Lernscriptum Mittelenglisch

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Lernscriptum
Mittelenglisch
Dieses Dokument soll Stundenten der Anglistik bei ihrem Weg durch die
Studien des Mittelenglischen helfen. Diese Aufzeichnungen basieren auf dem
Buch „Mittelenglisch“ von Prof. Dr. Wolfgang Obst und auch dieses
Lernscriptum ist auf seine Vorlesungen und Kurse hin ausgerichtet. Es ist
somit primär an Studenten der Universität Augsburg gerichtet.
Richard Leinstein
02.06.2006
Lernscriptum Mittelenglisch
1 Schreibung und Lautung ................................................................................................................................. 4
Eindeutig.............................................................................................................................................. 4
Mehrdeutig.......................................................................................................................................... 4
Die Schreibung..................................................................................................................................... 5
Die Schreibung Mittelenglischer Langvokale ...................................................................................... 5
Schreibung Mittelenglischer Diphthonge............................................................................................ 6
Die Schreibung Mittelenglischer Vokale ............................................................................................. 6
Die Verse Chaucers (klausurrelevant), im Buch nachlesen, S. 36f ...................................................... 7
2 Mittelenglischer und heutiger Lautstand .................................................................................................... 7
Lautwandel .......................................................................................................................................... 7
Phonotaktische Veränderungen .......................................................................................................... 7
Die Vokale und Diphthonge des Neuenglischen ................................................................................. 7
Kürzung von Langvokalen .................................................................................................................... 8
Diphthonge .......................................................................................................................................... 8
Unbetonte Vokale ............................................................................................................................... 8
Die Wortbetonung............................................................................................................................... 9
3 Die Herkunft der mittelenglischen Laute ..................................................................................................... 9
Die Vokale des Altenglischen – Qualitative Veränderungen ............................................................. 10
Die Hebung tiefzungiger Langvokale ................................................................................................. 10
Die Entrundung.................................................................................................................................. 10
Der Zusammenfall der altenglischen Varianten von germ. *[a] und *[] ......................................... 10
Die Monophthongierung altenglischer Diphthonge. ........................................................................ 10
Die Entstehung neuer Diphthonge .................................................................................................... 11
Die Vokale unbetonter Silben ........................................................................................................... 11
Die Vokale des Altenglischen – Quantitative Veränderungen .......................................................... 11
Die Dehnung vor homorganer Konsonantengruppe ......................................................................... 12
Die Kürzung in geschlossener Silbe ................................................................................................... 12
Die Kürzung in drittletzter Silbe ........................................................................................................ 12
Die Dehnung in offener Tonsilbe....................................................................................................... 12
Die Kürzung in unbetonter Silbe ....................................................................................................... 12
Laute in altfranzösischen Lehnwörtern ............................................................................................. 12
5 Die Nominal- und Pronominalflexion ........................................................................................................ 13
Die Substantivflexion......................................................................................................................... 13
Die Flexion des Adjektivs ................................................................................................................... 14
Personalpronomina ........................................................................................................................... 14
6 Die Verbalflexion ........................................................................................................................................... 14
Das Kategoriensystem der Verben .................................................................................................... 14
Das schwache Verb............................................................................................................................ 14
Das starke Verb und der indoeuropäische Ablaut ............................................................................ 15
Die Verba praeteritopraesentia ........................................................................................................ 16
Die Verben ben, don, gon, willen ...................................................................................................... 16
7 Syntaktische Funktionen .............................................................................................................................. 16
Die Prädikation .................................................................................................................................. 16
Die Komplementation ....................................................................................................................... 16
Die Komplemente des Substantivs ................................................................................................ 16
Die Komplemente des Verbs ......................................................................................................... 17
Die Komplementation bei anderen Wortklassen .......................................................................... 17
Die Modifikation ................................................................................................................................ 17
Die Koordination ............................................................................................................................... 18
Funktionsplätze im Satzgerüst .......................................................................................................... 18
Demonstrativformen, Relativformen und Interrogativformen ......................................................... 18
Flexionale Wortklassen ..................................................................................................................... 18
Notionale Wortklassen ...................................................................................................................... 18
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
8 Die Nominalphrase ....................................................................................................................................... 19
Teilnehmerrollen als Komplemente des Substantivs ........................................................................ 19
Der Determinator als Komplement des Substantivs ......................................................................... 19
Flexional ausgedrückte Komplemente des Substantivs und Personalpronomens ........................... 19
Definierende und deskriptive Modifikation in der Nominalphrase .................................................. 19
Das Adjektiv als Nominalmodifikator ................................................................................................ 20
Die Ergänzungen des Adjektivs...................................................................................................... 20
Flexional ausgedrückte Komplemente des Adjektivs .................................................................... 20
Der Relativsatz ................................................................................................................................... 20
Die Genitivphrase .............................................................................................................................. 20
Präpositionalphrasen ........................................................................................................................ 20
Häufung und Schachtelung von Modifikatoren in der Nominalphrase ............................................ 20
9 Die Verbalphrase ........................................................................................................................................... 21
Der Rollenrahmen der Verben .......................................................................................................... 21
Scheinbare Teilnehmerrollen und innere Objekte ........................................................................ 21
Die quantitative Valenz ................................................................................................................. 21
Die qualitative Valenz: Komplementsätze..................................................................................... 21
Die qualitative Valenz: Katenativprädikatoren ............................................................................. 22
Die flexional ausgedrückten Ergänzungen des Verbs.................................................................... 22
Die Dimension Polarität................................................................................................................. 23
Die Dimension Satzmodus ............................................................................................................. 23
Verbmodifikation........................................................................................................................... 23
Richard Leinstein
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1 Schreibung und Lautung
Eindeutig
Schreibung
Lautung
Beispiel
<b>
<d>
<f>
<l>
<m>
<p>
<r>
<t>
<w>
<ch>
<wh>
[b]
[d]
[f]
[l]
[m]
[p]
[r]
[t]
[w]
[t]
[hw]
<blake>
<deere>
<first>
<lady>
<maker>
<place>
<roos>
<tyme>
<wo>
<chide>
<where>
<k>
[s] vor <e>, <i>
[g]
[d] vor <e>, <i>
[]
[x]
[h]
Ø
[d]
(Vokale)
[n]
[]
[s]
[z]
[v]
(Vokale)
[j]
[]
[x]
[s]
[z]
[s] vor <e>, <i>
[sk]
[]
[]
[k]
<recoueren>
<plesaunce>
<god>
<gentilesse>
<nyght>
<nought>
<rehercen>
<houre>
<soiourne>
Mehrdeutig
<c>
<g>
<gh>
<h>
<i>
<n>
<Schaft-s>/<s>
<u>/<v>
<>1
<>2
<sc>
<th>
<c>
<k>
<g>
<gu>+ <e>, <i>
<c>+ <e>, <i>
<Schaft-s>/<s>
<sc>+ <e>,<i>
<>
Richard Leinstein
[g]
[s]
<agoon>
<thank>
<sekes>
<rise>
<heuymesse>
<eue>
<mit>
<nout>
<seruant>
<eles>
<science>
<scornyge>
<thyng>
<bothe>
<cok>
<kissyng>-+
<god>
<guerdoun>
<rehercen>
<bestes>
<science>
<breste>
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Lernscriptum Mittelenglisch
<Schaft-s>
<>
<>
<gh>
<sch>
<sh>
<g>+ <e>, <i>
<i>
<gn>
<n>
<>
<y>
<cc>+ <e>, <i>
<x>
<xc>+ <e>, <i>
<cqu>
<qu>
[z]
[x], [ç]
[]
[d]
[n]
[j]
[ks]
[kw]
<rise>
<eles>
<nout>
<nought>
<schort>
<shortly>
<gentilesse>
<soiourne>
<digne>
<torned>
<et>
<yet>
<affecioun>
<bitwixen>
<excellent>
<acquiren>
<quenche>
Die Schreibung
<i>
<y>
<e>
<a>
<o>
<u>/ <v>
<o>
<ou>
[]
[]
[]
[a]
[]
[]
<is>
<ywys>
<bed>
<fallen>
<that>
<god>
<but>/ <vnder>
<loue>
<soiourne>
Die Schreibung Mittelenglischer Langvokale
<i>
<y>
<e>
<ee>
<ie>
<e>
<ee>
<a>
<aa>
<o>
<oo>
<o>
<oo>
<o>
<ou>
<ow>
Richard Leinstein
[i:]
[e:]
[:]
[a:]
[o:]
[:]
[u:]
<rise>
<bynde>
<kepe>
<deere>
<fiercly>
<speke>
<feere>
<shapen>
<caas>
<don>
<moot>
<wo>
<roos>
<contrepeise>
<oute>
<thow>
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Schreibung Mittelenglischer Diphthonge
<ei>
<ey>
<ai>
<ay>
<oi>
<oy>
<eu>
<ew>
<u>
<ui>
<ew>
<au>
<aw>
<ou>
<ow>
[]
[]
[]
[]
[a]
[]
<veyn>
<day>
<fairer>
<day>
<Joie>
<Joye>
<pdeux>
<newe>
<assured>
<auentuirs>
<shewed>
<plesaunce>
<dawing>
<oughten>
<crowe>
Die Schreibung Mittelenglischer Vokale
<a>
<aa>
<ai>,<ay>
<au>, <aw>
<e>
<ee>
<ei>,<ey>
<eu>, <ew>
<i>
<ie>
<o>
<oo>
<ou>, <ow>
<u>
<ui>
<y>
Richard Leinstein
[a]
[a:]
[a:]
[]
[a]
[e:]
[]
[:]
[e:]
[:]
[]
[]
[]
[i:]
[]
[e:]
[:]
[]
[o:]
[u:]
[]
[:]
[o:]
[]
[u:]
[]
[]
[]
[]
[i:]
[]
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Die Verse Chaucers (klausurrelevant), im Buch nachlesen, S. 36f
Troilus and Criseyde ist in siebebzeiligen Strophen abgefasst, die dem Reimschema ab ab b cc folgen.
Die Verszeile besteht in der Regel aus zehn oder elf Silben. (zehn bei betonter, elf bei unbetonter
letzter Silbe.)
Dieser von Chaucer geprägte Strophentyp trägt den Namen rhyme royal oder Chaucer – Strophe.
Die Wörter einer Verszeile sind vom Dichter so ausgewählt, dass stärker und schwächer betonte
Silben einander ablösen.
Man geht davon aus, dass Chaucer in seiner Dichtung das romanische (silbenzählende Verse) mit
dem germanischen (alliterierend) Dichtungsprinzip verband.
2 Mittelenglischer und heutiger Lautstand
Lautwandel
ME
[]
[]
NE
[]
[]
Phonotaktische Veränderungen
Die Regeln der Lautkombination änderten sich vom Mittel- zum Neuenglischen
Mittelenglisch
[skl]
[kn-]
[gn-]
[wr-]
[hw-]
[-st()l]
[-mb]
[-mn]
[-g]
Neuenglisch
sclaundren
knowen
gnawen
wrath
while
castel
lamb
damnen
thinge
/sl/
/n-/
/n-/
/r-/
/w-/
/-sl/
/-m/
/-m/
/-/
slander
know
gnaw
wrath
while
castle
lamb
damn
thing
Die Vokale und Diphthonge des Neuenglischen
Mittelenglisch
[i:]
[e:]
[:]
[a:]
[:]
[o:]
[u:]
Fne.
Neuenglisch
whi
why
[]
/a/
fele
[i:]
/i:/
feel
encresse
[e:]
/i:/
increase
hate
hate
[:]
//
boot
[o:]
boat
//
do
[u:]
/u:/
do
thousand
thousand
[]
/a/
Moderne englische Schreibung mit <ee> weist i.d.R. auf ursprünglich geschlossene Qualität [e:]
hin, eine Schreibung mit <ea>auf offene [:]
Neuenglisch <ie> lässt auf ME [e:] schließen
Der Kurzvokal [] entwickelte sich zu [] (meistens), insgesamt jedoch neigen Kurzvokale nicht
so sehr dazu, sich zu verändern.
Richard Leinstein
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Mittelenglisch
Neuenglisch
[i:r]
[e:]
[:r]
/a/ (> /a:/)
//
//
//
//
// > /:/
// > /:/
// > /:/
/a/ (> /a:/ am Wortende)
// > /:/ vor Konsonant
[a:r]
[o:r]
[:r]
[u:r]
fyr
here
tere
there
spare
pore
swoor
more
houre
oures
fire
here
tear
there
spare
poor
swore
more
hour
yours
Die geschlossenen Kurzvokale [] und [] werden unter dem Einfluss von [] zu [] zentralisiert.
[] wird zu [a] gesenkt.
[] und [a] sowie [] und [a] erfahren beim Ausfall des [] eine Ersatzdehnung.
Mittelenglisch
Neuenglisch
hire
herte
harm
for
worlde
[r]
[r]
[ar]
[r]
[r]
her
heart
harm
for
world
[:]
/a:/
/a:/
/:/
/:/
Kürzung von Langvokalen
Nicht alle Langvokale der Sprache Chaucers unterliegen der großen Vokalverschiebung. Kürzungen
sind besonders bei einsilbigen Wörtern relativ häufig.
So wird z.B. das Substantiv bloode in spätmittelenglischer Zeit gekürzt.
Von [o:] zu [], diese Form wiederum unterliegt dem Lautwandel: [] > [].
Diphthonge
Mittelenglisch
[]
[]
[]
[]
[]
[]
wey
joie
newe, trewe
fewe, lewed
lawe
growen
Fne.
Neuenglisch
[:]
[]
[iu]
[iu]
[:]
[:]
//
//
/(j)u:/
/(j)u:/
/:/
//
way
joy
new, true
few, lewd
law
grow
Unbetonte Vokale
Unbetonte Vokale neigen in den germanischen Sprachen zu Reduktion in Länge und Qualität. Diese
Tendenz, die bereits den altenglischen Schwachtonvokalismus bestimmt, ist auch dafür
verantwortlich, dass sämtliche mittelenglischen Flexionsendungen den neutralen Vokal [] enthalten.
In der Entwicklung zum Neuenglischen werden die verbleibenden unbetonten Vokale weiter
reduziert. Vor der Haupttonsilbe ergeben me. [a], [] und [] in der Regel ne. //, me. [] und []
erscheinen als ne. //:
Mittelenglisch
[a]
[]
Richard Leinstein
Neuenglisch
agree
oppynyoun
*a’gre:+
[p]
//
agree
opinioun
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suffisen
desire
ynough
[]
[]
[]
[]
[]
[]
//
suffice
desire
enough
In unbetonten Endsilben führt die Vokalreduktion häufig zu .
Auslautendes [-], das bereits im Mittelenglischen instabil ist, entfällt im Neuenglischen ganz.
Die Wortbetonung
Der germanische Wortakzent lag ursprünglich auf der ersten Silbe, doch im Mittelenglischen schaffen
Entlehnungen aus dem Französischen, das ein anderes Betonungssystem besitzt, neue Verhältnisse.
 Mit der Eingliederung französischer Texte ins Englische geht ihre Anpassung an heimische
Akzentmuster einher. In Chaucers Texten erscheint eine Reihe von Wörtern je nach den
Anforderungen des Metrums mit romanischer oder angepasster Betonung.
 Die Betonungsänderung der Nomina französischen Ursprungs folgt einem einfachen Schema: In
zweisilbigen Wörtern wird der Akzent von der letzten auf die vorletzte Silbe verlegt. In mehrsilbigen
Wörtern verschiebt er sich um zwei Silben nach vorne, wo in der Aussprache des Französischen durch
die Engländer vielleicht bereits ein Sekundärakzent gelegen hatte. Auslautendes [-], in der Tabelle
durch (o) gekennzeichnet, ist bereits im Mittelenglischen instabil und für die Silbenzahl nicht
relevant.
Romanische Betonung
Angepasste Betonung
o’o(o)
roial
‘oo
royal
merveille
oo’o(o)
excellent
‘ooo
excellent
compaignye
company
ooo’o(o)
adversite
o’ooo
adversity
ipocrisie
hypocrisy
oooo’o(o)
mutabilité
oo’ooo
mutability
Der Akzent wird nicht auf die erste Silbe verlegt, wenn diese als Präfix aufgefasst wird (egal ob
etymologisch Korrekt oder nicht).
Die mittelenglischen Wörter für „Schuld“ und „Zweifel“ wurden <dette>und <doute> geschrieben.
Das <b> wurde in Anlehnung an lat. debere und dubitare eingefügt und von Puristen auch in der
Aussprache berücksichtigt.
Bei Entlehnungen laufen diejenigen mit der spezielleren Bedeutung über das Französische, die
jüngere Form lehnt sich in Schreibung und Bedeutung enger an das Lateinische an.
3 Die Herkunft der mittelenglischen Laute
Die stimmhaften Reibelaute [v], [] und [z] waren im Altenglischen nur Stellungsvarianten der
entsprechenden stimmlosen Konsonanten [f], [] und [s] ohne bedeutungsdifferenzierende
Funktion.
Die stimmhafte Variante stand inlautend in stimmhafter Umgebung, die stimmlose in allen
übrigen Positionen.
Das Mittelenglische erbt diese Verteilung der Frikative in den Wörtern altenglischen Ursprungs;
die Verteilungsregel selbst wird jedoch durch Lautwandel und Entlehnungen unterlaufen. Durch
den Abfall von auslautendem [-] kann ein stimmhafter Frikativ in den Wortauslaut geraten:
love [lv] > [lv]
Intervokalisches [] ist ehemaliger Anlaut in Univerbierung (nothing < no thing) oder
griechischen Ursprungs (method).
Nicht alle Lautveränderungen betreffen eine so große Anzahl von Wörtern, dass es sinnvoll
wäre, von einem Lautgesetz zu sprechen. An isolierten Wörtern findet um der Ökonomie der
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
Aussprache willen häufig eine Angleichung (Assimilation) von Artikulationsmerkmalen
benachbarter Laute statt.
Einige Lautkombinationen sind in der englischen Sprachgeschichte notorisch instabil, ohne
regelmäßigen lautgesetzlichen Veränderungen zu unterliegen. Insbesondere neigen [r] und ein
benachbarter Vokal zur Umstellung (Metathese). Zu dieser Umstellung neigt auch die Gruppe
[sk].
Die Vokale des Altenglischen – Qualitative Veränderungen
Das Altenglische kannte die tiefzungigen Vokale [a:] und [:], die zum Mittelenglischen hin
gehoben wurden, die gerundeten Vorderzungenvokale [y:], [y], [] und [], die zum
Mittelenglischen hin entrundet wurden, und eine Reihe von Stellungsvarianten der Vokale [a]
und [], die im Mittelenglischen nicht mehr unterschieden wurden.
Die Hebung tiefzungiger Langvokale
Die Vokale [a:] und [:] des Altenglischen sind im Mittelenglischen zu [:] bzw. [:] angehoben.
Altenglisches [a:] entwickelt sich, wo kein Umlaut eintritt, aus dem germanischen Diphthong *[ai].
Das altenglische [a:] wird zum Mittelenglischen hin südliche des Humber gerundet und angehoben
und erscheint als [:], im Norden bleibt [a:] erhalten. Das neuenglische Ergebnis der südlichen
Variante ist der Diphthong //, schottische Dialektformen setzen die nordhumbrische Variante fort.
wgerm.
altenglisch
mittelenglisch
neuenglisch
[o:] > []
[:]
*[a]
[a:]
Die Entrundung
Für den Dialekt des Mittelenglischen, der sich zur neuenglischen Standardlautung entwickelte, lassen
sich keine gerundeten Vorderzungenvokale nachweisen. Im Altenglischen waren, wie im Deutschen,
durch Assimilation der velaren Vokale [u:], [], [o:], [] an [] und [j] der Folgesilbe (Umlaut) die
Vokale [y:], [y], [], und [] entstanden, die sich von den Vorderzungenvokalen [i:], [], [e:] und []
nur durch das zusätzliche Merkmal der Lippenrundung unterschieden.
Die Entrundung von ae. [y:] und [y] führt im Kentischen, wo sie bereits in altenglischer Zeit eintritt,
und im Anglischen und unterschiedlichen Ergebnissen.
Westsächsisch
Kentisch
Anglisch
ae. [y:]
ae. [y]
[y:]
[e:]
[i:]
[y]
[]
[]
Der Zusammenfall der altenglischen Varianten von germ. *[a] und *[]
Im Mittelenglischen gibt es nur noch ein einheitliches <a>.
Die Monophthongierung altenglischer Diphthonge.
Die altenglischen Schreiber unterschieden nicht zwischen ererbten Diphthongen einerseits und
allophonisch bedingten Gleitelauten andererseits: sie setzten unterschiedslos <ea>, <eo>.
Für den hier dargestellten Dialekt des Mittelenglischen sind die altenglischen Diphthonge [] und
[eo] von Bedeutung. Sie setzen germanische Diphthonge fort oder entstehen durch Kontraktion von
Vokalen.
Richard Leinstein
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[] wird schließlich zu me. [] monophthongiert
[eo] wird schließlich zu me. [e:] monophthongiert und entrundet.
Die Entstehung neuer Diphthonge
Nachdem die altenglischen Diphthonge allesamt monophthongiert sind, entstehen neue
mittelenglische Diphthonge durch Vokalisierung der stimmhaften Reibelaute [] und [] sowie des
Halbvokals [w] in postvokalischer Stellung.
Der palatale Reibelaut [] bildet Diphthonge, die letztlich in me. [] zusammengefallen sind.
Der Halbvokal [w] bildet Diphthonge, die letztlich in me [] resultieren, welches meist
<ew>geschrieben wird.
Mit offeneren palatalen Vokalen kann [w] aber auch zu me. [] werden, welches ebenfalls
<ew>geschrieben wird.
Mit velaren Vokalen im Bereich von [:] bis [o:] bilden der Halbvokal [w] und der velare
Reibelaut [] Diphthonge, die letztlich in me. [] zusammenfallen.
Aus [a] + []/[w] entsteht der mittelenglische Diphthong [a].
Übersicht: Die Vokalisierung der Reibelaute [] und [] und des Halbvokals [w]
Altenglisch
Mittelenglisch
Palatale Vokale
[], [], [], [e:]
+ []
[]
[i:], [e:], [eo]
+ [w]
[]
[], [a]
+ [w]
[]
Velare Vokale
[a:] > [], [o:], []
+ [w], []
[]
[a]
+ [w], []
[]
Vor einfachem [] bzw. [x] treten mittelenglisch auch die Langvokale [e:] und [o:] auf. Die Langvokale
werden durch Assimilation an den stimmlosen Reibelaut angehoben und fallen noch vor der
Vokalisierung der Reibelaute mit [i:] bzw. [u:] zusammen. Die Ergebnisse nehmen an der großen
Vokalverschiebung teil.
Übersicht: Auftreten von Gleitelauten vor den Reibelauten [] und [x]
Frühmittelenglisch
Palataler Frikativ
Velarer Frikativ
Chaucer
[] + []
[e:] + []
[a] + [x]
[] + [x]
[o:] + [x]
[]
[e:] > [i:]
[ax]
[x]
[o:x] > [u:x]
Die Vokale unbetonter Silben
Bereits im Altenglischen fallen [] und [] in der Flexionsendungsposition mit [] zusammen. Im
Mittelenglischen werden auch die verbleibenden Endungsvokale [a], [] und [] zu [].
In der unbetonten Vorsilbe be- [] wird [] zum Mittelenglischen hin zu [] gehoben.
Die Vokale des Altenglischen – Quantitative Veränderungen
Bei der Entwicklung zum Mittelenglischen weicht das etymologische Quantitätensystem einer
Verteilung, die durch Silbenstruktur und Betonung bedingt ist.
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
Die Dehnung vor homorganer Konsonantengruppe
Bereits in altenglischer Zeit beginnt ein Dehnungsprozess, der betonte Kurzvokale vor bestimmten
stimmhaften Konsonantenverbindungen erfasst. Vor den homorgangen (d.h. an der gleichen
Artikulationsstelle gebildeten) Gruppen werden altenglische Kurzvokale gedehnt.
Für die Sprache Chaucers sind aus der Schreibung bzw. aus den neuenglischen Folgeformen noch
folgende Langvokale vor homorgangen Gruppen anzusetzen:
Vokal
Gruppe
Beispiel
[i:]
[mb]
me. climben
me. comb
[:]
[i:]
[nd]
me. bynd
me. lond
[:]
[u:]
me. stownde
me. songe
[:]
[g]
[i:]
[ld]
me. child
[e:]
me. feld
[o:]
me. gold
me. holden
[:]
[e:]
me. erthe
[r]
Von diesen Dehnungen hat sich im Neuenglischen der Langvokal vor [g] nicht gehalten: Wörter wie
long und song werden heute mit Kurzvokal gesprochen.
Die Dehnung unterbleibt, wenn auf die homorgane Gruppe ein weiterer Konsonant folgt.
Die Kürzung in geschlossener Silbe
Um die Jahrtausendwende werden Langvokale in geschlossener Silbe, d.h. vor einer
Konsonantengruppe oder einem Langkonsonanten gekürzt.
Die Kürzung in drittletzter Silbe
Eine relativ kleine Anzahl von dreisilbigen Wörtern ist betroffen durch eine Kürzung von Langvokalen
in der ersten Silbe.
Die Dehnung in offener Tonsilbe
Um 1200 beginnt eine Dehnung betonter Vokale in offener Silbe zweisilbiger Wörter, d.h. vor
einfachem Konsonant + Vokal.
Die Kürzung in unbetonter Silbe
In Flexionsendungen treten bereits in altenglischer Zeit nur Kurzvokale auf. Die neuenglische Lautung
setzt eine Kürzung unbetonter Vokale uach in lexikalischen Morphemen voraus. Für die konservative
Sprache Chaucers geht unsere Umschrift von etymologischer Länge und voller Qualität der Vokale in
solchen Ableitungssilben aus.
Laute in altfranzösischen Lehnwörtern
afz. faillir [fa] zu me. failen [fln]
afz. gaigner [gaer] zu me. gaignen [g]
Die Vokallänge in französischen Lehnwörtern wird an die Silbenmuster des Englischen angepasst.
Betonte Vokale werden im Auslaut und vor auslautendem [], vor einfachem Konsonanten und vor
Konsonantenkombinationen, die dem Auslaut der Folgesilbe zugerechnet werden, als lang integriert.
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
afz. cri  me. cri [i:] (Schrei)
afz cas  me. cas [a:] (Fall)
afz. cote  me. cote [] (Umhang)
afz. Beste  me. beste [:] (Tier)
Vokale vor mehrfacher Konsonanz und in ursprünglich unbetonten Silben werden in der Regel als
kurz übernommen:
afz. temble  me. temple []
afz. cite  me. citee [] (Stadt)
Die Triphthonge [ieu] und [au] werden im Mittelenglischen durch die Diphthonge [] bzw. []
ersetzt.
afz. pardieu  me. pardeu [pard]
afz. Beaute  me. beaute [bte:]
5 Die Nominal- und Pronominalflexion
Die Substantivflexion
Als Dimension der Flexion existiert das Genus nur noch beim Personalpronomen der 3. Person
Singular.
Zum Mittelenglischen hin löst sich das komplexe System der altenglischen Flexionsklassen auf.
Da im Auslaut fast alle Laute zu [] abgeschwächt wurden, verschwanden viele Möglichkeiten,
z.B. den Genitiv durch Vokalopposition auszudrücken. Deshalb setzte sich die Genitivbildung auf
<s> durch, die sich bis ins Neuenglische erhalten hat.
Im Mittelenglischen gibt es noch Nullgenitive!
Aus phonetischen Gründen bildet das Mittelenglische einen Genitiv mit dem Nullmorphem auch
bei Namen, die bereits auf [-s] enden.
Für Substantive, die durch eine Präpositionalphrase erweitert sind, wie the kyng Priamus of
Troye kennt das Mittelenglische zwei Möglichkeiten der Genitivbildung:
o Den „Spaltgenitiv“ und den „Gruppengenitiv“. Beim Spaltgenitiv tritt das Bezugswort der
Genitivphrase zwischen das im Genitiv stehende Substantiv und die Präpositionalphrase.
The kyng Priamus sone ofTroye.
o Im Gruppengenitiv wird die Genitivendung an das Ende der gesamten Phrase vor das
Bezugswort gestellt. God of loves servantz.
Aus phonetischen Gründen kann der Plural französischer Substantive, deren Stamm bereits auf
[-s] endet, im Mittelenglischen mit dem Nullmorphem gebildet werden.
 Im altenglischen Nominalparadigma entsteht Umlaut, wo eine [i] -haltige Flexionsendung
unmittelbar auf die Wurzel folgt, wo also das stammbildende Element  ist.
Die neuenglische Pluralform oxen ist ein Überrest einer großen Klasse altenglischer Substantive,
die ihren Plural mit der Endung –an bildeten.
Da die Kasusflexion wegfällt, wird im Mittelenglischen die Wortstellung für die Differenzierung
von Subjekt und direktem Objekt wichtig.
o Genitiv- und Dativformen des Substantivs werden zunehmend durch
Präpositionalgefüge ersetzt. (z.B. zur Periphrase des Genitivs oft of, oder aber auch das
Personalpronomen: Millere his tale
o Zur Umschreibung ehemaliger Dativobjekte dienen Phrasen mit der Präposition to und
unto. Durch eine Nominalphrase im Dativ wurden beispielsweise die altenglischen
Verben für „dünken“ (me. thinken) und „gefallen“ (liken) ersetzt. Sie finden sich immer
wieder in Konstruktionen mit dem Dativ/Akkusativ des Personalpronomens und einer
Präpositionalphrase
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch

A wonder thynketh me: „es dünkt mich ein Wunder“
Die Flexion des Adjektivs
Im Altenglischen gibt es noch starke und schwache Adjektivflexion.
In der Sprache Chaucers bleibt von all diesen Endungen nur ein instabiles [-] als Kennzeichen
des Plurals und der schwachen Flexion übrig, und auch dies nur bei einsilbigen Adjektiven, die
meist germanischer Herkunft sind. Wie einsilbige Adjektive können sich auch diejenigen
verhalten, deren Stamm durch Synkope eines [--] in der zweiten Silbe ebenfalls einsilbig
werden kann.
stark
Plural
Singular
einsilbig
mehrsilbig
a good wif
woful wight
schwach
Plural
Singular
goode wifes
woful wightes
the goode wif
the woful wight
the goode wifes
the woful wightes
Personalpronomina
Das Paradigma der Personalpronomina umfasst in der Sprache Chaucers folgende Formen:
1. Sg
2. Sg
3. Sg
mask.
3. Sg
fem
3. Sg
neut
1. Pl
2. Pl
3. Pl
Nominativ
I, ich, ik
thow
he
shw
it, hit
we
e
they
Genitiv
my, myn thy, thyn his
hire
his
oure
oure
here
Dativ/Akkusativ me
thee
him
hire
it, hit
us
ow
hem
Bis zum Neuenglischen erhält sich die Kasusflexion des Fragewortes who, das bei Chaucer im
Genitiv whos, im Datiw whom lautet.
6 Die Verbalflexion
Das Kategoriensystem der Verben
Mittelenglische Verben bilden ein Flexionsparadigma nach den Dimensionen Person, Numerus,
Modus und Tempus.
Verben lassen sich traditionell in starke und schwache Verben einteilen, zu ihrer Unterscheidung
dient die Präteritumsbildung. Bei den schwachen Verben erfolgt die Präteritumsbildung durch
ein Suffix, das bis zum Neuenglischen produktiv geblieben ist. (Dentalsuffix {D})
Das schwache Verb
Das Dentalsuffix ist das definierende Merkmal der schwachen Verben.
Im Mittelenglischen wird das Präteritalmorphem {D} bei den meisten schwachen Verben als [()d]
realisiert. Das Vorhandensein dieses Bindevokals ist ursprünglich durch die altenglische
Präteritalbildung mit diesem Bindevokal determiniert. Fehlt im Altenglischen ein Bindevokal, so steht
auch im Mittelenglischen nur [d].
In Verben, deren Wurzel auf Vokal + [d] endet, entsteht durch das Antreten des Dentalsuffixes
ohne Bindevokal ein Langkonsonant: ae. Ein Allomorph [t] hat das Präteritalmorphem
ursprünglich bei Verben, deren Wurzel auf einen stimmlosen Konsonanten endet. Geht einem
stammschließenden [d] oder [t] ein weiterer Konsonant voraus, tritt das Dentalsuffix nicht mehr
in Erscheinung.
Einige unregelmäßige Formen zeigt das schwache Verb haven (haben), das als Hilfsverb häufig
in unregelmäßiger Position auftritt. Der Infinitiv erscheint auch in der kontrahierten Form han.
Der Singular lautet im Präsens have, hast, hath, das Präteritum hadde. Die Formen hath und
hadde verschmelzen mit dem Negationspartikel ne zu nath (hat nicht) und nadde (hatte nicht).
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
Das starke Verb und der indoeuropäische Ablaut
Definierend für die Klasse der starken Verben ist die Bildung des Präteritums ohne Dentalsuffix. Die
meisten starken Verben unterscheiden zwei Präteritalstämme und einen Partizipialstamm, die aus
dem Präsensstamm in der Regel durch einen Vokalwechsel abzuleiten sind.
Stammformen:
Der Infinitiv, der aus einem [e-]-stufigen Verbalnomen stammt. Von derselben Ablautstufe
werden im Mittelenglischen alle finiten Präsensformen, das Partizip Präsens und das Nomen
actionis gebildet.
Die 1. und 3. Person Singular des Präteritums, die auf den [o]-stufigen Singular des
indoeuropäischen Perfekts zurückgehen.
Der Plural des Präteritums, der sich aus dem nullstufigen Plural des indoeuropäischen Perfekts
herleitet. Von dieser Ablautstufe werden im altenglischen auch die 2. Person Singular und der
Optativ Präteritum gebildet.
Das Partizip Präteritum, das ein gleichfalls nullstufiges indoeuropäisches Verbalnomen
fortsetzt.
 Zusätzlich zum Ablaut wurde das indoeuropäische Perfekt durch Reduplikation (Verdoppelung
der ersten Silbe) gebildet.
Ablautreihen der starken englischen Verben
1.
Ablautreihe
[i:]
2.
Ablautreihe
[u]
3.
Ablautreihe
[Nasal +
Konsonant]
3a.
Ablautreihe
[Liquid +
Konsonant]
4.
Ablautreihe
[Einfacher
Nasal oder
Liquid]
5.
Ablautreihe
[Einfacher
Obstruent]
6.
Ablautreihe
[a o: o: a]
Richard Leinstein
[a:]
bâd
a-bode
a-bode (abided)
[a]
bêad
(for-bad)
(for-bade)
[i]
bidon
a-biden
ae
me
ne
[i:]
bîdan
a-biden
a-bide
[eo]
bêodan
for-beden
(for-bid)
ae
me
ne
bindan
binden
bind
band
boond
bound
bundon
bounden
bunden
bounden
bound
ae
me
ne
weoran
worthen
fne. worth
war
fme. warth
wurdon
fme. Wurden
worden
ae
me
ne
beran
beren
bear
br
bar
(bore)
bron
beren
boren
boren
borne
ae
me
ne
sittan
sitten
sit
st
sat
sat
ston
seten
seten
seten
(sat)
ae
me
ne
sacan
for-saken
for-sake
sôc
for-sook
for-sook
sôcon
sor-soken
sacen
sor-saken
for-saken
ae
me
ne
[]
budon
[i]
biden
a-biden
(a-bided)
[]
boden
for-boden
(for-bidden)
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Die Verba praeteritopraesentia
 Perfektform hat Präsensbedeutung
Ablautreihe
1
3
Sekundäres Präteritum
witen
woot
wost
witen
woot
wiste
Partizip
wist
konnen
kann
kanst
konnen
kann
koude
kouthe
koud
kouth
Sekund.
Präsens
Infinitiv
1. 3. Sg
2. Sg
Plural
durren
dar
darst
dar
dorste
durste
3. thar
3. thurste
4
6
unklar
shal
shalt
shullen
shal
sholde
moot
most
mooten
moste
mowen
may
mayst
mowen
may
mighte
Zu woot und wiste bestehen die negierten Formen noot und nyste.
Die Verben ben, don, gon, willen
Einige mittelenglische Verben gehören aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte keiner der oben
beschriebenen Klassen an. Das mittelenglische Paradigma von ben ist aus Formen verschiedener
Wurzeln zusammengesetzt. (Suppletion)
7 Syntaktische Funktionen
Die Identität einer Wortklasse ergibt sich aus den Funktoinen, die ihre Mitglieder im Satz erfüllen
können. Die syntaktischen Funktionen der Wörter sind – weitgehend unabhöngig von
flexionsmorphologischen Markierungen – durch den logischen Aufbau einer Sprache festgelegt. Die
Anzahl der syntaktischen Grundfunktionen ist begrenzt: es sind Prädikation, Komplementation,
Modifikation und Koordination.
Die Prädikation
Troilus deide. Ist eine Prädikation der einfachsten Art. „deide“ kann nur von einem Lebewesen erlebt
werden, denn nur ein solches kann sterben. Somit muss es durch einen Teilnehmer ergänzt
(komplementiert) werden, der die Eigenschaft [+LEBEWESEN] besitzt. Deide ist ein sog. einstelliger
Prädikator. (Valenzgrammatikalisch: 1wertig).
Prädikatoren können aber auch komplex, d.h. aus mehr als einem Wort, gebildet werden: the
wrecche is dead. In diesem Fall ist der Prädikator (is dead) mit Hilfe der Kopula is aus dem Adjekit ded
abgeleitet. Außerdem ist das Argument von the wrecche is dead nicht durch einen Eigennamen wie
Troilus, sondern durch einen Gattungsnamen und den bestimmten Artikel gebildet, d.h. durch eine
Nominalphrase anderer Struktur.
 Eine Prädikation entsteht durch das Einsetzen von Argumenten der geforderten Zahl und des
geforderten Typs in die Leerstellen eines Prädikators. Übertragen in syntaktische Terminologie
bedeutet dies: ein vollständiger Satz eines bestimmten Typs besteht mindestens aus einem Verb
(oder einem abgeleiteten komplexen Prädikator) von einer bestimmten Valenz und aus den
Ergänzungen, die aufgrund dieser Valenz gefordert sind.
Die Komplementation
Die Komplemente des Substantivs
Wird ein um seine Argumente ergänzter verbaler Prädikator wie thow deye substantiviert und damit
in eine neue Funktion im Satz überführt, kann er seine Komplemente – mit entsprechenden
syntaktischen Anpassungen – in die substantivierte Form übernehmen: thy deeth.
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
Häufig sind die Ergänzungen, die am Verb obligatorisch sind, am abgeleiteten Substantiv optional.
Nominalkomplemente werden meist mit that – Sätzen in Relativsätzen ausgedrückt.
Bezieht sich ein Nomen auf ein im Kontext neues, noch nicht identifiziertes Phänomen, so wird
es – im Singular – mit dem indefiniten Determinator a/an markiert; bei bestimmten
Substantiven tritt – mit gleicher Bedeutung – Ø an die Stelle von a/an.
Bezieht sich ein Substantiv auf ein vorher bereits genanntes oder aus anderem Grund im
Kontext identifitiertes Phänomen, so wird es mit dem definiten Artikel the oder mit einem
Demonstrativum wie this oder that markiert.
 Der Determinator lässt sich als Substantivkomplement betrachten.
Die Komplemente des Verbs
Wie ein Nomen muss auch ein Verb einerseits auf der Ebene der Teilnehmerrollen, andererseits auf
der kategorialen Ebene ergänzt werden.
Die möglichen Komplemente der Verben lassen sich in zwei große Formenbündel
zusammenfassen, die wir als Nominale und Adverbiale bezeichnen.
Die Komplementation bei anderen Wortklassen
Eine Ergänzung auf zwei Ebenen – der Valenzebene und der kategorialen Ebene – findet, solange ein
Flexionssystem besteht, auch bei den Wortarten Adjektiv und Adverb statt. Zur kategorialen Ebene
gehört bei beiden die Dimension des Gradus (Positiv gegenüber Komparativ und Superlativ); das
Adjektiv verfügt außerdem über die Dimensionen Referenz (Idifiziertheit gegenüber
Nichtidentifiziertheit) und Numerus.
Komplementationsstrukturen erscheinen im Satz immer dort, wo unterschiedliche Elemente
aufeinander angewiesen sind, um die nächsthöhrere Funktion auszuüben. Die Nominalphrase so
unskilful an oppynyoun wäre der Form nach nicht geeignet, die Valenz des Prädikators dwelle
auszufüllen. Diese Funktion kann sie nur zusammen mit einer Präposition wie in ausüben.
Präpositionen lassen sich definieren als Wörter, deren Funktion es sit, mit Nominalphrasen (und den
sie ersetzenden Formen) eine Komplementationsstruktur einzugehen. Dies triofft zwar auch für
Verben zu, doch sind die mit finiten Verben gebildeten Ergänzungsstrukturen selbstständige
Prädikationen, die mit Präpositionen gebildeten nicht. Postpositionen wie z.B. ne. ago unterscheiden
sich von ihnen nur durch ihre Stellung, nicht durch ihre Funktion. Anstelle einer Nominalphrase
gehen manche Präpositionen auch Komplementationsstrukturen mit einem Adverbiale ein:
er now (bis jetzt)
from whennes (von woher)
Eine untergeordnete Konjunktion fungiert als Satzkomplement innerhalb eines Nebensatzes, den sie
einleitet. Der Satz of thi who is no curacioun ist alleine nicht in der Lage, das Substantiv oppynyoun zu
ergänzen. Es bedarf hierzu der Komplementation durch die Konjunktion that. Diese hat die Funktion,
den Satz zu einem untergeordneten Satz: that of thi who is no curacious, umzufunktionieren,
genauer: zu einer Ergänzung des Substantivs opynyoun. Dieses ergänzte Substantiv geht mit dem
Artikel eine übergeordnete Ergänzungsstruktur (Nominalphrase) ein, und diese mit der Präposition
eine dritte (Präpositionalphrase); diese ergänzt wiederum den Prädikator dwelle: das Beispiel zeigt,
dass Komplementationsstrukturen hierarchisch ineinandergeschachtelt werden können.
Die Modifikation
but tho gan sely Troilus for to quake
Anstelle von sely Troilus könnte in diesem Stz auch Troilus alleine vorkommen, ohne dass ein falscher
Ausdruck entstünde, nicht jedoch das Adjekiv sely alleine. Sely modifiziert den Eigennamen Troilus,
Richard Leinstein
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liefert also weitere Informationen über das Denotat des Ausdrucks. Modifikationen sind optionale,
d.h. strukturell nicht notwendige Bestandteile eines Satzes.
Modifikationsstrukutren lassen sich ebenso wie Komplementationsstrukturen
ineinanderschachteln.
Die Koordination
and und or koordinieren unterschiedliche semantische Beziehungen zwischen den von ihnen
verknüpften Elementen: and die KOPULATIVE, or die DISJUNKTIVE.
Diese Koordinatoren können seriell verwendet werden, die Anzahl der koordinierten Elemente ist
offen.
Auch but ist eine koordinierende Komponente, welche jedoch durch die adversative
Bedeutungskomponente auf die Koordination zweier Elemente beschränkt ist, zwischen welchen der
Sprecher einen Gegensatz herstellt.
Funktionsplätze im Satzgerüst
Funktionsplätze im Satz müssen nicht nur von Einzelwörtern eingenommen werden, sondern können
auch von komplexen Strukturen gebildet werden.
Demonstrativformen, Relativformen und Interrogativformen
Zusammengefasst kann man demonstrative, relative und interrogative Formen als Proformen
bezeichnen.
Demonstrativformen beziehen ihre Bedeutung aus dem Verwendungskontext oder den
außersprachlichen Koordinaten der Äußerung. (here, thus, this, so)
Relativformen haben mit demonstrativen Formen gemein, dass sie ihre Bedeutung aus dem
Kontext beziehen. Gleichzeitig besitzen sie jedoch eine unterordnende Funktion und machen so
die syntaktische Struktur, in der sie stehen, zum Modifikator eines Nomens in einem
übergeordneten Satz oder eines ganzen Satzes. (whos, there)
o Von Relativformen im eigentlichen Sinn sind freie Relativformen zu scheiden, die im Satz
kein Antezedens besitzen!
Formen mit interrogativer Bedeutungskomponente sind etwa: what, how.
Flexionale Wortklassen
Die grammatische Richtigkeit eines Satzes bemisst sich auch danach, ob Wörter flektierender Klassen
in der richtigen Flexionsform eingesetzt sind.
Rektion: Ein Ausdruck bedingt, dass ein anderer in einer bestimmten Kategorie seines
Paradigmas steht, ohne daß der bedingende Ausdruck selbst in dieser Kategorie erscheint oder auch
nur über sie verfügt.
Loop up, I seye, and telle me what she is!
Der Prädikator seye regiert für die Teilnehmerrolle des Sagenden den Nominativ, daher I seye. Der
Prädikator telle regiert für die Teilnehmerrolle des Erzählenden ebenfalls den Nominativ.
Im Imperativ ist dies immer die 2. Person.
Kongruenz herrscht im Mittelenglischen zwischen einem Prädikator und seinem Subjekt.
Notionale Wortklassen
Notionale Merkmale betreffen nicht nur jeweils eine einzige syntaktische Wortklasse: gradierbar
können nicht nur Adjektive sein, sondern auch Substantive und Adverbien. Notionale Klassen sind
somit von den syntaktischen Klassen wie Nomen, Verb usw. unabhängig. Trotzdem ist es
zweckmäßig, die unabhängig von begrifflichen Merkmalen definierten syntaktischen Klassen in einem
zweiten Schritt nach solchen Merkmalen in Unterklassen einzuteilen, da es von der Wahl der
richtigen semantischen Unterklasse abhängt, ob ein grammatikalisch richtig gebildeter Ausdruck
auch inhaltlich sinnvoll oder sinnwidrig ist.
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
8 Die Nominalphrase
Teilnehmerrollen als Komplemente des Substantivs
Die Nominalphrase his lovyng of Criseyde ist eine Nominalisierung der Prädikation he loveth Criseyde:
Das Nomen loving wird durch die Komplemente his und of Criseyde, die es aus den Teilnehmerrollen
des zugrunde liegenden verbalen Prädikators loven bezieht, ergänzt. Die Subjektsnominalphrase geht
dabei in eine Genitivnominalphrase über, die Objektsnominalphrase in eine dem Genitiv äquivalente
of-Phase.
Ein verbaler Prädikator wie loven ist meist nur dann richtig verwendet, wenn alle seine
Argumentstellen besetzt sind. Viele Verben verfügen allerdings über verschiedene
Ergänzungsrahmen, so dass die Zahl der Argumentstellen von einer Bedeutung des Verbs zur
anderen variiert.
Strukturgleich mit Nominalphrasen, die nur das Subjekt ihrer Prädikation enthalten (his
lovinge), sind Substantive, die auf einen intransitiven Prädikator zurückgehen und daher
nicht mit mehr als einem nominalen Argument, das ebenfalls Subjekt des zugrunde liegenden
Prädikators ist, ergänzt werden können.
o He suffreth  his woo
o He is gentil  his gentilesse
Ein Wort wie doughter, em, suster kann nicht ohne Ergänzung verwendet werden: wessen
Tochter, Oheim, Schwester?
Der Determinator als Komplement des Substantivs
Auch im Plural wird die Identifizierbarkeit durch the bezeichnet, die Nicht-identifizierbarkeit
hingegen nicht durch a, sondern durch die Abwesenheit von the, durch Ø.
Flexional ausgedrückte Komplemente des Substantivs und
Personalpronomens
Auf der gleichen Ebene wie die Ergänzung eines Nomens durch den Determinator liegen die flexional
ausgedrückten Dimensionen Numerus und Kasus, beim Pronomen zusätzlich Person und Genus. Die
Zuordnung der Kategorien der Ausdrucksseite zu den Funktionen auf der Inhaltsseite ist nicht
eindeutig. Die Entscheidung für Singular oder Plural ergibt sich in der Regel aus der Aussageabsicht
des Sprechers.
Definierende und deskriptive Modifikation in der Nominalphrase
Die Unterscheidung von definierendem und deskriptivem Gebrauch gilt für alle Modifikatoren.
Definierend wird ein Modifikator genannt, wenn er aus einer Menge durch die Definition eine
Untermenge schafft.
o he hadde a noble visage: Hier wird aus der Menge aller möglichen Gesichter eine
Untermenge mit noblen Gesichtern gebildet.
Deskriptiv wird ein Modifikator genannt, wenn er etwas, was nur einzeln vorkommt oder
bereits definiert ist, näher beschreibt.
o This ilk noble towne: Hier ist Troja gemeint, d.h. aus der Menge aller Städte, die
towne bezeichnen kann, ist bereits eine einzige ausgegrenzt. Das Adjektiv noble kann
diese Einermenge nicht weiter einschränken, es trägt nicht zur Identifikation der
Stadt bei, sondern beschreibt sie näher.
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
Das Adjektiv als Nominalmodifikator
Die Ergänzungen des Adjektivs
Die einfachste grammatische Form, die an einem ergänzten Nomen die
Modifikationsfunktion wahrnehmen kann, ist das Adjektiv.
Partizipien sind von Verben abgeleitete Adjektive und können wie diese als
Nominalmodifikatoren fungieren.
Flexional ausgedrückte Komplemente des Adjektivs
Eine Flexion des Adjektivs nach Numerus und Referenz kennt das Mittelenglische nur noch in Resten.
Der Relativsatz
An Relativformen für die Nominalphrase kennt die Sprache Chaucers that, which, which that, the
which that, who und who that.
 Die Relativkonstruktion ist historisch jünger als die Beiordnung, das zeigt sich z.B. daran, dass die
Relativformen vielfach ehemaligen Demonstrativformen entwachsen sind: that ist ursprünglich
Demonstrativum, which und who sind ursprünglich Interrogativa.
 Wie im Neuenglischen kann im Mittelenglischen das Relativpronomen im definierenden
Relativsatz fehlen.
Swich ist für sich ein Demonstrativobjekt, modifiziert also ein Nomen. In Korrelation mit that oder as
geht diese Funktion nicht verloren.
Die Genitivphrase
Genitivphrasen sind Nominalphrasen im Genitiv. Als Nominalphrasen führen sie selbst
Determinatoren und gegebenenfalls Modifikatoren mit sich.
my kynges sone: Meines Königs Sohn
a worthy kynges sone: eines edlen Königs Sohn
the kynges deere sone: des Königs lieber Sohn
Genitivphrasen gehen dem Nomen, auf welches sie sich beziehen, voraus und stellen dabei einen
Kontext her, in welchem dieses Nomen als [+IDENTIFIZIERT] erscheint.
 Genitivphrasen markieren das Nomen, das sie determinieren als [+IDENTIFIZIERT], d.h. sie
ersetzen den Determinator the.
Präpositionalphrasen
In thy tornyng to the grounde ist eine Präpositionalphrase, die primär als adverbiales Komplement
des Verbs tornen fungiert, im Zuge der Nominalisierung des Verbs zur Ergänzung des neuen Nomens
konvertiert. An anderen Verben sind Präpositionalphrasen optional.
Häufung und Schachtelung von Modifikatoren in der Nominalphrase
Die Modifikation einer Satzkonstituente ist einerseits optional, andererseits beliebig wiederholbar.
Vier Typen der Wiederholung lassen sich unterscheiden. Zwei davon betreffen dasselbe Modifikat
und liegen daher auf derselben Ebene. Die anderen beiden Typen von Wiederholungen betreffen
unterschiedliche Modifikate und liegen auf unterschiedlichen Ebenen.
Die Häufung von Modifikatoren auf der gleichen Ebene kann beiordnend oder unterordnend
sein.
o Additiv: hir syndes longe, flesshy, smothe and white
Alle vier Modifikatoren gehören derselben funktionalen Ebene an.
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Lernscriptum Mittelenglisch
9 Die Verbalphrase
Der Prädikator ist das strukturelle Zentrum des Satzes. Prädikatoren lassen sich nach Zahl und Art der
Teilnehmerrollen klassifizieren, die sie an sich binden. Die Dimensionen, nach denen ein Prädikator
im Mittelenglischen spezifiziert werden muss, sind Person, Numerus, Genus, Tempus, Modus,
Satzmodus und Polarität. Durch diese Spezifikation wird ein infiniter Prädikator finit. Darüber hinaus
kann ein Verb durch adverbiale Modifikatoren optional erweitert werden. Die Reichweite eines
Modifikators kann dabei unterschiedlich sein.
Der Rollenrahmen der Verben
Scheinbare Teilnehmerrollen und innere Objekte
Manche Prädikatoren haben Ergänzungen auf der Ausdrucksseite, denen auf der Inhaltsseite keine
Teilnehmerrolle entspricht.
In it reyneth (es regnet) ist it semantisch leer: es hat keinen außersprachlichen Bezug, sondern nur
die grammatische Funktion, Subjekt zu sein und eine nicht vorhandene Teilnehmerrolle zu vertreten.
Diese Pseudoform muss nicht immer über it realisiert sein, doch ist sie stets in der 3. Person Singular
realisiert.
Die quantitative Valenz
Prädikatoren unterscheiden sich durch die Anzahl ihrer Ergänzungen. Zählt man die Teilnehmerrollen
der Inhaltsseite, so ist [it] reyneth ein nullstelliger Prädikator.
Häufig steht die Zahl der Ergänzungen in Verbindung mit sprachlogischen Zusammenhängen, die das
Einzelwort übergreifen. Ein solcher Zusammenhang ist das Verhältnis von Verursachung und
Resultat.
Die qualitative Valenz: Komplementsätze
Die Ergänzungen eines Verbs erscheinen, qualitativ gesehen, in zwei unterschiedlichen
Formenbündeln: (1) als adverbiale Komplemente und (2) als nominale Komplemente. Adverbiale
Ergänzungen sind eine Gruppe unterschiedlicher Verbmodifikatoren, die aufgrund der Bedeutung
bestimmter Verben zu deren Komplement umfunktioniert sind. Diese Funktionsänderung
demonstriert die Präpositionalphrase in hevene in den beiden folgenden Beispielen. Im ersten
fungiert sie als optionales Adverbiale (Verbmodifikator), im zweiten als obligatorische
Teilnehmerrolle (adverbiale Ergänzung) des Verbs bringen:
in his hevene he gan him to delite
sundry peynes bryngen folk in hevene
Nominale Ergänzungen sind Nominalphrasen und Strukturen, die Nominalphrasen ersetzen können.
Hierbei handelt es sich nicht nur um Proformen, sondern auch um Ergänzungen, die erst sekundär
durch Nominalisierung aus anderen Strukturen gebildet sind, wie der Nominalsatz im folgenden
Beispiel, der durch die Konjunktion that zur Ergänzung des Prädikators the beste is umgeformt ist:
The beste ist hat thow telle me al thi who
Nominalisierung von Sätzen:
1. Ein Nominalsatz kann gebildet werden durch die Komplementationsstruktur aus einer
nominalisierenden Konjunktion und einem Satz. Beispiele für nominalisierende
Konjunktionen sind that, weither, gelegentlich auch how that oder Ø und whenne.  Dass
ein Nominalsatz Subjekt oder Objekt ist, ist ihm selbst nicht anzusehen. Die Verteilung der
Kasus auf die Teilnehmerrollen eines Verbs wird jedoch an flektierenden Wortarten, etwa an
Richard Leinstein
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Lernscriptum Mittelenglisch
den Personalpronomina, deutlich: in she saught hym steht der Nominativ für die Rolle des
Sehenden und der Dativ/Akkusativ für die Rolle des Gesehenen.
2. Die Umfunktionierung von Sätzen zu Argumenten übergeordneter Prädikatoren kann durch
Interrogativformen erfolgen: Während Konjunktionen einen Satz zum Verbkomplement
umfunktionieren, indem sie ich ergänzen, erfüllen Interrogativformen diese Funktion, indem
sie eine seiner Konstituenten ersetzen. Sie werden, gegebenenfalls mit weiteren Elementen
des Satzglieds, dem sie angehören, an den Anfang des Satzes gestellt. Darüber hinaus bleibt –
anders als in unabhängigen Fragesätzen – die Wortstellung des Aussagesatzes unverändert.
3. Komplementsätze können durch freie Relativformen gebildet werden: Die Bildungsweise ist
dieselbe wie die der subordinierenden Interrogativsätze. Zu den freien Relativformen
gehören z.B. who so, who that, what so, what.  Häufig wird der freie Relativsatz aus der
Position, die für die Teilnehmerrolle, die er einnimmt, zu erwarten ist, an den Satzanfang
extraponiert und durch eine pleonastische deiktische Form an seinem regulären Platz wieder
aufgenommen.
Die qualitative Valenz: Katenativprädikatoren
Prädikatoren heißen katenativ, wenn man mit ihnen Kettenstrukturen bilden kann. Eine Kette aus
zwei Gliedern entsteht im Mittelenglischen bei Prädikatoren, die durch eine Infinitivform ergänzt
werden. Denn diese Infinitivform ein Prädikator ist, der selbst wieder durch eine Infinitivform ergänzt
werden muss, können diese Ketten auch aus mehr als zwei Gliedern bestehen.
No nede was hym biseche to honoure hem.
(es war nicht nötig, ihn zu ersuchen, diejenigen zu ehren…)
Der Infinitiv ist eine besondere Form der Nominalisierung des Verbs. An seiner Stelle könnte
häufig auch ein Substantiv stehen.
Eine infinite verbale Ergänzung besitzt auf der Ausdrucksseite kein Subjekt, wohl aber die anderen
Teilnehmerrollen: hire to serve. Anstelle der kategorialen Ergänzungen der zweiten Ebene hat der
Infinitiv eine der Wortbildung nahe stehende Endung und unter Umständen eine Partikel wie to oder
for to bei sich. Unabhängig von der Ausdrucksseite besitzt freilich die semantische Struktur des Verbs
eine dem Subjekt entsprechende Teilnehmerrolle. Diese muss als „logisches Subjekt“ inhaltlich aus
dem Kontext aufgegriffen werden. Umgekehrt formuliert: sie braucht deshalb nicht ausdrücklich
genannt zu werden, weil sie sich im Kontext des übergeordneten Verbs von selbst versteht.
Man spricht von Subjektkontrolle durch ein Katenativverb, wen es dessen Subjekt ist, das dem
abhängigen Infinitiv das logische Subjekt verleiht. Deynen ist ein Katenativverb mit Subjektkontrolle.
Die flexional ausgedrückten Ergänzungen des Verbs
Auf der zweiten Ebene der Ergänzungen liegen die verbalen Kategoriensysteme. Einige von ihnen
werden flexional, andere periphrastisch gebildet. Trotz ihrer oberflächlichen Bindung an das Verb
betreffen die Dimensionen der Verbergänzung nicht den Verbinhalt allein. Das Tempus
beispielsweise gilt auf der Inhaltsseite für die gesamte Porposition, d.h. für die Beziehung zwischen
dem Verb und seinen Teilnehmerrollen insgesamt.
Person und Numerus sind im Mittelenglischen durch Person und Numerus des Subjekts bedingt:
hinsichtlich dieser Dimensionen kongruiert das Verb mit dem Subjekt.
Ein Indikativ Präsens kann auch vergangene und künftige Sachverhalte sowie zeitlose
Feststellungen bezeichnen.
Der Indikativ Präteritum bezeichnet im Mittelenglischen vergangene Sachverhalte, es kann
aber im ME auch eine Vorvergangenheit ausdrücken.
Durch die Wahl von Indikativ oder Optativ zeigt ein Spreche, ob die zum Ausdruck
kommende Gedankenverbindung einem realen oder einem hypothetischen Sachverhalt
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Lernscriptum Mittelenglisch
entspricht. In Hauptsätzen drückt der Optativ vornehmlich Wünsche aus. Er ist aber auch der
Modus des Nicht-Faktischen (Im Gegensatz zum Indikativ).
Der Imperativ erscheint nur im Hauptsatz.
Die Dimension Polarität
Analytisch, d.h. durch Periphrasen gebildete Kategoriensysteme des Mittelenglischen sind die
Dimension der Polarität und die Dimension des Satzmodus. Die syntaktisch und morphologisch
unmarkierte Kategorie der beiden Dimensionen ist die unverneinte Aussage.
Die Verneinung einer Aussage erfolgt im ME mit Hilfe des Negationswortes ne, das dem Verb
vorangestellt wird. (Der Partikeln kann auch mit anderen Wörtern kontrahiert werden)
Die Dimension Satzmodus
Die Dimension des Satzmodus umfasst folgende Kategorien, die sich gegenseitig ausschließen:
Aussagesatz
Fragesatz
Ausrufesatz
1. Fragesätze lassen sich einteilen in Konstituentenfragen, Polaritätsfragen und Disjunktfragen.
a. Konstituentenfragen werden mit den in 7 vorgestellten Interrogativformen gebildet.
Diese ersetzt die Konstituente, nach der gefragt werden soll.
b. In Polaritätsfragen will sich der Sprecher z.B. Gewissheit darüber verschaffen, ob ein
Sachverhalt oder ein Urteil zutrifft.
c. Disjunktfragen fordern den Hörer zu einer Entscheidung zwischen mindestens zwei
Alernativen auf.
Verbmodifikation
 Adverb!
Richard Leinstein
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