www.leinstein.de Lernscriptum Mittelenglisch Dieses Dokument soll Stundenten der Anglistik bei ihrem Weg durch die Studien des Mittelenglischen helfen. Diese Aufzeichnungen basieren auf dem Buch „Mittelenglisch“ von Prof. Dr. Wolfgang Obst und auch dieses Lernscriptum ist auf seine Vorlesungen und Kurse hin ausgerichtet. Es ist somit primär an Studenten der Universität Augsburg gerichtet. Richard Leinstein 02.06.2006 Lernscriptum Mittelenglisch 1 Schreibung und Lautung ................................................................................................................................. 4 Eindeutig.............................................................................................................................................. 4 Mehrdeutig.......................................................................................................................................... 4 Die Schreibung..................................................................................................................................... 5 Die Schreibung Mittelenglischer Langvokale ...................................................................................... 5 Schreibung Mittelenglischer Diphthonge............................................................................................ 6 Die Schreibung Mittelenglischer Vokale ............................................................................................. 6 Die Verse Chaucers (klausurrelevant), im Buch nachlesen, S. 36f ...................................................... 7 2 Mittelenglischer und heutiger Lautstand .................................................................................................... 7 Lautwandel .......................................................................................................................................... 7 Phonotaktische Veränderungen .......................................................................................................... 7 Die Vokale und Diphthonge des Neuenglischen ................................................................................. 7 Kürzung von Langvokalen .................................................................................................................... 8 Diphthonge .......................................................................................................................................... 8 Unbetonte Vokale ............................................................................................................................... 8 Die Wortbetonung............................................................................................................................... 9 3 Die Herkunft der mittelenglischen Laute ..................................................................................................... 9 Die Vokale des Altenglischen – Qualitative Veränderungen ............................................................. 10 Die Hebung tiefzungiger Langvokale ................................................................................................. 10 Die Entrundung.................................................................................................................................. 10 Der Zusammenfall der altenglischen Varianten von germ. *[a] und *[] ......................................... 10 Die Monophthongierung altenglischer Diphthonge. ........................................................................ 10 Die Entstehung neuer Diphthonge .................................................................................................... 11 Die Vokale unbetonter Silben ........................................................................................................... 11 Die Vokale des Altenglischen – Quantitative Veränderungen .......................................................... 11 Die Dehnung vor homorganer Konsonantengruppe ......................................................................... 12 Die Kürzung in geschlossener Silbe ................................................................................................... 12 Die Kürzung in drittletzter Silbe ........................................................................................................ 12 Die Dehnung in offener Tonsilbe....................................................................................................... 12 Die Kürzung in unbetonter Silbe ....................................................................................................... 12 Laute in altfranzösischen Lehnwörtern ............................................................................................. 12 5 Die Nominal- und Pronominalflexion ........................................................................................................ 13 Die Substantivflexion......................................................................................................................... 13 Die Flexion des Adjektivs ................................................................................................................... 14 Personalpronomina ........................................................................................................................... 14 6 Die Verbalflexion ........................................................................................................................................... 14 Das Kategoriensystem der Verben .................................................................................................... 14 Das schwache Verb............................................................................................................................ 14 Das starke Verb und der indoeuropäische Ablaut ............................................................................ 15 Die Verba praeteritopraesentia ........................................................................................................ 16 Die Verben ben, don, gon, willen ...................................................................................................... 16 7 Syntaktische Funktionen .............................................................................................................................. 16 Die Prädikation .................................................................................................................................. 16 Die Komplementation ....................................................................................................................... 16 Die Komplemente des Substantivs ................................................................................................ 16 Die Komplemente des Verbs ......................................................................................................... 17 Die Komplementation bei anderen Wortklassen .......................................................................... 17 Die Modifikation ................................................................................................................................ 17 Die Koordination ............................................................................................................................... 18 Funktionsplätze im Satzgerüst .......................................................................................................... 18 Demonstrativformen, Relativformen und Interrogativformen ......................................................... 18 Flexionale Wortklassen ..................................................................................................................... 18 Notionale Wortklassen ...................................................................................................................... 18 Richard Leinstein Seite 2 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch 8 Die Nominalphrase ....................................................................................................................................... 19 Teilnehmerrollen als Komplemente des Substantivs ........................................................................ 19 Der Determinator als Komplement des Substantivs ......................................................................... 19 Flexional ausgedrückte Komplemente des Substantivs und Personalpronomens ........................... 19 Definierende und deskriptive Modifikation in der Nominalphrase .................................................. 19 Das Adjektiv als Nominalmodifikator ................................................................................................ 20 Die Ergänzungen des Adjektivs...................................................................................................... 20 Flexional ausgedrückte Komplemente des Adjektivs .................................................................... 20 Der Relativsatz ................................................................................................................................... 20 Die Genitivphrase .............................................................................................................................. 20 Präpositionalphrasen ........................................................................................................................ 20 Häufung und Schachtelung von Modifikatoren in der Nominalphrase ............................................ 20 9 Die Verbalphrase ........................................................................................................................................... 21 Der Rollenrahmen der Verben .......................................................................................................... 21 Scheinbare Teilnehmerrollen und innere Objekte ........................................................................ 21 Die quantitative Valenz ................................................................................................................. 21 Die qualitative Valenz: Komplementsätze..................................................................................... 21 Die qualitative Valenz: Katenativprädikatoren ............................................................................. 22 Die flexional ausgedrückten Ergänzungen des Verbs.................................................................... 22 Die Dimension Polarität................................................................................................................. 23 Die Dimension Satzmodus ............................................................................................................. 23 Verbmodifikation........................................................................................................................... 23 Richard Leinstein Seite 3 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch 1 Schreibung und Lautung Eindeutig Schreibung Lautung Beispiel <b> <d> <f> <l> <m> <p> <r> <t> <w> <ch> <wh> [b] [d] [f] [l] [m] [p] [r] [t] [w] [t] [hw] <blake> <deere> <first> <lady> <maker> <place> <roos> <tyme> <wo> <chide> <where> <k> [s] vor <e>, <i> [g] [d] vor <e>, <i> [] [x] [h] Ø [d] (Vokale) [n] [] [s] [z] [v] (Vokale) [j] [] [x] [s] [z] [s] vor <e>, <i> [sk] [] [] [k] <recoueren> <plesaunce> <god> <gentilesse> <nyght> <nought> <rehercen> <houre> <soiourne> Mehrdeutig <c> <g> <gh> <h> <i> <n> <Schaft-s>/<s> <u>/<v> <>1 <>2 <sc> <th> <c> <k> <g> <gu>+ <e>, <i> <c>+ <e>, <i> <Schaft-s>/<s> <sc>+ <e>,<i> <> Richard Leinstein [g] [s] <agoon> <thank> <sekes> <rise> <heuymesse> <eue> <mit> <nout> <seruant> <eles> <science> <scornyge> <thyng> <bothe> <cok> <kissyng>-+ <god> <guerdoun> <rehercen> <bestes> <science> <breste> Seite 4 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch <Schaft-s> <> <> <gh> <sch> <sh> <g>+ <e>, <i> <i> <gn> <n> <> <y> <cc>+ <e>, <i> <x> <xc>+ <e>, <i> <cqu> <qu> [z] [x], [ç] [] [d] [n] [j] [ks] [kw] <rise> <eles> <nout> <nought> <schort> <shortly> <gentilesse> <soiourne> <digne> <torned> <et> <yet> <affecioun> <bitwixen> <excellent> <acquiren> <quenche> Die Schreibung <i> <y> <e> <a> <o> <u>/ <v> <o> <ou> [] [] [] [a] [] [] <is> <ywys> <bed> <fallen> <that> <god> <but>/ <vnder> <loue> <soiourne> Die Schreibung Mittelenglischer Langvokale <i> <y> <e> <ee> <ie> <e> <ee> <a> <aa> <o> <oo> <o> <oo> <o> <ou> <ow> Richard Leinstein [i:] [e:] [:] [a:] [o:] [:] [u:] <rise> <bynde> <kepe> <deere> <fiercly> <speke> <feere> <shapen> <caas> <don> <moot> <wo> <roos> <contrepeise> <oute> <thow> Seite 5 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Schreibung Mittelenglischer Diphthonge <ei> <ey> <ai> <ay> <oi> <oy> <eu> <ew> <u> <ui> <ew> <au> <aw> <ou> <ow> [] [] [] [] [a] [] <veyn> <day> <fairer> <day> <Joie> <Joye> <pdeux> <newe> <assured> <auentuirs> <shewed> <plesaunce> <dawing> <oughten> <crowe> Die Schreibung Mittelenglischer Vokale <a> <aa> <ai>,<ay> <au>, <aw> <e> <ee> <ei>,<ey> <eu>, <ew> <i> <ie> <o> <oo> <ou>, <ow> <u> <ui> <y> Richard Leinstein [a] [a:] [a:] [] [a] [e:] [] [:] [e:] [:] [] [] [] [i:] [] [e:] [:] [] [o:] [u:] [] [:] [o:] [] [u:] [] [] [] [] [i:] [] Seite 6 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Die Verse Chaucers (klausurrelevant), im Buch nachlesen, S. 36f Troilus and Criseyde ist in siebebzeiligen Strophen abgefasst, die dem Reimschema ab ab b cc folgen. Die Verszeile besteht in der Regel aus zehn oder elf Silben. (zehn bei betonter, elf bei unbetonter letzter Silbe.) Dieser von Chaucer geprägte Strophentyp trägt den Namen rhyme royal oder Chaucer – Strophe. Die Wörter einer Verszeile sind vom Dichter so ausgewählt, dass stärker und schwächer betonte Silben einander ablösen. Man geht davon aus, dass Chaucer in seiner Dichtung das romanische (silbenzählende Verse) mit dem germanischen (alliterierend) Dichtungsprinzip verband. 2 Mittelenglischer und heutiger Lautstand Lautwandel ME [] [] NE [] [] Phonotaktische Veränderungen Die Regeln der Lautkombination änderten sich vom Mittel- zum Neuenglischen Mittelenglisch [skl] [kn-] [gn-] [wr-] [hw-] [-st()l] [-mb] [-mn] [-g] Neuenglisch sclaundren knowen gnawen wrath while castel lamb damnen thinge /sl/ /n-/ /n-/ /r-/ /w-/ /-sl/ /-m/ /-m/ /-/ slander know gnaw wrath while castle lamb damn thing Die Vokale und Diphthonge des Neuenglischen Mittelenglisch [i:] [e:] [:] [a:] [:] [o:] [u:] Fne. Neuenglisch whi why [] /a/ fele [i:] /i:/ feel encresse [e:] /i:/ increase hate hate [:] // boot [o:] boat // do [u:] /u:/ do thousand thousand [] /a/ Moderne englische Schreibung mit <ee> weist i.d.R. auf ursprünglich geschlossene Qualität [e:] hin, eine Schreibung mit <ea>auf offene [:] Neuenglisch <ie> lässt auf ME [e:] schließen Der Kurzvokal [] entwickelte sich zu [] (meistens), insgesamt jedoch neigen Kurzvokale nicht so sehr dazu, sich zu verändern. Richard Leinstein Seite 7 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Mittelenglisch Neuenglisch [i:r] [e:] [:r] /a/ (> /a:/) // // // // // > /:/ // > /:/ // > /:/ /a/ (> /a:/ am Wortende) // > /:/ vor Konsonant [a:r] [o:r] [:r] [u:r] fyr here tere there spare pore swoor more houre oures fire here tear there spare poor swore more hour yours Die geschlossenen Kurzvokale [] und [] werden unter dem Einfluss von [] zu [] zentralisiert. [] wird zu [a] gesenkt. [] und [a] sowie [] und [a] erfahren beim Ausfall des [] eine Ersatzdehnung. Mittelenglisch Neuenglisch hire herte harm for worlde [r] [r] [ar] [r] [r] her heart harm for world [:] /a:/ /a:/ /:/ /:/ Kürzung von Langvokalen Nicht alle Langvokale der Sprache Chaucers unterliegen der großen Vokalverschiebung. Kürzungen sind besonders bei einsilbigen Wörtern relativ häufig. So wird z.B. das Substantiv bloode in spätmittelenglischer Zeit gekürzt. Von [o:] zu [], diese Form wiederum unterliegt dem Lautwandel: [] > []. Diphthonge Mittelenglisch [] [] [] [] [] [] wey joie newe, trewe fewe, lewed lawe growen Fne. Neuenglisch [:] [] [iu] [iu] [:] [:] // // /(j)u:/ /(j)u:/ /:/ // way joy new, true few, lewd law grow Unbetonte Vokale Unbetonte Vokale neigen in den germanischen Sprachen zu Reduktion in Länge und Qualität. Diese Tendenz, die bereits den altenglischen Schwachtonvokalismus bestimmt, ist auch dafür verantwortlich, dass sämtliche mittelenglischen Flexionsendungen den neutralen Vokal [] enthalten. In der Entwicklung zum Neuenglischen werden die verbleibenden unbetonten Vokale weiter reduziert. Vor der Haupttonsilbe ergeben me. [a], [] und [] in der Regel ne. //, me. [] und [] erscheinen als ne. //: Mittelenglisch [a] [] Richard Leinstein Neuenglisch agree oppynyoun *a’gre:+ [p] // agree opinioun Seite 8 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch suffisen desire ynough [] [] [] [] [] [] // suffice desire enough In unbetonten Endsilben führt die Vokalreduktion häufig zu . Auslautendes [-], das bereits im Mittelenglischen instabil ist, entfällt im Neuenglischen ganz. Die Wortbetonung Der germanische Wortakzent lag ursprünglich auf der ersten Silbe, doch im Mittelenglischen schaffen Entlehnungen aus dem Französischen, das ein anderes Betonungssystem besitzt, neue Verhältnisse. Mit der Eingliederung französischer Texte ins Englische geht ihre Anpassung an heimische Akzentmuster einher. In Chaucers Texten erscheint eine Reihe von Wörtern je nach den Anforderungen des Metrums mit romanischer oder angepasster Betonung. Die Betonungsänderung der Nomina französischen Ursprungs folgt einem einfachen Schema: In zweisilbigen Wörtern wird der Akzent von der letzten auf die vorletzte Silbe verlegt. In mehrsilbigen Wörtern verschiebt er sich um zwei Silben nach vorne, wo in der Aussprache des Französischen durch die Engländer vielleicht bereits ein Sekundärakzent gelegen hatte. Auslautendes [-], in der Tabelle durch (o) gekennzeichnet, ist bereits im Mittelenglischen instabil und für die Silbenzahl nicht relevant. Romanische Betonung Angepasste Betonung o’o(o) roial ‘oo royal merveille oo’o(o) excellent ‘ooo excellent compaignye company ooo’o(o) adversite o’ooo adversity ipocrisie hypocrisy oooo’o(o) mutabilité oo’ooo mutability Der Akzent wird nicht auf die erste Silbe verlegt, wenn diese als Präfix aufgefasst wird (egal ob etymologisch Korrekt oder nicht). Die mittelenglischen Wörter für „Schuld“ und „Zweifel“ wurden <dette>und <doute> geschrieben. Das <b> wurde in Anlehnung an lat. debere und dubitare eingefügt und von Puristen auch in der Aussprache berücksichtigt. Bei Entlehnungen laufen diejenigen mit der spezielleren Bedeutung über das Französische, die jüngere Form lehnt sich in Schreibung und Bedeutung enger an das Lateinische an. 3 Die Herkunft der mittelenglischen Laute Die stimmhaften Reibelaute [v], [] und [z] waren im Altenglischen nur Stellungsvarianten der entsprechenden stimmlosen Konsonanten [f], [] und [s] ohne bedeutungsdifferenzierende Funktion. Die stimmhafte Variante stand inlautend in stimmhafter Umgebung, die stimmlose in allen übrigen Positionen. Das Mittelenglische erbt diese Verteilung der Frikative in den Wörtern altenglischen Ursprungs; die Verteilungsregel selbst wird jedoch durch Lautwandel und Entlehnungen unterlaufen. Durch den Abfall von auslautendem [-] kann ein stimmhafter Frikativ in den Wortauslaut geraten: love [lv] > [lv] Intervokalisches [] ist ehemaliger Anlaut in Univerbierung (nothing < no thing) oder griechischen Ursprungs (method). Nicht alle Lautveränderungen betreffen eine so große Anzahl von Wörtern, dass es sinnvoll wäre, von einem Lautgesetz zu sprechen. An isolierten Wörtern findet um der Ökonomie der Richard Leinstein Seite 9 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Aussprache willen häufig eine Angleichung (Assimilation) von Artikulationsmerkmalen benachbarter Laute statt. Einige Lautkombinationen sind in der englischen Sprachgeschichte notorisch instabil, ohne regelmäßigen lautgesetzlichen Veränderungen zu unterliegen. Insbesondere neigen [r] und ein benachbarter Vokal zur Umstellung (Metathese). Zu dieser Umstellung neigt auch die Gruppe [sk]. Die Vokale des Altenglischen – Qualitative Veränderungen Das Altenglische kannte die tiefzungigen Vokale [a:] und [:], die zum Mittelenglischen hin gehoben wurden, die gerundeten Vorderzungenvokale [y:], [y], [] und [], die zum Mittelenglischen hin entrundet wurden, und eine Reihe von Stellungsvarianten der Vokale [a] und [], die im Mittelenglischen nicht mehr unterschieden wurden. Die Hebung tiefzungiger Langvokale Die Vokale [a:] und [:] des Altenglischen sind im Mittelenglischen zu [:] bzw. [:] angehoben. Altenglisches [a:] entwickelt sich, wo kein Umlaut eintritt, aus dem germanischen Diphthong *[ai]. Das altenglische [a:] wird zum Mittelenglischen hin südliche des Humber gerundet und angehoben und erscheint als [:], im Norden bleibt [a:] erhalten. Das neuenglische Ergebnis der südlichen Variante ist der Diphthong //, schottische Dialektformen setzen die nordhumbrische Variante fort. wgerm. altenglisch mittelenglisch neuenglisch [o:] > [] [:] *[a] [a:] Die Entrundung Für den Dialekt des Mittelenglischen, der sich zur neuenglischen Standardlautung entwickelte, lassen sich keine gerundeten Vorderzungenvokale nachweisen. Im Altenglischen waren, wie im Deutschen, durch Assimilation der velaren Vokale [u:], [], [o:], [] an [] und [j] der Folgesilbe (Umlaut) die Vokale [y:], [y], [], und [] entstanden, die sich von den Vorderzungenvokalen [i:], [], [e:] und [] nur durch das zusätzliche Merkmal der Lippenrundung unterschieden. Die Entrundung von ae. [y:] und [y] führt im Kentischen, wo sie bereits in altenglischer Zeit eintritt, und im Anglischen und unterschiedlichen Ergebnissen. Westsächsisch Kentisch Anglisch ae. [y:] ae. [y] [y:] [e:] [i:] [y] [] [] Der Zusammenfall der altenglischen Varianten von germ. *[a] und *[] Im Mittelenglischen gibt es nur noch ein einheitliches <a>. Die Monophthongierung altenglischer Diphthonge. Die altenglischen Schreiber unterschieden nicht zwischen ererbten Diphthongen einerseits und allophonisch bedingten Gleitelauten andererseits: sie setzten unterschiedslos <ea>, <eo>. Für den hier dargestellten Dialekt des Mittelenglischen sind die altenglischen Diphthonge [] und [eo] von Bedeutung. Sie setzen germanische Diphthonge fort oder entstehen durch Kontraktion von Vokalen. Richard Leinstein Seite 10 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch [] wird schließlich zu me. [] monophthongiert [eo] wird schließlich zu me. [e:] monophthongiert und entrundet. Die Entstehung neuer Diphthonge Nachdem die altenglischen Diphthonge allesamt monophthongiert sind, entstehen neue mittelenglische Diphthonge durch Vokalisierung der stimmhaften Reibelaute [] und [] sowie des Halbvokals [w] in postvokalischer Stellung. Der palatale Reibelaut [] bildet Diphthonge, die letztlich in me. [] zusammengefallen sind. Der Halbvokal [w] bildet Diphthonge, die letztlich in me [] resultieren, welches meist <ew>geschrieben wird. Mit offeneren palatalen Vokalen kann [w] aber auch zu me. [] werden, welches ebenfalls <ew>geschrieben wird. Mit velaren Vokalen im Bereich von [:] bis [o:] bilden der Halbvokal [w] und der velare Reibelaut [] Diphthonge, die letztlich in me. [] zusammenfallen. Aus [a] + []/[w] entsteht der mittelenglische Diphthong [a]. Übersicht: Die Vokalisierung der Reibelaute [] und [] und des Halbvokals [w] Altenglisch Mittelenglisch Palatale Vokale [], [], [], [e:] + [] [] [i:], [e:], [eo] + [w] [] [], [a] + [w] [] Velare Vokale [a:] > [], [o:], [] + [w], [] [] [a] + [w], [] [] Vor einfachem [] bzw. [x] treten mittelenglisch auch die Langvokale [e:] und [o:] auf. Die Langvokale werden durch Assimilation an den stimmlosen Reibelaut angehoben und fallen noch vor der Vokalisierung der Reibelaute mit [i:] bzw. [u:] zusammen. Die Ergebnisse nehmen an der großen Vokalverschiebung teil. Übersicht: Auftreten von Gleitelauten vor den Reibelauten [] und [x] Frühmittelenglisch Palataler Frikativ Velarer Frikativ Chaucer [] + [] [e:] + [] [a] + [x] [] + [x] [o:] + [x] [] [e:] > [i:] [ax] [x] [o:x] > [u:x] Die Vokale unbetonter Silben Bereits im Altenglischen fallen [] und [] in der Flexionsendungsposition mit [] zusammen. Im Mittelenglischen werden auch die verbleibenden Endungsvokale [a], [] und [] zu []. In der unbetonten Vorsilbe be- [] wird [] zum Mittelenglischen hin zu [] gehoben. Die Vokale des Altenglischen – Quantitative Veränderungen Bei der Entwicklung zum Mittelenglischen weicht das etymologische Quantitätensystem einer Verteilung, die durch Silbenstruktur und Betonung bedingt ist. Richard Leinstein Seite 11 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Die Dehnung vor homorganer Konsonantengruppe Bereits in altenglischer Zeit beginnt ein Dehnungsprozess, der betonte Kurzvokale vor bestimmten stimmhaften Konsonantenverbindungen erfasst. Vor den homorgangen (d.h. an der gleichen Artikulationsstelle gebildeten) Gruppen werden altenglische Kurzvokale gedehnt. Für die Sprache Chaucers sind aus der Schreibung bzw. aus den neuenglischen Folgeformen noch folgende Langvokale vor homorgangen Gruppen anzusetzen: Vokal Gruppe Beispiel [i:] [mb] me. climben me. comb [:] [i:] [nd] me. bynd me. lond [:] [u:] me. stownde me. songe [:] [g] [i:] [ld] me. child [e:] me. feld [o:] me. gold me. holden [:] [e:] me. erthe [r] Von diesen Dehnungen hat sich im Neuenglischen der Langvokal vor [g] nicht gehalten: Wörter wie long und song werden heute mit Kurzvokal gesprochen. Die Dehnung unterbleibt, wenn auf die homorgane Gruppe ein weiterer Konsonant folgt. Die Kürzung in geschlossener Silbe Um die Jahrtausendwende werden Langvokale in geschlossener Silbe, d.h. vor einer Konsonantengruppe oder einem Langkonsonanten gekürzt. Die Kürzung in drittletzter Silbe Eine relativ kleine Anzahl von dreisilbigen Wörtern ist betroffen durch eine Kürzung von Langvokalen in der ersten Silbe. Die Dehnung in offener Tonsilbe Um 1200 beginnt eine Dehnung betonter Vokale in offener Silbe zweisilbiger Wörter, d.h. vor einfachem Konsonant + Vokal. Die Kürzung in unbetonter Silbe In Flexionsendungen treten bereits in altenglischer Zeit nur Kurzvokale auf. Die neuenglische Lautung setzt eine Kürzung unbetonter Vokale uach in lexikalischen Morphemen voraus. Für die konservative Sprache Chaucers geht unsere Umschrift von etymologischer Länge und voller Qualität der Vokale in solchen Ableitungssilben aus. Laute in altfranzösischen Lehnwörtern afz. faillir [fa] zu me. failen [fln] afz. gaigner [gaer] zu me. gaignen [g] Die Vokallänge in französischen Lehnwörtern wird an die Silbenmuster des Englischen angepasst. Betonte Vokale werden im Auslaut und vor auslautendem [], vor einfachem Konsonanten und vor Konsonantenkombinationen, die dem Auslaut der Folgesilbe zugerechnet werden, als lang integriert. Richard Leinstein Seite 12 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch afz. cri me. cri [i:] (Schrei) afz cas me. cas [a:] (Fall) afz. cote me. cote [] (Umhang) afz. Beste me. beste [:] (Tier) Vokale vor mehrfacher Konsonanz und in ursprünglich unbetonten Silben werden in der Regel als kurz übernommen: afz. temble me. temple [] afz. cite me. citee [] (Stadt) Die Triphthonge [ieu] und [au] werden im Mittelenglischen durch die Diphthonge [] bzw. [] ersetzt. afz. pardieu me. pardeu [pard] afz. Beaute me. beaute [bte:] 5 Die Nominal- und Pronominalflexion Die Substantivflexion Als Dimension der Flexion existiert das Genus nur noch beim Personalpronomen der 3. Person Singular. Zum Mittelenglischen hin löst sich das komplexe System der altenglischen Flexionsklassen auf. Da im Auslaut fast alle Laute zu [] abgeschwächt wurden, verschwanden viele Möglichkeiten, z.B. den Genitiv durch Vokalopposition auszudrücken. Deshalb setzte sich die Genitivbildung auf <s> durch, die sich bis ins Neuenglische erhalten hat. Im Mittelenglischen gibt es noch Nullgenitive! Aus phonetischen Gründen bildet das Mittelenglische einen Genitiv mit dem Nullmorphem auch bei Namen, die bereits auf [-s] enden. Für Substantive, die durch eine Präpositionalphrase erweitert sind, wie the kyng Priamus of Troye kennt das Mittelenglische zwei Möglichkeiten der Genitivbildung: o Den „Spaltgenitiv“ und den „Gruppengenitiv“. Beim Spaltgenitiv tritt das Bezugswort der Genitivphrase zwischen das im Genitiv stehende Substantiv und die Präpositionalphrase. The kyng Priamus sone ofTroye. o Im Gruppengenitiv wird die Genitivendung an das Ende der gesamten Phrase vor das Bezugswort gestellt. God of loves servantz. Aus phonetischen Gründen kann der Plural französischer Substantive, deren Stamm bereits auf [-s] endet, im Mittelenglischen mit dem Nullmorphem gebildet werden. Im altenglischen Nominalparadigma entsteht Umlaut, wo eine [i] -haltige Flexionsendung unmittelbar auf die Wurzel folgt, wo also das stammbildende Element ist. Die neuenglische Pluralform oxen ist ein Überrest einer großen Klasse altenglischer Substantive, die ihren Plural mit der Endung –an bildeten. Da die Kasusflexion wegfällt, wird im Mittelenglischen die Wortstellung für die Differenzierung von Subjekt und direktem Objekt wichtig. o Genitiv- und Dativformen des Substantivs werden zunehmend durch Präpositionalgefüge ersetzt. (z.B. zur Periphrase des Genitivs oft of, oder aber auch das Personalpronomen: Millere his tale o Zur Umschreibung ehemaliger Dativobjekte dienen Phrasen mit der Präposition to und unto. Durch eine Nominalphrase im Dativ wurden beispielsweise die altenglischen Verben für „dünken“ (me. thinken) und „gefallen“ (liken) ersetzt. Sie finden sich immer wieder in Konstruktionen mit dem Dativ/Akkusativ des Personalpronomens und einer Präpositionalphrase Richard Leinstein Seite 13 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch A wonder thynketh me: „es dünkt mich ein Wunder“ Die Flexion des Adjektivs Im Altenglischen gibt es noch starke und schwache Adjektivflexion. In der Sprache Chaucers bleibt von all diesen Endungen nur ein instabiles [-] als Kennzeichen des Plurals und der schwachen Flexion übrig, und auch dies nur bei einsilbigen Adjektiven, die meist germanischer Herkunft sind. Wie einsilbige Adjektive können sich auch diejenigen verhalten, deren Stamm durch Synkope eines [--] in der zweiten Silbe ebenfalls einsilbig werden kann. stark Plural Singular einsilbig mehrsilbig a good wif woful wight schwach Plural Singular goode wifes woful wightes the goode wif the woful wight the goode wifes the woful wightes Personalpronomina Das Paradigma der Personalpronomina umfasst in der Sprache Chaucers folgende Formen: 1. Sg 2. Sg 3. Sg mask. 3. Sg fem 3. Sg neut 1. Pl 2. Pl 3. Pl Nominativ I, ich, ik thow he shw it, hit we e they Genitiv my, myn thy, thyn his hire his oure oure here Dativ/Akkusativ me thee him hire it, hit us ow hem Bis zum Neuenglischen erhält sich die Kasusflexion des Fragewortes who, das bei Chaucer im Genitiv whos, im Datiw whom lautet. 6 Die Verbalflexion Das Kategoriensystem der Verben Mittelenglische Verben bilden ein Flexionsparadigma nach den Dimensionen Person, Numerus, Modus und Tempus. Verben lassen sich traditionell in starke und schwache Verben einteilen, zu ihrer Unterscheidung dient die Präteritumsbildung. Bei den schwachen Verben erfolgt die Präteritumsbildung durch ein Suffix, das bis zum Neuenglischen produktiv geblieben ist. (Dentalsuffix {D}) Das schwache Verb Das Dentalsuffix ist das definierende Merkmal der schwachen Verben. Im Mittelenglischen wird das Präteritalmorphem {D} bei den meisten schwachen Verben als [()d] realisiert. Das Vorhandensein dieses Bindevokals ist ursprünglich durch die altenglische Präteritalbildung mit diesem Bindevokal determiniert. Fehlt im Altenglischen ein Bindevokal, so steht auch im Mittelenglischen nur [d]. In Verben, deren Wurzel auf Vokal + [d] endet, entsteht durch das Antreten des Dentalsuffixes ohne Bindevokal ein Langkonsonant: ae. Ein Allomorph [t] hat das Präteritalmorphem ursprünglich bei Verben, deren Wurzel auf einen stimmlosen Konsonanten endet. Geht einem stammschließenden [d] oder [t] ein weiterer Konsonant voraus, tritt das Dentalsuffix nicht mehr in Erscheinung. Einige unregelmäßige Formen zeigt das schwache Verb haven (haben), das als Hilfsverb häufig in unregelmäßiger Position auftritt. Der Infinitiv erscheint auch in der kontrahierten Form han. Der Singular lautet im Präsens have, hast, hath, das Präteritum hadde. Die Formen hath und hadde verschmelzen mit dem Negationspartikel ne zu nath (hat nicht) und nadde (hatte nicht). Richard Leinstein Seite 14 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Das starke Verb und der indoeuropäische Ablaut Definierend für die Klasse der starken Verben ist die Bildung des Präteritums ohne Dentalsuffix. Die meisten starken Verben unterscheiden zwei Präteritalstämme und einen Partizipialstamm, die aus dem Präsensstamm in der Regel durch einen Vokalwechsel abzuleiten sind. Stammformen: Der Infinitiv, der aus einem [e-]-stufigen Verbalnomen stammt. Von derselben Ablautstufe werden im Mittelenglischen alle finiten Präsensformen, das Partizip Präsens und das Nomen actionis gebildet. Die 1. und 3. Person Singular des Präteritums, die auf den [o]-stufigen Singular des indoeuropäischen Perfekts zurückgehen. Der Plural des Präteritums, der sich aus dem nullstufigen Plural des indoeuropäischen Perfekts herleitet. Von dieser Ablautstufe werden im altenglischen auch die 2. Person Singular und der Optativ Präteritum gebildet. Das Partizip Präteritum, das ein gleichfalls nullstufiges indoeuropäisches Verbalnomen fortsetzt. Zusätzlich zum Ablaut wurde das indoeuropäische Perfekt durch Reduplikation (Verdoppelung der ersten Silbe) gebildet. Ablautreihen der starken englischen Verben 1. Ablautreihe [i:] 2. Ablautreihe [u] 3. Ablautreihe [Nasal + Konsonant] 3a. Ablautreihe [Liquid + Konsonant] 4. Ablautreihe [Einfacher Nasal oder Liquid] 5. Ablautreihe [Einfacher Obstruent] 6. Ablautreihe [a o: o: a] Richard Leinstein [a:] bâd a-bode a-bode (abided) [a] bêad (for-bad) (for-bade) [i] bidon a-biden ae me ne [i:] bîdan a-biden a-bide [eo] bêodan for-beden (for-bid) ae me ne bindan binden bind band boond bound bundon bounden bunden bounden bound ae me ne weoran worthen fne. worth war fme. warth wurdon fme. Wurden worden ae me ne beran beren bear br bar (bore) bron beren boren boren borne ae me ne sittan sitten sit st sat sat ston seten seten seten (sat) ae me ne sacan for-saken for-sake sôc for-sook for-sook sôcon sor-soken sacen sor-saken for-saken ae me ne [] budon [i] biden a-biden (a-bided) [] boden for-boden (for-bidden) Seite 15 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Die Verba praeteritopraesentia Perfektform hat Präsensbedeutung Ablautreihe 1 3 Sekundäres Präteritum witen woot wost witen woot wiste Partizip wist konnen kann kanst konnen kann koude kouthe koud kouth Sekund. Präsens Infinitiv 1. 3. Sg 2. Sg Plural durren dar darst dar dorste durste 3. thar 3. thurste 4 6 unklar shal shalt shullen shal sholde moot most mooten moste mowen may mayst mowen may mighte Zu woot und wiste bestehen die negierten Formen noot und nyste. Die Verben ben, don, gon, willen Einige mittelenglische Verben gehören aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte keiner der oben beschriebenen Klassen an. Das mittelenglische Paradigma von ben ist aus Formen verschiedener Wurzeln zusammengesetzt. (Suppletion) 7 Syntaktische Funktionen Die Identität einer Wortklasse ergibt sich aus den Funktoinen, die ihre Mitglieder im Satz erfüllen können. Die syntaktischen Funktionen der Wörter sind – weitgehend unabhöngig von flexionsmorphologischen Markierungen – durch den logischen Aufbau einer Sprache festgelegt. Die Anzahl der syntaktischen Grundfunktionen ist begrenzt: es sind Prädikation, Komplementation, Modifikation und Koordination. Die Prädikation Troilus deide. Ist eine Prädikation der einfachsten Art. „deide“ kann nur von einem Lebewesen erlebt werden, denn nur ein solches kann sterben. Somit muss es durch einen Teilnehmer ergänzt (komplementiert) werden, der die Eigenschaft [+LEBEWESEN] besitzt. Deide ist ein sog. einstelliger Prädikator. (Valenzgrammatikalisch: 1wertig). Prädikatoren können aber auch komplex, d.h. aus mehr als einem Wort, gebildet werden: the wrecche is dead. In diesem Fall ist der Prädikator (is dead) mit Hilfe der Kopula is aus dem Adjekit ded abgeleitet. Außerdem ist das Argument von the wrecche is dead nicht durch einen Eigennamen wie Troilus, sondern durch einen Gattungsnamen und den bestimmten Artikel gebildet, d.h. durch eine Nominalphrase anderer Struktur. Eine Prädikation entsteht durch das Einsetzen von Argumenten der geforderten Zahl und des geforderten Typs in die Leerstellen eines Prädikators. Übertragen in syntaktische Terminologie bedeutet dies: ein vollständiger Satz eines bestimmten Typs besteht mindestens aus einem Verb (oder einem abgeleiteten komplexen Prädikator) von einer bestimmten Valenz und aus den Ergänzungen, die aufgrund dieser Valenz gefordert sind. Die Komplementation Die Komplemente des Substantivs Wird ein um seine Argumente ergänzter verbaler Prädikator wie thow deye substantiviert und damit in eine neue Funktion im Satz überführt, kann er seine Komplemente – mit entsprechenden syntaktischen Anpassungen – in die substantivierte Form übernehmen: thy deeth. Richard Leinstein Seite 16 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Häufig sind die Ergänzungen, die am Verb obligatorisch sind, am abgeleiteten Substantiv optional. Nominalkomplemente werden meist mit that – Sätzen in Relativsätzen ausgedrückt. Bezieht sich ein Nomen auf ein im Kontext neues, noch nicht identifiziertes Phänomen, so wird es – im Singular – mit dem indefiniten Determinator a/an markiert; bei bestimmten Substantiven tritt – mit gleicher Bedeutung – Ø an die Stelle von a/an. Bezieht sich ein Substantiv auf ein vorher bereits genanntes oder aus anderem Grund im Kontext identifitiertes Phänomen, so wird es mit dem definiten Artikel the oder mit einem Demonstrativum wie this oder that markiert. Der Determinator lässt sich als Substantivkomplement betrachten. Die Komplemente des Verbs Wie ein Nomen muss auch ein Verb einerseits auf der Ebene der Teilnehmerrollen, andererseits auf der kategorialen Ebene ergänzt werden. Die möglichen Komplemente der Verben lassen sich in zwei große Formenbündel zusammenfassen, die wir als Nominale und Adverbiale bezeichnen. Die Komplementation bei anderen Wortklassen Eine Ergänzung auf zwei Ebenen – der Valenzebene und der kategorialen Ebene – findet, solange ein Flexionssystem besteht, auch bei den Wortarten Adjektiv und Adverb statt. Zur kategorialen Ebene gehört bei beiden die Dimension des Gradus (Positiv gegenüber Komparativ und Superlativ); das Adjektiv verfügt außerdem über die Dimensionen Referenz (Idifiziertheit gegenüber Nichtidentifiziertheit) und Numerus. Komplementationsstrukturen erscheinen im Satz immer dort, wo unterschiedliche Elemente aufeinander angewiesen sind, um die nächsthöhrere Funktion auszuüben. Die Nominalphrase so unskilful an oppynyoun wäre der Form nach nicht geeignet, die Valenz des Prädikators dwelle auszufüllen. Diese Funktion kann sie nur zusammen mit einer Präposition wie in ausüben. Präpositionen lassen sich definieren als Wörter, deren Funktion es sit, mit Nominalphrasen (und den sie ersetzenden Formen) eine Komplementationsstruktur einzugehen. Dies triofft zwar auch für Verben zu, doch sind die mit finiten Verben gebildeten Ergänzungsstrukturen selbstständige Prädikationen, die mit Präpositionen gebildeten nicht. Postpositionen wie z.B. ne. ago unterscheiden sich von ihnen nur durch ihre Stellung, nicht durch ihre Funktion. Anstelle einer Nominalphrase gehen manche Präpositionen auch Komplementationsstrukturen mit einem Adverbiale ein: er now (bis jetzt) from whennes (von woher) Eine untergeordnete Konjunktion fungiert als Satzkomplement innerhalb eines Nebensatzes, den sie einleitet. Der Satz of thi who is no curacioun ist alleine nicht in der Lage, das Substantiv oppynyoun zu ergänzen. Es bedarf hierzu der Komplementation durch die Konjunktion that. Diese hat die Funktion, den Satz zu einem untergeordneten Satz: that of thi who is no curacious, umzufunktionieren, genauer: zu einer Ergänzung des Substantivs opynyoun. Dieses ergänzte Substantiv geht mit dem Artikel eine übergeordnete Ergänzungsstruktur (Nominalphrase) ein, und diese mit der Präposition eine dritte (Präpositionalphrase); diese ergänzt wiederum den Prädikator dwelle: das Beispiel zeigt, dass Komplementationsstrukturen hierarchisch ineinandergeschachtelt werden können. Die Modifikation but tho gan sely Troilus for to quake Anstelle von sely Troilus könnte in diesem Stz auch Troilus alleine vorkommen, ohne dass ein falscher Ausdruck entstünde, nicht jedoch das Adjekiv sely alleine. Sely modifiziert den Eigennamen Troilus, Richard Leinstein Seite 17 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch liefert also weitere Informationen über das Denotat des Ausdrucks. Modifikationen sind optionale, d.h. strukturell nicht notwendige Bestandteile eines Satzes. Modifikationsstrukutren lassen sich ebenso wie Komplementationsstrukturen ineinanderschachteln. Die Koordination and und or koordinieren unterschiedliche semantische Beziehungen zwischen den von ihnen verknüpften Elementen: and die KOPULATIVE, or die DISJUNKTIVE. Diese Koordinatoren können seriell verwendet werden, die Anzahl der koordinierten Elemente ist offen. Auch but ist eine koordinierende Komponente, welche jedoch durch die adversative Bedeutungskomponente auf die Koordination zweier Elemente beschränkt ist, zwischen welchen der Sprecher einen Gegensatz herstellt. Funktionsplätze im Satzgerüst Funktionsplätze im Satz müssen nicht nur von Einzelwörtern eingenommen werden, sondern können auch von komplexen Strukturen gebildet werden. Demonstrativformen, Relativformen und Interrogativformen Zusammengefasst kann man demonstrative, relative und interrogative Formen als Proformen bezeichnen. Demonstrativformen beziehen ihre Bedeutung aus dem Verwendungskontext oder den außersprachlichen Koordinaten der Äußerung. (here, thus, this, so) Relativformen haben mit demonstrativen Formen gemein, dass sie ihre Bedeutung aus dem Kontext beziehen. Gleichzeitig besitzen sie jedoch eine unterordnende Funktion und machen so die syntaktische Struktur, in der sie stehen, zum Modifikator eines Nomens in einem übergeordneten Satz oder eines ganzen Satzes. (whos, there) o Von Relativformen im eigentlichen Sinn sind freie Relativformen zu scheiden, die im Satz kein Antezedens besitzen! Formen mit interrogativer Bedeutungskomponente sind etwa: what, how. Flexionale Wortklassen Die grammatische Richtigkeit eines Satzes bemisst sich auch danach, ob Wörter flektierender Klassen in der richtigen Flexionsform eingesetzt sind. Rektion: Ein Ausdruck bedingt, dass ein anderer in einer bestimmten Kategorie seines Paradigmas steht, ohne daß der bedingende Ausdruck selbst in dieser Kategorie erscheint oder auch nur über sie verfügt. Loop up, I seye, and telle me what she is! Der Prädikator seye regiert für die Teilnehmerrolle des Sagenden den Nominativ, daher I seye. Der Prädikator telle regiert für die Teilnehmerrolle des Erzählenden ebenfalls den Nominativ. Im Imperativ ist dies immer die 2. Person. Kongruenz herrscht im Mittelenglischen zwischen einem Prädikator und seinem Subjekt. Notionale Wortklassen Notionale Merkmale betreffen nicht nur jeweils eine einzige syntaktische Wortklasse: gradierbar können nicht nur Adjektive sein, sondern auch Substantive und Adverbien. Notionale Klassen sind somit von den syntaktischen Klassen wie Nomen, Verb usw. unabhängig. Trotzdem ist es zweckmäßig, die unabhängig von begrifflichen Merkmalen definierten syntaktischen Klassen in einem zweiten Schritt nach solchen Merkmalen in Unterklassen einzuteilen, da es von der Wahl der richtigen semantischen Unterklasse abhängt, ob ein grammatikalisch richtig gebildeter Ausdruck auch inhaltlich sinnvoll oder sinnwidrig ist. Richard Leinstein Seite 18 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch 8 Die Nominalphrase Teilnehmerrollen als Komplemente des Substantivs Die Nominalphrase his lovyng of Criseyde ist eine Nominalisierung der Prädikation he loveth Criseyde: Das Nomen loving wird durch die Komplemente his und of Criseyde, die es aus den Teilnehmerrollen des zugrunde liegenden verbalen Prädikators loven bezieht, ergänzt. Die Subjektsnominalphrase geht dabei in eine Genitivnominalphrase über, die Objektsnominalphrase in eine dem Genitiv äquivalente of-Phase. Ein verbaler Prädikator wie loven ist meist nur dann richtig verwendet, wenn alle seine Argumentstellen besetzt sind. Viele Verben verfügen allerdings über verschiedene Ergänzungsrahmen, so dass die Zahl der Argumentstellen von einer Bedeutung des Verbs zur anderen variiert. Strukturgleich mit Nominalphrasen, die nur das Subjekt ihrer Prädikation enthalten (his lovinge), sind Substantive, die auf einen intransitiven Prädikator zurückgehen und daher nicht mit mehr als einem nominalen Argument, das ebenfalls Subjekt des zugrunde liegenden Prädikators ist, ergänzt werden können. o He suffreth his woo o He is gentil his gentilesse Ein Wort wie doughter, em, suster kann nicht ohne Ergänzung verwendet werden: wessen Tochter, Oheim, Schwester? Der Determinator als Komplement des Substantivs Auch im Plural wird die Identifizierbarkeit durch the bezeichnet, die Nicht-identifizierbarkeit hingegen nicht durch a, sondern durch die Abwesenheit von the, durch Ø. Flexional ausgedrückte Komplemente des Substantivs und Personalpronomens Auf der gleichen Ebene wie die Ergänzung eines Nomens durch den Determinator liegen die flexional ausgedrückten Dimensionen Numerus und Kasus, beim Pronomen zusätzlich Person und Genus. Die Zuordnung der Kategorien der Ausdrucksseite zu den Funktionen auf der Inhaltsseite ist nicht eindeutig. Die Entscheidung für Singular oder Plural ergibt sich in der Regel aus der Aussageabsicht des Sprechers. Definierende und deskriptive Modifikation in der Nominalphrase Die Unterscheidung von definierendem und deskriptivem Gebrauch gilt für alle Modifikatoren. Definierend wird ein Modifikator genannt, wenn er aus einer Menge durch die Definition eine Untermenge schafft. o he hadde a noble visage: Hier wird aus der Menge aller möglichen Gesichter eine Untermenge mit noblen Gesichtern gebildet. Deskriptiv wird ein Modifikator genannt, wenn er etwas, was nur einzeln vorkommt oder bereits definiert ist, näher beschreibt. o This ilk noble towne: Hier ist Troja gemeint, d.h. aus der Menge aller Städte, die towne bezeichnen kann, ist bereits eine einzige ausgegrenzt. Das Adjektiv noble kann diese Einermenge nicht weiter einschränken, es trägt nicht zur Identifikation der Stadt bei, sondern beschreibt sie näher. Richard Leinstein Seite 19 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch Das Adjektiv als Nominalmodifikator Die Ergänzungen des Adjektivs Die einfachste grammatische Form, die an einem ergänzten Nomen die Modifikationsfunktion wahrnehmen kann, ist das Adjektiv. Partizipien sind von Verben abgeleitete Adjektive und können wie diese als Nominalmodifikatoren fungieren. Flexional ausgedrückte Komplemente des Adjektivs Eine Flexion des Adjektivs nach Numerus und Referenz kennt das Mittelenglische nur noch in Resten. Der Relativsatz An Relativformen für die Nominalphrase kennt die Sprache Chaucers that, which, which that, the which that, who und who that. Die Relativkonstruktion ist historisch jünger als die Beiordnung, das zeigt sich z.B. daran, dass die Relativformen vielfach ehemaligen Demonstrativformen entwachsen sind: that ist ursprünglich Demonstrativum, which und who sind ursprünglich Interrogativa. Wie im Neuenglischen kann im Mittelenglischen das Relativpronomen im definierenden Relativsatz fehlen. Swich ist für sich ein Demonstrativobjekt, modifiziert also ein Nomen. In Korrelation mit that oder as geht diese Funktion nicht verloren. Die Genitivphrase Genitivphrasen sind Nominalphrasen im Genitiv. Als Nominalphrasen führen sie selbst Determinatoren und gegebenenfalls Modifikatoren mit sich. my kynges sone: Meines Königs Sohn a worthy kynges sone: eines edlen Königs Sohn the kynges deere sone: des Königs lieber Sohn Genitivphrasen gehen dem Nomen, auf welches sie sich beziehen, voraus und stellen dabei einen Kontext her, in welchem dieses Nomen als [+IDENTIFIZIERT] erscheint. Genitivphrasen markieren das Nomen, das sie determinieren als [+IDENTIFIZIERT], d.h. sie ersetzen den Determinator the. Präpositionalphrasen In thy tornyng to the grounde ist eine Präpositionalphrase, die primär als adverbiales Komplement des Verbs tornen fungiert, im Zuge der Nominalisierung des Verbs zur Ergänzung des neuen Nomens konvertiert. An anderen Verben sind Präpositionalphrasen optional. Häufung und Schachtelung von Modifikatoren in der Nominalphrase Die Modifikation einer Satzkonstituente ist einerseits optional, andererseits beliebig wiederholbar. Vier Typen der Wiederholung lassen sich unterscheiden. Zwei davon betreffen dasselbe Modifikat und liegen daher auf derselben Ebene. Die anderen beiden Typen von Wiederholungen betreffen unterschiedliche Modifikate und liegen auf unterschiedlichen Ebenen. Die Häufung von Modifikatoren auf der gleichen Ebene kann beiordnend oder unterordnend sein. o Additiv: hir syndes longe, flesshy, smothe and white Alle vier Modifikatoren gehören derselben funktionalen Ebene an. Richard Leinstein Seite 20 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch 9 Die Verbalphrase Der Prädikator ist das strukturelle Zentrum des Satzes. Prädikatoren lassen sich nach Zahl und Art der Teilnehmerrollen klassifizieren, die sie an sich binden. Die Dimensionen, nach denen ein Prädikator im Mittelenglischen spezifiziert werden muss, sind Person, Numerus, Genus, Tempus, Modus, Satzmodus und Polarität. Durch diese Spezifikation wird ein infiniter Prädikator finit. Darüber hinaus kann ein Verb durch adverbiale Modifikatoren optional erweitert werden. Die Reichweite eines Modifikators kann dabei unterschiedlich sein. Der Rollenrahmen der Verben Scheinbare Teilnehmerrollen und innere Objekte Manche Prädikatoren haben Ergänzungen auf der Ausdrucksseite, denen auf der Inhaltsseite keine Teilnehmerrolle entspricht. In it reyneth (es regnet) ist it semantisch leer: es hat keinen außersprachlichen Bezug, sondern nur die grammatische Funktion, Subjekt zu sein und eine nicht vorhandene Teilnehmerrolle zu vertreten. Diese Pseudoform muss nicht immer über it realisiert sein, doch ist sie stets in der 3. Person Singular realisiert. Die quantitative Valenz Prädikatoren unterscheiden sich durch die Anzahl ihrer Ergänzungen. Zählt man die Teilnehmerrollen der Inhaltsseite, so ist [it] reyneth ein nullstelliger Prädikator. Häufig steht die Zahl der Ergänzungen in Verbindung mit sprachlogischen Zusammenhängen, die das Einzelwort übergreifen. Ein solcher Zusammenhang ist das Verhältnis von Verursachung und Resultat. Die qualitative Valenz: Komplementsätze Die Ergänzungen eines Verbs erscheinen, qualitativ gesehen, in zwei unterschiedlichen Formenbündeln: (1) als adverbiale Komplemente und (2) als nominale Komplemente. Adverbiale Ergänzungen sind eine Gruppe unterschiedlicher Verbmodifikatoren, die aufgrund der Bedeutung bestimmter Verben zu deren Komplement umfunktioniert sind. Diese Funktionsänderung demonstriert die Präpositionalphrase in hevene in den beiden folgenden Beispielen. Im ersten fungiert sie als optionales Adverbiale (Verbmodifikator), im zweiten als obligatorische Teilnehmerrolle (adverbiale Ergänzung) des Verbs bringen: in his hevene he gan him to delite sundry peynes bryngen folk in hevene Nominale Ergänzungen sind Nominalphrasen und Strukturen, die Nominalphrasen ersetzen können. Hierbei handelt es sich nicht nur um Proformen, sondern auch um Ergänzungen, die erst sekundär durch Nominalisierung aus anderen Strukturen gebildet sind, wie der Nominalsatz im folgenden Beispiel, der durch die Konjunktion that zur Ergänzung des Prädikators the beste is umgeformt ist: The beste ist hat thow telle me al thi who Nominalisierung von Sätzen: 1. Ein Nominalsatz kann gebildet werden durch die Komplementationsstruktur aus einer nominalisierenden Konjunktion und einem Satz. Beispiele für nominalisierende Konjunktionen sind that, weither, gelegentlich auch how that oder Ø und whenne. Dass ein Nominalsatz Subjekt oder Objekt ist, ist ihm selbst nicht anzusehen. Die Verteilung der Kasus auf die Teilnehmerrollen eines Verbs wird jedoch an flektierenden Wortarten, etwa an Richard Leinstein Seite 21 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch den Personalpronomina, deutlich: in she saught hym steht der Nominativ für die Rolle des Sehenden und der Dativ/Akkusativ für die Rolle des Gesehenen. 2. Die Umfunktionierung von Sätzen zu Argumenten übergeordneter Prädikatoren kann durch Interrogativformen erfolgen: Während Konjunktionen einen Satz zum Verbkomplement umfunktionieren, indem sie ich ergänzen, erfüllen Interrogativformen diese Funktion, indem sie eine seiner Konstituenten ersetzen. Sie werden, gegebenenfalls mit weiteren Elementen des Satzglieds, dem sie angehören, an den Anfang des Satzes gestellt. Darüber hinaus bleibt – anders als in unabhängigen Fragesätzen – die Wortstellung des Aussagesatzes unverändert. 3. Komplementsätze können durch freie Relativformen gebildet werden: Die Bildungsweise ist dieselbe wie die der subordinierenden Interrogativsätze. Zu den freien Relativformen gehören z.B. who so, who that, what so, what. Häufig wird der freie Relativsatz aus der Position, die für die Teilnehmerrolle, die er einnimmt, zu erwarten ist, an den Satzanfang extraponiert und durch eine pleonastische deiktische Form an seinem regulären Platz wieder aufgenommen. Die qualitative Valenz: Katenativprädikatoren Prädikatoren heißen katenativ, wenn man mit ihnen Kettenstrukturen bilden kann. Eine Kette aus zwei Gliedern entsteht im Mittelenglischen bei Prädikatoren, die durch eine Infinitivform ergänzt werden. Denn diese Infinitivform ein Prädikator ist, der selbst wieder durch eine Infinitivform ergänzt werden muss, können diese Ketten auch aus mehr als zwei Gliedern bestehen. No nede was hym biseche to honoure hem. (es war nicht nötig, ihn zu ersuchen, diejenigen zu ehren…) Der Infinitiv ist eine besondere Form der Nominalisierung des Verbs. An seiner Stelle könnte häufig auch ein Substantiv stehen. Eine infinite verbale Ergänzung besitzt auf der Ausdrucksseite kein Subjekt, wohl aber die anderen Teilnehmerrollen: hire to serve. Anstelle der kategorialen Ergänzungen der zweiten Ebene hat der Infinitiv eine der Wortbildung nahe stehende Endung und unter Umständen eine Partikel wie to oder for to bei sich. Unabhängig von der Ausdrucksseite besitzt freilich die semantische Struktur des Verbs eine dem Subjekt entsprechende Teilnehmerrolle. Diese muss als „logisches Subjekt“ inhaltlich aus dem Kontext aufgegriffen werden. Umgekehrt formuliert: sie braucht deshalb nicht ausdrücklich genannt zu werden, weil sie sich im Kontext des übergeordneten Verbs von selbst versteht. Man spricht von Subjektkontrolle durch ein Katenativverb, wen es dessen Subjekt ist, das dem abhängigen Infinitiv das logische Subjekt verleiht. Deynen ist ein Katenativverb mit Subjektkontrolle. Die flexional ausgedrückten Ergänzungen des Verbs Auf der zweiten Ebene der Ergänzungen liegen die verbalen Kategoriensysteme. Einige von ihnen werden flexional, andere periphrastisch gebildet. Trotz ihrer oberflächlichen Bindung an das Verb betreffen die Dimensionen der Verbergänzung nicht den Verbinhalt allein. Das Tempus beispielsweise gilt auf der Inhaltsseite für die gesamte Porposition, d.h. für die Beziehung zwischen dem Verb und seinen Teilnehmerrollen insgesamt. Person und Numerus sind im Mittelenglischen durch Person und Numerus des Subjekts bedingt: hinsichtlich dieser Dimensionen kongruiert das Verb mit dem Subjekt. Ein Indikativ Präsens kann auch vergangene und künftige Sachverhalte sowie zeitlose Feststellungen bezeichnen. Der Indikativ Präteritum bezeichnet im Mittelenglischen vergangene Sachverhalte, es kann aber im ME auch eine Vorvergangenheit ausdrücken. Durch die Wahl von Indikativ oder Optativ zeigt ein Spreche, ob die zum Ausdruck kommende Gedankenverbindung einem realen oder einem hypothetischen Sachverhalt Richard Leinstein Seite 22 von 23 Lernscriptum Mittelenglisch entspricht. In Hauptsätzen drückt der Optativ vornehmlich Wünsche aus. Er ist aber auch der Modus des Nicht-Faktischen (Im Gegensatz zum Indikativ). Der Imperativ erscheint nur im Hauptsatz. Die Dimension Polarität Analytisch, d.h. durch Periphrasen gebildete Kategoriensysteme des Mittelenglischen sind die Dimension der Polarität und die Dimension des Satzmodus. Die syntaktisch und morphologisch unmarkierte Kategorie der beiden Dimensionen ist die unverneinte Aussage. Die Verneinung einer Aussage erfolgt im ME mit Hilfe des Negationswortes ne, das dem Verb vorangestellt wird. (Der Partikeln kann auch mit anderen Wörtern kontrahiert werden) Die Dimension Satzmodus Die Dimension des Satzmodus umfasst folgende Kategorien, die sich gegenseitig ausschließen: Aussagesatz Fragesatz Ausrufesatz 1. Fragesätze lassen sich einteilen in Konstituentenfragen, Polaritätsfragen und Disjunktfragen. a. Konstituentenfragen werden mit den in 7 vorgestellten Interrogativformen gebildet. Diese ersetzt die Konstituente, nach der gefragt werden soll. b. In Polaritätsfragen will sich der Sprecher z.B. Gewissheit darüber verschaffen, ob ein Sachverhalt oder ein Urteil zutrifft. c. Disjunktfragen fordern den Hörer zu einer Entscheidung zwischen mindestens zwei Alernativen auf. Verbmodifikation Adverb! Richard Leinstein Seite 23 von 23