N ATU R Die einen freut es, die anderen weniger Unser Nachbar, der Steinmarder War das nicht eine Katze, die da unter ein Auto gehuscht ist? Im knappen Strassenlicht war es nur ein Schatten. Doch dieser Schwanz? Diese lange Form? Etwas seltsam für eine Katze, dann also ein Steinmarder. Einige freuen sich, in ihrer Umgebung einem wilden Steinmarder zu begegnen. Andere wünschen ihn zum Kuckuck, weil er im Dachboden lärmt oder die Zündkabel des Autos anknabbert. (rh) «Hausmarder» oder zoologisch Steinmarder – Martes foina – fühlen sich wohl in der Nähe der Menschen. In ihrem Siedlungsraum finden sie alles, was sie zum Überleben brauchen: Gute Verstecke, wie zum Beispiel auf dem Dachboden, und Nahrung im Überfluss. Steinmarder besiedeln auch Felslandschaften. In Mitteleuropa kommen sie vorwiegend in mittleren Lagen bis auf eine Höhe von 2400 Meter über Meer vor. Sogar vom Jungfraujoch auf 3500 Meter über Meer gibt es einen Steinmardernachweis! Marder in der Schweiz Die Marderartigen – Mustelidae – sind mit sechs Arten in der Schweiz vertreten: Steinund Baummarder, Dachs, Iltis, Zwergwiesel und Hermelin. Stein- und Baummarder sehen sich auf den ersten Blick sehr ähnlich. Im Gegensatz zum scheuen Baummarder zeigt der Steinmarder wenig Angst vor den Menschen. Er kann mitten in Siedlungen leben und nistet sich gerne in Häuser ein. Daher bekam der Steinmarder auch die Bezeich- nung «Hausmarder». Der Steinmarder wird zirka 58 bis 84 Zentimeter lang und ein bis zwei Kilogramm schwer, wobei die Männchen im Schnitt grösser und schwerer sind als die Weibchen. Im Gegensatz zu einer Katze ist der Marder schlanker und leichtfüssiger. Auffällig ist auch sein langer, struppiger Schwanz. Ein Marderrevier umfasst rund fünfzig bis hundert Hektaren. So bietet etwa die Stadt Basel Lebensraum für rund 120 Marder. Steinmarder gehören zum jagdbaren Wild und sind in der Schweiz nicht bedroht. Allein im Stadtdschungel Steinmarder sind Einzelgänger, die ein festes Revier beanspruchen, in dem sie keine Rivalen dulden. Sowohl die Männchen als auch die Weibchen haben ihre eigenen Streifgebiete. Nur zur Paarungszeit suchen sie einander. Die Nahrung des Steinmarders ist sehr vielseitig. Seine häufigsten Beutetiere sind Ratten und Mäuse, Tauben, kleinere Vögel, Insekten, Regenwürmer, aber auch Katzenfutter, Obst und Beeren werden vom Steinmarder vertilgt. Nicht zu seinem Speiseplan gehören Plastik und Gummi, auch wenn er als Nachttier in der Dunkelheit aktiv wird und sich unter anderem an Autos zu schaffen macht. Dabei zerbeisst er vor allem aus Plastik oder Gummi bestehende Teile wie Zündkabel, Manchetten und Isolationen. Grund dafür ist folgender: Offenbar gewöhnten sich die Räuber an Autos, die im Winter im Motorraum warm sind und in die sie sich zum Beispiel vor Hunden flüchten können. Gefährdet sind vor allem die Autos von Personen, die zwischen unterschiedlichen Orten pendeln und über Nacht ihr Fahrzeug abstellen. Gibt es an beiden Orten Marder im Fahrzeug, so versuchen die Tiere ihr Revier zu verteidigen und Beissattacken sind die Folgen. Beide wollen die Duftspuren des Rivalen beseitigen, somit ist nichts mehr vor ihren scharfen Zähnen sicher. Zunahme der Bestände Seit der Marder nicht mehr seines Fells wegen bejagt wird, haben sich die Bestände des zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast ausgerotteten Steinmarders stark vermehrt. Dass die 54 Dezember 2013 NAT UR Tiere ihren Lebensraum auf unsere Städte ausgeweitet haben, dafür sind mehrere Gründe verantwortlich. Zum einen finden die Steinmarder als Allesfresser in den Städten sehr gute Lebensbedingungen. Zum anderen bieten Gartenschuppen, Dachböden und Keller sichere und warme Tagesverstecke, und der Jagddruck durch Menschen ist gering. Zudem lernen Jungtiere für das Überleben notwendige Fähigkeiten wie das sichere Überqueren von Strassen von der Mutter, welche sie mehrere Monate lang begleitet. Als dämmerungs- und nachtaktive Tiere vermeiden die Steinmarder zudem die Hauptaktivitätszeit des Menschen, was ein Nebeneinander ebenfalls erleichtert. Dachböden für das ganze Jahr Als Tagesversteck mögen die Steinmarder besonders warme und trockene Dachböden, meist von wenig bewohnten Gebäuden. Beliebt sind Dachböden auch für die Jungenaufzucht, so dass sie von April bis September als «Poltergeister» für Ärger und schlaflose Nächte sorgen können. Die Jungen werden im März oder April geboren. Die Befruchtung der Eizellen fand dabei bereits im vorhergehenden Sommer statt. Die befruchteten Eier durchlaufen eine Keimruhe und nisten sich erst im Februar in die Gebärmutter ein. Demnach dauert die effektive Tragzeit einen Monat. Die Jungen tragen einen grauweissen Pelz, sind blind und etwa dreissig Gramm schwer. Nach rund einem Monat öffnen sie die Augen. Während der folgenden sechs Monate werden sie von der Mutter aufgezogen, das ist überdurchschnittlich lange. Steinmarder machen keinen Winterschlaf, sondern sind das ganze Jahr über aktiv. Mit Duftdrüsen an Sohlen, Bauch- und Analbereich markieren sie ihre Wege und Plätze, so dass sie immer wieder hinfinden. Schäden und Belästigungen Marder können im Hühnerstall Hühner reissen und Eier stehlen, bei parkierten Autos Kabel durchbeissen, im Haus herumtollen, Isoliermaterial zerfetzen und im Garten Blumen beschädigen. Er gehört zur einheimischen Fauna wie der Fuchs und der Hase, ist aber für uns Menschen ungefährlich. Bei richtigem Verhalten verursacht er in der Regel auch keine Schäden. Am besten beachtet man die möglichen Vorkehrungen, damit man sich freuen kann, wenn man das Glück hat, dem putzigen, menschenscheuen Tier einmal zu begegnen. Tipps zum Schutz vor Schäden und Belästigungen Auto – Der beste Schutz vor Verbiss bietet eine dicht abschliessbare Garage. Autokabel können auch durch Ummantelungen aus Hartplastik oder mit Gittern geschützt werden. Zudem gibt es Sicherungssysteme, die dem Marder Stromschläge verpassen, wenn er in den Motorraum steigen will. Ebenfalls hilfreich kann ein unter das Auto gelegtes Stück Maschendraht sein, das mindestens die Grösse des Motorraums abdeckt. Da Marder sehr schreckhaft sind, lassen sie sich von unerwarteten Geräuschen und Bewegungen unter ihren Pfoten vertreiben. Haus – Grundsätzlich gilt «Prävention vor Abwehr», das heisst, das Erfolgsrezept besteht darin, die Einschlupflöcher zu versperren. Dazu muss jede Lücke, die grösser ist als fünf Zentimeter, verschlossen werden. Insbesondere der Weg zum Dach muss unpassierbar sein. Deshalb sollten bei Bäumen die Äste zurückgeschnitten werden, und an Pfosten, Abflussrohren oder Baumstämmen braucht es in etwa zwei Meter Höhe eine Metallmanschette. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, den Marder aus- und nicht einzusperren! Zwischen März und August können sich auch Junge im Haus aufhalten. Wäh- rend dieser Zeit sollten keine Steinmarder vertrieben werden. Haus- und Nutztiere – Hühner, aber auch andere kleine Haus- und Nutztiere, sollten während der Nacht grundsätzlich in gut geschlossenen Käfigen oder Ställen eingesperrt werden. Ausserdem sollte kein Tierfutter herumstehen. Katzen haben vor dem Steinmarder nichts zu befürchten. Garten – Blumenbeete können geschützt werden, indem man sie nachts abdeckt oder mit dornigen Zweigen bestreut. Auch Folien oder Bänder können Abhilfe schaffen. Der Kompost sollte gut abgedeckt sein und Fallobst regelmässig eingesammelt werden. Auch Abfallsäcke gilt es besser erst am Morgen auf die Strasse zu stellen. Falsche Geheimtipps – Wenig wirksam sind sowohl beim Auto als auch im Haus der Einsatz von Ultraschall, Weckern, Mottenkugeln, Hunde- und Menschenhaaren und anderen geruchs- und lärmintensiven «Geheimtipps». Auch das Fangen oder Schiessen eines Steinmarders hilft kaum, denn häufig wird das frei gewordene Revier dankbar vom nächsten Steinmarder in Besitz genommen. Dezember 2013 55