Psychiatrie I Literaturhinweis: Vorlesung SFU (Sigmund Freud PrivatUniversität Wien) Dr. Klaus Paulitsch Dr. Matthias Thalhammer Paulitsch, Karwautz Grundlagen der Psychiatrie UTB, Facultas 2008 !! Prüfungsstoff Psychiatrie I : S 13 - 108 Begriffsbestimmung Psychiatrie Wenn man, was heute noch phantastisch klingen mag, eine psychoanalytische Hochschule zu gründen hätte, so müsste an dieser vieles gelehrt werden, was auch die medizinischen Fakultät lehrt: neben der Tiefenpsychologie, die immer das Hauptstück bleiben würde, eine Einführung in die Biologie, in möglichst großem Umfang die Kunde vom Sexualleben, eine Bekanntheit mit den Krankheitsbildern der Psychiatrie…. Freud 1929, „Laienanalyse“ • Als Psychiatrie (griech. Psyche = Seele, Iatreia = ärztliche Heilkunde) bezeichnet man die Lehre vom Erforschen, Diagnostizieren und Behandeln psychischer Störungen und Erkrankungen. • Das auch als Seelenheilkunde bezeichnete medizinische Fach wird von ÄrztInnen praktiziert. • Es besteht eine Beziehung zu anderen Disziplinen, wie Neurologie, Biologie, Genetik, Psychologie, Soziologie, Verhaltensforschung, Psychotherapie, Pflegewissenschaften etc. • Dieser Ansatz wird u.a. „mehrdimensional“, „biopsychosozial“ oder „pluridimensional“ bezeichnet. Jede „unidimensionale“ Arbeitsweise hat dennoch ihre Berechtigung und dient dazu die verschiedenen Dimensionen und deren Beziehung zueinander zu erfassen, statt sie zu verleugnen. Weitere Begriffsbestimmungen • • • • • • • • • Psychopathologie Biologische Psychiatrie Sozialpsychiatrie Kinder- und Jugendpsychiatrie Gerontopsychiatrie Neurologie Psychosomatik Psychologie Psychotherapie Historische Aspekte • Griechenland, Rom: – Hippokrates (460 – 370 v. Chr.) beschrieb bereits Krankheitsbilder (Vier-Säfte-Lehre, Überwiegen der „schwarzen Galle“ bei Depressionen). – Diät, Umgestaltung der Lebensumstände • Mittelalter: – Verwahrung, Hexenverbrennung, Teufelsaustreibungen • 17.+18. Jahrhundert: – Verwahrung in Gefängnissen und Zuchthäusern • Ende des 18. Jahrhunderts: – Erste „Irrenanstalten“, allmähliche Humanisierung im Zuge der Aufklärung • 19. Jahrhundert: – Spaltung in „Psychiker“ und „Somatiker“ Historische Aspekte • 20. Jahrhundert: – – – – – – – – – Bleuler/Schizophrenie Erste Therapieerfolge (Jauregg, progressive Paralyse) Psychoanalyse, Psychotherapie Rückschlag während der NS-Zeit (Eugenik, „unwertes Leben“, Zwangssterilisation, Spiegelgrund, Rassenhygiene, Emigration) Entwicklung der Psychopharmaka Psychiatriereform Trennung Neurologie/Psychiatrie Pluridimensionales Fach Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Reformen in der Psychiatrie • Vorraussetzungen (Anti-Psychiatrie, Psychopharmaka, Ökonomische Gründe) • Ziele der Reform • Umsetzung der Reform in Österreich (1979, In Wien 8 psychosoziale Regionen, Psychiatrische Abteilung im Allgemeinkrankenhaus, PSD) Psychiatrische Einrichtungen • Vollstationäre Einrichtungen Psychiatrische Abteilungen mit Vollversorgungsauftrag Spezialabteilungen • Teilstationäre Einrichtungen Tageskliniken Nachtkliniken und Wohnheime Geschütze Werkstätten • Ambulante Einrichtungen Sozialpsychiatrische Dienste (PSD) Spitals- und Institutsambulanzen FachärztInnen für Psychiatrie PsychotherapeutInnen/ PsychiaterInnen in freier Praxis Struktur einer Psychiatrischen Abteilung • Offene/geschlossene Abteilung • Spezialabteilungen (Gerontopsychiatrie, Sucht, Persönlichkeitsstörungen, etc.) • Räumlichkeiten für: – Ergotherapie, Gruppentherapie – Bewegungs- und Physiotherapie – Therapieräume für Einzeltherapien – Tagräume – Ambulanz • Konsiliartätigkeit Berufsgruppen in der Psychiatrie Zwangsmaßnahmen und Unterbringung Seit 1991 Neues Unterbringungsgesetz • Behandlung gegen den Willen des Patienten nur bei Selbst- oder Fremdgefährdung zulässig – – – – – – – – Pflegeberufe PsychiaterInnen Klinische PsychologInnen ErgotherapeutInnen SozialarbeiterInnen Bewegungs-, Musik-, PhysiotherapeutInnen PsychotherapeutInnen PatientenbegleiterInnen (PsychotherapiepraktiantInnen) – PatientenanwältInnen • Zwangseinweisung („Parere“) nur durch Amtsarzt (mittels amtsärztlicher Bescheinigung) • Unterbringung im Spital durch Begutachtung eines Facharzt für Psychiatrie • Innerhalb von 4 Tagen: Richterliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit, Information an Patientenanwalt • Innerhalb von 2 Wochen: Gerichtliches Gutachten eines Sachverständigen Therapieverfahren • • • • Psychopharmakotherapie Andere biologische Therapieverfahren Psychotherapie Ergotherapie und Soziotherapie (Sozialpsychiatrische Konzepte der Behandlung psychisch Kranker) Entwicklung von Psychopharmaka • 1949 Lithium: antimanischer Effekt • 1952 Chlorpromazin: Neuroleptikum (Antipsychotikum) • 1954 Meprobamat: Anxiolytikum • 1957 Imipramin: Antidepressivum • 1987 Citalopram, Fluoxetin: SSRI („Prozac“) Psychopharmakotherapie • Große Fortschritte in der klinischen Psychiatrie • Seit den 50er-Jahren ähnliche Bedeutung bzw. Einfluss für Patienten wie die Antibiotikatherapie • Psychisch kranke Menschen können nun auf offenen Krankenstationen oder ambulant behandelt werden. Eine psychosoziale Rehabilitation gelingt oft erst nach einer entsprechenden medikamentösen Behandlung (vor allem bei bipolaren Störungen und Schizophrenie) Wirkungsweise • Regulieren Hirnfunktionen und modifizieren psychische Abläufe. • Wirkung an den Synapsen durch Beeinflussung der Botenstoffe (Neurotransmitter) • Noradrenalin, Serotonin, Dopamin, Acetylcholin, GABA Psychopharmaka gehören zu den am häufigsten verordneten Medikamenten, obwohl dennoch falsche Vorstellung über deren Wirkungsweise bestehen. Auch bei Berufsgruppen, die direkt in der Psychiatrie arbeiten…….. Vorurteile bei der Pharmakotherapie in der Psychiatrie • „Chemische Zwangsjacke“ • „Pillenkeule“ • „Mit Tabletten vollstopfen“ • „Ich werde abhänging“ • „Meinem Körper wird geschadet.“ Psychopharmakatherapie 1.Antidepressiva 2.Phasenprophylaktika 3.Tranquilizer 4.Antipsychotika (Neuroleptika) 5.Andere Psychopharmaka Sinnvolle Einteilung: • Psychopharmaka mit Abhängigkeitspotential z.B.: Tranquilizer (Benzodiazepine) • Psychopharmaka zur Langzeiteinnahme ohne Abhängigkeitspotential z.B.: Anitdepressiva, Phasenprophylaktika, Antipsychotika oder Antidementativa 1) Antidepressiva • Nicht suchterzeugende und meist gut verträgliche Medikamente. • Wirkungsweise: verstärken die Wirkung der Neurotransmitter Noradrenalin und/oder Serotonin, indem sie deren Wiederaufnahme hemmen. Anwendung und Indikation • Wirkung nicht nur bei depressiven Störungen, sondern auch bei Angststörungen, Zwangserkrankungen, Schlafstörungen, Somatisierungsstörungen oder Essstörungen. • Stimmungsaufhellung, Antriebsnomaliseirung, Angstlösung, auch Sedierung und Schmerzdistanzierung. • Antidepressive Wirkung setzt erst zeitverzögert ein (etwa 1- 3 Wochen). • Einnahme: Tabletten oder Kapseln, 1-2x täglich. Nebenwirkungen • Meist nur in den ersten Tagen oder Wochen! • Häufig: Übelkeit, Unruhe, Schlafstörungen oder sexuelle Funktionsstörungen. • Seltener: Kopfschmerzen, Zittern, Kältegefühl, Sedierung, Mundtrockenheit, Herzrhythmusstörungen, Akkomodationssstörungen, Gewichtszunahme oder Harnverhalt. Substanzgruppen • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, SSRI • Selektive NoradrenalinWiederaufnahmehemmer, NARI • Monoaminoxidasehemmer, MAO-Hemmer • Selektive Serotonin-/NoradrenalinWiederaufnahmehemmer, SNRI • Trizyklische und Tetrazyklische Antidepressiva, TZA • Weitere Antidepressiva (z.B. Mirtazapin, Trazodon, Johanniskraut) 2) Phasenprophylaktika • Rückfallsverhinderung bei „zyklischen Erkrankungen“ (bipolaren oder schizoaffektiven Störungen) • Substanzgruppen: Lithium, Antikonvulsiva, manche Antipsychotika Lithium • Wirkungsweise im Zellstoffwechsel und in der Erregung von Nervenzellen, ähnlich wie Natrium oder Kalium. • Durch regelmäßige Einnahme wird die Wahrscheinlichkeit einer neuerlichen Krankheitsphase deutlich (60%) verringert… • Antimanisch, antidepressive und phasenprophylaktische Wirkung. Antikonvulsiva • Sind eigentlich als Medikamente gegen Epilepsie entwickelt worden. • Wirkungsweise ähnlich wie Lithium, wobei die Übererregbarkeit in manchen Hirnregionen verringert wird. • Carbamazepin (Neurotop®), Valproinsäure (Depakine®, Convulex®), Lamotrigin (Lamictal®) • NW: Schwindel, Übelkeit, Haarausfall, Gewichtszunahme, Zittern Nebenwirkungen von Lithium • Geringe „therapeutische Breite“, d.h. bei Überdosierung können leicht Vergiftungserscheinungen auftreten. • Regelmäßige Kontrollen des Blutspiegels sind notwendig (0,6 bis 0,8 mmol/l). • Dauereinstellung daher nur bei aufgeklärten und jüngeren PatientInnen möglich. • NW: Zittern, Übelkeit, Durchfall, Gewichtszunahme, Beinödeme. 3) Tranquilizer • Lat.: tranquilare, beruhigen • Beruhigende (sedierende), entspannende, schlafanstoßende, angstlösende, muskelentspannende und antikonvulsive Wirkung. • Historisch: Barbiturate. Heute: Tranqulizer = Benzodiazepine (seit den 1960er-Jahren) • Binden an spezifischen Rezeptoren und verstärken die Wirkung von „GABAergen“ Neuronen. Blockieren direkt Angstrezeptoren. Anwendung und Indikation • Sedativ (dämpfend): bei Erregungszuständen, bei Unruhe, vor Operationen etc. • Hypnotisch (schlafanstoßend): als Schlafmittel, zur Einleitung von Narkosen. • Antikonvulsiv (antiepileptisch): als Mittel gegen Epilepsie, beim Alkoholentzug, etc. • Anxiolytisch (angstlösend): bei Angststörungen und anderen psychischen Erkrankungen • Muskelrelaxierend (muskelentspannend): bei muskulären Verspannungen, bei Bandscheibenvorfällen, etc. Nebenwirkungen und Probleme • Sedierender Effekt (ist unter Umständen erwünscht) • Gangunsicherheit, Stürze (bei älteren Menschen), paradoxe Wirkung, Verwirrtheit, bei chronischen Gebrauch auch Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen. • Entwicklung eines Abhängigkeitssyndrom (Sucht!). Beispiele • Diazepam (Valium©, Gewacalm©, Psychopax©) • Lorazepam (Temesta©) • Alprazolam (Xanor©) • Triazolam (Halcion©) • Bromazepam (Lexotanil©) • Flunitrazepam (Rohynol©, Somnubene©) • Oxazepam (Praxiten©) • Clonazepam (Rivotril©) Problem: Benzodiazepinabhängigkeit • Häufigste Form des Arzneimittelmissbrauchs (Verschreibung als schlafmittel oder als Tranquillizer). • „Low-dose“-Abhängigkeit: ohne Toleranzentwicklung, aber mit Entzugserscheinungen. • „High-dose“- Abhängigkeit: Toleranzentwicklung und Entzugserscheinungen. • Das Abhängigkeitsrisiko steigt mit zunehmender Behandlungsdauer (länger als 4 Monate) • Rebound-Phänome: beim abrupten Absetzen • Entzugssymptome: quälend, oft viele (!) Wochen; Unruhe, Zittern, Schlafstörungen, Dysphorie Wirkungsweise 4) Antipsychotika (Neuroleptika) • Neuere Bezeichnung: Antipsychotika • Erstes Neuroleptikum: Chlorpromazin 1951 • Revolution in der Psychiatrie → Psychiatriereform • Erste Generation: Nebenwirkungen, z.B. Parkinsonsyndrom→ • Verantwortlich für den schlechten Ruf der Psychiatrie in den 60er- und 70er-Jahren • Blockade oder Dämpfung von Dopaminrezeptoren im Gehirn Einteilung der Antipsychotika Indikationen für Antipsychotika • 1. „Typische“ oder „konventionelle“ „Atypische“ Hochpotente Neuroleptika • Haloperidol (Haldol®) Niedrigpotente Neuroleptika • Chlorprothixen (Truxal®) • Prothipendyl (Dominal®) • Levopromazin (Nozinan®) • Melperon (Buronil®) • • • • • • Clozapin (Leponex®) Olanzapin (Zyprexa®) Risperidon (Risperdal®) Quetiapin (Seroquel®) Ziprasidon (Zeldox®) Amisulprid (Solian®) • Aripiprazol (Abilify®) 2. 3. 4. 5. Psychiatrische Indikation Schizophrenie und schizoaffektive Psychosen Manien, bipolare Störungen Demenzen, organische Psychosyndrome Delir Ferner: Depressionen, Verhaltensstörungen bei Jugendlichen, Persönlichkeitsstörungen • Nichtpsychiatrische Indikationen 1. Schmerzsyndrome 2. Hyperkinetische Syndrome (Chorea Huntington, TouretteSyndrom 3. Neuroleptanalgesie (Spezielles Narkoseverfahren) Symptome die durch Neuroleptika beeinflusst werden: • Psychotische Symptome: Wahn, Halluzinationen, Denkstörungen • Psychomotorik: Antriebssteigerung, Erregung • Unruhe, Angst, Dysphorie • Verhaltensstörungen: Aggressivität, autistisches Verhalten • Schlafstörungen • Schmerz • Hyperkinetische Syndrome Nebenwirkungen • Konventionelle hochpotente Antipsychotika: Parkinsonsyndrom, periorale Spätdyskinesien, Schlundkrämpfe, Sedierung, Depressionen u.a • Atypische Antipsychotika: Gewichtszunahme, Sedierung, Blutbildveränderungen, Herzrhythmusstörungen, Störungen der Menstruation sowie Brustvergrößerungen mit Milchfluss u.a. Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Erkrankungen • 1-2-jährige Rezidivprophylaxe bei Erstmanifestation oder langem symptomfreien Intervall • 2-5-jährige Rezidivprophylaxe bei 2-3 Manifestationen oder Rezidiv innerhalb eines Jahres • Zeitlich unbegrenzte Rezidivprophylaxe bei häufig rezidivierenden Psychosen und bei Selbst- und Fremdgefährdung Neuroleptika sind in der Regel Dauermedikamente! Klinische Anwendung • Oral als Tabletten, Kapseln oder Saft. • i.m., i.v.. • Depotformen (z.B. Haldol®-Depot, Risperdal-Consta®) z.B. i.m. alle 2 Wochen. 6) Weitere Psychopharmaka • Antidementativa • Psychostimulanzien • Antigravingsubstanzen Zwei Medikamentengruppen haben sich als wirksam herausgestellt: 1. Cholinesterasehemmer Aricept® (Donazepil) Exelon® (Rivastigmin) Remenyl® (Galanthamin) 2. Memantine Axura®, Ebixa® (Nur bei mittelschwerer oder schwerer Demenz zugelassen.) Antidementativa • Neuere Medikamentengruppe, die Hirnfunktionen, wie Konzentration, Lernund Denkfähigkeit sowie Gedächtnis verbessern sollen. • Zielgruppe: Patienten mit Demenz. • Bei vielen Präparaten liegt kein wissenschaftlicher Nachweis vor (z.B. Tebonin®, Nootropil®, Tebofortan® etc.) Psychostimulanzien • Psychisch anregende und antriebsstimulierende Substanzen oder Arzneimittel. • Wirkung erfolgt über den Katecholaminstoffwechsel. • Abhängigkeit kann entstehen. • Koffein, Nikotin, Kokain, Amphetamine (Methylphenidat) Andere biologische Therapieverfahren Methylphenidat (Ritalin ®, Concerta ®) • Methylphenidat • Verschreibung nach dem Suchmittelgesetz. • Responderrate bei 70-80 % („sehr gute Wirksamkeit“) • Missbrauchspotential besteht in der Regel nicht, retardierte Präparate haben noch ein geringeres Potential. • KI: Schizophrenie, Schwangerschaft, Medikamente- und Drogenabhängigkeit, KHK, tachkarde kardiale Rhythmusstörungen Psychotherapie in der Psychiatrie • Definition • Wirkungsweise, Rahmenbedingungen und Indikation • Psychotherapeutische Schulen und Methoden: 1. 2. 3. 4. 5. Psychodynamische Psychotherapie Verhaltenstherapie Humanistische Psychotherapieverfahren Systemische Psychotherapie Entspannungsverfahren • Elektrokrampftherapie • Schlafentzugstherapie • Lichttherapie Sozialpsychiatrische Konzepte der Behandlung psychisch Kranker • • • • • Ergotherapie Soziotherapie Psychiatrische Rehabilitation Prävention Angehörigenarbeit Ursachen von psychischen Störungen • Risikofaktoren und prädisponierende Faktoren • Modelle psychischer Störungen Risikofaktoren und prädisponierende Faktoren • • • • • Genetik Neurobiologie Prä- und Perinatalfaktoren Psychosoziale Ursachen Auslöser Modelle psychischer Störungen • • • • • • • Medizinisches Krankheitsmodell Psychodynamisches Modell Verhaltenstheoretisches Modell Kognitives Modell Systemisches Modell Integratives Modell Sozialpsychiatrisches Modell Grundlagen der psychiatrischen Diagnostik Aufgaben und Funktion einer Diagnose %HGHXWXQJGHU'LDJQRVH • Lernen aus den Erfahrungen anderer • Regelmäßigkeiten und Gesetzmäßigkeiten erkennen • Wissenschaftlicher Vergleich • Unterscheidung zwischen Gesundheit und Behandlungsbedürftigkeit • Richtlinien und Definitionen können aufgestellt werden, die eine Therapie ermöglichen Diagnostische Ansätze in der Psychotherapie/Psychiatrie 1. 2. 3. 4. 5. Theoriebezogene Diagnostik (z.B. systemische od. tiefenpsychologische Diagnostik) Psychologische Diagnostik (z.B. IQ-Test, Rorschach) Medizinische Diagnostik (z.B. Demenz, Substanzmittel,) Klinisch-psychiatrische Diagnostik (= ICD-10-Diagnostik) Operationalisierte psychodynamische Diagnostik (OPD) • • • • • • • • Deskriptive Funktion Klassifikatorische Funktion Indikation Ätiologische oder Erklärungsfunktion Prognostische Funktion Kontroll- und Steuerungsfunktion Dokumentation Therapeutische Funktion Psychopathologie (Beschreibt abweichendes Erleben, Befinden und Verhalten.) • Beschreibende Psychopathologie: (Orientierung am Symptom) z.B.: Schneider, Scharfetter, Berner und AutorInnen von ICD-10 und DSM IV. • Verstehende Psychopathologie: (Interpretation im sozialen Gesamtkontext) z.B.: Jaspers, psychodynamische und psychoanalytische Autoren. Vom Symptom zur Störung z.B. Schlafstörungen, Antriebslosigkeit Zentraler Bestandteil der deskriptiven Diagnostik ist die genaue Erhebung der einzelnen Symptome und damit die Erhebung des psychopathologischen Befundes Symptom Depressives Syndrom Syndrom Mittelgradige depressive Episode, ICD-10: F32.1 Störung/Krankheit „signs“ Ausdruckssymptome, wie Psychomotorik, Schreien etc. „symptoms“ Erlebnissymptome, wie Halluzinationen oder Suizidgedanken Der psychopathologische Status 1. Bewusstseinsstörungen 2. Orientierungsstörungen 3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen 4. Denkstörungen 5. Befürchtungen und Zwänge 6. Wahn 7. Halluzinationen und Sinnestäuschungen 8. Ich-Störungen 9. Störungen der Affektivität 10. Antriebs- und der psychomotorische Störungen 11. Andere Symptombereiche 1. Bewusstseinstörungen • • • • • Wach, klar Benommenheit Somnolenz Sopor Koma Mögliche Fragen 2. Orientierungsstörungen • • • • Zeitliche Orientierungsstörung Örtliche Orientierungsstörung Situative Orientierungsstörung Orientierungsstörung zur eigenen Person 3. Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen • • • • • • Auffassungsstörung Konzentrationsstörungen Merkfähigkeitsstörungen Gedächtnisstörungen Konfabulationen Amnesien Orientierungsstörungen • • • • Warum sind Sie hier aufgenommen worden? Seit wann sind Sie hier? Darf ich fragen, wie alt sie sind? Hat man Ihnen gesagt, in welche Klinik Sie gebracht wurden? • Was machen Sie in Ihrer Freizeit oder tagsüber? • Können Sie mir sagen, welcher Tag (welches Datum) heute ist? Mögliche Fragen Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen • Wie geht es Ihnen, wenn Sie Zeitung lesen? • Können Sie sich bei gewissen Artikeln nicht konzentrieren? • Hat sich Ihre Konzentrationsfähigkeit verändert? • Ich bitte Sie, sich drei Worte – Ball, Tisch, Blume – zu merken und werde Sie in ein paar Minuten danach fragen. • Haben Sie in letzter Zeit öfters etwas verlegt oder verloren? • Merken Sie sich gewisse Dinge so gut wie früher? • Was haben Sie gestern gemacht? 4. Denkstörungen • • • • • • • • Denkhemmung, Denkverlangsamung Eingeengtes Denken Perseveration Ideenflucht Vorbeireden Sperrungen, Gedankenabreißen Zerfahrenheit, Inkohärenz Neologismen 5. Befürchtungen und Zwänge • Misstrauen • Hypochondrie • Ängste (Panik, Generalisierte Angst, Phobien) • Zwangsgedanken, -impulse und handlungen Mögliche Fragen Denkstörungen • Haben Sie manchmal das Gefühl, dass sich ihr Denken verlangsamt oder verändert hat? • Passiert es Ihnen manchmal, dass sie einen Gedanken haben und diesen nicht zu Ende denken können? • Kommt es vor, dass Sie immer die gleichen Gedanken haben? • Können Sie sich konzentrieren oder jagt eine Idee die nächste? 6. Wahn • Wahnentstehung und Wahnsymptome Wahneinfall Wahnwahrnehmung Systematischer Wahn Wahndynamik • Wahnthemen Verfolgungs- und Beeinträchtigungswahn, Beziehungswahn, Eifersuchtswahn, Schuldwahn, Verarmungswahn, hypochondrischer Wahn, Größenwahn, Liebeswahn, religiöser Wahn Mögliche Fragen Wahn • Wie geht es Ihnen mit ihren Nachbarn und Mitmenschen? (Verfolgungswahn) • Haben Sie das Gefühl, dass sich für Sie in letzter Zeit etwas verändert hat? • Sind Dinge passiert, die neu für Sie sind oder für die Sie keine Erklärung haben? • Haben Sie Fähigkeiten, die andere Menschen nicht haben? • Fühlen Sie sich beeinträchtigt oder manchmal gar verfolgt? • Wie fühlen Sie sich insgesamt, fürchten Sie etwas? Mögliche Fragen Halluzinationen und Sinnestäuschungen • Hören Sie manchmal ihre eigenen Gedanken so, als ob jemand zu Ihnen spricht? • Wenn Sie alleine sind, hören Sie vielleicht eine Stimme? • Werden Sie von jemandem begleitet, der Sie kommentiert oder zu Ihnen spricht? • Haben Sie ungewöhnliche Erfahrungen, die Sie sich nicht erklären können? • Hat sich in letzter Zeit etwas verändert? 7. Halluzinationen und Sinnestäuschungen • Akustische Halluzinationen • Optische Halluzinationen • Körperhalluzinationen („Coenästhetische Halluzinationen“) • Geruchs- und Geschmackshalluzinationen Illusionen (illusionäre Verkennung) 8. Ich-Störungen • Depersonalisation • Derealisation • Gedankenausbreitung • Gedankenentzug • Gedankeneingebung Mögliche Fragen 9. Störungen der Affektivität Ich-Störungen • Empfinden Sie sich oder Ihre Umwelt als verändert? • Hat sich die Grenze zwischen Ihnen und der Außenwelt verschoben? • Haben Sie das Gefühl, dass ihre Gedanken sich ausbreiten oder von anderen Menschen gemacht werden? • Fühlen Sie sich beeinflusst? Allgemeine Störungen und Veränderungen der Befindlichkeit • • • • • • • • • Depressivität/Hoffungslosigkeit Gefühllosigkeit/Störung der „Vitalgefühle“ Ängstlichkeit Euphorie Dysphorie Innere Unruhe Insuffizienzgefühle Schuldgefühle Ambivalenz Mögliche Fragen Störungen der Affektivität Affektive Symptome im Verhältnis zur Umwelt • • • • Affektive Resonanz Affektlabilität Affektstarre Parathymie • Wie geht es Ihnen bei der Arbeit, zu Hause etc.? • Konnten Sie im Haushalt Ihre Arbeit so verrichten, wie Sie es sich erwarten? • Können Sie sich so freuen wie früher oder hat Ihre Begeisterungsfähigkeit nachgelassen? • Üben Sie ihre Hobbys aus oder hat das Interesse nachgelassen? • Grübeln Sie in den Morgenstunden, wenn Sie vorzeitig aufwachen? • Fühlen Sie sich manchmal niedergeschlagen und traurig, obwohl Sie meinen, eigentlich keinen Grund dafür zu haben? • Müssen Sie zeitweise grundlos oder bei nichtigen Anlässen weinen? • Haben Sie das Gefühl weniger Wert zu sein? • Wie geht es Ihnen bei der Sexualität? • Haben Sie körperliche Beschwerden oder Schlafstörungen? 10. Antriebs- und der psychomotorische Störungen Antriebsverminderung • Antriebshemmung • Mutismus • Stupor Katatone Symptome Antriebssteigerung • • • • Motorische Unruhe Logorrhoe Raptus Parakinesien (abnorme Bewegungen, Stereotypien) 11. Andere Symptombereiche • Suizidalität • Selbstschädigungen und parasuizidale Handlungen • Sozialer Rückzug • Soziale Umtriebigkeit und Aggressivität • Krankheitsgefühl und Krankheitseinsicht • Circadiane Besonderheiten • Somatische Auffälligkeiten(Schlaf, Appetit, Libido, Magen-Darm-Takt, Herz-KreislaufSystem, urogenital System • Erregungszustand (heftige motorische Unruhe, Schreien, Toben, Grimassieren) • Stupor (regungsloses Verharren) 18 wichtige Syndrome/Bereiche 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. Bewusstseinsveränderung/Delir Kognitive Störung/Demenzielles Syndrom Denk- und Ich-Störungen Wahnhaftes Syndrom Halluzinatorisches Syndrom Störung des Antriebs und der Psychomotorik Depressives Syndrom Manisches Syndrom Angstsyndrom Zwangssyndrom Dissoziatives Syndrom Somatoformes Syndrom Abhängigkeitssyndrom Suizidalität Aggressivität/Erregungszustand Störung des Essverhaltens- Anorexie/Bulimie Schlafstörungen und andere Biorhythmusstörungen Störung des Sexualverhaltens Syndrom Anleitung zur psychiatrischen Exploration • 18 wichtige Syndrome • Einheitliches Prinzip auf einer Doppelseite • Begriffserklärung, Vorschläge für Fragen, Erscheinungsbild, Zusatzuntersuchungen, Maßnahmen, Differezialdiagnosen. • Ringbuch zum schnellen Blättern • Stilisierte Fotos von Schauspielern • Allgemeiner Teil • Spezieller Teil Grundlagen von modernen Diagnosesystemen Traditionelle Klassifikationssysteme • Einteilung in exogene, endogene und psychogene Störungen • „Triadisches System“ • ICD-9 Moderne Klassifikationssysteme • • • • Deskriptive Diagnostik Operationalisierbarkeit Multiaxialität DSM III, III-R, DSM IV, ICD-10 Grundlagen der ICD-10 • Deskriptiver diagnostischer Ansatz • Psychopathologische Kriterien • Ein- und Ausschlusskriterien • Entscheidungs- und Verknüpfungsregeln • Komorbidität • Multiaxiale Diagnostik Psychische Störungen nach ICD - 10 ICD Klassifikation (International Classification of Diseases) • • • • • • • • • • F0 F1 F2 F3 F4 F5 F6 F7 F8 F9 Organische psychische Störungen Störungen durch psychotrope Substanzen Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen Affektive Störungen Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Intelligenzminderung Entwicklungsstörungen Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend Krankheitsanamnese und Exploration • Hauptbeschwerden („Grund des Kommens“) • Aktuelle Vorgeschichte („Seit wann...?) • Psychiatrische Anamnese • Somatische Anamnese • Familienanamnese • Biographie • Aktueller psychopathologischer Befund Störung Krankheitsanamnese und Exploration Biographie und gegenwärtige Lebenssituation Vom Querschnitt zum Längsschnitt……. Aktuelle Vorgeschichte Querschnitt Psychopathologischer Befund Familienanamnese Somatische Anamnese Psychiatrische Anamnese 1. Querschnitt: Symptomatik zu gegenwärtigen Zeitpunkt. 2. Längsschnitt: Symptomatik in der Vorgeschichte. Beurteilung des Zeitfaktors („Wie lange bestehen die Beschwerden schon…? Zusatzbefunde in der Psychiatrie • Bildgebende Verfahren (z.B. Computertomografie, Magnetresonanztomografie) • Blut- und Harnanalyse • Psychologische Testverfahren (z.B. Persönlichkeitstests- und Fragebogentests, projektive verfahren, Leistungstests)