Steinmarder

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Steinmarder
Der Steinmarder (Martes foina) wurde 1777 in Erxleben benannt. Steinmarder sind
unter uns: ihr bevorzugter Lebensraum sind neben der abwechslungsreichen
Feldlandschaft vor allem Städte und Dörfer.
Durch das unmittelbare Zusammenleben mit dem Menschen kommt es mitunter zu
einem Interessenkonflikt. Kabelbeißende Automarder oder nächtliche polternde
Nachtmarder stellen für viele ein Ärgernis dar. Der Bestand der Marder ist in
Deutschland nicht gefährdet. Der Bestandstrend schwankt. Das kleinere Weibchen
mit 60 bis 75 Zentimeter Größe, davon 25 Zentimeter Schwanz, kann mit dem
Männchen leicht vertauscht werden. Das Männchen wird leicht 70 bis 90 Zentimeter
groß (davon Schwanz 30 Zentimeter). Auch im Gewicht unterscheiden sich beide
Geschlechter. Die Männchen schaffen 1700 bis 2400 Gramm auf die Waage, wobei
die Weibchen gerade einmal bis 1500 Gramm schwer werden.
Die Färbung der Steinmarder ist graubraun, die Unterwolle schimmert hell durch.
Typische Merkmale sind weiße, meist gegabelte Kehlflecke und der fleischfarbene
Nasenspiegel. Der Steinmarder kann leicht mit seinen engen Verwandten, dem an
den Lebensraum Wald gebundenen Baummarder (Martes martes) verwechselt
werden. Im Unterschied zum Steinmarder ist beim Baummarder der Kehlfleck
gelblich und abgerundet und das Fell kastanienbraun. Allerdings gibt es bei beiden
Arten Färbungsvarianten (Mutation und Rekombination), so dass eine sichere
Unterscheidung bei der Beobachtung lebender Tiere nicht möglich ist. Die Fußsohlen
des Steinmarders sind unbehaart (beim Baummarder behaart). Eine eindeutige
Artzuordnung
ist
anhand
von
Gebissmerkmalen
möglich:
der
dritte
obere
Backenzahn (3. Prämolar) ist beim Steinmarder am Außenrand abgerundet und beim
Baummarder eingebuchtet.
Eine völlige Unspezialisiertheit bei der Nahrungswahl befähigt den Steinmarder, ein
je nach Habitattyp und Jahreszeit völlig unterschiedliche Angebote zu nutzen. Einen
wichtigen Bestandteil der Nahrung bilden Früchte, wie Äpfel, Birnen, Pflaumen und
Kirschen (Rosengewächse / Rosaceae), sowie verschiedene Beerenarten, die er von
Sommer bis zum Winter hinein verzehrt.
Der Hauptteil an tierischer Nahrung wird von Kleinsäugern gestellt. Vertreten sind
verschiedene Wühlmausarten, Wald- und Gelbhalsmaus, Wanderratte, Hausmaus
und gelegentlich Spitzmäuse.
© Thomas Gyöngyösi 2002 [E-Mail: [email protected]]
Der Steinmarder ist aber keineswegs der blutrünstige Mörder, als der er
fälschlicherweise dargestellt wird. Zwar kann er, wenn er in Geflügelställe eindringt,
ganze Bestände auslöschen, aber er tötet nur so lange wie das Geflatter als
Beuteauslöser wirkt. Ein so genannter Blutrausch und ein aussaugen der Beute gibt
es nicht.
Neben den Kleinsäugern bilden Vögel einen großen Teil des Beutespektrums.
Verschiedene Singvogelarten wie etwa Drossel, Amsel und Haussperling aber auch
Tauben
konnten
nachgewiesen
werden.
Weitere
Nahrungsbestände
sind
Regenwürmer, Insekten, Aas, menschliche Hausabfälle sowie für Haustiere und Igel
bestimmte Tierfutter.
Die Ranz (Paarungszeit) erfolgt zwischen Ende Juni und Anfang August. Nach einer
verlängerten Tragezeit, in der die Blastocyten frei im Uterus ruhen, werden im März,
seltener im April, zwei bis vier Junge geboren. Mit etwa fünf Wochen öffnen sie die
Augen, in der neunten Woche verlassen sie erstmals das Nest.
Skirnisson (1986) gelang es, eine Fähe mit drei Jungtieren in einem Dorfhabitat von
Juni bis August zu telemetrieren. In den ersten Tagen nach der Geburt hielt sich die
Fähe fast ausschließlich im Nest auf (Brutpflege).
Mit dem steigenden Nahrungsbedarf der Jungen nahm auch die Abwesenheit der
Fähe kontinuierlich zu. Ab der sechsten Woche trug sie Futter ins Nest ein. In den
ersten Wochen nach Verlassen des Wurfnestes führte die Fähe ihr Jungen stets
einzeln herum, später auch zu zweit oder dritt. Erst in der 21. Lebenswoche wählte
die Mutter die gemeinsamen Verstecke aus. Die Jungtiere ernährten sich anfangs
von dem Futter, welches die Mutter brachte, in der zweiten Augusthälfte (≈ 23.
Lebenswoche) verließen die Jungtiere das Revier der Mutter. Es ist aber auch
möglich, dass sie erst später im Herbst oder sogar erst im nächsten Frühjahr
abwandern.
Der Steinmarder hat sich in verschiedenster Art und Weise an den Menschen
angepasst. Sie gehören zu den ältesten Kulturvölkern. Sie hausten schon in den
Städten des Mittelalters. So besiedeln Steinmarder im Gegensatz zu anderen
Wildtieren nicht nur die Randgebiete der Stadt, sondern sind genauso in dicht
überbauten Wohnquartieren, ja selbst im Stadtzentrum anzutreffen. Wir finden
Steinmarder nicht nur im städtischen Bereich, sondern auch in den Dörfern, in der
Feldmark und in den Wäldern.
© Thomas Gyöngyösi 2002 [E-Mail: [email protected]]
Der Marder meidet freies Gelände. Am liebsten läuft er an Büschen entlang, die ihn
bei Bedarf schnelle Deckung bieten. Tagsüber schläft er in ausgesuchten
Verstecken,
den
Tagesverstecken,
die
er
innerhalb
seines
Lebensraumes
abwechselnd nutzt. Sie können z.B. in Reisighaufen, Stallungen, Schuppen, aber
auch in Wohnhäusern sein.
Zur „Marderinvasion“ kann man nur soviel sagen: Steinmarder haben in den letzten
Jahren scheinbar auch in der Stadt zugenommen. Wer allerdings eine Plage
vermutet, nur weil sie häufig beobachtet werden, oder weil es überall in der
Nachbarschaft auf dem Dachstuhl poltert, der irrt. Steinmarder sind nämlich
Einzelgänger, die ein festes Areal für sich beanspruchen, in dem sie keine
Geschlechtsgenossen dulden.
Bei in Dörfern lebenden Steinmardern sind Streifgebiete von 0,2 bis 1,11 km²
ermittelt worden. Das Streifgebiet eines Rüden umschließt mindestens das einer
Fähe und kann zudem noch Streifgebiete anderer Fähen überlappen. Nach stetigem
Anstieg in den ersten Jahr zehnten des Betrachtungszeitraumes nehmen die
Steinmarderstrecken seit Mitte der 1980er Jahre ab.
Allerdings wäre es falsch, aus der rückläufigen Streckenentwicklung auf eine
generelle Bestandesabnahme schließen zu wollen. Denn die Streckenhöhe ist
abhä ngig von der Bejagungsintensität und diese ist gerade bei den Musteliden (= zur
Familie der Marder gehörige Tiere) starken Schwankungen unterworfen. Die
höchsten Steinmarderstrecken wurden Anfang bis Mitte der 1980er Jahre erreicht,
als für Winterbälge noch Spitzenpreise von fast 100 DM gezahlt wurden. Ab 1984
gingen die Preise stetig zurück, bis der Pelzmarkt Anfang der 1990er Jahre völlig
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zusammenbrach (keine Rohfellannahme mehr). Durch den Verfall der Balgpreise
dürfte das Bejagungsinteresse vielerorts abgenommen haben. Außerdem erfolgten
aus
Tierschutzgründen
gesetzlichen
Einschränkungen
der
Fallenjagd
(der
verbreitetsten Jagdmethode bei Mardern).
Der Steinmarder wurde mit der Zeit ein Untermieter des Menschen. Direkt über
unsren Köpfen richtet sich der Steinmarder sein Quartier ein. Seine Anwesenheit
wird meistens nicht wahrgenommen, es sei denn er macht sich mit Geräuschen
bemerkbar. Als Visitenkarte hinterlässt er verschiedene Spuren. Bisweilen sind im
trockenen Sand oder Staub Abdrücke der Brante n (Pfoten) zu finden. Um einer
Marderinvasion vorzubeugen, kann man ein Marderhäuschen bauen (s. Abb). Dies
ist ein eventueller Schutz vor Belästigung.
Doch wie ist solch ein Marderhäuschen aufgebaut:
1. Rechtsseitiger Eingang, Querschnitt 15 x 15 cm, Länge 50 cm
2. Vorflur, 40 cm hoch, 25 cm breit und 40 cm tief
3. Trennwand mit linkseitigem Eingang mit 15 x 15 cm
4. Kammer von 40 cm Tiefe, Breite und Höhe
5. Nestmaterial aus Stroh und Heu
6. Deckschicht aus möglichst trockenen Material
7. Reißfeste Kunststofffolie gegen durchsickerndes Regenwasser
8. Zweite Deckschicht mit Bepflanzung
In heutiger Zeit sorgen aber weniger die Übergriffe des Steinmarders auf die wenigen
noch verbliebenen Hühnerställe für Furore, sondern seine Angriffe auf die "heilige
Kuh" unserer mobilen Gesellschaft - das Auto. Erstmals wurde das sogenannte
Automarderphänomen Ende der 1970er Jahre in Winterthur im Nordosten der
Schweiz beobachtet. Anfang der 1980er Jahre traten die ersten Schäden in BadenWürttemberg auf. Rasch verbreitete sich das Phänomen in Deutschland, wobei die
Ausdehnung grob von Süden nach Norden erfolgte. Das Schadbild im Motorraum der
Autos
war
in
allen
Fällen
ähnlich:
zerbissene
Zündkabel,
© Thomas Gyöngyösi 2002 [E-Mail: [email protected]]
angefressene
Bremsschläuche
oder
Lenkmanschetten
und
zerrupfte
Dämmplatten.
Die
Untersuchung der Ursachen der neuartigen Marderschäden ergab, dass Steinmarder
offensichtlich entdeckt haben, dass sich der Motorraum gut als Versteck oder
Nahrungsdepot eignet. Das Zerbeißen von Kabeln wird weder durch Hunger noch
durch anziehende Gerüche ausgelöst, wie man zuerst vermutete, sondern ist
anscheinend Ausdruck des artspezifischen Erkundungs- und Spielverhaltens.
Besonders groß ist die Gefahr von Marderschäden bei Autos, die zwischen
verschiedenen Marderrevieren hin und her wechseln. Hier spielt wahrscheinlich die
Revierverteidigung eine Rolle. Man nimmt an, dass Marderrüden verstärkt zur
Sachbeschädigung im Motorraum neigen, wenn sie in ihrem Revier ein Auto mit der
Duftspur eines fremden Rüden vorfinden.
Als wirksamstes Abwehrmittel von Marderschäden gelten Sicherungssysteme nach
dem Weidezaunprinzip, bei denen die Tiere beim Einstieg in den Motorraum einen
leichten Stromschlag versetzt bekommen. Billiger, aber unsicherer ist es, ein ca. 1 m²
großes Stück Maschendraht auf den Boden unter den Motorraum zu legen. Hier
besteht allerdings die Gefahr, dass der nächtliche Besucher sich daran gewöhnt (und
trotz Maschendraht einsteigt) bzw. er auf die menschliche Vergesslichkeit bauen
kann. Nicht zuverlässig wirken Abwehrmethoden wie Antimardersprays oder diverse
Hausmittel wie Menschenhaare, Urin u.ä..
Die Schäden durch "Automarder" sind erheblich. Nach einer aktuellen Untersuchung
des Instituts für Fahrzeugsicherheit in München treten bundesweit jährlich ca.
160.000 Schadensfälle mit einer Gesamtschadenshöhe von ca. 40 Millionen Mark
auf. In Baden-Württemberg ist die Chance, von Autoschäden durch Marder betroffen
zu sein, besonders groß. Gemäß dieser Studie nimmt Stuttgart mit 15,7
Schadensfällen pro 1.000 Autos den Spitzenplatz unter allen deutschen Städten ein.
© Thomas Gyöngyösi 2002 [E-Mail: [email protected]]
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