Anatomie, Physiologie, Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms Takeda Pharma in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Grünen Kreuz (durchgesehen von Prof. Dr. med. Rolf Harzmann, Urologische Klinik, Klinikum Augsburg) Prostata - Aufbau und Funktion Prostata - Aufbau und Funktion Größte akzessorische Geschlechtsdrüse Produziert ca. 30-40 % des Samenplasmas Harnblase Samenleiter Harnleiter Samenplasma und Prostata dessen Inhaltsstoffe dienen als Transportmedium und zum VitaliLeistenband tätserhalt der Spermien Samenblase Produziert u.a. das Prostataspezifische Antigen, PSA (z.T. ins Blut abgegeben → PSA-Test) Als Test eingeführt erstmals 1986 Harnröhre Nebenhoden Hoden Penis Prostatakarzinom - Häufigkeit Derzeit jährlich ca. 40600 Fälle Von 1990 - 2000 Anstieg der nachgewiesenen Prostatakarzinome von ca. 70/100000 auf 88/100000 Männer: ↓ Vor allem durch verbesserte Diagnostik → PSA-Test Mit ca. 20 % aller Tumorerkrankungen heute häufigster Tumor des Mannes über 50 ↓ Heilbar wenn früh-/rechtzeitig erkannt ! Angaben nach www.rki.de Prostatakarzinom - Ursachen ► Krebs beruht auf einer bösartigen Veränderung von Erbmaterial (Mutation) und führt zu ungehemmter Zellteilung (Geschwulstbildung). Faktoren sind: Erbliche Vorbelastung: Das Erkrankungsrisiko von Männern aus Familien mit Prostatakrebs liegt über dem Durchschnitt (ca. 10 % der Prostatakrebserkrankungen) Umwelteinflüsse: Chemikalien (z. B. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Nitrosamine/-amide, aromatische Amine/Amide, Schwermetalle) Hormonelle Faktoren: Testosteron bewirkt ein Wachstum der Tumorzellen. . Ernährungsfaktoren: Zu hoher Anteil tierischer Fette, zu wenig Ballaststoffe und mehrfach ungesättigte Fettsäuren . Zusätzliche Risikofaktoren: Rauchen, starker Alkoholkonsum ► Mehrheitlich wirken mehrere Faktoren zusammen (multifaktorielle Ursachen) Prostatakarzinom - Symptome Im Frühstadium keine Symptome Im fortgeschrittenen Stadium: Atypisch ►Abgeschwächter Harnstrahl ►Restharngefühl/Urin-Nachtröpfeln ►Verstärkter Harndrang (besonders nachts) ►Blut in Urin/Stuhl/Ejakulat Typisch ►Schmerzen im Damm-/Bekkenbereich ►Kreuzschmerzen/unerklärbare Knochenbrüche ►Lymphödeme ►Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust Früherkennungsuntersuchung Ab 45. Lebensjahr durch gesetzl. Krankenkassen jährlich angeboten, umfasst: ► Anamnese (Krankenvorgeschichte) ► Untersuchung der Geschlechtsorgane ► Digital-rektale Untersuchung (Fingertastuntersuchung der Prostata durch den Enddarm) ↓ Weist nur 8 - 17 % der Tumoren nach; tastbare Tumoren sind zudem meistens bereits fortgeschritten (Heilbarkeit ↓) ↓ Digital-rektale Untersuchung zur Erkennung früher (heilbarer) Stadien allein unzureichend Früherkennungsuntersuchung Männer nehmen Vorsorgeuntersuchungen selten wahr (nur ca. 20 % vs. ca. 64 % Frauen) Prinzipielle Hemmnisse (digital-rektale Untersuchung = unangenehm, „peinlich“) Psychologische Gründe (Scham/Angst, gestörtes Selbstbild) Wissen, dass die digital-rektale Untersuchung zur Frühdiagnostik unzureichend ist (kein Hinweis auf Heilbarkeit) Fehlende Kostenübernahme von effektiven Früherkennungsmaßnahmen wie PSA-Test (Hinweis auf Tumor ohne pathologischen Tastbefund) Früherkennungsuntersuchung – Motto „Geben Sie Acht auf Ihren Körper, übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Gesundheit“ denn: Die Senkung der Prostatakarzinom-Sterblichkeit ist gegenwärtig nur durch frühestmögliche Diagnose und Therapie möglich, da es keine wirkliche Vorbeugemaßnahme gibt. Früherkennungsuntersuchung – PSA-Test (1) PSA-Bestimmung im Blutserum ergänzt sinnvoll die Tastuntersuchung (miteinander empfindlichstes Konzept zum Prostatakarzinom-Nachweis) PSA ► Enzym im Prostatasekret (verflüssigt Samenflüssigkeit nach dem Samenerguss) ► In geringen Mengen ins Blut abgegeben (Nachweis beim PSA-Test) ► Prostata-Organmarker → Tumormarker für Prostatakarzinom-Zellen ► Falls Gehalt im Blut über 4 ng/ml liegt, liegt das Prostatakarzinomrisiko bei 25 % PSA-Test ► Größter Nutzen bei nicht tastbaren frühen Tumorstadien (T1) ► Falls 2x nacheinander über 4 ng/ml Folgediagnostik einleiten (Biopsie = Gewebeprobenentnahme) ► Kann tumorbedingte Mortalität um 4 % pro Jahr senken (z.B. 444 von 11107 Prostatakrebstoten in 2000 weniger laut Robert-Koch-Institut) ► Bei PSA 4-10 ng/ml Karzinom-Wahrscheinlichkeit 25 %. Dann noch in 70 % organbegrenzt, d.h. hohe Heilungschance Früherkennungseuntersuchung – PSA-Test (2) Als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) vom Patienten selbst zu zahlen Kassenleistung nur bei deutlicher Prostatavergrößerung/tastbaren Knoten PSA-Test - Richtlinien des Urologen: ► Aufklärung des Mannes über Nutzen, Risiken und Kosten der Leistung ► Freie Entscheidung des Mannes ► Ordnungsgemäße Rechnungsstellung ► Schriftliche Zustimmung vor Untersuchungsbeginn (→ auch bzgl. Folgeuntersuchungen/Therapie) Früherkennungsuntersuchung – PSA-Test (3) PSA-Form: PSA-Dichte Aussage: • Quotient PSA-Wert/Prostatavolumen1 • Zur Abgrenzung PCa2 (Quotient > 0,15) von BPH3 (Quotient < 0,15) Altersabhängiger PSA-Wert • Altersabhängig Anstieg um 0,04 ng/ml pro Jahr normal Freies und gebundenes PSA • PSA im Blut zu ca. 80 % an spezielle Eiweiße gebunden, nur ca. 20 % frei • Bei PCa sinkt Quotient freies PSA/Gesamt-PSA, da Anteil des freien PSA abnimmt und der des gebundenen zunimmt PSA-Anstiegsgeschwindigkeit • Messungen in regelmäßigen Abständen • PSA-Grenzwert von 4 ng/ml daher an Alter angepasst (erlaubt genauere Diagnostik) • Pro Gramm PCa-Gewebe ca. 10fache Menge an PSA als durch gutartiges Gewebe/BPH (normal 0,3 ng/g) gebildet • Schnell erfolgender und starker PSA-Wert-Anstieg (> 0,75 ng/ml pro Jahr) PCa verdächtig 1bestimmt durch TRUS=transrektaler Ultraschall, 2Prostatakarzinom, 3benigne Prostatahyperplasie=gutartige Prostatavergrößerung Früherkennungsuntersuchung – PSA-Test (4) Jeder Mann sollte vor dem PSA-Test dieses wissen: PSA-Werte können auch durch körperliche Aktivitäten (z.B. Radfahren, Ge- schlechtsverkehr) kurz vor Blutentnahme oder durch Prostataentzündung oder bei stärkerer gutartiger Prostatavergrößerung ansteigen Erhöhte PSA-Werte werden vor Biopsie weiter abgeklärt; eindeutiger Kar- zinomnachweis durch Biopsie (Gewebeprobeentnahme/-untersuchung) Nicht jedes PCa ist behandlungsbedürftig (→ wächst langsam) Günstigsten Falls reicht das „kontrollierte Beobachten“ PSA-Test begünstigt frühe und schnelle Diagnose aggressiver Tumoren und so die zügige Einleitung einer meist „kurativen“ Therapie (Heilung) Ab 50 Jahre jährlich PSA-gesteuerte Früherkennungsuntersuchung empfohlen (bereits ab 45 dies auch bei erblicher Belastung ) Früherkennungsuntersuchung – PSA-Test (5) CONTRA PCa = langsam wachsender Tumor, dadurch „ungefährlich“ (?) Einige der nach PSA-Test jährlich nachgewiesenen PCa klinisch „irrelevant“ (d.h. unentdeckt keine Todesursache → eine Therapie wäre „Übertherapie“) PSA-Test daher für einige der Patienten nur unnötig psychisch belastend Aber: Kontrolliertes Abwarten als reelle Strategie, also nicht zwangsläufig Übertherapie ! PRO Dadurch früh entdeckte aggressive Tumoren mit höherer Heilungschance (Operation, Bestrahlung) Falls unterlassen wiegt Diagnose „unheilbar“ psychisch am schwerwiegendsten (keine Perspektive und Hoffnung) Risiko „Übertherapie“ minimiert, wenn nach sinnvollen Kriterien am aufgeklärten Patienten durchgeführt Urologe als Fachmann klärt umfassend über PSA-Test und dessen Konsequenzen auf Diagnostik - Übersicht Diagnoseverfahren Anamnese • • • Digital-rektale Untersuchung • • PSA-WertBestimmung Aussage Krankenvorgeschichte erhoben (u. U. PCa-Vererbung festgestellt) i.d.R. kein Hinweis auf PCa, da in Frühstadium ohne Beschwerden Fingertastuntersuchung der Prostata-Außenbereiche über Enddarm Nachweis von tumorbedingten Verhärtungen ab ca. 7 mm Größe Bei suspektem Knoten Gewebeprobeentnahme (Biopsie) angezeigt • Molekularer Prostata-Organmarker, nachgewiesen im Blutserum • Falls Gehalt im Blut über 4 ng/ml ansteigt, ist die Biopsie angezeigt • Über Enddarm Spezialultraschall der Prostatastruktur Transrektaler Ultraschall (TRUS) • Bei suspekten Herden Biopsie angezeigt • Gewebeprobenentnahme und Gewebeuntersuchung („Stanze“) Biopsie • Gestalt/Aggressivität der Tumorzellen im Gewebe untersucht Lymphadenektomie • Operative Entnahme zwecks mikroskopisch-pathologischer Begutachtung der Lymphknoten auf Metastasen Röntgenthorax • Röntgenbild der Lunge zum Nachweis von Lungenmetastasen Skelettszintigramm • Nachweis von Knochenmetastasen nach CT, MRT, PET 99mTechnetium-Infusion • Weitere bildgebende Verfahren (für diagnost. Zusatzinformationen) Digital-rektale Untersuchung After Enddarm Prostata Harnblase Harnröhre Prostatakarzinom Bei suspektem Tastbefund Gewebeprobeentnahme (Biopsie) angezeigt PSA-Test PSA - Prostataspezifisches Antigen - Eiweiß, das in gutartigen Zellen und Krebszellen der Prostata gebildet und z. T. ins Blut abgegeben wird PSA-Wertebereiche im Blut-Serum: < 4 ng/ml: sog. Normalbereich (aber bereits ca. 25% Karzinome vorliegend) > 4 bis < 10 ng/ml: sog. Graubereich = abzugrenzen von gutartiger Prostatavergrößerung, BPH > 10 ng/ml: hohes Karzinomrisiko PSA-Wert lässt bei vorhandenem Prostatakarzinom auf Ausdehnung des Tumors schließen Während oder nach Therapie dient der PSA-Wert zur Verlaufskontrolle (→ falls erhöht bleibend oder ansteigend liegt Wachstum von Tumorzellen vor) *Anmerkung: in einzelnen deutschen Kliniken und in den USA liegt der Grenzwert bei 3 ng/ml Blutabnahme für den PSA-Test Bei PSA-Werten über 4 ng/ml* Gewebeprobeentnahme (Biopsie) angezeigt Transrektaler Ultraschall (TRUS) Prostatabeurteilung zu: ► Größe, Form, Lage ► Inneren Inhomogenitäten ► Außenkontur (sog. Kapsel) ► Angrenzenden Strukturen (Samenblasen, Gefäßnervenbündel, Rektumschleimhaut) Bei suspekten Herden Gewebeprobeentnahme (Biopsie) angezeigt Biopsie (Gewebeprobeentnahme) Mind. je 3 Gewebsstanzen aus rechtem und linkem Prostatalappen entnehmen* (ultraschallkontrolliert) Penis Harnröhre Prostata Hoden Samenleiter Biopsiepistole Biopsienadel ↓ „Sextantenbiopsie“ ↓ Samenblasen After Harnblase Enddarm Ultraschallkopf *Anmerkung: Die Gewebeentnahme kann auf dem Weg über den Enddarm oder den Damm (sog. perineale Biopsie) vorgenommen werden Gewebe-Untersuchung des Bösartigkeitsgrades (histologisches Grading) Bösartigkeitsgrad (Grading) Stadieneinteilung (Staging) Bösartigkeitsgrad (Grading) Nach Stanzbiopsie werden in den Gewebeproben durch Pathologen Gestalt und Wachstumsmuster der Tumorzellen bestimmt ↓ Hinweise auf Tumoraggressivität und damit Prognose ↓ Bezeichnet durch Gleason-Grading Stadieneinteilung (Staging) Anhand der einzelnen diagnostischen Untersuchungen Ausbreitungsstadium des Tumors festgelegt ↓ Hinweise auf Größe des Tumors und Ausbreitung außerhalb der Prostata (z.B. in Lymphknoten, Skelett etc.), damit PrognoseHinweis ↓ Bezeichnet durch TNM-System Bösartigkeitsgrad (Gleason-Grading) Mikroskopische Gewebeprobenuntersuchung nach Biopsie durch Pathologen: ► Aus 5 Wachstumsmustern wird das häufigste und zweithäufigste bestimmt; die den Mustern zugeordneten Zahlenangaben werden addiert (ergibt sog. Gleason-Score) aus: Helpap, B., Pathologie, in: Prostatakarzinom, Helpap, B. und Rübben, H. (Herausg.), Springer Verlag Berlin Heidelberg 1998 ► Gleason-Score 2-6 Prognose günstig, 7-10 ungünstig Stadieneinteilung (TNM-System) T1: Tumor klein, nicht tastbar, oft Zufallsbefund, nur durch erhöhten PSA-Wert auffällig T2: Tumor größer, tastbar, noch innerhalb der Prostata (organbegrenzt) T3: Tumor über die Prostata hinaus gewachsen (typisch in Samenblasen), organüberschreitend, tastbar T4: Tumor befällt weitere angrenzende Gewebe/Nachbarorgane (z.B. Blasenhals u.a.); möglicherweise bereits Lymphknoten- und/oder Fernmetastasen (z.B. Skelett) N+: Tumor befällt Lymphknoten M +: Fernmetastasen (Skelett, Leber, Lunge u.a.) Ab T3 sowie bei N+ und M+ ungünstige Prognose Stadieneinteilung (Stadien T1-T4) Stadieneinteilung – Tumorausbreitung Metastasen Primärtumor Gefässnervenbündel Karzinom Schulter Lunge Rippen Lymphknoten Wirbelsäule Becken Prostata Hüfte Metastasen-Nachweis durch CT, Skelettszintigraphie oder Röntgenaufnahmen Heilungsaussichten/Prognose (1) Heilungsaussichten im wesentlichen abhängig von den 3 wichtigsten Prognosefaktoren: Ausdehnungsstadium des Tumors (TNM-Klassifikation) Bösartigkeitsgrad der Tumorzellen (Gleason-Score) Höhe des PSA-Werts bei Diagnose Heilungsaussichten/Prognose (2) Heilungsaussichten ↑ Organbegrenzte Tumoren (nur innerhalb Prostata), TNM-Stadium maximal T2 PSA-Werte bis 10 ng/ml Niedrige Bösartigkeitsgrade (Gleason-Score bis 6) Kein Lymphknotenbefall Keine Fernmetastasen Heilungsaussichten ↓ Organüberschreitende Tumoren (auch außerhalb Prostata), TNM-Stadium > T3 PSA-Werte über 10 ng/ml Höhere/hohe Bösartigkeit (Gleason-Score über 7) Lymphknotenbefall Fernmetastasen Je früher diagnostiziert, desto weniger fortgeschritten ist der Tumor und desto besser sind die Heilungsaussichten ! Prostatakarzinom-Therapie - Übersicht lokal begrenzte Tumoren ►kurativ ProstatakarzinomTherapie Heilung operative Entfernung der Prostata, Samenblasen, Blasenhalsmanschette; Samenleiter-Durchtrennung; tumorabhängig GefäßnervenbündelDurchtrennung oder -Auslösung Strahlentherapie Radikale Prostatektomie extern von außen durch die Haut (perkutan) interstitiell ►permanent Strahlenquellen in die Prostata implantiert (Seedimplantation) ►kurzzeitig energiereiche Strahlenquellen in die Prostata eingefahren (Afterloading) fortgeschrittene Tumoren ►palliativ Überlebenszeit ↑ Beschwerdebesserung ↑ Lebensqualität ↑ Hormonentzugstherapie Tumorwachstum stimulierendes Testosteron entzogen ►GnRH-Analoga (medikamentös) ►Orchiektomie (operativ) Radikale Prostatektomie Vollständige Entfernung von Prostata, Samenblasen, Manschette des Blasenhalses; Samenleiter-Durchtrennung; tumorabhängig GefäßnervenbündelDurchtrennung oder -Auslösung Zielt ab auf Heilung (kuratives Verfahren) Mögl. Nebenwirkungen: ► Inkontinenz Op.-Gebiet ► Einengung d. Harnröhre (Beschwerden beim Wasserlassen) ► Sterilität ► Erektionsschwäche Strahlentherapie Bei lokal begrenztem Prostatakrebs als kurative Alternative zur Radikalen Prostatektomie Extern (Bestrahlung von außen): ► Als 3D-konformale Bestrahlung (dreidim. CTgestützter Bestrahlungsplan) ► Schont weitgehend umgeb. Strukt. (Blase, Darm) externe Strahlentherapie ► Nebenwirkungen: Durchfall, erschwertes Wasserlassen, Mastdarmentzündung, Blasenentzündung, Erektionsschwäche (schleichend) Interstitiell (Strahlenquellen eingebracht): ► Örtlich höhere Strahlendosis interstitiell (Seed-Implantation) ► V. a. bei lokal begrenzten kleinen Tumoren/kleinem Prostatavolumen ► Nebenwirkungen: insg. wenig und meist nur vorübergehend (Harnverhalt, Blutungen a. Enddarm, Durchfall, Harnröhreneinengung, Erektionsschwäche schleichend) Wirksamkeit durch Hormonentzugstherapie vor und/oder nach Strahlentherapie stark erhöht interstitiell (Afterloading) Hormonentzugstherapie Hormone sind lebenswichtige Botenstoffe, die zahlreiche lebenswichtige Vorgänge im Körper steuern Das Wachstum von gut- und bösartigem Prostatagewebe wird vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron beeinflusst Ziel der Hormonentzugstherapie ist es, die wachstumsfördernde Wirkung des Testosterons auf die Prostata auszuschalten Testosteronproduktion Testosteronproduktion zu ca. 95 % im Hoden (ausgelöst über Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse) Ca. 5 % des Testosterons entstammen der Nebennierenrinde Testosterontransport im Blut zur Prostata gebunden an ein Transportprotein stimuliert dort Wachstum von normalen Prostatazellen und Karzinomzellen Bei ausreichend hohem Testosteronspiegel im Blut Rückmeldung an das Gehirn, somit weitere Testosteronbildung gebremst (negative Rückkopplung) Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse Hormonentzugstherapie – Optionen (1) Gehirn LHRH-Analoga, Östrogene LHRH LH + FSH Hoden Nebennieren Hodenentfernung (Orchiektomie) Androgene Antiandrogene* Antiandrogene* Prostata mit Krebsherden Metastasen += Förderung des Wachstums von Prostatakrebszellen - = direkte bzw. indirekte Wachstumshemmung von Krebszellen *Wirken i.d.R. nur als Androgenrezeptorblocker; aus Substanzklasse nur Cyproteronacetat zusätzlich hormonunterdrückend Hormonentzugstherapie – Optionen (2) Medikamentöse Hormonentzugstherapie – LHRH-Analoga: ►Hemmen die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (Testosteronproduktion im Hoden ↓) ►Reversibel (1-, 2-, od. 3-MonatsDepot-Spritzen) ►Einsatz allein oder kombiniert mit Antiandrogenen Operative Hormonentzugstherapie - Orchiektomie: ►Operat. Entfernung der Hoden ►Effekt irreversibel Hormonentzugstherapie – Nebenwirk. LHRH-Analoga*/Orchiektomie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, vermehrt Schwitzen Impotenz, nachlassendes sexuelles Interesse Abnahme der Muskelkraft Knochendichteabnahme bei Langzeitbehandlung Gewichtszu- und -abnahme Lokalreaktionen an Inj.-Stelle (→LHRH-Analoga als Spritzen) Hodenverkleinerung Blutarmut (Anämie) bei Langzeitbehandlung mäßiges Brustdrüsenwachstum (Gynäkomastie) *Angaben Auszug aus Präparateinformationen Antiandrogene Wirkprin- • Kompetitive (=mit Testosteron konkurrierende) Blockade zip der Androgenrezeptoren, die normal Testosteron binden → Testosteronstimuliertes Tumorwachstum ↓ → Ansteigende Testosteronserumspiegel (außer unter Cyproteronacetat) • Tabletten (ein- bis dreimal täglich je nach Wirkstoff) Darreichungsform Einsatz • Nur zus. mit LHRH-Analoga o. Orchiektomie: ►Initial nach LHRH-Analoga-Injektion zur Unterdrückung des „Symptom-Aufflackerns“ ►Permanent zusammen mit LHRH-Analoga oder Orchiektomie als komplette Androgenblockade Antiandrogene - Nebenwirkungen Spannungsgefühl in der Brust/Gynäkomastie Hitzewallungen Nachlassendes sexuelles Interesse Magen-/Darm-Unverträglichkeiten Leberfunktionsstörungen Thrombosen Gewichtszunahme Ausschlag (Allergie) Durchfall Angaben Auszug aus Präparateinformationen Hormonentzugstherapie bei fortgeschr. Prostatakarzinom - Ergebnisse Rückbildung des Prostatakarzinoms bei 80-90 % der Patienten bzw. Stabilisierung des Tumors (kein Wachstumsfortschritt) Langanhaltende Behandlungserfolge (viele Monate bis Jahre) Verbesserung des psychischen Wohlbefindens und der Lebensqualität ►Die meisten Erkrankten sterben nicht an ihrem Krebs, sondern mit ihrem Krebs Hormonentzugstherapie nach rad. Prostatektomie oder Strahlentherapie sog. adjuvante Therapie Einsatzgebiete: ► Ausbleibender PSA-Wert-Abfall bzw. eintretender PSA-Wert-Anstieg nach kurativer Therapie (d.h. nach Op. oder Bestrahlung) ► Nachgewiesene Tumorzellen im Randbereich des operativ entfernten Gewebes (= positiver Schnittrand) oder Lymphknotenbefall ► Nachgewiesene Fernmetastasen Tumornachsorge Empfehlungen nach kurativer Therapie (Op. oder Bestrahlung): In den ersten 2 Jahren alle 3 Monate, dann halbjährlich, dann jährlich: Empfehlungen für Patienten unter Hormontherapie: Alle 3 – 6 Monate: ► PSA-Bestimmung ► Digital-rektale Untersuchung ► Ultraschalluntersuchung ►Skelettszintigraphie jährlich ►Skelettszintigraphie halbjährlich (Nachweis von Skelettmetastabei bekannten Knochenmetastasen), optional sen, falls nicht bekannt: jährlich Hormonresistentes progredientes Prostatakarzinom - Entwicklung Hormonentzugstherapie Hormonentzugstherapie zunächst geht der überwiegende Anteil der Tumorzellen zugrunde testosteronabhängige Tumorzellen zunehmend geringeres Ansprechen auf die Hormontherapie testosteronabhängige und testosteronempfindliche Tumorzellen anfänglich Ansprechen auf die Hormonentzugstherapie Therapieumstellung erforderlich ! (Sekundär- und Tertiärtherapie) testosteronempfindliche und hormonresistente Tumorzellen PSA-Anstieg unter Hormontherapie zeigt, dass Tumorzellen trotz Hormonentzug weiterwachsen (=sind hormonresistent) Hormonresistentes progredientes Prostatakarzinom - Therapie VORGEHENSWEISE: Chemother. Bei PSA-Anstieg (d.h. Wachstum hormonrefraktärer = hormonunempfindlicher Tumorzellen) unter alleiniger Hormonentzugstherapie Estramustinphosphat basierte Therapie: ► Spezielles Zytostatikum (tötet Tumorzellen direkt ab und wirkt auch antihormonell durch Testosteronunterdrückung) ► Zur Hormonentzugstherapie hinzukombiniert od. allein eingesetzt od. mit anderen Zytostatika (z.B. mit Taxanen) kombiniert ↓ Effiziente Tumorzell-Abtötung und Verbesserung metastasenbedingter Beschwerden (v. a. Schmerzen z.B. im Skelett) Strahlenther. Bei lokaler schmerzhafter Metastasierung als externe Bestrahlung od. durch Injektion radioaktiver Substanzen Schmerzther. Je nach Schmerzintensität 3-Stufentherapie nach WHO (u. U. stationär) Schmerztherapie Es wird nach einem Stufenplan (nach WHO) therapiert: 1. Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, o.a. 2. Schwach wirksam Opioide wie Codein o. a. 3. Stark wirksame Opioide wie z.B. Morphin, kombiniert mit anderen Schmerzmitteln Psychosoziale Unterstützung Gespräche mit: ►Angehörigen ►Freunden ►Psychologen ►Sozialarbeitern, Seelsorgern ►oder in Selbsthilfegruppen helfen dem Patienten, seine Sorgen und Ängste zu bewältigen! Fazit Frühzeitig erkannter Prostatakrebs ist heilbar Krebsfrüherkennung mit großer Bedeutung: ► Alle Männer ab 50 - besser ab 45 - (bei familiärer Belastung immer ab 45) sollten sie regelmäßig wahrnehmen* Auch bei fortgeschrittenem Prostatakarzinom kann durch moderne Behandlungsmethoden die Lebensqualität der Patienten entscheidend verbessert werden, auch wenn keine Heilung mehr möglich ist *Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU-Leitlinie 2002)