können. Zur Darstellung der diese Signale bestimmenden physikalischen Parameter werden interaktive Filtersysteme benutzt, um die bioakustisch relevanten Muster zu isolieren. Das dazu in MATLAB entwickelte Analyseverfahren wird hier vorgestellt und erläutert. 2 Methodik Ziel der Arbeit war es, die für die Analysen komplexer Signale notwendigen Funktionalitäten in ein einziges Software-Tool in eine MATLAB Benutzeroberfläche zu integrieren. Die Bedienung sollte einfach, intuitiv und komfortabel über eine graphische Eingabe/Ausgabe-Schnittstelle erfolgen. Die Umsetzung erfolgte daher in mehren Stufen: 1. Evaluierung kommerzieller Analysetools 2. Spezifikation und Entwicklung des neuen Softwareanalysetools 3. Implementierung und Erprobung Die Gründe für diese Entwicklungsarbeit waren vielfältig und es seien an dieser Stelle lediglich die Stabilität und Modularität von MATLAB sowie die Fehlerminimierung und Weiterentwicklung eines eigens geschriebenen Codes genannt. 3 Spektralanalyse mittels der Diskreten Fourier Transformation 3.1 DFT/FFT Die Diskrete Fourier Transformation (DFT) wird genutzt, um diskrete Zeitsignale, wie zum Beispiel digitalisierte Musik oder Sprache, in den diskreten Frequenzbereich zu transformieren und anschließend graphisch als Frequenzspektrum darzustellen. Mit Hilfe dieses Spektrums oder auch einfach nur mit Hilfe der transformierten Werte können Signale und Systeme besser beschrieben und analysiert werden. Die DFT einer endlichen Folge der Länge N ist wie folgt definiert [2]: N −1 X [k ] = ∑ x[n ] ⋅ W kn N n=0 (3.1) mit k = 0,1,…, N-1, N = Anzahl der Abtastwerte, n = Abtastpunkt im Zeitbereich, k = Abtastpunkt im Spektralbereich Die DFT oder allgemein gesprochen die Fourieranalyse bildet die Grundlage für Verfahren der Merkmalsextraktion und Mustererkennung. Sie findet in den verschiedensten Bereichen, wie z. B. Signalverarbeitung, Bildverarbeitung, Filterung und Spektralanalyse ihren Einsatz [2]. Es gibt eine Vielzahl an effizienten Algorithmen, mit denen die DFT explizit berechnet werden kann. Diese speziellen Algorithmen sind unter dem Sammelbegriff Fast Fourier Transform (FFT) bekannt [2]. Der hier im Spektralanalysetool eingesetzte Algorithmus gründet sich auf Cooley und Tukey [3]. 3.2 Short Time Fourier Transform In der Sprachanalyse wird die Short Time Fourier Transform (STFT) angewandt, um Merkmale und Informationen aus dem Sprachsignal zu extrahieren und diese auszuwerten. Das gleiche soll hier mit komplexen akustischen Signalen, d.h. Musikstücken geschehen. Die STFT eines Signals s[m] ist diskret wie folgt definiert [4], S n (ω ) = ∞ ∑ s[m]⋅ w[n − m]⋅ e − jwm (3.2) m = −∞ wobei w[n-m] eine Fensterfolge mit Tiefpasscharakteristik, in diesem Fall ein Hamming-Fenster, ist. Das Spektrogramm (Bild 1) zeigt den Verlauf der so über die STFT gewonnenen Frequenzen über der Zeit. Bild 2 5 Bedienoberfläche des Spektralanalysetools Ausblick Für die folgende Erprobung und Analysen wird trophotrope Musik eingesetzt und das Tool sukzessive optimiert. Trophotrope Musik ist entspannungsfördernde und beruhigende Musik, die auch nachweislich den Blutdruck senken kann [1] (im Gegensatz dazu wirkt ergotrope Musik anregend). Weiterhin sollen charakteristische Frequenzmuster oder Merkmale aus den Spektren oder den Spektrogrammen trophotroper Musik extrahiert werden. Nach der Skelettierung und Fragmentierung trophotroper Musikstücke soll damit eine möglichst optimale Musiksequenz generiert werden, die zu Therapiezwecken beispielsweise bei der arteriellen Hypertonie zur Anwendung kommen kann. Bild 1 Beispiel-Spektrogramm erstellt mit dem Spektralanalysetool in MATLAB 4 Das Spektralanalysetool in MATLAB Das Spektralanalysetool (Bild 2) wurde in MATLAB mittels der Signal Processing Toolbox umgesetzt und steht nun für die weiteren Untersuchungen zur Verfügung. Es können Spektren, Spektrogramme und Zeitverläufe von beliebigen komplexen akustischen Signalen berechnet, erstellt und weiterverarbeitet werden. 5 Literatur [1] Chafin S.; Roy M.; Gerin W.; Christenfeld N.: Music can facilitate blood pressure recovery from stress, British Journal of Health Psychology 9 (2004), 21.05.2003, pp. 393-403 [2] Oppenheim, A. V.: Zeitdiskrete Signalverarbeitung, Zug, 1999 [3] Angermann A.; Beuschel M; Rau M.; Wohlfarth U.: Matlab-Simulink-Stateflow, Oldenbourg Verlag München Wien, 4. Auflage, 2005 [4] Lang, Prof. Dr. M.: Skript Mensch-MaschineKommunikation 1, TU München, Sept. 2004