Wolfgang Biedermann

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Wolfgang Biedermann
Die Krise des Kindes ist eine Verpflichtung zur Hilfe
Thematische Vorbemerkungen
Befindet sich ein Kind in einer Krise, steht es vor einer für ihn unmöglich bewältigbaren Situation. Dennoch
muß es der Umwelt sein Unbehagen mitteilen. Je nach Altersstufe stehen dem Kind unterschiedliche
Möglichkeiten zu Verfügung, sich den anderen verständlich zu machen in verbaler und nonverbaler
Kommunikation.
In den seltesten Fällen wird ein Kind von sich aus beginnen, über das Geschehen zu sprechen oder zu
erzählen. Oft ist es, durch seine eigene physische Entwicklung gehemmt, den Konflikt in Worten sinn- und
inhaltsgerecht wieder zu geben. Das Kind kann dann auch nur das Aussprechen, was es denken kann. Was
vom Kind aber in jedem Fall kommuniziert wird, ist die körperliche und seelische Befindlichkeit. Da sich
diese aber nie durch geordnete Grammatik abbilden läßt, ist der potentielle Helfer auf sein eigenes Gefühl
und seine Erfahrung zurückgeworfen, die Symptome kindlicher Krisen zu erkennen und zu deuten. In einem
zweiten Schritt erst kann es zur sinnvoll-hilfreichen Intervention kommen.
Die ersten Signale, die ein Kind in einer Krise setzen kann, sind die der nonverbalen Kommunikation: Über
Mimik, Gestik, Tonfall und Körperhaltung versucht es seiner Umwelt mitzuteilen, wie es ihm gerade geht,
läßt erkennen, ob es für sich in dieser Konfliktsituation keine Lösung sieht und findet.
Für viele Erwachsene jedoch funktioniert Kommunikation nur über die gesprochene Sprache. Daß dem nicht
so ist, zeigt der Familientherapeut Paul Watzlawick auf: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ In
Gegenwart anderer ist alles Verhalten kommunikativ. Da jeder Blickkontakt, jedes Körperzucken somit ein
Teil der Kommunikation ist, besteht die Unmöglichkeit nicht mit dem anderen in Interaktion zu treten, auch
wenn man es selber nicht will. Und „Kommunikation spielt sich auf mehreren Ebenen ab“. Die Inhaltsebene
gibt Auskunft über die inhaltliche Botschaft, die kommuniziert wurde. Die Bedeutungsebene läuft über die
oben genannte nonverbale Kommunikation. Die nichtverbalen Aspekte der Botschaft geben für inhaltlichen
Seite den wesentlichen Input, diese miteinander in Verbindung zu setzten. Dadurch beginnt der Empfänger
mit der Etikettierung, des Labelling, der Botschaft, in welchem Erfahrungskonext er diese sehen will. Die
Sprache strukturiert und codiert so die Sichtweise der Welt. Es kommt zu einem refraiming der
Realitätssicht. Krisenmanagement wird möglich.
Zwei wichtige Aspekte sind bei der Krisenintervention zu beachten: Das Kind teilt sich altersabhängig sehr
stark nonverbal mit. Durch die Sozialisation werden natürliche Verhaltensweisen verstärkt, andere
unterdrückt. Einem Kind ist dieses kulturspezifische Verhalten jedoch noch nicht immanent und somit
verwendet es oft Verhaltensweisen für einen Sachverhalt, die nicht dem gesellschaftlichem Code
entsprechen. Es besitzt somit eine andere Erlebnissprache. Ähnlich einer fremden Sprache, erfährt man
nur über Emotionen und die nonverbalen Signale, was der andere tatsächlich meint. Dieser Sachverhalt ist
hier sehr vereinfacht dargestellt, beim Kind jedoch vieles komplexer.
Krisen sind, wie alle anderen Konflikte auch, immer Komunikationsstörungen. Diese können daher nie nur
von einer Seite aus betrachtet werden, und sondern nur in Zusammenhang mit dem jeweiligen sozialen
System, in dem sie stattfinden wie zum Beispiel: Familie, Bekannte und Verwandte, Freundeskreis aber
auch Kindergarten, Schule oder peer-groups, gesehen werden Und auch nur innerhalb diesem gelöst
werden, indem man Fehler im System aufdeckt und so weitere Probleme im systemischen Netz vermieden
werden.
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