Überwachung von Lebensmitteln - Untersuchungsämter-BW

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Überwachung von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, Kosmetika und Futtermitteln
JAHRESBERICHT 2005
Überwachung
von Lebensmitteln,
Bedarfsgegenständen,
Kosmetika
und Futtermitteln
5
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Ländlichen Raum Baden-Württemberg
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Ministerium für Ernährung und
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Herausgeber:
JAHRESBERICHT
2005
JAHRESBERICHT
Überwachung
von Lebensmitteln,
Bedarfsgegenständen,
Kosmetika
und Futtermitteln
2005
2
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
Sehr geehrte Leserinnen,
sehr geehrte Leser,
Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität – stimmt das bei
unseren Lebensmitteln? Diese Frage beschäftigt viele Verbraucher.
Denn die Verbraucher haben ein Recht darauf, vor gesundheitlichen
Risiken durch Lebensmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs
und vor Täuschung geschützt zu werden. Um dies zu gewährleisten,
müssen die Lebensmittel konsequent überwacht werden. Dies ist
zunächst Aufgabe der Betriebe selbst, die eigenverantwortlich im Wege
der betrieblichen Eigenkontrollen zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflicht
die Sicherheits- und Qualitätsanforderungen überwachen müssen.
Die amtliche Überwachung ist die „Kontrolle der Kontrolle“, d. h. sie
überwacht die Wirksamkeit dieser betrieblichen Eigenkontrollen.
Nach diesem Grundsatz findet in Baden-Württemberg die Kontrolle
der Lebensmittelsicherheit „vom Acker bis auf den Teller“ auf allen
Produktionsstufen statt.
Die Landesregierung misst der Lebensmittel- und der Fut-
In Verbindung damit können wir durch eine wirksame Über-
termittelüberwachung eine hohe Bedeutung zu und tritt da-
wachung mit hoch spezialisierten Laboratorien und Exper-
für ein, dass die amtliche Überwachung auch weiterhin eine
ten und mit einem konsequenten Vollzug vor Ort sicher
schlagkräftige und effiziente Einheit bleibt und ihre Aufgaben
sein, dass gefährliche oder unsichere Produkte erkannt und
erfüllt.
vom Markt entfernt werden.
Dieser Jahresbericht soll über die wichtige und vielfältige Ar-
Im vergangenen Jahr wurden in Baden-Württemberg wie-
beit der amtlichen Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung
der rund 80 000 Betriebskontrollen durchgeführt und mehr
in Baden-Württemberg informieren. Der Bericht zeigt, dass das
als 60 000 Proben an den Chemischen und Veterinärunter-
Sicherheitsnetz in Baden-Württemberg funktioniert und Scha-
suchungsämtern (CVUAs) untersucht und rechtlich begut-
den vom Verbraucher und der Umwelt abgewendet werden
achtet. Die Proben werden von den Lebensmittelkontrol-
konnte. Er zeigt auch, dass bei der überwiegenden Zahl der
leuren auf allen Stufen der Herstellung und des Handels
Überprüfungen keine oder oft nur sehr geringe Beanstandun-
erhoben, aber auch Verbraucherbeschwerden werden in die
gen festzustellen sind. Ich freue mich, Ihnen den Jahresbericht
Untersuchung einbezogen. Die notwendigen Maßnahmen
2005 vorstellen zu können
zur Beseitigung von Mängeln werden von den unteren Le-
Lebensmittel, Trinkwasser, Bedarfsgegenstände, Kosmetika bis hin zu Tabakerzeugnissen sowie Futtermitteln, sie al-
bensmittelüberwachungsbehörden veranlasst.
Eine sichere Lebensmittelproduktion ist aber nur möglich,
le unterliegen den lebensmittel- und futtermittelrechtlichen
wenn die zur Lebensmittelgewinnung dienenden Tiere zu-
Vorschriften und werden von der amtlichen Überwachung in
vor mit einwandfreien Futtermitteln ernährt wurden. Dieses
Baden-Württemberg streng kontrolliert. Die zahlreichen „Le-
sicherzustellen, ist Aufgabe der amtlichen Futtermittelüber-
bensmittelskandale“ in den vergangenen Jahren haben er-
wachung, die auf allen Stufen der Herstellung, des Handels
neut gezeigt, wie wichtig eine schlagkräftige und konsequente
und in den landwirtschaftlichen Betrieben stattfindet.
Überwachung in diesem Bereich ist.
Im Jahr 2005 wurden von den Futtermittelkontrolleuren an
Eine wichtige Rolle kommt der Überwachung von Erzeuger-
den Regierungspräsidien mehr als 1 200 Betriebsprüfun-
und Herstellungsbetrieben der gesamten Lebensmittelkette
gen durchgeführt sowie über 1 500 Proben gezogen und
durch die Kontrolleure und Sachverständigen der unteren Le-
an den landwirtschaftlichen Untersuchungsanstalten und
bensmittelüberwachungsbehörden sowie der Untersuchungs-
den CVUAs untersucht.
ämter zu, damit fehlerhafte oder sogar gesundheitsschädliche Lebensmittel gar nicht erst hergestellt werden und in den
Handel gelangen. Dies wird ergänzt durch stichprobenartige
Kontrollen auf allen Stufen des Handels.
Grußwort des Ministers
Jahresbericht 2005
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform sind die bis-
Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit ihrem
her vom Wirtschaftskontrolldienst (WKD) wahrgenomme-
Einsatz und Engagement dazu beitragen, dass die amtli-
nen Aufgaben im Bereich Lebensmittelüberwachung zum
che Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung in Baden-
01.01.2005 auf die unteren Lebensmittelüberwachungs-
Württemberg auf einem so hohen Niveau arbeitet, möchte
behörden bei den Stadt- und Landkreisen übergegangen.
ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen.
Die Lebensmittelüberwachung erfolgt damit komplett in
einer Hand von derselben Behörde.
Dank des großen Einsatzes und Engagements der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat die Lebensmittelüberwachung die Bewährungsprobe Verwaltungsreform
gut bestanden.
Die EU-Kommission hat inzwischen nach einer vorausgegangenen europaweiten Ausschreibung drei Laborbereiche der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter
im Lande mit der wichtigen Aufgabe eines europäischen
Gemeinschafts-Referenzlabors betraut.
Nominiert wurden vom CVUA Freiburg das Dioxin-Labor
und das Labor für Pestizid-Rückstände in Lebensmitteln
tierischer Herkunft. Beim CVUA Stuttgart wurde das Labor für Pestizid-Rückstände in pflanzlichen Lebensmitteln
als EU-weites Referenzlabor ausgewählt. Die Benennung
der gemeinschaftlichen Referenzlaboratorien soll zur Erreichung einer hohen Qualität und Einheitlichkeit der Untersuchungsergebnisse in beitragen. Dies ist ein erneuter Beweis
für die Leistungsfähigkeit der baden-württembergischen
Untersuchungsämter und die europaweite Anerkennung
deren Arbeit.
Peter Hauk MdL
Minister für Ernährung und Ländlichen Raum
Baden-Württemberg
Stuttgart, im Juli 2006
3
Lebensmittelüberwachung BW
4
I
Vorspann
2
Grußwort des Ministers
4
Inhaltsverzeichnis
6
Zusammenfassung: Highlights und Sorgenkinder
II
Betriebskontrollen und Vollzug
der Lebensmittelüberwachung
11
Betriebskontrollen und Vollzug der amtlichen
Teil I: Vorspann
64
Kosmetische Mittel
69
Bedarfsgegenstände
69
Gegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpflege
73
Gegenstände mit Lebensmittelkontakt
75
Spielwaren und Scherzartikel
75
Reinigungs- und Pflegemittel
77
Tabakwaren
IV
Spezielle Untersuchungsbereiche
Überwachung von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen und kosmetischen Mitteln
III
Produktgruppen
79
Themenübersicht
27
Themenübersicht
80
Krankheitserregende Mikroorganismen und
28
Übersicht Untersuchungsergebnisse
30
Lebensmittel
30
Milch und Milchprodukte
32
Eier und Eiprodukte
33
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
34
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse
36
Fette und Öle
37
Feinkostsalate
38
Getreide, Backwaren und Teigwaren
39
Obst, Gemüse und -Erzeugnisse
41
Kräuter und Gewürze
42
Alkoholfreie Getränke
44
Wein, Erzeugnisse aus Wein
46
Alkoholische Getränke (außer Wein)
48
Eis und Desserts
48
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche, Kaffee, Tee
51
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse
52
Fertiggerichte
54
Diätetische Lebensmittel und Sportlernahrung
56
Nahrungsergänzungsmittel
58
Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)
59
Neuartige Lebensmittel (Novel Food)
60
Zusatzstoffe und Aromastoffe
62
Trinkwasser
mikrobiologische Besonderheiten
86
Mykotoxine
91
Marine und Süßwasser-Biotoxine
96
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
104
Pharmakologisch wirksame Stoffe
106
Lebensmittelallergene
110
Gentechnik in Lebensmitteln
116
Bestrahlung von Lebensmitteln
117
Radiochemische Untersuchungen
120
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten:
120
- Dioxine und dioxinähnliche PCB
124
- Schwermetalle und toxische Spurenelemente
125
Herstellungsbedingte Kontaminanten:
125
- Nitrat, Nitrit und Nitrosamine
126
- PAKs
127
- Acrylamid
128
- Furan
130
V
Stabilisotopen-Analytik
Futtermittel
132
Futtermittelüberwachung
138
Autorenverzeichnis
140
Impressum
Futtermittel
Betriebskontrollen und Vollzug
Vorspann
Spezielle Untersuchungsbereiche
Produktgruppen
Inhaltsverzeichnis
Jahresbericht 2005
2
11
27
79
131
I
II
III
IV
V
5
Inhalt :
Wo steht was?
133
6
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
Zahlen aus der Lebensmittelüberwachung
100 %
Die amtliche Lebensmittelüberwachung in BadenWürttemberg hat im Jahr 2005 insgesamt 82 630
Kontrollen in Betrieben und bei Lebensmitteltransporten durchgeführt. Dabei wurden 57 460
… aller untersuchten
von 178 837 in Baden-Württemberg registrierten
kanadischen Raps-
Betrieben (32 %) überprüft. Bei 17 106 Betrieben
honige enthielten Pollen
wurden insgesamt 26 507 Verstöße festgestellt.
von gentechnisch
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwa-
veränderten Pflanzen.
chung wurden insgesamt 64 433 Proben chemisch, physikalisch und mikrobiologisch unter-
115
sucht: 58 902 Lebensmittel (Beanstandungsquote
17 % = 10 196 Proben), 2 187 kosmetische Mittel
(Beanstandungsquote 26 % = 573 Proben), 2 980
Bedarfsgegenstände (Beanstandungsquote 32 %
= 960 Proben), 357 Tabakerzeugnisse (Beanstandungsquote 1 % = 4 Proben) und 7 sonstige Produkte, die wegen der möglichen Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln
überprüft wurden (1 Probe beanstandet).
Geeignet, die Gesundheit zu schädigen, waren
insgesamt 144 (0,2 %) Proben. Als gesundheitsschädlich wurden Proben insbesondere wegen
pathogener Keime (Salmonellen, Staphylococcus
aureus und Bacillus cereus), überhöhten Gehalten
an Histamin und wegen scharfkantiger Fremdkörper beurteilt.
78 %
… der ITX-haltigen
Verpackungen wiesen
diesen Druckfarbeninhaltsstoff auch im
Lebensmittel auf.
Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist
es, gesundheitliche Gefahren, Verunreinigungen
und Verfälschungen zu erkennen und zu beseiti-
74
gen, und hierfür das qualifizierte Personal sowie
die Analysengeräte optimal einzusetzen und auszulasten. Die Steuerung erfolgt über die risikoorientierte Betriebskontrolle und zielorientierte
Probenahme mit wechselnden Untersuchungsschwerpunkten.
Zahlen aus der Futtermittelüberwachung
912 Betriebe, in denen Futtermittel hergestellt,
gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden,
wurden kontrolliert (davon 506 tierhaltende Betriebe). Dabei wurden 1 217 Betriebsprüfungen
und 77 Buchprüfungen durchgeführt und insgesamt 1 582 Futtermittelproben gezogen, von denen 328 beanstandet wurden. Beprobt wurden
510 Einzelfuttermittel, 1 009 Mischfuttermittel,
63 Vormischungen und Zusatzstoffe.
6 000
… Bq / kg radioaktives
Cäsium wurden
20 Jahre nach
Tschernobyl bei
einem Wildschwein
nachgewiesen.
118
Zusammenfassung
Jahresbericht 2005
4,4
… Tonnen Fleisch
und Wurstwaren sowie
700 kg Wildfleisch
wurden in BadenWürttemberg im
Zusammenfassung:
Highlights und
Sorgenkinder
des Jahres 2005
Zuge des Gammelfleischskandals
vernichtet.
19
4 000 000
… Menschen waren
von der Drohung
eines Erpressers,
den Bodensee
zu vergiften,
betroffen.
63
1 000 ...
… mg / kg Morphin
in Backmohn führten
zur Vergiftung eines
Säuglings.
51
7
8
Lebensmittelüberwachung BW
Teil I: Vorspann
Beispiele aus der Futter- und Lebensmittelüberwachung
„Brunnenvergifter“ bedroht Bodensee-Wasserversorgung
Auch Wildfleisch war betroffen
Unmittelbar nach der Schnellwarnung über verdorbenes
Ein bis heute Unbekannter hat im Oktober 2005 in einem
Wildfleisch einer bayerischen Firma und dem eingeleite-
anonymen Schreiben an die Bodensee-Wasserversorgung
ten Rückruf wurde in den betroffenen Landkreisen Ba-
(BWV) gedroht, den Bodensee mit Pflanzenschutzmitteln
den-Württembergs die Fahndung nach den aufgelisteten
zu vergiften. Tatsächlich wurden am Grund des Boden-
Produkten eingeleitet. Bei 11 belieferten Betrieben waren
sees in der Nähe der Rohwasser-Entnahmestelle Sipplin-
die fraglichen Wildprodukte vorhanden; es wurden an die
gen mehrere Behältnisse mit Pflanzenschutzmittelresten
700 kg Wildfleisch aus dem Verkehr gezogen.
entdeckt.
Die BWV ist die größte Fernwasserversorgung in BadenWürttemberg und versorgt knapp vier Millionen Menschen
mit Trinkwasser. Zahlreiche Proben vom Rohwasser und
nach der Aufbereitung im Wasserwerk Sipplinger Berg
sowie aus dem Ortsnetz wurden analysiert. Das Untersuchungsspektrum erstreckte sich insbesondere auf diejenigen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die in den gefundenen
Behältnissen nachgewiesen worden waren. In allen Fällen
lagen die gemessenen Gehalte der Pflanzenschutzmittel im
aufbereiteten Trinkwasser deutlich unter den gesetzlichen
Grenzwerten von 0,0001 mg / l für einzelne Pflanzenschutzmittel und 0,000 5 mg / l für die Summe aus allen nachgewiesenen Pflanzenschutzmitteln.
„Gammelfleisch-Skandal“– die Schlagzeile des
Jahres
Im November 2005 wurden in einem Kühlhaus in Nord-
Schillerwein mit Blausäure
Mehrere Teilfüllungen eines Schillerweines, die durch einen Geruch nach Blausäure auffielen, wurden aufgrund von
Restgehalten an Cyanid von bis zu 3 mg / l beanstandet.
Die Ursache lag in einer zulässigen, aber unsachgemäß
durchgeführten Blauschönung. Diese Weinbehandlung
wird dann durchgeführt, wenn ein böckserartiger Fehlton
vermieden werden soll. Einige dieser blaugeschönten Weine wurden zudem ohne zugeteilte Amtliche Prüfnummer
als Qualitätswein in den Verkehr gebracht; sie hätten nach
dieser önologischen Behandlung erneut bei der Prüfungsbehörde angestellt werden müssen. Nachdem der Verstoß
durch die Weinkontrolle aufgedeckt wurde, hat der Erzeugerbetrieb die Öffentlichkeit über den fehlerhaften und
fälschlicherweise als „Qualitätswein“ bezeichneten Wein
informiert. Die betroffenen Chargen (ca. 42 000 l) wurden
zu Alkohol destilliert.
rhein-Westfalen verdorbenes Fleisch und Fleischerzeugnisse sichergestellt. Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich
Sonderprogramm „Eier aus Kleinstbetrieben“
heraus, dass diese Firma an einer europaweiten Vermark-
führt zu überraschenden Ergebnissen
tung von nicht verkehrsfähiger Ware beteiligt war und auch
an baden-württembergische Firmen geliefert hatte. Gezielte Betriebskontrollen waren der zweite Schritt. Erschwerend wirkte sich bei den Ermittlungen die unübersichtliche
Herstellungs- und Handelsstruktur aus: diverse Hersteller
produzieren für unterschiedlichste Handelsketten gleiche
Ware mit verschiedenen Bezeichnungen.
Umfassende Kontrollen in Kühl- und Gefrierlagern in ganz
Baden-Württemberg folgten. Bei einem Großhandel für
Fleisch, Fleischerzeugnisse und Gastronomiebedarf wurden verdorbene, überlagerte und unzureichend etikettierte
Waren vorgefunden. Außerdem wurde Ware im großen Stil
umdeklariert und das Verbrauchsdatum / MHD verändert.
Trotz eines Verbots der Überwachungsbehörde lieferte der
Händler weiterhin verdorbene Waren an Gastronomiebetriebe im benachbarten Kreis aus. Diese Dreistigkeit ging
nicht auf: Trotz der Auslieferung am Samstag war die Lebensmittelkontrolle vor Ort und erwischte den Händler „auf
frischer Tat“. Noch in der Nacht auf Sonntag wurde dem
verantwortlichen Betriebsinhaber vorläufig das Gewerbe
untersagt. Zudem wurde die Staatsanwaltschaft über die
Vorgänge informiert, welche sich noch am Sonntag ein
Bild vor Ort machte. Insgesamt wurden 4,4 t Fleisch- und
Wurstwaren entsorgt.
Bei einem umfassenden Untersuchungsprogramm ergaben sich überraschende Erkenntnisse. Bei Eiern aus Auslaufhaltung hängt die Schadstoffbelastung von der Betriebsgröße ab. Eier von „Mistkratzern“ sind überdurchschnittlich
mit Umweltkontaminanten wie DDT, PCB oder Dioxinen
belastet. In Hühnerhaltungen mit weniger als 200 Tieren
nutzen die Tiere intensiv die Auslaufflächen. Da Hühner
durch Scharren und Picken relativ viele Bodenpartikel aufnehmen, kann es bei entsprechender umweltbedingter
Schadstoffbelastung zu einer Anreicherung der fettlöslichen
Kontaminanten im Tierkörper und dann zu einer erhöhten
Belastung der Eier kommen.
Aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes
sind Maßnahmen erforderlich, um den Dioxin- und PCBEintrag zu minimieren. Die betroffenen Betriebe wurden
informiert, damit geeignete Eigenkontroll-Maßnahmen und
Abhilfemaßnahmen eingeleitet werden können. Zur Unterstützung veröffentlichten die Unteren Verwaltungsbehörden entsprechende Informationen und bieten Merkblätter,
Informationsveranstaltungen und Beratungen an.
Zusammenfassung
Druckfarbenbestandteil in Säften und Joghurt
Im September 2005 wurde in Italien bei Routineuntersuchungen der Druckfarbenbestandteil Isopropylthioxanthon
Jahresbericht 2005
Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl –
Radioaktive Belastungen nur noch bei einigen
Pilzsorten und Wildschweinfleisch
(ITX) erstmals in Babynahrung nachgewiesen. ITX lässt
Die Kontamination von heimischem Wildschweinfleisch
Druckfarben, die zum Bedrucken der Außenseite von Le-
ist immer noch deutlich messbar. In Baden-Württemberg
bensmittelverpackungen eingesetzt werden, schneller
wurden Gehalte für Gesamtcäsium von nicht nachweisbar
trocknen.
(< 0,2 Bq / kg) bis fast 6 000 Bq / kg bei einer Wildschwein-
Sehr schnell haben unsere Untersuchungen gezeigt, dass
Probe aus dem Raum Schluchsee festgestellt. Wild mit
auch noch andere Lebensmittel mit ITX belastet sind. Insge-
einem Gesamtcäsium-Gehalt von mehr als 600 Bq / kg ist
samt wurden 94 Lebensmittelproben, einschließlich deren
nach EU-Recht als nicht sicheres Lebensmittel zu bewerten
Verpackungen, auf ITX untersucht. Der Schwerpunkt lag
und darf nicht in den Handel kommen. Baden-Württemberg
dabei auf Nahrungsmitteln in Kartonverbunden, bei de-
hat deshalb 2005 ein umfangreiches 3-stufiges Überwa-
nen bekanntermaßen ITX-haltige Druckfarben verwendet
chungsprogramm installiert. Danach müssen in den als
werden. Aber auch Lebensmittel in anderen bedruckten
belastet erkannten Gebieten alle Wildschweine vor ihrer
Verpackungsmaterialen, wie z. B. Kunststoffbecher oder
Vermarktung auf Radioaktivität untersucht werden, und
Wurstverpackungen, wurden unter die Lupe genommen.
zwar in eigener Verantwortung der Jäger. Zusätzlich wird
Bei 23 von 94 untersuchten Proben (25 %) konnte in der
in den übrigen Regionen im Rahmen eines amtlichen Mo-
Verpackung ITX nachgewiesen werden. Hierbei handelte
nitoringprogramms Wildbret stichprobenartig durch die
es sich hauptsächlich um Kartonverbunde (11 Proben), aber
Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Freiburg
auch um Wursthüllen (2 Proben) und Kunststoffbecher für
und Stuttgart untersucht. Die aktuellen Messergebnisse
Molkereiprodukte (9 Proben). Zudem konnte bei 18 von 23
werden in Form von Karten und Tabellen monatlich im In-
Proben (78 %) tatsächlich ein Übergang auf das Lebensmit-
ternet veröffentlicht. Die Untersuchungen zeigen, dass
tel nachgewiesen werden.
die Strahlenexposition durch künstliche Radionuklide in
Nach jetzigem wissenschaftlichem Kenntnisstand ist noch
Lebensmitteln gering ist. Die Radioaktivität in Nahrung
unklar, welches gesundheitliche Risiko tatsächlich von den
verursacht nur etwa 10 % der gesamten Strahlenexposi-
in Lebensmitteln nachgewiesenen ITX-Gehalten ausgeht,
tion des Menschen, wobei die nahrungsbedingte Belas-
die Verpackungsindustrie wurde veranlasst, auf die Verwen-
tung fast ausschließlich von der natürlichen Radioaktivität
dung von ITX in Verpackungen zu verzichten.
hervorgerufen wird.
Cadmium in Bitterschokolade
Der Schneebesen war schuld!
33 Schokoladen, hauptsächlich Proben mit hohem Kakao-
In einem Altenpflegeheim erkrankten seit Mitte August
anteil, 6 Kakaomassen und 15 Kakaopulver wurden auf die
2005 wiederholt Bewohner an den Symptomen einer Sal-
Schwermetalle Cadmium, Kupfer und Blei untersucht.
monellenvergiftung. Über einen Zeitraum von ca. 4 Wochen
Seit dem Trend zu Bitterschokoladen rückt das Problem
waren insgesamt 30 Personen erkrankt. Bei 18 Personen
Cadmium in Schokoladen wieder stärker in den Blick-
konnten Salmonellen im Stuhl nachgewiesen werden.
punkt. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass insbesonde-
Wiederholte Untersuchungen aller Lebensmittel-Rück-
re Edelkakao (Criollo) aus südamerikanischen Gebieten
stellproben aus der Altenheimküche ergaben immer wie-
(vulkanische Böden) naturbedingt hohe Cadmiumgehalte
der den Nachweis von Salmonellen in den Quarkspeisen
aufweisen kann.
aus der „kalten Küche“. Auf der Suche nach der Ursache
Als Beurteilungsgrundlage für Cadmium in Schokoladen
wurden in der Küche die zur Herstellung der Quarkspei-
können zwar die Richtwerte der Zentralen Erfassungs- und
sen verwendeten Gerätschaften überprüft. Dabei fiel ein
Bewertungsstelle für Umweltchemikalien (ZEBS) herange-
defekter Schneebesen einer Küchenmaschine auf. In ei-
zogen werden, rechtlich verbindliche Grenzwerte gibt es
nem Hohlraum im Schaft, der durch das Entfernen eines
derzeit jedoch nicht. Für Schokoladen liegt der Richtwert
Schneebesendrahtes entstanden war, befanden sich alte
bei 0,30 mg / kg Cadmium. 8 Proben lagen zwischen 0,30
Speisereste. Von diesem Bereich wurde eine Tupferprobe
und 0,39 mg / kg, eine Probe lag mit 0,52 mg / kg Cadmium
entnommen: Es wurde Salmonella Enteritidis nachgewie-
deutlich über diesem Richtwert. Diese 9 Proben wurden lt.
sen. Offenbar waren von diesem Schneebesen, der sich
Etikett-Angaben aus südamerikanischem Edelkakao herge-
aufgrund der Beschädigung nicht mehr gründlich reinigen
stellt. Der akzeptable Wert für die tägliche Aufnahme (ADI-
ließ, immer wieder die Quarkspeisen mit Salmonellen kon-
Wert) liegt für Cadmium bei 1 ug / kg Körpergewicht / Tag.
taminiert worden.
Durch den Konsum einer Tafel Bitterschokolade (100 g) mit
einem Cadmiumgehalt von 0,5 mg / kg wird der ADI-Wert
zu 71 % ausgeschöpft.
9
10
Lebensmittelüberwachung BW
Allergenkennzeichnung – Kennzeichnung loser Ware
Seit dem 25.11.2005 sind bei der Herstellung und Etikettierung von Lebensmitteln die neuen Kennzeichnungsvorschriften für allergene Lebensmittelbestandteile anzuwenden. Die Allergenkennzeichnung gilt derzeit jedoch
noch nicht für die offene Abgabe, z. B. in der Gastronomie.
Handlungsbedarf lässt sich aus einer schwerpunktmäßig
durchgeführten Untersuchungsreihe mit Lebensmitteln aus
Bäckereien, Konditoreien und Eisdielen erkennen: Produkte, welche laut Rezeptur Erdnuss- und Haselnussbestandteile nicht enthalten sollten, wurden auf diese potenziellen
Allergene untersucht. In jeder zweiten Probe waren Haselnussverunreinigungen nachweisbar, auch Erdnuss war in
immerhin 7 von 89 Proben enthalten. So waren in einer von
11 untersuchten Eisgrundmassen (Pistazie, Haselnuss) zur
Herstellung von Speiseeis 600 mg / kg Erdnuss nachweisbar. Die Untersuchungen zeigen, dass offen abgegebene
Lebensmittel nicht immer sichere Lebensmittel für Aller-
Teil I: Vorspann
funden. In Einzelfällen traten jedoch auch Morphingehalte
bis 200 mg / kg auf. Ware mit derart überhöhten Morphingehalten wurde in Deutschland vom Markt genommen.
Kurioses
„bird’s nest drink“
Obwohl der Erfrischungsgetränkebereich nicht arm an Innovationen ist, führte das Erzeugnis „bird’s nest drink“
dennoch zu Erstaunen. Das aus Asien stammende Getränk
von zähflüssiger Konsistenz mit gallertartigen, weit gehend
geschmacksneutralen Klumpen beeindruckte die Prüfer mit
dem Zutatenverzeichnis „Wasser, Zucker, Schwalbennest“.
Da die letztere Zutat in der Europäischen Union nicht auf
dem Speisezettel der Verbraucher steht, wurde das Getränk
als nicht verkehrsfähig beurteilt.
„Wer hat das Huhn geklaut … ?“
giker darstellen.
Baden-Württembergische Rapshonige – Gentechnik
kein Thema
In den Pollen, die in den natürlichen Honigen enthalten
sind, ist die Erbinformation der Nektar liefernden Pflanze noch vorhanden. Im Jahr 2005 wurde in keinem der
untersuchten 19 baden-württembergischen Rapshonige
gentechnisch veränderte DNA nachgewiesen. Ganz anders
war die Situation bei kanadischen Honigen. Entsprechend
der dortigen Anbausituation waren in allen 6 untersuchten
Rapshonigen Pollen aus gentechnisch veränderten Pflanzen
nachweisbar, zumeist handelte es sich um Roundup Ready
In dem Lebensmittelgeschäft eines türkischen Mitbür-
Raps (GT 73). Die Anteile an gentechnisch veränderter Erb-
gers in einer ländlichen Gemeinde wurden bei einer Be-
substanz im gesamten Raps-Pollen betrugen durchweg
triebskontrolle gravierende und außergewöhnliche Mängel
über 10 %. Eine Kennzeichnung ist laut einer Aussage des
festgestellt. Unglaublich aber wahr: in einem Verkaufsregal
EU-Lebensmittelausschusses auch bei diesen Honigen al-
stand eine Plastikschüssel mit einem Strohlager, auf dem
lerdings derzeit nicht erforderlich.
offensichtlich ein Huhn sein Ei und einiges mehr … hinterlassen hatte. Ungeklärt blieb die Frage: Wo ist das Huhn
Mohn – Drogen aus dem Supermarkt?
Mohnsaat oder auch Backmohn kann gewinnungsbedingt
gewisse Mengen an Alkaloiden wie Morphin und Codein
(Opiate) als natürliche Begleitstoffe enthalten. Hohe Gehalte an Morphin in Mohn sind generell unerwünscht, da auch
mit nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch von Mohnsaat,
erhöhtem Verzehr oder weniger häufigen Verzehrsarten zu
rechnen ist. Ein Beispiel hierfür ist die Verabreichung von
Mohnmilch als Schlafmittel an einen Säugling, was Anfang
2005 zu einem Vergiftungsfall führte. Der hier verwendete Mohn enthielt 1 000 mg Morphin / kg. Als weiteres Beispiel ist folgende Beschwerdeprobe: Eine Verbraucherin
hatte 80 g Mohn gemahlen über ein Nudelgericht gestreut
verzehrt und nachfolgend über Übelkeit geklagt. Untersuchungen ergaben, dass der verzehrte Mohn 230 mg Morphin / kg enthielt. In üblichen Handelsproben wurden bei
den Untersuchungen 2005 deutlich niedrigere Gehalte ge-
geblieben?
Jahresbericht 2005
11
Teil II:
Betriebskontrollen
und Vollzug
der Lebensmittelüberwachung
Themen:
Betriebskontrollen und Vollzug
12
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG
13
Lebensmittelüberwachung – grenzenlos
25
Lebensmittelüberwachung BW
12
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Betriebskontrollen und Vollzug der
Lebensmittelüberwachung
Seit dem 1. Januar 2005 sind mit der Umsetzung der Verwaltungsreform die behördlichen Aufgaben der
Lebensmittelüberwachung in einem Verwaltungsstrang zusammengefasst. Die Auflösung des Wirtschaftskontrolldienstes bei der Polizei und die Übertragung der Aufgaben der Lebensmittelkontrolle auf die Landratsämter bzw. Bürgermeisterämter der Stadtkreise wurde in den Medien aber auch durch die Politik heftig und
teilweise kontrovers diskutiert. Die Zusammenführung der Verantwortung sichert ein integriertes Verwaltungshandeln und entspricht den Vorgaben der EU. Für den Verbraucher und das Gewerbe gibt es nunmehr vor Ort
nur noch eine Anlaufstelle für diese Aufgabe. Die 44 unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden sind als
zuständige Behörden im Land Baden-Württemberg überall dort tätig, wo Lebensmittel hergestellt, bearbeitet
oder in Verkehr gebracht werden. Die Überwachung erfolgt durch die Lebensmittelkontrolleure und Amtstierärzte der Stadt- und Landkreise, die in besonderen Fällen durch Sachverständige der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter des Landes unterstützt werden.
Zahl der Betriebe
landwirt-
Hersteller
Großhändler
schaftliche
und
Erzeuger
Abpacker
Dienst-
handwerkliche Gesamt
und
leistungs-
Hersteller
Transporteure
betriebe
und Direkt-
Einzelhändler
(Urproduktion)
vermarkter
kontrollierte Betriebe
1 311
1 037
1 018
18 162
30 660
5 272
57 460
Kontrollbesuche
1 609
3 639
2 652
25 686
40 267
8 777
82 630
214
404
316
3 914
10 351
1 907
17 106
30 640
2 553
3 168
49 822
77 778
14 876
178 837
Betriebe mit Verstößen
Betriebe
Tabelle:
Die unteren Verwaltungsbehörden repräsentieren in ih-
Die Aufgaben der Lebensmittelüberwachungsbehörden
Anzahl der
rem Aufgabenspektrum in besonderen Maße das Über-
beginnen bereits im Vorfeld des eigentlichen Umgangs
Betriebskon-
wachungsmotto der europäischen Gemeinschaft „From
mit den Waren als so genannter „präventiver Verbraucher-
trollen (gemäß
the stable to the table“. Der Bogen der Überwachungs-
schutz“. Hierzu zählen Beratungs- und Informationstätig-
Artikel 14 Abs. 2
tätigkeiten reicht von der Urproduktion in den landwirt-
keiten bei Neu- oder Umbaumaßnahmen von Lebensmit-
der Richtlinie
schaftlichen Betrieben, z. B. der Milchgewinnung, über
telbetrieben sowie Informations- und Aufklärungsarbeiten
89 / 397 / EWG)
das Sammeln und die Verarbeitung in der Molkerei, den
in Form von Broschüren, Vorträgen und Schulungen, Pres-
Vertrieb in Groß- oder Einzelhandel bis zur Abgabe an den
semitteilungen für Verbraucher und Gewerbetreibende,
Verbraucher. Die Überprüfungen erstrecken sich auf die ge-
Interviews und die Beteiligung an Informationssendungen
samte Palette der Lebensmittelbetriebe. Dazu gehören u. a.
in Funk und Fernsehen.
Groß- bzw. Wochenmärkte, Gaststätten, Imbisseinrichtun-
Diese vorbeugende Beratung ist von großer praktischer
gen, Lebensmittelstände auf Straßen- sowie Vereinsfesten,
Bedeutung bei der Anwendung des Lebensmittelrechts.
Küchen in Schulen und Heimen. Aber auch Lebensmittel
Z. B. steht im Zuge des starken Trends zur Ganztagesschule
„auf der Straße“ bleiben nicht außen vor. Gezielt werden
und des damit verbundenen erweiterten Betreuungsange-
Lebensmitteltransporte in das routinemäßige Kontrollpro-
bots an Schulen immer wieder die Verpflegung der Schüler
gramm einbezogen. Hinweise von Verbrauchern führen zu
als zentrale Frage im Raum. Für welchen Weg sich eine
gezielten Kontrollen in Betrieben. Die Überwachung zahlrei-
Schule entscheidet, ist oft mit erheblichem Beratungsauf-
cher Warenrückrufe im Zusammenhang mit EU-Schnellwar-
wand verbunden, da umfangreiche Rechtsvorgaben berück-
nungen oder nach amtlichen Beanstandungen band viele
sichtigt werden müssen. Häufig werden die Betroffenen,
Überwachungskapazitäten. Die in solchen Fällen erforder-
wie Schulleiter, Lehrer oder Eltern, zum ersten Mal mit die-
lichen Schritte werden unverzüglich eingeleitet, der Erfolg
sen Fragestellungen konfrontiert. Konzepte und Planungen
der Maßnahmen überprüft. Sie betrafen beispielsweise
von schuleigenen Küchen mit geschultem Personal bis hin
Olivenöl, welches Weichmacher enthielt, oder Haselnüsse
zu einfachsten Lösungen mit reiner Ausgabe durch Cate-
mit erhöhtem Gehalt an dem Schimmelpilzgift Aflatoxin.
ring–Firmen wurden betreut. Ein nicht unproblematisches
Besonders gezieltes und rasches Handeln ist vor allem
Feld stellt die in Fragen der Verantwortlichkeit bedenkliche
bei gesundheitlichen Gefahren für den Verbraucher gefor-
Mithilfe von Eltern und auch den Schulkindern selbst dar.
dert, z. B. wenn Quellwasser mit krank machenden Keimen
Die Klärung der Verantwortungsfrage muss immer der ers-
kontaminiert ist.
te Schritt bei der Erarbeitung derartiger Konzepte sein.
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG / LFBG
Jahresbericht 2005
13
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG / LFGB
Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwachung in den einzelnen Betrieben leiten sich von der Risikobewertung ab. Jeder Betrieb wird vom Kontrollpersonal
der unteren Verwaltungsbehörden auf der Basis aktueller
Erkenntnisse einer Bewertung der Risiken, die von dem
Betrieb für den Verbraucher ausgehen können, unterzogen. Danach erfolgt die Zuweisung einer entsprechenden
Kategorie. Aus dieser Einstufung folgern Kontrollintervalle, die zwischen arbeitstäglich und 36 Monaten variieren
können.
Nach derzeitiger Einteilung sollten knapp über 40 % der
vorhandenen Betriebe im Jahr inspiziert werden, um die
Kontrollvorgaben einzuhalten.
landwirt-
Hersteller
Großhändler
(Mehrfachnennungen
schaftliche
und
möglich)
Erzeuger
Abpacker
Art der Verstöße
Dienst-
handwerkliche Gesamt
und
leistungs-
Hersteller
Transporteure
betriebe
und Direkt-
Einzelhändler
(Urproduktion)
Hygiene (HACCP, Ausbildung)
vermarkter
27
104
43
737
2 116
564
3 591
Hygiene allgemein
177
107
123
3 044
9 549
1 595
14 595
Zusammensetzung
8
29
59
173
87
72
428
Kennzeichnung, Aufmachung
38
80
85
1 329
3 543
518
5 593
Andere
25
42
70
519
1 398
246
2 300
(nicht mikrobiologisch)
An den Betriebskontrollen, die in der Regel von Lebens-
In Zahlen ausgedrückt ergaben sich aus den o. g. Tätigkeiten
Tabelle:
mittelkontrolleuren durchgeführt wurden, waren je nach
im Jahr 2005 insgesamt
Art der festge-
Betriebsart und aktueller Situation die Amtstierärzte der
unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden beteiligt.
Regelmäßig sind Sachverständige der Chemischen und
Veterinäruntersuchungsämter sowie Ärzte der Gesundheitsämter an den Kontrollen beteiligt. Hier handelt es
sich insbesondere um Kontrollen besonders großer oder
• 820 Strafverfahren (mit Geldstrafen bis zu 9 100 1) und
• 3 145 Ordnungswidrigkeitsverfahren, die zu über
2 000 Bußgeldbescheiden (mit Bußgeldern bis zu
15 000 1) führten, sowie
• 5 310 Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld.
risikoreicher Betriebe wie z. B. Molkereien, Großküchen in
Mehr als 350 Betriebe mussten aufgrund der dort herr-
Krankenhäusern oder Pflegeheimen.
schenden unhygienischen Umstände zum Schutz der Ver-
Insgesamt fanden 82 630 Kontrollbesuche statt, bei denen 57 460 der insgesamt 178 837 in Baden-Württemberg
erfassten Betriebe ein- oder mehrmals überprüft wurden.
braucher sofort geschlossen werden oder wurden durch
den verantwortlichen Betreiber vorübergehend „wegen
Krankheit“ freiwillig geschlossen.
In 17 106 Betrieben wurden Verstöße festgestellt, die Zahl
Die nachfolgenden Fallbeispiele vermitteln einen Einblick
der Beanstandungen betrug 26 507.
in die Arbeit der baden-württembergischen Lebensmittel-
Führen Kontrollen zu Beanstandungen, die nicht sofort oder
freiwillig durch den Betreiber abgestellt werden, sorgen die
verantwortlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden mit
ihren verwaltungsrechtlichen Mitteln in Form von Anordnungen oder anderen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr
– im Berichtsjahr in 19 946 Fällen – dafür, dass rechtskonforme Zustände wiederhergestellt werden. Dies ist oftmals verbunden mit der Einleitung von Maßnahmen zur
Ahndung der Verstöße. Bei Verdacht auf eine Straftat wird
der Fall an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die über
das weitere Vorgehen (Einleitung eines Strafverfahrens)
entscheidet.
und Fleischhygieneüberwachung. Diese Beispiele stellen
allerdings – zum Teil drastische – Einzelfälle dar, die nicht
repräsentativ für die jeweilige Branche sind und keine
Rückschlüsse auf die Lebensmittelunternehmen in BadenWürttemberg insgesamt erlauben.
stellten Verstöße
bei Betriebskontrollen (gemäß
Artikel 14 Abs. 2
der Richtlinie
89 / 397 / EWG)
14
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Ein Blick über die Schulter der Lebensmittelkontrolle
Dieses Beispiel beschreibt den Kontrollgang durch einen etwas „außergewöhnlichen Betrieb“:
1
2
3
Die Kontrollpersonen der Lebensmit-
Beim Betreten der Räumlichkeiten
… und ein Blick in die sanitäre Anlage
telüberwachung ahnen schon bei ihrer
zeigen sich gravierende Instandhal-
des Personals macht deutlich, dass
Ankunft Unheilvolles …!
tungsmängel …
das Verständnis für Personalhygiene
einer Schulung des Verantwortlichen
bedarf.
7
8
9
Ein Ort, der gerne bei den Reinigungs-
Gerätschaften für den Umgang mit
Die Kontrollpersonen vermissen die
arbeiten vergessen wird, ist die Eis-
Lebensmitteln, so genannte Bedarfs-
Tiefkühltruhe und werden auf Nachfra-
maschine.
gegenstände, müssen „lebensmittel-
ge auf den Hinterhof geführt …
echt“ sein und sollten nicht aus dem
Baumarkt stammen.
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG / LFBG
4
Jahresbericht 2005
5
6
Nach der Betätigung dieses Licht-
Die Betriebskontrolle wird in der Kü-
Getrocknete Schweineschwarten
schalters ist eine ausgiebige Hand-
che fortgesetzt. Auf den ersten Blick
mögen in bestimmten Regionen eine
wäsche Pflicht, bevor es zurück in die
sticht die unglaubliche Personalhygie-
Delikatesse sein, jedoch wirken diese
Küche geht.
ne ins Auge …
„Leckereien“, die an einem schmuddeligen Wandhaken kleben, auf den
Lebensmittelkontrolleur äußerst Ekel
erregend.
In solchen Fällen werden von den Lebensmittelkontrolleuren Entnahmeberichte gefertigt bzw. Probenformulare ausgefüllt, um den Untersuchern
am zuständigen Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) eine
zielgerichtete Untersuchung zu ermöglichen.
10
Unzureichend oder nicht geschulten Personen fehlt in
der Regel das nötige Grundverständnis, besonders
Die mit der Hand geformten Hack-
im Umgang mit leicht verderblichen Lebensmit-
fleischspieße weisen eine Temperatur
teln. Fachwissen ist auch Grundvoraussetzung
von 19,7 ° C anstatt von 4 ° C auf. In
für die mittlerweile vorgeschriebene betriebli-
diesem Fall wäre es nicht verwunder-
che Eigenkontrolle.
lich, wenn ein Gast nach dem Verzehr
enorme gesundheitliche Schwierigkeiten bekommen würde.
Aufgrund der Tatsache, dass es für Gastwirte
nicht zwingend vorgeschrieben ist, eine Berufsausbildung mit entsprechender Prüfung,
z. B. in Form eines Gesellenbriefes, zu absol-
Lebensmittel, die nicht ordnungsgemäß
vieren, tummeln sich auf diesem Feld allerlei
behandelt wurden bzw. eine Gesundheits-
fachunkundige Personen.
gefährdung vermuten lassen, werden vor
den Augen des Lebensmittelkontrolleurs
unbrauchbar gemacht. Außerdem erfolgt
bei Betriebsüberprüfungen eine Entnahme von Verdachtsproben der vorhandenen
Lebensmittel, insbesondere wenn Erkran-
Somit sind ausreichende Informationen an die Verantwortlichen in den Lebensmittelbetrieben die Basis dafür, dass
Mängel dauerhaft abgestellt werden. Diese gestalten sich manches Mal sehr
schwierig, erklären sich doch Defizite im Betriebsmanagement nicht zuletzt
durch sprachliche Probleme.
kungsfälle bekannt geworden sind oder
Das Ende der Kontrolle ist bei solch extremen Betriebsverhältnissen die
Verbraucherbeschwerden vorliegen.
zumindest vorübergehende Schließung der Gaststätte.
15
16
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Landwirtschaftliche Erzeuger (Urproduktion)
Malachitgrün in Fischen
Im Rahmen der Routine-Beprobung
nach dem Nationalen Rückstandskontrollplan (NRKP) wurden im Frühjahr
2005 aus einer größeren Forellenzuchtanlage Fische entnommen und
zum Chemischen Veterinäruntersuchungsamt Freiburg zur Untersuchung
gebracht. In den Proben wurde Malachitgrün nachgewiesen. Malachitgrün
ist eine chemische Substanz, welche
zur Desinfektion von Fischeiern bis
Dezember 2004 verwendet werden
durfte, seitdem aber zur Anwendung
bei Lebensmittel liefernden Tieren verboten ist. Malachitgrün steht im Verdacht, Erbgutveränderungen zu verursachen und krebserregend zu sein. Bei
Ausschluss von der Milchlieferung
Schwarze Hände
Wirklich kein schönes Bild bot der Le-
Bei einer weiteren Kontrolle eines
bensmittelüberwachung der Anblick
Milcherzeugerbetriebes fiel auf, dass
einer so genannten „Milchkammer“
im Melkstand alle Schalter, alle Griffe
unter freiem Himmel. Ein Milchviehbe-
und das Melkzeug äußerlich extrem
trieb eines allein stehenden Mannes
kotverkrustet waren. Zur Begründung
war komplett entgleist. Nach starkem
brachte der Landwirt vor, dass in sei-
und länger anhaltendem Regen war
nem Kaltstall alle Wasserleitungen ein-
die Güllegrube übergelaufen, wodurch
gefroren seien. Er könne sich schon
die in unmittelbarer Nähe befindliche
seit Wochen die Hände nicht mehr
Freiluftmilchkammer in Mitleiden-
waschen.
schaft gezogen wurde. Die Räumlich-
„Sehen Sie sich die Schrunden an
keiten der hofeigenen Schnapsbren-
meinen Händen nur mal an!“
nerei dienten zur Aufbewahrung ei-
Das Wort „Schrunden“ bezeichnet
nes Teils des Melkgeschirrs. Dieser
umgangssprachlich tiefe, oft bluten-
Raum war flächendeckend schwarz
de Einrisse an den Fingern.
verschimmelt und stellte somit kei-
Es wurde angeordnet, dass er vor-
nen Raum für die Aufbewahrung von
übergehend Einmalhandschuhe zu
Gerätschaften dar, die der Lebensmit-
tragen habe und seinen Melkstand
telgewinnung dienen. Der Milchkühler
so heizen bzw. ausrüsten müsse,
und der Milchtank befanden sich im
dass Wasser für die Reinigung der
Freien. Sie wiesen alte Schmutzkrus-
Geräte und zum Waschen der Hände
ten und -beläge auf. Die Stellfläche
jederzeit zur Verfügung steht. Für den
des Milchtanks war ein einziger Gül-
Fall der Nichterfüllung dieser Auflagen
lesee. Dem Landwirt wurde wegen
wurde ein Zwangsgeld angedroht. Bei
den angetroffenen Hygienemissstän-
der Nachkontrolle führte der Land-
de bis auf weiteres die Milchabgabe
wirt stolz seinen blitzblank geputzten
verboten. Inzwischen hat der Betroffe-
Melkstand und die saubere Milchkam-
ne eine angemessene Milchkammer
mer vor.
eingerichtet und ist wieder für die
Milchlieferung freigegeben.
der Nachbeprobung des Fischzuchtbetriebes wiesen 21 von insgesamt
93 gezogenen Proben Spuren der
verbotenen Substanz auf. Malachitgrün wurde dabei in mehreren Fischteichen der Anlage gefunden. Bereits
verkaufte Fische und Fischerzeugnisse wurden vom verantwortlichen
Teichwirt zurückgerufen. Es mussten
insgesamt 1 620 kg Fischerzeugnisse
entsorgt werden. Die Fische in den
betroffenen Teichen wurden in zwei
größeren Aktionen unschädlich beseitigt. Bei der ersten Aktion mussten 18 650 kg schlachtreife Speiseforellen getötet und über die Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt werden,
beim zweiten Mal waren es 9 440 kg
Speiseforellen. Nach Abschluss der
Maßnahmen konnte der Betrieb die
Produktion wieder aufnehmen. Der
Betriebsinhaber muss sich jedoch
im Strafprozess verantworten. Siehe
auch Kapitel Pharmakologisch wirksame Stoffe.
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG / LFBG
Jahresbericht 2005
Hersteller
Käserei – Fehlchargen bei der
Weinherstellung – Betrug mit
Käseherstellung wurden
falschen amtlichen Wein-Prüf-
„vor dem Schmelztopf gerettet“
nummern
Fehlchargen bei der Käseherstellung
Weine eines Weingutes in Baden-
dürfen nicht automatisch der Weiter-
Württemberg wurden amtlich un-
verarbeitung in der Schmelzkäserei zu-
tersucht und beanstandet. Die Er-
geführt werden, da bei bestimmten
zeugnisse waren mit irreführenden
Veränderungen eine nachteilige Beein-
Bezeichnungen ohne Zuteilung einer
amtlichen Prüfungsnummer als Qua-
flussung der Endprodukte nicht ausgeschlossen ist. Käse, deren Oberfläche flächendeckend und bis durch die
Rinde hindurch mit Fremdschimmel
durchsetzt sind, gehören nicht mehr
in die Lebensmittelverarbeitung und
dürfen auch nach etwaiger Behandlung nicht als Ausgangsmaterialien für
die Schmelzkäseherstellung dienen. In
drei Fällen wurden größere Mengen
Käse, welcher zur weiteren Verarbeitung vorgesehen war, beschlagnahmt
und auf behördliche Anordnung einer
unschädlichen Beseitigung zugeführt.
„In so manchem Mühlenbetrieb
wird allerlei geboten“
Brauerei – Allerlei Tierexkremente
Eine Privatbrauerei als unrühmliche
und seltene Ausnahme in der Mitte
von sehr ordentlichen Brauereien,
zwang die Überwachung einzugreifen.
Der Besitzer erwies sich zwar als ein
viel beschäftigter, jedoch offensichtlich überforderter Brauer. Die Kontrolleure trafen in der Anlage hygienisch
unhaltbare Zustände an. Neben einer
massiven Verschmutzung sämtlicher
Betriebsräume und Gerätschaften gipfelten die Missstände in den Funden
von allerlei Tierexkrementen von Vögeln, Mäusen und Katzen sowie im
litätsweine und Qualitätsweine mit
Prädikat in Verkehr gebracht worden.
Nach Absprache mit dem zuständigen
Weinkontrolleur wurde ein Verkaufsverbot für die Gesamtheit der Weinerzeugnisse des Jahrganges 2004 ausgesprochen, da die Beanstandungen
18 Weinproben dieses Jahrganges
betrafen. Gleichzeitig wurde Anzeige
wegen Verdachts einer Straftat nach
dem Weingesetz gegen den Verantwortlichen des Weingutes erstattet.
Siehe auch Kapitel Wein.
Hersteller alkoholfreier Getränke
Auffinden toter Mäuse. Besonders un-
„Schlechte Ausgangsware – schlech-
In Mühlen muss aufgrund ihrer bauli-
appetitliche Zustände herrschten im
tes Endprodukt“: Ein regionaler Apfel-
chen Gegebenheiten und des reichhal-
Malzlager. Der gesamte Bereich war
safthersteller zeigte sich zu sparsam
tigen Nahrungsangebotes besonders
mit Staub, Spinnweben, toten Käfern
bei der Auslese und dem Verwerfen
häufig mit Schädlingsbefall gerechnet
stark verschmutzt Die dort gelager-
von angeschimmelten Äpfeln. Auf-
werden. Deshalb sind dort umfangrei-
ten oben offenen Malzsäcke waren
merksam wurde die Überwachung
che Vorsorgemaßnahmen, z. B. das
äußerlich stark verschmutzt. Teilwei-
durch den Befund eines auffälligen
Verschließen von Schlupflöchern so-
se fand sich der Schmutz auch in den
Patulingehalts im Apfelsaft. Da als Ur-
wie gegebenenfalls fachmännische
offenen Säcken direkt auf dem Malz.
sache die Verwendung von verschim-
Bekämpfungsaktionen erforderlich.
Auf dem Dachboden lagerte Weizen
melter Ausgangsware angenommen
Lebensmittel dürfen durch Schäd-
und im ehemaligen Darreraum Gers-
wurde, war eine Betriebskontrolle not-
lingsbekämpfungsmittel nicht nach-
tenmalz. Hier waren Trittspuren von
wendig. Es stellte sich heraus, dass
teilig beeinflusst werden. In einem
Tieren sowie große Mengen Katzen-
zur Auslese von verschimmelten Äp-
Mühlenbetrieb wurden diese Grund-
und Vogelkot sichtbar. Entsprechend
feln eine Maschine verwendet wurde,
sätze nur sehr eingeschränkt beach-
„streng“ war der Geruch in diesem
die unzureichend funktionierte. Damit
tet. Im gesamten Gebäude befand
Bereich. Obwohl der Weizen und das
dies zukünftig nicht mehr vorkommt,
sich Mäusekot, an mehreren Stellen
Gerstenmalz nach Aussage des Be-
lässt die Firma nun ihren Apfelsaft vor
lagen tote Mäuse, Isoliermaterial wies
triebsinhabers nicht zur Herstellung
der Abfüllung sowohl betriebsintern
Fraßspuren auf. Die Bekämpfung der
von Lebensmitteln sondern als Vieh-
als auch extern untersuchen.
Nager wurde trotz einer vor Jahren er-
futter bestimmt waren, sind derartige
folgten Belehrung des Betriebsinha-
extrem Ekel erregende Zustände in ei-
bers unsachgemäß durch Auslegen
nem Lebensmittelbetrieb nicht duld-
von mit Haferflocken gemischtem
bar. Dem Verantwortlichen wurden
Mäusegift versucht. Dabei stand ein
von der Lebensmittelüberwachungs-
Sack Bio-Roggen direkt neben dieser
behörde entsprechende Anordnungen
Giftmischung. Der Fund eines toten
zur Abstellung der Mängel erteilt.
Vogels zeigte, dass Vögel zumindest
zeitweise ungehindert in das Gebäude
eindringen konnten.
17
18
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Nachweis gentechnisch veränderter (GVO) Lebensmittel meist nur im
Die neue Allergenkennzeichnung:
Herstellerbetrieb des Rohstoffes möglich!
Zutat oder Kreuzkontamination?
Gentechnisch veränderte Organismen
pflichtig ist. Auch waren die Eingriffs-
und daraus hergestellte Produkte
werte im Eigenkontrollkonzept des
Allergene erfasst lediglich rezep-
müssen von ihrer ersten Vermarktung
Betreibers als Ausschlusskriterium für
turbedingte Allergene – also solche
an auf allen Stufen der Lieferkette bis
die Annahme der Ware teilweise zu
Allergene, die über Zutaten in das
zum Endverbraucher gekennzeichnet
hoch angesetzt. Wenn solche Werte
Lebensmittel gelangt sind. Viele so
werden. Die Überprüfung, ob diese
der Höhe des Kennzeichnungsgrenz-
genannte „Minorkomponenten“ ge-
Vorschrift eingehalten wird, ist oft mit
wertes von 0,9 % entsprechen, ist die
hören jetzt zwar dazu – beispielsweise
erheblichem Aufwand verbunden.
Wahrscheinlichkeit, dass in einzelnen
Trägerstoffe für Farbstoffe oder Aro-
Chargen des Erzeugnisses tatsächlich
men – dennoch werden auch wei-
Anteile von über 0,9 % enthalten sind,
terhin nicht alle allergenen Lebens-
sehr hoch. Außerdem können auch
mittelbestandteile zu kennzeichnen
Anteile unter 0,9 % eine Kennzeich-
sein: Gelangen etwa Spuren von Ha-
nung auslösen, sofern nicht gezeigt
selnüssen durch Kreuzkontamination
werden kann, dass diese „zufällig“
bei der Lebensmittelherstellung in ein
bzw. „technisch unvermeidbar“ sind.
Produkt, muss dies nicht zwangsläufig
Bei vielen wichtigen Lebensmittelzutaten wie Rapsöl, Glucosesirup oder
Sojawürze, teilweise auch Maisstärken und Sojalecithinen, lässt sich
analytisch nicht mehr feststellen, ob
gentechnisch veränderte (gv) Rohstoffe wie beispielsweise Rapssamen,
Maiskörner und Sojabohnen verarbei-
Im Weiteren wurden bei großen baden-
tet worden sind. Hier kann nur eine
württembergischen Lebensmittelher-
detaillierte Rückverfolgung über den
stellern umfangreiche Dokumenten-
Lieferanten zum Rohstoff Aufschluss
prüfungen durchgeführt. Dazu wurden
bringen. Am aussagekräftigsten sind
aktuell verarbeitete Chargen wichtiger
Untersuchungsergebnisse, die bei
Lebensmittelzutaten ausgewählt und
repräsentativ beprobten Rohstoffen
die verfügbare Dokumentation bewer-
beispielsweise beim Stärke-, Speise-
tet. Die vor Ort angetroffenen Unterla-
öl- oder Lecithinproduzenten ermittelt
gen und Daten waren häufig nur we-
wurden und sich auf die verwendete
nig aussagekräftig. Allerdings konnten
Charge des damit hergestellten Pro-
die Betriebe später zumeist mit der
duktes beziehen. So wurden im Jahr
Unterstützung ihrer Lieferanten und
2005 wichtige Lebensmittelhersteller,
Vorlieferanten eine rückverfolgbare
die große Mengen relevanter Zutaten
Dokumentation zusammenstellen.
aus Soja, Mais oder Raps verarbeiten,
Dieses Verfahren zur Überprüfung der
vor Ort überprüft.
Einhaltung der Kennzeichnungspflicht
Da derzeit die meisten überprüften Betriebe ausschließlich nicht kennzeichnungspflichtige Produkte verarbeiten
und vermarkten, lag der Schwerpunkt
in der Überprüfung des Eigenkon-
bei analytisch nicht überprüfbaren Zutaten ist für alle Beteiligten mit hohem
Aufwand verbunden und kann daher
auch künftig nur stichprobenartig eingesetzt werden.
Die neue Kennzeichnungspflicht für
aufs Etikett. Solche Kreuzkontaminationen oder „cross contacts“ können
durch Verunreinigung der Rohwaren
im Verarbeitungs- oder bereits im Herstellerbetrieb entstehen und sind nicht
kennzeichnungspflichtig, sollten aber
möglichst reduziert werden. Eigenkontrollmaßnahmen der Hersteller bezüglich Wareneingang, Reinigung von
Anlagen einschließlich Rohrleitungen
etc., Trennung von allergenhaltiger und
allergenfreier Produktion sowie die
analytische Kontrolle müssen hierbei
im jeweils konkreten Einzelfall überprüft werden. Bei positiven Befunden
für ein in den Kennzeichnungsregelungen gelistetes Lebensmittelallergen
wird deshalb zunächst vor Ort geklärt,
ob es sich hier um eine solche Kontamination handelt und welche Maßnahmen möglich sind.
Im Rahmen der Lebensmittelüber-
trollkonzeptes des Betriebes zur Ver-
Priorität sollte nach wie vor die Über-
wachung wurden bei Betriebsüber-
meidung des Eintrags gentechnisch
wachung anhand von Analysen haben,
prüfungen die jeweiligen Eigenkon-
veränderter (gv) Lebensmittel. Wo ei-
diese muss dann bei dem Hersteller
trollmaßnahmen bezüglich Allergenen
ne analytische Kontrolle möglich war,
der Lebensmittelzutat wie beispiels-
überprüft. Hierzu zählte die betriebs-
konnten zumeist aktuelle Untersu-
weise bei Lecithinherstellern, Stärke-
spezifische Ermittlung, durch welche
chungsergebnisse vorgelegt werden.
verarbeitungsbetrieben oder in Öl-
Allergene das Risiko eines „cross con-
Häufig reichte es aus, wenn die Un-
mühlen erfolgen.
tacts“ besteht, an welchen Punkten
tersuchungen durch den Lieferanten
der Produktion Minimierungs- oder
oder Vorlieferanten durchgeführt wor-
Vermeidungsmöglichkeiten vorhan-
den waren und ein Chargenbezug auf
den sind, welche internen Kontroll-
dem Untersuchungsbericht erkennbar
möglichkeiten bestehen und wie groß
war. Verbesserungsbedarf gab es bei
das Risiko einer Kontamination durch
nicht mehr aktuellen Lieferanten-Zerti-
Allergene für die jeweiligen Produkte
fikaten, die bescheinigen sollten, dass
eingestuft wird.
das Erzeugnis nicht kennzeichnungs-
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG / LFBG
Jahresbericht 2005
„Unbedenkliche Kosmetika?“
Im Zusammenhang mit der Untersu-
Hersteller wurde wegen fehlender
chung von Kosmetikartikeln wurden in
Verkehrsfähigkeit ein Verkaufsverbot
zwei Produkten ein Nitrosamin festge-
der beiden Produkte erwirkt und ein
stellt, das in der Kosmetik-Verordnung
Verfahren bei der Staatsanwaltschaft
als verbotener Stoff aufgeführt ist und
eingeleitet. Siehe auch Kapitel Kosme-
durch Veränderungen der menschli-
tische Mittel.
chen Erbsubstanz Tumore verursachen
kann. Gegenüber dem betroffenen
Lebensmittelgroßhändler
„Gammelfleisch-Skandal“
Es war die Schlagzeile des Jahres. Im Zuge des so genannten „Gammel-
sem Betrieb wurden u. a. verdorbene,
fleischskandals“ wurde das Vertrauen des Verbrauchers durch die Prak-
überlagerte und unzureichend etiket-
tiken skrupelloser Händler schwer erschüttert und dem Ansehen einer
tierte Waren vorgefunden. Außerdem
ganzen Branche erheblich geschadet.
wurde bei dieser Betriebskontrolle
entdeckt, dass Ware im großen Stil
Im November 2005 wurden z. B. in einem Kühlhaus in Nord-
umdeklariert (Verbrauchsdatum / MHD verändert) wurde.
rhein-Westfalen Fleisch und Fleischerzeugnisse sicherge-
Die besondere Dreistigkeit des Unternehmens wurde darin
stellt, die nicht mehr verkehrsfähig waren. Im Rahmen der
gesehen, dass entgegen entsprechender Anordnung der
Ermittlungen wurden Unterlagen sichergestellt, die darauf
zuständigen Überwachungsbehörde, der Händler weiter-
hinwiesen, dass diese Firma an einer europaweiten Ver-
hin teilweise verdorbene Waren an Gastronomiebetriebe
marktung von nicht verkehrsfähiger Ware beteiligt war.
im benachbarten Kreis auslieferte. Wohl um der Überwa-
Anhand einer Überprüfung von Lieferscheinen konnte nach-
chung zu entgehen, geschah dies am Samstagnachmittag.
vollzogen werden, welche Firmen in Baden-Württemberg
Allerdings konnte er nicht damit rechnen, dass dort die
beliefert wurden. Mittels des so genannten Schnellwarn-
Kontrolleure zu diesem Zeitpunkt wegen der besonderen
systems erhielten die zuständigen Behörden hierzu die not-
Brisanz der Angelegenheit in den Gaststätten nach Material
wendigen Informationen. Die belieferten Firmen wurden
dieses Lieferbetriebes suchten. Dabei konnte das Liefer-
von den Lebensmittelkontrolleuren zusammen mit den Tier-
fahrzeug des Händlers aufgebracht und der Inhalt noch am
ärzten der Veterinärämter gezielt überprüft. Die Kontrolleure
selben Tag einer ersten Untersuchung unterzogen werden.
hatten die verschiedensten Firmenstrukturen zu durchleuch-
Diese erste Überprüfung ergab, dass Teile der zur Auslie-
ten. Hersteller produzieren für die verschiedenen Abneh-
ferung vorgesehenen Fleischzuschnitte bereits verdorben
mer unter verschiedenen Bezeichnungen und Aufmachun-
waren. Über den Befund wurde die zuständige Lebensmit-
gen der Produkte. Spezialitäten werden von praktisch ano-
telüberwachungs- und die zuständige Gewerbebehörde
nymen Unternehmen im Auftrag bekannter Handelsfirmen
unterrichtet. Noch in der Nacht auf Sonntag wurde dem
hergestellt und über diese in Verkehr gebracht. Nur durch
verantwortlichen Betriebsinhaber vorläufig das Gewerbe
aufwändige und intensive Ermittlungen vor Ort konnten
untersagt. Zudem wurde die Staatsanwaltschaft über die
die gesamten Produktpaletten der betroffenen Hersteller-
Vorgänge informiert. Der Leiter der zuständigen Staatsan-
betriebe erfasst und die Daten an die Lebensmittelüberwa-
waltschaft machte sich noch am Sonntag selbst ein Bild
chungsbehörden bundesweit mitgeteilt werden. Allein auf
vor Ort. Insgesamt wurden 4,4 t Fleisch- und Wurstwaren
der Basis dieser Warenkataloge konnten die Kontrolleure
der Entsorgung zugeführt.
flächendeckend und gezielt nach Produkten eines bestimmten Herstellers fahnden. Im Bedarfsfall wurden nötige Maßnahmen, wie beispielsweise die Außer-Verkehr-Ziehung
von Produkten, Untersuchungen von Waren, Anordnungen
oder Maßnahmen zur Ahndung der Verstöße, eingeleitet.
Ins eigene Fleisch geschnitten
Im Zuge der Ermittlungen des „Gammelfleisch-Skandals“
wurde in einem Zerlegebetrieb eines weiteren Landkreises
eine ganz andere Entdeckung gemacht. In diesem Betrieb
Infolge dieser Ereignisse wurden zu den Routinekontrol-
wurden 40 kg argentinisches Rinderfilet in Original-Reifepa-
len zusätzliche gezielte, umfassende Kontrollen in Kühl-
ckungen, das bekanntlich zu einem höheren Preis als das
und Gefrierlagern in ganz Baden-Württemberg vorgenom-
heimische Rindfleisch weiterverkauft werden kann, um-
men. Hierbei wurden bei einem Großhandel für Fleisch,
gepackt und zusammen mit selbst zerlegtem, deutschem
Fleischerzeugnissen und Gastronomiebedarf erhebliche
Rinderfilet, ohne Hinweis auf die argentinische Herkunft,
Verstöße gegen das Lebensmittelrecht festgestellt. In die-
in Verkehr gebracht.
19
20
Lebensmittelüberwachung BW
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Auch Wildfleisch war betroffen
Der Fehler steckt im Detail – auch bei gemahlenen
Unmittelbar nach der Schnellwarnung über verdorbenes
Haselnüssen
Wildfleisch einer bayerischen Firma und dem eingeleite-
Nachdem gemahlene Haselnüsse eines führenden Ver-
ten Rückruf wurde in den betroffenen Landkreisen Baden-
arbeiters und Abpackers mehrfach wegen teilweise er-
Württembergs die Fahndung nach den aufgelisteten Pro-
heblicher Überschreitung der Höchstmenge für Aflatoxine
dukten eingeleitet. Die Lebensmittelkontrolleure überprüf-
beanstandet worden waren, wurde das Eigenkontrollsys-
ten sämtliche belieferten Firmen. Wurden reglementierte
tem der Firma überprüft. Dabei zeigte sich, dass zwar jede
Wildprodukte noch in den belieferten Firmen vorgefunden,
Lastwagenladung im hauseigenen Labor überprüft wurde,
mussten diese sofort aus dem Verkehr genommen werden.
zusätzliche Produktkontrollen durchgeführt und zur Absi-
Bei diesen Kontrollen fanden die Lebensmittelkontrolleure
cherung auch externe Untersuchungen in Auftrag gegeben
beispielsweise in einem Landkreis bei 11 belieferten Be-
wurden, jedoch der Beurteilungsmodus angreifbar war. Die
trieben noch von Rückruf betroffene Wildprodukte vor und
Verantwortlichen wurden u. a. darauf hingewiesen, dass bei
zogen insgesamt 675,18 kg Wildfleisch aus dem Verkehr.
der Interpretation der Analysenergebnisse die Wiederfin-
Viele der hier zu Lande belieferten Firmen entsorgten
dungsrate und die Messunsicherheit berücksichtigt werden
die entsprechenden Produkte freiwillig. Einige gaben die
müssen und bei Eigenkontrollen Ablehnungsgrenzen weit
Ware gegen Gutschrift zurück oder beauftragten private
unterhalb der gesetzlichen Höchstmenge zu fordern sind.
Gutachter, die Verkehrsfähigkeit der Produkt-Chargen zu
beurteilen. Voraussetzung für einen weiteren Verkauf der
Produkte war, dass die Charge nicht in der umfangreichen
Aufstellung der reglementierten Produkte gelistet war, bei
denen amtliche Untersuchungen ergeben hatten, dass sie
zum menschlichen Verzehr ungeeignet waren.
Die Lebensmittelkontrolleure ließen ihren Blick wei-
Einzelhändler
Lebensmitteleinzelhandel
„Wer hat das Huhn geklaut … ?“
In dem Lebensmittelgeschäft eines
türkischen Mitbürgers in einer ländlichen Gemeinde wurden bei einer
Betriebskontrolle gravierende und
terschweifen und – unglaublich aber wahr –
in einem Verkaufsregal stand eine Plastikschüssel mit einem Strohlager, auf
dem offensichtlich ein Huhn sein Ei
und einiges mehr … hinterlassen
hatte. Ungeklärt blieb jedoch die
Frage: Wo ist das Huhn geblieben?
außergewöhnliche Mängel festgestellt.
Schon beim Eintreten und einem ersten
Rundblick in dem Verkaufsraum wussten
die Lebensmittelkontrolleure, dass hier einiges
auf den richtigen Weg gebracht werden musste. Die
Marktstände
„Leckere Maronen“
Auf so manchem Weihnachtsmarkt war
an Maronenständen der unsachgemäße Umgang mit Rohware zu beanstanden. Die Maronen wa-
Decke wies großflächige Loslösungen des Tapetenbelags
ren durch zu feuchte Lagerung teilweise bereits verschim-
und Schwarzschimmelbildung auf. Hinter einem Verkaufs-
melt und wurden vor der Zubereitung nicht ausgelesen.
ständer am Zugang zur Küche befand sich ein offener Müll-
An einem Stand wurden fertig geröstete Maronen in einer
haufen, auf dem frische Lebensmittelabfälle lagen. Eine
mit Styropor ausgekleideten, schwarz versporten Holzkis-
Vielzahl angebotener Gemüse- und Obstwaren wiesen
te feilgeboten. Zur Wärmedämmung war diese selbst ge-
erhebliche Verderbnisspuren auf. Die Auslage wurde von
zimmerte Thermokiste mit einem stark durchfeuchteten,
Obstfliegen umschwärmt. Auf einer Holzkiste auf dem
modrigen Federkissen abgedeckt.
Boden war eine Wurstschneidemaschine abgestellt, die
unsauber und nach dem letzten Gebrauch nicht gereinigt
Voilà … die Hühner sprechen französisch!
worden war. Ca. 2 kg verpackte Wurst wurde außerhalb
Auf einem Markt eines Stadtkreises wurden Hühnereier
der Kühlung gelagert, das Mindesthaltbarkeitsdatum war
verkauft, die laut Auslobung aus eigener Hennenhaltung
bereits Mitte letzten Jahres abgelaufen; in den Packungen
stammen sollten. Sie waren nicht gestempelt, obwohl dies
hatte sich teilweise Schimmel gebildet. Im Bereich des
beim Wochenmarktverkauf zwischenzeitlich vom Gesetz-
Trockenlagers stand unmittelbar auf dem Boden eine geöff-
geber vorgeschrieben ist. Ermittlungen am Heimatort des
nete, kühlbedürftige Blechdose mit Käseimitat in Salzlake
Eiererzeugers ergaben, dass kartonweise ungestempelte
bei einer Umgebungstemperatur von + 17 ° C.
Eier aus einer französischen Legebatterie bezogen wurden.
Der Tierhalter selbst hielt nur noch wenige Hennen.
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG / LFBG
Jahresbericht 2005
Dienstleistungsbetriebe
Gastronomie
„Billiger“ Süßwasserfisch als Seezungenfilet
angeboten
Bleigießen an Silvester
Im Rahmen einer Kontrolle in einem Fischrestaurant konnte
Ein Wirt verwendete an Sil-
festgestellt werden, dass das auf der Speisekarte angebo-
vester eine Stielpfanne zum
tene Seezungenfilet durch Pangasiusfilet ersetzt wurde.
Bleigießen. Die Pfanne mit
Pangasius micronemus ist ein welsartiger Süßwasser-
anhaftenden Bleiresten
fisch aus Südostasien. Er lebt in Flüssen und Seen und
stand anschließend zur Wei-
wird inzwischen meist in Aquakulturen gezüchtet. Er gilt
terverwendung in der Küche.
als schmackhafter Speisefisch und kann aufgrund seines
Aussehens – vor allem, wenn er paniert zubereitet wird –
mit panierten Seezungenfilets verwechselt werden. Der
Einkaufspreis von Pangasiusfilet liegt gerade mal bei 1/10
des Preises einer echten Seezunge. Die Seezunge gehört
zur Familie der Plattfische. Fangquotenbeschränkungen,
Überfischung und hohe Beifänge tragen dazu bei, dass die
Seezunge nur zu einem hohen Preis und auch nicht immer
der Nachfrage entsprechend erhältlich ist. Der Gaststättenbetreiber verkaufte 28 Tonnen Pangasiusfilet als Seezungenfilet. Ermittlungen ergaben eine Gewinnabschöpfung
in Höhe von ca. 800 000 1. Es wurde ein Strafverfahren
eingeleitet. Siehe auch Kapitel Fische.
„Manchmal dauert es länger, bis die Einsicht kommt“
Bereits 4 Strafverfahren hatte ein Gastwirt wegen gravierender hygienischer Missstände in seinen Betriebsräumen
und wegen des In-Verkehr-Bringens von nicht mehr zum
Verzehr geeigneten Lebensmitteln anhängig. Zudem wurde bei Kontrollen wiederholt festgestellt, dass der Inhaber
und gleichzeitig Koch der Gaststätte an beiden Händen an
periodisch auftretenden Hautirritationen, mit tiefen, teilweise blutigen Rissen und sich großflächig ablösenden
Hautpartikeln litt. Trotz Aufforderung verwendete er bei
der Zubereitung von Speisen nur selten Einmalhandschuhe. Schließlich half hier nur noch ein durch die zuständige
Behörde verfügtes Tätigkeitsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz. Der Entzug der Gaststättenerlaubnis führte
schließlich zur Schließung dieses Betriebes.
Unhygienische Zustände in einer Gaststätte –
Untersagung der Speisenabgabe
Dass hinter solchen Vorgängen auch bewegende menschliche Schicksale verborgen sein können, zeigt das Beispiel
eines Verbots der Speiseabgabe in einer Gaststätte im südlichen Landesteil. Eine 73-jährige Gastwirtin hatte offensichtlich altersbedingt den Überblick verloren und war mit
re vor Ort ausgesondert und der Entsorgung zugeleitet werden. Kühltruhen und
Lagerräume waren überfüllt mit überalterter, nicht mehr
verkehrfähiger Ware. Letztendlich entstand allein durch den
Verderb dieser Lebensmittel und deren Aussonderung der
Gastwirtin ein großer wirtschaftlicher Schaden. Die betagte
Dame hat in der Folge ihren Betrieb abgemeldet.
Hohe Beanstandungsquote bei Frittierfetten aus der
Gastronomie
Nach Auffälligkeiten wurden im Rahmen der Routinekontrollen in Gastronomiebetrieben gezielt die Frittierfette
dieser Betriebe überprüft. Dies brachte eine unerwartet
hohe Beanstandungsquote mit sich. Von 13 erhobenen Verdachtsproben mussten 7 Proben beanstandet und als nicht
mehr zum Verzehr geeignet beurteilt werden. Da von den
Lebensmitteln, die in diesen Fetten ausgebacken wurden,
Teile der Fette aufgenommen werden, waren auch diese
Lebensmittel als nicht mehr zum Verzehr geeignet zu beurteilen. Werden Frittierfette zu hoch oder zu lange erhitzt,
entstehen zahlreiche Umwandlungsprodukte, von denen
einige im Verdacht stehen, gesundheitsschädlich zu sein.
Solche Frittierfette gelten als verdorben, ebenso die darin
frittierten Lebensmittel. Gegen die verantwortlichen Gastwirte wurden Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen vorgelegt.
Aufgrund dieser Erkenntnisse rüstete sich die Überwachung mit digitalen Testgeräten zur schnellen routinemäßigen Überprüfung von Frittierfetten aus. Zwischenzeitlich
haben sich die Kontrollen und die nicht zufriedenstellenden
Untersuchungsergebnisse unter den Gastwirten herumgesprochen. Nur durch den entsprechenden Kontrolldruck
konnte eine Verbesserung der Situation erreicht werden.
Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung
der Betriebsführung überfordert. Nachdem in größerem
Betriebliche Eigenkontrolle gut? Amtliche Kontrolle der
Umfang verdorbene und erheblich überlagerte Lebensmit-
Eigenkontrolle besser!
tel sowie erhebliche hygienische Missstände festgestellt
Wie gut die betrieblichen Eigenkontrollmaßnahmen in den
wurden, musste die Lebensmittelüberwachung handeln.
Gemeinschaftsverpflegungen funktioniert, wurde auch im
Eine weitere Speisenabgabe wurde umgehend untersagt.
Berichtsjahr in einer Schwerpunktaktion überprüft. Hierfür
Zahlreiche Produkte, deren Verderb durch die Gastwirtin
wurden sowohl industrielle Speiseproduzenten, als auch
nicht mehr erkannt wurde, mussten durch die Kontrolleu-
Caterer, Großküchen und Großkantinen einbezogen, die je-
21
22
Lebensmittelüberwachung BW
weils mehr als 100 Essen pro Tag abgeben. Erfasst wurden
auch kleinere Dienstleistungsbetriebe, die aufgrund der
eingesetzten Rohstoffe, Zutaten, Zwischenprodukte und
Verarbeitungsverfahren ein hohes mikrobiologisches Risiko
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Handwerkliche Hersteller und
Direktvermarkter
Bäckereien und Konditoreien
für den Verbraucher oder empfindliche Personengruppen
Freiheitsstrafe auf Bewährung
als Klientel haben. Es wurde festgestellt, dass in weiten
Nachlässigkeit in der Lebensmittelbranche wird oft in der
Bereichen betriebliche Eigenkontrollen mit entsprechen-
Strafbarkeit unterschätzt. Lebensmittel in Verkehr zu brin-
der Dokumentation für den Bereich der Allgemeinhygiene
gen, die die Gesundheit des Verbrauchers gefährden, kann
wie beispielsweise die Wareneingangskontrolle, Tempe-
mit einer Körperverletzung gleichgestellt werden. Dies pas-
raturaufzeichnung, Reinigungs- und Desinfektionspläne,
sierte einem Betreiber einer Bäckerei, gegen den in den
Schädlingsbekämpfung durchgeführt wurden. In nahezu
letzten Jahren bereits eine Vielzahl von Strafverfahren auf-
allen Unternehmen mussten jedoch immer noch Defizite
grund von erheblichen lebensmittelrechtlichen Verstößen
in der Gefahrenanalyse bezogen auf die Produktions- und
eingeleitet wurden, die zu Geldstrafen führten. Nachdem
Arbeitsabläufe beim Herstellen, Behandeln und In-Verkehr-
im Jahr 2005 bei einer Betriebskontrolle vom Sachverstän-
Bringen von Lebensmitteln festgestellt werden. So wurde
digen wiederum über 50 Missstände sowohl hygienischer
im Rahmen der Gefahrenanalyse die Identifizierung und
als auch baulicher Art im Bäckereibetrieb beanstandet wur-
Bewertung von chemischen und physikalischen Gefahren
den, erhielt der Verantwortliche jetzt eine Freiheitsstrafe
(z. B. Reinigungsmittelrückstände, Glassplitter) nur selten
auf Bewährung.
in die Analyse einbezogen. Als konkrete biologische Gefahr wurden nur allgemein „pathogene Erreger“ oder aus-
Morphin in Backmohn
schließlich „Salmonellen“ benannt und weitere mögliche,
Gezielte Untersuchungen bringen oft neue Erkenntnisse.
insbesondere produkt- oder produktgruppenspezifische
Mohnsamen sind ein traditionelles Lebensmittel und Zu-
Mikroorganismen nicht aufgeführt. Die Gefahr der Konta-
tat zahlreicher Backwaren, wobei ganz unterschiedliche
minationen von Speisen durch Nachwürzen im Anschluss
Mengen auf Brötchen, Kuchen oder auf Knödeln zum Ein-
an den Erhitzungsprozess wurde vielfach unterschätzt, da
satz kommen. Sie werden vom Schlafmohn gewonnen,
sich die Betreiber aufgrund strikt eingehaltener Hygiene-
derselben Pflanze, die legal zur Gewinnung von Morphin
maßnahmen im Produktionsprozess auf der sicheren Seite
zu medizinischen Zwecken als Schmerzmittel sowie ille-
glaubten.
gal ebenfalls zur Gewinnung von Morphin, hier jedoch als
Sehr verbreitet war die Überfrachtung der Gefahrenana-
Grundstoff für das Rauschgift Heroin angebaut wird. We-
lysen mit einer zu hohen Anzahl von kritischen Kontroll-
gen des Sucht erregenden Potenzials des Morphins ist der
punkten und Lenkungspunkten (CCPs), die in Wirklich-
legale Anbau in den Herkunftsländern unterschiedlich stark
keit lediglich Hygienepunkte darstellten. Aufgrund der Art
reglementiert. Bei der Gewinnung von Backmohn, der in
und Vielzahl von kritischen Lenkungspunkten wurde die
der Pflanze nahezu morphinfrei vorliegt, gelangen je nach
betriebseigene Überwachung und Dokumentation eher
Ernteverfahren, Mohnsorte oder geografischer Herkunft
erschwert und widersprach damit der geforderten wirksa-
unterschiedlich hohe Morphinmengen in den Backmohn. In
men Eigenkontrolle mit effizienter und zuverlässiger Be-
der Vergangenheit war bereits bei Dopingtests und Blutpro-
herrschung von Gefahren.
ben im Straßenverkehr aufgefallen, dass Genuss von Back-
Abschließend bleibt festzustellen, dass sich die überprüften
mohn hier positive Befunde bewirken kann. Aufgrund eines
Großbetriebe ihrer Verantwortung bewusst sind und sich
Vergiftungsfalles wurden bundesweit, also auch in Baden-
mit der Etablierung eines wirksamen Eigenkontrollkonzep-
Württemberg Untersuchungen von Backmohn durchge-
tes intensiv beschäftigt haben.
führt. Die Gehalte der untersuchten Mohnchargen waren
starken Schwankungen unterworfen. Die Untersuchungen
von Proben ergaben in einigen Fällen Gehalte, die nach einer ersten Risikoanalyse des bayerischen Landesamtes für
Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und nach einer weiteren toxikologischen Bewertung des Bundesamtes
für Risikobewertung (BfR) als gesundheitsschädlich insbesondere unter Berücksichtigung empfindlicher Personenkreise wie Schwangere, Stillende und Kleinkinder, beurteilt
wurden. Um noch im Handel befindlichen Backmohn aus
dem Verkehr zu ziehen, wurden von den Verantwortlichen
Rückrufaktionen von den belieferten Betrieben durchgeführt. Mittlerweile haben auch die Untersuchungslaboratorien, die in der Qualitätskontrolle des Mohnhandels und
-imports tätig sind, die Analytik zur Überprüfung der Mor-
Betriebskontrollen im Rahmen des LMBG / LFBG
Jahresbericht 2005
Metzgereien
Schließung einer Metzgerei – „Nichts für empfindliche
Nasen“
Es begann als ganz normale Routinekontrolle, doch es
war ein böses Erwachen. Eine Metzgerei befand sich in
desolaten hygienischen Zuständen. Auch die baulichen
Gegebenheiten waren verwahrlost. Die Arbeitshygiene
verdiente ihren Namen nicht. Im Verkaufsbereich wurden
Innereien nicht bei der vorgeschriebenen Temperatur gelagert. Beim Öffnen der Kühlräume kam dem Kontrollteam
ein süßlich, fauliger Geruch entgegen. Hier lagerten an-
Messerknauf in Vollkornbrot
gebotene Lebensmittel, die bereits in starke Verderbnis
Wie konnte das passieren? Ein Verbraucher kaufte
übergegangen waren. Zahlreiche Fleischstücke wiesen die
in der Backwarenabteilung eines Supermarktes ein
bei Zersetzungsprozessen üblichen schmierigen Beläge
Vollkornbrot. Beim Anschneiden des Brotes stieß er
auf. Die vorgefundenen Zustände erforderten eine um-
auf etwas Unerfreuliches. Im Brot steckte der Knauf
gehende Schließung des Betriebes. Die Wiedereröffnung
eines Küchenmessers mit abgebrochener Restklin-
wurde erst gestattet, nachdem neben der Entsorgung der
ge. Die Ermittlungen der Lebensmittelüberwachung
Lebensmittel eine umfassende Reinigung sowie Renovie-
führten in dieser Sache bis nach Bayern in einen
rung durchgeführt worden war. Gegen den Betreiber wurde
Betrieb, der Brotrohlinge herstellt und im vorgeba-
ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
ckenen und gefrosteten Zustand beispielsweise an
Backwarenabteilungen von Supermärkten verkauft.
Beseitigung von 2 Tonnen Fleisch- und Wurstwaren
Auf welchem Weg dieses Messer schließlich in das
nach Schließung einer Metzgerei – Metzger auf der
Brot gelangt war, konnte zwar abschließend nicht
Flucht
geklärt werden. Bei der dortigen Betriebskontrolle
Nach einem Hinweis des Hauseigentümers
durch die bayerischen Kollegen konnte jedoch fest-
wurde ein Metzgereibetrieb überprüft,
gestellt werden, dass im Herstellerbetrieb entspre-
wobei erhebliche hygienische Missstän-
chende Messer verwendet wurden.
de festgestellt worden sind. Zahlreiche
Produkte waren überlagert, teilweise
bereits verdorben oder wurden nicht
bei erforderlichen Mindesttemperatu-
phingehalte etabliert, sodass belastete Lieferungen schon
ren gelagert. Von dem Verantwortli-
vor der Verteilung in Handwerk und Handel ausgesondert
chen wurden zunächst eine Störung
werden und Lieferanten mit regelmäßig hohen Morphin-
an einer Kühlanlage und Streitigkeiten
gehalten ausgelistet werden können. Siehe auch Kapitel
mit dem Hauseigentümer als Ursa-
Hülsenfrüchte, Ölsamen.
che benannt. Er war anfangs bereit,
ca. 240 kg Fleisch- und Wurstwaren
Listerien in Sahnetorte
freiwillig zu entsorgen. Nachdem
Bei einer Routineüberprüfung von Sahnetorten wurden
festgestellt wurde, dass in erheblich
bei der Laboruntersuchung Listerien nachgewiesen. Es
größerem Umfang nicht mehr verkehrs-
handelte sich zwar um eine relativ harmlose Art, die nicht,
fähige Produkte vorhanden waren, endete
wie ihre gefährlichen Verwandten Listeria monocytogenes,
die Kooperationsbereitschaft des Betreibers. Die Metzge-
schwere, teilweise lebensgefährliche Erkrankungen auslö-
reiräume mussten hierauf gegen den Willen des Betreibers
sen können, jedoch als Hygieneindikator gewertet werden
auf Anordnung des Veterinäramtes geschlossen werden.
kann. Eine sofortige Kontrolle der Bäckerei war jetzt das
Da zudem der begründete Verdacht bestand, dass nicht
Mittel der Wahl, um Klarheit zu schaffen. Die angetroffe-
verkehrsfähige Produkte bei Nacht aus den Betriebsräu-
nen wirklich gravierenden Hygienemängel bestätigten den
men geholt und weitervermarktet werden, wurden die La-
Verdacht. Ein sorgloser Umgang mit Lebensmitteln musste
gerräume versiegelt. Im Verlaufe des weiteren Verfahrens
festgestellt werden. So stand die Sahnetorte ungekühlt im
scheiterte jeder Versuch, mit dem verantwortlichen Betrei-
Regal und in dem angeblich „gereinigten“ Sahneautoma-
ber wieder Kontakt aufzunehmen. Es wurde in Erfahrung
ten fanden die Kontrolleure stinkende käsige Beläge.
gebracht, dass die betreffende Person wegen zahlreicher
Der Bäcker verzichtete freiwillig auf den Verkauf der vor-
Betrugsdelikte bereits zur Fahndung ausgeschrieben war.
handenen Sahneerzeugnisse und musste die Mängel
Dem Vernehmen nach hatte sich der Metzger in seine baye-
umgehend beseitigen sowie ein empfindliches Bußgeld
rische Heimat „abgesetzt“. Wegen der dauernden Abwe-
bezahlen.
senheit des Betreibers und dem fortschreitenden Verderb
23
24
Lebensmittelüberwachung BW
der Fleischerzeugnisse war die zuständige Behörde zu weiterem Handeln gezwungen. Im Rahmen einer angeordneten Ersatzvornahme mussten letztlich ca. 2 Tonnen Lebensmittel über die Tierkörperbeseitigungsanstalt unschädlich
beseitigt werden. Gegen den Verantwortlichen wurde ein
Strafverfahren eingeleitet und zudem eine Überprüfung
seiner gewerberechtlichen Zuverlässigkeit veranlasst.
Illegale Dönerproduktion
In den Räumlichkeiten einer aufgelassenen Bäckerei wurde hinter verschlossenen Türen kräftig gearbeitet. Ein Ort,
der sich für die Fleischverarbeitung als gänzlich ungeeignet
auszeichnete. Es waren weder die notwendigen Kühlvorrichtungen vorhanden, noch ließen die räumlichen Bedingungen ein hygienisches Herstellen von Lebensmitteln zu.
Nichtsdestotrotz wurden hier Dönerspieße in größerem
Umfang hergestellt. Ca. 3 Tonnen Putenfleisch wurden so
verarbeitet. Abgesehen von der lebensmittelrechtlichen
Problematik war die Betriebsstätte weder gewerberechtlich
gemeldet noch registriert. Der Dönersteckbetrieb wurde
geschlossen, das vorgefundene Fleisch sowie alle Fleischerzeugnisse aufgrund der stark überschrittenen Temperaturen und der hygienisch bedenklichen Produktionsbedingungen als nicht verkehrsfähig beurteilt und vernichtet. Gegen
die Verantwortlichen wurde bei der Staatsanwaltschaft
Strafanzeige vorgelegt.
Eindeutig Ekel erregend
Im Januar 2005 biss ein hungriger Verbraucher in einen
warmen Fleischkäswecken. Der Appetit verging ihm jedoch
gründlich, als er dabei auf ein eingebackenes Wundpflaster
stieß. Er beschwerte sich beim zuständigen Landratsamt
und legte die beiden noch warmen Fleischkäswecken vor.
Aus dem einen hing noch das Pflaster heraus, das der
Mitarbeiter eines Fleischverarbeitungsbetriebes beim Einfüllen des Fleischkäsbräts in die Aluminiumformen verloren
hatte. Bei der Vernehmung gab der Mitarbeiter zu, eine
Schnittwunde an der Hand mit einem Pflaster verbunden
zu haben. Obwohl er an einschlägigen Hygieneschulungen
teilgenommen und dies auch mit seiner Unterschrift bestätigt hatte, hatte er es versäumt, seinen Arbeitgeber über
die Verletzung zu informieren. Außerdem hätte er wissen
müssen, dass er mit der Verletzung bzw. dem Pflaster niemals mit dem offenen Brät hätte arbeiten dürfen. Mit dem
Pflaster sind auf jeden Fall Einmalhandschuhe zu tragen.
Zumindest hätte er seinem Arbeitgeber den Verlust des
Pflasters melden müssen, was zur Vernichtung der Fleischkäsbrät-Charge geführt hätte. Da er schwieg, muss er sich
nun mit der Strafanzeige auseinandersetzen.
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Speiseeisbetriebe
Optimale Zusammenarbeit der Lebensmittelüberwachung über die Landesgrenzen hinaus führten zur Beschlagnahmung von 6 t Fruchtpulpen.
Fruchtpulpen werden überwiegend zur Speiseeisherstellung verwendet und ohne vorherige Erhitzung verarbeitet,
weshalb der mikrobiologische Status dieser Produkte von
besonderer Bedeutung ist. In einem Fall war die Zusammenarbeit der Lebensmittelüberwachung über die Landesgrenzen hinweg gefordert. Eine in Italien hergestellte Fruchtpulpe wurden über einen in Bayern ansässigen
Importeur nach Deutschland eingeführt. Die Lagerung
der Ware erfolgte dann bis zur weiteren Belieferung der
Fruchteishersteller in einem zugelassenen EU-Tiefkühlhaus
in Baden Württemberg. Eine mikrobielle Verunreinigung von
diesem italienischen Produkt wurde erstmalig im Rahmen
einer Probenahme von Speiseeis in einer Eiscafé-Bar durch
die Lebensmittelüberwachung in Kassel festgestellt. Da der
Importeur der Fruchtpulpen in Bayern seinen Firmensitz
hatte, die importierte Ware aber in Baden-Württemberg
gelagert wurde, teilte die bayerische Lebensmittelüberwachung dem zuständigen Amt für Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg den mikrobiologischen Befund mit. Sofort veranlasste das baden-württembergische
Lebensmittelüberwachungsamt die Beprobung sämtlicher
im Tiefkühlhaus eingelagerten Fruchtpulpen wie Melonen-,
Erdbeer-, Papaya- und Himbeermark und lies diese mikrobiologisch untersuchen. Bis zum Vorliegen des Untersuchungsergebnisses wurden 6102 kg Fruchtmark beschlagnahmt. Schließlich wurde die mikrobielle Verunreinigung
von allen beprobten Erzeugnisse bestätigt. Es wurden sehr
hohe Gesamtkeimgehalte sowie coliforme Keime festgestellt. Die Fruchtpulpen wurden für die Zweckbestimmung
der Herstellung von Fruchtspeiseeis als nicht verkehrsfähig beurteilt. Der Importeur erklärte sich bereit, die Ware
an den Hersteller in Italien zurückzusenden. Die gesamte
Ware von 6 102 kg, die im Tiefkühlhaus eingelagert waren,
wurde durch den Importeur nach Italien zurückgeschickt.
Die Herstellerfirma in Italien bestätigte den Erhalt und die
Vernichtung der Ware.
Lebensmittelüberwachung – grenzenlos
Jahresbericht 2005
Lebensmittelüberwachung – grenzenlos
Lebensmittelsicherheit durch Überwachung
von Produkten, die aus aller Herren Länder
ins „Ländle“ kommen.
Nahrungsergänzungsmittel bzw.
illegale Arzneimitteleinfuhr
Unter „Borderline-Produkten“ bzw.
„Grenzprodukten“ werden nicht Produkte verstanden, die über Landesgrenzen gehandelt werden, sondern
verschiedene Produktkategorien, die
einen gewissen gesundheitsbezogenen Zweck erfüllen, jedoch nicht unter
die Bezeichnung „Arzneimittel“ fallen.
Hierzu gehören z. B. Nahrungsergänzungsmittel, diätetische Lebensmittel
oder auch Kosmetika. Aus Gründen
des Gesundheits- und Verbraucherschutzes grenzt der Gesetzgeber
Arzneimittel gegen diese Produkte
ab. So müssen z. B. Hersteller von
Fertigarzneimitteln kostspielige und
aufwändige Zulassungs- und Überwachungsverfahren durchlaufen, um
ihr Produkt auf den Markt bringen zu
können. Lebensmittel, Kosmetika oder
Nahrungsergänzungsmittel unterliegen dagegen nicht den Hürden des
Arzneimittelrechts und können somit
unter viel einfacheren Voraussetzungen in den Verkehr gebracht werden.
So versuchen manche Hersteller, um
„Gesundheit, Muskelberge
Kosten zu sparen, ihre Arzneimittel
und Manneskraft“
trotz pharmakologischer Wirkung als
Kosmetika, Nahrungsergänzungsmit-
2005 lagen vor allem potenzfördern-
Mit Spurenelementen, wie Vanadium
de und immunstimulierende Mittel im
oder Molybdän versetzte Nahrungs-
Trend, gefolgt von Produkten gegen
ergänzungsmittel sollen den Mus-
Arthrose und Krebs. Vitamine und Mi-
kelaufbau positiv beeinflussen. Auch
An den Grenzen werden vom Zoll von
neralstoffe wurden häufig in unerlaubt
enthalten Produkte für diesen Zweck
diesen „Grenzprodukten“, die einge-
hohen Konzentrationen mit irreführen-
neben Vitaminen und Mineralstoffen
führt werden sollen, Proben erhoben
der Zweckbestimmung, krankheitsbe-
zusätzlich noch Pflanzenextrakte.
und zur Begutachtung an Sachverstän-
zogener Werbung und fehlender Kenn-
Häufig befindet sich darunter Ephed-
dige weitergeleitet. Im Jahr 2005 stieg
zeichnung als Nahrungsergänzungs-
ra-Kraut, das, wie bereits der Name
tel oder Lebensmittel in den Handel
zu bringen.
die Anzahl der Proben von „Grenz-
mittel eingeführt. Die Vitamin- und
zum Ausdruck bringt, als natürlichen
produkten“ stark an. Aufgrund der
Mineralstoffmengen lagen teilweise
Bestandteil Ephedrin enthält. Ephed-
Untersuchungen wurde festgestellt,
sogar über den Gehalten der Ver-
rin hat einerseits eine Wirkung auf die
dass viele Produkte in Wahrheit zu der
schreibungsgrenze für Medikamen-
Blutgefäße und damit auf den Blut-
Gruppe der Arzneimittel gehörten. Der
te und hätten somit als Arzneimittel
druck, stimuliert aber andererseits den
größte Teil der Produkte kam aus den
eingeführt werden müssen. Die Un-
Sportler und lässt ihn nicht so schnell
USA, gefolgt von Russland, Indien, Ja-
tersuchungsergebnisse von 4 Proben
ermüden. Aus diesem Grund wird es
pan, Schweiz, Australien, Südamerika,
wurden sogar wegen des Verdachts
Nahrungsergänzungsmitteln für Sport-
Pakistan und weiteren Ländern.
illegaler Einfuhr von Rauschgift an die
ler zugesetzt. Um den „verdächtigen“
Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Namen zu vermeiden, verwendet man
25
26
Lebensmittelüberwachung BW
im Zutatenverzeichnis andere Bezeichnungen wie etwa den chinesischen
Namen „Ma Huang“. Den als „ephedrinfrei“ angepriesenen Produkten sind
nicht selten andere Substanzen mit
ähnlicher Wirkung beigesetzt. Verein-
Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug
Importkontrollkonzept für Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
Im Jahr 2005 wurde bundesweit ein
Die Beprobung einer Warenmenge
Konzept der Überwachung von Le-
von ca. 18 Tonnen beschäftigte zwei
bensmitteln pflanzlicher Herkunft bei
Lebensmittelkontrolleure für Stunden
der Einfuhr getestet. Ziel des Pilotpro-
und setzte neben besonderem Entnahmegerät auch Gabelstapler und
zelt wurde im Jahr 2005 versucht, für
personelle Hilfe der lagerbetreiben-
diesen Zweck auch Anabolika einzu-
den Firma voraus. Hier musste häufig
führen, die den Dopingmitteln zuzu-
ein „Spagat“ zwischen zollrechtlichen
rechnen sind.
Erfordernissen, kaufmännischen Inte-
„Viagra“ ist ein allgemein bekanntes
ressen, einer möglichst zügigen Be-
Produkt, wobei sich der ursprüngliche
probung neben dem laufenden Tages-
Handelsname in der Zwischenzeit
geschäft und einer zeitnahen Analytik
schon fast als Bezeichnung für eine
versucht werden.
ganze Produktgattung insbesondere
Dabei sind insgesamt ca. 100 einzelne
auf Pflanzenbasis entwickelt hat, mit
Sonderproben angefallen, deren Ent-
denen angeblich dasselbe Ziel erreicht
nahmeprocedere den wissenschaftli-
werden kann. Auch diese Produkte
chen Vorgaben für eine repräsentative
sind in der Regel den Arzneimitteln zu-
Untersuchung entsprechen mussten.
zurechnen und nicht einfuhrfähig. Be-
So wurden z. B. in einem Landkreis
sonders bemerkenswert ist, dass sogar versucht wurde, das wirkungsglei-
jektes war es, im Rahmen erstellter
che, verschreibungspflichtige Produkt
Risikoprofile für Lebensmittel pflanzli-
eines anderen Herstellers mit weniger
cher Herkunft, am so genannten „Fla-
bekanntem Namen und der Angabe,
schenhals“ der Einfuhr, einen weiteren
es handle sich um ein „Nahrungser-
Schritt in Richtung einer risikobasier-
gänzungsmittel“, auf der Grundlage
ten europäischen Importkontrolle zu
des Lebensmittelrechts einzuführen.
gehen. Ein vorgegebener, übersicht-
In all diesen Fällen wurden die Pro-
lich gegliederter Produktkatalog mit
dukte als Arzneimittel beurteilt und die
den einzelnen Risikoprofilen bildete
Einfuhr auf der Grundlage des Arznei-
hierfür eine solide Grundlage.
mittelrechts verweigert.
Nichts bleibt unversucht
Schwierig wurde es bei der Koordinierung der einzelnen Importmeldungen,
die zu Anfang sowohl vom Importeur
Nachdem eine Sendung aus Osteu-
als auch von Speditionen und – so war
ropa am Flughafen Frankfurt zurückge-
es vorgesehen – vom Zoll kamen. Trotz
wiesen worden war, erklärte derselbe
Absprache der Beprobungsparameter
Einführer bei den nächsten Sendun-
mit den Untersuchungsämtern gestal-
gen den Frankfurter Zollbehörden, die
tete sich die Lagerung und Beprobung
Ware sei für Luxemburg bestimmt. Da
der Ware als Problem, da die Rohstoff-
es sich um eine Speditionsadresse
importe wie z. B. Saaten (Sesam) aus
handelte, kamen Zweifel auf, ob die
Indien oder Pakistan, die in Containern
Ware tatsächlich dorthin gebracht und
mit ca. 17 bis 18 t unverzollt in die eu-
nicht sofort nach der Abfertigung nach
ropäische Union kommen, nicht ein-
Baden-Württemberg umdirigiert wer-
fach in einem Lager eines Importeurs
den sollte. Nach Rücksprache mit der
abgestellt und so entladen werden
zuständigen Behörde vor Ort wurde
können, dass eine repräsentative Be-
auch hier die Einfuhr verweigert.
probung zügig möglich ist. Außerdem
muss der Importeur, je nach Verderbnisrisiko, seine Ware möglichst rasch
weiterhandeln.
von zehn beprobten Containern
(meistens beladen mit Sackware Sesamsaat) zwei beanstandet.
Jahresbericht 2005
27
Teil III:
Produktgruppen
Produktgruppen:
Lebensmittel
28
Kosmetische Mittel
64
Bedarfsgegenstände
69
Tabakwaren
77
Lebensmittelüberwachung BW
28
Teil III: Produktgruppen
Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen
3 089
684
Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder
dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen,
Lebensmittel
17 % beanstandet
Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte
5 724
3 843
die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen
gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Insbesondere sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher
Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungs-
83 %
vorschriften und Kenntlichmachungsgebote aufgeführt. Die
nicht
beanstandet
Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Tabellen
121
Beanst. Lebensmittel
242
im Einzelnen erkennbar.
Die Entnahme von Proben und deren Untersuchung im
Rahmen der Lebensmittelüberwachung erfolgt häufig
Beanst. Lebensmittel
Beanst. Lebensmittel
gezielt. Die Zahl der Beanstandungen ist deshalb nicht
repräsentativ für das Marktangebot und erlaubt nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität unserer Lebensmittel insgesamt.
Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe
Kosmetische Mittel
638
80
26 % beanstandet
bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe
höher sein als die der beanstandeten Proben.
Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung
Lebensmittel einschließlich Trinkwasser
74 %
nicht
beanstandet
13
58 902
Kosmetische Mittel
2 187
Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial,
2 980
Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt,
Reinigungs- und Pflegemittel)
Beanst. Kosmetik
Kein Erzeugnis nach LMBG / LFBG
7
Tabakerzeugnisse
357
Probenzahl
Beanst. Kosmetik
Bedarfsgegenstände
32 % beanstandet
Gesamt
Beschwerde- und Erkrankungsproben
528
515
Beanst. Kosmetik
2 342
davon beanstandet
695
Sonstige Proben aus der Lebensmittelüberwachung
Nationaler Rückstandskontrollplan
Radioaktivität
68 %
nicht
beanstandet
64 433
12 404
1 102
Tabelle:
Lebensmittel-
10
überwachung
Grafik:
Anteil der beanstandeten Proben
an der Gesamtprobenzahl und
Verteilung der
Beanstandungsgründe
Beanst. Bedarf
Kennzeichnung, Aufmachung
Mikrobiologischer Verderb
Zusammensetzung,
Beschaffenheit
Beanst.
Bedarf
Verstöße gegen vorbeugenden Gesundheitsschutz
Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen
Gesundheitsschädliche Eigenschaften
Beanst. Bedarf
Übersicht
Jahresbericht 2005
29
Übersicht: Untersuchungsergebnisse
Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Tabakwaren
Produktgruppe
Lebensmittel
Milch und Milchprodukte
Eier und Eiprodukte
Gesamtzahl
Beanstandete
Beanstandung
Beanstandung
der Proben
Proben
aufgrund
aufgrund
Zusammensetzung /
Kennzeichnung /
Beschaffenheit
Aufmachung
Zahl
%
58 902
10 196
17
6 452
5 725
6 261
957
15
677
473
808
147
18
80
98
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
7 621
2 009
26
1 419
1 067
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse
2 939
579
20
409
265
Fette und Öle
1 460
233
16
169
87
Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate
1 184
274
23
181
175
Getreide, Backwaren, Teigwaren
4 136
535
13
340
285
Obst, Gemüse und -Erzeugnisse
4 750
549
12
366
278
Kräuter und Gewürze
1 214
191
16
129
113
Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser)
3 615
513
14
209
403
Wein
2 502
267
11
61
256
Alkoholische Getränke (außer Wein)
3 211
607
19
223
557
Eis und Desserts
2 125
362
17
141
295
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao,
2 156
337
16
83
370
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse
1 115
102
9
86
28
Fertiggerichte
1 638
310
19
134
264
Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung
Brotaufstriche, Kaffee, Tee
2 368
219
9
42
228
Nahrungsergänzungsmittel
350
182
52
81
269
Zusatzstoffe
330
21
6
11
13
Trinkwasser
9 119
1 802
20
1 611
201
Kosmetische Mittel
2 187
573
26
93
638
Reinigungs- und Pflegemittel für die Haut
1 163
306
26
50
353
Haarbehandlungsmittel
206
49
24
10
54
Nagelkosmetik
96
43
45
10
55
Reinigungs- und Pflegemittel für die Mundhygiene
44
18
41
0
19
Deodorants und Parfüms
145
37
26
1
38
Mittel zur Beeinflussung des Aussehens
530
118
22
21
118
(Make-up, Sonnenschutz)
Rohstoffe für kosmetische Mittel
3
2
67
1
1
2 980
960
32
538
515
Materialien mit Lebensmittelkontakt
904
281
31
217
53
Gegenstände mit Körperkontakt
725
245
34
239
75
Bedarfsgegenstände
Spielwaren und Scherzartikel
319
88
28
77
49
Reinigungs- und Pflegemittel
1 031
345
33
4
338
1
1
100
1
0
7
1
14
1
0
357
4
1
0
4
Verpackungsmaterialien für kosmetische Mittel
und Tabakwaren
Kein Erzeugnis nach LMBG / LFGB
Tabakwaren
30
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Milch und Milchprodukte
Milch
Milchproben landwirtschaftlicher
Verbraucherbeschwerden
Erzeugerbetriebe
Wie in den vergangenen Jahren wur-
Überprüfung vor Ablauf des angege-
Bei der Untersuchung von Rohmilch-
den verschiedentlich Beschwerdepro-
benen Mindesthaltbarkeitsdatums
proben direkt aus dem Erzeugerbe-
ben zur Begutachtung vorgelegt. Da-
auf. Aufgrund des Erhitzungsprozes-
trieb ist immer wieder ein gegenüber
bei handelte es sich primär um pasteu-
ses ist sterilisierte Milch ein sehr sta-
Rohmilch aus gleichen Regionen er-
risierte Konsummilch („Frischmilch“),
biles Erzeugnis und lange haltbar. Die
höhter Gefrierpunkt festzustellen.
ultrahocherhitzte Milch („H-Milch“)
Ergebnisse der mikrobiologischen
Dies begründet den Verdacht, dass
und sterilisierte Milch. Insbesondere
Untersuchung ergeben hier selten
die abweichende Beschaffenheit der
bei Frischmilch waren es Abweichun-
Grund zur Beanstandung. Jedoch ist
Milch durch den Eintrag von Fremd-
gen in Geruch, Geschmack und Ausse-
auch hier eine sachgerechte Lagerung
wasser verursacht wurde. In einigen
hen, die die Verbraucher veranlassten,
erforderlich. Längerer Lichteinfall ver-
Fällen bestätigte sich dies. Als Ursa-
die entsprechenden Proben zur Unter-
ändert Milchfett und Milcheiweiß. Die
che ist hauptsächlich mangelnde Sorg-
suchung einzureichen. In aller Regel
dabei entstehenden Abbauprodukte
falt zu nennen. So berücksichtigt der
ging der sensorische Verderb hier mit
sind geruchlich und geschmacklich
landwirtschaftliche Erzeuger häufig
einer mikrobiologischen Kontaminati-
wahrnehmbar. Vom Verbraucher wer-
nicht, dass nach dem Reinigen seiner
on einher. Die Ursachen können da-
den diese Geruchs- und Geschmacks-
Anlage zurückbleibendes Spülwasser
bei vielfältig sein. Neben Fehlern im
abweichungen häufig als „fremdar-
aus dem Leitungssystem entfernt
Herstellerbetrieb sind auch unsach-
tig-chemisch“ beschrieben. Milch in
werden muss. Ansonsten kommt es
gemäße Behandlung bzw. Lagerung
Flaschen aus Klarglas sollte daher im-
zu einer unzulässigen Verwässerung
im Handel oder auch im Haushalt in
mer lichtgeschützt aufbewahrt wer-
des darauffolgenden Gemelkes. In
Betracht zu ziehen.
den. Aus diesem Grund geben einige
einem Fall betrug der Fremdwasser-
Sterilisierte Milch in Flaschen aus Klar-
Abfüller auch einen entsprechenden
gehalt 4 %: bei einer Abgabe von 789
glas fiel im Rahmen der sensorischen
Hinweis („lichtgeschützt lagern“) auf
Liter Rohmilch sind dies immerhin 32
der Verpackung an.
Liter Fremdwasser!
Butter
Kräuterbutter
Kräuterbutter ist eine aus der
Die Probe bestand aus einer grünlich-gelben Grundmasse,
klassischen französischen Kü-
durchsetzt mit grünen und braunen Blattgewürzbestand-
che stammende Zubereitung
teilen und Gewürzpartikeln in unterschiedlicher Größe.
aus Butter und Kräutern. Nach
Oberflächlich war an mehreren Stellen ein gelblich-trüber
einer EG-rechtlichen Definition
Flüssigkeitsaustritt festzustellen. In dieser Masse befand
handelt es sich dabei um eine
sich ein Esslöffel. Die Masse war in eine ehemalige Spei-
Kräuter enthaltende Zubereitung
seeisverpackung gefüllt, Becher und Deckel waren auch
aus Butter, die einen Milchfettanteil
äußerlich mit Lebensmittelresten (teilweise stark ange-
von mindestens 62 % aufweisen und nur
trocknet) verschmutzt. Die Kunststoffverpackung war an
aus Butter, ohne Zusatz von milchfremdem Fett hergestellt
einer Seite angebrochen. Aufgrund der Ekel erregenden
sein muss.
Beschaffenheit musste diese Probe als nicht zum Verzehr
Werden entsprechende Zubereitungen in Gaststätten und
geeignet beurteilt werden.
Restaurants noch selbst hergestellt, wird sehr häufig Margarine mitverwendet, um das Erzeugnis streichfähiger zu
machen. Gemäß der obigen Definition dürfen solche Zubereitungen nicht als „Kräuterbutter“ bezeichnet werden. In
Einzelfällen wurde bei Proben aus Gaststätten ein Fremdfettanteil von bis zu 29 % festgestellt, obwohl es sich laut
Speisekarte angeblich um „Kräuterbutter“ handelte.
Verunreinigung durch Abrieb oder Schmierstoffe
Ebenfalls als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt
wurde eine Beschwerdeprobe „Butter“, nachdem die vom
Verbraucher monierten Verschmutzungen bestätigt werden
konnten. Als Ursache der Verunreinigung kamen Abrieb
oder Schmierstoffe der Ausformmaschine in Betracht. Eine
Eine weitere Probe „selbst hergestellte Kräuterbutter“
Betriebsüberprüfung wurde empfohlen, um die Ursache
wurde im Rahmen einer Gaststättenkontrolle erhoben.
des Schmutzeintrages zu ermitteln und abzustellen.
Milch und Milchprodukte
Jahresbericht 2005
Milchprodukte
Aufgeschlagene Sahne – nach wie vor ein „hygienisches Stiefkind“
Auch in diesem Berichtsjahr wurden wieder Schlagsahne-
gangsmaterial hygienisch einwandfrei war. Diese Ergeb-
proben aus Sahnebläsern von Hotels, Cafés und Bäckereien
nisse zeigen, dass das Hygienebewusstsein im Umgang
angefordert, um die hygienische Beschaffenheit des Aus-
mit dem leicht verderblichen Lebensmittel „Sahne“ immer
gangsmaterials (Behältersahne) und der aufgeschlagenen
noch verbesserungswürdig ist. Hauptsächliche Fehler, die
Sahne zu überprüfen. Lediglich rund ein Drittel war mikro-
zu den schlechten mikrobiologischen Resultaten führen,
biologisch und sensorisch einwandfrei, bei der Hälfte aller
sind die ungenügende und / oder zu seltene Reinigung der
Proben wurde wegen erhöhter Gesamtkeimgehalte eine
Sahneaufschlagmaschinen, eine ungenügende Kühlung der
Bemängelung ausgesprochen und eine Hygieneüberprü-
Sahne sowie eine zu lange Aufbewahrungszeit, welche oft
fung angeraten. In einem Fall musste das aufgeschlagene
aus der Verwendung zu großer Vorratsgebinde resultiert.
Erzeugnis wegen stark überhöhter Gehalte an Verderbskei-
Es ist dringend zu empfehlen, die Gebinde wie auch die
men (Enterobakteriazeen, Pseudomonaden, Milchsäure-
Füllmenge so auszuwählen, dass die Sahne arbeitstäglich
bildner und Hefen) als verdorben und nicht zum Verzehr
abverkauft werden kann.
geeignet beurteilt werden, während das verwendete Aus-
Käse
„Vom Schaf, zur Kuh, zum Käseimitat“ – gleich doppelte Verbrauchertäuschung
Zu einem echten Dauerbrenner hat
Auch die Überprüfung von Tierartan-
nur in der nach Guter Herstellungspra-
sich das Thema „Käseimitate“ ent-
gaben bei Schaf- und Ziegenkäse
xis notwendigen Menge. Auch dieser
wickelt. Bei Käseimitaten oder Käse-
ergab eine nach wie vor hohe Zahl
Zusatzstoff ist bei Verwendung im Ver-
analogen handelt sich meist um Pro-
von Auffälligkeiten, vor allem bei Pro-
zeichnis der Zutaten anzugeben.
dukte, bei denen ein Teil des Milch-
ben aus der Gastronomie. Bei einem
fettes durch Pflanzenfett ersetzt wird.
„bulgarischen Schafkäse“ waren Kuh-
Bei „echtem“ Käse hingegen ist die
milchanteile bis zu 5 % nachweisbar.
Verwendung von milchfremdem Fett
Ein in einem Restaurant angebotener
nicht zulässig. Bereits in den ver-
„Schafkäse“ bestand ausschließlich
gangenen Jahren fielen verstärkt Er-
aus Kuhmilch. In manchen Fällen
zeugnisse auf, die in Aussehen und
konnten in den Restaurants auch die
Konsistenz kaum von echtem Käse
originalverpackten Käse sichergestellt
zu unterscheiden, hinsichtlich Ge-
werden; laut Originalkennzeichnung
ruch und Geschmack jedoch fade
handelte es sich dabei teilweise um
und flach waren. Die Untersuchun-
Kuhmilchkäse, welcher in den Gast-
Im Rahmen der Untersuchung von
gen ergaben, dass es sich hierbei um
stätten kurzerhand umbenannt und als
„geriebenem Hartkäse“ fielen einige
Imitate handelte. Aufgrund der Bean-
„Schafkäse“ serviert wurde.
Erzeugnisse wie folgt auf: der Cellu-
standungen wurden auch in diesem
Jahr zahlreiche Käse-Produkte auf
Verfälschung überprüft. Überraschen-
Laktose (Milchzucker) ist ein natürlicher Bestandteil der Mich, der jedoch
in gereiftem Hartkäse üblicherweise
nicht mehr in nennenswerten Anteilen
vorhanden ist. Andererseits ist Milchzucker ein maßgeblicher Bestandteil
in Milch- und Molkepulvern, welcher
unerlaubt dem geriebenen Hartkäse
beigemischt sein kann.
loseanteil betrug 8 bis 10 % bei einem
Eine Täuschung der anderen Art
gleichzeitigen Gehalt an Laktose von
rund 20 %, teilweise waren Cellulo-
derweise wurde man auch bei einem
Nach den Vorschriften der Käseverord-
segehalte bis 15 % festzustellen. Die
„Fast-food-Restaurant“ fündig: hier
nung ist es erlaubt, bei geriebenem
zulässige Höchstmenge für Stärke
wurde „Schafskäse“ als Beilage zu
Käse Kartoffel- und / oder Maisstär-
wurde bei einigen Proben deutlich
einem griechischen Salat angeboten.
ke als Trennmittel in technologisch
überschritten. Die genannten „Zuta-
Die Untersuchungen ergaben, dass
notwendigem Umfang einzusetzen,
ten“ waren allesamt nicht im Zuta-
Schafmilch in diesem Erzeugnis nicht
höchstens jedoch 3 %. Eine entspre-
tenverzeichnis aufgeführt. Bei einem
enthalten war. Nachgewiesen werden
chende Angabe im Zutatenverzeich-
nicht deklarierten Zusatz in diesen
konnten jedoch Kuhmilchbestandteile.
nis ist dann notwendig. Nach den Vor-
Größenordnungen handelt es sich
Nach Abschluss der Analysen stand
schriften der Zusatzstoff-Zulassungs-
um eine deutliche „Streckung“ des
fest, es handelte sich um ein Käseimi-
verordnung darf bei zerkleinertem
eigentlichen Käseanteils bzw. um ei-
tat, hergestellt aus Kokosfett mit Kuh-
Käse auch der Zusatzstoff Cellulose
ne ganz erhebliche „Täuschung“ des
milchanteilen. Die Verbraucher wurden
(E 460), zum Beispiel als Trennmittel,
Verbrauchers.
somit gleich doppelt getäuscht!
eingesetzt werden, jedoch auch hier
31
32
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Eier und Eiprodukte
Strenge Kennzeichnungsvorschriften
„… und sonntags auch mal zwei!“
Durch die EWG-Vermarktungsnormen und das nationale
Besondere Auslobungen zur Förderung des Verkaufs von
Recht sind strenge Vorgaben bezüglich der Kennzeichnung
Eiern dürfen nur dann verwendet werden, wenn diese
von Eiern vorgegeben und lassen auch nur wenig Spiel-
Angaben und Symbole und die Art und Weise ihrer An-
raum für Angaben zur Bewerbung. So mussten auch im
bringung nicht geeignet sind, den Käufer irrezuführen. Die
Berichtszeitraum wieder häufig Beanstandungen hinsicht-
Bezeichnung „Sonntags-Eier“ stellt jedoch eine Auslobung
lich der Kennzeichnung ausgesprochen werden:
dar, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass sich
• Zum einen fehlten die Angaben des Mindesthaltbarkeitsdatums oder des Erzeugercodes, Angaben zur
Legehennenhaltung oder Verbraucherhinweise bei
offen angebotenen Eiern.
• Andererseits gab es auch wieder Eier mit „doppelter
Staatsbürgerschaft“. Während auf den Eiern als Herkunftsland Frankreich aufgestempelt war, fand sich auf
der Verpackung die Angabe „DE …“ für Deutschland.
diese Eier durch eine besondere Qualität von den handelsüblichen Eiern unterscheiden. Die Verbraucher erwarten
hier beispielsweise einen höheren Frischegrad, da die Eier
weichgekocht verzehrt werden sollen. Eier besonderer Frische dürfen nach den EWG-Vermarktungsnormen für Eier
eine Luftkammerhöhe von höchstens 4 mm aufweisen.
Die vorgelegten „Sonntags-Eier“ hatten jedoch Luftkammerhöhen von bis zu 7 mm! Eier, die eine Luftkammerhöhe größer 6 mm aufweisen, entsprechen nicht mehr den
Bei Angaben zur Legehennenhaltung fiel ebenso Wider-
Anforderungen an die Güteklasse A. Sie sind dann z. B. als
sprüchliches auf:
Eier der Güteklasse B einzustufen. Eier der Güteklasse B
• Die Eier einer Probe waren mit dem Erzeugercode
„2 DE- …“ gestempelt, wobei die Ziffer 2 auf Bodenhaltung hinweist.
• Auf der Verpackung war hingegen die Legehennen-
wiederum dürfen nur an bestimmte Unternehmen der Lebensmittelindustrie (z. B. Eiproduktehersteller), die eine Zulassung erfahren haben, oder an die Non-Food-Industrie
abgegeben werden.
haltungsform „aus Käfighaltung“ angebracht. Unterschiedliche Angaben zur Haltungsart der Legehennen
sind als zur Irreführung geeignet zu beurteilen.
Die Luftkammerhöhe stellt ein Maß für das Alter des Eies
dar. Sie darf bei Eiern der Güteklasse A nicht höher als
6 mm sein. Bei „tagesfrisch“ angebotenen Eiern waren
Luftkammerhöhen von 4 und 5 mm festzustellen. Sie entsprachen zwar noch den Anforderungen an die Güteklasse
A, allerdings weisen tagesfrische Eier Luftkammerhöhen
von 2 mm auf.
Gekochte und gefärbte Eier
Gekochte, gefärbte Hühnereier („Brotzeiteier“, „Vespereier“, „Ostereier“) gaben
des Öfteren Anlass zur Beschwerde. Die
eingesetzten Farbstoffe wurden nicht ordnungsgemäß angegeben oder die Eier hatten
zum Teil eine defekte Schale und waren verdorben.
Ein besonderer Fall: Von 47 untersuchten Eiern einer Probe
waren 28 Eier zu beanstanden (entspricht 60 %!). Das Erzeugnis wurde vom Handel freiwillig aus dem
Verkehr genommen.
Eier und Eiprodukte / Fleisch, Wild und Geflügel
Jahresbericht 2005
33
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
Gammelfleisch
Verdorbene Waren in Kühl- und Gefrierhäusern
Mangelnde Hygiene beim Umgang mit Fleisch führt
zum Verderb. Zur Erhaltung der Qualität ist vor allem
die Einhaltung der Kühlkette sowohl bei gekühltem
als auch bei gefrorenem Fleisch erforderlich. Bei Kontrollen wurde häufig unsachgemäß gelagerte oder
überlagerte Ware angetroffen.
Bei nicht gefrorenen Fleisch- und Wurstwaren kann es durch
(Kaninchenköpfe, „frische“ Pute, Gänsekeule). Der hohe
Anteil beanstandeter Proben ist neben der zielgerichteten
Überprüfung auf Proben mit abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdaten auch auf die Nachverfolgung von Beanstandungen anderer Lebensmittelüberwachungsbehörden zurückzuführen. Die Ergebnisse zeigen, dass im Sinne einer
risikoorientierten Betriebskontrolle auch der Überwachung
von Kühl- und Gefrierhäusern verstärkte Aufmerksamkeit
zuteil werden sollte.
Mikroorganismen zum Verderb kommen. Hierbei stellen
sich durch die Stoffwechseltätigkeit der Keime sinnfällige
Veränderungen ein. Verdorbenes Fleisch weist graugrünliche Verfärbungen, schmierige Oberflächen sowie deutlich
Separatorenfleisch
Auch die Fleischreste werden verarbeitet
fäulnisartige Geruchsabweichungen auf. Die Kühllagerung
Separatorenfleisch ist maschinell von ausgelösten
der Lebensmittel soll den Verderb durch Mikroorganismen
Knochen abgetrenntes zerkleinertes Fleisch. Es wird
hinauszögern. Aber auch bei Kühlschranktemperaturen ver-
in Fleischwaren verarbeitet. Separatorenfleisch darf
mehren sich viele zur Verderbnisflora von Fleisch zählende
im Zutatenverzeichnis nicht als Zutat Fleisch ange-
Keime, wie die Pseudomonaden. Bei zu langer Lagerung
geben werden. Es ist als Separatoren-
setzen daher auch bei gekühlter Aufbewahrung von Fleisch
fleisch zu deklarieren.
Verderbniserscheinungen ein. Wird die erforderliche Kühltemperatur nicht eingehalten, wachsen die Verderbskeime
wesentlich schneller, sodass sich die Haltbarkeit verkürzt
und das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Fertigpackungen
nicht erreicht wird.
Vor der Verarbeitung zu Fleischerzeugnissen muss das Fleisch
vom Knochen getrennt werden.
An den ausgelösten Knochen
haftet dann noch eine gewisse
Soll frisches Fleisch längerfristig haltbar gemacht werden,
Menge Restfleisch. In den gro-
ist eine Gefrierlagerung erforderlich. Bei Temperaturen un-
ßen Zerlege- und Produktions-
ter – 18 ° C sind die Lebensmittel vor dem Verderb durch
betrieben erfolgt die Gewinnung
Mikroorganismen geschützt. Verderb kann dann jedoch
von Restfleisch von entbeinten
durch Oxidation der Fettbestandteile durch Luftsauerstoff
Knochen oder von Geflügelkarkas-
erfolgen. Durch Lagerung bei unter –18 ° C und unter Luft-
sen maschinell. In Press-Trennmaschi-
abschluss ist gefrorenes Fleisch dann mehrere Monate
nen werden die fleischtragenden Kno-
lagerfähig. Wird gefrorenes Fleisch dagegen bei schwan-
chen unter hohem Druck gegen ein Siebsystem
kenden insbesondere bei zu hohen Temperaturen aufbe-
gepresst. Die weichen Bestandteile wie Muskulatur, Fett-
wahrt (Unterbrechung der Kühlkette) oder in beschädigten
und Bindegewebe passieren die Lochsiebe und werden
also undichten Verpackungen gelagert, tritt der so genannte
vom härteren Knochenmaterial getrennt. Man erhält das
Gefrierbrand ein: das heißt, das Fleisch trocknet stellen-
so genannte Separatorenfleisch. Die Struktur der Muskelfa-
weise aus und verfärbt sich hell. Hier hat der Sauerstoff
sern wird beim Separatorenfleisch zerstört oder aufgelöst.
leichter Zutritt und das Fett wird ranzig. Die vom Hersteller
Separatorenfleisch enthält viele vom Knochen abgeriebene
kalkulierte Haltbarkeit wird bei derartigen Lagerfehlern nicht
Partikel. Da Knochengewebe reich an Kalzium ist, weist
erreicht. Allerdings ist auch bei Tiefkühllagerung die Haltbar-
auch Separatorenfleisch hohe Kalziumgehalte auf.
keit begrenzt, und überlagerte Ware wird nach einiger Zeit
dann entsprechende Verderbserscheinungen zeigen.
Neben dieser konventionellen Hartseparation gibt es mittlerweile schonendere Herstellungstechnologien (Advan-
Auch in Baden-Württemberg wurden Ende des Jahres 2005
ced Meat Recovery, AMR), die mit wesentlich niedrigerem
im zeitlichen Zusammenhang mit dem Gammelfleischskan-
Druck arbeiten. Es wird ein neuer Typ von Separatoren-
dal 145 Verdachtsproben aus Kühl- oder Gefrierhäusern un-
fleisch gewonnen. Es weist nur einen niedrigen Anteil an
tersucht. 88 Proben (= 61 %) wiesen zum Teil erhebliche
Knochenabrieb auf, somit ist auch der Kalziumgehalt dieses
Verderbniserscheinungen auf. Es wurde sowohl Verderb
Separatorenfleisches wesentlich niedriger. Es ist daher we-
durch Mikroorganismen als auch Fettverderb durch unsach-
sentlich schlechter in Fleischerzeugnissen nachzuweisen
gemäße Gefrierlagerung festgestellt, darunter beispiels-
als das oben beschriebene Produkt, das nach der alten
weise fauliges Rinderfilet und extrem ranzige Fleischwaren
Technologie gewonnen wurde.
Abb.:
Separatorenfleisch
34
Lebensmittelüberwachung BW
Separatorenfleisch kann in Fleischerzeugnissen histologisch über einen erhöhten Gehalt an Knochenpartikeln
und chemisch über erhöhte Kalziumgehalte nachgewiesen
werden. Die Untersuchungen der im Jahr 2005 insgesamt
auf Separatorenfleisch untersuchten 123 Proben – sowohl
Fleischerzeugnisse als auch Verarbeitungsfleischproben
– zeigen, dass sich Separatorenfleisch auf dem Markt befindet und in Fleischerzeugnissen verwendet wird. In insgesamt 21 Fällen konnte Separatorenfleisch nachgewiesen
werden. Hier ist die hohe Anzahl an positiven Proben insbesondere auf die Nachverfolgung von Beanstandungen
in der Regel mit mehreren Proben pro Fall zurückzuführen.
Im Handel und bei der Verarbeitung in Fleischwaren darf
Separatorenfleisch allerdings nicht als Zutat Fleisch ausgewiesen werden, sondern muss als Separatorenfleisch
bezeichnet oder im Zutatenverzeichnis deklariert werden.
Es darf auch nicht zu dem anzugebenden Fleischanteil hinzugerechnet werden. Bei der Abgabe von loser Ware ist die
Verwendung von Separatorenfleisch ausreichend kenntlich
zu machen. Bei Betriebskontrollen wurde das Separatoren-
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Fremdwasser in Hähnchenfleisch?
Die Zugabe von Fremdwasser ist im Fleischbereich teilweise technologisch erforderlich, wie beispielsweise bei den
Brühwürsten. Bei anderen Fleischerzeugnissen dient die
Zugabe von Fremdwasser einzig der Gewinnoptimierung.
Im Rahmen des EG-weiten Koordinierten Überwachungsprogramms (KÜP) 2005 wurde die Sicherheit, Qualität und
Etikettierung von Geflügelfleischerzeugnissen hinsichtlich
der Verwendung von Wasserbindern überprüft. Hierzu
wurden insgesamt 58 Proben verschiedener Hähnchenfleischerzeugnisse, beispielsweise Hähnchenbrustfilets
(z.T. mit 8 % Flüssigwürze, z.T. naturbelassen), auf zahlreiche chemische Parameter wie Wasser-, Fett-, Protein-,
Hydroxyprolin-, Asche-, und Kohlenhydratgehalt untersucht.
Außerdem wurden die Proben auf Kennzeichnungsmängel
geprüft. 18 (= 31 %) der eingesandten Proben wurden wegen zu hohem Fremdwassergehalt mit einem Spitzenwert
von 17 % Fremdwasser bzw. zu niedrigem Fleischanteil
beanstandet.
fleisch auch unter der Bezeichnung „3-mm-Fleisch“, „Baaderfleisch“ oder „MDM“ (= Mechanically Deboned Meat)
vorgefunden. Die Verwendung dieser Bezeichnungen für
Separatorenfleisch muss als irreführend beurteilt werden.
Auffällig ist, dass Fleischwaren mit der deklarierten Zutat
Separatorenfleisch kaum anzutreffen sind.
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere
und -Erzeugnisse
Hygienische Beschaffenheit von tiefgefrorenen Garnelen
Tiefgefrorene Garnelen verschiedener Größensortierungen erfreuen sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit
beim Verbraucher. In der Vergangenheit gab es mehrfach Hinweise darauf, dass die notwendigen hygienischen
Bedingungen bei der Produktion nicht immer eingehalten werden.
Im Rahmen einer Schwerpunktaktion 2005 wurden 85
bestimmten Keimarten gebildet. Der Indolgehalt korreliert
Proben tiefgefrorene Garnelen in Fertigpackungen sen-
nicht unmittelbar mit sinnfälligen Abweichungen, jedoch
sorisch, chemisch und mikrobiologisch untersucht. Über-
weisen erfahrungsgemäß Erzeugnisse mit sehr hohen In-
wiegend handelte es sich um gekochte, geschälte Ware.
dolgehalten auch starke Geruchs- und Geschmacksabwei-
Garnelenfleisch ist extrem rasch verderblich und in den
chungen auf. Wegen sensorischer Abweichungen muss-
Erzeugerländern herrschen recht hohe Umgebungstem-
ten fünf Proben beanstandet werden. Drei dieser Proben
peraturen. Durch den Kochprozess wird ein Großteil der in
wiesen gleichzeitig extrem hohe Indolgehalte auf, die zwei
der Rohware vorhandenen Bakterien abgetötet, die des-
anderen waren in Bezug auf Indol unauffällig, hatten jedoch
halb bei der mikrobiologischen Untersuchung nicht mehr
erhöhte Gesamtkeimzahlen. Bei den beanstandeten Pro-
nachweisbar sind. Auch die 2005 untersuchten Garnelen
ben handelte es sich um gekochte und geschälte Ware in
waren mikrobiologisch nicht zu bemängeln. Als Indikator für
kleinen Größensortierungen. Diese so genannten „Cock-
Hygienemängel, insbesondere eine deutliche Kühlketten-
tail-Garnelen“ oder „Cocktail-Shrimps“ aus tropischen
unterbrechung vor dem letzten keimtötenden Prozess, gilt
Fang- bzw. Erzeugungsgebieten waren schon häufiger
der Indolgehalt. Indol ist eine Substanz, die im Rahmen der
durch sensorische und hygienische Abweichungen aufge-
bakteriellen Eiweißzersetzung aus der Aminosäure Tryp-
fallen. Aus einer Probe roher gewürzter Garnelen wurden
tophan entsteht und durch Kochen und Tiefgefrieren nicht
Salmonellen Subspez. IV isoliert.
wesentlich beeinflusst wird. Allerdings wird Indol nur von
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere
Jahresbericht 2005
Seezunge, Tropenzunge oder Pangasius?
Nachweis von Verbrauchertäuschungen
Seezunge, Tropenzunge und Pangasius sind drei verschiedene Fischarten, die als Speisefische genutzt werden. Von den genannten Fischen
ist die Seezunge der wohlschmeckendste und auch mit Abstand der
teuerste Fisch. Bei der Tropenzunge und dem Pangasius
handelt es sich demgegenüber um weniger wohlschmeckende und geringwertigere Fische.
• Die Seezunge (solea solea bzw. solea vulgaris) ist ein
bis 70 cm langer Plattfisch, mit einer graubraunen bis
schwarzbraunen Augenseite und einer weißen Blindseite. Sie ist in fast allen europäischen Küstengewässern
und entlang der Atlantikküste bis zum Senegal verbreitet.
Nur dieser Fisch darf als „Seezunge“ bezeichnet und
verkauft werden. Andere Arten der Familie der Soleidea
dürfen als „Zunge“ bezeichnet werden.
• Die Rotzunge oder Tropenzunge (cynoglossus spp.) ist
eine Sammelbezeichnung für zahlreiche Zungenarten.
Diese gehören ebenfalls zu den Plattfischen, jedoch zu ei-
51 Proben, die in der Speisekarte als „Seezunge“
bezeichnet wurden
ner anderen Familie, zu den „Hundszungen“. Sie bleiben
Bei 35 von 51 als Seezunge bzw. Seezungenfilet
deutlich kleiner als die Seezunge. Tropische Zungenarten
angepriesenen Erzeugnissen kam eine billigere Va-
sind zwar verkehrsfähig, dürfen jedoch nicht als „See-
riante eines Plattfisches auf den Teller.
zunge“ bezeichnet werden, sondern müssen mit ihrer
Dies entspricht einer beachtlichen Beanstandungs-
vollständigen Bezeichnung: Rotzunge oder Tropenzunge
quote von 69 %. Bei einem Teil der Proben ließ sich
benannt werden.
aus den Lieferpapieren oder der Originalverpackung
• Der Pangasius (pangasius spp.) ist kein Plattfisch, sondern ein bis 120 cm langer Schlankwels. Dieser Fisch
in der Gaststätte die korrekte Angabe der Tierart entnehmen.
wird in Vietnam in Süßwasser-Aquakulturen gezogen.
Es handelt sich um einen preiswerteren Speisefisch.
Die Filets der drei Fische sehen sehr ähnlich aus, sodass
der Verbraucher anhand des Filets nicht erkennen kann, um
welchen Fisch es sich handelt.
Proben mit
Proben mit
Die Proben wurden hauptsächlich in Gaststätten erhoben
korrekter
falscher
Kennzeichnung
Kennzeichnung
31 %
69 %
und waren dort laut Speisekarte als Gerichte mit Seezungenfilets bezeichnet. Die Untersuchung, ob die angegebene Tierart vorlag, erfolgte mittels Isoelektrischer Fokussierung (IEF) und / oder Polymerasekettenreaktion (PCR).
Grafik:
Anteil der
fälschlicherweise
als Seezunge bzw.
Seezungenfilet
angepriesenen
Proben
Fischbezeichnung 2005
35
36
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Fette und Öle
Jeder Bundesbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg
Speisefette und Speiseöle. Davon ist etwa ein Drittel tierischer Herkunft
(hauptsächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pflanzlicher Herkunft, dabei handelt es sich hauptsächlich um Speiseöle und Margarine.
Diese 30 kg stellen übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten
Fettzufuhr dar, denn der überwiegende Teil wird als „verstecktes Fett“
mit anderen Lebensmitteln aufgenommen.
Olivenöl
Die meisten der in Deutschland verkauften Olivenöle werden als „Natives
Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle
dieser Kategorie müssen bestimmte
chemische Vorgaben einhalten, eine
wahrnehmbare Fruchtigkeit aufwei-
Im Jahr 2005 wurden insgesamt 1 460 Proben untersucht,
sen und frei von Fehlern sein. Im Berichtsjahr wurden 145
davon waren 233 (= 16 %) zu beanstanden, wobei 52 Be-
Olivenöle untersucht, davon waren 34 (= 23 %) zu bean-
anstandungen aufgrund der mangelhaften Kennzeichnung
standen, etwa die Hälfte davon wegen fehlerhafter Kenn-
bzw. Aufmachung ausgesprochen wurden.
zeichnung.
Viele Olivenöle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“
wiesen sensorisch wahrnehmbare Fehler auf (stichig,
schlammig, ranzig etc.), obwohl die chemischen Kennzahlen unauffällig waren. In einigen kritischen Fällen wurde der
sensorische Befund zusätzlich durch ein unabhängiges Olivenölpanel an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung
und Lebensmittel (BFEL) bestätigt. Auch die chemischen
Kennzahlen (z. B. Säuregehalt, UV-Absorption) von Ölen der
Kategorie „Natives Olivenöl extra“ entsprachen in einigen
Fällen nicht den Vorgaben der EU-Verordnung. Ein Olivenöl
aus Italien war erheblich mit Sojaöl verfälscht.
In zwei Olivenölen im Tetrapak wurde der Photoinitiator
Isopropylthioxanthon (ITX), ein Bestandteil der Druckfarbe,
Frittierfette
Wie auch in den Jahren zuvor weisen Frittierfette
in nennenswerten, jedoch nicht gesundheitsgefährdenden
Gehalten nachgewiesen.
mit Abstand die höchste Beanstandungsquote auf.
Zwei Proben natives Olivenöl extra aus Griechenland ent-
Von 379 untersuchten Proben mussten 129 (= 34 %)
hielten 12 bzw. 95 mg / kg an Diethylhexylphthalat (DEHP),
beanstandet werden. Die Verwendung von verdor-
einem Weichmacher für Kunststoffe, der toxikologisch nicht
benem Frittierfett kann leicht vermieden werden,
ganz unbedenklich ist. In der überwiegenden Anzahl der
wenn beim Frittieren einige Grundregeln eingehal-
untersuchten Olivenöle und anderen Speiseöle konnten da-
ten werden. Immer mehr Lebensmittelkontrolleu-
gegen keine Phthalate nachgewiesen werden; eine Konta-
re verwenden inzwischen elektronische Messge-
mination ist offensichtlich technisch vermeidbar. Die beiden
räte, mit denen verdorbene Frittierfette recht gut
auffälligen Olivenöle wurden daher beanstandet.
erkannt werden können. Dadurch können gezielt
auffällige Frittierfette identifiziert und als Probe gezogen werden. Für eine rechtsverbindliche Beurteilung der Frittierfette ist jedoch auch weiterhin eine
qualifizierte Untersuchung im chemischen Labor
unverzichtbar.
Offene Speiseöle in der Gastronomie
und im Einzelhandel
Von 54 offenen Speiseölen, die in Gaststätten und Kantinen auf den Tischen, an der Theke oder am Salatbüffet zur
Selbstbedienung angeboten wurden, waren 14 (= 26 %)
so stark ranzig, dass sie nicht mehr zum Verzehr geeignet
Emulgierte Bratfette
waren. Offensichtlich werden diese Öle, die ja empfindliche
Im Handel werden zunehmend flüssige Fettemulsionen
Sorgfalt behandelt.
zum Braten angeboten. Alle 15 untersuchten Proben wie-
Auch Speiseöle, die offen im Einzelhandel verkauft werden,
sen nur sehr geringe Spuren an trans-Fettsäuren auf. Al-
waren immer wieder zu beanstanden. Einige Öle waren
lerdings erwiesen sich zwei Proben als stark ranzig und
bereits ranzig, und nicht immer stimmten die Angaben auf
zwar schon deutlich vor Ablauf des Mindesthaltbarkeits-
den Vorratsgefäßen (oft handbeschriftete Glasballons) mit
datums.
dem Inhalt überein.
Lebensmittel darstellen, nicht immer mit der erforderlichen
Fette und Öle / Feinkostsalate
Jahresbericht 2005
Feinkostsalate
Andere Pflanzenöle
Eine ganze Reihe von pflanzliche Speiseölen und -fetten
wurden auf Sortenreinheit, Verderb, Raffination und thermische Belastung geprüft.
14 Öle wurden als „kaltgepresst“ oder „nativ“ angeprie-
In russischen Einzelhandelsgeschäften werden als Konservenwaren „Gemüsesalat“ bzw. „Meerkrautsalat“ angeboten. Diese Salate bestehen aus einer Mischung aus
Meeresalgen, Zwiebeln, Essig und Öl. In den Proben wurden Jodgehalte bis zu 52,7 mg / kg festgestellt. So ergibt
sich beim Verzehr dieses Doseninhalts von ca. 220 g eine
sen, obwohl sie einer Raffination unterzogen wurden, 2
Aufnahme an Jod von ca. 11 600 µg. Nach der Stellung-
dieser Öle waren Bestandteile von Fischkonserven. Ein
nahme des BfR (Bewertung des gesundheitlichen Risikos
Sonnenblumenöl war mit deutlichen Mengen an Rapsöl
durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen) liegt
verschnitten.
der für Deutschland als sicher betrachtete obere tolerab-
Bei ausländischen Ölen fehlte häufig die deut-
le Zufuhrwert bei 500 µg Jod /Tag. Dieser obere
tolerable Zufuhrwert ist bei den Proben bei
sche Kennzeichnung. Auch die Nährwert-
einer Gesamtverzehrsmenge der Portion
angaben waren nicht immer korrekt.
von 220 g deutlich überschritten. Die
Drei Proben Senföl aus Russland
Deutsche Gesellschaft für Ernährung
und aus einer heimischen Ölmüh-
empfiehlt eine durchschnittliche Ta-
le enthielten zwischen 25 % und
gesaufnahme von nicht mehr als
38 % Erucasäure. Diese langket-
200 µg Jod. Selbst wenn nur die
tige Fettsäure kommt häufig in
Hälfte des Doseninhalts von einer
größeren Konzentrationen im Öl
Person verzehrt wird, ist dieser
von Kreuzblütlern (früher auch im
Wert um ein Vielfaches überschrit-
Rapsöl) vor. Da größere Mengen an
ten. In ca. 3,8 g (!) des Erzeugnisses
sind diese 200 µg Jod enthalten. Die-
Erucasäure den Herzmuskel schädigen
können, ist der Gehalt in Speiseölen auf
ses Lebensmittel wurde daher als geeignet, die Gesundheit zu schädigen, beanstan-
5 % begrenzt.
Ein Arganöl aus Marokko und zwei Proben Leindotteröl aus
Russland wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren, weit über dem
Grenzwert von 2 µg / kg, auf.
det und ist somit nicht verkehrsfähig.
Die Warengruppe „Feinkostsalate“ weist eine hohe Beanstandungsrate auf, die maßgeblich auf die unzureichende
mikrobiologisch-hygienische Beschaffenheit von Produk-
Palmöle, vor allem aus Afrika, waren sehr häufig fehlerhaft
ten aus handwerklicher Herstellung zurückzuführen ist.
gekennzeichnet, in 3 Proben wurde zusätzlich noch der
Die Mehrzahl der beanstandeten Proben wies Kennzei-
verbotene Farbstoff Sudanrot nachgewiesen.
chen des Verderbs auf. Häufig wurde Ausgangsmaterial
mit mangelnder Frische verarbeitet. Eine unzureichende
Margarine
Produktions- bzw. Betriebshygiene ist als weitere wichtige
In 62 Proben Margarine wurde der Gehalt an trans-Fettsäu-
Bei den offen angebotenen Feinkostsalaten wurde zusätz-
ren und an Schwermetallen (Reste von Härtungskatalysa-
lich die notwendige Kenntlichmachung der Zusatzstoffe
toren) bestimmt. Die Gehalte lagen durchweg erfreulich
überprüft.
niedrig. Lediglich bei Margarinen für spezielle gewerbli-
Häufig erfolgt die Kenntlichmachung durch schriftliche Auf-
che Anwendungen (Back- und Ziehmargarinen) finden sich
zeichnungen in Form eines Ordners, der dem Verbraucher
höhere Gehalte an trans-Fettsäuren, die zur Erzielung der
unmittelbar zugänglich sein muss und auf den bei dem
gewünschten technologischen Zwecke anscheinend nicht
Lebensmittel hingewiesen werden muss. Die Angaben in
ganz zu vermeiden sind.
den Ordnern waren oft unvollständig oder fehlerhaft.
Ursache zu nennen.
37
38
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Getreide, Backwaren, Teigwaren
Getreide, Getreideprodukte
Verschiedene Getreideprodukte wurden von Verbrauchern
wegen Schädlingsbefall, hauptsächlich Motten, bei den
Landratsämtern abgegeben. Die Motten bzw. Mottenlarven bzw. Maden befinden sich sehr oft äußerlich in den
Packungsfalzen der Umverpackung. Aufgrund dieses Umstandes lässt sich in den meisten Fällen nicht sagen, wo
die Schädlinge in das Erzeugnis gelangt sind. Dies kann
beim Hersteller, Großhändler, Einzelhändler, aber auch
im Haushalt des Verbrauchers geschehen sein. In einigen
Fällen wurde auch Schädlingsbefall (Motten, Gespinste,
Reismehlkäfer) im original verpackten Erzeugnis festgestellt. In diesem Fall ist der Befall direkt beim Hersteller
und Abpacker sehr wahrscheinlich.
Einige Mehle wiesen aufgrund der Überlagerung sensorische Abweichungen auf.
Bei in Mühlen erhobenen Mehlproben stimmte die Typenangabe nicht mit dem ermittelten Mineralstoffgehalt überein. In der Deutschen Norm DIN 10355 ist geregelt, welche
Typenangabe welchem Mineralstoffgehalt entspricht.
Brot, Kleingebäck, Feine Backwaren
In Gebäckstücken wurden gesundheitsschädliche Fremd-
Schwarzwälder Kirschtorten wurden sensorisch und ana-
körper gefunden (Nagel im Brot, Drahtstück in Reiswaffel,
lytisch auf die charakteristische Zutat Kirschwasser unter-
grobkantige Kunststoffpartikel, Glasscherbe in Brötchen),
sucht. In Deutschland muss üblicherweise so viel Kirsch-
die beim Verzehr im Innenraum des Mundes zu Verletzun-
wasser bei der Herstellung dieser Torte verwendet werden,
gen führen können. Es handelte sich in allen Fällen um
dass sie auch deutlich danach schmeckt. Die Überprüfung
Verbraucherbeschwerden.
zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist. Die wesentlichen
Einige Gebäckstücke führten zu Verbraucherbeschwerden,
Komponenten der Schwarzwälder Kirschtorte sind nach
weil sich in den Backwaren Fremdkörper wie Kunststoff-
den „Leitsätzen für Feine Backwaren“ Wiener- oder Biskuit-
folien, Borsten eines Handbesens, Textilfasern, Papier be-
boden, Sahne oder Buttercreme, Kirschen und Kirschwas-
fanden. Außerdem wurden in Brot eine ganze tote Maus
ser sowie Schokoladenspäne als Verzierung. Das Kirsch-
vorgefunden, zudem befanden sich in Gebäckstücken tote
wasser wird entweder der Sahne zugesetzt, kann aber
Insekten und Käfer.
auch in der Füllmasse enthalten sein, manchmal wird mit
Auch in diesem Jahr wurde der Aluminiumgehalt von Lau-
dem Kirschwasser auch der fertige Boden getränkt. Zur
gengebäck bestimmt. Aluminiumhaltige Bleche sind nicht
Erzielung eines deutlichen Kirschwassergeschmacks sind
laugenbeständig und deshalb für das Backen von belaugten
nach dem Ergebnis der Untersuchungen mehr als 50 ml
Teiglingen ungeeignet. Die Untersuchung der Laugenge-
Kirschwasser / 2 kg Torte erforderlich. Das Kirschwasser
bäcke ergab, dass nach wie vor belaugte Teiglinge direkt
muss nicht aus dem Schwarzwald stammen. Ein Teil der
auf derartigen Aluminiumblechen gebacken werden. Diese
Proben wurde wegen der zu schwachen Kirschwassernote
Proben weisen in der Kruste an der Unterseite einen er-
als wertgemindert beanstandet.
höhten Aluminiumgehalt auf.
Ebenfalls überprüft wurden die zur Herstellung der
Bei Frankfurter Kranz, Sahnetorten und Obsttorten mit
Schwarzwälder Kirschtorte verwendeten Kirschwässer.
Belegkirschen war der Farbstoff in den Belegkirschen
Ein Kirschwasser fiel durch eine deutlich wahrnehmbare
nicht kenntlich gemacht. Eine Sachertorte enthielt zu we-
Fuselnote und einen wenig ausgeprägten Geruch auf. Bei
nig Butter, ein Frankfurter Kranz war nicht wie üblich mit
weiteren Kirschwässern wurde untypisches, unangeneh-
Buttercreme hergestellt, ein Schokoladenkuchen wurde
mes, an Lösungsmittel (Klebstoff!) erinnerndes Aroma fest-
ohne Schokolade / Kakao hergestellt. Die Verwendung von
gestellt. Derartige sensorische Eigenschaften schließen
kakaohaltiger Fettglasur als Überzug, die mit Schokolade
eine Verwendung zur Herstellung einer Schwarzwälder
verwechselbar ist, wurde nicht ausreichend kenntlich ge-
Kirschtorte aus.
macht.
Getreide, Backwaren, Teigwaren / Obst und Gemüse
Jahresbericht 2005
Teigwaren
Ein Großteil der Beanstandungen betraf die bakteriolo-
Noch immer sind die QUID-Angaben nicht überall ange-
gisch-hygienische Beschaffenheit gegarter Teigwaren aus
geben, d. h. bei Eierteigwaren fehlte die Menge der Zutat
Gaststätten. Solche Erzeugnisse wurden im Rahmen von
Ei.
Betriebsüberprüfungen durch die Landratsämter entnom-
Teigwaren, die ausschließlich aus Hartweizengrieß herge-
men. Sie wiesen deutlich erhöhte Keimzahlen mit senso-
stellt sein sollten, wiesen einen Weichweizenanteil von
rischen Abweichungen (muffiger und säuerlicher Geruch)
> 20 % auf.
auf. In einem Herstellerbetrieb für Teigwaren wurden Nu-
Die Auslobung „ohne genmanipulierte Rohstoffe“ bei fri-
deln in schwarz versporten Trockenkörpern gelagert und
schen Spätzle in einer Fertigpackung ist ohne entsprechen-
transportiert. Eine Verdachtsprobe Fadennudeln wurde
de konkrete Belege für jeden einzelnen infrage kommen-
vom Einzelhändler zum Verkauf angeboten, obwohl sie be-
den Rohstoff als irreführend anzusehen.
reits 1996 bezogen worden war. Die Nudeln waren durch
lebende und tote Tabakkäfer, unzählige Käferpuppen, Käferlarven, Insektenfragmente und zahlreiche lebende, kleine
Mücken stark verunreinigt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum
war auf der Verpackung nicht mehr erkennbar, es wurde
offensichtlich entfernt.
Obst, Gemüse und -Erzeugnisse
Verdorbene, Ekel erregende und
wertgeminderte Obst-, Pilz- und
Gemüseerzeugnisse in Gaststätten
Unhygienische Behandlung und unsachgemäße
Lagerung
Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen sind ähnlich wie bei
den Gemüseerzeugnissen auf Mängel in der Hygienepraxis
in den Betrieben zurückzuführen.
Bei den Obsterzeugnissen, z. B. Ananaskonserven für Hawaitoast oder Fruchtcocktails, zeigten sich gleichfalls die
vorstehend geschilderten Mängel, eine längere im Anbruch
Eine Verdachtsprobe offener gegarter Spargel, die im Rah-
befindliche Obstkonservendose wies einen weit überhöh-
men einer Betriebskontrolle in einem Restaurant entnom-
ten Zinngehalt von 400 mg / kg auf.
men wurde, war nur mit einem schmutzigen Geschirrtuch
abgedeckt. Sowohl am Tuch als auch am Spargel konnten
Schmutz und Haare nachgewiesen werden. Entsprechend
wies der gegarte Spargel deutlich überhöhte Keimgehalte
Nicht sichere Lebensmittel: getrocknete
Seealgen / getrockneter Seetang
auf, sodass das Lebensmittel als nicht zum Verzehr geeig-
Weiterhin gesundheitlich nicht unbedenkliche
net beanstandet wurde.
Meeresalgen- und Seetangerzeugnisse gewerbs-
Unter anderem gelangten offene Gemüseerzeugnisse wie
mäßig im Angebot
Sauerkraut, Paprika, Oliven und Artischocken aus Gast-
Bei einigen Proben getrockneten Seealgen bzw. Seetang
stätten, Pizzerien und ähnlichen Betrieben zur mikrobio-
wurde ein überhöhter Jodgehalt festgestellt. In einem Er-
logischen Untersuchung. Ein Großteil war aufgrund der
zeugnis lag der Gehalt bei über 5 400 mg Jod / kg Trocken-
mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit
masse.
zu beanstanden. Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen
Nach Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung
waren ausnahmslos auf eine unhygienische Behandlung
(BfR) sind getrocknete Algenerzeugnisse mit einem Jodge-
und vor allem auf eine unsachgemäße Lagerung bei zu
halt von 20 mg / kg geeignet, die Gesundheit zu schädigen,
hoher Temperatur bzw. in unhygienischen Behältnissen
da bei einer angenommenen Verzehrsmenge von 10 g die
sowie auf Überlagerung zurückzuführen. Immer wieder
Höhe der empfohlenen Tagesdosis an Jod (200 µg) bereits
ist festzustellen, dass Reste von Konservenware nicht aus
erreicht wird. Durch diese Maßnahme soll verhindert wer-
der Konservendose in ein geeignetes, sauberes und dicht-
den, dass, unter Berücksichtigung der Jodaufnahme aus
schließendes Behältnis umgefüllt werden, sondern über
anderen Quellen, die für Deutschland als sicher betrachtete
längere Zeit im geöffneten und korrodierten Originalbe-
Obergrenze der tolerablen Zufuhr von 500 µg /Tag nicht
hältnis verbleiben.
überschritten wird. Durch den Verzehr einer entsprechend
Auch Pilz-Verdachtsproben aus Gaststätten und ähnlichen
angenommenen Portionsgröße von 10 g würden bei der
Betrieben (offene Konservenware zur Weiterverarbeitung)
beanstandeten Probe ca. 54 mg Jod aufgenommen und
waren aufgrund ihrer mangelhaften sensorischen und mi-
somit der obere tolerable Zufuhrwert (500 µg) um etwa
krobiologisch-hygienischen Beschaffenheit zu beanstanden.
den Faktor 108 überschritten.
39
40
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Getrocknete Lilien – Novel Food?
Keimsprossen aus Saatgut
Eingebunden im Bundesweiten Überwachungsplan
Lebensmittelzuordnung durch EU-BasisVO
(BÜP)
178 / 2002 klargestellt
Im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜP)
wurde diese Produktgruppe auf den Konservierungsstoff
Schweflige Säure untersucht. Lediglich eine Probe getrocknete Lilien aus einem asiatischen Spezialitätengeschäft war
auffällig. Dieses Lebensmittel, bei dem eine Schwefelung
nach den Vorschriften der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung nicht erlaubt ist, wies jedoch mit 2 000 mg / kg (berechnet als Schwefeldioxid) einen sehr hohen Gehalt dieses
Konservierungsstoffes auf. Von der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde wurde eine EU-Schnellwarnung
veranlasst.
Ergänzend sei erwähnt, dass derzeit von der Europäischen
Kommission geprüft wird, ob Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutaten aus Lilien als neuartige Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-Verordnung einzustufen sind. Sollte es
sich um ein neuartiges Lebensmittel handeln, bedarf das
In-Verkehr-Bringen einer Genehmigung durch die EU-Kommission.
Bereits im Jahr 2002 wurde im CVUA Sigmaringen
ungekeimtes Saatgut zur Herstellung von Keimsprossen untersucht.
Fremdkörper in fertig verpackten
Erzeugnissen
Damals wurde festgestellt, dass diese Produkte
Immer noch nicht ausgemerzt
daher nicht den lebensmittelrechtlichen Vorschrif-
Die Verbraucherbeschwerden waren sicherlich berechtigt:
So befanden sich in einem Glas Artischockenherzen mehrere hellbeige, elastische Kunststofffetzen, welche sich
aufgrund ihrer Form als Teile eines Einmalhandschuhs zuordnen ließen. Dieser war offensichtlich beim Verarbeiten
der Artischocken getragen worden. In einem anderen Fall
war es ein etwa 20 cm langes Stück Mullbinde, welches
eine Verbraucherin im Delikatess-Weinsauerkraut vorfand.
Nicht minder unappetitlich wirkte eine Dose Pfifferlinge, in
welcher sich eine Zigarettenkippe befand.
Dass auch Schädlinge ihren Geschmack an Edelpilzen
finden, zeigte sich an einer Verbraucherbeschwerde von
immerhin 2,8 kg Steinpilzen in Olivenöl, welche von Gliedertieren (Tausendfüßler) befallen war. Offensichtlich hatten doch die betriebsinternen Kontrollen der betroffenen
Herstellerbetriebe versagt.
von der Mehrzahl der Hersteller als Saatgut in den
Verkehr gebracht wurden und die Kennzeichnung
ten entsprach. Im Hinblick auf die vorhandenen
nährwertbezogenen Angaben waren insbesondere die Vorgaben der Nährwert-Kennzeichnungsverordnung häufig nicht erfüllt.
Nach der damaligen Auffassung der Hersteller
handelte es sich jedoch bei diesen Produkten nicht
um Lebensmittel im Sinne des Lebensmittel- und
Bedarfsgegenständegesetzes, sodass die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen nicht anwendbar
wären.
Durch die neue Definition des Begriffs Lebensmittel in der Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 wurde
jedoch eindeutig klargestellt, dass diese Produkte
unter den Begriff Lebensmittel fallen.
Daher wurden im Berichtsjahr erneut acht derartige Proben untersucht. Zwar hatten mittlerweile einige Hersteller ihre Kennzeichnung den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen angepasst, dennoch
mussten vier Proben wegen Kennzeichnungsmängeln beanstandet werden.
Kräuter und Gewürze
Jahresbericht 2005
Kräuter und Gewürze
Nach Sudan jetzt auch andere Farbstoffe zum Würzen
Wie sind diese Farbstoffe gesundheitlich zu
bewerten?
Dazu hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde
(EFSA) im vergangenen Jahr eine Stellungnahme veröffentlicht (www.efsa.eu.int/science/ afc/afc_opinions/1127_
en.html
, EFSA-Journal 2005, S. 1 – 71). Demnach gibt
es experimentelle Beweise, dass Sudan I und Rhodamin
B kanzerogen und erbgutschädigend sind. Für die anderen
o. g. Farbstoffe fehlt dieser Beweis. Aufgrund der strukturellen chemischen Ähnlichkeiten ist aber anzunehmen,
dass auch Sudan IV und Pararot gleich einzustufen sind.
Für Orange II ist eine erbgutschädigende Wirkung nicht
auszuschließen, die vorliegenden Daten zur Kanzerogenität
von Orange II lassen keine Schlüsse zu.
Insgesamt liegen nach der Beurteilung der EFSA nicht
genug Daten für eine vollständige Risikoabschätzung vor.
Auch wenn die Verzehrsmengen an den Gewürzen insgesamt gering sind, kann die Verfälschung mit sehr wahrscheinlich gesundheitsschädlichen Farbstoffen jedoch nicht
toleriert werden. Daher wurden alle Proben, in denen verbotene Farbstoffe nachgewiesen wurden, wegen Verwendung eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes beanstandet.
Die Befunde wurden zudem über das europaweite Schnellwarnsystem (RASFF) verbreitet. Nach den Entscheidungen
Ergebnisse der Untersuchungen
Auch im Jahr 2005 wurden wieder Gewürze, Würzmischungen und Würzsoßen, die Paprika, Chili oder Kurkuma enthielten, auf künstliche Farbstoffe untersucht. Kurkuma ist
ein wesentlicher Bestanteil von Currypulvern. Die Belastungsquote ist im Vergleich zum Vorjahr nochmals deut-
der Europäischen Kommission von 2003 bis 2005 über
Dringlichkeitsmaßnahmen hinsichtlich Chili, Chilierzeugnissen und Kurkuma sind die betroffenen Produkte EU-weit
zu vernichten.
Schöne bunte Welt?
lich gesunken. Insgesamt konnten nur noch in 11 der 248
Die gefärbten Gewürze wurden von außerhalb der EU (z. B.
untersuchten Gewürze und Würzmischungen verbotene
Indien, Türkei, Pakistan, Ägypten) importiert. Nach Literatur-
Farbstoffe nachgewiesen werden. Dies entspricht einer
angaben, z. B. indischer Wissenschaftler, gibt es eine große
Quote von 4,4 % (2004: 13 %). Von den 62 untersuchten
Zahl an Farbstoffen die außerhalb der EU zur Verfälschung
Würzsoßen war sogar keine einzige mit verbotenen Farb-
oder zum Schönen von Gewürzen verwendet werden. Eine
stoffen belastet (2004: 8 %).
Reihe der in der Literatur genannten Farbstoffe wurden
Auffällig ist jedoch, dass sich die Palette der zur Verfälschung eingesetzten verbotenen Farbstoffe erweitert
hat. Außer den bisher gefundenen Farbstoffen Sudan I
und Sudan IV wurden im Jahr 2005 auch noch Pararot,
Rhodamin B und Orange II entdeckt. Die mit Pararot gefärbten Produkte enthielten zudem noch geringe Mengen
an Toluidinrot. In einer Probe, die mit Sudan I gefärbt war,
wurden zudem noch geringe Mengen an Sudan IV und
Buttergelb nachgewiesen.
inzwischen in die Screening-Methode des CVUA Karlsruhe
(Lebensmittelchemie 2003, S. 44 – 45) aufgenommen.
Aufgrund einer Literaturangabe über die mögliche Verwendung von giftigem Blei-Chromat, zum Glätten und Färben
von Kurkuma, wurden zudem 10 Kurkumaproben auf ihre
Bleigehalte untersucht. Erhöhte Bleigehalte wurden jedoch
in keiner Probe gefunden.
41
42
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Alkoholfreie Getränke
Fruchtsäfte, Fruchtnektare und alkoholfreie Erfrischungsgetränke
Im Berichtsjahr wurden 306 von 2 226 untersuchten Proben beanstandet.
Dauerbrenner Aloe Vera und Noni
Ungenießbar
Aloe-Vera-Getränke wurden mehrfach mit unzulässig hohen
Im Berichtsjahr mussten mehrere Fruchtsäfte und Erfri-
Aloingehalten in Verkehr gebracht. Aloin ist ein natürlicher
schungsgetränke, vorwiegend Verbraucherbeschwerden,
Inhaltsstoff in den äußeren Blattschichten der Aloe-Vera-
als wertgemindert, verdorben oder sogar gesundheits-
Pflanze, der abführend wirkt und in Verdacht steht, Krebs
zu erzeugen. Bei nicht sorgfältigem Entfernen dieser
Blattanteile vor der Saftgewinnung, gelangt Aloin in
erhöhten Gehalten (> 0,1 mg / l) in das Endprodukt.
Derartige Erzeugnisse sind nicht verkehrsfähig.
Darüber hinaus wurden Aloe-Vera- sowie Noni-Getränke aufgrund von irreführenden oder krankheitsbezogenen Werbebehauptungen beanstandet. Auch
seriöse Hersteller profitieren inzwischen davon, dass die
Verkehrsauffassung von Aloe-Vera- und Noni-Getränken als
„heilkräftige Wundermittel“ durch Internetwerbung, dubiose Vermarktungsstrategien, private Verkaufsveranstaltungen, Buchbewerbungen etc. geprägt ist. Auf Werbefahrten
werden beispielsweise Kartons mit drei 1-Liter-Flaschen
Aloe-Vera-Saft zu 800 1, also völlig überteuert im Vergleich
zum üblichen Literhöchstpreis von 30 1, angeboten.
Getränke aus Schankanlagen
Bei zahlreichen offen an den Verbraucher abgegebenen
Getränken war die Kenntlichmachung der enthaltenen
schädlich beanstandet werden:
• In den Packungen verschiedener Fruchtsäfte und Fruchtsaftgetränke waren Pilzmycele enthalten. Als Ursache für
derartige Abweichungen kommt eine fehlerhafte Abfüllung oder ein undichter Verschluss, der das Eindringen
von Luftkeimen ermöglicht, in Betracht.
• Mehrere Flaschen Orangensaft eines Herstellers rochen
Ekel erregend nach faulen Eiern. Zudem wurden erhöhte
Gehalte an Milchsäurebakterien und ungewöhnlich hohe
Milchsäuregehalte festgestellt. Die eigentliche Ursache
bzw. die für den abweichenden Geruch verantwortlichen
Keime konnten auch nach einer Betriebskontrolle inklusive Überprüfung der betriebseigenen Kontrollmaßnahmen nicht festgestellt werden.
• Einige Apfel- bzw. Traubensäfte wiesen erhöhte Gehalte
an Hydroxymethylfurfural (HMF) und damit verbundene
sensorische Abweichungen („Brotton“, „Kochton“) auf.
Erhöhte HMF-Gehalte zeigen eine vermeidbare Wärmebelastung bei der Herstellung, Abfüllung oder Lagerung
der Fruchtsäfte an.
Zusatzstoffe, wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe, An-
• Ein Fruchtsaftgetränk in einer Mehrwegflasche war stark
tioxidationsmittel, Süßungsmittel, Koffein oder Chinin, in
alkalisch (pH 11,9) und enthielt einen rechnerischen An-
Speise- oder Getränkekarten noch immer fehlerhaft oder
teil an Reinigungslauge von 12 %. Offensichtlich hatte
fehlte ganz. Mikrobiologisch beanstandet wurden offene
die Leerflaschenkontrolle nicht funktioniert.
Getränke vorwiegend wegen hoher Keimzahlen in Bezug
• Zwei Flaschen eines Erfrischungsgetränkes wurden
auf Enterobakterien, coliforme Keime und Escherichia coli,
wegen eines lösemittelartigen Geruchs und weißen,
Pseudomonaden, Hefen und Laktobazillen. Die Befunde
flockenartigen Gebilden, die als Grünschimmel identifi-
ließen entweder auf mangelnde Hygiene im Betrieb (z. B.
ziert wurden, beanstandet. Die chemische Untersuchung
durch den Nachweis von Pseudomonaden und / oder coli-
ergab als Hauptkomponente trans-1,3-Pentadien. Nach
formen Keimen) oder auf einen mikrobiellen Verderb der
Literaturangaben sind u. a. Schimmelpilze der Gattung
Getränke (durch den Nachweis von Hefen, Laktobazillen,
Penicillium in der Lage, Sorbinsäure zu 1,3-Pentadien
Schimmelpilzen) schließen. Trotz der mikrobiologischen
abzubauen. Da das Getränk zulässigerweise mit Sor-
Ergebnisse waren die Getränke oft sensorisch unauffällig.
binsäure konserviert war, könnte so das Vorhandensein
Vermutlich wurden eventuelle sensorische Mängel durch
den vorhandenen Zucker und die Aromen überdeckt.
von 1,3-Pentadien erklärt werden.
• In einem koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk, das wegen
eines stark „chemischen“ Geruchs als Beschwerdeprobe überbracht wurde, waren das Desinfektions- bzw.
Konservierungsmittel 4-Chlor-3-methylphenol (Chlorkresol) sowie das Fungizid 2-Phenylphenol nachweisbar. Da die Innenseite der Kunststoffflasche am Boden
Ätzspuren aufwies, ist zu vermuten, dass der Hinweis
auf dem Etikett „Flasche nur für Getränke verwenden“
nicht beachtet wurde und in die Pfandflasche zeitweise
Chemikalien eingefüllt waren.
Alkoholfreie Getränke
Jahresbericht 2005
Exotisch
Obwohl der Erfrischungsgetränkebereich nicht arm an Innovationen ist, führte das Erzeugnis „bird’s nest drink“
dennoch zu Erstaunen. Das aus Asien stammende
Getränk von zähflüssiger Konsistenz mit gallertartigen, weit gehend geschmacksneutralen Klumpen
beeindruckte die Prüfer mit dem Zutatenverzeichnis
„Wasser, Zucker, Schwalbennest“. Da die letztere
Zutat in der Europäischen Union nicht auf dem Speisezettel der Verbraucher steht, wurde das Getränk als
nicht verkehrsfähig beurteilt.
Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser, abgepacktes Trinkwasser
Im Berichtsjahr wurden 1 409 Proben untersucht, beanstandet wurden 210.
Fluorid: Entfernung möglich, aber
genehmigt. Um Mineralwasser mit
terschiedliche Daten angegeben. Die
nicht zulässig
niedrigem Fluoridgehalt zumischen zu
Werbung mit einem besonderen Mag-
können, wurde sogar eine Leitung mit
nesiumgehalt wurde beanstandet,
über 14 km Länge gebaut. Stand kein
wenn die vorliegende Konzentration
fluoridarmes Mineralwasser zur Mi-
mit keiner ernährungsphysiologischen
schung zur Verfügung, so musste die
Wirkung verbunden war.
Bei natürlichen Mineralwässern ist die
Kennzeichnung von Fluoridgehalten
über 1,5 mg / l vorgeschrieben. Zum
Schutz von Säuglingen und Kleinkindern muss die folgende Angabe auf
dem Etikett in unmittelbarer Nähe zur
Verkehrsbezeichnung angebracht sein:
„Enthält mehr als 1,5 mg / l Fluorid:
Für Säuglinge und Kleinkinder unter 7 Jahren nicht zum regelmäßigen Verzehr geeignet“. Insgesamt
wurden über 300 natürliche Mineral-
oben angegebene Kennzeichnung auf
dem Etikett erfolgen. Die Kontrollen
Flaschenreinigung: Entfernung
führten dazu, dass alle Fluoridgehal-
von Verunreinigungen misslungen
te über 1,5 mg / l inzwischen entsprechend gekennzeichnet werden.
Neue EU-Mitgliedsländer: Entfernung überwunden
56 Verbraucherbeschwerden konnten
durch sensorische und soweit möglich auch chemische Untersuchungen
bestätigt werden. Kunststoff-Flaschen
aus PET waren dabei besonders an-
wässer und Rohwässer auf ihren Fluo-
Aus den neuen EU-Mitgliedsländern
fällig für Fremdgeruch und Fremd-
ridgehalt untersucht. Zudem wurden
fanden hauptsächlich Quellwässer
geschmack. Werden diese Flaschen
die Brunnenbetriebe, die fluoridhaltige
und Tafelwässer ihren Weg nach
zweckentfremdet verwendet, z. B.
Mineralwässer gewinnen und in den
Deutschland. Neben wenigen Bean-
zur Lagerung von Reinigungs- oder
Verkehr bringen, kontrolliert, beprobt
standungen der chemischen Zusam-
Lösungsmitteln, so sind die Flaschen,
und die Etikettierungen auf vorge-
mensetzung (z. B. erhöhter Gehalt an
im Gegensatz zu Glasflaschen, nicht
schriebene Angaben überprüft.Bei den
organischem Kohlenstoff) und des
mehr zur Wiederbefüllung mit Mine-
durchgeführten Kontrollen wurden teil-
mikrobiologischen Status (Nachweis
ralwasser geeignet. In Mehrwegfla-
weise Filter zur Fluoridentfernung vor-
von Pseudomonas aeruginosa und
schen war es meist der Schimmelpilz
gefunden. Ausnahmegenehmigungen
coliformen Keimen als Indikatoren
des Vorgängers, der noch in der Fla-
zum Einsatz derartiger Verfahren wur-
einer Kontamination) betrafen die Be-
sche klebte und durch die Flaschen-
den von einigen Herstellern beantragt,
anstandungen eine weite Palette an
reinigung nicht entfernt wurde. Auch
bisher vom zuständigen Bundesminis-
Kennzeichnungsmängeln: Zum Teil
rotbraune Rückstände an Eisenhydro-
terium jedoch abgelehnt. Auch vonsei-
fehlte eine deutsche Kennzeichnung
xid führten wieder zu Beanstandun-
ten der EU-Kommission wurden diese
vollständig, sodass die Proben keiner
gen. Eine besonders ausgefallene
Verfahren noch nicht zur Anwendung
Produktgruppe zugeordnet werden
Erklärung gab es für „dunkle Punk-
freigegeben. Die Entfluoridierung na-
konnten. Wurde deutsch gekennzeich-
te“ in einem Mineralwasser. Sie ent-
türlicher Mineralwässer stellt daher
net, so wurde mehrfach die Bezeich-
puppten sich als Schneeflöhe, die sich
ein unzulässiges Herstellungsverfah-
nung „natürliches Quellwasser“ als
massenhaft zwischen Flaschengewin-
ren dar. Um den Fluoridgehalt unter
Verkehrsbezeichnung gewählt. Dies
de und Schraubverschluss aufhielten
die Deklarationsgrenze zu senken,
ist aufgrund der Verwechslungsmög-
und beim Einschenken ihren Weg ins
wurden Anträge auf Mischungen mit
lichkeit mit natürlichem Mineralwas-
Trinkglas fanden.
fluoridarmen Rohwässern zur amtli-
ser nicht zulässig. Als Mindesthaltbar-
chen Anerkennung eingereicht und
keitsdatum waren wiederholt zwei un-
43
44
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Wein, Erzeugnisse aus Wein
Schillerwein mit Blausäure
Mehrere Teilfüllungen eines Schiller-
Nicht handelsübliche Beschaffenheit und önologische Verfahren
Weinbezeichnungsrecht:
Die äußere Beschaffenheit ist
für die Kaufentscheidung mit-
weines, die durch einen Geruch nach
Ein als Verbraucherbeschwerde abge-
Blausäure auffielen, wurden aufgrund
gebener Wein war mit Mineralöl ver-
von Restgehalten an Cyanid von bis
unreinigt. Eine Tankprobe Tafelwein
Der Kaufwert einer Flasche Wein be-
zu 3 mg / l beanstandet. Die Ursache
fiel durch einen deutlichen Styrolton
misst sich stark nach ihrer Aufmachung
bestimmend
lag in einer zulässigen, aber unsachge-
auf. Monostyrol („Styrol“) ist häufig
und Ausstattung. Die Überprüfung der
mäß durchgeführten Blauschönung,
Bestandteil des Kunststoffmaterials,
Weinbezeichnungen liegt deshalb so-
die z. B. zur Verhinderung von Eisen-
aus dem Gär- und Lagertanks gefertigt
wohl im Interesse der Verbraucher als
trübungen oder zur Entfernung von
sind. So kommt bei der Herstellung
auch der redlichen Erzeuger.
Kupfersulfat durchgeführt wird, das
von GFK-Tanks u. a. Styrol als Aushär-
Zahlreiche Verstöße gegen das Wein-
Wein zur Vermeidung eines „böck-
temittel zum Einsatz. Behandlungs-
bezeichnungsrecht wurden festge-
serartigen“ Fehltones zugesetzt wird.
fehler, insbesondere Verletzungen
stellt. Typische Beanstandungsgründe
Einige dieser blaugeschönten Weine
der glatten Innenbeschichtung, aber
betrafen Mängel bei der Abfüller- und
wurden zudem ohne zugeteilte Amt-
auch alterungsbedingte Risse können
Alkoholgehaltsangabe, unzutreffen-
liche Prüfnummer als Qualitätswein in
Styrol freisetzen.
de Hinweise auf die Herstellungsart
den Verkehr gebracht, da sie nach die-
Zahlreiche Weine fielen wegen über
oder die unzulässige Verwendung ge-
ser önologischen Behandlung erneut
das tolerierbare Maß hinausgehen-
schützter Herkunftsbezeichnungen.
bei der Prüfungsbehörde hätten an-
der sensorischer Fehlern auf („UTA“ ,
Ein großer Teil der Mängel entfiel auf
gestellt werden müssen. Die Öffent-
Oxidation, Trübung, Böckser, Schim-
teilweise oder gänzlich fehlende bzw.
lichkeit wurde, nachdem der Verstoß
melmuff, Mäuseln, Essigstich u. a.).
fehlerhafte oder auch schlecht lesbare
behördlicherseits aufgedeckt wurde,
Nach wie vor problematisch ist die so
Pflichtangaben. Ein deutscher Quali-
durch den Erzeugerbetrieb über den
genannte untypische Alterungsnote
tätswein b. A. war mit der nur für be-
fehlerhaften und fälschlicherweise als
(UTA). Diese Weine präsentieren sich
stimmte französische Weine zugelas-
„Qualitätswein“ bezeichneten Wein
mit zunehmendem Alter durch einen
senen traditionellen Angabe „sur lie“
informiert. Die betroffenen Chargen
Geruch nach Naphthalin, Mottenku-
versehen. Es handelt sich hierbei um
(ca. 42 000 l) wurden zu Alkohol des-
geln oder Geruchsteinen einer Wirts-
die Angabe einer Ausbaumethode, bei
tilliert.
haustoilette. Die Ursache ist der Ge-
der Wein bis zur Füllung auf der Hefe
ruchsstoff 2- Aminoacetophenon mit
verbleibt, um insbesondere im Holz-
einer Wahrnehmungsschwelle ab 0,5
fass ausgebauten Weißweinen mehr
Isotopenanalytik entlarvt Osteuropaweine
Mittels Isotopenanalytik kann festgestellt werden, ob der Alkohol im Wein
tatsächlich aus Trauben stammt oder
aus anderen natürlichen Zuckerquellen
wie Rüben- oder Rohrzucker. Bei einem Likörwein aus Moldawien konnte
nachgewiesen werden, dass der Alkohol des Weines zu mehr als 90 % aus
Rübenzuckeralkohol bestand. Zwei
weitere Rotweine ebenfalls aus Moldawien waren ebenfalls mit Rübenzucker gesüßt worden, in einem Fall
mindestens mit 80 % Rübenzucker
im anderen Fall mit mindestens 50 %
Rübenzucker in den vorhandenen
Zuckern des Weines. Eine derartige
Süßung von Wein ist nach den EUweinrechtlichen Bestimmungen nicht
zulässig.
µg / l, das aus pflanzeneigenen Hor-
Extrakt und Komplexität zu verleihen.
monen infolge Trockenstress, hohem
Deutscher Qualitätswein darf nur nach
Ertrag und schlechter Stickstoffversor-
Erteilung einer amtlichen Prüfungs-
gung der Pflanze gebildet wird.
nummer (A.P-Nr.) in den Verkehr ge-
Ein „Perlwein mit zugesetzter Kohlen-
bracht werden. Der Antragsteller muss
säure“ war mit synthetischem Pfir-
bei der zuständigen Prüfungsbehörde
sicharoma aromatisiert. Bei einem als
mit dem zur Qualitätsweinprüfung an-
„Spätburgunder Rosé“ bezeichneten
gestellten Wein die zugehörigen, von
Wein hatte der Erzeuger unzulässiger-
einem Handelslabor erstellten Analy-
weise Müller-Thurgau-Süßreserve zur
senzahlen vorlegen. Durch Vergleich
Süßung verwendet. Vier Weine fielen
mit diesen hinterlegten Analysenzah-
durch Überschreitungen der Grenzwer-
len konnte im Berichtsjahr nachgewie-
te für die Gehalte an flüchtiger Säure
sen werden, dass 40 Weine mit der
bzw. Gesamt-Schwefeldioxid auf. Bei
Bezeichnung „Qualitätswein“ stofflich
drei Perlweinen mit zugesetzter Koh-
nicht identisch mit der zur amtlichen
lensäure lag der Überdruck mehr oder
Prüfung angestellten Probe waren.
weniger deutlich über dem Grenzwert
In der Mehrzahl erfolgte hierbei die
von 2,5 bar. Bei einem kalifornischen
Vermarktung, obwohl erst gar keine
Roséwein war der Grenzwert für zu-
A.P-Nr. beantragt worden oder der
gesetzte Zitronensäure mit 1,35 g / l
Antrag auf Erteilung der A.P-Nr. abge-
deutlich überschritten.
lehnt worden war. Die Angabe „Qualitätswein“ steht derartigen Weinen
Wein und Weinerzeugnisse
Jahresbericht 2005
nicht zu. Ein Landwein war ebenfalls
Ein Getränkehändler wollte den Absatz
mit der hier nicht zulässigen amtlichen
eines Schaumweins ankurbeln. Hierzu
Prüfnummer versehen. Bei mehreren
hatte er den Namen seiner Gemeinde
Weinen wichen die festgestellten Al-
wie auch einen bekannten Einzellage-
koholgehalte über die vorgegebene
namen als „Marke“ blickfangartig auf
Toleranz hinaus von den Angaben auf
den selbst gestalteten Etiketten an-
dem Etikett ab.
gebracht. Bei dem Schaumwein han-
Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure
delte es sich jedoch um ein Erzeugnis
aus einem badischen Erzeugerbetrieb
aus einfachen italienischen und spani-
trug die Rebsortenbezeichnung „Pro-
schen Grundweinen. Den Vorhalt der
secco“, eine im Veneto (Italien) vorkom-
Irreführung wollte der Händler aller-
mende Rebsorte, die in Baden weder
dings nicht gelten lassen. Obwohl er
klassifiziert noch auf den Rebflächen
zugab, dass der Absatz dieses Erzeug-
des Erzeugers beheimatet ist.
nisses vor allem wegen des Bezugs
Mehrere Proben fielen auf durch un-
zur badischen Heimat florierte (eine
zulässige Erzeugerangaben wie „Win-
nahe gelegene Burgruine wurde eben-
zer“, „Schlossabfüllung“ sowie nicht
falls abgebildet), hat er der Weinkon-
zutreffende Herkunftsangaben. Zwei
trolle „kleinliches und geschäftsschä-
Qualitätsweine b. A. mit angeblicher
digendes“ Verhalten vorgeworfen.
Herkunft aus dem Anbaugebiet Baden
waren mit großformatigen Abbildun-
Aus der Arbeit der Weinkontrolle
Den Umsatzverlust und das Bußgeld
wird er dennoch tragen müssen.
gen der Altstadt und des Schlosses
Im Berichtszeitraum mussten wie-
Der Betreiber einer Straußwirtschaft
von Heidelberg versehen, obwohl
derum zahlreiche Belehrungen und
hatte dem Weinkontrolleur sein neu-
der Wein aus dem Anbaugebiet Pfalz
Beanstandungen wegen Verstößen
estes Erzeugnis ganz stolz vorgestellt.
stammte.
gegen die Buchführungspflichten
Es handelte sich um einen Perlwein
ausgesprochen werden. Um Manipu-
mit zugesetzter Kohlensäure, der im
Straßenfeste unter der Lupe oder
lationen vorzubeugen, hat der Gesetz-
Lohnverfahren bereitet worden war.
Wertsteigerung durch Umetiket-
geber bestimmt, dass zur Lesezeit die
Als jedoch beim Öffnen der Flasche
tierung
Eintragungen über Herkunft, Menge,
der Verschluss gegen die Kellerdecke
Mostgewicht und Sorte der Trauben
knallte, kamen dem Kontrolleur erste
noch am Tag der Ernte im Herbstbuch
Zweifel hinsichtlich der für Perlwein
Die geografische Herkunft prägt den
Charakter des Weines und gibt dem
Verbraucher einen Hinweis auf das zu
erwartende Geschmackserlebnis. So
zeigen Weine aus Baden, Württemberg, Pfalz, Mosel u. a. jeweils spezifischen eigenen Charakter. Diese
Wertigkeit ist mit dem Schutz der geographischen Herkunft im Weingesetz
verankert. Auf einer Weinkerwe wurden durch die Weinkontrolle bei einer
Besenwirtschaft Weine im Ausschank
festgestellt, die nicht aus eigener Erzeugung und Herkunft stammen konnten. Der Verantwortliche räumte ein,
Pfälzer Weine umetikettiert zu haben
und als badische Lagenweine verkauft
zu haben.
vorzunehmen sind. Ebenso müssen
festgelegten Obergrenze des Kohlen-
bestimmte Schritte der Weinberei-
säureüberdrucks. Für Perlwein dürfen
tung im Weinbuch erfasst werden.
2,5 bar nicht überschritten werden,
Gegen Hilfsaufzeichnungen während
wobei der Druck bei einer Tempera-
der Weinbereitung ist nichts einzu-
tur von exakt 20 ° C ermittelt werden
wenden. Diese allein sind aber nicht
muss. Die Überprüfung im Labor er-
ausreichend, weil die gesetzlich ge-
gab jedoch einen Überdruck von 3,7
forderten Angaben nicht (nur) auf Zet-
bar. Der Abfüller hatte zwar die techni-
tel oder in Schmierhefte, sondern in
schen Voraussetzungen zum Abfüllen
gebundene Bücher einzutragen sind.
von Perlwein geschaffen, die Zusam-
Der Eigentümer eines kleinen Wein-
menhänge zwischen Temperatur und
guts hatte sogar vier Jahre lang kei-
Überdruck jedoch nicht beachtet. Wird
ne Eintragungen in der Buchführung
beispielsweise bei einer Temperatur
vorgenommen und zudem 16 amtli-
von 10 ° C der Überdruck eines Perl-
che Prüfungsnummern frei erfunden.
weins auf 2,5 bar eingestellt, steigt
Da der Verantwortliche erkennbar mit
dieser bei 20 ° C bereits auf 3,6 bar. In
„dem Schriftkram“ überfordert war,
einigen Fällen mussten die Flaschen
hat der Sohn die Buchführung über-
geöffnet und der Überdruck neu ein-
nommen. Hätte dieser bereits früher
gestellt werden.
nach dem Rechten gesehen, wäre es
wahrscheinlich nicht zur förmlichen
Beanstandung gekommen.
45
Lebensmittelüberwachung BW
46
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Alkoholische Getränke (außer Wein)
Spirituosen
In Baden-Württemberg sind mit ca. 22 500 Betrieben fast
Die Auswertung von 180 Fragebögen ergab nun, auf wel-
80 % aller deutschen Kleinbrennereien gemeldet, die in
che brennereitechnischen Parameter zur EC-Vermeidung
der Regel pro Brennrecht jeweils 300 l Alkohol erzeugen.
besonders zu achten ist. Die Ergebnisse stimmen im We-
Auch bei den industriell produzierenden Obstverschluss-
sentlichen mit bereits bestehenden Empfehlungen zur Re-
brennereien befindet sich der überwiegende Anteil in Ba-
duzierung des Ethylcarbamatgehaltes in Steinobstbränden
den-Württemberg, wobei der Spitzenreiter jährlich über
überein. Zur Minimierung des Ethylcarbamatgehaltes in
200 000 l Alkohol produziert.
Steinobstbränden haben sich folgende Parameter bei der
Herstellung besonders bewährt:
Ethylcarbamat: Auswertung von Fragebögen zur Erhebung von Steinobstbränden bei Kleinbrennereien
Ethylcarbamat (EC) kommt bei mangelhafter Herstellungsweise in Steinobstdestillaten vor. Es bildet sich unter ande-
• die Verwendung automatischer Spülvorrichtungen für
das Brenngerät,
• eine Destillation unter Verwendung eines Kupfer-Katalysators,
rem aus Blausäure, die beim Brennvorgang in das Destillat
• die Nachlaufabtrennung bei über 50 % vol. und
übergehen kann und zuvor aus natürlichen Vorläufersub-
• der Verzicht der Verwendung älterer Nachläufe.
stanzen freigesetzt wird, die besonders in Obststeinen vorkommen. Ethylcarbamat besitzt erbgutschädigende und
krebserregende Eigenschaften. Der Gehalt dieser Substanz
in Steinobstbränden ist daher unbedingt zu minimieren.
Vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt (BGA) wurde
bereits 1986 ein Richtwert von 0,4 mg / l für trinkfertige
Spirituosen festgelegt, bei dessen Überschreitung um das
Doppelte (0,8 mg / l) Maßnahmen zu ergreifen sind.
Als Hilfe zur praktischen Umsetzung der relevanten Parameter ist ein neu herausgegebenes Merkblatt für Kleinbrenner auf der Internetseite der Untersuchungsämter
abrufbar www.untersuchungsaemter-bw.de
Bei jüngeren Brennanlagen (etwa ab Baujahr 1980) sind geringere EC-Gehalte der Brände zu erkennen. Neuere Anlagen sind häufiger mit automatischen Spülvorrichtungen und
einem Kupfer-Katalysator ausgestattet, beide Komponenten
Zur praxisbezogenen Ermittlung von Einflussfaktoren auf
haben einen entscheidenden Einfluss auf die EC-Gehalte
die Ethylcarbamatgehalte in Steinobstbränden werden in
der Brände. Sowohl die Destillation mit Kupfer-Katalysator
Baden-Württemberg seit 2001 bei der Probenahme von
(21 % der Brände) als auch die Reinigung über eine auto-
Steinobstbränden in Kleinbrennereien anhand spezieller
matische Spülvorrichtung (24 % der Brände) haben einen
Fragebögen diverse brennereitechnische Parameter abge-
positiven Einfluss auf die Minimierung der EC-Gehalte in
fragt. In den Fragebögen sind u. a. Angaben zu der Obst-
Steinobstbränden. Bei Bränden, bei denen der Nachlauf
sorte der Brände, dem Baujahr der Destillationsanlage, der
eines älteren Brandes mitverwendet wurde, sind die er-
Reinigung der Anlage, Verwendung eines Kupferkatalysa-
mittelten EC-Gehalte höher als bei Bränden, bei denen kein
tors bei der Destillation, dem Zeitpunkt der Nachlaufab-
Nachlauf mitverwendet wurde. Bei einer Abtrennung des
trennung, der Verwendung des Nachlaufs eines älteren
Nachlaufes über 45 % vol. sind die ermittelten EC-Gehalte
Brandes und den Lagerbedingungen zu machen.
niedriger als bei einer Abtrennung unter 45 Vol.-%.
* r. A. = reiner Alkohol
Tabelle:
Untersuchungs-
Produkt
Probenzahl
Untersuchungsparameter
Grenz- / Richtwert
schwerpunkte
bei Spirituosen
Grenzwert-
Anteil
überschrei-
in %
tungen
Steinobstbrände
308
Ethylcarbamat
0,8 mg / l (Maßnahmewert)
Obstbrände
487
Methanol
1 200 – 1 350 g / hl r. A.*
Liköre
Alkopops
229
98
68
22
2
0,4
Angabe des Alkoholgehaltes
± 0,3 Vol.-%
72
15
erhöhte Anteile an Gärungs-
(Vorlauf, Nachlauf unsauber
22
5
nebenprodukten
abgetrennt, Maische verdorben)
Angabe des Alkoholgehaltes
± 0,3 Vol.-%
18
8
Lebensmittelrechtliche Mängel
z. B. irreführende Angaben
11
11
Jugendschutzrechtliche Mängel
z. B. fehlende oder fehlerhafte
11
11
Angabe: „Abgabe an Personen
unter 18 Jahren verboten,
§ 9 Jugendschutzgesetz“
Alkoholische Getränke
Art der Untersuchung
Chemie, Kennzeichnung
Jahresbericht 2005
Probenzahl
1 036
Beurteilungsgrundlage
z. B. Angabe des Alkoholgehaltes,
Beanstandungen
Anteil in %
96
9
77
26
Stammwürze, Kennzeichnungsmängel
Mikrobiologie
294
z. B. Hygiene-Indikatoren (E. coli),
Bierverderbende Keime
Ethylcarbamat ist eine auf natürliche Weise lichtinduziert
gebildete Substanz. Ein entscheidender Faktor ist demnach
auch die Lagerung. Die ermittelten EC-Gehalte bestätigen,
dass bei dunkler Lagerung von Destillat und Enderzeugnis
Bier
Häufige Hygienemängel bei Bier aus Hausbrauereien
und Schankanlagen von Gaststätten
im Mittel niedrigere EC-Gehalte in den Bränden vorhanden
Aufgrund der bereits in den Vorjahren bei Bier beschriebe-
sind. Da die Bildung des Ethylcarbamats nach einmaliger
nen Hygienemängel wurde die Probenahme für die mikro-
Initialisierung durch Lichteinfluss auch bei anschließend
biologische Untersuchung risikoorientiert auf die kritischen
dunkler Lagerung nicht mehr gestoppt werden kann, müss-
Produktgruppen „Bier aus Schankanlagen“ und „Bier aus
ten sowohl das Destillat als auch das Enderzeugnis bis
Gaststättenbrauereien“ konzentriert. Dies erklärt den star-
zum Endverbraucher immer dunkel gelagert werden. Eine
ken Anstieg der Beanstandungsquote von 9 % (2004) auf
durchweg dunkle Lagerung ist allerdings in der Praxis kaum
26 % (2005). Nach dem Wegfall der Schankanlagenverord-
realisierbar.
nung Mitte des Jahres wurden die Proben nach der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) beurteilt.
Sparmaßnahmen bei hochwertigen Produkten der
Die untersuchten offenen Biere wiesen dabei zum Teil er-
Obstbrennerei
hebliche Keimgehalte auf, z. B. von coliformen Keimen oder
Hochwertige Obstgeiste wie z. B. der beliebte Himbeergeist werden durch Kaltauszug der Früchte mit Neutralalkohol („Monopolsprit“) und anschließender Destillation hergestellt. In Einzelfällen waren die Kleinbrenner bei der Wahl
der Rohstoffe jedoch etwas sparsam und „entsorgten“
unerlaubterweise eigenen Obst- oder Kornbrand, indem
sie ihn statt des teureren Neutralalkohols verwendeten.
Obst- und Kornbrand weist natürlicherweise höhere Gehalte von Gärungsnebenprodukten („Fuselöle“) auf, sodass
diese Sparmaßnahme durch chemische Analyse eindeutig
nachgewiesen werden kann.
Bei 5 % der untersuchten Obstbrände waren sensorische
Abweichungen zu bemängeln, die auf eine unsaubere
Maischegärung zurückzuführen waren (z. B. Fuselnote,
Klebstoffgeschmack). Ursächlich hierfür ist überwiegend
die Verwendung von schmutzbehafteten, angefaulten oder
verschimmelten Früchten. Die dadurch eingebrachten unerwünschten Mikroorganismen können zu Fehlgärungen
in der Maische und somit zu sensorisch unbefriedigenden
Destillaten führen. Als weitere Ursache kommt eine unzureichende Abtrennung des Vor- und / oder Nachlaufs in Betracht. Die typischen sensorischen Abweichungen konnten
gaschromatografisch durch erhöhte Gehalte an Propanol-1,
Butanol-2, Essigsäureethylester, Milchsäureethylester und
anderen Gärungsnebenprodukten objektiviert werden.
Milchsäurebakterien. Die Ursache der Keimbelastungen
war immer eine Kontamination des Bieres durch mangelhafte Reinigung der Zapfhähne und Schlauchverbindungen.
Eine Vermehrung im Bier selbst ist auszuschließen. In Kleinund Gaststättenbrauereien konnte häufig eine Rekontamination des Bieres im Bereich der Plattenkühler festgestellt
werden. In einzelnen Fällen konnten klassische Bierschädlinge, z. B. Pectinatus oder Megasphaera, nachgewiesen
werden. Nur durch regelmäßige Reinigung aller mit Bier
in Berührung kommender Teile ist es möglich, Probleme
dieser Art zu vermeiden. In den Anforderungen an Reinigung und Desinfektion von Getränkeschankanlagen (DIN
6650-105) ist für Bier ein 7-tägiges Reinigungs- und Desinfektionsintervall angegeben. Das Intervall ist beispielsweise bei geringem Ausstoß, längeren Schankpausen,
höheren Lagertemperaturen oder großer Leitungslänge
zu verkürzen.
47
Tabelle:
Untersuchungsschwerpunkte
bei Bier
48
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Eis und Desserts
Eis
Bei den insgesamt 1 856 untersuchten Eisproben aus
15 Proben „ACE-Eis“ wurden beanstandet. ACE steht für
überwiegend handwerklicher Herstellung lag die Bean-
die Vitamine A, C und E und ist als Hinweis auf diese Vitami-
standungsquote bei 19 %. Davon waren 12 % wegen einer
ne zu sehen. Ein Teil der Proben wurde wegen irreführender
mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffen-
Bezeichnung beanstandet: es handelte sich um Eis, das im
heit zu beanstanden. In der Milchverordnung werden für
Geschmack den ACE-Getränken nachempfunden wurde,
Speiseeis mit Milchanteil besondere Anforderungen an den
ohne nennenswerte Mengen an Vitaminen zu enthalten.
mikrobiellen Hygienestatus gestellt. Eine Überschreitung
Manche „ACE-Eise“ enthielten zwar die Vitamine A, C und
der Schwellen- und Höchstwerte für den Keimgehalt be-
E, mussten jedoch nach der Vitaminverordnung als nicht
stimmter Keimarten ist als Hinweis für eine mangelhafte
verkehrsfähig beurteilt werden. Vitaminisierte Lebensmittel
Hygiene bei der Herstellung und Behandlung zu werten.
dürfen mit einem Hinweis auf ihren Vitamingehalt nicht als
Am häufigsten wurden bei den untersuchten Speiseeispro-
offene Ware in den Verkehr gebracht werden. Da „ACE“
ben die Schwellen- und Höchstwerte für coliforme Keime
als Hinweis auf die Vitamine A, C und E bewertet werden
überschritten. In keiner der untersuchten Speiseeisproben
muss, ist die Bezeichnung ACE-Eis bei offener Abgabe für
waren Krankheitserreger nachzuweisen.
vitaminisiertes Speiseeis nicht zulässig.
Zitroneneis heißt oft nur so: in 11 von 22 untersuchten
Beanstandet wurde auch Milcheis, das zu wenig Milchfett
Proben Zitroneneis lag der Anteil an Zitronensaft deutlich
aufwies, sowie Speiseeis, bei dem die verwendeten Farb-
unter den in den Leitsätzen für Speiseeis geforderten 10 %.
stoffe nicht kenntlich gemacht waren.
Ein solches Eis darf nicht als Fruchteis sondern nur als
Wassereis mit Zitronengeschmack in den Verkehr gebracht
werden.
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche,
Kaffee, Tee
Honig
Hohe Beanstandungsquote aufgrund neuer
Kennzeichnungsvorschriften
Mit Inkrafttreten der neuen Honigverordnung
Bei Erzeugnissen,
im Januar 2004 wurden auch Änderungen in
die als Wald- bzw.
der Kennzeichnung von Honig festgeschrieben.
Tannenhonig in den
Im Jahr 2005 nach Ablauf der Übergangsfristen
Verkehr gebracht
waren nun im Vergleich zu den Vorjahren deutlich
worden waren, wurde
mehr Honige aufgrund fehlender bzw. fehlerhafter
ein tracht-untypischer
Kennzeichnungselemente zu beanstanden. So waren
keine Angaben über den Ursprung des Honigs vorhan-
Geruch und Geschmack
sowie eine elektrische Leit-
den, bzw. nicht in der vom Gesetzgeber vorgegebenen
fähigkeit von deutlich unter
Art und Weise. Ebenso verhielt es sich bei dem nun an-
0,8 ms / cm (der kleinste Wert lag bei etwa 0,4 ms / cm)
zubringenden Mindesthaltbarkeitsdatum. Auffallend war,
festgestellt. Es handelte sich eindeutig um Blütenhonige.
dass nicht nur kleine regionale Imkereien sondern auch
Löst man eine definierte Honigmenge in destilliertem Was-
bedeutende Honigabfüllbetriebe betroffen waren.
ser, so kann in dieser Lösung die elektrische Leitfähigkeit
Hohe HMF-Gehalte (Hydroxymethylfurfural) bis zu
gemessen werden. Diese wiederum ist abhängig von der
240 mg / kg in deutschen und ausländischen Honigen führ-
Menge an Mineralstoffen im Honig. Waldhonige haben hö-
ten ebenfalls zu Beanstandungen. Nach der Honigverord-
here Mineralstoffgehalte und damit auch eine signifikant
nung sind maximal 40 mg / kg für Honige mit nicht tropi-
höhere elektrische Leitfähigkeit als Blütenhonige.
schem Ursprung zulässig. Erhöhte HMF-Gehalte deuten auf
eine Schädigung des Honigs durch Erwärmen oder eine
zu lange Lagerung hin.
Eis und Desserts / Zuckerwaren, Schokolade, Kakao …
Jahresbericht 2005
Konfitüren, Gelees, Fruchtaufstriche
Süßwaren
Glassplitter in Konfitüre
„Gesunde“ Süßwaren?
Auch die Süßwarenbranche will sich zunehmend das lukrative Geschäft mit gesunder, leichter und bewusster Ernährung nicht entgehen lassen. Bei immer mehr Produkten
wird dem Verbraucher durch Austausch bestimmter Inhaltsstoffe und / oder Anreicherung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen oder anderen ernährungsphysiologisch
günstigen Inhaltsstoffen und entsprechender Werbung
suggeriert, es handele sich um einen besonders „gesunden“ Vertreter einer eher „ungesunden“ Produktgruppe.
Obwohl die Überwachung dieser Entwicklung eher kritisch
gegenübersteht, kann sie bislang aufgrund fehlender rechtlicher Regelungen wenig dagegen tun.
Im Berichtsjahr wurden in 23 vitaminisierten Süßwaren
die Gehalte an den Vitaminen B1, C und E unter die Lupe
genommen. Bei den untersuchten Vitaminen wurden sowohl Unter- als auch Überschreitungen der angegebenen
Werte festgestellt. Insgesamt ist jedoch eine eindeutige
Tendenz zur Überdosierung festzustellen, da die Hersteller
die angegebenen Gehalte bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums garantieren müssen. Nur bei deutlicher
Über- oder Unterschreitung (> ± 20 % bis 30 %) der angegebenen Gehalte wurden diese Angaben als irreführend
Zwei Beschwerdeproben Erdbeer- bzw. Schwarzkirsch-
beurteilt.
konfitüre wurden wegen Glassplittern als gesundheits-
Mit Magnesium angereicherte Fitnessbonbons wurden als
schädlich beurteilt.
irreführend bezeichnet und beworben beurteilt. Die Bon-
Hauptbeanstandungsgründe bei dieser Warengruppe wa-
bons konnten bei einer üblichen Verzehrsmenge von ca.
ren wie schon in den vergangenen Jahren die fehlende
5 Bonbons pro Tag (viel mehr lässt schon der verwende-
Kenntlichmachung von Konservierungsstoffen und gene-
te Zuckeraustauschstoff Isomalt wegen der Gefahr einer
relle Kennzeichnungsmängel bei Erzeugnissen aus der Di-
abführenden Wirkung nicht zu!) keinen nennenswerten
rektvermarktung.
Beitrag zur Deckung des Tagesbedarfs leisten.
Im Rahmen eines bundesweiten Überwachungsplans wur-
Bei Halva handelt es ich um eine Süßwarenspezialität aus
den 17 Proben Aprikosenkonfitüre auf Schwefeldioxid un-
dem vorderasiatischen Raum. Die sesamhaltige Schaum-
tersucht. Schwefeldioxid wird vielfach bei der Obst- und
zuckerware wird dort traditionell mit dem saponinhaltigen
Gemüseverarbeitung zur Farberhaltung und Verhinderung
Aufschlagmittel Seifenkrautextrakt hergestellt, welches in
von Bräunungsreaktionen eingesetzt. Aufgrund seines ho-
Europa nicht zugelassen ist. Seifenkrauthaltige Halvapro-
hen allergenen Potenzials muss es jedoch bei Gehalten von
ben werden deshalb bereits seit Jahren von den Untersu-
mehr als 10 mg / kg im Zutatenverzeichnis angegeben wer-
chungsämtern beanstandet. Daraufhin gingen die über-
den. Schwefeldioxid war in keiner Probe nachweisbar.
wiegend türkischen Hersteller dazu über, Seifenkrautex-
HMF (Hydroxymethylfurfural), welches vor allem beim
trakt im deutschen Zutatenverzeichnis (im türkischen und
Erhitzen stark zuckerhaltiger Lebensmittel gebildet wird,
englischen war es teilweise noch vorhanden!) nicht mehr
steht bereits seit Jahren im Verdacht, gentoxische Wirkung
anzugeben, da sich die Beanstandungen nur auf die bloße
zu haben. Als unerwünschter Bestandteil sollte HMF in Le-
Angabe im Zutatenverzeichnis stützten. In 12 Proben Halva
bensmitteln nur in technologisch unvermeidbaren Mengen
konnten im Berichtsjahr charakteristische Inhaltsstoffe des
enthalten sein. Da die toxikologische Bewertung noch nicht
Seifenkrautextraktes mittels Dünnschichtchromatografie
abgeschlossen ist, wurde bisher kein Grenzwert festgelegt.
nachgewiesen werden. Diese Proben wurden wegen des
Ein Wert von 1 500 mg / kg Trockenmasse (TM) ist jedoch
nicht zugelassenen Zusatzstoffes Seifenkrautextrakt als
in der Diskussion. Herstellungsbedingt fallen Pflaumen-
nicht verkehrsfähig beanstandet.
muse immer wieder durch hohe HMF-Gehalte auf. In einer Probe Pflaumenmus wurde ein sehr hoher Gehalt von
2 811 mg / kg TM ermittelt. Dem Hersteller wurde empfohlen, Rezeptur und Verfahren zu überarbeiten, um so eine
Reduzierung des HMF-Gehaltes zu erzielen.
49
50
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Schokolade
Eine Schokolade enthielt einen Fremdkörper aus Kunststoff-Fasern, der möglicherweise aus einem Transportband
stammte, drei Schokoladen wiesen Ungeziefer auf und ei-
Versteckte Allergene in Schokolade
ne Schokolade zeigte zahlreiche Bissspuren von Nagern.
Seit dem 25.11.2005 sind bei der Herstellung und
Diese Proben waren nicht zum Verzehr geeignet. Bei den
Etikettierung von Lebensmitteln die neuen Kenn-
Untersuchungen auf wertgebende Bestandteile wie Ge-
zeichnungsvorschriften für allergene Lebensmittel-
samtkakaogehalt, Kakaobutter und Milchbestandteile er-
bestandteile anzuwenden. Bestimmte allergieaus-
gaben sich keine Beanstandungen. Schwerpunktmäßig
lösende Zutaten müssen nun ausnahmslos im Zu-
wurden im Berichtsjahr Kuvertüren aus Bäckereien und
tatenverzeichnis angegeben werden. Spurenanteile
Konditoreien untersucht. Auch hier ergaben sich keine Be-
allergener Stoffe, die durch unvermeidbare herstel-
anstandungen. Bei 48 mikrobiologisch untersuchten Scho-
lungsbedingte Verunreinigungen im Lebensmittel
koladen waren die Befunde unauffällig.
enthalten sein können, bleiben dagegen von der
Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Auf solche
„Fremdfett“ in Schokolade
Insgesamt wurden 104 Kakaoerzeugnisse auf die Verwendung von Kakaobutterersatzfetten untersucht. Weder
in den 26 Kakaomassen und Kakaobutterproben der im
Untersuchungsgebiet ansässigen Hersteller noch in den
schwerpunktmäßig untersuchten Kuvertüren konnten Kakaobutterersatzfette nachgewiesen werden. In zwei Vollmilchschokoladen wurden knapp 5 % Fremdfett ermittelt,
welches ordnungsgemäß kenntlich gemacht war.
Cadmium in Bitterschokolade
Kontaminationen wird von der überwiegenden Anzahl der Schokoladenhersteller aber hingewiesen,
und zwar oft unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit des Allergens, z. B. „Kann Spuren von
Haselnüssen, Erdnüssen, anderen Nüssen, Milchbestandteilen, Ei und / oder Gluten, Soja, enthalten“.
Die rechtliche Bewertung wird dadurch erschwert,
dass es bisher keine Schwellenwerte für die einzelnen Allergene gibt, ab denen eine Kennzeichnungspflicht besteht. In jedem Einzelfall ist bei einem analytisch festgestellten Wert durch weitere
Untersuchungen zu ergründen, ob es sich um eine
33 Schokoladen, hauptsächlich Proben mit hohem Kakao-
kennzeichnungspflichtige Zutat handelt oder aber
anteil, 6 Kakaomassen und 15 Kakaopulver wurden auf die
um eine technologisch unvermeidbare Kontamina-
Schwermetalle Cadmium, Kupfer und Blei untersucht.
tion, für die keine Kennzeichnungspflicht besteht.
Seit dem Trend zu Bitterschokoladen rückt das Problem
Hersteller, deren Schokoladen Erdnuss- oder Ha-
Cadmium in Schokoladen wieder stärker in den Blick-
selnussanteile über 100 mg / kg aufweisen, werden
punkt. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass insbesonde-
auf diesen Sachverhalt hingewiesen mit der Auffor-
re Edelkakao (Criollo) aus südamerikanischen Gebieten
derung, nach der Ursache zu forschen und im Falle
(vulkanische Böden) naturbedingt hohe Cadmiumgehalte
von Kontaminationen diese zu minimieren (siehe
aufweisen kann.
auch Kapitel „Lebensmittelallergene“).
Als Beurteilungsgrundlage für Cadmium in Schokoladen
können zwar die Richtwerte der Zentralen Erfassungs- und
Bewertungsstelle für Umweltchemikalien (ZEBS) herangezogen werden, rechtlich verbindliche Grenzwerte gibt es
derzeit jedoch nicht. Für Schokoladen liegt der Richtwert
bei 0,30 mg / kg Cadmium. 8 Proben lagen zwischen 0,30
und 0,39 mg / kg, eine Probe lag mit 0,52 mg / kg Cadmium
deutlich über diesem Richtwert. Diese 9 Proben wurden lt.
Etikett-Angaben aus südamerikanischem Edelkakao hergestellt. Der ADI-Wert für Cadmium liegt bei 1 ug / kg Körpergewicht /Tag. Durch den Konsum einer Tafel Bitterschokolade (100 g) mit einem Cadmiumgehalt von 0,5 mg / kg wird
der ADI-Wert zu 71 % ausgeschöpft.
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse
Jahresbericht 2005
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse
Salmonellen in nicht erhitzter Sesamsaat
Risikobasierte Importkontrolle bei der Einfuhr von Sesamerzeugnissen
Sesamerzeugnisse bilden – wie seit
führen, dass die Virulenz der Keime
einigen Jahren bekannt – ein Risiko-
ansteigt und schon eine geringe Do-
potenzial, was die Gefahr einer Auf-
sis für eine Infektion ausreicht.
nahme von Salmonellen betrifft. Da-
Wenn also belastete Sesamsaat ohne
bei ist nicht die Untersuchung von mit
weitere Erhitzung verarbeitet oder Le-
Sesamsaat hergestellten Backwaren
bensmitteln zugesetzt wird, besteht
vorrangig zu betreiben, sondern die
eine unmittelbare Gesundheitsge-
Untersuchung derjenigen Erzeugnis-
fahr.
se, deren Herstellung ohne keimabtötende Verfahren erfolgt. Als Beispiele
sind zu nennen: „Helva“ (auch „Halva“ genannt) und Brotaufstriche wie
Mohn – Drogen aus dem Supermarkt
Sesammus oder „Tahini“. Aus diesem
Ein Rausch durch Mohnkuchen ist nicht zu erwarten. Vom Verzehr roher
Grunde wurde das Ausgangsprodukt
unbehandelter Mohnsaat in großen Mengen ist jedoch abzuraten.
Sesamsaat untersucht, dessen Bestimmungszweck für die Beurteilung
maßgebend war.
Im Jahre 2005 wurden insgesamt 119
Proben Sesamsaat, die als Stichproben (jeweils aus 5 Säcken pro Charge)
bei der Einfuhr erhoben wurden auf
Salmonellen untersucht. Herkunft war
vorwiegend Indien.
Von den untersuchten Proben waren
9 positiv (≅ 7,5 %), was als eine für trockene Lebensmittel nicht ungewöhnli-
Mohnsaat oder auch Backmohn kann
Hinzu kommt, dass Morphin bei Ge-
gewinnungsbedingt gewisse Mengen
nuss z. B. in Form von Mohnkuchen
an Alkaloiden wie Morphin und Code-
durch die orale Aufnahme zusammen
in (Opiate) als natürliche Begleitstoffe
mit den gehaltvollen Kuchenzutaten
enthalten. Obwohl Mohnsaat von Na-
nur sehr langsam im Blut an den ent-
tur aus keine Opiate enthält, kann sie
sprechenden Rezeptoren anflutet
bei der Ernte über die übrigen Teile der
und nebenher auch noch im Körper
Pflanze mit Morphin und anderen Al-
verstoffwechselt wird. Dies bedeu-
kaloiden verunreinigt werden. Dies ist
tet, dass auch bei erhöhten Mengen
dann problematisch, wenn keine mor-
an Morphin in Mohnsaat, die zur Her-
phinarmen Sorten für die Gewinnung
stellung von Mohngebäck verwendet
von Mohnsaat eingesetzt werden.
wird, mit Rauscheffekten kaum zu
che, aber insgesamt dennoch hohe In-
Aufgrund der üblicherweise gerin-
zidenz eingestuft werden muss. Zum
gen Verzehrsmengen (3 g auf ei-
Vergleich: Im Jahre 2004 stellten Ge-
nem Mohnbrötchen, 20 g in einem
würze mit einer Salmonelleninzidenz
Stück Mohnkuchen) wurden bisher
von 7 % diejenige Lebensmittelgruppe
mögliche Gesundheitsgefahren oder
dar, in der am zweithäufigsten Salmo-
gar Rauscheffekte durch Morphin in
nellen nachgewiesen werden konnten.
Mohn nicht in Betracht gezogen. Hin-
Nur in rohem Geflügelfleisch waren
zu kommt, dass der Morphingehalt
die Keime noch öfter zu finden.
im Mohn durch die Zubereitung reduziert wird. Bei der Herstellung von
Salmonellen-Ausbrüche waren in den
Mohnkuchen wird durch die küchen-
vergangenen Jahren immer wieder
technische Aufbereitung (Mahlen und
auch auf trockene Lebensmittel zu-
Erhitzen) etwa 80 % des vorhandenen
rückführbar. Dabei spielte häufig eine
Morphins zerstört. Dies haben Back-
sehr niedrige infektiöse Dosis eine
versuche am CVUA Karlsruhe gezeigt.
Rolle. Die Keime können sich an die
Auch bei der trockenen Erhitzung von
Milieubedingungen in trockenen Le-
Mohn im Backofen wird Morphin zu ei-
bensmitteln anpassen und über einen
nem großen Teil zerstört, wie Röstver-
beträchtlichen Zeitraum überleben.
suche gezeigt haben. Dies ist relevant
Gerade der Wassermangel in solchen
für die Herstellung von z. B. Mohnbröt-
Lebensmitteln wie Gewürzen oder
chen in Bäckereien. Siehe auch www.
auch z. B. Schokolade scheint dazu zu
cvua-karlsruhe.de
.
rechnen ist.
Überhöhte Mengen an Morphin in
Mohn sind dennoch generell unerwünscht, da auch mit nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch von Mohnsaat, erhöhtem Verzehr oder weniger
häufigen Verzehrsarten zu rechnen
ist. Ein Beispiel hierfür ist die Verabreichung von Mohnmilch als Schlafmittel an einen Säugling, was Anfang des
Jahres 2005 zu einem Vergiftungsfall
führte. Der hier verwendete Mohn
enthielt 1 000 mg Morphin / kg. Siehe
auch www.bfr.bund.de/cms5w/sixcms/detail.php/6279
. Als weiteres
Beispiel ist eine Verbraucherbeschwerde in Baden-Württemberg zu nennen.
Eine Verbraucherin hatte 80 g Mohn
gemahlen über ein Nudelgericht gestreut verzehrt und nachfolgend über
Übelkeit geklagt. Untersuchungen
ergaben, dass der verzehrte Mohn
230 mg Morphin / kg enthielt.
51
52
Lebensmittelüberwachung BW
In üblichen Handelsproben, wie sie im Einzelhandel erhältlich sind, wurden bei den Untersuchungen im Jahr
2005 deutlich niedrigere Gehalte gefunden. In Einzelfällen traten jedoch auch Morphingehalte bis 200 mg / kg
auf. Es handelte sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit
um australische Mohnsaat aus der Rohopiumproduk-
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Fertiggerichte
Auch im Jahre 2005 wurden wieder einige Lebensmittel von den Verbrauchern bei den Veterinärämtern
als Verbraucherbeschwerde abgegeben.
tion, die in den Handel gelangt war. Ware mit derart
Bei Lagerversuchen wurden bei SB-verpackten Maulta-
überhöhten Morphingehalten wurde mittlerweile in
schen zum Zeitpunkt des angegebenen Mindesthaltbar-
Deutschland vom Markt genommen. Vorsorglich wur-
keitsdatums bereits hohe Keimbelastungen, verbunden
de vom Bundesinstitut für Risikoabschätzung (BfR)
mit saurem und abweichendem Geruch und Geschmack
in einem Gutachten zur gesundheitlichen Bewertung
festgestellt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum wurde als zu
von Mohnsaat eine vorläufige maximale tägliche Auf-
lang bemessen und damit als irreführend für den Verbrau-
nahmemenge von 0,38 mg Morphin für einen 60 kg
cher beurteilt.
schweren Erwachsenen genannt. Dieser Wert ist unter
Bei fischhaltigen, SB-verpackten Tiefkühlfertiggerichten
Berücksichtigung üblicher Verzehrsmengen, des Ver-
zeigte sich, dass das empfindliche Fischfett im Fischanteil
wendungszwecks (Dekormohn auf Backwaren, Mohn-
bereits ranzig war. Dies ist darauf zurückzuführen, dass
kuchen, Mohngerichte) und der Vorbehandlung (Abwa-
die Packungen beschädigt waren, sodass Luftsauerstoff
schen, Erhitzen) auf Mohnsaat anzuwenden.
Als einfache Vorsichtsmaßnahme im Haushalt zur Beseitigung von möglicherweise vorhandenen Opiaten
und zur Verbesserung des Geschmacks von Mohnsaat
ist das Abwaschen z. B. in einem feinmaschigen Küchensieb unter fließendem warmem Wasser empfehlenswert. Dies haben Versuchsreihen am CVUA Stuttgart bestätigt. Morphin und andere Opiate lassen sich
als Oberflächenkontamination so sehr gut entfernen.
diesen Fettverderb hervorrief. Ähnliches wurde bei Tiefkühlfertiggerichten mit gebratenem bzw. frittiertem Schweinefleisch beobachtet, auch hier waren die Fleischanteile
bereits ranzig.
Sehr häufig werden SB-verpackte Fertiggerichte mit Nährwertangaben in den Verkehr gebracht. Auffällig ist, dass bei
vielen Erzeugnissen eine Nährwertangabe nicht notwendig
wäre, da in der Kennzeichnung des Erzeugnisses keinerlei
Auslobung über einen bestimmten Nährwert (z. B. fettarm,
eiweißreich etc.) vorhanden ist. Bei der Überprüfung der
Vom Verzehr unerhitzter und nicht abgewaschener
Richtigkeit dieser Nährwertangaben wurde wiederholt fest-
Mohnsaat ist vor allem bei Kindern aus Gründen der
gestellt, dass die Angaben außerhalb der Toleranzen lie-
Vorsicht abzuraten.
gen. Bei Nährstoffen wie Eiweiß, Kohlenhydraten, Zucker,
Stärke, Ballaststoffen, Fett, gesättigten Fettsäuren, einfach
ungesättigten Fettsäuren, mehrfach ungesättigten Fettsäuren sollte bei Gehalten unter 10 g / 100 g die Schwankungsbreite maximal ± 1,5 g betragen, bei Gehalten zwischen
10 – 40 g / 100 g sollte die Schwankungsbreite maximal
± 15 % betragen. Bei Nährstoffgehalten über 40 g / 100 g
sollte die Angabe nur in einem Bereich zwischen ± 6 g
schwanken. Diese Toleranzen sind gerade bei grobstückigen Erzeugnissen in Dosen (z. B. Kohlrouladen, gefüllten
Paprika etc.) sehr schwer einzuhalten, da diese Erzeugnisse
sehr oft mit einem öligen Aufguss versehen werden und
dieser Aufguss aufgrund der unterschiedlichen Größe der
gefüllten Paprika und Kohlrouladen in der Menge schwanken kann. Bei solchen technologisch nur sehr schwer zu
beherrschenden Erzeugnissen sollte auf Nährwertangaben
verzichtet werden.
Sehr viele Proben von Heimservicefirmen (Pizzaservice etc.)
waren wegen Kennzeichnungsmängeln zu beanstanden.
Verzehrsfertige Lebensmittel, die in der Verkehrsbezeichnung das Wort „Schinken“ enthalten (Pizza mit Schinken,
Schinkencroissant etc.) bereiten besondere Schwierigkeiten. Mit wenigen Ausnahmen werden diese Erzeugnisse
nicht unter Verwendung von „Schinken“ hergestellt, sondern unter Einsatz von minderwertigen Imitaten.
Fertiggerichte
Jahresbericht 2005
Im Großhandel sind diese Erzeugnisse ordnungsgemäß ge-
Der überwiegende Teil der Be-
kennzeichnet (im Verkehr z. B. „Formfleisch-Vorderschinken
anstandungen betraf wie jedes
mit 70 % Fleischanteil“ bis hin zu „Pizzabelag“).
Jahr die fehlerhafte Kennzeich-
Die Probleme fangen in der Pizzeria oder Bäckerei an, hier
nung von Lebensmitteln, vor
verwandeln sich die billigen Imitate in hochwertigen Schin-
allem von Erzeugnissen, die
ken. Ein Croissant, das mit „Formfleisch-Vorderschinken
aus Osteuropa oder aus asiati-
mit 70 % Fleischanteil“ gefüllt wurde, darf nicht als Schin-
schen oder arabischen Staaten
kenhörnchen angeboten werden. Die Verarbeitung von min-
nach Deutschland eingeführt
derwertigem „Pizzabelag“ anstelle von „Schinken“ bedarf
wurden.
einer umfassenden Angabe im Zusammenhang mit der
Verkehrsbezeichnung.
Der Salamibelag von Pizzen wurde des Öfteren unter Mitverwendung von Farbstoffen hergestellt, eine Kenntlichmachung dieser Farbstoffe war nicht vorhanden.
Ebenfalls aus Pizzerien wurden Pizzen mit Thunfischauflage
überprüft. In früheren Jahren fielen diese oft durch hohe
Gehalte an Histamin auf. Histamin entsteht beim mikrobiellen Verderb aus der im Thunfisch reichlich vorhandenen
Aminosäure Histidin. Von hohen Histamingehalten können
Abb. 1:
beim Menschen sehr starke Gesundheitsbeeinträchtigun-
Eine Probe eines Reisge-
gen (Kreislaufbeschwerden) hervorgerufen werden. Erfreu-
richtes aus einer Gaststätte
lich war, dass in keiner der untersuchten Thunfischpizzen
wies scharfkantige Glas-
auffällige Gehalte an Histamin vorhanden waren. Dies ist
splitter auf.
darauf zurückzuführen, dass mittlerweile in den Pizzerien
der Thunfisch unter hygienisch einwandfreien Aufbewah-
Abb. 2:
rungsbedingungen (z. B. Kühlung) gelagert wird.
In einem Kotelett wurden
Die Untersuchungen einer „Platte für zwei Personen“ (mit
Reste einer Injektionsnadel
Hähnchenbrust, Putenschnitzel, Rumpsteak, Schweine-
festgestellt.
schnitzel, Kroketten, Spätzle und gemischtem Salat) aufgrund von zwei Erkrankungsfällen ergaben überraschen-
Abb. 3:
derweise positive Salmonellennachweise nicht nur in den
In einer Probe Mischsalat
Spätzle, sondern auch in den Kroketten, im gemischten Sa-
wurde beim Verzehr eine
lat und in der Hähnchenbrust. Dies weist auf eine Kontami-
Wanze festgestellt. Da die-
nation der Speisen durch mangelhafte Betriebs- und / oder
se Wanze ausschließlich im
Personalhygiene nach Abschluss des Koch- / Bratvorganges
Mittelmeerraum vorkommt,
hin.
war davon auszugehen,
Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen war die
dass sie über einen der
Bestimmung des Gehaltes an dem Geschmacksverstär-
verwendeten Salate nach
ker Glutaminsäure in Gerichten aus Chinarestaurants. Ein
einer langen Reise über die
Großteil der Proben war zu beanstanden, weil die erfor-
Alpen in den Schwarzwald
derliche Kenntlichmachung „mit Geschmacksverstärker“
gelangte.
in der Speisekarte fehlte. Nach der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung ist eine Höchstmenge an Glutaminsäure von
Abb. 4:
10 g / kg Lebensmittel zulässig. Bei einigen Gerichten war
In einer Originalpackung
dieser Gehalt überschritten. Bei manchen Personen tre-
befanden sich bereits ver-
ten nach dem Verzehr von Speisen aus Chinarestaurants
schimmelte Tortellini. Dies
Symptome wie Atembeschwerden, Kribbeln der Haut oder
ist auf beschädigte Packun-
Einschlafen der Arme auf. Dies sind typische Anzeichen
gen zurückzuführen. Oft
für das so genannte „Chinarestaurant-Syndrom“. Es wird
genügt eine kleine Undich-
vermutet, dass diese Unverträglichkeitsreaktionen in Zu-
tigkeit der Packung, dass
sammenhang mit einem erhöhten Glutaminsäuregehalt
die Ware verschimmelt.
der Speisen bestehen.
53
Lebensmittelüberwachung BW
54
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Diätetische Lebensmittel und Sportlernahrung
Vorbeugung oder und eine günstige Beeinflussung bestehender ernährungsbedingter Erkrankungen durch
eine diätetische Behandlung ist vielfach möglich, ob jedoch einzelne Stoffe bzw. Stoffgemische wie „Zimt“ bei
Diabetes oder „Rotwein-Extrakt“ bei Arteriosklerose hilfreich sind, ist mehr als fraglich …
Diabetes mellitus – eine Volkskrankheit?
Diabetes mellitus Typ 2 (= „Alterszuckerkrankheit“) wird in Deutschland immer häufiger;
derzeit sind ca. 6 Millionen Menschen hier zu Lande betroffen. Oft ist – bei entsprechender
Bilanzierte Diäten:
„Rotwein-Extrakt bei
Arteriosklerose und HerzKreislauf-Erkrankungen“
genetischer Veranlagung – eine Adipositas (Fettsucht) die Ursache, d. h. eine falsche Ernährung
Im Jahr 2005 wurde beim Bundesamt
in Verbindung mit Bewegungsmangel. Grundsätzlich wird eine ballaststoff- und vitaminreiche
für Verbraucherschutz und Lebens-
Vollwertkost für den Diabetiker empfohlen. Hinweise und Hilfestellungen für die Betroffenen
mittelsicherheit wieder eine Vielzahl
sind auf den Internetseiten der Deutschen Diabetes-Gesellschaft unter www.deutsche-dia-
von Erzeugnissen als Lebensmittel für
und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) unter www.
besondere medizinische Zwecke (bi-
betes-gesellschaft.de
dge.de
zu finden. Offen angebotene Diabetiker-Lebensmittel wie Speiseeis, Desserts und
feine Backwaren waren häufig nicht korrekt gekennzeichnet.
lanzierte Diäten) angezeigt. Eine Gruppe dieser Produkte ist für den Bereich
„Arteriosklerose“,„Herz-Kreislauf-Störungen “ oder „Koronare Herzkrank-
„Zimt gegen Zucker“
Diese Sensationsmeldung lässt Diabetiker derzeit hoffen, ihren Zucker-
Gemeinschaftsverpflegung bei
heit“ gedacht. Diese Erzeugnisse
Diabetes in Krankenhäusern und
enthalten als Zutaten unter anderem
Seniorenheimen
„Rotwein-Extrakt“, „Rote-Trauben-Extrakt“ oder „Traubenkernextrakt“.
und Lipidspiegel im Blut durch die Ein-
Die gesamte Tageskost für Diabetiker
nahme von Zimt auf natürliche Weise
wurde schwerpunktmäßig in Senio-
Von Arteriosklerose wird bei einer
regulieren zu können. Nach einer in
renheimen überprüft. Da alte und ins-
krankhaften Veränderung der Gefäß-
Pakistan durchgeführten Studie sollen
besondere bettlägerige Menschen nur
wände der Arterien mit Verhärtungen
im Zimt vorkommende Polyphenole
einen geringen Energieumsatz haben,
und Verdickungen gesprochen. Die
insulinähnliche Wirkung aufweisen.
müssen die lebensnotwenigen Nähr-
Entstehung der Arteriosklerose ist ein
Da diese Studie aufgrund von gra-
stoffe auch bei geringem Gesamt-
jahrzehntelanger, langsam fortschrei-
vierenden Mängeln nicht als ausrei-
Kaloriengehalt der Tagesverpflegung
tender Prozess.
chender wissenschaftlicher Beleg für
aufgenommen werden. Praktisch ist
Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist
die therapeutische Wirksamkeit von
dies nur möglich, wenn eine sorgfäl-
gekennzeichnet durch die Einengung
Zimt bei Diabetes mellitus angesehen
tige Nährwert-Berechnung den Kost-
oder den Verschluss einzelner oder
werden kann, rät z. B. die Deutsche
plänen zugrunde liegt. Das gilt für die
mehrerer Herzkranzgefäße, was zu
Diabetes Gesellschaft von der Selbst-
Diabetiker-Verpflegung genauso wie
einer ungenügenden Blut-, bzw. Sau-
medikation mit Zimt ab. Zudem wird
für die von Nicht-Diabetikern. Häufig
erstoffversorgung des Herzmuskels
auf das allergene Potenzial von Zimt
wird dies v. a. im Bereich der Senioren-
führt. Ursache ist meist die Arteri-
hingewiesen.
ernährung nur ansatzweise durchge-
osklerose. Für die KHK wurden ver-
führt, in einzelnen Fällen fehlte sogar
schiedene Risikofaktoren festgestellt,
jegliches diätetisch geschulte Perso-
z. B. Alter, genetische Veranlagung,
nal. Die überwiegende Anzahl der 50
Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes
untersuchten diätetischen Tagesver-
mellitus oder Übergewicht sowie ver-
pflegungen waren zu fett, enthielten
änderte Blutfettwerte.
einen zu hohen Anteil an gesättigten
In zahlreichen Untersuchungen wur-
Fettsäuren aus tierischen Lebensmit-
de nachgewiesen, dass die Ernährung
teln, häufig bei zu geringer Zufuhr
neben einer notwendigen ärztlichen
an Ballaststoffen und zu hohem
Therapie der wichtigste beeinfluss-
Kochsalzgehalt. Bei einigen Mikro-
bare Faktor ist. Auch bei bereits be-
nährstoffen wie z. B. Calcium, Eisen,
stehender KHK bzw. Arteriosklerose
Folsäure und Vitamin D enthielten die
ist die Ernährungsumstellung eine
Verpflegungen weit geringere Gehalte
grundlegende therapeutische Maß-
als durch die DGE empfohlen. Den Kü-
nahme. Als Empfehlungen für eine
chenleitungen wurden konkrete Ver-
Ernährungstherapie werden interna-
besserungsvorschläge gemacht.
tional gleichlautende Empfehlungen,
Diätetische Lebensmittel und Sportlernahrung
Jahresbericht 2005
mung mit einer Bewertung durch das
Bundesinstitut für Risikobewertung
werden derartige Erzeugnisse daher
aus ernährungsphysiologischer Sicht
für die ausgelobten Zwecke als nicht
geeignet beurteilt.
Sportlernahrung
Lebensmittel für Sportler können diätetische Lebensmittel sein, sofern
sie alle Kriterien für die Einstufung als diätetische Lebensmittel erfüllen.
Dazu gehört u. a., dass sie sich in ihrer Zusammensetzung maßgeblich
von „normalen“ Lebensmitteln unterscheiden und dass der Personenkreis, der einen besonderen Nutzen aus dem Verzehr des Lebensmittels
ziehen soll, ausreichend genau beschrieben ist. Nicht jede Sportlernahrung ist für jeden Sportler nützlich. Nahrungsergänzungsmittel sind zur
Ergänzung der allgemeinen Ernährung bestimmt und werden in dosierter Form zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen angeboten.
Für Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel gibt es z.T.
unterschiedliche Regelungen für „Zusatzstoffe zu ernährungsphysiologischen Zwecken“ z. B. Aminosäuren sowie verschiedene Anforderungen an die Kennzeichnung der Produkte. Daher empfiehlt sich eine
Angebotsform, die eine eindeutige Zuordnung dieser Produkte für
eine der beiden Kategorien ermöglicht – sonst sind Probleme durch
widersprüchliche Regelungen vorprogrammiert.
die auch bei Fettstoffwechselstörun-
gelten, decken sich die Ernährungs-
gen anwendbar sind, ausgesprochen.
empfehlungen zu deren Therapie im
Es wird eine generelle Umstellung in
Wesentlichen mit den Empfehlungen
Richtung einer fettarmen Ernährung,
bei KHK und Arteriosklerose.
eines erhöhten Verzehrs von pflanzli-
Eine Empfehlung zur isolierten Auf-
chen Lebensmitteln und pflanzlichen
nahme von hoch dosierten Vitamin-,
Ölen anstelle tierischer Fette, Ome-
mineralstoff- oder pflanzenextrakthal-
ga-3-fettsäurereichen Fischsorten, die
tigen Präparaten, von isolierten mo-
Verringerung des Verzehrs tierischer
nomeren bis polymeren Polyphenolen
Lebensmittel sowie Verringerung des
in Form des Traubenkernextraktes,
Alkoholkonsums empfohlen. Im Sinne
gibt es derzeit nicht. Es liegen keine
einer umfassenden Umstellung des
ausreichenden klinischen Unterlagen
Lebensstils wird zu einer Steigerung
darüber vor, ob eine diätetische Be-
der körperlichen Aktivität, Gewichts-
handlung der genannten Störungen
reduktion und Aufgabe des Rauchens
mit isolierter Zufuhr von z. B. „Rote
geraten. Da Fettstoffwechselstörun-
Trauben-Extrakt“, „ Rotwein-Extrakt“
gen (Hyperlipidämien) als wichtiger Ri-
oder „Traubenkernextrakt“ sicher und
sikofaktor für die Entstehung von arte-
nutzbringend ist und welche Dosen
riosklerotischen Gefäßerkrankungen
dabei einzusetzen wären. In Abstim-
55
Lebensmittelüberwachung BW
56
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Nahrungsergänzungsmittel
Von 350 Proben waren 182 zu beanstanden (52 %). Wie schon
im Vorjahr betrafen die meisten Beanstandungen irreführende
Angaben und Kennzeichnungsmängel. Verhältnismäßig oft wurde
auch festgestellt, dass nicht zugelassene Zusatzstoffe wie z. B. stark
angereicherte sekundäre Pflanzenstoffe verwendet wurden.
Produkte, bei denen es sich aufgrund der Zusammensetzung oder
Aufmachung nicht um Nahrungsergänzungsmittel, sondern um Arzneimittel
handelte, sind in diesem Bericht nicht erfasst.
Mogelpackungen bei
Kaffeefahrten
Cadmium in SpirulinaAlgen
Lachsölpräparate
Abb.:
Schon seit Jahren werden auf Kaffee-
Im Rahmen des bundesweiten Moni-
säuren: Docosahexaensäure (DHA)
Mogelpackung
fahrten Nahrungsergänzungsmittel
torings zur Belastung von Nahrungser-
und Eicosapentaensäure (EPA) durch
verkauft. Da die Produkte in der Regel
gänzungsmitteln mit Schwermetallen
Nahrungsergänzungsmittel kann bei
sehr teuer sind, legen die Verkäufer
fiel ein Spirulina-Präparat durch hohe
einer seefischarmen Ernährung sinn-
Wert auf repräsentative, große Ver-
Cadmiumgehalte in der Größenord-
voll sein, da diese Fettsäuren funktio-
packungen, die den geforderten Preis
nung von 20 mg / kg auf. Daher wurden
nelle Wirkungen auf das Herz- Kreis-
angemessen erscheinen lassen.
insgesamt 27 Folgeproben von weite-
lauf-System ausüben. Auf dem Markt
Inzwischen stellen wir immer häufiger
ren Chargen des gleichen Erzeugnis-
befindet sich eine breite Produktpa-
fest, dass solche Packungen zu Mogel-
ses und Algenprodukten anderer Her-
lette von Fischölkapseln mit entspre-
packungen vergrößert werden. Zum
steller untersucht. Bei zwei weiteren
chender Auslobung.
Beispiel durch zwei 4 bis 5 cm dicke
Chargen des gleichen Herstellers und
29 Proben Lachsölkapseln (13 Herstel-
Styropor-Formeinlagen, zwischen de-
zwei Nahrungsergänzungsmitteln an-
ler, 25 Chargen), und 1 Probe Fischöl-
nen sich nur eine einzige Schicht von
derer Hersteller ergaben sich ebenfalls
kapseln wurden auf ihren Gehalt an
Trinkfläschchen befindet. So lässt sich
Cadmiumaufnahmen von über 100 µg
ω-3-Fettsäuren untersucht. Keine der
das Packungsvolumen leicht verviel-
pro Tag bei den angegebenen Verzehr-
Proben war bezüglich der Angaben
fachen. Oder durch doppelte Böden:
empfehlungen.
zum Fettsäuregehalt zu beanstan-
Unter einer Lage Trinkfläschchen wird
Cadmium weist ein krebserzeugendes
den, auch der Vitamin-E-Gehalt lag
ein Zwischenboden eingezogen, unter
Potenzial auf. Da derartige Nahrungs-
innerhalb der Toleranzen. Aufgrund
dem sich nur noch leere Hohlkörper
ergänzungsmittel im Regelfall über
der Fettsäuremuster war jedoch fest-
befinden. Dadurch besteht gut ¾ der
längere Zeiträume eingenommen wer-
zustellen, dass keine der Proben aus
Packung nur aus Luft.
den, wurden die Erzeugnisse als „ge-
reinem Lachsöl bestand. Alle Proben
sundheitsschädlich“ beurteilt. Für die
enthielten auch andere Fischöle, ob-
toxikologische Beurteilung wurde der
wohl auf den Verpackungen als Zuta-
von der WHO festgelegte PTWI-Wert
ten stets nur „Lachsöl“-Erzeugnisse
(Provisional Tolerable Weekly Intake)
genannt und sehr häufig springende
von 7 µg / kg Körpergewicht / Woche
Lachse abgebildet waren. Die Proben
herangezogen. Hieraus errechnet sich
wurden wegen der irreführenden Ver-
für einen Erwachsenen von 70 kg eine
kehrsbezeichnung und Aufmachung
tolerierbare wöchentliche Aufnahme-
sowie der unvollständigen Angaben
menge von 490 µg Cadmium.
in der Zutatenliste beanstandet.
Als Ursache für die Belastung von Spi-
Im Einklang mit Literaturangaben
rulina mit Cadmium wurde behördli-
ergaben eigene Untersuchungen
cherseits die Aufzucht der Spirulina-Al-
von 43 Proben Öl aus Wildlachs und
gen in Becken aus cadmiumlässigem
Zuchtlachs bei allen ein Verhältnis von
Beton ermittelt.
DHA / EPA über 1,2 und einen Eicosen-
Bei allen Mogelpackungen konnte
man ohne Öffnen der Packung, u. U.
auch Auspacken des Inhalts, nicht
feststellen, wie gering die Befüllung
im Vergleich zur Packungsgröße war.
Deshalb wurden sie von uns als irreführend aufgemacht beanstandet.
Die Zufuhr der langkettigen ω-3-Fett-
säuregehalt über 2,5 %. Bei allen untersuchten Lachsölkapseln dagegen
lag das DHA / EPA-Verhältnis unter
1,2. 24 Proben wiesen Eicosensäuregehalte unter 2,5 % und 6 Proben über
2,5 % auf.
Nahrungsergänzungsmittel
Jahresbericht 2005
Tabelle:
Sagredos, A. N.:
eigene Untersuchungen
Fat Sci. Technol. Nr. 5,
(Angaben in Flächen % Methylester)
Identitätsprüfung
von Lachsöl-
S. 184 ff. (1991)
Fettsäuren
Eicosensäure
DHA
EPA
Summe Omega3
Lachsöl (n = 6)
kapseln
Lachsöle (n = 43)
Lachsölkapseln (n = 30)
Fischölkapseln (n = 1)
14,07
7,14
2,20
2,12
9,02
10,99
12,75
16,81
5,12
6,48
17,90
12,02
14,63
18,88
31,72
29,90
DHA / EPA
1,86
1,75
0,73
0,70
Linolensäure
0,50
1,41
1,07
1,07
Irreführung durch Nahrungsergänzungsmittel:
„A – Z, … mit 27 Vitaminen und Mineralstoffen“
Nahrungsergänzungsmittel mit Grüntee
Multipräparate „A – Z Nahrungsergän-
die Versorgungslage nennenswert zu
In Grüntee enthaltene Catechine gel-
zungsmittel mit 27 Vitaminen und Mi-
verbessern. Daher beanstanden wir
ten als antioxidativ wirksame Substan-
neralstoffen“ werden gerne gekauft,
es als irreführend, wenn in der Nähr-
zen, die schädliche Sauerstoffradikale
glauben die Kunden doch, so eine
werttabelle zwar auf diese Stoffe hin-
abfangen. Die Werbung für NEM nutzt
Rundum-Versorgung mit insgesamt
gewiesen wird, der Verbraucher aber
dies insbesondere für Hinweise auf
27 Vitaminen und Mineralstoffen (in-
nicht gleichzeitig informiert wird, wie
die Prävention von Herz- Kreislauf-Er-
klusive Spurenelementen) zu erhalten.
gering der zugeführte Anteil am Tages-
krankungen.
Allerdings stellen wir regelmäßig fest,
bedarf ist. Ebenso beanstanden wir
In 10 Proben wurden Gehalt und Ver-
dass die Produkte nur 24 Vitamine und
Werbeaussagen wie „mit 27 Vitami-
teilung der Catechine einschließlich
Mineralstoffe (inkl. Spurenelemente)
nen und Mineralstoffen“, wenn nicht
Coffein überprüft. Eine Probe wies ei-
in einer tatsächlich zur Nahrungs-
27 Stoffe in einer ausreichenden Men-
nen erheblich höheren Catechingehalt
ergänzung geeigneten Menge von
ge zugeführt werden.
auf als deklariert; bei einer weiteren
mindestens 15 % des Tagesbedarfs
Leider wurden vom Gesetzgeber
ergab sich der Verdacht auf einen nicht
zuführen.
noch keine Mindestmengen für den
deklarierten Coffeinzusatz.
Auf den ersten Blick fällt aber selbst
durch das Nahrungsergänzungsmittel
Das Datenmaterial reicht gegenwär-
dem Fachmann nicht auf, dass nur 24
abzudeckenden Anteil des täglichen
tig für eine abschließende Bewertung
Vitamine und Mineralstoffe in relevan-
Bedarfs festgelegt. Dies soll erst zu
zwar noch nicht aus, die Ergebnisse
ten Mengen zugeführt werden, wer-
einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
deuten aber darauf hin, dass es sich
den doch in der Nährstofftabelle 27
Das internationale Gremium, die Co-
bei den verwendeten Grundstoffen
Stoffe aufgelistet. Bei einigen Mine-
dex Alimentarius Kommission, hat
nicht um „Teeextrakte“ (diese Lebens-
ralstoffen fehlt regelmäßig die Angabe
aber in einer kürzlich verabschiede-
mittel sind per Definition wässrige Ex-
des prozentualen Anteils am täglichen
ten Richtlinie festgelegt, dass bei
trakte), sondern um mit anderen Ver-
Bedarf, der mit dem Nahrungsergän-
Nahrungsergänzungen mit Vitaminen
fahren gewonnene Extrakte mit selek-
zungsmittel gedeckt wird, da diese
und Mineralstoffen jedes enthaltene
tiv angereicherten Catechinen handelt,
Angabe bei einigen Mineralstoffen
Vitamin / jeder enthaltene Mineralstoff
die möglicherweise einer Zulassung
noch nicht vorgeschrieben ist. Nur
bei Einhaltung der angegebenen Ver-
nach der Novel-Food-Verordnung be-
durch diese Prozentangabe kann ein
zehrsempfehlung mindestens 15 %
dürfen.
Verbraucher aber eindeutig erkennen,
zum jeweiligen Tagesbedarf beitra-
ob eine nennenswerte Zufuhr erfolgt
gen soll.
oder nur eine minimale.
Regelmäßig ergibt bei Kalium, Chlorid
und Silicium der Vergleich der angegebenen Gehalte mit den Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung oder mit der Zufuhr
durch die normale Ernährung, dass
ihre Mengen in den Nahrungsergänzungsmitteln viel zu gering sind, um
57
58
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)
Funktionelle Lebensmittel sollen neben ihrem Zweck zu Ernährung oder Genuss zusätzlich eine
präventiv gesundheitsfördernde Wirkung aufweisen, die auf den Erzeugnissen entsprechend
beworben wird.
Probiotische Lebensmittel
Probiotische Lebensmittel werden
ACE-Getränke mit und
ohne Ballaststoffe
Carnitin – der Fettkiller ?
Das Bedürfnis, überflüssige Pfunde
meist in Form von Milcherzeugnissen
Unter ACE-Getränken werden Erfri-
möglichst „wie von selbst“ loszuwer-
angeboten und enthalten spezifische
schungsgetränke auf Basis von Mehr-
den, ist weit verbreitet. Da kommt so
Mikroorganismen, die einen günsti-
fruchtsäften verstanden, die mit den
ein „Fettkiller“-Stoff gerade recht. In
gen Einfluss auf die Darmflora haben
Vitaminen A (in Form des Provitamins
Lebensmittel eingearbeitet, die oh-
sollen. Ein solcher probiotischer Effekt
β-Carotin), C und E angereichert wer-
nehin ein sportliches oder Wellness-
ist nur dann zu erwarten, wenn die
den. Dieser Mix aus den antioxidativ
Image haben, ist Carnitin eine be-
Erzeugnisse regelmäßig – möglichst
wirkenden Vitaminen ist ebenfalls zur
liebte Zutat in süßungsmittelhaltigen
täglich – verzehrt werden. Ein solcher
Unterstützung der Abwehrkräfte ge-
Getränken, Nahrungsergänzungsmit-
Hinweis auf den „regelmäßigen Ver-
dacht. Auch bei dieser Produktgruppe
teln, Sportlernahrung, Reduktionsdi-
zehr“ findet sich mittlerweile auf fast
ist festzustellen, dass sie fast keine
äten sowie pulvrigen Erzeugnissen
allen Produkten.
Werbeaussagen mehr aufweist. Die
auf Eiweißbasis zur Herstellung eines
Auffällig ist, dass die Werbeaussagen
Vitamingehalte waren in den meisten
Eiweißdrinks. Dem Verbraucher wird
von Jahr zu Jahr moderater werden
Fällen korrekt deklariert, die β-Caro-
versprochen, dass das enthaltene Car-
z. B. „kann bei regelmäßigem Verzehr
tin-Gehalte der untersuchten Proben
nitin den „Body formt“,„den Fettstoff-
die natürlichen Abwehrkräfte unter-
lagen zwischen 0,3 und 2,9 mg / 100
wechsel anheizt“, etwas moderater,
stützen“ bis dahin, dass gar keine
ml und lagen durchschnittlich bei 1,4
dass Carnitin „zur Fettverbrennung
Werbeaussagen mehr gemacht wer-
mg / 100 ml. Die Gehalte sind gegen-
beiträgt“ oder eine „Fat Loss Support
den und nur noch auf einen „probi-
über den Vorjahren unverändert. ACE-
Formula“ wird in Aussicht gestellt.
otischen“ Mikroorganismus hinge-
Getränke können somit einen bedeut-
Leider sehen die Tatsachen etwas
wiesen wird. Gelegentlich werden
samen Anteil an der Gesamt-Aufnah-
anders aus: Beim Gesunden kann L -
auch die verwendeten probiotischen
me an β-Carotin liefern, bei Verzehr
Carnitin in ausreichenden Mengen in
Stämme gar nicht mehr genannt. Of-
von 500 ml pro Tag bis zu 12 mg.
Leber, Niere und Gehirn hergestellt
fensichtlich sind die „Probiotika“ beim
Bei mit Ballaststoffen angereicherten
werden und ist somit für den Men-
Verbraucher mittlerweile so gut etab-
Getränken sind gelegentlich die Nähr-
schen kein lebensnotwendiger Nähr-
liert, dass die Hersteller die Wirkungen
wertangaben ein Problem: Die Menge
stoff. In der Natur kommt L -Carnitin in
gar nicht mehr ausloben müssen – die
an Ballaststoffen, die in der üblichen
pflanzlichen und tierischen Lebensmit-
Produkte werden trotzdem gekauft!
Verzehrsportion oder der empfohlenen
teln vor, wobei die tierischen Lebens-
Tagesverzehrsmenge des Getränks
mittel deutlich höhere Mengen enthal-
enthalten ist, sollte einen wesent-
ten. Die Hauptaufgabe von L -Carnitin
lichen Beitrag (mindestens 3 g) zur
im Stoffwechsel ist die Funktion als
empfohlenen Gesamt-Ballaststoffzu-
„Biocarrier“, d. h. nur mithilfe von L -
fuhr (30 g) leisten. Die Kennzeichnung
Carnitin können langkettige Fettsäuren
und Werbung sollte so erfolgen, dass
Membranen passieren und dann ab-
Pflanzenextrakte –
Sekundäre Pflanzeninhaltstoffe (SPS)
Die Lebensmittelchemische Gesellschaft hat einen Leitfaden zur Beurteilung von Pflanzenextrakten (am
Beispiel SPS) veröffentlicht (Lebensmittelchemie 59, 107 – 110, 2005), in
dem zur korrekten Verkehrsbezeichnung, Aspekten der Lebensmittelsicherheit, zur wissenschaftlichen Absicherung von Wirkungsaussagen und
zur rechtlichen Einstufung von Extrakten oder Lebensmitteln mit Extrakten,
Stellung genommen wird.
der Verbraucher den Beitrag eindeutig
gebaut werden. Hierbei wird L -Carni-
erkennen kann.
tin jedoch nicht „verbraucht“, sondern
regeneriert. Also leider ist weder eine
Verbesserung der Leistungsfähigkeit
bei sportlichen Belastungen noch ein
Einfluss auf die Gewichtsabnahme zu
erwarten – wieder eine geplatzte Seifenblase.
Funktionelle Lebensmittel / Neuartige Lebensmittel
Jahresbericht 2005
Neuartige Lebensmittel (Novel Food)
Erweiterung der Palette der zugelassenen neuartigen Lebensmittel
Im Jahr 2005 sind wieder zahlreiche Lebensmittel in
den Verkehr gebracht worden, die selbst oder ihre Zutaten als neuartige Lebensmittel im Sinne der Verordnung über neuartige Lebensmittel einzustufen sind.
Bei der Verdauung wird Isomaltulose in seine Bestandteile Glucose und Fructose zerlegt. Daher ist für die Kennzeichnung der Lebensmittel mit Isomaltulose der Hinweis
„Isomaltulose ist eine Glucose- und Fructosequelle“ vorgeschrieben. Es soll als Zutat für Getränke, Getreideprodukte
und Süßwaren Verwendung finden.
Tagatose ist ein Fruktoseisomer, das aus Lactose gewon-
Wie bereits im Jahresbericht 2004 ausführlich darge-
nen wird.
stellt wurde, dürfen Lebensmittel, die bisher noch nicht
In dem vereinfachten Zulassungsverfahren für neuartige
in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr
Produkte, für die die Gleichwertigkeit mit einem bereits zu-
verwendet wurden, nicht ohne die Zulassung durch die
gelassenen neuartigen Lebensmittel belegt werden konn-
Europäische Union verkauft werden. Neuartige Lebensmittel müssen ein Zulassungsverfahren
durchlaufen, das ihre gesundheitliche Un-
te, wurden 18 verschiedene Lebensmittel mit Zusatz von Phytosterolen, zehn Nonisäfte und
drei Arganöle zugelassen.
bedenklichkeit sicherstellt.
Das Zulassungsverfahren ist auf-
Nonisaft
grund der umfangreichen Prüfungen, insbesondere auch hinsicht-
Immer wieder tauchen Studien
lich des notwendigen Nachweises
auf, die eine Leberschädigung
der gesundheitlichen Unbedenk-
mit dem Verzehr von Nonisäf-
lichkeit, langwierig und aufwändig.
ten in Zusammenhang bringen.
Wenn ein Lebensmittel zum ersten
Bisher konnten solche Studien
Mal in einem EU-Land einem Bewertungsverfahren unterworfen wird, wird
der Vorgang auch allen Mitgliedsländern
zwecks Überprüfung vorgelegt. Die Prüfung
von neuartigen Lebensmitteln durch zahlreiche
nicht bestätigt werden. Die europäische Sicherheitsbehörde prüft
diesen Verdacht derzeit.
Erzeugnisse mit Nonisaft geben jedoch immer
unabhängige Instanzen ist die beste Garantie für Qualität
wieder Anlass zur Beanstandung. Eine dieser Proben wur-
und Sicherheit der neuartigen Lebensmittel.
de aufgrund der zugesetzten Vitaminmischung („ACE“) als
Im Jahr 2005 wurde der Zulassungsantrag für Betain ab-
Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet und wurde auf einer
schließend entschieden. Betain, das aus Zuckerrüben iso-
Messeveranstaltung zusammen mit einer Werbebroschüre
liert werden kann, sollte Lebensmitteln zur Senkung des
in Verkehr gebracht.
Homocystein-Spiegels im Blut zugesetzt werden. Erhöhte
Eine Vielzahl von Kennzeichnungsmängeln und eine er-
Homocystein-Spiegel im Blut werden als Risikofaktor für
hebliche Unterschreitung des Vitamin-A-Gehaltes zeigt die
Herz-Kreislauf-Erkrankungen diskutiert. Der Zusammen-
mangelhafte Qualitätssicherung durch den Hersteller an.
hang zwischen einer Erniedrigung des Homocystein-Spie-
Außerdem war die Gestaltung des verteilten Faltblattes in
gels und einem dadurch verringerten Risiko für Herz-Kreis-
hohem Maße zur Verbrauchertäuschung geeignet, da mit
lauf-Erkrankungen konnte jedoch wissenschaftlich noch
Wirkungen und Funktionen eines Arzneimittels geworben
nicht gesichert nachgewiesen werden. Weitere Studien
wurden. Wissenschaftlich betrachtet, bietet Nonisaft ge-
dazu sind notwendig.
genüber anderen Fruchtsäften keine ernährungsphysiologi-
Weiterhin kann ein unerwünschter, kumulierter Verzehr
schen Vorteile. Dies wurde bereits 2002 bei der Zulassung
von mit Betain angereicherten Lebensmitteln nicht ausge-
als Neuartiges Lebensmittel durch das wissenschaftliche
schlossen werden. Aus diesem Grund konnte die Sicherheit
Komitee der EU (SCF) ausdrücklich festgestellt.
dieses Zusatzes nicht ausreichend belegt werden. Daher
Auch seriöse Hersteller profitieren davon, dass die Ver-
wurde Betain aus Zuckerrüben die Zulassung als neuartiges
kehrsauffassung von Nonisaft als „heilkräftiges Wunder-
Lebensmittel verweigert.
mittel“ durch Internetwerbung, dubiose Vermarktungs-
Genehmigt wurden die Zulassungsanträge für Isomaltu-
strategien wie private Verkaufsveranstaltungen, Buchbe-
lose und Tagatose. Bei Isomaltulose handelt es sich um
werbungen etc. geprägt ist. Das CVUA Stuttgart beurteilte
ein Isomeres der Saccharose. Seine Süßkraft beträgt nur
deshalb auch noch allgemein gehaltene Werbeaussagen
ca. 40 % der von Saccharose, es wird langsamer verstoff-
als irreführend, wenn ihr Ziel eindeutig auf entsprechende
wechselt und verhält sich im Gegensatz zu Saccharose
Verbrauchererwartungen gerichtet war.
nicht zahnschädigend.
59
60
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Zusatzstoffe und Aromastoffe
Aromastoffe
Ob Lebensmittel oder Kosmetika: Aromastoffe betreffen uns alle. Auch
Aber auch wenn beispielsweise Him-
2005 betraf das Untersuchungsspektrum auf Aromastoffe nahezu sämt-
beergeisten mit dem typisch intensi-
liche Produktbereiche. Stellvertretend sollen hier nur einige „highlights“
ven Aromastoff Himbeerketon nach-
herausgegriffen werden.
geholfen wurde, lässt sich dies mit
GC / MS nachweisen. 2005 wurden
Natürlich oder naturidentisch – das ist hier die Frage
Für den Verbraucher ist es oft kaufentscheidend, ob für die
Herstellung des Produktes natürliche oder naturidentische
Aromastoffe verwendet wurden. Um den Verbraucher vor
Irreführung zu schützen, werden ständig Aromen und verzehrsfertige Lebensmittel daraufhin untersucht. So zeigten
26 Proben auf Himbeerketon untersucht: Der Aromastoff,
der bei der Destillation im Rückstand verbleibt und daher im
fertigen Produkt nicht zu finden ist, wurde in zwei Proben
gefunden. Die betroffenen Hersteller gaben die unzulässige
Aromatisierung jeweils bei einer daraufhin durchgeführten
Lebensmittelkontrolle zu.
2005 ein Mirabellenbrand, eine als natürlich aufgemachte
Aprikosenspirituose, ein Prosecco und ein WaldbeerenFruchtsaftgetränk chemisch-synthetische naturidentische
Aromastoffe aus den Substanzklassen der 2-Methylbuttersäureethylester, gamma- und delta-Lactone und wurden
als irreführend beanstandet.
Was tun, wenn etwas nicht riecht wie es soll? –
Analytik von Fehlaromen
Parfümstoffe in Kosmetika
Im Rahmen des bundesweiten Überwachungsprogramms wurden Parfüms bzw. Eau de Toilette auf
geruchsaktive Substanzen, welche als Auslöser von
Hautallergien (Kontaktdermatitis) in Rede stehen,
untersucht. Als „mit Rosenöl“ ausgelobte Kosmetika wurden auf den Aromastoff Methyleugenol untersucht. Abhängig von der Angebotsform des kos-
Viele Verbraucherbeschwerden beziehen sich auf diese
metischen Mittels (Parfüm, Eau de Toilette, Creme
Fragestellung. Geruchsstoffe sind flüchtige Verbindungen
etc.) sind unterschiedlich hohe Konzentrationen an
und meist tragen eine große Anzahl von Einzelstoffen zum
Methyleugenol (2 bis 100 mg / kg) statthaft. Verein-
typischen Aroma eines Lebensmittels bei. Zur näheren
zelt wurden Grenzwert-Überschreitungen festge-
Charakterisierung von abweichenden Aromaeigenschaften
stellt. Siehe hierzu Kapitel „Kosmetische Mittel“.
sind Untersuchungen mittels Gaschromatografie-Massenspektrometer-Kopplung (GC / MS) hervorragend geeignet.
Das Gemisch der flüchtigen Einzelstoffe wird in seine Bestandteile zerlegt und identifiziert. Dadurch ist es vielfach
möglich, der Ursache von sensorisch wahrnehmbaren Kontaminationen auf die Spur zu kommen. Die oftmals nur
mühsam objektivierbare sensorische Bewertung wird also
um einen eindeutig messbaren Aspekt erweitert.
Ob Zitronenlimonade mit trans-1,3-Pentadien (unangenehmen medizinisch-lösungsmittelartiger Geruch), Cola-Mix
mit Chlorkresol und o-Phenylphenol (starke Desinfektionsmittel), Mineralwasser mit Kohlenwasserstoffen (Geruch
nach Pinselreiniger) oder Tomatenketchup mit flüchtigen
Stoffwechselprodukten von Verderbniserregern, mithilfe
Prüfung auf Kontaminanten
der GC / MS wurden 2005 mehrere Verbraucherbeschwer-
Nachdem 2004 in naturidentischem Bittermandelaroma
den aufgeklärt. Ähnliches zeigte sich auch bei einem Bier-
hohe Mengen an Benzol nachgewiesen wurden, wurden
brand, zwei Zwetschgenwässern und drei Kirschwässern,
2005 verstärkt Mandelaromen und Amarettoliköre auf die-
die 2005 sensorisch durch ein Fremdaroma auffielen, das
se Kontaminante untersucht. Die Untersuchungen zeigten
an Williamsbirne erinnerte. In der chemischen Analyse lie-
Wirkung: Bis auf eine Probe lagen die Benzolgehalte der
ßen sich Williamsester nachweisen, die typischerweise nur
untersuchten Proben so niedrig, dass bei bestimmungs-
in Williams-Christ-Birnenbränden vorkommen. Die Bezeich-
gemäßer Verwendung der Aromen der Grenzwert der
nung der Brände wurde wegen des artfremden Aromas als
Trinkwasserverordnung (0,001 mg / l) nicht überschritten
irreführend beanstandet.
wurde.
Zusatzstoffe und Aromastoffe
Jahresbericht 2005
Auch der mikrobiologische Zustand von Aromazubereitungen ist interessant
Im Berichtsjahr wurden 13 offene Aromazubereitungen aus
Untersuchung ergab, handelte es sich um Pflanzenteile,
Backstuben, Konditoreien und Eisdielen mikrobiologisch
vermutlich um Obststücke. Anscheinend hatte der Bäcker
untersucht. Mittlerweile sind die Rezepturen durch die Her-
regelmäßig eine Masse aus Obststücken und Rumaroma
steller derart optimiert, dass ein bakterieller Befall kaum
angerührt und das überschüssige Aroma wieder in den
mehr möglich ist. Dies zeigte sich besonders drastisch im
Behälter zurückgeschüttet – mitsamt einiger Obststücke,
Fall eines Rumaromas, das als Verdachtsprobe angeliefert
die sich im Laufe der Zeit zersetzten, aber dank des ho-
wurde: Beim Öffnen der beiden verklebten und äußerlich
hen Alkoholgehaltes frei von schädlichen Keimen blieben.
beschädigten Behälter waren etliche erbsgroße, teilwei-
Die Probe wurde wegen der unhygienischen Verpackung
se noch schnittfeste und teilweise schleimig erweichte,
beanstandet, eine Betriebsschließung war auch aufgrund
beige, opak-trübe Teile erkennbar. Wie die mikroskopische
anderer Hygienemängel unvermeidbar.
Zusatzstoffe und Behandlung von Lebensmitteln
Lösungsmittel in Carotin
Lebensmittelfarben / färbende Lebensmittel
Carotin wird in sehr vielen Lebensmitteln aus ernährungs-
Die Abgrenzung von Lebensmittelfarben (Zusatzstoff)
physiologischen Zwecken (z. B. Nahrungsergänzungsmit-
gegenüber färbenden Lebensmitteln (zulassungsfreie
tel, Säfte) oder zur Färbung (z. B. Margarine) eingesetzt.
Lebensmittelzutat) rückt wieder in den Blickwinkel der
Da immer wieder Probleme durch Kontaminanten bei im-
Überwachung, da inzwischen wieder verstärkt weit gehend
portierten Produkten berichtet werden, wurden Carotine
geschmack- und geruchlose aber sehr farbstabile Produkte
und Carotinzubereitungen auf Lösungsmittelrückstände
angeboten wurden. Soweit eine selektive Anreicherung von
untersucht. In Baden-Württemberg wird wie die einge-
Pigmenten bei deren Herstellung erfolgt, handelt es sich
gangen Proben zeigen, in den meisten Fällen Carotin in
nach der Farbstoff RL 94 / 36 / EG um zulassungspflichtige
so genannten Premixen (konfektionierte Vormischungen)
Zusatzstoffe. Die Überwachung dieses Bereichs gestaltet
eingesetzt. Bei den wenigen Proben, die als Reincarotin
sich recht schwierig, weil zur Beurteilung i.d.R. auch der
erhoben wurden, konnten keine unzulässigen Rückstän-
Herstellungsprozess mit zu betrachten ist, auf den meist
de an Lösungsmitteln oder Schwermetallen festgestellt
kein einfacher Zugriff möglich ist. Die in diesem Zusam-
werden. Parallel wurden auch Margarinen auf mögliche
menhang geprüften färbenden Lebensmittel waren nicht
Rückstände an Dichlormethan und Benzol untersucht, die
zu beanstanden.
aber ebenfalls keine auffälligen Befunde zeigten. Zu chinesischen Produkten, die nach unseren Recherchen über
eine Firma in Nordrhein-Westfalen importiert werden,
wurde die zuständige Untersuchungseinrichtung informiert, Produkte waren jedoch aktuell nicht auf Lager.
Kutterhilfsmittel mit unzulässigen Zusätzen
Nachdem bekannt wurde, dass der Farbstoff E 110 Gelborange S unter bestimmten Herstellungsbedingungen den
nicht zugelassenen Farbstoff Sudan I enthalten kann und
Sudan I zu den unerwünschten Substanzen gehört, wurden die Reinheitskriterien in der Richtlinie 95 / 45 / EG für
Gelborange S (E 110) diesbezüglich angepasst. Für Sudan
I wurde in E 110 eine Höchstmenge von 0,5 mg / kg fest-
Im Rahmen der KÜP-Untersuchungen auf Zusätze, die
gelegt. Die Einhaltung dieser Anforderung wird verstärkt
eine unzulässige Wasserbindung in Fleischerzeugnissen
überprüft insbesondere auch bei importierter Ware.
bewirken, wurden auch Kutterhilfsmittel untersucht, die
als Zutaten unzulässige Proteinteilhydrolysate enthielten,
die in Deutschland nicht zugelassen sind. Damit hergestellte Erzeugnisse wurden als nicht verkehrsfähig beurteilt. Bei anderen Produkten führten in einigen Fällen
nicht eingehaltene Kennzeichnungsvorgaben nach der
Zusatzstoffverkehrsverordnung zu Mängeln.
61
Lebensmittelüberwachung BW
62
Teil III: Produktgruppe Lebensmittel
Trinkwasser
Auswirkungen der geänderten Überwachungsstrategie von Trinkwasser
Nach der seit dem 01.01.2003 geltenden Trinkwasserver-
Inwieweit das Trinkwasserverteilungsnetz tatsächlich zu ei-
ordnung müssen die gesetzlichen Grenzwerte für Trink-
ner relevanten Erhöhung der Konzentrationen dieser Stoffe
wasser am Austritt aus den Entnahmezapfstellen (also in
beiträgt, kann durch Vergleich der Untersuchungsergebnis-
der Regel am Wasserhahn) eingehalten sein. Die Betreiber
se vor und nach Umstellung der Entnahmestrategie auf-
von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen müssen da-
gezeigt werden.
her Untersuchungen durchführen oder durchführen lassen,
Nachfolgend werden exemplarisch vergleichende Untersu-
um sicherzustellen, dass das Trinkwasser an dieser Stelle
chungsstatistiken zu den Parametern Trihalogenmethane
den Anforderungen der Verordnung entspricht. Hierzu wird
(THM) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
das Wasser häufig an der Stelle, an der das Wasser in die
(PAK) dargestellt. Die Konzentrationen dieser Stoffe können
Hausinstallation übergeben wird, untersucht. Stichproben-
aus unterschiedlichen Gründen zwischen Brunnen oder
artig werden ergänzend Trinkwasserproben aus Hausin-
Wasserwerk und dem Abnehmer ansteigen.
stallationen (also vom Zapfhahn) auf die Einhaltung der
Belastungen des Trinkwassers durch polyzyklische aroma-
Grenzwerte überprüft.
tische Kohlenwasserstoffe haben meist ihre Ursache in
Die Anzahl der zu untersuchenden Trinkwasserproben ist
Trinkwasserleitungen, die zum Schutz vor Korrosion mit
abhängig von der in einem Versorgungsgebiet abgegebe-
einer Schutzschicht aus Teer versehen wurden. Derartig
nen Wassermenge, wobei ein Versorgungsgebiet ein geo-
geschützte Rohre fanden bis Anfang der 1970er-Jahre
grafisch definiertes Gebiet ist, in dem die Wasserqualität
Verwendung als Leitungsrohre in der öffentlichen Trink-
aufgrund der Herkunft des Wassers als nahezu einheitlich
wasserversorgung. Die im Teer enthaltenen PAK können,
angesehen werden kann.
Grafik links:
Polyzyklische
aromatische
Kohlenwasserstoffe in
Trinkwasser
abhängig von verschiedenen Faktoren wie z. B. dem Al-
Diese Vorgabe der neuen Trinkwasserverordnung führte
ter der Leitungen und den Betriebsbedingungen, in das
auch zu einer geänderten Probenahmestrategie der amtli-
Wasser übergehen. Sie sind aufgrund der genotoxischen
chen Trinkwasserüberwachung. Während bis einschließlich
und krebserzeugenden Eigenschaften im Trinkwasser un-
2002 amtliche Proben meist in Brunnen, Hochbehältern
erwünscht. Für die Summe der Einzelkonzentrationen von
oder Wasserwerken entnommen wurden, werden seit In-
Benzo-(b)-fluoranthen, Benzo-(k)-fluoranthen, Benzo-(ghi)-
krafttreten der Verordnung gemeinsam mit dem für den
perylen und Indeno-(1,2,3-cd)-pyren wurde in der Trinkwas-
jeweiligen Stadt- oder Landkreis zuständigen Gesundheits-
serverordnung 2001 ein Summengrenzwert in Höhe von
amt für das Versorgungsgebiet repräsentative amtliche Ent-
0,000 1 mg / l (das entspricht 0,1 µg / l) gebildet. Für Benzo-
nahmestellen in den Ortsnetzen eingerichtet.
(a)-pyren wurde aufgrund seines höheren kanzerogenen
Grafik rechts:
Grenzwerte für chemische Parameter, deren Konzentration
Trihalogen-
sich im Verteilungsnetz oder in der Hausinstallation erhöhen
methane in
können, sind in der neuen Trinkwasserverordnung 2001
Trinkwasser
Potenzials mit 0,000 01 mg / l (das entspricht 0,01 µg / l) ein
eigenständiger und besonders niedriger Grenzwert festgelegt.
Der Vergleich der Ergebnisse beider Entnahmestrategien
gesondert aufgeführt.
ergibt für diesen Parameter keinen Unterschied und zeigt,
dass unter normalen Betriebsbedingungen, soweit diese
alte Entnahmestrategie
Leitungen überhaupt noch vorhanden sind, keine Kontamination des Trinkwassers durch diese Stoffe erfolgt.
Prozent
neue Entnahmestrategie
100
100
90
90
100
80
80
70
70
80
60
60
50
50
60
40
40
30
30
40
20
20
10
10
20
90
70
50
30
10
00
0
< 0,05
0,05 – 0,1
> 0,1 µg / l
< 0,005
0,005 – 0,01
> 0,01 – 0,05
> 0,05 mg / l
Trinkwasser PAK 2005
Trinkw. Trihalogen 2005
Trinkwasser
Jahresbericht 2005
„Brunnenvergifter“ bedroht die
Bodensee-Wasserversorgung
Trihalogenmethane (THM, Haloforme) sind wie die PAK
Ein bis heute Unbekannter hat im Okto-
im Rohwasser nicht oder höchstens in geringsten Spuren
ber 2005 in einem anonymen Schreiben
enthalten. Sie entstehen als Nebenreaktionsprodukte aus
an die Bodensee-Wasserversorgung
natürlichen organischen Inhaltsstoffen des Wassers, wie
(BWV) angedroht, das Wasser des
z. B. Huminstoffen, durch das für die Desinfektion einge-
Bodensees mit Pflanzenschutzmit-
setzte Chlor. Die entstehende Haloformkonzentration wird
teln zu vergiften. Tatsächlich wurden
näherungsweise durch die im Wasser enthaltene Menge
daraufhin am Grund des Bodensees
an organischen Inhaltsstoffen, der Chlorkonzentration und
in der Umgebung der Entnahmestelle
der Einwirkungszeit des Chlors bestimmt. Der Grenzwert
mehrere Behältnisse mit Pflanzenschutz-
in Höhe von 0,05 mg / l gilt für die Summe der Einzelkon-
mittelresten entdeckt.
zentrationen von Trichlormethan (Chloroform), Bromdichlor-
Die BWV ist die größte Fernwasserversorgung
methan, Dibromchlormethan und Tribrommethan (Bromo-
in Baden-Württemberg, sie versorgt knapp vier
form). Da die Bildung dieser Nebenreaktionsprodukte erst
Millionen Menschen mit Trinkwasser. Die Rohwasserent-
dann zum Stillstand kommt, wenn ein Reaktionspartner
nahmestelle liegt bei Sipplingen am Bodensee. Mehrere
(Chlor oder die organischen Wasserinhaltsstoffe) verbraucht
Städte und Gemeinden des Landes beziehen das Trink-
ist, ist zu erwarten, dass sich deren Konzentration zwi-
wasser ausschließlich oder teilweise, d. h. als Mischung
schen Zugabe von Chlor im Wasserwerk und der Probe-
mit Wasser aus einer örtlichen Eigenwasserversorgung,
nahmestelle im Ortsnetz erhöhen kann. Dies erklärt den
von der BWV.
prozentual höheren Anteil an Trinkwasserproben mit THM-
Mehrfach wurden im Zusammenhang mit dem Drohbrief
Gehalten im Konzentrationsbereich zwischen 0,005 und
sowohl vom Rohwasser direkt aus den Entnahmeleitungen
0,01 mg / l bei Entnahme im Ortsnetz im Vergleich zu den
vom Bodensee als auch vom Trinkwasser unmittelbar nach
Ergebnissen der früheren Entnahme im Hochbehälter oder
der Aufbereitung im Wasserwerk Sipplinger Berg Proben
im Wasserwerk.
entnommen und analysiert. Das Untersuchungsspektrum
Gleichzeitig wird aus der vergleichenden Darstellung auch
ersichtlich, dass beim Verbraucher nicht nur keine Grenzwertüberschreitungen, sondern ganz überwiegend Gehalte deutlich unter Grenzwertniveau festgestellt werden.
In Baden-Württemberg wird überwiegend organisch gering belastetes Grundwasser zur Trinkwassergewinnung
genutzt, bzw. durch Aufbereitung des Rohwassers vor
Chlorzugabe das „Haloformbildungspotenzial“ so weit reduziert, dass Gehalte über dem Grenzwert praktisch nicht
vorkommen.
erstreckte sich insbesondere auf diejenigen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die in den gefundenen Behältnissen
nachgewiesen worden waren. Weitere Proben wurden aus
dem Trinkwassernetz der BWV sowie aus Ortsnetzen, die
ausschließlich mit Trinkwasser der BWV versorgt werden,
entnommen.
In allen Fällen lagen die gemessenen Gehalte der Pflanzenschutzmittel im aufbereiteten Trinkwasser deutlich unter
den gesetzlichen Grenzwerten von 0,0001 mg / l für einzelne Pflanzenschutzmittel und 0,000 5 mg / l für die Summe
aus allen nachgewiesenen Pflanzenschutzmitteln.
Aus Vorsorgegründen wurden auch aus allen anderen baden-württembergischen Bodensee-Wasserwerken Trinkwasserproben überprüft. Auch in diesen Trinkwässern
wurden keine Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel festgestellt.
63
64
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel
Kosmetische Mittel
Im Berichtsjahr wurden 2 187 kosmetische Mittel untersucht. Hiervon wurden 573 Proben (= 26 Prozent)
beanstandet.
Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln
Krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Stoffe (CMR-Stoffe)
Nitrosamine – in kosmetischen Mitteln verboten!
Nitrosamine, wie das N-Nitrosodiethanolamin (NDELA)
zusammen mit dem ebenfalls in dem Produkt enthaltenen
dürfen nach § 1 in Verbindung mit Anlage 1, lfd. Nr. 410
Fettsäurealkanolamid Nitrosamine bilden. Solche Kombina-
der Kosmetik-Verordnung in kosmetischen Mitteln nur als
tionen sind daher laut Kosmetikverordnung wegen der Ge-
technisch unvermeidbare Reste in gesundheitlich unbe-
fahr der Nitrosaminbildung verboten. Die im Mischbereich
denklichen Anteilen enthalten sein. Untersuchungsreihen
tätigen Mitarbeiter wurden daraufhin besonders geschult,
haben gezeigt, dass Gehalte über 10 µg / kg als technisch
die Kennzeichnungen an den Rohstoff-Wahlschaltern im
vermeidbar angesehen werden können. Mögliche Quellen
Produktionsbereich auffälliger gestaltet und die Arbeits-
für die Nitrosaminbelastung sind die Verwendung verunrei-
anweisungen konkretisiert.
nigter Rohstoffe, die Bildung durch Reaktion verschiedener
In anderen Fällen arbeiten die Hersteller noch an der Op-
Kosmetikbestandteile oder das Verpackungsmaterial.
timierung der Rezeptur, so kann z. B. die Bildung von Ni-
Wimperntuschen, Handwaschpasten, Shampoos, flüssige
Seifen, Rasiercremes, Körpercremes u. a. Produkte wurden
trosaminen durch die Zugabe von Antioxidantien zurückgedrängt werden.
auf NDELA überprüft. Auffällig oft waren Handwaschpasten sowie Wimperntuschen verunreinigt. Die Befunde lagen zwischen 17 und 1 020 µg / kg (höchster Wert bei einer
Wimperntusche).
NDELA kann die menschliche Erbsubstanz verändern und
Tumore auslösen. Nach einer Risikobewertung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) vom 20.01.2006
zu Befunden von Nitrosaminen in Wimperntuschen lässt
sich nach den bisherigen Studien jedoch keine Aussage
über das Risiko einer Krebserkrankung durch NDELA beim
Menschen ableiten. Bei Wimperntusche ist die aufgetragene Verwendungsmenge so gering, dass die Nitrosaminbelastung gegenüber der Nitrosaminaufnahme durch Lebensmittel kaum ins Gewicht fällt. Auch bei kosmetischen
Mitteln, die wieder abgewaschen werden, ist das Risiko
eher als gering einzuschätzen. Als kritisch zu bewerten sind
Produkte, die auf der Haut verbleiben und bei denen NDE-
Methyleugenol in Rosenölen
Die im letzten Jahr begonnene Untersuchung auf Methyleugenol in kosmetischen Mitteln mit Rosenöl wurde in
diesem Jahr verstärkt fortgeführt.
Mit der 32. Verordnung zur Änderung der Kosmetik-Verordnung vom 28.03.2003 wurde dieser Stoff aufgrund seiner
Kanzerogenität und Genotoxizität in Anlage 1 unter lfd. Nr.
451 aufgenommen. Die Übergangsfristen für die Abgabe
an die Endverbraucher sind seit dem 15.04.2004 abgelaufen. Danach darf Methyleugenol in kosmetischen Mitteln
nicht enthalten sein, ausgenommen normale Gehalte in
verwendeten natürlichen ätherischen Ölen unter der Voraussetzung, dass die Konzentration in Mitteln, die auf der
Haut verbleiben nicht 0,000 2 % und in abwaschbaren Mitteln nicht 0,001 % übersteigt.
LA bis zu 30 % resorbiert werden kann. In solchen Proben
Insgesamt wurden 21 Leave-on-Produkte, insbesondere
(z. B. Hautcremes) wurden im Rahmen der durchgeführten
Rosenöle und Hautpflegecremes mit Wildrosenöl und 8
Untersuchungen erfreulicherweise keine Nitrosamingehal-
Rinse-off-Produkte (Shampoos, Seifen) untersucht. Bei
te festgestellt. Generell gilt jedoch für alle kosmetischen
6 Produkten mit Wildrosenöl zur Hautpflege wurden Ge-
Mittel ein so genanntes Minimierungsgebot.
halte an Methyleugenol von 3,2; 3,8; 11,5; 11,5; 97 und
Die beanstandeten Produkte mit hohen Nitrosamingehalten
wurden aus dem Verkehr genommen. Die Firmen mussten
den Überwachungsbehörden eine Fehlerursachenanalyse
102 mg / kg ermittelt (Grenzwert: 2 mg / kg), in einer Rosenöl-Pflanzenseife betrug der Gehalt an Methyleugenol
19,6 mg / kg (Grenzwert 10 mg / kg).
sowie ein Konzept zur zukünftigen Vermeidung vorlegen.
Alle diese Kosmetika durften somit nicht in Verkehr ge-
So ergab sich z. B. im Fall einer mit 40 µg NDELA / kg be-
bracht werden. Die Überprüfungen der zuständigen Be-
lasteten flüssigen Handseife eines baden-württembergi-
hörden ergaben in einigen Fällen, dass die Hersteller die
schen Herstellers, dass ein Mitarbeiter entgegen der Her-
Rezepturen entsprechend geändert hatten, die Einzelhänd-
stellungsvorschrift das Basistensid Natriumlaurylethersulfat
ler jedoch nicht darüber informiert wurden, dass die alten
mit der falschen Vorkonservierung (Bronopol statt Natrium-
Produkte nicht mehr an die Verbraucher abgegeben wer-
benzoat / Kaliumbenzoat) eingesetzt hatte. Bronopol kann
den durften.
Kosmetische Mittel
Dibutylphthalat in Nagellack
Mit der 35. Verordnung zur Änderung der Kosmetik-Verordnung vom
Jahresbericht 2005
Auch Lippenstifte sind nicht ewig haltbar: Bildung von hautreizenden Peroxiden muss verhindert werden
20.12.2004 wurde Dibutylphthalat
Seit März 2005 müssen kosmeti-
aus toxikologischen Gründen in An-
sche Mittel, die über 30 Monate
lage 1 unter lfd. Nr. 675 Kosmetik-
haltbar sind, mit einem Hinweis
Verordnung neu aufgenommen.
auf die Verwendungsdauer nach
Dibutylphthalat ist nach Chemika-
dem Öffnen (period after opening)
lienrecht als fruchtschädigend und
reproduktionstoxisch eingestuft.
Nach Artikel 1 Nr. 1 der oben zitierten
Verordnung durften Produkte, die vor
dem 23.12.2004 hergestellt wurden, noch
bis zum 24. März 2005 vom Hersteller oder
versehen werden. Der Hersteller
muss durch geeignete Rezeptur und
Herstellungstechnologie gewährleisten, dass sich die Qualität seiner Produkte sowohl in mikrobiologischer als auch in
chemischer Hinsicht während der von ihm ange-
demjenigen, der für das erstmalige In-Verkehr-Bringen des
geben Zeitspanne nicht so verändert, dass eine Gefährdung
betreffenden kosmetischen Mittels verantwortlich ist, erst-
der Gesundheit des Verbrauchers zu erwarten ist.
mals in den Verkehr gebracht und danach noch bis zum 24.
Ein Beispiel für eine mögliche chemische Veränderung, die
Juni 2005 an den Endverbraucher abgegeben werden.
es zu berücksichtigen gilt, ist die Bildung von Peroxiden in
Da diese Übergangsfrist im Laufe des Berichtsjahres abge-
Lippenstiften. Lippenstifte werden häufig lange benutzt
laufen ist, wurden verstärkt Nagellacke auf Dibutylphthalat
und ungünstigen Lagerbedingungen ausgesetzt. So ist es
untersucht. Dieser Stoff wurde früher häufig als Weichma-
durchaus möglich, dass das eine oder andere Produkt ran-
cher in Nagellack verwendet. Die Untersuchungen einer
zig wird und sich dabei Peroxide bilden.
größeren Serie von Nagellacken ergab, dass dieser Stoff
immer noch in einzelnen Produkten enthalten ist. Insgesamt 6 Nagellacke wurden nach Ablauf der Übergangsfrist
als nicht mehr verkehrsfähig beurteilt. Bei einigen dieser
Produkte war klar, dass es sich um „Altprodukte“ handelte,
da Dibutlyphthalat im Verzeichnis der Bestandteile deklariert war. Wie im Falle des Methyleugenols zeigte sich auch
hier, dass die Hersteller die Einzelhändler nicht darüber
informierten, dass die alten Produkte nicht mehr an die
Verbraucher abgegeben werden durften.
Hydrochinon in Hautbleichmitteln aus Afro-Shops –
ein altes, aber immer noch aktuelles Problem
Die Hauptbestandteile von Lippenstiften sind Wachse, Fette und Öle. Fette und Öle, insbesondere die ungesättigten
Fettsäuren, unterliegen unter normalen Lagerbedingungen einem Verderb, der als Ranzigkeit oder Peroxidierung
bezeichnet wird. Die durch diesen Prozess gebildeten Alkohole, Aldehyde und Ketone bewirken den ranzigen Geruch. Da die gebildeten Peroxide auch zu Irritationen der
empfindlichen Lippenpartien führen können, wurden in
einer gemeinsamen Schwerpunktaktion der Chemischen
und Veterinäruntersuchungsämter Freiburg und Karlsruhe
Lippenstiftproben auf ihre Peroxidzahl überprüft. Die Peroxidzahl ist ein Maß für die durch oxidativen Fettverderb
gebildeten Peroxide und sollte bei ungesättigten Fetten und
Hydrochinon darf seit mehreren Jahren nicht mehr in Kos-
Ölen einen Wert von 10 nicht überschreiten.
metika, die der Bleichung der Haut dienen, enthalten sein.
In der Regel lagen bei den untersuchten Lippenstiftproben
Doch jedes Jahr wird über das Europäische Schnellwarnsys-
die Peroxidzahlen bei sensorisch einwandfreien Produkten
tem RAPEX erneut vor Produkten gewarnt, die als bleichen-
zwischen 1 und 5, in Einzelfällen auch bei 10.
den Wirkstoff Hydrochinon enthalten. Hautbleichcremes
werden fast ausschließlich in Afro-Shops und Asienläden
von dunkelhäutigen Verbrauchern nachgefragt. Aufgrund
dieser Schnellwarnungen wurden deshalb verstärkt Hautbleichmittel aus Afro-Shops untersucht. Häufig handelte
es sich hierbei um Produkte, die in afrikanischen Ländern
hergestellt und über Frankreich in die EU importiert wurden. Diese waren demnach auch nur in französischer und
englischer Sprache gekennzeichnet. Bei einigen von ihnen
war sogar Hydrochinon als „aktiver Bestandteil“ deklariert.
Die Untersuchungen ergaben Gehalte an Hydrochinon zwischen 2,2 % und 3,8 %. Diese Produkte wurden in das
Europäische Schnellwarnsystem eingestellt. Aufgrund der
unübersichtlichen Vertriebsstruktur bei dieser Produktgruppe wird dieses Thema die Überwachungsbehörden auch in
den kommenden Jahren beschäftigen.
Bei 5 Proben allerdings lagen die Peroxidzahlen mit 30,
34, 62, 67 und 105 weit darüber. Diese Proben, die keine
Antioxidantien enthielten, wiesen auch einen stark ranzigen Geruch auf. Antioxidantien werden Lippenstiften in der
Regel als Schutz vor Peroxidbildung zugesetzt. Die Hersteller dieser Produkte wurden aufgefordert, im Rahmen
ihres Qualitätsmanagementsystems sicherzustellen, dass
keine überlagerten und / oder peroxidbelasteten Rohstoffe
eingesetzt werden und dass die von ihnen angegebene
Verwendungsdauer auch tatsächlich zutrifft.
65
66
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel
Kennzeichnung der allergenen Duftstoffe –
Anissäure – ein Konservierungsstoff mit guten
Überprüfung der neuen Regelung an Duftwässern
Werbemöglichkeiten?
Seit dem 11.03.2005 gilt die Kennzeichnungspflicht für
p-Anissäure oder 4-Methoxybenzoesäure ist ein Stoff, der
bestimmte Duftstoffe in kosmetischen Mitteln. 26 häufig
in kosmetischen Mitteln aufgrund mehrerer interessanter
eingesetzte Duftstoffe, die für Allergiker problematisch sein
Eigenschaften zunehmend Verwendung findet.
können, müssen in der Bestandteileliste genannt werden.
Dazu zählen z. B. d-Limonen, Linalool, Citral. Die allergenen
Duftstoffe müssen bei Mitteln, die auf der Haut verbleiben
(Leave-on-Produkte) ab einer Konzentration von 10 mg / kg,
bei Mitteln, die abgespült werden (Rinse-off-Produkte) ab
einer Konzentration von 100 mg / kg gekennzeichnet werden.
Für Produkte, die vor dem 11.03.2005 hergestellt wurden,
gilt diese Kennzeichnungsverpflichtung nicht.
p-Anissäure ist eine weiße, kristalline und geruchsneutrale
Substanz. Sie soll in den kosmetischen Mitteln unangenehme Eigengerüche von Rohstoffen maskieren und somit
das Geruchsprofil eines Produktes positiv beeinflussen.
Im Beschluss der Kommission vom 9. Februar 2006 zur
Änderung des Beschlusses 96 / 335 / EG der Kommission
zur Festlegung einer Liste und einer gemeinsamen Nomenklatur der Bestandteile kosmetischer Mittel wird der
Stoff „P-ANISIC ACID“ deshalb unter der Funktion „maskie-
Ende des Jahres 2005 wurden bevorzugt Parfüms, Eau de
rend“ geführt. Im CTFA Dictionary (Cosmetic, Toiletry and
Toilettes und Duftwässer auf allergene Duftstoffe unter-
Fragrance Association Europe) wird als Funktion „Flavoring
sucht und auf die Einhaltung der korrekten Kennzeichnung
Agent; Fragrance Ingredient“ genannt.
überprüft. Die Untersuchungen ergaben, dass bei ca. zwei
Drittel der untersuchten Proben die Allergenkennzeichnung
dem neuen geltenden Recht entsprach.
Bei den übrigen Proben war diese neue, für den Verbrau-
p-Anissäure wird aber auch zur pH-Wert-Einstellung verwendet und zeichnet sich durch antimikrobielle Eigenschaften aus. Als Konservierungsstoff ist sie nach Kosmetikverordnung nicht zugelassen. Insoweit stellt sich die Frage,
cherschutz wichtige Kennzeichnungsregelung noch nicht
ob p-Anissäure als unzulässiger Konservierungsstoff ein-
umgesetzt, die Kennzeichnung der allergenen Duftstoffe
gesetzt wird.
fehlte hier vollständig. Allerdings konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei noch um „Altprodukte“
handelte.
Bei einem geringen Teil der Proben waren die neuen Kennzeichnungsregeln z.T. berücksichtigt, allerdings waren
nicht alle allergenen Duftstoffe, die in einer Konzentration
> 10 mg / kg enthalten waren, in der Bestandteileliste aufgeführt. Diese Proben wurden beanstandet.
In 16 von 80 überprüften Kosmetikproben wurde p-Anissäure mit Gehalten von 0,1 bis 0,2 g je 100 g in Produkten
gefunden. In den Bestandteilelisten dieser Proben waren
keine Konservierungsstoffe angegeben, z.T. waren sie
sogar als „frei von Konservierungsstoffen“ ausgelobt. In
der Bestandteileliste wurde in den meisten Fällen die pAnissäure unter „Parfüm“ geführt, in seltenen Fällen auch
mit der für kosmetische Mittel geforderten Bezeichnung
Einzelne Ergebnisse:
„p-Anisic acid“.
• Limonen und Linalool wurden in fast allen untersuchten
In einem konkreten Fall wurde durch Nachfragen beim Her-
Proben nachgewiesen, die Gehalte an Limonen lagen
steller deutlich, dass p-Anissäure in den dort hergestellten
zwischen 8 bis 5 500 mg / kg, an Linalool zwischen 30
Produkten ausschließlich als Konservierungsstoff und nicht
bis 8 000 mg / kg.
wegen der Beeinflussung des Duftes verwendet wurde.
• Lyral mit überwiegend hohen Konzentrationen und Citral waren in den meisten der Proben nachweisbar, Lyral
in Konzentrationen bis zu 10 000 mg / kg, Citral bis zu
1000 mg / kg.
• Benzylbenzoat, das in ca. der Hälfte der Proben enthalten
war, war mit ca. 30 000 mg / kg der Stoff mit der höchsten
Konzentration. Ebenfalls häufig wurden Lilial und Geraniol nachgewiesen, Lilial in Konzentrationen bis zu 6 500
mg / kg, Geraniol bis zu 2 000 mg / kg.
• Farnesol war mit Gehalten bis zu 700 mg / kg nur in wenigen Proben nachweisbar, Cinnamal dagegen war nur
in einer Probe nachweisbar.
Die damit verbundenen Auslobungsmöglichkeiten wurden
als verkaufsfördernd betrachtet.
Der hauptsächliche Verwendungszweck als Konservierungsstoff ist nach Auffassung der amtlichen Überwachung
nicht mit den Vorschriften der Kosmetikverordnung vereinbar und eine Auslobung als „frei von Konservierungsstoffen“ darüber hinaus eine Irreführung des Verbrauchers.
Kosmetische Mittel
Jahresbericht 2005
Abgrenzung Arzneimittel – kosmetisches Mittel:
im Gesicht fleckige Rötungen auftreten) in den Verkehr
immer eine Einzelfallentscheidung
gebracht. Vitamin K1 oder Phytomenadion ist ein bekann-
Auf den Kosmetikmarkt drängen zunehmend Produkte,
deren Wirkungsbehauptungen und Anwendungsempfehlungen stark an Arzneimittel erinnern. Ein Grund hierfür
könnte darin liegen, dass Hersteller „alter“ Arzneimittel die
durch das Arzneimittelrecht vorgeschriebenen aufwändigen
Neuzulassungen vermeiden möchten. Das Arzneimittelgesetz regelt in § 2, dass kosmetische Mittel nicht gleichzeitig
Arzneimittel sein können. Kosmetische Mittel sind wiederum definiert in § 2 Abs. 5 des Lebensmittel- und Futtermit-
67
ter Arzneimittelwirkstoff, der mit dem natürlicherweise
vorkommenden Vitamin K1 chemisch identisch ist. Er
wird bisher arzneilich nur in Tablettenform, Tropfen oder
Ampullen zur Behandlung von Blutgerinnungsstörungen
verabreicht. Arzneimittel zur äußeren Anwendung sind
derzeit nicht bekannt. Da Besenreiser und Rosaceae Erkrankungen der Blutgefäße sind, fällt diese Probe als ein
Mittel zur Heilung oder Linderung von Krankheiten unter
den Arzneimittelbegriff.
telgesetzbuches. Danach sind kosmetische Mittel Stoffe
oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich oder
überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des
Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum
Schutz, zur Erhaltung des guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder zur Beeinflussung des Körpergeruchs verwendet zu werden.
Die Verwendung der Begriffe „ausschließlich oder überwiegend“ stellt klar, dass ein kosmetisches Mittel durchaus
einen Nebeneffekt haben darf. In Zweifelsfällen soll nach
der europäischen Arzneimittelrichtlinie (2004 / 27 EG) aus
Gründen des Gesundheitsschutzes generell das strengere
Abb.:
Regelungsregime angewendet werden, d. h. bei der Einstufung soll dem Arzneimittelbegriff Vorrang gegeben werden.
• „Keine Schmerzen mehr in den Muskeln wünschen
Ein kosmetisches Mittel liegt also nur dann vor, wenn der
sich Millionen von Menschen, die Natur hat uns
kosmetische Verwendungszweck eindeutig überwiegt.
Im Berichtsjahr lagen u. a. folgende Abgrenzungsfragen
vor:
eine Wurzel dafür gegeben“ so lautet z. B. die Internetbeschreibung zu einem Teufelskralle-Gel, das
als kosmetisches Mittel in den Verkehr gebracht
wurde. Es gibt weitere für den äußerlichen Ge-
• Ein Einreibemittel mit hohen Anteilen ätherischer Öle
brauch angebotene Pflegeprodukte, auf deren Eti-
(Fichtennadelöl, Eukalyptus und Pfefferminzöl) wurde
kett die eigenartige Wüstenpflanze mit armartigen
angeboten zur „Pflege mit Fichtennadelöl“,„Verwendung
Auswüchsen, ankerartigen Haken und auffallenden
bei Muskelkater und Verspannungen“, als „bewährtes
hellrosa bis purpurrot gefärbten Blüten abgebildet
Hausmittel für wohltuende Körpereinreibungen“. Nach
ist. Bei Verbrauchern ist das Thema Teufelskralle und
objektiver Zweckbestimmung überwiegt hier nicht die
insbesondere der Einsatz zur unterstützenden Be-
Pflegewirkung. Es ist dem Verbraucher allgemein be-
handlung bei Beschwerden des rheumatischen For-
kannt, dass Einreibemittel mit hohen Anteilen an äthe-
menkreises durch die Laienwerbung in den Medien
rischen Ölen zur Linderung krankhafter Beschwerden
wohl bekannt. Pflegeprodukte für die äußerliche
(z. B. bei Erkältungskrankheiten) dienen, auch wenn dies
Anwendung werden mit Aussagen wie „wohltuend
hier bei der Kennzeichnung des Produktes nicht explizit
bei Verspannungen, zur Besserung des Befindens
beschrieben ist. Das Produkt wurde als Arzneimittel ein-
bei rheumatischen Beschwerden, bei beruflichen
gestuft.
Belastungen mit einseitiger Körperhaltung“ ange-
• Auch ein Thymian-Brustbalsam mit hohem Anteil an
boten. Insofern besteht bei Verbrauchern eine feste
ätherischen Ölen, das zur Pflege von Brust und Hals für
Vorstellung, wozu Teufelskralleprodukte verwendet
wohltuendes und befreites Durchatmen in den Verkehr
werden können, nämlich zu therapeutischen Zwe-
gebracht wurde, wurde als Arzneimittel eingestuft mit
cken. Vorstellungen über bestimmte kosmetische
der Begründung, dass Brust-Balsame mit ätherischen
Wirkungen von Extrakten der Teufelskralle findet
Ölen vom Verbraucher traditionell als Arzneimittel zur
man derzeit in Verbraucherkreisen nicht. Auch in
Linderung von Erkältungsbeschwerden eingesetzt wer-
der kosmetischen Fachliteratur ist die Verwendung
den.
von Teufelskralle als kosmetischer Wirkstoff nicht
• Eine Vitamin-K1-haltige Hautcreme wurde als kosmetisches Mittel u. a. zur Behandlung von Besenreisern
und Rosaceae (Hauterkrankung, bei der überwiegend
beschrieben. Derartig beworbene Produkte sind
deshalb als Arzneimittel einzustufen.
Teufelskralle
68
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel
• Ein „Pferde-Gel“ wurde im Internet folgendermaßen be-
• Eine weitere Probe betraf ebenfalls ein Produkt, das im
worben: „Pferde-Gel für Haut, Muskeln und Rücken! Das
Internet über Ebay vertrieben wurde. Da der Vertreiber
Pferde-Gel hat sich als sehr hilfreich erwiesen bei Be-
dieser Produkte eine Adresse in Baden-Württemberg
schwerden, die bei Pferden oft auftreten, wie: Verspan-
hatte, wurden dort entsprechende Proben erhoben. Bei
nungen, Zerrungen, müden Beinen, Gelenkbeschwer-
dem Produkt handelte es sich um ein „Noni-Hautgel“,
den, Prellungen, Stauchungen, Schwellungen!“ Diese
das als „das natürliche Mittel zur ersten Hilfe bei Verstau-
Werbeaussagen fanden sich nur im Internet, nicht aber
chungen, Prellungen, Schürfungen und anderen Verlet-
auf dem Behältnis des Produktes. Für die Beurteilung der
zungen. Wirkt schmerzlindernd und entzündungshem-
Einstufung müssen jedoch alle für ein Produkt vorgenom-
mend!!“ angepriesen wurde. Bei dieser Probe waren
menen Produktauslobungen berücksichtigt werden. Auf-
aber nicht nur die Werbeaussagen im Internet, sondern
grund dieser im Internet vorhandenen Werbeaussagen
auch die auf dem Etikett zu beanstanden. Dort wurde der
wird deutlich, dass das vorliegende Produkt überwiegend
arzneiliche Zweck zwar nicht so plakativ wie im Internet
zur Anwendung bei Verspannungen, Zerrungen, müden
hervorgehoben. Die dort vorhandenen Aussagen „Noni
Beinen, Gelenkbeschwerden, Prellungen, Stauchungen
Hautgel natur besteht aus 97 % Noni, der Frucht des In-
und Schwellungen angewandt werden soll. Eine solche
dischen Maulbeerbaumes. Unterstützt Heilungsprozes-
Zweckbestimmung entspricht jedoch nicht der Definition
se der Haut und wirkt Entzündungen und Verletzungen
für kosmetische Mittel.
entgegen“ lassen aber ebenfalls keinen kosmetischen
Zweck erkennen.
Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln
Das CVUA Stuttgart hat im Rahmen
seiner zentralen Zuständigkeit für die
mikrobiologische Untersuchung und
Beurteilung von kosmetischen Mitteln
insgesamt 905 Proben, davon 270 aus
den Regierungsbezirken Freiburg,
Auffällige Befunde
Karlsruhe und Tübingen untersucht
Feuchtigkeitscremes aus bereits zu-
terschiedlichen Herstellungsposten
und dabei in 17 Fällen Keime, darunter
rückgeholter Ware wurden als Ver-
konnten fünfmal Pseudomonas ae-
auch spezifisch pathogene Keime wie
dachtsproben vorgelegt. In einer Pro-
ruginosa, auch in Mischung mit Pseu-
z. B. Pseudomonas aeruginosa fest-
be wurde Pseudomonas aeruginosa
domonas fluorescens oder Pseudo-
gestellt. Im Falle der Pseudomonas-
(5,0 × 105 KbE) und in zwei weiteren
monas stutzeri identifiziert werden.
aeruginosa-Befunde wurden 8 kosme-
Proben Pseudomonas putida (2,5
In dem Shampoo eines hiesigen Her-
tische Mittel als gesundheitsschädlich
× 105 und 1,6 × 106 KbE) identifiziert.
stellers wurde der Keim Chryseomo-
im Sinne von § 24 LMBG bzw. § 26
Eine Probe aus einer anderen Charge
nas luteola, eine Pseudomonas-ähn-
LFGB beurteilt. Bei Keimbefunden,
war von mikrobiologisch einwandfreier
liche Spezies nachgewiesen.
bei denen spezifisch pathogene Kei-
Beschaffenheit. Der Keim Pseudomo-
me wie Pseudomonas aerugino-
nas aeruginosa zählt zu den potenzi-
sa, Staphylococcus aureus, Hefen
ellen Krankheitserregern und kann in
(Candida albicans) oder bei pulvrigen
ungünstigen Fällen über Schleimhäute
Proben die anaerobe Keimart Clostri-
und kleinere Hautverletzungen in den
dium perfringens durch Differenzie-
Körper gelangen und zu Infektionen
rung ausgeschlossen worden waren,
führen. Pseudomonas putida gehört
wurden in drei Fällen Nachproben
dagegen zu den fakultativ pathogenen
untersucht und in sieben Fällen der
Mikroorganismen, bei denen es der-
Lebensmittelüberwachungsbehör-
zeit noch keine konkreten Hinweise
de empfohlen, die Hersteller auf die
auf eine besondere Gefährdung gibt,
Pflicht zur Eigenkontrolle hinzuweisen.
wenn diese Keime mit dem kosme-
Bei Überschreitung der vom SCCP
tischen Mittel auf die intakte Haut
empfohlenen Grenzkonzentrationen
aufgebracht werden und dort länger
wurde im Gutachten vermerkt, dass
verbleiben. Auch bei einem Shampoo
die Proben offensichtlich nicht GMP-
aus einem Baumarkt wurde Pseudo-
gerecht hergestellt worden seien.
monas aeruginosa festgestellt. Bei
den insgesamt 7 Nachproben mit un-
Produktgruppe Bedarfsgegenstände
Jahresbericht 2005
69
Bedarfsgegenstände
Phthalate – allgegenwärtige Substanzen
Diverse Bedarfsgegenstände bestehen aus weichem Polyvinylchlorid (PVC). PVC ist
jedoch an sich ein sprödes, hartes Material. Um es weich, flexibel oder knautschig
zu machen, werden bis zu etwa 45 % Weichmacher zugefügt, häufig Verbindungen
aus der Klasse der Phthalsäureester (Phthalate). Manche ihrer Vertreter werden als
endokrin wirksam (störend auf das Hormonsystem) und reproduktionstoxisch beschrieben, wie Diethylhexylphthalat (DEHP) oder Dibutylphthalat, und sind zurzeit für
Kleinkinderspielzeug sowie Babyartikel und ab spätestens Januar 2007 in Spielzeug
für Kinder jeden Alters verboten. Andere, wie Dinonylphthalat (DINP) scheinen gesundheitlich weniger bedenklich zu sein. Sie sind aber, da letzte Unsicherheiten diesbezüglich
bestehen, für Kleinkinderspielzeug und Babyartikel seit Jahren generell verboten.
Im Berichtsjahr wurden verschiedenste Bedarfsgegenstän-
• 3 von 5 Regenjacken für Kinder
de aus Kunststoff untersucht. Handelte es sich beim ver-
• 12 von 20 Schwimmflügeln
wendeten Material um weich gemachtes PVC wurde insbe-
• 2 von 17 Schnorcheln (bei 11 wurde DINP nachge-
sondere auf die Art und den Gehalt an Phthalaten geprüft.
Unerfreulicherweise wurden Phthalate häufig nachgewiesen, selbst bei Produkten für die jüngsten Verbraucher, z. B.
bei 2 bunten Bällen wurden Phthalatgehalte von jeweils
über 40 % nachgewiesen. In folgenden Produktgruppen
wurde auch DEHP nachgewiesen:
wiesen; siehe www.cvua-stuttgart.de
• 2 von 10 Faschingsmasken (bei 2 weiteren DINP).
Spielzeugtier
aus Weich-PVC
Aber nicht nur in Spielzeug und in Bedarfsgegenständen
mit Körperkontakt ist der Verbraucher den Phthalaten ausgesetzt. Auch in Verpackungsmaterialien für Lebensmittel
wie z. B. in Schraubdeckeln für Glaskonserven wurden
• 2 von 8 Baby-Lätzchen aus Kunststoff
Phthalate nachgewiesen. Phthalate können von der Dich-
• 13 von 30 Spielzeugtiere aus Weich-PVC für Kinder
tung in das Lebensmittel übergehen und sind somit auch
über 3 Jahre
in unserer Nahrung anwesend. Näheres hierzu im Kapitel
• 6 von 8 Luftmatratzen aus Kunststoff (bei den restlichen 2 wurde DINP nachgewiesen)
Abb.:
„Schadstoffe aus der Deckeldichtung – weiterhin kein Ende in Sicht?“.
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpflege
Ein breit gefächertes
wie Azofarbstoffe bis Z wie organi-
Amine freigesetzt werden. Die ent-
Abb.:
Untersuchungsspektrum
sche Zinnverbindungen: alles Stoffe,
sprechenden Azofarbstoffe (weniger
Gegenstände mit
die evtl. negative Auswirkungen auf
als 200) sind ebenfalls als krebserzeu-
Körperkontakt
die Gesundheit haben können. Anbei
gend eingestuft und dürfen daher zum
ein Ausschnitt von gesundheitlich rele-
Färben bestimmter Gegenstände mit
vanten Stoffen auf die im Berichtsjahr
nicht nur vorübergehendem Körper-
schwerpunktmäßig geprüft wurde:
bzw. Hautkontakt nicht verwendet
werden. Nach Aussage der Industrie
Krebserzeugende Azofarbstoffe
Weltweit sind ca. 2 500 Azofarbstoffe
werden sie in Deutschland und in Europa auch nicht mehr hergestellt.
im Einsatz. Das sind etwa 60 % aller
Im Jahr 2005 wurden 361 gefärbte
Zu den Bedarfsgegenständen mit nicht
zur Verfügung stehender Farbstoffe.
Textil- und Lederproben untersucht.
nur vorübergehendem Körperkontakt
Ein besonderes Augenmerk wird da-
In 19 Proben war die Verwendung von
zählen Bekleidungsgegenstände, aber
her auf das seit September 2003 EU-
verbotenen Azofarbstoffen über die
auch andere körpernah zu gebrau-
weit bestehende Verwendungsverbot
Bestimmung der abspaltbaren und
chende Gegenstände wie z. B. Hand-
bestimmter Azofarbstoffe gelegt. Ge-
reglementierten Amine nachweisbar.
tücher, Bettwäsche, (Luft-)Matratzen,
langen Azofarbstoffe auf die Haut oder
In drei Fällen wurden die Beanstan-
Halteriemen von Helmen und Rucksä-
in den Organismus, so können unter
dungen an das europäische Schnell-
cken, Schuhe, Geldbörsen, Schmuck
Umständen, in Abhängigkeit von den
warnsystem für Verbraucherprodukte
und Faschingsmasken. Die Analytik
zur Farbstoffherstellung verwendeten
(RAPEX) übermittelt.
dieser Produktgruppe reicht von A
Ausgangsstoffen, krebserzeugende
70
Lebensmittelüberwachung BW
Sensibilisierende Dispersionsfarbstoffe
Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände
Organische Zinnverbindungen
Zinnorganische Verbindungen werden
Mehr als 50 Dispersionsfarbstoffe
u. a. zur antimikrobiellen Ausrüstung
werden zum Färben von Polyester,
von Bekleidung, insbesondere auch in
Acetatfasern und Nylon eingesetzt.
Sportartikeln, eingesetzt. Tributylzinn
Einzelne Farbstoffe aus dieser Grup-
(TBT) als wichtigster Vertreter dieser
pe sind als hautsensibilisierend ein-
Substanzgruppe ist als giftig einge-
gestuft. Personen, die gegenüber be-
stuft und kann durch die Haut aufge-
stimmten Stoffen bereits sensibilisiert
nommen werden. In Abhängigkeit von
sind, reagieren dann auf geringste
der Dosis wurden Schädigungen des
Mengen mit allergischen Hautreakti-
Nervensystems bekannt, auch eine
onen. Je nach Färbetechnik sind sensi-
hormonelle Wirkung wird diskutiert.
bilisierende Farbstoffe unter Umstän-
Die Untersuchungsergebnisse bestä-
den nicht farbecht fixiert und können
tigen die erfreuliche Entwicklung der
durch Schweiß herausgelöst werden.
letzten Jahre. In keinem der 17 analy-
Deswegen sollten hautsensibilisieren-
sierten Erzeugnisse (Sitzpolster von
de Farbstoffe zum Färben körpernah
Radlerhosen und Arbeitshandschu-
getragener Kleidung aus Gründen
he) waren organische Zinnverbindun-
des vorbeugenden gesundheitlichen
gen, insbesondere TBT, nachweisbar.
Verbraucherschutzes nicht verwendet
werden. Die Expertenarbeitsgruppe
„Textilien“ des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt für
acht derartige Farbstoffe, diese zur
Färbung von körpernah getragenen
Bekleidungsgegenständen nicht mehr
einzusetzen. 309 Proben wurden untersucht, 55 Proben wurden beanstandet (= 18 %). Diese Farbstoffe wurde
u. a. häufig bei kleinflächigen Textilien aus Polyester und Polyamid (Sporthandschuhe, diverses Paspelmaterial)
gefunden.
Pentachlorphenol und weitere
Chrom (VI)
Gerbung mit Chrom-(III)-Salzen ist
auch heute noch Stand der Technik
bei der Lederherstellung. Bei falscher
Gerbführung können Chrom-(VI)-Verbindungen im Leder verbleiben. Die
toxischen Eigenschaften von Chromsalzen sind offenbar stark an die jeweilige Wertigkeitsstufe des Chroms
gebunden. Chrom-(VI)-Salze sind laut
EU-Recht als kanzerogene Verbindun-
Antimikrobiell wirksame Substanzen
gen der Kategorie 2, d. h. krebserre-
Zum Schutz vor mikrobiellem Verderb
gend für den Menschen aufgeführt.
oder zur Verhinderung einer Keimbe-
Lösliche Chrom-(VI)-Verbindungen
siedelung werden als Ersatz für das
können im Gegensatz zu Chrom-(III)-
in der EU verbotene PCP Leder-Halb-
Verbindungen die Haut gut penetrieren
fertigerzeugnisse, Farbzubereitungen
Pentachlorphenol (PCP) wurde im
und bereits in geringer Konzentration
und ggf. auch weitere Hilfsmittel der
Tierversuch als krebserregend nach-
allergische Kontaktekzeme auslösen.
Lederproduktion mit antimikrobiell
gewiesen. Der Umgang mit dieser
Während für Schutzhandschuhe aus
wirksamen Substanzen (AWS) be-
Substanz ist daher chemikalien-
Leder ein DIN-Beurteilungswert von
handelt. Die Wirkstoffe verhindern
rechtlich reglementiert: Erzeugnisse
2 mg / kg vorliegt, existieren für wei-
eine Keimbesiedelung und sind in
mit einem PCP-Gehalt von mehr als
tere Bedarfsgegenstände aus Leder
höheren Konzentrationen auch für
5 mg / kg dürfen nicht hergestellt bzw.
(Bekleidung, Schuhe, Uhrarmbänder,
Menschen nicht unbedenklich, da sie
nicht in den Verkehr gebracht werden.
Schmuck, Brustbeutel) derzeit keine
Hautirritationen hervorrufen können.
Dennoch waren 5 von 34 Proben zu
konkreten rechtlichen Regelungen,
Im Sinne des vorbeugenden gesund-
beanstanden (= 15 %). Chlorphenole
sondern lediglich eine Empfehlung sei-
heitlichen Verbraucherschutzes wird
als technische Wirkstoffe mit hohem
tens des BfR. Untersuchungsergeb-
seitens der Überwachungsbehörden
Chlorierungsgrad können zudem mit
nisse aus verschiedenen Bundeslän-
eine Höchstmengenregelung ge-
Dioxinen verunreinigt sein. Bei einer
dern in den vergangenen Jahren zeig-
wünscht. Bevorzugt eingesetzt wer-
Geldbörse aus Leder mit hohem 2,4,6-
ten, dass teilweise bei bis zu 20 % der
den 4-Chlor-m-kresol, o-Phenylphenol,
Trichlorphenol-Gehalt waren Dioxine
untersuchten Proben Chrom (VI) nach-
TCMTB und 4-Nitrophenol. Bei 15 von
nachweisbar. Die Summe der vier rele-
weisbar war.Zwei Ledererzeugnisse
69 Proben wurden diese Stoffe nach-
vanten Dioxine nach Chemikalien-Ver-
von 9 Proben wiesen Chrom-(VI)-Ge-
gewiesen (= 22 %).
botsverordnung lag hierbei unter dem
halte über 2 mg / kg auf (= 11 %).
Chlorphenole
vorgegeben Grenzwert von 1 µg / kg.
Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt
Jahresbericht 2005
Skater-Schutz reizt die Haut –
sensibilisierende Dispersionsfarben in Protektoren
Inline-Skater sind gut beraten, gegen
Sturzverletzungen mit entsprechender
Schutzausrüstung vorzusorgen. Diese Ausrüstungsgegenstände können
aber im Textilmaterial unerwünschte
Farbstoffe enthalten. Weit verbreitet
ist offensichtlich der hautsensibilisierende Farbstoff Dispersionsorange 37 / 76. Im Rahmen einer Untersuchungsserie wiesen 10 von 16 SkaterSchutzbekleidungen (Handgelenk-,
Ellbogen-, Knieschützer) diesen unerwünschten Farbstoff auf.
Die Hersteller wurden aufgefordert,
diese Befunde bei der Risikobewertung ihrer Produkte zu berücksichtigen und stattdessen unbedenkliche
Farbstoffe einzusetzen. Dem Verbraucher bleibt nur die Möglichkeit,
sich beim Produzenten über die eingesetzten Farbstoffe zu erkundigen.
Neben Dispersionsfarbstoffen wurden
in drei Fällen auch Spaltprodukte von
krebserzeugenden Azofarbstoffen bestimmt.
In zwei Proben gelang der zweifelsWas war auffällig bei Bedarfsgegenständen mit Körperkontakt?
freie direkte Nachweis des verbotenen Azofarbstoffes Disperse Yellow
Ausblick: Neue analytische Herausforderung
23. Diese Erzeugnisse waren nicht
„Cosmeto-Textiles“
verkehrsfähig.
Noch reizender: Dessous aus
Erotik-Shops
Ein Domina-Playset aus Leder war mit
erhöhten Gehalten an antimikrobiell
Es soll sogar schon Ausrüstungssets
wirksamen Substanzen ausgerüstet.
„Socken mit Erdbeeraroma statt Kä-
geben, die nach Zugabe in den Wasch-
Zusätzlich enthielten mehrere Leder-
seduft“ lautete die Überschrift in ei-
maschinen-Spülgang eine nachlassen-
teile des Sets das EU-weit verbotene
ner Zeitung, ein neuer Trend auf dem
de Duftwirkung wieder auffrischen.
Pentachlorphenol in Konzentrationen,
Textilmarkt: „dufte Textilien“. Insbe-
Einige Duftstoffe sind als sensibilisie-
die vier- bis zehnfach über dem Grenz-
sondere in Japan und Frankreich sind
rend eingestuft und können Kontaktal-
wert lagen. In drei weiteren Dessous
diese schon weit verbreitet, neben
lergien auslösen. Der Einsatz bzw. die
aus textilem Material waren krebser-
kosmetisch pflegenden und schweiß-
Kennzeichnung von solchen Duftstof-
zeugende Azofarbstoffe nachweisbar.
hemmenden Ausrüstungen.
fen ist für Kosmetika reglementiert.
Bei Reizwäsche aus synthetischen
Über mikroverkapselte Zusätze gelan-
Die Beurteilung von Cosmeto-Textilien
Fasern wurden mehrfach hautsen-
gen die Parfümstoffe in bzw. auf das
erfolgt im Einzelfall nach Analyse der
sibilisierende Dispersionsfarbstoffe
Textilgewebe und entwickeln dann
Duftstoffzusammensetzung.
detektiert.
ihre Duftpracht infolge der Körperwärme.
71
72
Lebensmittelüberwachung BW
Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände
Kein Badevergnügen: Luftmatratzen
Auch in Luftmatratzen wurden unerwünschte Chemikalien gefunden.
Verbrauchertipp: Wenn die
Schon beim Öffnen der Verpackung
gekaufte Luftmatratze oder das
der Luftmatratze stinkt es gewaltig.
Spielzeug aus Kunststoff auffäl-
Was so chemisch riecht, kann nicht
lig chemisch riecht, am besten
gesund sein?!
das Produkt im Freien einige
Die Untersuchung von 18 Luftma-
Zeit auslüften lassen, oder
tratzen aus PVC bestätigte diesen
noch besser – nicht kaufen.
Verdacht. Es wurden Gemische ausgasender, gesundheitlich bedenklicher
Fasnachtsartikel – billige
Stoffe aus z. B. Acetophenon, Phenol,
Luftmatratzen aus Gummi scheinen
Nonylphenol, Naphthalin, C3-Benzole
leider auch keine gute Alternative zu
sowie C4-C5-Benzole nachgewiesen.
sein. Auch hier ist der intensive che-
Insgesamt lag der Summenwert der
mische Geruch auffällig. Da bei dem
flüchtigen Stoffe (Wasserdampfdes-
Gebrauch als Schlaf- und Schwimmun-
tillation, GC-FID berechnet als C24)
terlage ein unmittelbarer Hautkontakt
zwischen 870 und 6000 mg / kg (Mit-
anzunehmen ist, wurde auf die Abga-
telwert: 1 850 mg / kg). Geruchlich nur
be von Thiuram und Mercaptobenzo-
schwach auffälliges Kunststoffmaterial
thiazol (MBT) getestet. Diese Stoffe
weist dagegen einen Wert von unter
gelten als sensibilisierend und zeigen
600 mg / kg auf. Aufgrund fehlender
ein deutliches allergenes Potenzial.
Rechtsgrundlage ist jedoch eine Bean-
In der Literatur wird ab einer Abgabe-
standung praktisch nicht möglich, da
menge von 0,45 mg / dm² MBT oder
eine direkte Gesundheitsschädigung
0,1 bzw. 1,0 mg / dm² Thiuram das
durch die Produkte kaum nachgewie-
Auftreten von Kontaktdermatitis bei
sen werden kann. Der Hinweis, dass
sensibilisierten Personen beschrie-
es besser wäre, auf diese gesundheit-
ben. Von den Luftmatratzen wurden
Bei nur kurzfristig verfügba-
lich bedenklichen Stoffe zu verzichten,
0,2 bis 1,8 mg / dm² MBT bzw. 0,8 bis
rer Saisonware, die möglichst
verläuft leider zu oft im Sande.
1,9 mg / dm² Thiuram abgebeben: Bei
Verkleidung mit Risiko
nicht viel Geld kosten soll, wird
offensichtlich auch hinsichtlich
der Qualität gespart. So wurden von 50 untersuchten Faschingsartikeln (Kostüme für
Kinder und Erwachsene, Handschuhe, Strümpfe, Strumpfhosen, Kopfbedeckungen, Hüte
und Masken) insgesamt 21 Erzeugnisse beanstandet:
• Azofarbstoffe in 3 Proben,
• sensibilisierende Dispersionsfarbstoffe in 9 Proben,
• Färbebeschleuniger in einer
Probe,
• unerwünschte Chemikalien
(Styrol, Anilin, 1,4-Phenylendiamin) in 4 Proben,
• Textilkennzeichnung bei
8 Proben.
Der Gesetzesgeber ist somit weiterhin gefordert, verbindliche Grenzwerte
festzulegen!
7 von 8 Proben war eine allergische
Reaktion bei direktem Hautkontakt bei
sensibilisierten Personen somit nicht
auszuschließen.
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt
Jahresbericht 2005
Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt
Schadstoffe aus der Deckeldichtung – weiterhin kein Ende in Sicht?
Nachdem Dichtungsmaterialien von Schraubdeckeln
Für Phthalate wurden bislang keine spezifischen Grenzwer-
in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Kontami-
te (SML) festgelegt. Die nach üblicher wissenschaftlicher
nanten Semicarbazid und 2-Ethylhexansäure in der Dis-
Vorgehensweise ermittelten SML-Werte würden bis um
kussion standen, wurden sie dieses Berichtsjahr noch ge-
den Faktor 65 überschritten werden!
nauer unter die Lupe genommen. Die Dichtung besteht
hauptsächlich aus weich gemachtem PVC. Bei fetthaltigen
Lebensmitteln wie in Öl eingelegtem Gemüse, Fischkonserven, Würzsaucen auf Tomatenbasis und insbesondere
bei Pesto besteht die Gefahr, dass die Weichmacher nach
und nach herausgelöst werden. Im Berichtsjahr wurden
daher 127 Proben auf Weichmacher untersucht. Dabei wurden zunächst mittels einer Screening-Methode die in den
Dichtungsmaterialien enthaltenen Weichmacher ermittelt,
um diese anschließend gezielt im Lebensmittel zu bestimmen. Auffallend war hierbei, dass 40 % der Deckel mehr als
einen Weichmacher enthielten, wie die Tabelle zeigt.
Bei dieser Problematik zeigte sich ein
erheblicher rechtlicher Regelungsbedarf auf, dem die EU nicht zuletzt aufgrund unserer Untersuchungsergebnisse derzeit
nachkommt. Die Industrie ist
aufgefordert, hier rasch alternative Dichtungsmaterialien zu
entwickeln oder Weichmacher
einzusetzen, die weniger migrieren. Weiter gehender Bericht:
www.cvua-stuttgart.de
Bei den untersuchten Lebensmitteln wurden teilweise sehr
hohe Konzentrationen an Weichmachern nachgewiesen.
Für die Beurteilung der Befunde konnte im Regelfall nur der
Gesamtmigrations-Grenzwert von 60 mg / kg herangezogen
Deckel für Babynahrung – die Lage verbessert sich
werden, da für die meisten Weichmacher keine stoffspezifi-
Eine gute Nachricht gibt es in Sachen des Stoffes 2-Ethyl-
schen Grenzwerte existieren. Dieser Grenzwert wurde z.T.
hexansäure (2-EHA), der im Vorjahr in die Kritik geriet. Im
um das Siebenfache überschritten. Grenzwertüberschrei-
Rahmen des bundesweiten Überwachungsprogramms
tungen wurden im Einzelnen festgestellt bei:
wurden im Herbst 49 Proben Kindernahrung und die
• 18 von 22 Proben von in Öl eingelegtem Gemüse
(= 82 %)
• 29 von 37 Proben ölhaltige Würzsaucen, Pesto
(= 78 %)
• 3 von 34 Proben Saucen auf Tomatenbasis (= 9 %)
• 9 von 11 Proben Fischkonserven (= 82 %).
Herstellern auf 2-EHA untersucht. Gegenüber den Untersuchungen aus 2004 sind die 2-EHA Kontaminationen deutlich geringer: Nur 20 % der Kindernahrung war belastet
(0,03 – 0,9 mg / kg) im Vergleich zu 70 % (0,05 – 1,2 mg / kg)
in 2004. Dies zeigt, dass hier die Industrie rasch reagiert
hat.
Bei 28 % der untersuchten Proben wurden zudem die aus
toxikologischer Sicht bedenklichen Phthalate im Lebensmittel nachgewiesen.
Auch bezüglich der Weichmacherproblematik ist die Lage noch unkritisch. Im Rahmen des bundesweiten Überwachungsprogramms wurden 55 Proben Gläschenkost
für Säuglinge und Kleinkinder sowie die dazugehörigen
Tabelle: Weichmacher in Deckeldichtungen
Weichmacher
dazugehörigen Deckeldichtungen von unterschiedlichen
Deckeldichtungen auf Weichmacher untersucht. In den
Zahl der Deckel
mit diesem
Weichmacher
Epoxydiertes Sojaöl (ESBO)
124
Diisononyl-Phthalat (DINP)
23
Di-(2-Ethylhexyl)-Adipat (DEHA)
18
Diisodecyl-Phthalat (DIDP)
17
Di-(2-Ethylhexyl)-Phthalat (DEHP)
11
Acetyl-tri-n-Butylcitrat (Citroflex)
5
Fettsäurederivate
2
Diisononyl-Cyclohexancarboxylat (DINCH)
1
Deckeldichtungen wurde ausschließlich ESBO als Weichmacher gefunden (keine Phthalate). In den Lebensmitteln
lagen die Werte zwischen < 2 und 51 mg / kg – der derzeit
gültige Grenzwert von 60 mg / kg wurde somit in keinem
Fall überschritten. Der Grenzwert wird aber ab 19.11.2006
EU-weit auf 30 mg / kg abgesenkt. Von den untersuchten
Proben lagen 6 (= 11 %) über dem künftigen Grenzwert.
Dies zeigt, dass die Industrie in 2006 noch Anstrengungen
unternehmen muss.
73
Lebensmittelüberwachung BW
74
Druckfarbenbestandteil in Säften und Joghurt
Im September 2005 wurde in Italien bei Routineuntersu-
Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände
Appetitlich? Wenn Teefilter und Bratschläuche unser
Essen beeinflussen
chungen der Druckfarbenbestandteil Isopropylthioxanthon
Die sensorische Qualität von Gegenständen mit Lebens-
(ITX) erstmals in Babynahrung nachgewiesen. Doch sehr
mittelkontakt stand auch dieses Jahr wieder auf dem Prüf-
schnell haben unsere Untersuchungen gezeigt, dass auch
stand. EU-weit gilt, dass eine geruchliche oder geschmackli-
noch andere Lebensmittel mit ITX belastet sind.
che Beeinflussung des Lebensmittels nicht stattfinden darf.
Insgesamt wurden im Berichtsjahr 94 Lebensmittelproben, einschließlich deren
Leider wird diese Anforderung nicht immer erfüllt.
Getestet wurden Gegenstände für die Teezubereitung, da
Verpackungen, auf ITX untersucht.
durch die Hitze der Übergang von u. a. sensorisch wahr-
Der Schwerpunkt lag dabei auf
nehmbaren Stoffen auf das Lebensmittel begünstigt wird.
Nahrungsmitteln in Kartonver-
Auffällig waren vor allem Teefilter aus Papier: bei 2/3 der 18
bunden, bei denen bekannter-
Proben war die unerwünschte Geschmacksrichtung „Pa-
maßen ITX-haltige Druckfarben
piergeschmack“ deutlich wahrnehmbar.
verwendet werden. Aber auch
Auch 5 von 17 Teesiebe aus Metall waren sensorisch auf-
Lebensmittel in anderen be-
fällig. Bei Wasserkochern aus Kunststoff gibt es große
druckten Verpackungsmateria-
Qualitätsunterschiede, sodass das aufgekochte Wasser
len, wie z. B. Kunststoffbecher
unter Umständen nach Kunststoff schmeckt.
oder Wurstverpackungen, wurden unter die Lupe genommen. Bei
23 von 94 untersuchten Proben (25 %)
konnte in der Verpackung ITX nachgewiesen
Abb:
werden. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Karton-
Verbundpackung
verbunde (11 Proben), aber auch um Wursthüllen (2 Proben)
Unser Tipp: Vor dem Kauf am Kunststoff riechen;
wenn das Material geruchlich auffällig ist, den Wasserkocher lieber im Regal lassen.
und Kunststoffbecher für Molkereiprodukte (9 Proben). Zu-
Nach wie vor sensorisch auffällig waren Bratschläuche, 5
dem konnte bei 18 von 23 Proben (78 %) tatsächlich ein
von 25 untersuchten Proben (sämtliche aus Polyamid) ga-
Übergang auf das Lebensmittel nachgewiesen werden.
ben an die geprüften Lebensmittel einen Ekel erregenden
Positive Befunde traten v. a. in Orangensaft, Kindermilch
Geschmack ab. 18 von 19 untersuchten Gefrierbeuteln
und Joghurt auf. Die ITX-Gehalte lagen zwischen 10 und
waren ebenfalls sensorisch auffällig, der auf die Prüflebens-
360 µg / kg Lebensmittel.
ITX lässt Druckfarben, die zum Bedrucken der Außenseite
von Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden, schneller trocken. Doch wie gelangt ITX ins Lebensmittel? Bei
der Herstellung von Verbundkartons z. B. wird das Verpackungsmaterial nach dem Bedrucken zunächst auf Rollen
gewickelt, sodass die bedruckte spätere Außenseite der
Verpackung die unbedruckte spätere Innenseite berührt.
Auf diese Weise können Bestandteile von Druckfarben,
in diesem Fall ITX, auf die unbedruckte Seite und somit
nach dem Abfüllen in das Lebensmittel übergehen. Darüber hinaus kann auch eine Migration der Druckfarbe durch
das Verpackungsmaterial hindurch stattfinden, wenn nicht
wirksame Barriereschichten, wie z. B. Aluminiumfolie, verwendet werden.
Nach jetzigem wissenschaftlichem Kenntnisstand ist noch
unklar, welches gesundheitliche Risiko tatsächlich von den
in Lebensmitteln nachgewiesenen ITX-Gehalten ausgeht.
Laut Einschätzungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist bei Gehalten unter 50 µg / kg
Lebensmittel von keinem erbgutveränderndem Potenzial
auszugehen. Bei höheren Migrationswerten sind allerdings
zusätzliche Daten für eine toxikologische Bewertung erforderlich; zusammenfassender Bericht siehe unter www.
cvua-stuttgart.de
mittel übertragene Geschmack war hier eher als kunststoffartig zu charakterisieren. Auch Trinkrucksäcke wurden
überprüft. Im Gebrauch sind sie zwar für Freizeitaktivitäten praktisch, allerdings wird das eingefüllte Trinkwasser
durch das Beutelmaterial häufig sehr stark geruchlich und
geschmacklich beeinträchtigt. Der Geschmack mancher
Proben wurde von den Prüfern sogar als „widerlich“ empfunden. Von 16 Proben mussten 9 beanstandet werden.
Spielwaren und Scherzartikel / Reinigungs- und Pflegemittel
Jahresbericht 2005
75
Spielwaren und Scherzartikel
Krebserregende Nitrosamine in Gummi – eine „never
Vorsicht, Verletzungsgefahr durch Weich-PVC-
ending story“?
Spielzeug
Nachdem wir wiederholt auf hohe Nitrosaminbefunde in
Nicht nur gesundheitsschädliche Phthalate spielen bei
Abb:
Luftballons hingewiesen haben, wurde im Frühjahr 2005
Weich-PVC-Spielzeug eine Rolle. Seit den 1970er-Jahren
Spielzeug-
ein Vorschlag zur Festlegung von Grenzwerten für Nitros-
ist bekannt, dass Weich-PVC zur Gefahr werden kann, falls
Schlange
amine und nitrosierbare Stoffe in Spielzeug auf Bundes-
Teile dieses Materials verschluckt werden.
ebene diskutiert. Das Thema wird derzeit auch von der
Die Gefahr wird von Eltern oft nicht
EU weiterverfolgt. Unsere Befunde aus dem Berichtsjahr
erkannt: Was kann schon passie-
wurden der EU-Kommission übermittelt und lassen sich
ren, wenn das weiche, wabbelige
wie folgt darstellen: nur 6 (= 33 %) von 18 Luftballonproben
Material vom Kind verschluckt
hielten den vom BfR für Luftballons empfohlenen Richtwert
wird?
von 10 µg / kg ein. Bei weiteren 7 Proben (= 37 %) lag die
Nitrosaminabgabe zwischen 10 und max. 50 µg / kg. Für die
Abgabe von nitrosierbaren Stoffen empfiehlt das BfR einen
Richtwert von 2 000 µg / kg, den nur 50 % der untersuchten
Luftballone (= 9 Proben) einhalten konnten.
Ausgasendes Holzspielzeug
Die Gesundheitsgefahr bei
diesen Proben liegt weniger
in der Art, sondern vielmehr
in der Menge der enthaltenen
Weichmacher begründet. Bei
sehr weichen Materialien sind Teile des Spielzeugs leicht abreiß- oder
Wie in 2003, wurden auch in diesem Berichtsjahr Puzzle
abbeißbar (z. B. Füße und Schwänze)
und Steckspiele aus geleimtem Schichtholz auf die Aus-
und können damit von Kleinkindern leicht ver-
gasung von toxikologisch relevantem Formaldehyd unter-
schluckt werden. Bei einem Weichmacheranteil von über
sucht. Der Holzwerkstoff darf in 24 Stunden nicht mehr
25 % kann somit ein verschlucktes Teil unter ungünstigen
als 110 mg / kg Formaldehyd abgeben. Das Ergebnis war
Bedingungen im Magen-Darm-Trakt aushärten. Es können
bedenklich: 6 von 19 Proben, also fast ein Drittel, gaben
scharfe Kanten entstehen und somit zu inneren Verletzun-
zu viel Formaldehyd ab, und zwar zum Teil bis zu mehr als
gen führen. Insgesamt 7 von 37 Spielzeugtiere aus wei-
das Dreifache des Richtwerts.
chem Kunststoff wurden im Berichtsjahr als gesundheitsschädlich beanstandet.
Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien
Im Berichtsjahr wurden 1 031 Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien untersucht. Hiervon wurden 345 Proben (= 33 %) beanstandet.
Wasch- und Reinigungsmittel: Seit Oktober 2005 gilt
fe, Komplexbildner und Bleichmittel in Prozentbereichen
harmonisiertes europäisches Recht.
jetzt rechtsverbindlich vorgeschrieben. Enzyme, Desinfek-
Die europäische Detergenzienverordnung (VO (EG)
648 / 2004) fasst in einer Verordnung zahlreiche freiwillige
Vereinbarungen zwischen der Industrie und der Überwachung in Bezug auf Umwelt- und Verbraucherschutz zusammen. Das Wasch- und Reinigungsmittelgesetz wird
weit gehend durch diese Verordnung abgelöst und derzeit
überarbeitet.
Während das bisherige Wasch- und Reinigungsmittelgesetz ein reines Umweltschutzgesetz war, verfolgt die neue
Verordnung auch das Ziel, ein hohes Schutzniveau für die
menschliche Gesundheit sicherzustellen.
Ein wichtiger Schritt in dieser Richtung sind insbesondere
tionsmittel, optische Aufheller, Konservierungsstoffe und
Duftstoffe sind in der Inhaltsstoffliste ebenfalls anzugeben.
Sofern allergene Duftstoffe, die in dem Stoffverzeichnis in
Anhang III der EU-Kosmetik-Richtlinie aufgelistet sind, in
einer Konzentration von mehr als 0,01 Gewichtsprozent im
Produkt enthalten sind, so sind diese mit der in der Kosmetik-Richtlinie vorgeschriebenen Bezeichnung entsprechend
wie bei kosmetischen Mitteln anzugeben. Bisher genügte
hier die Angabe „Parfüm“. Auch die Konservierungsstoffe
müssen jetzt namentlich genannt werden. Diese Regelung soll Personen schützen, die auf diese Stoffe allergisch
reagieren.
Änderungen bei den Kennzeichnungsvorschriften.
Ausgeweitet wurden die Anforderungen für die Abbaubar-
Hersteller müssen jetzt die Inhaltsstoffe ihrer Produkte
keit der Tenside; für alle Tensidgruppen wurden Verfahren
umfangreicher kennzeichnen. Zum Beispiel ist die früher
zur Bestimmung des Endabbaus und die einzuhaltenden
empfohlene Angabe der Hauptwirkstoffe wie Tenside, Sei-
Abbauraten festgelegt.
Lebensmittelüberwachung BW
76
Die bisher in Deutschland obligatorische Verpflichtung der
Wasch- und Reinigungsmittel unterliegen gleichzeitig
Hersteller von Wasch- und Reinigungsmitteln, ihre Produkte
mehreren Gesetzen und deren Folgeverordnungen
vor dem erstmaligen In-Verkehr-Bringen beim Umweltbundesamt zu melden, findet sich in den neuen europäischen
Regelungen nicht und wird durch die Überarbeitung des
Wasch- und Reinigungsmittelgesetzes auch in Deutschland
wegfallen.
Einige der im Handel befindlichen Produkte werden noch
längere Zeit nicht nach den neuen Vorschriften gekennzeichnet sein, da es keine Frist für den Abverkauf von Produkten gibt, die vor dem 8. Oktober 2005 hergestellt worden
waren.
sind per Definition „Bedarfsgegenstände“ im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), ehemals
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG). Sie
unterliegen auch dem Wasch- und Reinigungsmittelgesetz
(WRMG) – das derzeit überarbeitet wird – sowie der im
Oktober 2005 in Kraft getretenen EU-Detergenzienverordnung. Soweit es sich bei den Wasch- und Reinigungsmitteln
um gefährliche Zubereitungen handelt, unterliegen sie dem
Chemikaliengesetz und der darauf basierenden GefahrAuch im Jahr 2005 wurde besonderes Gewicht auf die
Raumluftverbesserer auf der Basis ätherischer Öle führen
Überprüfung der baden-württembergischen Hersteller ge-
immer wieder zu Beanstandungen, vor allem wegen Kenn-
legt. Dazu wurden die Proben analytisch untersucht und
zeichnungsmängeln nach chemikalienrechtlichen Vorschrif-
begleitende Dokumente wie Etikett, Sicherheitsdatenblatt,
ten oder wegen des Fehlens kindergesicherter Verschlüsse.
Produktbeschreibung- und Spezifikationen auf die Einhal-
Besondere Gefahren gehen von den Produkten aus, wenn
tung der o. g. Rechtsgrundlagen überprüft.
sie versehentlich verschluckt werden. Lebensmittelähnli-
In vielen Fällen wurden Kennzeichnungsmängel festge-
che Eigenschaften in Bezug auf Duft, Farbe oder
stellt. Zum Beispiel waren Inhaltsstoffverzeichnisse unvoll-
Verpackung sind besonders kritisch, da
ständig oder nicht korrekt. Besonders häufig waren Mängel
vor allem Kinder hierdurch verführt
in der Gefahrstoffkennzeichnung zu verzeichnen. Beispiels-
werden, sie zu verzehren. Dieser
weise waren Zubereitungen nicht korrekt als reizend oder
Gefahr war sich z. B. ein Saunabe-
ätzend eingestuft und gekennzeichnet, es fehlten Warnhin-
treiber nicht bewusst. Er füllte
weise oder Sicherheitsratschläge oder bei Produkten mit
ein grün-gelbliches Saunaauf-
ätzender Wirkung waren in der Kennzeichnung die Angabe
gussmittel für seine Kunden
des gefährlichen Stoffes oder Hinweise auf Aspirationsge-
aus einem großen Kanister in
fahr oder leichte Entzündlichkeit nicht enthalten. In vielen
kleinere Glasflaschen mit Kork-
Fällen stimmte die Kennzeichnung von Bioziden nicht mit
stopfen um und beschriftete die
den Anforderungen des Gefahrstoffrechtes überein.
Gefäße mit „Pfefferminz“. Die Ge-
Besonders häufig sind Beanstandungen nach Gefahrstoff-
fahrenkennzeichnung hatte er nicht
recht bei Spezialreinigungsmitteln anzutreffen. Z. B. fehlte
übernommen. Das Saunaaufgussmit-
bei einem zu mehr als 60 % aus Tetrachlorethan bestehen-
tel bestand aus Ethanol, Isopropanol und
den Fleckenwasser der obligatorische Warnhinweis R40
Pfefferminzöl. Eine Verwechselbarkeit mit PfefSauna-Aufguss
Erzeugnisse, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
stoffverordnung.
Raumluftverbesserer
Abb:
Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände
„Verdacht auf krebserzeugende Wirkung“.
ferminzlikör lag nahe.
Bei weiteren Fleckenwässern mit mehr als 70 % alipha-
Im Jahr 2004 wurden Duftöle, die mit Lebensmitteln ver-
tischen Kohlenwasserstoffen und darauf beruhender As-
wechselbar waren, wegen der Aspirationsgefahr als ge-
pirationsgefahr fehlte die Kennzeichnung R65 „Gesund-
sundheitsschädlich beanstandet. Besonders gefährlich
heitsschädlich: Kann beim Verschlucken Lungenschäden
war, dass die Duftöle in einer Art Marmeladeglas offen
verursachen“.
aufgestellt werden sollten und somit der Inhalt Kindern
Ein Rostlöser, der in einem Baumarkt an Endverbraucher
leicht zugänglich war. Die Hersteller haben Verpackung,
abgegeben wurde, war in eine Sprayflasche abgefüllt. Nach
Aufmachung und Kennzeichnung der Produkte aufgrund
unseren Befunden waren bei der Flüssigkeit die Kriterien
unserer Beanstandungen geändert. So wurden gefahrstoff-
für das Aspirationsrisiko und damit für die Einstufung Xn,
rechtliche Kennzeichnungen angebracht und die Gläser mit
R65, S62 erfüllt. Das Behältnis wies keinerlei Gefahren-
einem Keramikdeckel verschlossen, durch den die ätheri-
hinweise auf, war nicht in einem kindergesicherten Behält-
schen Öle in den Raum entweichen können, aber keine
nis abgefüllt und nicht mit einem tastbaren Warnzeichen
Flüssigkeit auslaufen sollte. Im Prinzip ist dieser Deckel
versehen. Verbraucher werden deshalb nicht ausreichend
als kindersicher einzustufen, jedoch war er nicht in allen
über die Risiken bei der Anwendung oder Aufbewahrung
Fällen wirklich dicht.
im Haushalt informiert. Da eine Gesundheitsgefährdung
nicht auszuschließen war, wurde die Probe im Sinne von
§ 30 LFGB beanstandet.
Produktgruppe Tabakwaren
Jahresbericht 2005
Tabakwaren
Im Jahr 2005 wurden Tabakwaren im Wert von 24 Milliarden 1 versteuert. Das waren rund 1 Milliarde 1 mehr
als im Vorjahr. Die produzierte Menge der versteuerten Zigaretten nahm jedoch um ca. 14 % ab. Ein deutlicher
Zuwachs ist beim Feinschnitt mit + 37 % zu verzeichnen. Zum Feinschnitt zählt neben der klassischen losen
Variante auch vorportionierter Tabak, so genannte Sticks. Bei diesem Produkt ist der Tabakstrang vorgefertigt
und muss vom Verbraucher lediglich noch in eine Filterhülse geschoben werden. Für diese Steckzigaretten ist
nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshof ab dem 1. April 2006 statt der ermäßigten Steuer für Feinschnitt der weitaus höhere Satz für Fertigzigaretten zu entrichten.
Das Tabaklabor des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Sigmaringen ist als Prüflaboratorium
gemäß der Tabakprodukt-Verordnung zugelassen.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurde unter
Leitung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Sigmaringen eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung
einer Prüfstrategie zur toxikologischen Bewertung von Zusatzstoffen in Tabakerzeugnissen etabliert.
Zigaretten
Nach einer Vereinbarung zwischen
dem Ministerium für Ernährung und
Ländlichen Raum Baden-Württemberg
und dem Ministerium für Umwelt und
Forsten Rheinland-Pfalz werden die in
Rheinland-Pfalz im Rahmen der amtlichen Überwachung zu untersuchenden Zigarettenproben am Chemischen
und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen auf die Rauchinhaltsstoffe
Nikotin, Kondensat und Kohlenmonoxid überprüft. Im Berichtsjahr waren dies 30 Proben. Beanstandungen
aufgrund der stofflichen Zusammensetzung bzw. aufgrund von Höchstwertüberschreitungen waren nicht
gegeben.
In der ISO-Arbeitsgruppe ISO /TC 126
WG 9 wurde unter der Federführung
der WHO versucht, Abrauchmethoden
vorzuschlagen, die das menschliche
Abrauchverhalten so gut wie möglich
wiederspiegeln. Zwischen den beteiligten Kreisen (unter anderem Indus-
dert. Bei den derzeitigen Methoden
für jede Marke ein Nikotingehalt von
trie, Überwachung, WHO) konnte je-
sind die Abrauchparameter wie Zugvo-
1,4 mg pro Zigarette gemessen wird.
doch keine Einigung erzielt werden.
lumen und Zugfrequenz konstant, das
Um Manipulationen bezüglich des Ni-
Nach Auffassung des Chemischen und
heißt, das individuelle Rauchverhalten
kotingehaltes vorzubeugen, würden
Veterinäruntersuchungsamtes Sigma-
des Rauchers bleibt unberücksichtigt.
dann als neue Höchstmengen nicht
ringen ist bei der Auswahl einer geeig-
Deshalb variieren bei der vom Chemi-
mehr Nikotin und Kondensat, son-
neten Abrauchmethode zu berücksich-
schen und Veterinäruntersuchungsamt
dern beispielsweise die Verhältnisse
tigen, dass der Raucher hauptsächlich
Sigmaringen bevorzugten Methode
von Nikotin zu Teer bzw. von Nikotin
deshalb raucht, um sein Nikotinbe-
die genannten Rauchparameter: In
zu speziellen Rauchinhaltsstoffen wie
dürfnis zu befriedigen. Ändert sich der
jeder Zigarettenmarke wird zunächst
Benzo(a)pyren und tabakspezifischen
Nikotingehalt der Zigarette, passt der
der Nikotingehalt nach der derzeitigen
Nitrosaminen herangezogen werden.
Raucher sein Rauchverhalten so an,
ISO-Norm bestimmt. Auf der Grundla-
Diese Verfahrensweise hätte den Vor-
dass er sein Nikotinbedürfnis dennoch
ge des so bestimmten Nikotingehaltes
teil, dass das menschliche Rauchver-
befriedigen kann; der Raucher kom-
werden bei einem zweiten Abrauch-
halten weit mehr als bei den bisher
pensiert den verringerten Nikotinge-
vorgang die Abrauchparameter (Volu-
angewandten Methoden berücksich-
halt, indem er sein Rauchverhalten än-
men, Frequenz) so angepasst, dass
tigt würde.
77
78
Lebensmittelüberwachung BW
Wasserpfeifentabak – der gesündere Genuss?
Die Nikotinkonzentration im Wasserpfeifentabak schwanken zwischen 3,4 mg Nikotin / g Tabak und ca. 30 mg
Nikotin / g Tabak. Die Gehalte an Blei und Chrom sind
Teil III: Produktgruppe Tabakwaren
Acrylamid in Zigarettenrauch
Acrylamid wurde im Jahr 2002 in zum Teil hohen Gehalten in einer Vielzahl von Lebensmitteln nachgewiesen. Die Substanz löst im Tierversuch Krebs aus und
ebenfalls wesentlich höher als im Zigarettenrauch.
schädigt das Erbgut. Im Chemischen und Veterinär-
Der Gehalt des Wasserpfeifenteers an polyzyk-
untersuchungsamt Sigmaringen wurde der Gehalt
lischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
liegt bei 0,93 g Phenanthren pro mg Teer,
im Teer von Zigaretten bei 14,7 g Phen-
an Acrylamid im Rauch von 15 Zigarettenproben analysiert. Die Werte schwanken von
1 µg / Zigarette bis 5 µg / Zigarette, der
anthren pro mg Teer. Mit dem Was-
Mittelwert liegt bei 2,3 µg / Zigarette.
serpfeifenrauch werden außerdem
Bei einem Verbrauch von 20 Ziga-
erhebliche Mengen Kohlenmono-
retten pro Tag ergibt sich somit
xid aufgenommen. Der Rauch von
für den Raucher eine zusätzliche,
Wasserpfeifentabak ist derzeit noch
nur durch das Rauchen bedingte
nicht so umfassend untersucht wie
Belastung von ca. 50 µg pro Tag.
der Zigarettenrauch. Erste Studien
Aktuelle Abschätzungen aufgrund
zeigen jedoch, dass krebsauslösen-
von Verzehrserhebungen ergeben
de Agenzien in hohen Konzentrationen
zu finden sind. Einige Indizien sprechen
dafür, dass das Rauchen von Wasserpfeifen
kaum weniger gefährlich ist als der Konsum von
eine durchschnittliche tägliche Aufnahme bei einem Erwachsenen von
0,5 bis 1 µg Acrylamid pro kg Körpergewicht
durch die Nahrung. Die durchschnittliche nahrungs-
Zigaretten. Die Nikotinaufnahme beim Wasserpfeifenkon-
bedingte Acrylamidaufnahme beträgt für einen Menschen
sum ist deutlich höher als beim Zigarettenkonsum. Diese
mit 70 kg Körpergewicht somit ca. 70 µg pro Tag. Das heißt,
Tatsache hat einen wesentlichen Einfluss auf das Sucht-
dass sich die Acrylamidaufnahme durch das Rauchen von
potenzial des Wasserpfeifentabaks.
20 Zigaretten pro Tag nahezu verdoppelt. Eine Korrelation
zwischen dem Kondensatgehalt und dem Acrylamidgehalt
war nicht festzustellen.
Jahresbericht 2005
79
Teil IV:
Spezielle
Untersuchungsbereiche
Themen:
Krankheitserregende Mikroorganismen
80
und mikrobiologische Besonderheiten
Mykotoxine
86
Marine und Süßwasser-Biotoxine
91
Pflanzenschutzmittel und Organische
96
Kontaminanten
Pharmakologisch wirksame Stoffe
104
Lebensmittelallergene
106
Gentechnik in Lebensmitteln
110
Bestrahlung von Lebensmitteln
116
Radiochemische Untersuchungen
117
Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten
120
Dioxine und dioxinähnliche PCB
120
Schwermetalle u. toxische Spurenelemente
124
Herstellungsbedingte Kontaminanten
125
Nitrat, Nitrit und Nitrosamine
125
PAKs
126
Acrylamid
127
Furan
128
Stabilisotopen-Analytik
130
80
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Krankheitserregende Mikroorganismen und
mikrobiologische Besonderheiten
Im Jahr 2005 wurden in den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern in Baden-Württemberg
21 818 Proben mikrobiologisch untersucht. Die mikrobiologischen Untersuchungen haben den qualitativen
und quantitativen Nachweis von Verderbnis erregenden Keimen, von Indikatorkeimen für mangelnde
Hygiene und von Keimen, die eine Lebensmittel-Infektion oder -Intoxikation auslösen können, zum Ziel.
Aufgrund der Untersuchungen wurden 8,6 % der Planproben und 27,9 % aller Anlassproben beanstandet.
1 301 Proben (6,0 %) waren aufgrund des grobsinnlichen und mikrobiologischen Untersuchungsbefundes
„nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet“ oder „im Genusswert gemindert“, 63 Proben
waren geeignet, beim Verzehr durch den Menschen aufgrund ihrer mikrobiologischen Beschaffenheit
gesundheitliche Schäden hervorzurufen.
Salmonellen
Listeria monocytogenes
Bacillus cereus
Potenziell gesundheitsschädliche
Lebensmittel und lebensmittelbedingte Erkrankungsfälle
Im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkran-
Grafik:
Staphylococcus aureus
Art und
Anzahl der als
Clostridium perfringens
gesundheitsgefährdend
kungen wurden im Jahr 2005 insgesamt 407 Erkran-
beurteilten
kungsfälle (Erkrankung von 1 bis zu über 100 Personen)
Proben
mit 1 664 Lebensmittelproben bearbeitet.
Insgesamt wurden 63 Lebensmittelproben als gesundheitsschädlich beurteilt, weil Erreger von Lebensmittel-Infektionen (Salmonellen, Listeria monocytogenes)
oder Lebensmittel-Intoxikationserreger (Bacillus cereus,
39
12
Staphylococcus aureus, Clostridium perfringens) nachgewiesen wurden (siehe Grafik).
Darüber hinaus gab es Lebensmittel, die aufgrund anderer, nicht unmittelbar mikrobiologischer Ursachen (hohe
8
3
1
Histamin-Gehalte, scharfkantige, spitze Fremdkörper
etc.) als gesundheitsschädlich beurteilt werden mussten. Siehe hierzu im Kapitel III Produktgruppen.
Krankheitserreger
Krankheitserregende Mikroorganismen …
Jahresbericht 2005
81
Salmonellen-Untersuchung:
Kaum Veränderungen gegenüber dem Vorjahr
Eine Lebensmittelvergiftung durch Salmonellen führt in der Regel 12 bis 36
Stunden nach dem Verzehr des Lebensmittels zu Symptomen wie Kopfschmerz, Unwohlsein, Erbrechen, Leibschmerzen, Fieber bis ca. 38 ° C
und Durchfall. Die Schwere der Erkrankung ist bei Kleinkindern und alten
Menschen am ausgeprägtesten.
Von 10 431 Untersuchungen auf Salmonellen verliefen 133 (= 1,3 %) positiv. Erwartungsgemäß wurden aus Geflügelfleisch am häufigsten Salmonellen nachgewiesen, und zwar in 37 Fällen (= 10,1 % aller Geflügelfleischproben). Dies ist gegenüber
dem Vorjahr (9,1 %) keine erhebliche Veränderung.
Salmonellen positiv
Geflügelfleisch
2001
2002
2003
2004
2005
15,5 %
14,7 %
17,6 %
9,1 %
10,1 %
Tabelle:
Anteil von rohen
Geflügelfleischproben mit positi-
Der Schneebesen war schuld!
Ungesunder Feinkostsalat
Rohe Eier in Speisen – immer ein
Risiko!
In einem Altenpflegeheim erkrankten
Ein Ehepaar erkrankte einen Tag nach-
seit Mitte August 2005 wiederholt
dem es in einer Gaststätte einen „Ita-
Nach dem Verzehr von Speisen in
Bewohner an den Symptomen einer
lienischen Salat“ bzw. einen „Nizza-
einer Gaststätte traten zahlreiche Er-
Salmonellenvergiftung. Über einen
salat“ gegessen hatte. Die hiervon
krankungsfälle mit den Symptomen
Zeitraum von ca. 4 Wochen waren ins-
in Kenntnis gesetzte Lebensmittel-
Durchfall, Erbrechen, Kopfschmerz
gesamt 30 Personen erkrankt. Bei 18
überwachungsbehörde führte eine
und Fieber auf. Zwei Personen wur-
Personen konnten Salmonellen (Se-
Betriebskontrolle durch und entnahm
den stationär behandelt. Bei ihnen
rotyp Salmonella Enteritidis) im Stuhl
verschiedene Zutaten zur Feinkostsa-
wurden im Stuhl Salmonellen nachge-
nachgewiesen werden.
lat-Herstellung als Proben zur Untersu-
wiesen. Allen Erkrankten war gemein-
Wiederholte Untersuchungen aller
chung. Im Labor wurden gleich in 3 der
sam, dass Spätzle Bestandteil ihres
Lebensmittel-Rückstellproben aus
Salatzutaten Salmonellen (Salmonella
Essens in der Gaststätte war. Ein noch
der Altenheimküche ergaben immer
Enteritidis) nachgewiesen: in Karotten,
vorhandener Rest der Spätzle wurde
wieder den Nachweis von Salmonel-
Rotkohl und geschnittenem Käse. Da
zur Untersuchung eingeschickt. Mit-
len in den Quarkspeisen aus der „kal-
Feinkostsalate keinem keimabtöten-
hilfe der mikrobiologischen Untersu-
ten Küche“.
den Verfahren unterworfen werden,
chung wurden Salmonellen (Salmo-
Auf der Suche nach der Ursache der
überleben Salmonellen, die mit dem
nella Enteritidis) nachgewiesen. Wie
wiederholten Salmonellenkontamina-
Ausgangsmaterial eingebracht wer-
die Nachforschungen ergaben, waren
tionen wurden in der Küche die zur
den, den Herstellungsvorgang und
die Spätzle unter Verwendung roher
Herstellung der Quarkspeisen ver-
machen das Lebensmittel potenziell
Eier hergestellt und unsachgemäß (zu
wendeten Gerätschaften überprüft.
gesundheitsschädlich. Dass gleich in
lange) zwischengelagert worden.
Dabei fiel der Verdacht auf den defek-
drei verschiedenen Lebensmitteln zur
Vermutlich stammten die Salmonellen
ten Schneebesen einer Küchenma-
Salatherstellung Salmonellen nachge-
aus den zur Spätzle-Herstellung ver-
schine. In einem Hohlraum im Schaft,
wiesen wurden, kann als Hinweis auf
wendeten rohen Eiern.
der durch das Entfernen eines defek-
eine ungenügende Betriebshygiene
Der Fall macht deutlich, dass beim Ko-
ten Schneebesendrahtes entstanden
und / oder Personalhygiene gelten.
chen von Spätzle bisweilen die erreich-
war, befanden sich alte Speisereste.
Auch konnte ein Salmonellenaus-
ten Temperaturen nicht ausreichen,
Von diesem Bereich wurde eine Tup-
scheider unter den im Küchenbereich
um die über die rohen Eier eingebrach-
ferprobe entnommen. Die Untersu-
beschäftigten Personen nicht ausge-
ten Salmonellen mit Sicherheit abzutö-
chung dieser Probe verlief positiv: Es
schlossen werden, weshalb die Unter-
ten. Auch das erneute Aufwärmen vor
wurde Salmonella Enteritidis nachge-
suchung von Stuhlproben dieses Per-
dem Servieren vermag die Salmonel-
wiesen. Offenbar waren von diesem
sonenkreises zweckmäßig erschien.
len nicht mit Sicherheit abzutöten.
Schneebesen, der sich aufgrund der
Beschädigung nicht mehr gründlich
reinigen ließ, immer wieder die Quarkspeisen mit Salmonellen kontaminiert
worden.
ven Salmonellenbefunden
in den Jahren
2001 bis 2005
Lebensmittelüberwachung BW
82
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Listerien-Untersuchung – Räucherfisch immer noch auffällig
Listerien sind in der Umwelt weit verbreitet. Sie sind typische Erdkeime, kommen aber
auch in Abwasser und anderen Feuchtbiotopen vor. Der Nachweis von Listerien in Lebensmittelbetrieben ist ein Hinweis auf mangelnde Betriebshygiene. Listeria monocytogenes
ist der Erreger der bei Menschen und Tieren vorkommenden Erkrankung Listeriose. Besonders gefährdet sind Kinder, ältere Menschen, Schwangere und Menschen mit
geschwächter Immunabwehr. Gemäß Artikel 3 Abs. 1 in Verbindung mit
Anhang 1, Kapitel 1 Nr. 1.2. und 1.3. der VO (EG) Nr. 2073 / 2005 dürfen in
den Verkehr gebrachte Lebensmittel während der Haltbarkeitsdauer
nicht mehr als 100 KbE Listeria monocytogenes pro Gramm enthalten. Die Lebensmittel gelten als nicht sicher im Sinne von Artikel 14
Abs. 2b der VO (EG) Nr. 178 / 2002, wenn dieser Grenzwert überschritten wird.
Bei 9 686 untersuchten Proben
verpackten Brühwürsten. Im Zusammenhang damit dürf-
waren Listerien 393 mal (4,1 %)
ten auch die häufigen Listerien-Befunde in Feinkostsalaten
nachweisbar. Dabei handelte es
stehen. Fast alle der betroffenen Feinkostsalate enthielten
sich in 157 Fällen (1,6 % der Pro-
Brühwurstbrät. Die Vermutung liegt nahe, dass zumindest
ben) um Listeria monocytogenes.
in einigen dieser Fälle Brühwurstbrät die Kontaminations-
Die Listeria-monocytogenes-Nachweis-
quelle war.
rate lag damit auf dem gleichen Niveau wie im
Vorjahr (2004: 1,6 % der Proben).
Die meisten positiven Befunde gab es wieder bei Fischerzeugnissen, wobei vor allen vakuumverpackte Fischwaren wie geräucherte Forellenfilets, Räucherlachs und
Graved Lachs auffällig waren. Dabei konzentrierten sich
Erzeugnisse mit höheren Listeriengehalten auf wenige
Hersteller. Dies lässt auf Mängel in der Betriebs- und Produktionshygiene der betroffenen Hersteller schließen.
Viele positive Nachweise von Listeria monocytogenes gab
es auch bei streichfähigen Rohwürsten, insbesondere bei
Zwiebelmettwürsten und Teewürsten, die nur unvollständig und schnell gereift waren. In sachgerecht hergestellten
und gereiften Rohwürsten hingegen finden Listerien durch
die vorhandenen Hürden (Säuerung, aw-Wert-Absenkung,
Natriumnitrit-Zusatz) keine ausreichenden Lebensbedingungen.
Dagegen sind die Lebensbedingungen für Listerien bei
Brühwürsten in Vakuumpackungen hervorragend. Das
Wachstum von Listerien wird im sauerstoffarmen Milieu
der Fertigpackung nicht gehemmt. Dies stellt einen Vorteil
gegenüber der obligat aeroben Konkurrenzflora dar und
erklärt die zahlreichen Listerien-Nachweise bei vakuumTabelle:
Am häufigsten mit
Listeria monocytogenes kontaminierte Lebensmittel 2005
Lebensmittel
Listeria monocytogenes positiv (Anzahl Proben)
Fisch und Fischerzeugnisse, v. a. vakuumverpackter Räucherfisch
61
Frischfleisch (ohne Geflügel)
19
Stabilisierte Fleischerzeugnisse, v. a. Zwiebelmettwurst, Teewurst
17
Erhitzte Fleischerzeugnisse, v. a. verpackter Brühwurstaufschnitt
12
Feinkostsalate
11
Hackfleisch, Hackfleischerzeugnisse, roh
9
Geflügelfleisch, roh
6
Milch, Milcherzeugnisse, v. a. Weichkäse
Sonstige
6
16
Krankheitserregende Mikroorganismen …
Jahresbericht 2005
Bacillus-cereus-Untersuchungen
Bacillus cereus ist ein Umweltkeim, aber auch ein potenzieller Lebensmittelvergifter und Enterotoxinbildner, dessen unterschiedliche Toxine
entweder Durchfall (Diarrhoe-Toxin) oder Übelkeit und gelegentlich Erbrechen (emetisches Toxin) hervorrufen.
Lebensmittelvergiftung durch Reis
Ca. 6 Stunden nach dem Verzehr einer
Reiszubereitung mit Hähnchenfleisch,
die von einem Pizza-Service geliefert
Zur Auslösung einer Lebensmittelver-
wurden Bacillus-cereus-Keime in ei-
worden war, klagten drei Personen
giftung durch Bacillus cereus werden
ner Größenordnung von jeweils ca.
über Übelkeit und Erbrechen.
in der Literatur Mindestkeimgehalte
104 KbE / g nachgewiesen.
Bei einer Betriebsüberprüfung wur-
zwischen 105 und 106 / g Lebensmittel
Darüber hinaus wurde in beiden Pro-
de gekochter Reis vorgefunden, der
genannt. Von der Deutschen Gesell-
ben Cereulid, das emetische Toxin von
ungekühlt in der Küche auf einem
schaft für Hygiene und Mikrobiologie
Bacillus cereus, nachgewiesen. Die
Arbeitstisch, offensichtlich schon
(DGHM) wird als Bacillus-cereus-
vom Beschwerdeführer aufgeführten
mindestens seit dem Vortag, vorrätig
Warnwert für die meisten Lebens-
Krankheitssymptome stimmten mit
gehalten wurde. Der Reis kam als Ver-
mittel eine Menge von 104 Keimen / g
dem durch dieses Toxin verursachten
dachtsprobe zur Untersuchung. Darin
angegeben.
Krankheitserscheinungen überein. Die
wurden pro Gramm 36 000 Keime
Tiramisu-Torte wurde deshalb bean-
Bacillus cereus nachgewiesen. Außer-
standet als geeignet, die menschliche
dem konnte das emetische Bacillus-
Gesundheit zu schädigen.
cereus-Toxin nachgewiesen werden.
Tiramisu-Torte mit Nebenwirkungen
In der Folge wurden als Nachprobe
Das Reisgericht wurde so als Ursa-
Erbrechen und Übelkeit waren die
eine weitere Tiramisu-Torte aus dem
che der beschriebenen Erkrankungen
Symptome eines Eiscafé-Besuchers,
betroffenen Eiscafé untersucht, au-
identifiziert.
der dort eine Tiramisu-Torte gekauft
ßerdem Kakaopulver, das zur Her-
Bacillus cereus kommt als ubiquitärer
und zu Hause bis auf einen kleinen
stellung der Torte verwendet wurde.
Keim häufig auf Reis, getrockneten
Rest verzehrt hatte. Die Beschwerden
Auch in dieser Torte wurden Bacillus
Gewürzen, Pilzen und Gemüse vor.
traten in der darauf folgenden Nacht
cereus und sein Toxin nachgewiesen.
Wird Reis nach dem Kochen mit Ba-
auf. Am folgenden Tag begab er sich in
Der Cereulid-Nachweis im Kakaopul-
cillus-cereus-Keimen rekontaminiert,
ärztliche Behandlung und überbrach-
ver verlief ebenfalls positiv. Allem An-
kann es schnell zu einer kritischen
te den Rest der Tiramisu-Torte der
schein nach waren die Tiramisu-Torten
Keimvermehrung kommen, beson-
Lebensmittelüberwachungsbehörde.
durch das Kakaopulver mit Bacillus ce-
ders wenn der Reis in ungekühltem
Zusammen mit einer im Eiscafé ent-
reus verunreinigt worden. Die Bean-
Zustand vorrätig gehalten wird. Auch
nommenen Vergleichsprobe wurde
standung des Kakaopulvers führte zu
wenn durch das Aufwärmen des Rei-
die Beschwerdeprobe zur Untersu-
einer europaweiten Rückrufaktion der
ses vor dem In-Verkehr-Bringen mög-
chung überbracht. In beiden Proben
betroffenen Charge.
licherweise noch eine Keimverminderung bewirkt wird, so lässt sich das
hitzestabile emetische Toxin hierdurch
nicht inaktivieren.
Staphylococcus-aureus-Untersuchungen
Staphylococcus aureus ist ein potenzieller Lebensmittelvergifter. Voraussetzung für eine Erkrankung ist jedoch, dass der Keim in Lebensmitteln
bestimmte Giftstoffe, so genannte Enterotoxine, bildet. Nicht alle Stämme sind in der Lage, diese Giftstoffe zu bilden.
Unbekömmliche Schweinshaxen
In einer Metzgerei wurden gebratene
Schweinshaxen gekauft, die bis auf 1
Schweinshaxe, unmittelbar darauf zu
Staphylococcus aureus kommt bei sehr vielen Menschen
Hause von 3 Personen verzehrt wurden.
im Nasen-Rachen-Raum, auf der Haut, in den Haaren, aber
Alle 3 Personen erkrankten ca. 3 Stunden später an Durch-
auch in eiternden Wunden vor. Werden Lebensmittel infol-
fall und Erbrechen. Die übrig gebliebene Schweinshaxe
ge von mangelhafter Personalhygiene mit Staphylococcus
wurde ins Untersuchungsamt verbracht. Dort konnten kei-
aureus kontaminiert und danach unsachgemäß (zu lange
ne grobsinnlichen Abweichungen festgestellt werden. Die
und / oder unzureichend gekühlt) gelagert, können sich die
mikrobiologische Untersuchung aber ergab den Nachweis
Staphylokokken massenhaft vermehren und Enterotoxin
von über 3 Millionen Keimen von Staphylococcus aureus
bilden.
pro Gramm. Mithilfe der fluoreszenz-immunologischen
Das von Staphylokokken gebildete Toxin ist hitzestabil. Es
Untersuchung wurde hitzestabiles Staphylokokken-Ente-
wird durch das Erhitzen des Lebensmittels in der Regel
rotoxin nachgewiesen. Die Tatsache, dass Staphylokok-
nicht inaktiviert.
ken in so großer Menge nachgewiesen werden konnten,
deutet darauf hin, dass die Schweinshaxen erst nach dem
83
84
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Durcherhitzen kontaminiert wurden und dass diese danach
schen Untersuchung überbracht. Die Untersuchung ergab
unsachgemäß gelagert wurden. Die Schweins-
keinen besonderen Befund, insbesondere war kein Wachs-
haxen wurden als gesundheitsschädlich
tum von Staphylococcus aureus nachweisbar. Allerdings
beanstandet.
konnte in der Probe Staphylokokken-Enterotoxin nachgewiesen werden. Das Enterotoxin von Staphylococcus
Pasta zum Erbrechen
aureus löst bereits kurz nach dem Verzehr kontaminierter
Speisen Übelkeit, Erbrechen und Magenkrämpfe aus. Die
Eine Frau hatte über Mittag von
Tatsache, dass zwar Enterotoxin, nicht jedoch keimfähige
einem Pizza-Service Lasagne
Staphylokokken in der Probe nachgewiesen wurden, belegt
geholt und diese, weil sie einen
hierbei, dass das hitzestabile Toxin offensichtlich schon vor
sauren Geschmack feststellte,
dem Garen der Lasagne im rohen Produkt gebildet worden
nicht fertiggegessen. Eine Stun-
war. Die Lasagne wurde als gesundheitsschädlich beurteilt.
de später wurde ihr übel und sie
Der Befund spricht für eklatante Fehler in der Betriebs- und
musste sich übergeben. Der Rest
Personalhygiene.
der Lasagne wurde zur mikrobiologi-
Clostridium-perfringens-Untersuchungen
Clostridium perfringens ist ein ubiquitär vorkommender Sporenbildner und in Lebensmitteln ab einer Konzentration von 106 KbE / g (KbE = Koloniebildende Einheit) ein potenzieller Lebensmittelvergifter.
Die meisten Tiere scheiden Clostridi-
stark erhöhte Keim- / Sporenzahl nicht
von Clostridium perfringens (9,4 × 106
um perfringens mit dem Fäzes aus,
unbedingt ausreichend verringert. So
KbE /g). Damit war der Schwellenwert
sodass eine Kontamination von rohem
ist eine hohe Kontamination des End-
von 106 KbE / g deutlich überschritten
Fleisch nicht ungewöhnlich ist. Konta-
produktes mit Clostridium perfringens
und Clostridium perfringens dürfte
minationsquellen für Clostridium per-
möglich.
die Ursache des geschilderten Er-
fringens sind Fäkalienspuren, Staub,
Erdboden und Abwasser.
Während des Stehenlassens von
hauptsächlich fertigen Zubereitungen
auf Fleischgrundlage bei Zimmertem-
krankungsfalles gewesen sein. Da im
Geschnetzeltes, Linsen und
Spätzle mit durchschlagender
Wirkung
vorliegenden Fall zusätzlich noch pathogene Keime in der Beilage (Spätzle mit toxinbildenden Staphylococcusaureus-Keimen, 6,5 × 105 KbE / g, so-
peratur bzw. ungenügender Kühlung
2 bis 4 Stunden nach dem Verzehr
wie Bacillus cereus, 2,2 × 106 KbE / g)
können sich die Erreger in den zu-
von „Geschnetzeltem mit Linsen und
nachgewiesen wurden, lag wohl eine
bereiteten Speisen innerhalb kurzer
Spätzle“ aus einer Metzgerei traten
multikausale Erkrankung vor. Das Er-
Zeit auf Konzentrationen von über
heftige Magenkrämpfe und starker,
gebnis der Untersuchungen spricht
10 6 KbE / g Lebensmittel vermehren.
wässriger Durchfall auf.
für erhebliche Hygienemängel in der
Eine Vermehrung findet nur unter
Restmengen des Geschnetzelten so-
Metzgerei, weshalb die zuständige Le-
anaeroben Verhältnissen statt. Die
wie der Linsen und Spätzle wurden
bensmittelüberwachungsbehörde den
Sporen sind teilweise hitzeresistent.
sichergestellt. Die Untersuchung des
Betrieb umgehend einer gründlichen
Durch erneutes Aufwärmen wird die
Geschnetzelten ergab den Nachweis
Hygieneüberprüfung unterzog.
Campylobacter-Untersuchungen
Thermophile Campylobacter-Keime (C. jejuni, C. coli und C. lari) sind Verursacher von lebensmittelbedingten
Darminfektionen. Laut Angaben des Robert-Koch-Institutes wurden im Jahr 2005 über 61 000 CampylobacterEnteritiden gemeldet. Als Hauptquellen gelten tierische Lebensmittel, insbesondere Geflügelprodukte.
So wurden auch nach unseren Untersuchungen in 70 von
ursacher nachgewiesen werden. Dies mag vor allem daran
151 Geflügelfleischprodukten thermophile Campylobacter
liegen, dass die ersten Krankheitserscheinungen (Durchfall,
nachgewiesen (37 %).
Erbrechen, Fieber) meist erst nach mehreren Tagen auftre-
Insgesamt wurden 1 477 Lebensmittelproben auf thermo-
ten und das infektionsauslösende Lebensmittel nicht mehr
phile Campylobacter untersucht, davon waren 120 Proben
verfügbar bzw. auffindbar ist.
(8,1 %) positiv. Dabei handelte es sich überwiegend um
Planproben. Hinsichtlich der vorgelegten Erkrankungsproben konnte Campylobacter in keinem Fall als Enteritis-Ver-
Krankheitserregende Mikroorganismen …
Jahresbericht 2005
Yersinia-enterocolitica-Untersuchungen
Nach oraler Infektion mit Yersinia enterocolitica kommt es nach einer Inkubationszeit von vier bis sieben Tagen
zu akuten Magen-Darm-Störungen, deren Dauer zwischen wenigen Tagen bis Wochen variieren kann. Klinisch
treten Durchfall, kolikartiger Bauchschmerz, Fieber, Übelkeit, blutiger Stuhl sowie Entzündungen im Halsbereich auf.
Yersinien kommen im Darm von Tieren vor. Als Infektions-
immer der Pathogenitätsnachweis (mittels PCR und / oder
quelle für die humane Yersiniose spielt rohes oder nicht
kulturell) anschließen. Nur wenn pathogene Yersinia entero-
vollständig durcherhitztes Schweinefleisch (Hackfleisch
colitica nachgewiesen werden, kann ein Gesundheitsrisiko
und Rohwürste) die größte Rolle. Als Ursache für die Kon-
vermutet werden.
tamination des Fleisches gelten einzelne, hygienisch pro-
Im Berichtszeitraum wurden 177 Untersuchungen, über-
blematische Verfahrensschritte beim Schlachtprozess und
wiegend bei rohem Schweinefleisch, auf Yersinia ente-
in der Verarbeitung.
rocolitica durchgeführt. Auch wenn die Untersuchungen
Für den Menschen sind nur ganz bestimmte Serotypen
vereinzelt zu positiven Befunden führten, verlief der Pa-
pathogen. Deshalb muss sich dem Yersinien-Nachweis
thogenitätsnachweis in allen Fällen negativ.
Norovirus-Untersuchungen
Noroviren sind hoch infektiöse Erreger von Magen-Darm-Erkrankungen. Das Virus wird mit dem Mund aufgenommen und führt nach einer Inkubationszeit von 1 bis 2 Tagen zu den typischen Symptomen einer NorovirusErkrankung: massives und unkontrollierbares Erbrechen und begleitend dazu sehr starker Durchfall.
Die Norovirus-Übertragung erfolgt meist von Person zu
onen meist zu Gruppenerkrankungen führen, oft in Einrich-
Person, kann aber auch durch kontaminierte Lebensmittel
tungen, wo Menschen auf engem Raum zusammenleben
erfolgen. Im Patienten-Stuhl sowie in Erbrochenem sind
(z. B. Altenheime, aber auch Kreuzfahrtschiffe).
sehr hohe Viruszahlen vorhanden, wobei zum Auslösen der
Im Berichtszeitraum wurden Noroviren in keiner der unter-
Krankheit nur 10 bis 100 Viruspartikel benötigt werden. Die-
suchten 399 Lebensmittelproben, wohl aber in 2 von 95
se hohe Infektiosität in Verbindung mit der Übertragbarkeit
Hygiene-Tupferproben nachgewiesen.
von Person zu Person erklärt auch, warum Norovirus-Infekti-
Haltbarkeit von Frischfleisch in Fertigpackungen
Mit einer Schwerpunktaktion der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter im Land
zur Haltbarkeit von Fleischprodukten in Fertigpackungen wurde u. a. geprüft, ob von den
Herstellern realistische und korrekte Mindesthaltbarkeiten auf den Fertigpackungen angegeben werden. Siehe auch www.untersuchungsaemter-bw.de
Die Ergebnisse von 209 untersuchten Frischfleisch-Fertig-
Mindesthaltbarkeitsdatums immer
packungen zeigten, dass die Hersteller das anzugebende
noch einwandfrei und ohne Quali-
Mindesthaltbarkeitsdatum oft zu lange bemessen. 16 %
täts-Einbußen genusstauglich ist.
der am Ende des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums
Der Verbraucher muss trotz dieser Er-
untersuchten Fertigpackungen wiesen sensorische Verän-
gebnisse nicht auf Fleisch aus Fertigver-
derungen auf, die auch der Verbraucher, nach Öffnen der
packungen verzichten. Es kann im Regelfall
Packung, hätte feststellen können. Bei diesen 16 % wurden
bedenkenlos verzehrt werden. Jedoch sollte er die
zum Teil auch erhöhte Gesamtkeimzahlen gemessen. Be-
Ware möglichst rasch verarbeiten und bei der Zubereitung
reits verdorbene Produkte wurden nicht festgestellt.
darauf achten, dass das Fleisch immer durch Kochen oder
Aufgabe der Hersteller ist es, hygienische Schwachstellen
Garen vollständig durcherhitzt wird. So werden eventuell
im Produktionsprozess zu eliminieren. Dadurch kann die
vorhandene Keime abgetötet.
allgemeine mikrobielle Kontamination des Frischfleisches
eingeschränkt und auch einer Kontamination mit pathogenen Keimen wie Salmonellen und Campylobakter-Keimen
vorgebeugt werden. Gegebenenfalls muss durch eine
Verkürzung der angegebenen Mindesthaltbarkeit sichergestellt werden, dass das Frischfleisch bei Erreichen des
85
86
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Mykotoxine
Mykotoxine sind sekundäre Stoffwechselprodukte niederer Pilze, die für Mensch, Tier und Pflanze schädlich
sind. Zwischenzeitlich sind mehr als 400 Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) bekannt, jedoch ist nur eine vergleichsweise geringe Zahl für die Lebensmittelsicherheit von Bedeutung. Zu diesen zählen die Aflatoxine,
Ochratoxin A, Patulin, die Trichothecene, die Fumonisine, Zearalenon, die Mutterkornalkaloide sowie Alternariatoxine. Sie werden beim Wachstum unterschiedlicher Pilzspezies (v. a. Penicillium-, Aspergillus-, Fusarium,
Claviceps- und Alternaria-Arten) auf Kulturpflanzen bereits auf dem Feld gebildet oder entstehen bei unsachgerechter Lagerhaltung, Verarbeitung und während des Transports von Nahrungsmitteln.
In Abhängigkeit des Toxins treten bereits in geringer Konzentration toxische Wirkungen auf (u. a. krebserregend, mutagen, allgemein haut- und zellschädigend, Nierenschäden verursachend, allgemeine Beeinträchtigung des Immunsystems). Daher wurden zwischenzeitlich für einen Großteil
der o. g. Mykotoxine in nahezu sämtlichen relevanten Lebensmitteln nationale bzw. EUweit geltende Höchstmengen erlassen. Hierbei steht nicht die akute Vergiftungsgefahr als
Gefährdungspotenzial im Mittelpunkt, sondern vielmehr die tägliche Aufnahme geringer
Dosen über einen langen Zeitraum. Mit der Festlegung und Überwachung von Grenzwerten wird das Ziel verfolgt, eine Senkung der Mykotoxin-Kontamination in Lebensmitteln auf das niedrigste, technologisch erreichbare Niveau zu erreichen, da einmal
gebildete Mykotoxine nachträglich nicht mehr aus dem Lebensmittel entfernt werden
können.
Im Berichtszeitraum wurden ca. 4 200 Toxinbestimmungen in insgesamt 2 078 Lebensmittelproben durchgeführt. Nachfolgend werden ausgewählte Untersuchungsergebnisse zusammenfassend
dargestellt.
Aflatoxine B1, B2, G1 und G2
Im Vergleich zu den Vorjahren erhöhte Belastungssi-
in feucht-warmen Klimazonen (u. a. Türkei, Iran, Brasilien;
tuation bei Schalenobst: Zerkleinerte Ware nach wie
meist aufgrund unzulänglicher Trocknungsbedingungen)
vor häufig von minderwertiger Qualität. Spitzenge-
möglich. Aus diesem Grund werden Produkte (Trocken- und
halte an Aflatoxinen wiederum in gerösteten und
Schalenobst, Gewürze) aus diesen Anbauregionen vorran-
gesalzenen Pistazien. Deutlich erhöhte Kontaminati-
gig auf Aflatoxine überprüft.
onsraten und Gehalte in Trockenfeigen. Grob vermahlener Chili häufig und vereinzelt hoch belastet.
Aflatoxine zählen zu den so genannten Lagertoxinen, d. h.
Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 841 Proben auf
Aflatoxine untersucht, in 43 % der Proben waren Aflatoxine
nachweisbar (Vorjahr 26 %). Die Höchstmenge für Aflato-
sie werden erst nach der Ernte, überwiegend durch Asper-
xin B1 wurde in 47 Proben (5,6 %) überschritten (Vorjahr
gillus-Arten (Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus)
5,2 %). Die Anzahl an Proben, bei denen Aflatoxingehalte
gebildet. Sie gelten als die am stärksten kanzerogen wirksa-
über dem Grenzwert ermittelt wurden ist somit vergleich-
men, natürlich vorkommenden Substanzen überhaupt. Der
bar mit dem Vorjahr, jedoch hat sich der Anteil toxinhaltiger
zulässige Gehalt in Lebensmitteln für den unmittelbaren
Proben nahezu verdoppelt. Dies zeigt einmal mehr, dass
Verzehr ist daher für Aflatoxin B1 auf 2 µg / kg (Gewürze 5
die produzierenden Pilze in den entsprechenden Regio-
µg / kg) und für die Summe der Aflatoxine (B- und G-Typ) auf
nen ubiquitär vorhanden sind und sich bei entsprechen-
4 µg / kg (Gewürze 10 µg / kg) begrenzt. In Säuglings- und
den Witterungsverhältnissen schnell entwickeln können.
Kleinkindnahrung wurde mit 0,1 µg / kg eine Höchstmenge
Ursächlich sind ferner frühe Verschiffungstermine (Gefahr
im Bereich der analytischen Nachweisgrenze festgelegt.
einer unzureichenden Trocknung), schlechte Witterungsbe-
Da sämtliche Lagertoxine, jedoch insbesondere Aflatoxi-
dingungen (Regen) insbesondere während der Ernte (Zu-
ne, regelmäßig sehr inhomogen in den Erzeugnissen bzw.
nahme der Verkeimung) sowie geringere Erträge als ver-
Chargen verteilt vorliegen (in so genannten „hot spots“),
anschlagt, was zu einer unzureichenden Sortierung führen
sind entsprechende Probenahmeverfahren und Analyse-
kann. Diese Defizite können nur durch flexiblere Kontrollen
methoden für die Reproduzierbarkeit des Untersuchungs-
bei den Einfuhruntersuchungen (nach einer EU-Entschei-
ergebnisses entscheidend und daher ebenfalls auf EU-
dung wird aktuell z. B. nur jede 10. Sendung aus der Türkei
Ebene durch Richtlinien bzw. zukünftig im Rahmen einer
untersucht) sowie eine verstärkte Eigenkontrolle von Her-
EU-Verordnung geregelt.
stellern und Importeuren aufgezeigt und beseitigt werden.
Obwohl Aflatoxinbildner ubiquitär vorkommen, ist ein
Zur Minimierung der Belastung des Verbrauchers ist somit
Pilzwachstum und damit die Toxinbildung ausschließlich
die Untersuchung entsprechender Produkte (Stichproben)
Mykotoxine
Jahresbericht 2005
auch im Binnenmarkt in Verbindung mit einer verstärkten
Die oftmals mit bloßem Auge erkennbare Verschimmelung
Überprüfung der Eigenkontrollsysteme der Firmen von ent-
von Paranüssen hängt u. a. damit zusammen, dass dieses
scheidender Bedeutung.
nach dem brasilianischen Ausfuhrhafen „Para“ benannte
Im Folgenden werden auffällige Befunde ausgewählter
Produkte beispielhaft dargestellt:
Schalenobst nicht kultiviert werden kann. Die hohen Bäume
gedeihen ausschließlich in ihrer natürlichen Umgebung im
brasilianischen Regenwald, die Schalen werden beim Herabfallen oftmals beschädigt (hohe Gefahr der Pilzinfektion)
Pistazien, Pistazienpasten
Hinsichtlich einer Kontamination mit Aflatoxinen sind Pistazien (grün, geröstet) sowie die daraus hergestellten Produkte (u. a. Speiseeisgrundmassen) als besonders anfällig einzustufen. So wurden auch in 2005 die mit Abstand
höchsten Gesamtaflatoxingehalte (109 µg / kg) wiederum
in Pistazien ermittelt. Wie im Vorjahr lag die Anzahl an
Höchstmengenüberschreitungen bei 15 %. Die Kontaminationsrate ist jedoch, bei insgesamt niedrigeren mittleren
Toxingehalten, im Vergleich zum Vorjahr (25 %) auf nunmehr
und eine zeitnahe Ernte ist nur bedingt möglich, sodass sich
der Pilz im Einzelfall ausreichend entwickeln kann.
Im Berichtszeitraum waren in 17 (68 %) der untersuchten
25 Proben Paranüsse Aflatoxine nachweisbar, jedoch war
lediglich eine Probe erkennbar verschimmelt. Mit 55 µg
Gesamtaflatoxine / kg war die Höchstmenge in dieser Probe
jedoch erheblich überschritten.
Trockenobst und Gewürze
Gegenüber den Vorjahren, in denen die Kontamination von
36 % angestiegen.
getrockneten Feigen kontinuierlich zurückging (< 20 %), wa-
Pistaziengrundmassen zur Herstellung von Speiseeis wur-
ren Aflatoxine im Berichtszeitraum nunmehr in 36 % der
den bisher nur vereinzelt untersucht. Aufgrund einzelner
Proben nachweisbar. In 4 der untersuchten 56 Proben (7 %,
erhöhter Aflatoxingehalte wurden derartige Produkte im
Vorjahr 1,6 %) waren die Höchstmengen zum Teil deutlich
Berichtszeitraum verstärkt überprüft. In 19 der 23 Proben
überschritten (Maximalgehalt 47 µg Gesamtaflatoxine / kg).
(83 %; 1 Fall mit Erst- und Nachprobe) waren Aflatoxine
Diese Ergebnisse werden durch Untersuchungen der Ham-
nachweisbar; bei 3 Proben (13 %; 1 Fall mit Erst- und Nach-
burger Zollbehörden bestätigt, nach denen die Beanstan-
probe) die geltenden Höchstmengen überschritten (Maxi-
dungsquote bei türkischen Trockenfeigen im Vergleich zu
malgehalt 57 µg Aflatoxin B1 / kg). Die extrem hohe Konta-
2004 auf das Neunfache angestiegen ist. Demgegenüber
minationsrate lässt auf die Verarbeitung minderwertiger
waren Aflatoxine in keiner der 19 Proben getrockneter
Rohware schließen, was insbesondere deshalb bedenklich
Weintrauben (Rosinen, Sultaninen, Korinthen) nachweis-
ist, da Speiseeis in größeren Mengen auch von Kindern
bar.
verzehrt wird.
Am Beispiel der Trockenfeigen wird deutlich, dass eine
Kontamination mit Aflatoxinen insbesondere von den je-
Haselnüsse, Mandeln, Paranüsse
Aufgrund der häufigen Kontamination mit Aflatoxinen in
den Vorjahren wurden Haselnüsse und Mandeln (insbesondere gemahlene Ware) wiederum verstärkt überprüft. Wie
in den Vorjahren konnten Aflatoxine nahezu ausschließlich
in zerkleinerter Ware (gemahlen, gehackt, geraspelt) nachgewiesen werden. Lediglich in 3 von 25 Proben „ganzer Haselnüsse“, jedoch in 48 von 64 Proben „gemahlener Ware“
weiligen Witterungs-, Lager- und Transportbedingungen abhängt (s. o.) und somit von Jahr zu Jahr stark unterschiedlich ausfallen kann. Da nicht jede Charge im Rahmen der
Importkontrolle untersucht werden kann und zudem die zu
untersuchende Chargengröße bei der Importkontrolle das
Auffinden belasteter Anteile unwahrscheinlicher macht,
ist eine ergänzende Kontrolle im jeweiligen Binnenmarkt
unerlässlich.
(75 %) waren Aflatoxine nachweisbar, in 7 Proben war der
Gewürze (Ingwer, Kurkuma, Paprika, Chili, Pfeffer, Muskat-
Grenzwert überschritten. Hierbei ist jedoch anzumerken,
nuss) waren wiederum regelmäßig mit Aflatoxinen belas-
dass 5 der beanstandeten Proben, die als Stichproben in
tet. Mit 73 bzw. 86 % wurden hohe Kontaminationsraten
verschiedenen Verteilerzentren (d. h. unter unterschiedli-
insbesondere bei Paprikapulver und Muskatnuss festge-
chen Markennamen) erhoben wurden, der Lieferung ei-
stellt, wobei die Höchstmengen lediglich in 2 von 49 Proben
nes einzelnen Herstellers entstammten. Wenngleich mit
Paprika geringfügig überschritten waren. Demgegenüber
insgesamt niedrigeren Gehalten waren auch zerkleinerte
war Chili-Fruchtgewürz zwar etwas weniger häufig konta-
Mandeln 4 mal häufiger mit Aflatoxinen belastet, als die
miniert (51 %) jedoch wurden insgesamt deutlich höhe-
entsprechende ganze Ware.
re Aflatoxingehalte ermittelt (Mittelwert der toxinhaltigen
Nach wie vor wird zur Herstellung vermahlener Ware Scha-
Proben 8 µg Aflatoxin B1 / kg bei einer Höchstmenge von
lenobst minderwertiger Qualität verwendet. So mussten
5 µg / kg). In 8 der 49 untersuchten Proben (16 %) war die
beispielsweise von den Hamburger Zollbehörden alleine
Höchstmenge für Aflatoxin B1 deutlich überschritten.
50 % der in 2005 im Rahmen der Importkontrolle untersuchten gemahlenen Haselnüsse aus der Türkei zurückgewiesen werden.
87
Lebensmittelüberwachung BW
88
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Ochratoxin A (OTA)
Die mit Abstand höchsten Ochratoxin-A-Gehalte wurden in den bisher
Ähnlich stellt sich die Situation bei
nicht reglementierten Gewürzen ermittelt. Deutlicher Anstieg der Kon-
Getreide und Getreideprodukten für
taminationsrate bei Trockenfeigen. Weintrauben nach wie vor häufig
den unmittelbaren Verzehr sowie ins-
kontaminiert, jedoch überwiegend mit geringen Gehalten.
besondere bei Getreidebeikost für
Säuglinge dar, lediglich in einer Pro-
Abb.:
Ochratoxin A ist ein Schimmelpilzgift, welches ebenfalls
be Roggenmehl war der Grenzwert (3 µg / kg) geringfügig
Schimmelflecken,
unter unzureichenden Lagerbedingungen gebildet wird.
überschritten.
wie sie jeder
Die entsprechenden Produzenten (Penicillium- und Asper-
Demgegenüber wurden deutlich erhöhte mittlere Ochrato-
kennt
gillus-Spezies) können sich jedoch, im Gegensatz zu den
xin-A-Gehalte bei getrockneten Feigen und insbesondere
aflatoxinbildenden Spezies, auch in gemäßigtem Klima ent-
bei den bisher nicht reglementierten Gewürzen festge-
wickeln. Durch Einhaltung entsprechender Lagerbedingun-
stellt.
gen (geringe Feuchtigkeitsgehalte) kann eine Entwicklung
der Pilze und somit die Toxinbildung jedoch weitest gehend
verhindert werden.
Ochratoxin A wirkt nierentoxisch, genotoxisch (die Erbsubstanz schädigend), teratogen (Fehlbildungen erzeugend)
sowie immunsupressiv (Unterdrückung des Immunsystems). Problematisch ist zudem seine lange Halbwertszeit
im tierischen und menschlichen Organismus, d. h. nach
einem Verzehr kontaminierter Produkte wird das Toxin nur
sehr langsam aus dem Körper ausgeschieden.
Getrocknete Feigen
Die Ochratoxin-A-Gehalte in Trockenobst sind von Jahr zu
Jahr starken Schwankungen unterworfen. Insbesondere
in Abhängigkeit der Witterungsbedingungen bei der Ernte
sowie der anschließenden Trocknung und Lagerung entstehen immer wieder einzelne Schimmelpilznester, die
eine erhöhte Kontamination zur Folge haben. So ist die
Kontaminationsrate bei getrockneten Feigen im Vergleich
zum Vorjahr (35 %) im aktuellen Jahr (62 %) deutlich ange-
Aufgrund dessen wurden von der EU-Kommission Höchst-
stiegen. Diese Entwicklung konnte auch bei der Untersu-
mengen in den folgenden Lebensmitteln festgesetzt:
chung auf Aflatoxine beobachtet werden (s.o.). Mit einem
Maximalgehalt von 55 µg / kg wurde die in der nationalen
Lebensmittel
µg / kg
Mykotoxin-Höchstmengenverordnung festgelegte Höchst-
rohe Getreidekörner
5
menge bei 3 Produkten (5 %; Vorjahr 8 %) zum Teil deutlich
Getreideerzeugnisse
3
getrocknete Weintrauben
Röstkaffee
löslicher Kaffee
10
5
10
Wein und Traubensaft
2
Getreidebeikost für Säuglinge
0,5
überschritten.
Gewürze
Aufgrund der ansteigenden Ochratoxin-A-Gehalte in den
letzten Jahren wurden Gewürze im Berichtszeitraum verstärkt untersucht. Insbesondere in Ingwer, Paprika- und Chili-Fruchtgewürzen wurden Kontaminationsraten bis zu 93 %
In Ergänzung gelten darüber hinaus folgende nationalen
(Paprika) ermittelt. Auch die mittleren Ochratoxin-A-Gehal-
Höchstmengen:
te in dieser Produktgruppe haben deutlich zugenommen.
So wurde der mit Abstand höchste Ochratoxin-A-Gehalt
Lebensmittel
µg / kg
(145 µg / kg) in einer Probe Paprika-Fruchtgewürz gefunden
Trockenobst außer Weintrauben und Feigen
2
(Maximalgehalte in den Vorjahren 17 bzw. 78 µg / kg). Her-
getrocknete Feigen
8
Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 921 Lebensmittel
hinsichtlich der Einhaltung der o. g. Grenzwerte überprüft.
In 462 Proben (50 %) war das Toxin nachweisbar, im weit
überwiegenden Anteil der Proben jedoch deutlich unterhalb der jeweiligen Höchstmengen. So konnte das Toxin
in getrockneten Weintrauben zwar nach wie vor in 88 %
bis 100 % der Proben nachgewiesen werden, jedoch wurden in 98 % der Proben Gehalte unterhalb von 4 µg / kg
und somit deutlich geringere Gehalte als in den Vorjahren
ermittelt. Lediglich in einer von 63 Proben (Sultaninen) wurde ein Ochratoxin-A-Gehalt im Bereich der Höchstmenge
gemessen.
vorzuheben ist ferner, dass Paprika im aktuellen Berichtszeitraum bei vergleichsweise geringen Aflatoxingehalten
regelmäßig deutlich erhöhte Ochratoxin-A-Gehalte aufwies. Im Sinne eines umfassenden Verbraucherschutzes
erscheint daher eine baldige Festsetzung einer OchratoxinA-Höchstmenge auch für diese Produktgruppe sinnvoll.
Mykotoxine
Jahresbericht 2005
89
Fusarientoxine
Fusarientoxine (u. a. Trichothecene, Zearalenon, Fumonisine) werden von unterschiedlichen Fusarium-Arten
(u. a. Fusarium graminearum, Fusarium culmorum) in der Regel auf Getreide gebildet. Fusarien benötigen
einen vergleichsweise hohen Wassergehalt zum Wachstum und entwickeln sich daher, im Gegensatz zu den
Aflatoxin- bzw. Ochratoxin-A-Produzenten, überwiegend auf dem Feld vor der Ernte. Eine Toxinbildung ist somit in entscheidendem Maße von den klimatischen Bedingungen insbesondere während der Blüte abhängig
und damit nur bedingt beeinflussbar. Trichothecene (u. a. Deoxynivalenol) und Zearalenon treten regelmäßig
in nahezu allen Getreidesorten auf, Fumonisine finden sich fast ausschließlich in Mais.
Aufgrund günstiger klimatischer Bedingungen während der
01.10.07 EU-weite Grenzwerte gelten, die zum Teil deutlich
Blüte in der Vegetationsperiode 2004 / 2005 wurde eine
über den bisherigen nationalen Höchstmengen liegen. In
Überschreitung der nationalen Höchstmengen nur im Ein-
der nachfolgenden Tabelle ist eine Auswahl der geltenden
zelfall beobachtet. In den nächsten Jahren ist unabhängig
und zukünftig geplanten, Regelungen zu Fusarientoxinen
davon mit einem weiteren Rückgang an Beanstandungen
gegenübergestellt.
zu rechnen, da ab 01.07.06 und teilweise zum 01.07.07 bzw.
Trichothecene, Zearalenon
Aufgrund der günstigen Witterungsbedingungen in der Vegetationsperi-
(28 %; u. a. Getreide, Brot, Teigwa-
ode 2004 / 2005 in Getreide- und Getreideerzeugnissen (insbes. Getreide,
ren) wurden mittlere Gehalte unter
Brot, Teigwaren und Frühstückscerealien) nur vereinzelt Überschreitun-
25 µg / kg ermittelt. Erhöhte Kontami-
gen der in Deutschland geltenden Höchstmengen für Deoxynivalenol.
nationsraten ergaben sich ausschließ-
Hohe Kontaminationsraten an Zearalenon überwiegend in Maisproduk-
lich in maishaltigen Produkten, wobei
auch hier (mit Ausnahme von Mais-
ten, höhere Gehalte jedoch ausschließlich in Maiskeimöl.
Trichothecene (Typ A: z. B. T-2 und
unter 200 µg / kg. Lediglich in 5 Pro-
HT-2-Toxin; Typ B: z. B. Deoxynivalenol
ben (Maismehl, -grieß; Weizenkörner,
und Nivalenol) hemmen die Protein-
Speisekleie aus Weizen) wurde die
biosynthese und wirken daher allge-
nationale Höchstmenge (500 µg / kg)
mein zellschädigend, wovon insbeson-
überschritten, wobei in allen anderen
dere Organe mit hohen Zellteilungs-
Lebensmittelgruppen (u. a. Teigwaren,
raten (u. a. Magen-Darmtrakt, Leber)
Brot, Frühstückscerealien) auch die er-
betroffen sind.
mittelten Maximalgehalte regelmäßig
deutlich darunterlagen.
Deoxynivalenol (DON) war, ver-
keimöl) die mittleren Gehalte deutlich
unter den geltenden Höchstmengen
lagen.
Maiskeimöl wurde im Berichtszeitraum mittels einer neu etablierten
Methodik erstmalig auf das fettlösliche Zearalenon untersucht. In allen 16
Produkten war das Toxin nachweisbar
(Median 57 µg / kg), 7 Produktionschargen eines Herstellers wiesen einen
gleichbar dem Vorjahr, in 456 (69 %)
Zearalenon (ZEA) hat eine ausge-
Gehalt über der Höchstmenge für
der insgesamt 659 Proben (Getreide,
prägte östrogene Wirkung und wird
Getreideprodukte auf (Maximalgehalt
Getreideerzeugnisse) nachweisbar,
als möglicherweise krebserregend
157 µg / kg).
jedoch überwiegend mit Gehalten
eingestuft. In 169 von 609 Proben
Toxin
Deoxynivalenol (DON)
Lebensmittel
Getreide ohne Hartweizen,
Höchstmenge (D)
Höchstmenge (EU)
bis 30.06.2006
ab 01.07.2006
in µg / kg
in µg / kg
500
1 250
Mais
500
1 750
Getreidemehl
500
750
Brot und feine Backwaren
350
500
500
2 000
(ab 01.10.2007)
Maismehl, -grieß, -schrot
500
1 000
(ab 01.10.2007)
Cornflakes
100
400
(ab 01.10.2007)
Zearalenon (ZEA)
Lebensmittel aus Mais
500
400
(ab 01.10.2007)
50
100
Getreide außer Mais
Mais (unverarbeitet)
50
200
Getreidemehl außer Mais
50
75
Maismehl, -grieß (inkl. Öl)
50
200
Aktuelle und
zukünftig geplante
Regelungen für
Fusarientoxine
Hafer und Mais
Fumonisine (Summe FB1 + FB2) Mais (unverarbeitet)
Tabelle:
(ab 01.07.2007)
(ab 01.07.2007)
(ab 01.07.2007)
(Auszug)
90
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Fumonisine
Nach dem Erlass nationaler Höchstmengen ist die Kontaminationsrate
nifikanter Rückgang der Kontaminati-
und insbesondere mittlere Belastung maisbasierender Lebensmittel mit
onsrate auf 65 % (Vorjahr 86 %) sowie
Fumonisinen, massiv zurückgegangen. Erhöhte Gehalte lediglich in ein-
insbesondere des Anteiles der Proben
zelnen Grundprodukten (Maismehl, -grieß) sowie Knabbererzeugnissen
über 500 µg / kg auf 6 % (Vorjahr 42 %)
(u. a. Tacco-Chips).
zu beobachten. So wurde die Höchstmenge in den 77 untersuchten Proben
Fumonisine stehen in Verdacht, auch beim Menschen Krebs
Maismehl und Maisgrieß lediglich in 3 Proben (4 %; Vorjahr
auslösen zu können. Aufgrund neuerer Forschungsergeb-
55 %) überschritten. Eine dieser Proben (Maisgrieß) wies
nisse sollen sie ferner für das Auftreten von Neuralrohr-
jedoch einen Spitzengehalt von 15 270 µg / kg auf. Auch
defekten sowie Fehler bei der Hirnentwicklung von Babys
in Cornflakes (36 Proben) wurde die niedrige nationale
verantwortlich sein. Sie kommen nahezu ausschließlich in
Höchstmenge (100 µg / kg) lediglich in 2 Proben überschrit-
Mais vor, und in Ländern mit einer entsprechenden Ver-
ten (Maximalgehalt 155 µg / kg).
zehrsmenge scheint ein Zusammenhang zwischen der Fumonisinbelastung von Lebensmitteln und den o. g. Missbildungen bei Neugeborenen zu bestehen.
Über die Ursachen kann spekuliert werden, neben ungünstigeren Witterungsbedingungen für die Entwicklung
entsprechender Produzenten dürfte jedoch insbesondere
Aufgrund der auffälligen Befunde in ausgewählten Mais-
das veränderte Einkaufsverhalten der Hersteller und des
produkten des Vorjahres wurden insbesondere diese Pro-
Handels für die deutlich geringere Fumonisinbelastung in
dukte (Maismehl, -grieß, Cornflakes und Tacco-Chips) im
maisbasierenden Lebensmitteln verantwortlich zeichnen.
Berichtszeitraum schwerpunktmäßig auf Fumonisine unter-
Auffällige Befunde ergaben sich lediglich in Knabbererzeug-
sucht. Interessanterweise ergab sich mit Erlass der nun-
nissen (Extruderprodukte, u. a. Tacco-Chips). Hier wurden
mehr uneingeschränkt gültigen nationalen Höchstmengen,
regelmäßig Fumonisingehalte zwischen 500 und 1 000
die jedoch absehbar durch höhere EU-Grenzwerte ersetzt
µg / kg festgestellt (Median 641 µg / kg).
werden (s.o.), ein vollständig anderes Bild. Es war ein sig-
Sonstige Mykotoxine
Für die nachfolgend angeführten Mykotoxine (Mutterkornalkaloide, Alternariatoxine) wurden bisher noch
keine Höchstmengen festgelegt. Ferner wurden bislang keine robusten, routinetauglichen Analysemethoden
beschrieben, Ergebnisse zum Vorkommen dieser Toxine liegen daher nur vereinzelt vor. So reicht z. B. im Fall
der Alternariatoxine die Datenlage derzeit nicht aus, um eine Risikoabschätzung für den Verbraucher vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund wurden entsprechende Analyseverfahren entwickelt, im Labor etabliert und
relevante Lebensmittel zur Datenerhebung untersucht.
Mutterkornalkaloide
Belastung von Roggenmehlen der Ernte 2004 und
Nach „Guter landwirtschaftlicher Praxis“ ist der Besatz mit
2005 mit Mutterkornalkaloiden ist witterungsbedingt
Mutterkorn auf 0,05 % (entspr. 1 000 µg Alkaloide / kg) be-
deutlich zurückgegangen.
Als „Mutterkorn“ werden die Sklerotien (Überdauerungsform) eines Schlauchpilzes (Claviceps purpurea) bezeichnet, die insbesondere auf Roggen vorkommen. Der Pilz
überwuchert den Fruchtknoten und zehrt ihn schließlich
auf. Anstatt eines gesunden Kornes bilden sich dann die
länglichen, dunkelvioletten bis schwarzen, halbmondförmig gebogenen Sklerotien (Mutterkörner). Gefürchtet ist
Mutterkorn wegen seiner für den menschlichen Organismus giftigen Stoffe, der sogen. Alkaloide. Sie können
Übelkeit, Kopfschmerzen und Krämpfe auslösen. Im Falle
einer akuten Vergiftung (bei deutlich höheren Alkaloidgehalten) kommt es zum Gefäßverschluss und dadurch zu
einer Unterversorgung mit Sauerstoff in den betroffenen
Regionen.
schränkt. Dieser Richtwert wurde insbesondere in konventionell erzeugtem Roggen der Ernte 2003 oftmals überschritten. Aufgrund des trockenen Sommers fielen die Sklerotien
in diesem Erntejahr vergleichsweise klein aus und wurden
in den Mühlen nicht ausreichend abgetrennt. Aufgrund der
feuchteren Bedingungen in den folgenden Erntejahren
2004 / 2005 bildeten sich demgegenüber deutlich größere
Sklerotien aus, die problemlos über die Mühlentechnik herausgereinigt werden konnten. Somit resultierten nunmehr
in nahezu allen untersuchten Roggenmehlen mittlere Alkaloidgehalte unter 300 µg / kg. Lediglich ein Roggenmehl
(vermutlich noch aus der Ernte 2003) wies mit 3 280 µg / kg
einen deutlich erhöhten Alkaloidgehalt auf.
Der in 2004 festgestellte, deutliche Unterschied zwischen
konventionell und biologisch erzeugter Ware war aufgrund
der niedrigen Gehalte im Berichtszeitraum nur noch tendenziell ersichtlich.
Marine und Süßwasser-Biotoxine
Jahresbericht 2005
91
Alternariatoxine
Zur Bestimmung von fünf ausgewählten Alternaria-Toxinen in unter-
Die Einbindung weiterer Substanzen
schiedlichen Matrizes wurde eine LC-MS / MS-Methode entwickelt, wel-
ist in Bearbeitung.
che sich sowohl für ein schnelles Screening, aber auch zur Bestätigung
Ausgehend von einer durch das Bun-
eignet. Tenuazonsäure in allen Tomatenerzeugnissen nachweisbar.
desinstitut für Risikobewertung (BfR)
vorgenommenen Zusammenfassung
Unter den so genannten „Alternaria Toxinen“ werden eine
wurden im Berichtszeitraum 98 Apfel- und Birnenerzeug-
Reihe unterschiedlicher Verbindungen (u. a. Alternariol und
nisse, 38 Traubensäfte sowie 37 Kartoffel- und 18 Tomaten-
Tenuazonsäure) zusammengefasst, die von so genannten
erzeugnisse untersucht. In einzelnen Traubensäften waren
„Schwärzepilzen“ (Gattung Alternaria) überwiegend auf
Spuren an Alternariol (bis 13 µg / kg) sowie Tenuazonsäure
dem Feld gebildet werden. Derzeit ist die chemische Struk-
(bis 21 µg / kg) enthalten. Zwei Tomatenerzeugnisse ent-
tur von etwa 30 Alternaria-Toxinen bekannt, jedoch liegen
hielten ebenfalls Spuren an Alternariol (bis 11 µg / kg), Tenu-
nur zu 7 Substanzen wenige toxikologische Daten vor.
azonsäure wurde in allen Tomatenerzeugnissen (passiert,
Vor diesem Hintergrund wurde ein routinetaugliches LC-
Ketchup) nachgewiesen (13 bis 520 µg / kg). Weitere der
MS / MS-Verfahren zur Bestimmung von fünf unterschied-
geprüften Alternaria-Toxine waren in keinem der untersuch-
lichen Alternaria-Toxinen in diversen Matrizes entwickelt.
ten Produkte vorhanden.
Marine und Süßwasser-Biotoxine
Muscheln – zartes Fleisch in harter Schale: ungetrübte Gaumenfreude oder freudloses
Unwohlsein / freudlose Erkrankung. Eine Ursache für Muschelvergiftungen sind marine
Algentoxine.
Marine Biotoxine werden von mikro-
miniert sind, kann es zum Auftreten
skopisch kleinen, unizellulären Algen
von Magen-Darm-Beschwerden und
von meist 20 bis 200 µm Durchmes-
neurologischen Erkrankungen kom-
ser, die noch zur Photosynthese be-
men. Das Spektrum der möglichen Er-
fähigt sind, gebildet. Zu diesen Algen
krankungen reicht von Durchfall über
gehören Dinoflagellaten und Diato-
Gedächtnisverlust bis zum Tod durch
meen, die wichtigsten Vertreter des
Atemlähmung.
Phytoplanktons, das im marinen Ökosystem am Beginn der Nahrungskette
steht.
Unter günstigen Bedingungen, beeinflusst durch die Lichtintensität,
die Temperatur und den pH-Wert
des Wassers, den Salzgehalt und die
Nährstoffkonzentration, können sich
Dinoflagellaten sehr stark vermehren.
Angesichts des weltweiten Auftretens
der toxischen Algenarten muss mit ei-
Mensch,Verzehr
ansteigende Blüte
vereinzelte Zellen
ner Kontamination von Muscheln mit
Phykotoxinen auch in Europa gerechnet werden. Außerdem sind durch den
allgemeinen weltweiten Handel Muscheln aus vielen Regionen der Erde
erhältlich.
Generell wird ein solches Phänomen
Auf dem Gebiet der Phykotoxine
als „Algenblüte“ bezeichnet, auch
besteht insgesamt noch großer For-
weil sich bei hohen Zellzahlen das
schungsbedarf, damit alle relevanten
Spore (Cyste), Überlebensstadium
Muschelbank
Meer oft braun bis rot verfärbt („Red
Algentoxine, wie z. B. weitere Vertre-
türlich produzierten Substanzen in den
Abb.:
Tide“).
ter der DSP-Toxingruppe und Azas-
meisten Fällen um sehr große, kom-
Anreicherung
pirsäuren (erst kürzlich entdeckte
plexe Moleküle, von denen es kaum
von Algen in
Muscheltoxine), mit routinemäßigen
Standardsubstanzen käuflich zu erwer-
einer Muschel
Methoden und ohne Tierversuche er-
ben gibt. Diese müssen mühsam aus
(mytilus edulis)
fasst werden können.
den entsprechenden Algenstämmen
und die mögliche
hergestellt werden, da sie praktisch
Vergiftung von
nicht zu synthetisieren sind.
Menschen mit
Für den Menschen problematisch sind
die von bestimmten Dinoflagellaten
produzierten marinen Algentoxine
(Phykotoxine). In der Nahrungskette
können diese Gifte über Schalentiere,
Hemmend wirken sich vor allem zwei
denen die Algen als Nahrungsquelle
Aspekte aus: Einerseits widmen sich
dienen, zum Menschen gelangen.
weltweit nur wenige Arbeitsgruppen
Werden Muscheln verzehrt, die mit
diesem Forschungsgebiet. Anderer-
Toxinen aus Dinoflagellaten konta-
seits handelt es sich bei diesen na-
z. B. PSP-Toxinen
(nach Andersen,
1995)
92
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
PSP-Toxine (Paralytic Shellfish Poisoning, Saxitoxine)
PSP-Toxine sind Phykotoxine, die von
Als Referenzmethode gilt der Tierver-
Den höchsten Gehalt enthielt eine
Algen der Gattungen Alexandrium,
such an Maus oder Ratte.
Venusmuschel, vermutlich aus Italien,
Gymnodinium and Pyrodinium pro-
Aus ethischen Gründen werden in
mit 276 µg STXeq / kg.
duziert werden und für Vergiftungen
Deutschland im Rahmen der § 64-LF-
Herzmuscheln und Austern waren frei
verantwortlich gemacht werden, die
GB-Kommission und auch in Europa
von PSP-Toxinen. Bei anderen Mu-
als Paralytic Shellfish Poisoning (PSP)
große Anstrengungen unternommen,
schelarten wiesen ungefähr jeweils
bekannt sind. Die Toxine sind potente
chemische Verfahren zur Analytik der
die Hälfte der untersuchten Proben
Nervengifte und agieren als Natrium-
PSP-Toxine zu etablieren. Dabei ist
geringe Mengen PSP-Toxine auf.
Kanal-Blocker auf zellulärer Ebene.
zu berücksichtigen, dass die Toxizität
Da Miesmuscheln (mytilus edulis) am
Diese Vergiftung äußert sich begin-
der einzelnen Verbindungen unter-
häufigsten verzehrt werden, entfiel
nend mit Taubheitsgefühlen in den Ex-
schiedlich ist. Zur Abschätzung der
der größte Teil der untersuchten Pro-
tremitäten, gefolgt von zunehmenden
Gesamttoxizität der in einem Lebens-
ben (über 70 %) auf diese Muschelart.
Lähmungserscheinungen bis zum Tod
mittel vorhandenen PSP-Toxine ist es
Von 73 Proben (frische, lebende Ware,
durch Lähmung der Atemmuskulatur.
deshalb erforderlich, möglichst alle
tiefgefroren oder als Konserve) waren
Über die letzten Jahrzehnte ist eine
21 Toxine zu quantifizieren. Aufgrund
36 Proben positiv, wobei die Konser-
Zunahme der weltweiten Verteilung
der ähnlichen chemischen Strukturen
venware häufiger belastet war als
der PSP-Intoxikationen durch Algen
ist eine eindeutige Trennung mittels
die frischen oder tiefgefrorenen Mu-
festzustellen. Jedes Jahr treten un-
HPLC schwierig.
scheln. Alle Proben lagen unter 100 µg
gefähr 2 000 PSP-Fälle auf, von de-
Mit einer Vorsäulenderivatisierung mit
STXeq / kg mit einem Median von
nen 15 % einen tödlichen Ausgang
Fluoreszenzdetektion können lediglich
15 µg STXeq / kg und einem 90sten
nehmen. Dadurch gehören die Toxine
6 Toxine sicher erfasst werden. Diese
Perzentil von 68 µg STXeq / kg.
zu den gefährlichsten der bekannten
(Lawrence-)Methode befindet sich
Drei Proben Grünlippmuscheln – eine
Substanzen, die eine Lebensmittelver-
Anfang 2006 in der Validierungspha-
Unterart der Miesmuscheln, die spezi-
giftung auslösen.
se des Europäischen Referenzlabors
ell nur in Neuseeland gezüchtet wird –
für Marine Biotoxine (CRLMB), an
enthielten Gehalte an PSP-Toxinen von
der auch das Chemische und Veteri-
121, 122 und 180 µg STXeq / kg.
näruntersuchungsamt Sigmaringen
Bei Venusmuscheln waren Kontami-
teilnimmt.
nationen mit PSP-Toxinen über einen
Nach derzeitigem Stand kann diese
weiten Bereich streuend: Neben 6 un-
Methode Aussagen zu PSP-Toxinge-
belasteten Proben wurden in zwei Pro-
halten machen. Aus diesem Grund
ben die höchsten Werte ermittelt (200
wurde im Jahr 2005 im CVUA Sig-
und 276 µg STXeq / kg). In zwei Pro-
maringen begonnen, eine Methode
ben Jakobsmuscheln kamen Gehalte
zur Bestimmung aller PSP-Toxine mit
von über 100 µg STXeq / kg vor, wobei
HPLC, Nachsäulenderivatisierung und
hier alle Proben in der Regel aus dem
Fluoreszenzdetektion für die Routine-
Nordwest-Atlantik stammen.
untersuchungen zu etablieren.
Im Berichtsjahr wurden insgesamt
128 Proben Muscheln und MuschelZu den PSP-Toxinen zählen 21 verschiedene, strukturell sehr ähnliche
Toxine, von denen das Saxitoxin als
Hauptverbindung angesehen werden
kann. Die PSP-Toxine sind wasserlösliche, relativ kleine Moleküle mit eher
geringen Molekulargewichten um 250
bis 500 Dalton.
Muscheln oder daraus hergestellte
produkte verschiedener Art und unterschiedlicher Herkunft auf PSP-Toxine
untersucht. Höchstmengenüberschreitungen kamen nicht vor.
In 71 Proben (= 56 %) konnten keine
PSP-Toxine nachgewiesen werden. 21
Proben (= 16 %) enthielten sehr geringe Gehalte im Bereich unter 10 µg
Saxitoxin-Equivalente pro kg Muschelfleisch (STXeq / kg).
Produkte dürfen nicht mehr als 800
In 7 Proben (= 5,4 %) wurden hinge-
µg wasserlösliche Algentoxine (PSP)
gen relativ hohe Gehalte von über 100
je Gramm Muschelfleisch enthalten.
µg STXeq / kg festgestellt.
Marine und Süßwasser-Biotoxine
Jahresbericht 2005
93
ASP-Toxine (Amnesic Shellfish Poisoning, Domoinsäure)
Domoinsäure wird von Algen der Gattung Nitschia bzw.
In 24 von 146 Proben Muscheln und Muschelprodukten
Pseudonitschia produziert und wird für Vergiftungen ver-
(= 16 %) konnte Domoinsäure nachgewiesen werden. Die
antwortlich gemacht, die als Amnesic Shellfish Poisoning
Gehalte lagen im Bereich zwischen der Nachweis- und Be-
(ASP) bekannt sind. Diese Vergiftung äußert sich in sehr
stimmungsgrenze von 0,1 bis 0,5 mg / kg und waren damit
ernsten Magen-Darm-Erkrankungen und Durchfällen bis
sehr gering. Nur eine Probe Jakobsmuscheln enthielt einen
hin zum Tod. Weiterhin werden überlebende Patienten
bestimmbaren Gehalt an Domoinsäure in Höhe
durch neurologische Probleme geplagt, die sich
von 1,5 µg / g, der jedoch noch weit unter-
auch im Verlust des Gedächtnisses (Amne-
halb der festgesetzten Höchstmenge
liegt. Die restlichen 122 Proben (=
sie) äußern können.
In Deutschland wurde für Domoinsäu-
84 %) waren unauffällig.
re eine Höchstmenge festgelegt: In
In die Untersuchungen wurden
Muscheln oder daraus hergestellten
auch sechs Proben Nahrungser-
Produkten darf nicht mehr als 20 µg
gänzungsmittel und vier Proben
Domoinsäure (ASP) je Gramm Mu-
Algen einbezogen. In diesen
Abb.:
schelfleisch enthalten sein. Dieser
Produkten war Domoinsäure
Jakobsmuschel
Grenzwert hat in der gesamten Euro-
nicht nachweisbar.
päischen Union Gültigkeit.
DSP-Toxine (Diarrhetic Shellfish Poisoning, Okadasäure)
DSP-Toxine sind marine Biotoxine, die von Algen (Dinofla-
Die sehr stark ausgeprägten Symptome der Diarrhö der
gellaten) verschiedener Gattungen produziert werden. Es
klassischen DSP-Toxine mildern sich bei den Pectenotoxi-
ist bekannt, dass die Gattung Prorocentrum Okadasäure
nen ab, bei den Yessotoxinen treten sie in den Hintergrund.
bildet. Die Gattung Dinophysis produziert Okadasäure und
Pectenotoxine führen zu pathologischen Veränderungen
Pectenotoxine. Yessotoxine werden hingegen von den Gat-
der Leber und des Verdauungstraktes. Yessotoxine können
tungen Protoceratium und Lingulodinium synthetisiert.
die Verbindung zwischen den Zellen und die Strukturen in
Chemisch handelt es sich um lipophile Polyether-Toxine
den Zellen (Zellorganellen) auflösen sowie pathologische
mit Molekulargewichten um 800 bis über 1000 Dalton, die
Veränderungen des Herzmuskels zur Folge haben.
in drei Gruppen eingeteilt werden können: Bei der einen
Milde Symptome sind bei Okadasäure und den Dinophy-
Gruppe handelt es sich um die klassischen DSP-Toxine wie
sistoxinen ab ca. 0,6 µg; bei Pectenotoxinen ab ca. 0,25
zum Beispiel Okadasäure und die Dinophysistoxine. Als
mg Pectenotoxin-2 und bei Yessotoxinen ab ca. 1,0 mg
weitere Gruppen gelten Pectenotoxine und Yessotoxine.
Yessotoxin pro kg Körpergewicht zu erwarten.
In europäischen Muscheln gilt zwar die Okadasäure als
der wichtigste Vertreter der DSP-Toxine, gefolgt von Dinophysistoxin-1 (DTX-1). Aufgrund des weltweiten Handels
müssen die Muschelproben in der amtlichen Lebensmittelüberwachung jedoch auf alle vorkommenden Toxine geprüft werden.
DSP-Toxine dürfen in Muscheln oder daraus hergestellten
Produkten nicht nachweisbar sein. Als Referenzmethode
gilt der Tierversuch an Maus oder Ratte.
Aus ethischen Gründen wurde in Deutschland im Rahmen
der § 64 LFGB-Kommission auch ein chemisches Verfahren
etabliert. Ein Nachweis mit der HPLC-Bestimmungsmetho-
DSP ist eine ernste Magen-Darm-Erkrankung, die sich
de gilt als erbracht, wenn mehr als 400 µg DSP je kg He-
vor allem in starken Durchfällen, Übelkeit, Erbrechen und
patopankreas (Verdauungstrakt der Muscheln) festgestellt
Bauchschmerzen, eventuell begleitet von Fieber, äußert.
werden. Außerdem können die lipophilen marinen Biotoxi-
Bisher wurde zwar noch kein Todesfall infolge einer DSP-
ne mit HPLC / MS bestimmt werden. Mit den chemischen
Intoxikation festgestellt; dennoch stellen DSP-Toxine we-
Bestimmungsmethoden, die wesentlich empfindlicher sind
gen ihrer weltweiten Verbreitung und durch die hohe Er-
als der Tierversuch, können DSP-Toxine bis unter 10 µg / kg
krankungsrate ein ernsthaftes Risiko für die menschliche
bestimmt werden.
Gesundheit dar.Weiterhin gilt Okadasäure als Inhibitor der
In der EU wurden 2002 Höchstmengen für Okadasäure und
intrazellulären Proteinphosphatase. Okadasäure und die
weitere DSP-Toxine festgelegt. Für Okadasäure, Dinophy-
Dinophysistoxine sind damit potenzielle Tumorpromoto-
sistoxine und Pectenotoxine beträgt die Höchstmenge zu-
ren.
sammen 160 µg Okadasäure-Equivalente pro kg Muschelfleisch (OAeq / kg). Dieser Wert entspricht der deutschen
Höchstmenge von 400 µg / kg Hepatopankreas, umgerech-
Lebensmittelüberwachung BW
94
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
net auf die Gesamtmuschel. Yessotoxine gelten als gerin-
Pectenotoxine scheinen bei Muscheln und Muschelpro-
ger toxisch, für sie wurde deshalb eine Höchstmenge von
dukten, die in Baden-Württemberg in den Verkehr gebracht
1 000 µg / kg Muschelfleisch festgesetzt.
werden, keine Rolle zu spielen. Nur in 15 von 142 Proben
Im Berichtsjahr zeigte sich, dass ungefähr ein Drittel der
im Handel erhältlichen Muscheln und Muschelprodukte mit
DSP-Toxinen belastet sind.
In 41 (= 31 %) von insgesamt 139 untersuchten Muschelproben wurden klassische DSP-Toxine nachgewiesen. Die Kontamination erstreckte sich größtenteils auf
Miesmuscheln mit Herkunft Europa. Auch Miesmuscheln
aus Chile können betroffen sein. Grünlipp-Muscheln aus
Neuseeland und andere Muschelarten als Miesmuscheln
zeigten – wenn überhaupt – nur geringe Kontaminationen
(= 11 %) waren Pectenotoxine in geringen Gehalten von unter 10 µg Okadasäure-Equivalenten pro kg Muschelfleisch
enthalten.
Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Yessotoxinen. 130
(= 96 %) von 136 Proben waren toxinfrei. In den sechs
belasteten Proben wurden Gehalte zwischen 60 und 90
µg / kg nachgewiesen, sie liegen weit unterhalb der in der
EU festgelegten Höchstmenge. Diese Muscheln stammten zum großen Teil aus Europa und Chile, zwei Proben
aus Neuseeland.
(< 10 µg OAeq / kg).
Auffällig war, dass von 27 Proben Miesmuschel-Konserven
über 60 % eine Belastung aufwiesen. Der Maximalwert lag
mit 140 µg OAeq / kg knapp unterhalb der Höchstmenge.
Dennoch besteht keine Veranlassung zur Beunruhigung:
die 90.te Perzentile lag bei 40 µg OAeq / kg, einem Viertel
der zurzeit geltenden Höchstmenge.
AZP-Toxine (Azaspiracid Shellfish Poisoning, Azaspirsäuren)
AZP-Toxine sind marine Biotoxine, die von Algen der Gat-
In der Europäischen Gemeinschaft wurde im Jahr 2002 ei-
tungen Protoceratum und Protoperidinium produziert
ne Höchstmenge für Azaspirsäuren festgelegt; sie beträgt
werden. Es handelt sich um lipophile Polyether-Toxine mit
160 µg pro kg Muschelfleisch. Als europäische Referenzme-
Molekulargewichten um 850 Dalton, die einen
thode gilt der Maus-Bioassay, obwohl die Azaspirsäuren nur
Spiroring enthalten. Diese Toxine, die
in mehrfachen Maus-Bioassays ausreichend genau spezifi-
auch als Azaspirsäuren bezeichnet
ziert werden können. Außerdem reagieren nicht alle Mäuse
werden, traten erstmalig in Irland
gleich auf verschiedene verabreichte Konzentrationen von
im Jahr 1995 in Erscheinung. Ihr
Azaspirsäuren. Eine eindeutige Bestimmung der Azaspir-
Vorkommen ist bisher auf die
Küsten des Nord-West-Atlantiks beschränkt.
säuren erscheint mit dem Maus-Bioassay sehr fraglich.
Für diese marinen Biotoxine ist die Bestimmung mittels
HPLC / MS die Methode der Wahl. Das Chemische und
Die Symptome von AZP ähneln
Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen nimmt an den
denen der klassischen DSP-Er-
Validierungsstudien des irischen nationalen Referenzlabors
krankung. Sie äußern sich in
ernsten Magen-Darm-Erkrankungen, vor allem starken Durchfällen, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen, eventuell begleitet von Fieber.
Abb.:
Allerdings sind bei den Patienten zusätzlich neurologische
Muschelfleisch
Symptome wie langsam fortschreitende Lähmungserscheinungen zu beobachten.
Der Wirkmechanismus ist noch weit gehend unbekannt. Die
wenigen vorhandenen Daten aus experimentellen Studien
an Tieren lassen allerdings Anzeichen für Lungenerkrankungen erkennen, die gegebenenfalls mit einer Kanzerogenität
einhergehen. Weitere toxikologische Untersuchungen zur
Klärung des Wirkmechanismus und der resultierenden Erkrankungen sind erforderlich. Milde Symptome sind ab ca.
0,6 µg Azaspirsäuren pro kg Körpergewicht zu erwarten.
zur Etablierung der Methode in der EU teil.
Mit der HPLC / MS-Methode wurden 122 Proben Muscheln
auf Azaspirsäuren untersucht. Erfreulicherweise wurden
nur in zwei Proben bestimmbare Gehalte an Azaspirsäuren
nachgewiesen: Eine Probe Miesmuscheln enthielt Gehalte im Bereich der Bestimmungsgrenze von 2 µg / kg. Eine
Probe irische Austern war mit 15 µg / kg belastet, dies entspricht ca. einem Zehntel der Höchstmenge.
Marine und Süßwasser-Biotoxine
Jahresbericht 2005
95
Süßwasser-Biotoxine (Microcystine)
Auch im Süßwasser (Seen) können Algen oder Cyanobak-
Eine mögliche Spezifizierung und Quantifizierung kann an-
terien (Blaualgen) Toxine bilden. Betroffen sind hier das
schließend mit der oben genannten HPLC-Methode oder
Trinkwasser und Badegewässer. Außerdem werden die
mittels HPLC / MS / MS-Bestimmung erfolgen.
bestimmten Süßwasseralgen als Nahrungsergänzungs-
Abb.:
mittel verwendet.
Algen im Ufer-
Verschiedene Gattungen von Blaualgen (Cyanobakterien)
bereich
werden für massive Algenblüten auch in einheimischen
eutrophierten Gewässern verantwortlich gemacht. Verschiedene Arten der Gattungen Microcystis, Oscillatoria,
Anabena und Nostoc können Microcystine produzieren.
Diese cyclischen Heptapeptid-Toxine sind selektive Lebergifte, die durch Hemmung von Proteinphosphatasen auch
als potente Tumorpromotoren gelten. Durch die Abgabe der
Toxine ins Wasser können diese bei empfindlichen Menschen auch zu Hautausschlägen und allergischen Reaktionen führen.
In Deutschland und in der EU wurden bisher keine Höchstmengen verabschiedet. Allerdings werden 1 000 µg pro
In fünf Wasserproben aus Badeseen, bei denen der Ver-
Liter Wasser als Richtwert für die Summe der Microcystine
dacht auf das Vorkommen von Microcystis ssp. bestand,
LR, RR und YR angesehen.
wurden die Gehalte an Microcystinen bestimmt. Eine Pro-
Betroffen sind in aller Regel Seen, die als Trinkwasserreservoir dienen sowie als Badegewässer genutzt werden.
Bei Trinkwasser, das wie z. B. in Baden-Württemberg überwiegend aus Grundwasser gewonnen wird, besteht keine
Gefahr. Microcystine kommen dort nur in einer Konzentration vor, die vernachlässigt werden kann. Anders ist die
Situation in Ländern, in denen Oberflächenwasser zu Trink-
be war nicht belastet, zwei nur geringfügig im Bereich der
Bestimmungsgrenze. In einer Probe wurde mit 34 µg / kg
ein etwas höherer Gehalt ermittelt. Eine Probe allerdings
war mit Werten knapp unter 1 000 µg / kg hoch mit Microcystinen belastet. Auch in den Algen konnten diese Toxine
im zweistelligen Milligramm-Bereich nachgewiesen werden. Der Badesee wurde gesperrt.
wasser aufbereitet wird. So zeigten beispielsweise Studien
Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung wurden im
aus China bereits einen Zusammenhang zwischen dem
Berichtsjahr auch Nahrungsergänzungsmittel auf ihren
Konsum von mit Cyanobakterien-Toxinen belastetem Trink-
Gehalt an Biotoxinen untersucht. In den letzten Jahren
wasser und einer erhöhten Rate von Lebererkrankungen.
hat der Konsum von so genannten „Health-Food“ bzw.
Oberflächenwasser ist nicht nur die Grundlage für Trinkwasser, sondern es stellt auch als Badegewässer eine Expositionsquelle für den Menschen dar, aus der die Toxine
oral oder cutan aufgenommen werden können. Besonders
während der Badesaison ist zu beachten, dass nicht nur
das Schlucken, sondern auch die Inhalation und der direkte
Hautkontakt zu Symptomen wie Haut- und Schleimhautreizungen, Bindehautentzündungen, Ohrenschmerzen,
aber auch zu Gastroenteriden, Atemwegserkrankungen,
allergischen Reaktionen und Leberveränderungen führen
können.
Die Überwachung von Badegewässern hinsichtlich Eutrophierung bzw. Gehalt an Microcystis-Algen wird von den
Landkreisen in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Stuttgart, Abt. 9 – Landesgesundheitsamt, Referat
93 (Wasserhygiene), durchgeführt. Hier wird mikroskopisch
auf die Zusammensetzung der Algen und auf das Vorhandensein von Microcystis-Algen in Badegewässern geprüft.
Bei einem positiven Befund werden die entsprechenden
Gewässer mit einem Schnelltest (ELISA) auf den Gehalt
an Microcystinen untersucht.
„Gesundheitslebensmitteln“ deutlich zugenommen. Diese
Nahrungsergänzungsmittel werden in Form von Tabletten,
Kapseln oder Pulver eingenommen. Da einige Cyanobakterien aus natürlichen Süßwasserseen geerntet werden,
besteht die Gefahr der Kontamination mit Microcystinen
oder anderen Toxinen.
Zur Untersuchung gelangten sieben Nahrungsergänzungsmittel in Tablettenform, von denen sechs aus Spirulina-Algen hergestellt waren. Erfreulicherweise konnten keine
Microcystine nachgewiesen werden.
96
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und
Organischen Kontaminanten
Zur Sicherung einer einheitlichen Überwachung und Transparenz auf dem europäischen Binnenmarkt wurde in diesem Jahr die EU-Verordnung 396 / 2005 vom 23.02.2005 erlassen. Im Rahmen dieser Verordnung
werden Rückstandshöchstmengen von Pflanzenschutzmitteln europaweit harmonisiert, das Verfahren zur
Festsetzung neuer Höchstmengen festgelegt und Anforderungen an Kontrollprogramme zur Überwachung vorgegeben. Die Anhänge mit den harmonisierten Rückstandshöchstmengen wurden jedoch noch
nicht veröffentlicht, weshalb bisher nur Teile der Verordnung in Kraft getreten sind. Wichtig im Sinne
eines vorbeugenden Verbraucherschutzes ist, dass künftig auch EU-weit für nicht zugelassene Wirkstoffe
eine Nulltoleranz (0,01 mg / kg) als Höchstmenge gelten wird.
Lebensmittel pflanzlicher Herkunft
Durch umfangreiche Methodenentwicklung, verbunden
zukommt. Die einzelnen Höchstmengenüberschreitungen,
mit dem Einsatz neuer Analysentechniken, konnte das
die Häufigkeit der nachgewiesenen Stoffe und andere In-
untersuchte Wirkstoffspektrum nochmals stark erweitert
formationen sind über das Internet abrufbar unter www.
. Allgemeine Daten zu Analytik, Rück-
werden. So können nun pflanzliche Proben routinemäßig
cvua-stuttgart.de
auf potenzielle Rückstände von über 400 Pflanzenschutz-
standsbefunden und Anwendungsempfehlungen sind über
mittelwirkstoffen mit sensitiven und selektiven Verfahren
eine Internet-Datenbank des CVUA Stuttgart verfügbar:
untersucht werden. Durch die Erweiterung des Untersu-
www.pesticides-online.com
chungsspektrums erhöhte sich auch die Anzahl der verschiedenen, in pflanzlichen Lebensmitteln nachgewiesenen
Wirkstoffe nochmals erheblich. So wurden insgesamt 165
verschiedene Wirkstoffe in Obstproben und 158 verschiedene Wirkstoffe in Gemüseproben nachgewiesen, was einer
Steigerung von jeweils 10 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dies zeigt die große Bedeutung, die der ständigen
.
Von den 2 458 Proben pflanzlicher Lebensmittel, die auf
Rückstände an Pflanzenschutzmitteln untersucht wurden,
stammten 2 064 Proben aus konventionellem und 394 Proben aus ökologischem Anbau. Der Anteil an Proben aus
konventionellem Anbau mit Höchstmengenüberschreitung
lag bei 9,7 %.
Weiterentwicklung und Aktualisierung des Stoffespektrums
Schwerpunktuntersuchungen, Auffälligkeiten und Projekte im Jahr 2005
• Ständig aktuelle Verbraucherinformation im Internet:
Untersuchungen im Rahmen eines Monitoring-Pro-
Die Befunde der gezielten, risikoorientierten Untersu-
jekts an ausgewählten pflanzlichen Lebensmitteln
chungen von Saisonlebensmitteln, die in den letzten
gemeinsam mit Laboren anderer Bundesländer unter
Jahren stärkere Belastungen aufwiesen, wurden fortlaufend im Internet veröffentlicht. Detaillierte Berichte
Federführung des CVUA Stuttgart durchgeführt.
• Fortführung des Öko-Monitoring-Programms:
aus 2005 liegen u. a. zu Erdbeeren, Strauchbeeren,
Ökologisch erzeugte Lebensmittel werden im Ver-
Tafel- und Keltertrauben und Gemüsepaprika vor. Sie-
gleich zu konventioneller Ware systematisch auf
he auch www.cvua-stuttgart.de
Rückstände und Kontaminanten untersucht.
• Nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel: Nicht für
• Internet-Pestizid-Datenbank: Hier finden sich u. a.
die jeweilige Kultur zugelassene Pflanzenschutzmittel
Rückstandsbefunde und Anwendungsempfehlungen
wurden u. a. bei Strauchbeerenobst, Steinobst und
von Pflanzenschutzmitteln aus aller Welt sowie wich-
Salaten festgestellt.
tige Wirkstoff-Infos für den Analytiker. Die steigende
• Monitoring-Projekte: Im Rahmen des bundeswei-
Anzahl der Nutzer unserer weiter aufgebauten Da-
ten Lebensmittel-Monitorings wurde das Vorkommen
tenbank „Pesticides-Online“ sowie zahlreiche posi-
von Pflanzenschutzmittelrückständen in Kartoffeln,
tive Rückmeldungen zeigen das große Interesse an
Spinat, grünen Bohnen, Karotten, Pfirsichen und Nek-
dieser Arbeit, siehe www.pesticides-online.de
tarinen, Zitrusfrüchten und Reis gemeinsam mit La-
• Methodenentwicklung: Durch umfangreiche Me-
boren anderer Bundesländer untersucht. Die Ergeb-
thodenentwicklung verbunden mit umfangreicher
nisse sind bei den jeweiligen Matrices mitaufgeführt.
Validierung konnte das Untersuchungsspektrum für
Zum Vorkommen von Herbizidrückständen in pflanz-
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe von 280 auf 430 Stof-
lichen Lebensmitteln liegen vergleichsweise wenig
fe pro Probe, erweitert werden.
Untersuchungen vor. Deshalb wurden entsprechende
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2005
97
Die Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen bei Lebensmitteln aus ökologischem Anbau sind im Kapitel
Öko-Monitoring sowie im Bericht zum Öko-Monitoring
2005 dargestellt. Siehe auch www.untersuchungsaemter-bw.de
Obst, konventionell erzeugt
Pflanzliche
Lebensmittel
Inland
Gemüse, konventionell erzeugt
Ausland
Inland
Pflanzliche Proben
mittelrückstände
gesamt *
Ausland
Anzahl
%
Anzahl
%
Anzahl
%
Anzahl
%
Anzahl
%
mit Rückständen
295
95
538
94
234
69
358
88
1 892
77
< Höchstmenge
269
86
483
84
214
64
290
71
1 686
69
> Höchstmenge
26
8,3
51
8,9
20
5,9
68
17
206
8,4
312
34
575
62
337
43
409
52
2 458
100
Gesamt
Tabelle:
Pflanzenschutzin Proben pflanzlicher Herkunft
* aus konventioneller und
ökologischer
Erzeugung
Beerenobst – häufige Beanstandungen bei Strauchbeerenobst
Aufgrund der Beliebtheit beim Ver-
Proben Rückstände nachweisbar, wo-
stimmungsgrenze festgesetzt sind.
braucher zeichnet sich in der Obstver-
bei meist Rückstände mehrerer Wirk-
Erfreulicherweise waren in keiner der
marktung generell der Trend ab, Bee-
stoffe festgestellt werden (63 – 100 %
untersuchten Erdbeerproben einhei-
renobst nahezu ganzjährig anzubieten.
der Proben) Zusammenfassend sind
mischer Erzeugung Höchstmengen
Durch geeignete Sortenwahl und kul-
die Ergebnisse in nachfolgender Tabel-
überschritten, auch wurden in keiner
turtechnische Maßnahmen wird auch
le dargestellt.
der untersuchten Proben aus Deutsch-
der Angebotszeitraum und -umfang
von einheimischem Beerenobst ausgedehnt. Aufgrund des Angebotsumfangs sowie der relativen Anfälligkeit
für Krankheiten und Schaderreger dieser Kulturen und infolgedessen erforderlicher Pflanzenschutzmaßnahmen
wurden Rückstandsuntersuchungen
bei Beerenobst in größerem Umfang
durchgeführt.
Obwohl in nahezu allen untersuchten
Erdbeeren aus konventionellem An-
land Rückstände nicht zugelassener
Pflanzenschutzmittel nachgewiesen.
bau Pflanzenschutzmittelrückstände
In 17 % der untersuchten 53 Proben
nachgewiesen wurden (98 % der Pro-
Johannisbeeren deutscher Herkunft
ben) und hierbei meist auch Rückstän-
wurden Höchstmengenüberschreitun-
de mehrerer Wirkstoffe festzustellen
gen festgestellt, weiterhin wurden in
waren (94 % der Proben), war der
20 Proben (38 %) Rückstände nicht zu-
Anteil von Proben mit Höchstmen-
gelassener Pflanzenschutzmittel nach-
genüberschreitungen mit 4 % im Ver-
gewiesen. Dabei handelte es sich in
gleich zum Vorjahr deutlich geringer.
3 Fällen um in Deutschland generell
Insgesamt wurden 270 Proben Bee-
Höchstmengenüberschreitungen wur-
nicht zugelassene Wirkstoffe.
renobst (Trauben ausgenommen)
den nur in insgesamt 7 Proben aus
aus konventionellem Anbau unter-
den Herkunftsländern Spanien und
sucht (Erdbeeren, Johannisbeeren,
Italien festgestellt, wobei es sich in
Himbeeren, Stachelbeeren und Hei-
diesen Fällen um Wirkstoffe handelt,
* dies beinhaltet sowohl Stoffe, die generell in Deutschland
delbeeren). Rückstände von Pflanzen-
für die aufgrund noch nicht erfolgter
nicht zugelassen sind, als auch Stoffe für die zwar in Deutsch-
schutzmitteln sind bei konventionell
Harmonisierung der Höchstmenge
land Zulassungen vorliegen, die entsprechenden Mittel jedoch
angebautem Beerenobst die Regel; je
auf EU-Ebene, in Deutschland niedri-
nicht zur Anwendung in dieser Kultur zugelassen sind (Indika-
nach Kultur waren in 88 bis 100 % der
ge Höchstmengen im Bereich der Be-
tionszulassung).
Beerenobst
Erdbeere
Heidelbeere
Anzahl
Proben mit
Proben mit
Anzahl
Proben mit
Proben mit
Proben
Rückständen
Rückständen
Stoffe
Mehrfach-
nicht zugelassenen
> HM
> HM
rückständen
Stoffen *
176
Anzahl
%
Anzahl
%
173
98
7
4
7
Rückstände in
Beerenobst –
Übersicht
Anzahl
%
Anzahl
%
165
94
0
0
8
7
88
0
0
0
5
63
0
0
Himbeere
19
16
84
4
21
5
15
79
4
21
Johannisbeere
53
51
96
9
17
14
46
87
20
38
Stachelbeere
14
14
100
3
21
3
14
100
4
29
270
261
97
23
9
245
91
28
10
Gesamt
Tabelle:
Lebensmittelüberwachung BW
98
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
In 17 Fällen wurden Pflanzenschutz-
Dies deutet auf mangelnde Sorgfalt
Bei der Untersuchung von 39 Proben
mittel nachgewiesen, die für eine An-
hinsichtlich der Einhaltung pflanzen-
Keltertrauben einheimischer Erzeu-
wendung bei anderen Kulturen – je-
schutzrechtlicher Vorgaben hin. Eine
ger wurden erfreulicherweise in kei-
doch nicht bei Johannisbeeren – zu-
Verbesserung der Rückstandssituation
ner Probe Höchstmengenüberschrei-
gelassen sind (Verstöße gegen die
soll durch ein umfangreiches Maßnah-
tungen festgestellt. Bei 4 Proben
Indikationszulassung).
menpaket, das neben verstärkter In-
(10 %) wurden jedoch Rückstände von
formation und Schulung der Erzeuger
Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen,
auch verstärkte Kontrollen und Sanktio-
deren Anwendung bei Keltertrauben
nen umfasst, erreicht werden.
nicht zulässig war.
Tafelweintrauben – je nach Her-
Kernobst
Bei Stachelbeeren wurden in 3 der
14 untersuchten Proben deutscher
Herkunft Überschreitungen von Rückstandshöchstmengen festgestellt, in
4 Fällen wurden Pflanzenschutzmittel
kunftsland sehr unterschiedliche
nachgewiesen, die nicht für eine An-
Rückstandsgehalte und Beanstan-
wendung bei Stachelbeeren zugelas-
dungsquoten
sen sind.
Bei der Untersuchung von insgesamt
111 Proben Kernobst aus konventioneller Erzeugung – 77 Proben Äpfel
Bei Tafelweintrauben bestehen nach
und 34 Proben Birnen – davon 74 Pro-
wie vor große Unterschiede in den
ben aus Deutschland, wiesen nur 5
Rückstandsgehalten je nach Her-
Proben (4,5 %) Höchstmengenüber-
kunftsland. Während bei Proben aus
schreitungen auf, davon 2 Proben
Südeuropa in 33 % (Griechenland) bis
(2,7 %) deutscher Herkunft. Nach-
45 % (Türkei) der Proben Höchstmen-
weisbare Rückstände meist mehrerer
genüberschreitungen festgestellt wur-
Wirkstoffe sind auch bei Kernobst die
den, waren bei Proben aus den An-
Regel, wobei jedoch keine signifikan-
bauländern der Südhalbkugel Höchst-
ten Unterschiede zwischen einheimi-
mengenüberschreitungen nicht oder
scher und importierter Ware festzu-
Zusammenfassend ist festzustellen,
in deutlich geringerem Umfang fest-
stellen sind. Rückstände von für den
dass in den Strauchbeerenobstkultu-
zustellen. Die Überschreitungsquote
Kernobstanbau nicht zugelassenen
ren Johannisbeeren, Stachelbeeren
bei Trauben aus Italien (7 %) war die-
Pflanzenschutzmitteln wurden ledig-
und Himbeeren vergleichsweise vie-
ses Jahr deutlich niedriger als im Jahr
lich in 3 Apfelproben festgestellt.
le Rückstandsbefunden meist meh-
2004 (18 %).
Aufgrund unzulässiger Anwendungen
rerer Wirkstoffe vorliegen, wobei so-
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Er-
der Wachstumsregulatoren Chlorme-
wohl häufigere Befunde von Höchst-
gebnisse der insgesamt 173 Proben
quat und Mepiquat bei Birnen in der
mengenüberschreitungen, als auch
Tafelweintrauben aus konventionel-
Vergangenheit und deren Eigenschaft
häufigere Befunde von Rückständen
ler Erzeugung differenziert nach Her-
nicht für diese Kulturen zugelassener
kunftsländern.
Bei Himbeeren deutscher Herkunft
wurden in 4 der 19 untersuchten
Proben Überschreitungen von Rückstandshöchstmengen festgestellt;
in diesen 4 Proben wurden auch jeweils Pflanzenschutzmittelrückstände
nachgewiesen, die nicht für eine Anwendung bei Himbeeren zugelassen
sind.
Pflanzenschutzmittel auffällig sind.
Tabelle:
Rückstände in
Herkunftsland
Tafeltrauben
Anzahl
Proben mit
Proben mit
Anzahl
Proben mit
Proben
Rückständen
Rückständen
Befunde
Mehrfachrückständen
> HM
> HM
nach Herkunftsverteilung
* Datenbasis
für prozentuale
Auswertung zu
gering
Ägypten
Anzahl
%
Anzahl
%
Anzahl
%
2
2
100
0
0
2
100
Argentinien
12
11
92
0
0
10
83
Australien
1
1
100
0
0
Baden-Württembg.
5
5
100
1
*
1
1
100
5
100
Chile
17
17
100
3
18
3
13
77
Griechenland
15
15
100
5
33
5
15
100
Indien
13
13
100
1
8
1
10
77
Italien
45
45
100
3
7
4
45
100
Ohne Angabe
11
11
100
2
18
2
10
91
Spanien
5
5
100
2
*
2
5
100
Südafrika
18
16
89
0
0
10
56
Türkei
29
29
100
13
45
17
29
100
Gesamt
173
170
98
30
17
35
155
90
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2005
zur Depotbildung im Holz der Bäume,
Gemüsepaprika – Rückgang
fielen durch eine besonders hohe Be-
sind zwar Rückstände von Chlorme-
der Beanstandungsquote, große
anstandungsquote auf: 33 % bei Eich-
quat und Mepiquat in den Birnen ent-
Unterschiede je nach Herkunft
blattsalat, 28 % bei Küchenkräutern,
sprechend behandelter Bäume noch
nachweisbar, bei keiner der im Jahr
2005 untersuchten Proben wurden
jedoch Höchstmengenüberschreitungen von Chlormequat (0,3 mg / kg Birne) festgestellt. In einer Probe wurde
zwar eine geringfügige Überschreitung
der Höchstmenge von Mepiquat (0,01
mg / kg Birne) nachgewiesen, die Überschreitung lag jedoch noch innerhalb
der analytischen Messunsicherheit.
Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass
die aus unzulässigen Anwendungen
in der Vergangenheit resultierenden
Wie in den Vorjahren lag ein Untersuchungsschwerpunkt im Bereich von
Gemüsepaprika aus konventionellem
Anbau. Bei den in diesem Berichtsjahr untersuchten Paprika ist hinsichtlich der Anzahl an Proben mit einer
Höchstmengenüberschreitung eine
deutliche Abnahme von 48 % (2004)
auf 25 % (2005) zu beobachten. Dies
teln liegen vergleichsweise wenige
Untersuchungen vor. Deshalb wurden
haben und keinerlei Hinweise auf ak-
doch immer noch deutlich über der An-
tuelle Anwendungen vorliegen.
zahl der identifizierten Wirkstoffe pro
untersuchte Gemüseprobe im Jahr
Steinobst – Beanstandungen bei
2005. Auffallend positiv ist die Rück-
Süßkirschen
standsituation bei Paprika aus den
konventionellem Anbau zwar auch
die Regel, jedoch wurden bei Mirabellen, Nektarinen, Pfirsichen und
Pflaumen nur in wenigen Einzelfällen
Überschreitungen von Höchstmengen
festgestellt. Süßkirschen zeigten eine
höhere Beanstandungsquote: In 6 von
33 untersuchten Süßkirschenproben
(18 %) wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt, 4 dieser
Proben stammten aus Deutschland,
ten Gemüsearten
Rückstandshöchstmengen für einzel-
pro Paprikaprobe, sie liegt mit 5,4 je-
rerer Pestizide sind bei Steinobst aus
Herbizidrückstände in bestimm-
ne Wirkstoffe zurückzuführen.
quat tendenziell weiter abgenommen
Nachweisbare Rückstände meist meh-
suchten Proben zu beanstanden.
Zum Vorkommen von Herbizidrück-
Anzahl nachgewiesener Wirkstoffe
von Pflanzenschutzmitteln untersucht.
über der Höchstmenge, sowie bei Eisbergsalat, hier war keine der 20 unter-
ständen in pflanzlichen Lebensmit-
regulatoren Chlormequat und Mepi-
rengruppe Steinobst auf Rückstände
bei Spinat; nur eine von 59 Proben lag
monisierung erfolgte Anhebung der
Zurückgegangen ist auch die mittlere
konventionellem Anbau aus der Wa-
la. Erfreulich ist dagegen die Situation
ist u. a. auf die im Rahmen der EU-Har-
Rückstandsgehalte der Wachstums-
Insgesamt wurden 164 Proben aus
20 % bei Kopfsalat und 38 % bei Ruco-
Niederlanden und Ungarn zu bewerten. Hier konnte in keiner der 29 untersuchten Proben eine Höchstmengenüberschreitung festgestellt werden. Nach wie vor inakzeptabel sind
Beanstandungsquoten von 31 % bei
Paprika aus Spanien und sogar 50 %
bei türkischen Proben. Damit muss
konventionell angebaute Gemüsepaprika aus südlichen Herkunftsländern
wieder zu den höher mit Pflanzenschutzmittelrückständen belasteten
Gemüsearten gezählt werden.
Blattgemüse – erhöhte Beanstandungsquote bei Küchenkräutern,
Blattsalaten und Rucola
im Rahmen eines Monitoringprojekts
unter Federführung des CVUA Stuttgart 82 Proben Blatt- und Wurzelgemüse aus konventionellem (72) und
ökologischem Anbau (10) auf ein um
ca. 60 Herbizide erweitertes Pestizidspektrum untersucht, wobei in keiner der 10 Bio-Proben (9 Karotten, 1
Feldsalat) Rückstände nachgewiesen
werden konnten. Von den 72 Gemüseproben aus konventionellem Anbau
wiesen 63 Proben (88 %) Rückstände
auf. In 6 Proben (8 %) lagen die Gehalte der nachgewiesenen Pestizide
über der gesetzlichen Höchstmenge,
jedoch handelte es sich bei keinem
dieser Wirkstoffe um ein Herbizid.
In den 72 konventionellen Gemüseproben konnten 14 der 61 im Untersuchungsspektrum enthaltenen
Herbizid-Wirkstoffe insgesamt 57
mal quantifiziert werden. Die Untersuchungsergebnisse zeigen deutlich,
dass Wirkstoffe aus der Substanzklasse der Herbizide häufig als Rückstände in pflanzlichen Lebensmitteln anzu-
2 weitere Proben aus der Türkei. Bei 2
Aufgrund der auffallenden Rückstands-
Proben aus einheimischer Erzeugung
befunde bei Kopfsalat und Rucola im
meistens sehr klein sind. 93 % der er-
wurden weiterhin Rückstände des in
Jahr 2004 wurden auch im Berichts-
mittelten Gehalte lagen unterhalb von
Deutschland und in der EU nicht mehr
jahr verstärkt Blattgemüseproben auf
0,05 mg / kg Lebensmittel. Höhere Ge-
zugelassenen Insektizids Fenthion
Pestizidrückstände untersucht. 84 %
halte konnten ohne Ausnahme auf das
festgestellt. Bei 5 Proben einheimi-
der Proben wiesen Rückstände auf,
am häufigsten nachgewiesene Herbi-
scher Erzeuger wurden darüber hinaus
wobei die Rückstandsgehalte in 14 %
zid Linuron zurückgeführt werden.
Rückstände von nicht zur Anwendung
der Proben über der gesetzlich fest-
Um weitere Rückstandsdaten zu die-
bei Kirschen zugelassener Wirkstoffe
gelegten Höchstmenge lagen. Auch
ser mengenmäßig am meisten ausge-
(Indikationszulassung) nachgewiesen.
bei Blattgemüse ist der Nachweis
brachten Pestizidgruppe der Herbizide
Aufgrund dieser Auffälligkeiten wer-
von Rückständen mehrere Wirkstof-
zu erhalten, werden diese Untersu-
den die Rückstandsuntersuchungen
fe je Probe die Regel. Eichblattsalat,
chungen im Rahmen des Projekt-Mo-
im Jahr 2006 fortgesetzt.
Küchenkräuter, Kopfsalat und Rucola
nitorings 2006 fortgeführt.
treffen, die Rückstandsgehalte jedoch
99
Lebensmittelüberwachung BW
100
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Lebensmittel tierischer Herkunft
Gesamtergebnisse
Insgesamt wurden 763 Proben tierischer Herkunft aus dem
Das bedeutet systematisches Messen und Beobachten der
Handel auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln und auf
Rückstandssituation. Die Rückstandsgehalte an Altlasten
persistente organische Kontaminanten untersucht. Davon
nehmen in Lebensmitteln tierischer Herkunft kontinuierlich
waren 209 Proben von Erzeugern, die im Rahmen des Na-
ab, was sich daran zeigt, dass der Anteil der Proben mit
tionalen Rückstandskontrollplanes erhoben wurden.
nachgewiesenen Rückständen von 96 % über 86 % in den
Da in tierischen Lebensmitteln zu einem gewissen Maß
Vorjahren auf jetzt 77 % zurückgegangen ist. Höchstmen-
die Belastung einer Region mit Altstoffen oder persisten-
genüberschreitungen sind nur noch in Einzelfällen zu beob-
ten fettlöslichen Stoffen, die aktuell technisch eingesetzt
achten. In diesem Jahr wurden bei 3 Proben Eier überhöhte
werden, aufgezeigt werden kann, wird die Überwachung
PCB-Gehalte festgestellt. Davon waren 2 Proben nicht in
immer mehr nach Monitoring-Gesichtspunkten ausgerich-
den Handel gekommen, da sie in einem Problembetrieb
tet.
unter Versuchsbedingungen produziert wurden.
Eier
Bei Eiern aus Auslaufhaltung
auffällig erhöhte PCB-Gehalte festge-
Hühnerhaltungen in Kleinstbetrieben
hängt die Schadstoffbelastung
stellt wurden. Eine konkrete Ursache
mit weniger als 200 Tieren zeichnen
von der Betriebsgröße ab.
für die Belastung des Bodens konn-
sich i. d. R. dadurch aus, dass die Tie-
te trotz intensiver Nachforschungen
re intensiv Auslaufflächen benutzen
nicht festgestellt werden. Anhand
können. Da Hühner durch Scharren
von „Versuchsherden“ wurde über-
und Picken relativ viele Bodenpartikel
prüft, welche Wiesen-Auslaufberei-
aufnehmen, kann es bei entsprechen-
che PCB-belastet sind. Dabei zeigte
der umweltbedingter Schadstoffbelas-
sich, dass zum einen die Eier vom
tung zu einer Anreicherung der fettlös-
Wiesenauslauf 1 bereits nach 6 Wo-
lichen Kontaminanten im Tierkörper
chen einen Anstieg der Marker-PCB
und dann zu einer erhöhten Belas-
um das 4 bis 5fache, nach 3 Mona-
tung der Eier kommen. Erstmals fiel
ten um das 13 bis 14fache gegenü-
dies durch eine auffällige Zahl von
ber der Vergleichsherde aufwiesen.
Höchstmengenüberschreitungen bei
Die PCB-Gehalte lagen jedoch noch
Dioxinen in Eiern aus Kleinsttierhal-
deutlich unter den Höchstmengen. In
tungen auf. Die Belastungen der Eier
Von 149 untersuchten Eiproben wurden 95 Proben im Rahmen des Sonderprogramms „Eier aus Kleinstbetrieben“ in allen Landkreisen BadenWürttembergs erhoben. Insgesamt
zeigte sich – von wenigen Einzelfällen
abgesehen – eine erfreulich niedrige
Schadstoffbelastung. Bei keinem der
untersuchten Stoffe lag der Medianwert über alle Proben höher als 0,005
Grafik:
mg / kg Fett. Die höchsten Werte erga-
Organische
ben sich zum einen für DDT (Maximal-
Kontaminanten
wert 0,33 mg / kg Fett) und zum ande-
in Eiern nach Be-
ren für polychlorierte Biphenyle (PCB)
triebsgröße
(Maximalwert PCB 138: 0,44 mg / kg
Fett). Bei 3 Proben lagen die PCB-Gehalte über den Höchstmengen jedoch
DDT
noch innerhalb der Toleranzgrenzen.
Zwei dieser Proben betrafen Eier, die
PCB 153
nicht als Lebensmittel im Handel waren. Sie stammten von einem Groß-
HCB
Median (mg / kg Fett)
betrieb, bei dem in den Vorjahren
den Eiern des Wiesenauslaufes 3 wa-
mit Pflanzenschutzmittel-Rückstän-
ren nach 2 Monaten die Höchstmen-
den und persistenten organischen
gen für die Marker PCB 153 und 138
Kontaminanten wird in der Grafik für
bereits überschritten. Nach weiteren
einige repräsentative Stoffe wie DDT,
6 Wochen war nur noch eine geringe
PCB 153 und Hexachlorbenzol (HCB)
Steigerung festzustellen. Diese Wie-
dargestellt. Die deutliche Abhängigkeit
senausläufe wurden als deutlich be-
der Schadstoffbelastung der Eier von
lastet und somit – ohne Beseitigung
der Betriebsgröße ist augenfällig und
der PCB-Quelle – als für Freilandhal-
korreliert mit den Ergebnissen aus der
tung ungeeignetes Gelände beurteilt.
Untersuchung auf Dioxine.
0,030
0,025
0,020
0,015
0,010
0,005
0,000
Anzahl der Hühner
< 30
30 – 200
Org. Kont.Eier 2005
> 200
k. A.
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2005
101
Fische
Zusatzstoffe von Futtermitteln und
Die Forellen weisen im Vergleich zu
von Kosmetika sind in Forellen
anderen Speisefischen, wie Lachs
nachweisbar.
und Karpfen, die höchsten mittleren
Im Rahmen des bundesweiten Warenkorb-Lebensmittel-Monitorings
wurden 36 Forellen-Proben aus heimischer Fischzucht und aus dem
Handel neben den Organochlorpestiziden sowie chlor- und bromhaltigen
Kontaminanten auch auf Ethoxyquin
untersucht. Ethoxyquin ist ein Antioxidationsmittel, das die Haltbarkeit
von Lebensmitteln und Futtermitteln verlängert, indem es sie vor den
schädlichen Auswirkungen der Oxidation, d. h. Ranzigwerden von Fett und
Veränderungen der Farbe, schützt.
In Deutschland gibt es eine Zulassung für Ethoxyquin als Zusatzstoff
zu Futtermitteln bis zu einer Höchst-
Gehalte an organischen Kontaminanten auf. Außerdem reichern sie als
einzige Trichlosan-methyl in nennenswerten Konzentrationen an (0,030
mg / kg Fett). Die Gehalte liegen z. B.
in der gleichen Größenordnung von
Karpfen aus dem Bodensee, (2003,
Mittelwert: 0,02 mg / kg Fett). Höhere Trichlosan-methyl-Gehalte von
lien und Folien, um diesen antibakteri-
Abb.:
2,64 und 3,15 mg / kg Fett (0,017 und
elle Eigenschaften zu verleihen. Triclo-
Strukturformel
0,047 mg / kg Frischgewicht) wurden
san-methyl wird u. a. im Abwasser von
Ethoxyquin
in diesem Jahr noch in Döbeln aus der
Kläranlagen nachgewiesen, gelangt
Schwippe (Regierungsbezirk Stuttgart)
so in die Flüsse und wird von den Fi-
nachgewiesen. Die Konzentrationen
schen im Fettgewebe angereichert.
sind vergleichbar mit Gehalten in Dö-
Somit kann diesem Stoff ebenso wie
bel aus dem Schutterentlastungskanal
anderen Kosmetik-Zusatzstoffen (Ni-
im Ortenaukreis.
tromoschus- und Polycyclische Mo-
menge von 150 mg / kg Futtermittel.
Der mittlere Triclosan-methyl-Gehalt
Für Lebensmittel ist dieser Stoff als
dieser Fische war mit 1,55 mg / kg Fett
Zusatzstoff jedoch nicht zugelassen,
(0,024 mg / kg Frischgewicht) der bis-
sodass die niedrigste Höchstmenge
her höchste festgestellte Gehalt. Die-
von 0,01 mg / kg Lebensmittel festge-
se Konzentrationen sind im Vergleich
legt ist. Ein Übergang von Ethoxyquin
zu anderen Fischarten, wie z. B. aus
aus dem Tierfutter in Fleisch, Eier und
dem Neckar und Rhein, als erhöht zu
Milch gilt als erwiesen. In allen 28 un-
bewerten. Triclosan-methyl entsteht
tersuchten Forellen wurde Ethoxyquin
vermutlich durch den biologischen
nachgewiesen. Die Gehalte bezogen
Abbau von Triclosan. Triclosan ist ei-
auf Fett betrugen 0,015 – 0,48 mg / kg;
ne antimikrobiell wirksame Substanz
mit Bezug auf Frischgewicht lagen sie
mit einem breiten Wirkstoffspektrum.
bei 0,000 1 – 0,01 mg / kg Fisch. Die
Die häufigste Verwendung findet sie
Höchstmenge für Lebensmittel wurde
in verschiedenen Kosmetika, Seifen,
damit erreicht, aber nicht überschrit-
Zahncremes sowie als Additiv zu Texti-
schusverbindungen) die Eigenschaft
als POP (persistent organic pollutent)
zugesprochen werden.
Karpfen
Grafik:
Forelle
Vergleich von
organischen
Lachs
ten.
Kontaminanten in
Lachsölkapseln
mit Fisch
0,07
0,07
0,06
0,06
0,05
0,05
0,04
0,04
0,03
0,03
0,02
0,02
0,01
0,01
0,00
0,00
HCB
DDT
PCB 153
Dieldrin
Toxaphen
Org.Kont.Lachsöl 2005
Moschus- Tribromanisol
Xylol
PBDE
TrichlosanMethyl
Median (mg / kg Fett)
0,122
0,202
Lachsöl-Kapseln
HCB
DDT
Org.Kon
Lebensmittelüberwachung BW
102
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Lachsöl-Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel
Säuglings- und Kleinkindernahrungsmittel
Wie belastet sind Lachsöl-Kapseln ?
Sehr geringe Verunreinigung mit Kontaminanten
Lachsöl-Kapseln werden als Nahrungsergänzungsmittel zur
An Säuglings- und Kleinkindernahrungsmittel werden be-
Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren, die eine Rolle bei der
sondere Anforderungen in Bezug auf sehr geringe Gehal-
Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems spielen, angebo-
te an Pestizidrückständen und Kontaminanten gestellt.
ten. Dabei werden sie als Ersatz oder zur Ergänzung von
So gilt für diese Stoffe eine generelle Höchstmenge von
Fischmahlzeiten eingenommen. Da Fischöle immer wieder
0,01 mg / kg (= 10 µg / kg), bezogen auf das Lebensmittel
in der Diskussion stehen, hohe Rückstände aufzuweisen,
in der Verzehrsform. Für einige spezielle Stoffe, z. B. Ni-
wurden diese Produkte auf das organische Schadstoffspek-
trofen, gilt sogar eine noch niedrigere Höchstmenge.
trum untersucht. Zur Beurteilung wurden die Gehalte der
Das Untersuchungsprogramm des Jahres 2004 über Säug-
Kontaminanten mit den entsprechenden Konzentrationen
lings- und Kleinkindernahrungsmittel mit Milch-, Fleisch-
bei Lachsen aus Wildgewässern und Zuchtbetrieben vergli-
oder Fischanteil wurde in 2005 fortgesetzt. Mit den neuen
chen. Außerdem wurden in die Gegenüberstellung Forellen
Daten wurde die Aussage des Vorjahres bestätigt, dass
und Karpfen aus Zuchtbetrieben aufgenommen. Die Gehal-
Säuglings- und Kleinkindernahrungsmittel mit Rückständen
te der relevanten Schadstoffe sind auf Fett bezogen in der
von persistenten Organochlor-Pestiziden und Umweltkon-
Grafik dargestellt. Danach weisen die 13 Proben Lachsöl-
taminanten sowie Nitromoschusverbindungen außeror-
Kapseln bei allen Stoffen die geringsten Gehalte auf. Mitt-
dentlich gering, d. h. unterhalb von 1 µg / kg kontaminiert
lere Gehalte über 0,01 mg / kg Fett ergeben sich lediglich
sind. Die höchsten überhaupt festgestellten Werte be-
bei Gesamt-DDT. Da die Konzentrationen sich im Vergleich
trugen 0,61 µg / kg (= 0,000 61 mg / kg) für Endosulfan in
zu dem Rohstoff Lachs als deutlich niedriger erweisen,
einer Probe Kleinkindmenü mit Reis und Geflügelfleisch
erscheint eine Behandlung der Rohfette zur Schadstoffre-
und für PCB 153 in einer Probe Schinkennudeln in Toma-
duktion eine plausible Erklärung für die Minimalgehalte in
tensauce. Diese Werte betragen weniger als ein Zehntel
Lachsöl-Kapseln zu sein.
der Höchstmenge. Wie im Vorjahr ergibt sich der höchste
Gesamtmittelwert für den Stoff DDT, jetzt mit einem Wert
von 0,05 µg / kg (= 0,000 05 mg / kg). Dieser Wert liegt um
Honig
den Faktor 200 unter der Höchstmenge. In der Tabelle sind
Honig enthält kaum Rückstände
35 Proben Honig wurden neben chlororganischen auf
Phosphorverbindungen, Pyrethroide und weitere akarizid wirksame Stoffe hauptsächlich im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans untersucht. Die überwie-
die Ergebnisse aller 62 Proben für die repräsentativen und
relevanten Stoffe zusammengefasst.
Eierteigwaren und Fertiggerichte
gende Mehrzahl der Stoffe war nicht oder nur in Spuren
Nur geringe Rückstände
(< 0,001 mg / kg) nachweisbar. Coumaphos war dagegen
Eierteigwaren (12 Proben) und Fertiggerichte mit Fleischan-
als einziger Stoff in 70 % der Proben enthalten, wobei der
teil (14 Proben) waren insgesamt gering belastet. Auffällig
Medianwert lediglich 0,001 mg / kg betrug und nur in einer
war bei drei Proben Eierteigwaren der Nachweis von Rück-
einzigen Proben der Wert von 0,01 mg / kg überschritten
ständen an Deltamethrin (0,03 bis 0,34 mg / kg Fett), die
wurde (0,046 mg / kg). Coumaphos ist ein Akarizid, das im
vermutlich aus dem Getreideanteil der Produkte stammen.
Bienenstock zur Bekämpfung der Varroa-Milbe eingesetzt
Deltamethrin ist ein Insektizid, dessen Einsatz im konventi-
wird. Eine Höchstmenge ist für diesen Stoff nicht festge-
onellen Getreideanbau zulässig ist. Die festgestellten Ge-
legt. Nach diesen Ergebnissen lässt sich somit dem Le-
halte lagen allesamt weit unterhalb der Höchstmengen.
bensmittel Honig ein gutes Zeugnis in Bezug auf Verunreinigungen mit Pestizidrückständen und Kontaminanten
ausstellen.
Bei den Fertiggerichten zeigten sich – hier für den Stoff Endosulfan – ebenfalls einzelne auffällige Befunde, die nicht
zwingend auf die Zutaten tierischen Ursprungs zurückzuführen sind. Bei dieser Produktgruppe ist aufgrund der Vielzahl und Verschiedenartigkeit der Zutaten eine Bewertung
von Rückstandsgehalten besonders schwierig.
Tabelle:
Rückstände in
Säuglingsnahrungsmitteln
Rückstände
HCB
gamma-HCH Summe DDT
PCB 153
Dieldrin
Endosulfan
Moschus-
Summe
Xylol
PBDE
Gehalte in µg / kg Frischgewicht
min.
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
max.
0,07
0,05
0,53
0,61
nn
0,61
0,03
0,04
Mittelwert
0,01
0,01
0,05
0,02
nn
0,03
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
nn
Median
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Jahresbericht 2005
103
Öko-Monitoring – Rückstandsuntersuchungen bei Lebensmitteln
aus ökologischem Anbau
Baden-Württemberg führt im Zusammenhang mit der vom Ministerrat des Landes beschlossenen Gesamtkonzeption zur Förderung des ökologischen Landbaus zusätzlich über 5 Jahre ein spezielles Untersuchungsprogramm für Lebensmittel aus ökologischem Landbau im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung
durch. Ziel des Monitorings soll sein, in diesem stark expandierenden Marktsegment Verbrauchertäuschungen besser zu erkennen und das Vertrauen in die Qualität ökologisch erzeugter Lebensmittel zu stärken.
Weit gehende Rückstandsfreiheit bei pflanzlichen
Lebensmitteln aus ökologischem Anbau
Fruchtgemüse aus ökolgischem Anbau
Im Jahr 2005 wurden insgesamt 50 Proben Fruchtgemü-
Wie in den Vorjahren weist ökologisches Obst und Gemü-
se, in der Mehrzahl Paprika aus ökologischem Anbau, auf
se signifikant geringere Rückstandsgehalte als konventi-
Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Etwa 10 % der
onell erzeugte Ware auf. Bei der überwiegenden Anzahl
Proben enthielten Pestizidrückstände über 0,01 mg / kg (oh-
der Proben aus ökologischem Anbau waren keine Pestizid-
ne die für die ökologische Landwirtschaft zugelassenen
rückstände nachweisbar. Sofern Rückstände festgestellt
natürlichen Stoffe). Bei fünf Proben (10 %) wurde die Be-
wurden, handelte es sich meist nur um Rückstände einzel-
zeichnung „aus ökologischem Anbau“ als irreführend be-
ner Wirkstoffe im Spurenbereich < 0,01 mg / kg und damit
urteilt, eine Probe wies eine Höchstmengenüberschreitung
deutlich unterhalb der Konzentration, die üblicherweise
(RHmV) auf.
nach Anwendung entsprechender Wirkstoffe im Erntegut
festgestellt werden kann.
Im letzten Jahr haben sich die Vermarktungsstrukturen
für Öko-Ware noch einmal deutlich verändert und Bio-Erzeugnisse werden verstärkt auch bei großen Discountern
angeboten. Allgemein wird festgestellt, dass mehr Bio-Ware verkauft werden könnte, als angeboten werden kann.
Bislang zeigen die Untersuchungsergebnisse keine Unterschiede zwischen Bio-Ware vom Discounter und Bio-Ware
Rückständen und Kontaminanten,
• Vergleich von Öko-Lebensmitteln aus einheimischer Produktion mit
Öko-Produkten anderer Herkunft,
• Feststellung irreführender Kennzeichnung bei Hinweis auf ein Erzeugnis nach der Öko-V,
• Vergleich von Öko-Lebensmitteln mit konventioneller Ware.
Im Vergleich zu den Vorjahren war die Beanstandungsquote
Wurzelgemüse – Karotten aus ökologischem Anbau –
bei frischen Erzeugnissen jedoch deutlich höher: 8,4 % in
Auffälligkeiten bei Karotten aus Italien
für den Anstieg der Beanstandungsquote wegen irreführender Öko-Kennzeichnung liegen aber mehr bei der zielgerichteten Untersuchung bestimmter Lebensmittel und
weniger bei der deutlich gestiegenen Nachfrage nach ÖkoLebensmitteln. Da jedoch gerade bei einem knappen Angebot Verfälschungen besonders lukrativ sind, soll der Markt
auch im Jahr 2006 aufmerksam beobachtet werden.
Insgesamt wurden 50 Proben Öko-Wurzelgemüse untersucht, wobei ein deutlicher Schwerpunkt bei Karotten lag
(49 Proben). Während deutsche Karotten überwiegend
rückstandsfrei waren (lediglich 1 Probe wurde als irreführend bezeichnet beanstandet), enthielten alle 8 Proben italienischer Bio-Karotten Rückstände. In allen italienischen
Karotten-Proben waren Rückstände an Herbiziden nachweisbar. Ferner wurden auch Rückstände an Fungiziden
und Insektiziden nachgewiesen. In 2 Fällen lag sogar eine
Untersuchungsergebnisse
Höchstmengenüberschreitung nach RHmV vor.
Im Jahr 2005 wurden insgesamt 394 Proben pflanzlicher
Lebensmittel aus ökologischem Anbau auf Rückstände an
Pflanzenschutzmitteln untersucht. Die vollständigen Ergebnisse sind im Bericht über das Öko-Monitoring 2005 im
Internet unter www.cvua-stuttgart.de
abrufbar. Nach-
folgend eine Auswahl der Ergebnisse:
Blattgemüse aus ökolgischem Anbau
Von 41 untersuchten Blattgemüse-Proben wies lediglich
eine Probe erhöhte Rückstände (> 0,01 mg / kg) an dem
Insektizid Thiamethoxam auf.
Ziele:
• Statuserhebung der Belastung ökologisch erzeugter Lebensmittel mit
von anderen Anbietern.
2005, nur 3,6 % in 2004 und 4,5 % in 2003. Die Ursachen
O!
K
Ö
Tafeltrauben aus ökolgischem Anbau
Von insgesamt 34 Proben Tafeltrauben aus ökologischem
Anbau wiesen drei Proben Rückstände über 0,01 mg / kg
auf, drei Proben wurden beanstandet.
Exotische Früchte aus ökolgischem Anbau
Von insgesamt 30 Proben exotischer Früchte aus ökologischem Anbau waren lediglich in einer Probe italienischer
Kiwi Rückstände an Chlorpyrifos über 0,01 mg / kg nachweisbar.
104
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Pharmakologisch wirksame Stoffe
Pharmakologisch wirksame Stoffe finden in der landwirtschaftlichen
des zu Rückständen führen, die ein
Nutztierproduktion als Bestandteile von Tierarzneimittelpräparaten Ver-
gesundheitliches Risiko für den Ver-
wendung und dienen damit der Krankheitsvorbeugung und -bekämp-
braucher darstellen. Die missbräuch-
fung. Tierarzneimittelrückstände i. S. von Art. 1 (1) EWG / 2377 / 90 sind
liche Anwendung von Antibiotika birgt
alle Stoffe mit pharmakologischer Wirksamkeit – seien es wirksame
ferner die Gefahr der Selektion resis-
Bestandteile, Arzneiträger oder Abbauprodukte – einschließlich ihrer
tenter Krankheitserreger. Antibiotika-
Stoffwechselprodukte, die in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs vor-
resistente pathogene Keime können
handen sind und aus der Anwendung des betreffenden Tierarzneimittels
sich in Tierbeständen verbreiten oder
resultieren.
auch auf den Menschen übergehen.
Schwer oder nicht mehr heilbare In-
Bei ordnungsgemäßer Anwendung von Tierarzneimitteln
fektionskrankheiten können hiervon die Folge sein. Tiere,
verbleiben in den von behandelten Tieren gewonnenen
die der Lebensmittelgewinnung dienen, dürfen EU-weit nur
Lebensmitteln nur Rückstandsmengen, die toxikologisch
mit Arzneistoffen behandelt werden, die in den Anhängen I
unbedenklich sind. Der unsachgemäße Umgang mit Arz-
bis III der Verordnung EWG / 2377 / 90 aufgeführt sind. Die
neimitteln, wie beispielsweise die Nichteinhaltung der er-
Anhänge I und III enthalten Verzeichnisse von pharmako-
forderlichen Wartezeit nach der Behandlung oder gar die
logisch wirksamen Stoffen, für die Rückstandshöchstmen-
rechtswidrige Applikation verbotener Wirkstoffe, kann in-
gen festgesetzt sind (Maximum Residue Limit, MRL).
Untersuchungen auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe
Die Überwachung von Rückständen pharmakologisch
In Baden-Württemberg wurden im Jahre 2005 mehr als
wirksamer Stoffe in Tieren und Lebensmitteln tierischer
19 000 Untersuchungen, davon 13 900 mit dem Allgemei-
Herkunft erfolgt auf allen Stufen der Produktions- und Han-
nen Hemmstofftest im Rahmen des NRKP, durchgeführt
delskette. In den CVUAs werden untersucht:
(Gesamtsumme der NRKP-Proben: über 18 000). Ferner
• Proben, die im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes (NRKP) entnommen wurden,
• Planproben nach dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (Lebensmittelund Futtermittelgesetzbuch – LFGB),
• auffällige Proben aus der Schlachttier- und Fleischuntersuchung.
wurden 1 313 Planproben nach LFGB sowie 187 Proben aus
der Schlachttier- und Fleischuntersuchung auf Rückstände
pharmakologisch wirksamer Stoffe geprüft. Bei insgesamt
183 der 19 500 Proben (0,9 %) wurden Rückstände von
pharmakologisch wirksamen Stoffen festgestellt. 116 davon (0,6 %) wurden aufgrund der Untersuchungsbefunde
beanstandet.
Nachgewiesen wurden (Anzahl der Befunde jeweils in
Nach nationalem und EU-Hygienerecht muss vor jeder
Klammern): Tetracycline (89), beta-Lactame (14), Sulfona-
Schlachtung eine Schlachttier- und eine anschließende
mide (11), Aminoglycoside (12), Kokzidiostatika (2), Nitro-
Fleischuntersuchung durchgeführt werden. Weisen leben-
furanmetabolite (3), Flubendazol (4), Tylosin (3), Triphenyl-
de Tiere physiologische bzw. psychische Veränderungen
methanfarbstoffe (45).
auf, die auf eine Behandlung mit pharmakologisch wirksamen Stoffen hindeuten, oder wird z. B. eine Injektionsstelle
im Muskelfleisch entdeckt, so wird der Tierkörper beschlagnahmt und entsprechendes Probenmaterial zur Analyse
eingesandt. Pathologisch verändertes Gewebe, das eine
Infektion vermuten lässt, wird durch eine bakteriologische Fleischuntersuchung auf Krankheitserreger geprüft.
Zusätzlich werden solche Proben mit dem Allgemeinen
Hemmstofftest untersucht. Der Allgemeine Hemmstofftest
stellt ein biologisches Untersuchungsverfahren zur Prüfung
auf Anwesenheit von Antibiotika dar. Fällt der Allgemeine
Hemmstofftest positiv aus, wird ebenfalls Probenmaterial
zur weiter gehenden Analyse eingesandt.
Rückstände von Malachitgrün in Forellen
Malachitgrün gehört chemisch zur Gruppe der Triphenylmethane und findet vorwiegend Verwendung als synthetischer Farbstoff (z. B. in der Lackherstellung). Malachitgrün
stellt aber auch ein hochwirksames Desinfektionsmittel
dar und vermag äußerst effektiv verschiedene Parasiten
(Pilze, Bakterien, Einzeller) zu bekämpfen, die Fische und
Fischeier befallen. Daher wird es oft in der Zierfischmedizin
eingesetzt, insbesondere gegen die Weißpünktchenkrankheit. Malachitgrün steht jedoch im Verdacht krebserregend
und erbgutschädigend zu sein. Zur Vermeidung einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung des Verbrauchers, ist
konsequenterweise eine Anwendung von Malachitgrün
als Tierarzneimittel bei Lebensmittel liefernden Tieren EUweit nicht erlaubt.
Pharmakologisch wirksame Stoffe
In Baden Württemberg wurden 2005 insgesamt 336 Proben (See-, Süßwasserfische und Forellenkaviar) auf Triphenylmethanfarbstoffe untersucht. In 44 Forellen-Proben
und einer Probe Pangasius wurde Leukomalachitgrün, das
Haupt-Stoffwechselabbauprodukt von Malachitgrün, nachgewiesen. Die ermittelten Gehalte reichten von 2 bis über
100 µg / kg. Eine Forellenprobe enthielt zusätzlich auch noch
Malachitgrün (1,5 µg / kg). Die hohe Zahl von Untersuchungen und positiven Proben beruht im Wesentlichen darauf,
dass bei drei Erzeugerbetrieben Forellen aus allen Teichen
untersucht worden waren, nachdem bei Stichprobenun-
Jahresbericht 2005
Antibiotika in Honig
Antibiotika sind in Deutschland zur Anwendung bei Bienen nicht zugelassen, demzufolge dürfen in Honig keine
Rückstände von Antibiotika vorhanden sein. Es wurden
41 Stichproben im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung sowie 19 NRKP-Proben untersucht. In
keiner dieser Proben waren Rückstände von Antibiotika
nachweisbar.
Honigmonitoring bei der Feuerbrandbekämpfung
tersuchungen Rückstände von Malachitgrün festgestellt
Das Antibiotikum Streptomycin ist als Wirkstoff in zwei
wurden. Alle Proben mit festgestellten Rückständen von
Pflanzenbehandlungsmitteln enthalten, die im Jahr 2005
Leukomalachitgrün wurden beanstandet.
zur Bekämpfung der bakteriellen Feuerbrandkrankheit bei
Obstbäumen eingesetzt wurden. Die Anwendung des Antibiotikums im Obstbau wurde mit einem zielgerichteten
Monitoring begleitet, bei dem insgesamt 33 Honige, die
aus Gebieten mit Feuerbrandbekämpfung stammten, direkt nach dem Schleudern auf Rückstände von Streptomycin untersucht wurden. Davon waren drei Proben mit Rückständen von Streptomycin über der Höchstmenge von 20
µg / kg (praktischer Nullwert) belastet. Die drei betroffenen
Honigchargen wurden nicht in den Verkehr gebracht.
Nitrofuranmetaboliten in Garnelen
Nitrofurane sind bakteriostatisch wirkende Chemotherapeutika. Das Wirkungsspektrum von Nitrofuranen umfasst
grampositive und -negative Bakterien. Alle Nitrofurane werden im Organismus sehr schnell metabolisiert. Nitrofurane werden daher in unveränderter Form nicht mehr vorgefunden. Deshalb wird der Nachweis einer Anwendung
von Nitrofuranen über die Untersuchung von bestimmten
Zielanalyten geführt. Bei diesen Zielanalyten handelt es
sich um spezifische, an Proteine gebundene Metaboliten
der Nitrofurane. Aufgrund des vorbeugenden Verbraucherschutzes wurden alle pharmakologisch wirksamen Stoffe
aus der Klasse der Nitrofurane in Anhang IV der VO (EWG)
2377 / 90 aufgenommen. Dadurch ist die Anwendung von
Nicarbazin in Entenfleisch und Hühnereiern
Nitrofuranen nach Art. 5 (2) VO (EWG) 2377 / 90 in der ganzen Gemeinschaft verboten. Insgesamt wurden 93 Proben
In einer Probe Entenfleisch sowie in einer Probe Hühnerei-
aus der Lebensmittelüberwachung auf Rückstände von
er wurden Rückstände des Coccidiostaticums Nicarbazin
proteingebundenen Nitrofuranmetaboliten untersucht.
festgestellt. Tierarzneimittel, die Nicarbazin als Wirkstoff
In drei Proben eines importierten Garnelenerzeugnisses,
enthalten, sind weder zur Behandlung von Enten, noch von
die alle aus einer Verarbeitungscharge stammten, konnte
Legehühnern zugelassen. Die Verwendung von Nicarba-
der Stoff 3-Amino-2-Oxazolidinon (AOZ) eindeutig nachge-
zin als Futtermittelzusatzstoff für Mastgeflügel ist seit Mai
wiesen werden. Bei AOZ handelt es sich um einen Meta-
2002 nicht mehr erlaubt, die Verwendung von Nicarbazin
boliten des Nitrofurans Furazolidon. Die Proben wurden
bei Legehühner ist ebenfalls nicht erlaubt. Der Zusatzstoff
beanstandet.
E 772 (Maxiban G 160) enthält zwar neben Nicarbazin auch
Narasin zu gleichen Teilen, ist aber nur zur Anwendung bei
Masthühnern zugelassen. Beide Proben wurden daher
beanstandet.
105
Lebensmittelüberwachung BW
106
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Lebensmittelallergene
Seit dem 24.11.2005 gilt bei verpackten Lebensmitteln eine Kennzeichnungspflicht für die wichtigsten Lebensmittelallergene (s. Abbildung) sowie für glutenhaltige Getreidearten, Lactose und Sulfit. Über die Zutatenliste
kann sich nun etwa ein Erdnuss-Allergiker gezielt informieren, ob dem Lebensmittel für ihn problematische
erdnusshaltige Zutaten – auch in geringen Mengen – zugesetzt worden sind. Auch erkennt er jetzt, ob sich
etwa hinter der Angabe „pflanzliches Öl“ Erdnussöl versteckt; Personen, die auf Sellerie allergisch reagieren,
erfahren, ob in der Zutat „Gewürze“ auch Sellerie enthalten ist. Doch ganz sicher können Allergiker immer
noch nicht sein: So genannte Kreuzkontaminationen, also herstellungsbedingte Verunreinigungen, müssen
nach wie vor nicht obligatorisch deklariert werden.
Bei Haselnuss am häufigsten positive Befunde
Tabelle:
bedeutendste
allergene
Lebensmittel
Bereits im Vorfeld der neuen Allergen-Kennzeichnungs-
Pflanzliche Lebensmittel
pflicht wurden Untersuchungen von Proben ohne Aller-
Erdnuss
gendeklaration durchgeführt. Bei insgesamt 525 Unter-
Sojabohne
suchungen wurden in 66 Fällen (13 %) nicht deklarierte
Baumnüsse (Haselnuss, Walnuss, Mandel etc.)
Allergene festgestellt. Nach wie vor am häufigsten gab es
Weizen
bei Haselnuss positive Befunde (20 von 74 Proben = 27 %),
Sesam
s. auch Grafik. Untersucht wurden hier in erster Linie Scho-
Senf
kolade, Backwaren, Knabbergebäck, Kekse, Müsliriegel so-
Sellerie
wie Speiseeis.
Immerhin 11 % der untersuchten 116 Proben ohne Selle-
Tierische Lebensmittel
rie-Deklaration (v. a. Fertiggerichte, Suppen und Saucen)
Kuhmilch
enthielten Sellerie. Tendenziell war hier aber eine leichte
Hühnerei
Abnahme festzustellen; besonders bei Gewürzmischungen
Fisch
wurde der Sellerieanteil vermehrt angegeben.
Schalentiere
Erdnuss war wie auch in den Vorjahren relativ selten nachweisbar. Allerdings können hier die Symptome auch nach
Aufnahme geringer Mengen besonders schwerwiegend
sein. So wurde ein Fall eines anaphylaktischen Schocks
nach Verzehr eines Mandelkekses von einer allergologischen Einrichtung außerhalb Baden-Württembergs zur weiteren Bearbeitung herangetragen. Tatsächlich wurden in
der von der Patientin verzehrten Charge unerklärlich hohe,
nicht deklarierte Erdnussanteile (79 Gramm pro Kilogramm)
festgestellt.
Grafik:
Allergenuntersuchungen 2005 –
positive Proben
verpackte Ware
Probenzahl
ohne Hinweis
negative Proben
140
120
100
80
60
40
20
0
Erdnuss
Haselnuss
Mandel
Sellerie
Soja
Ei
Milch
Gluten
Lebensmittelallergene
Jahresbericht 2005
107
Das Erzeugnis wies nicht einmal eine Spurenkennzeich-
Auch andere Allergene, etwa Mandel, Milchprotein oder Ei,
nung („kann … enthalten“, s. u.) auf.
wurden trotz fehlender Kennzeichnung nachgewiesen.
Auch eine Schokoladen-Probe fiel mit 7 Gramm Haselnuss
Auch Soja enthält einige potente Allergene, die vor allem
pro Kilogramm durch einen auffällig hohen Anteil eines
bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen unter Umständen
nicht deklarierten Allergens auf.
starke Symptome auslösen können. Ein umfangreiches
Gerade seit Einführung der neuen Kennzeichnungsrege-
Spektrum unserer Lebensmittel enthält Bestandteile der
lungen werden auch Allergiker immer mehr davon ausge-
Sojabohne, z. B. Fette, Lecithine, Sojaprotein oder -mehl.
hen, dass vorhandene Allergene deklariert sind. Produkte
Preiswertes Sojaprotein wirkt emulgierend, strukturbil-
mit derart hohen, nicht deklarierten Allergen-Verunreini-
dend und stark wasserbindend. Ein technologischer und
gungen müssen gegebenenfalls als gesundheitsschädlich
finanzieller Anreiz bei der Herstellung von Wurstwaren
eingestuft werden, weil aufgrund der nicht vorhandenen
und Fleischerzeugnissen ist daher nicht auszuschließen.
Allergenkennzeichnung Erdnuss- bzw. Haselnuss-Allergiker
Es wurden 60 abgepackte Fleischerzeugnisse (vor allem
angesprochen sind. Im Falle des Mandelkekses ergab die
Brühwurst) auf versteckte Sojabestandteile hin untersucht.
Überprüfung weiterer Chargen des Erzeugnisses eben-
Erfreulicherweise musste keine der Proben beanstandet
falls positive Befunde, die Erdnuss-Anteile lagen aber um
werden.
den Faktor 1 000 niedriger. Eine Überprüfung der Eigenkontrollmaßnahmen des italienischen Herstellers wurde
veranlasst.
Kreuzkontaminationen und „Kann … enthalten“-Kennzeichnung
Durch Kreuzkontamination verursachte Allergenanteile
Es wurden daher insbesondere Produkte mit „Kann-Hin-
sind weiterhin nicht kennzeichnungspflichtig, sollten aber
weisen“ auf Erdnuss oder Haselnuss-Spuren überprüft (s.
möglichst reduziert werden (siehe Kapitel „Betriebskon-
Grafik). Tatsächlich waren Haselnuss-Verunreinigungen in
trollen“).
gut einem Drittel der so deklarierten Produkte enthalten,
während Erdnuss trotz des „Kann-Hinweises“ bis auf eine
Empfindliche Allergiker sollten auch geringe Allergen-Spu-
Ausnahme nicht nachweisbar war. Da gerade Erdnuss-Aller-
ren beim Kauf erkennen, selbst wenn diese nur über eine
giker nach Aufnahme geringster Erdnuss-Spuren Sympto-
Kreuzkontamination in das Produkt gelangt sind. Daher wei-
me zeigen können, verwenden Hersteller diesen Hinweis
sen viele Hersteller in der Kennzeichnung auf Allergenspu-
zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen eventuell
ren durch eine freiwillige Angabe hin (s. u).
betroffener Allergiker recht häufig.
Grafik:
Allergenuntersuchungen 2005 – verpackte Ware
mit Kennzeichnung „kann … enthalten“
Dieser Hinweis erfolgt allerdings insbesondere
positive Proben
aus Gründen der Produkthaftung. Nicht im Sinne
des Verbraucherschutzes wäre es allerdings, wenn
re Risikoabwägung, vorgenommen würden. Eine 120
weiter zunehmende Verwendung dieser „Kann …
enthalten“-Kennzeichnung schränkt die Wahlmög- 100
lichkeiten von Allergikern weiter ein und sollte daher
nur dann eingesetzt werden, wenn auch mit Mitteln der guten Herstellungspraxis geringe Spuren
120
100
80
80
60
60
40
40
20
20
0
0
von Lebensmittelallergenen nicht mehr vermieden
werden können.
Erdnuss
Haselnuss
Mandel
Allergene_kann 2005
Probenzahl
negative Proben
diese Angaben „prophylaktisch“, also ohne weite-
Lebensmittelüberwachung BW
108
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Nicht nur für Allergiker, sondern auch für Hersteller und
Kontrolle ist die derzeitige Rechtssituation noch unbefriedigend. Ein von vielen Seiten gewünschter Grenzwert für
maximal tolerierbare Allergenverunreinigungen – unabhängig, ob von einer Zutat oder einer Kreuzkontamination
verursacht – könnte hier mehr Rechtssicherheit schaffen.
Allerdings müssen hierfür auch von analytischer Seite noch
einige Vorarbeiten geleistet werden, besonders im Bereich
der Standardisierung der vorhandenen Methoden.
Die Allergenkennzeichnung gilt derzeit noch nicht für die
offene Abgabe, z. B. in der Gastronomie. Erste Gesetzgebungsentwürfe wurden intensiv diskutiert, insbesondere
die Frage, wie sich eine solche Regelung praktikabel umsetzen lässt. Handlungsbedarf lässt sich aus einer schwerpunktmäßig durchgeführten Untersuchungsreihe mit Lebensmitteln aus Bäckereien, Konditoreien und Eisdielen
erkennen: Produkte, welche laut Rezeptur Erdnuss- und
Haselnussbestandteile nicht enthalten sollten, wurden auf
positive Proben
diese potenziellen Allergene untersucht. In jeder zweiten
Probe waren Haselnussverunreinigungen nachweisbar,
negative Proben
Probenzahl
Kennzeichnung loser Ware
auch Erdnuss war in immerhin 7 von 89 Proben enthalten.
100
So waren in einer von 11 untersuchten Eisgrundmassen
90
(Pistazie, Haselnuss) zur Herstellung von Speiseeis 600
80
mg / kg Erdnuss nachweisbar. Die Untersuchungen zeigen,
70
dass offen abgegebene Lebensmittel nicht immer sichere
60
Lebensmittel für Allergiker darstellen.
50
40
30
Grafik:
20
Allergenuntersuchungen 2005 – lose Ware, laut Rezeptur
10
ohne Erdnuss bzw. Haselnuss
0
Erdnuss
Erdnuss
Haselnuss
Haselnuss
Allergene_lose
Untersuchungen auf 2005
Gluten
Etwa jede tausendste Person leidet in Deutschland an Zöliakie (synonym:
Sprue), einer chronischen Erkrankung des Dünndarms. Verursacht wird
Zöliakie durch bestimmte Getreideproteine, dem Gluten. Glutenhaltige
Getreidearten sind vor allem Weizen und Dinkel, Roggen, Gerste und
Hafer. Zöliakiepatienten müssen sich lebenslang von glutenfreien
Lebensmitteln ernähren. Bei verarbeiteten Lebensmitteln, wie etwa
Backwaren auf Mais oder Reisbasis ist es nicht selbstverständlich, dass
auch geringe Spuren glutenhaltiger Getreidearten nicht enthalten sind.
Hersteller von Säuglings- und Kleinkindernahrung sowie eine Reihe von
Backwaren- und Teigwarenherstellern bieten daher eigens „glutenfreie“
Produkte an, bei deren Herstellung eine Verunreinigung durch Gluten bzw.
glutenhaltigen Getreidearten unbedingt vermieden werden soll. Die Produkte
sind durch das durchgestrichene Ährensymbol erkennbar.
Symptome bereits bei sehr geringer Glutenaufnahme möglich,
aber noch keine rechtsverbindlichen Höchstmengen
Zöliakiepatienten reagieren unterschiedlich stark auf Glu-
direkt ableitbar wäre. Auch deshalb gibt es nach wie vor
ten. Teilweise können – ähnlich wie bei Lebensmittelaller-
keine gesetzlich vorgegebenen Höchstmengen für Gluten
genen – bereits sehr niedrige Glutenmengen Symptome
in „glutenfreien“ Lebensmitteln. Allerdings ist ein welt-
auslösen. Erfahrungsgemäß als tolerabel angesehen wird
weiter Standard des Codex Alimentarius in Vorbereitung,
eine Gesamtmenge von 10 mg pro Tag (laut Deutscher
der einen maximalen Glutenanteil von 20 Milligramm pro
Gesellschaft für Zöliakie). Andererseits gibt es bislang noch
Kilogramm (des getrockneten) Lebensmittels vorsieht. Na-
keine systematischen klinischen Studien, anhand derer ein
türlicherweise glutenhaltige Lebensmittel und Zutaten, bei
„Schwellenwert“ für die Empfindlichkeit der Kranken ge-
denen Gluten technologisch entfernt wurde, dürfen dage-
genüber der täglich insgesamt zugeführten Glutenmenge
gen maximal 200 Milligramm pro Kilogramm enthalten.
Lebensmittelallergene
Jahresbericht 2005
Gesundheitsgefahr durch „glutenfreie Produkte“ aus Getreidemühlen
Ware aus spezialisierten Betrieben
zumeist unauffällig
Maismehl sowie Kartoffelbratlinge wa-
dabei nicht berücksichtigt, dass Roh-
ren als „glutenfrei“ gekennzeichnet,
stoffe wie Mais sehr häufig durch an-
„Glutenfreie“ Erzeugnisse, die von
obwohl sie hohe Glutengehalte von
dere Getreidearten kontaminiert sind.
spezialisierten Herstellern stammen,
mehr als 10 000 Milligramm pro Kilo-
Nur durch strikte Trennung von gluten-
sind in der ganz überwiegenden Zahl
gramm aufwiesen. Normale Verzehrs-
haltigem Getreide, beginnend bei der
der Fälle tatsächlich auch glutenfrei.
mengen können hier bei Zöliakiepati-
Ernte bis hin zur Abfüllung, können in
Der Wert von 20 Milligramm pro Ki-
enten bereits zu Symptomen führen.
spezialisierten Betrieben wirklich glu-
logramm wurde hier in lediglich 9
Die Produkte wurden aufgrund des
tenfreie Produkte hergestellt werden.
Proben (= 6 %) überschritten; die
Zusatzes „glutenfrei“ als gesund-
Allerdings waren in beiden Fällen die
Gehalte lagen zwischen 23 und 154
heitsschädlich beurteilt. Daraufhin
Glutenanteile außergewöhnlich hoch,
Milligramm pro Kilogramm. Probleme
haben die Überwachungsbehörden
sodass hier auch fraglich war, ob die-
gab es insbesondere bei Betrieben,
veranlasst, dass die Ware umgehend
se (hohen) Anteile nicht auch in einem
die neben glutenfreien auch glutenhal-
vom Markt zurückgerufen wurde. In
normalem Mühlenbetrieb hätten ver-
tige Erzeugnisse (z. B. auch Dinkel) mit
beiden Fällen wurden Zutaten aus
mieden werden können.
teilweise denselben Produktionslini-
dem Mühlenbereich verarbeitet und
en oder im selben Betrieb verarbeiten. Trotz aufwändiger Trennungs- und
Reinigungsmaßnahmen kann offensichtlich eine geringe Kontamination
Untersuchungsergebnisse 2005
nicht immer ausgeschlossen werden.
In 20 % der insgesamt 162 untersuchten Proben
Allerdings hat sich bei einem im Vor-
„glutenfreier“ Lebensmittel war Gluten nachweis-
jahr aufgefallenen Betrieb die Situa-
bar. Allerdings war der jetzt diskutierte Grenzwert
tion – auch aufgrund der verstärkten
von 20 Milligramm pro Kilogramm nur in 12 Pro-
Eigenkontroll- und Trennungsmaßnah-
ben (= 7 %) überschritten.
men – verbessert.
< 20 mg / kg (Grenzwert)
> 20 mg / kg
> 2 000 mg / kg
11 %
7%
20 % positiv
2%
80 % negativ
Gluten 2005
109
Lebensmittelüberwachung BW
110
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Gentechnik in Lebensmitteln
25 gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP) aus Mais, Raps, Soja und Baumwolle waren Ende 2005 in der EU
zugelassen, zumeist jedoch nur für den Import und die Verarbeitung in Lebens- und Futtermitteln. Ein Anbau
findet in der EU nach wie vor nur in geringem Umfang statt. Global nahm der Anteil von GVP bei den wichtigsten Nutzpflanzen allerdings weiter zu. Mittlerweile 60 % der weltweit geernteten Sojabohnen sind gentechnisch verändert. Größere Mengen an konventioneller Ware werden derzeit aus Brasilien und China importiert,
aber auch dort zeigt der Anbau von gv-Soja steigende Tendenz. GVP können über Importe aus Anbauländern
oder durch verunreinigtes Saatgut auch in hier vermarktete Lebensmittel gelangen.
Aktuelle Informationen über Zulassungsanträge, den derzeitigen Stand des Anbaus von GVP und des Einsatzes der Gentechnik im Lebensmittelbereich sind unter www.transgen.de
zugänglich.
Kennzeichnungspflicht
Hinweise im Zutatenverzeichnis wie „aus genetisch verändertem Mais
(bzw. Sojabohnen) hergestellt“ findet man auf Lebensmitteln weiterhin
sehr selten. Trotz Einführung der neuen Kennzeichnungsregelungen, die
alle Produkte „aus GVO“ (einschließlich Futtermittel) umfassen, sind nach
wie vor kaum gekennzeichnete Lebensmittel im Handel anzutreffen: So
gut wie kein deutscher Lebensmittelhersteller will derzeit kennzeichnungspflichtige Ware vermarkten.
Abb.:
Beispiel für ein
korrekt etikettiertes japanisches
Kaum kennzeichnungspflichtige Produkte im Handel – die Ursachen
Die Untersuchungen und Betriebsüberprüfungen zeigen, dass tatsächlich kaum ein Produkt gekennzeichnet
werden muss. Dies hat mehrere Gründe:
Sojaerzeugnis
• Hersteller haben im Bereich der Zutaten aus Mais, Raps und Soja häufig weit reichende Vermeidungs- und
aus gentechnisch
Kontrollmaßnahmen festgelegt. Besonders bei importierten Erzeugnissen aus Soja wurden Identitätssiche-
veränderten
rungs- und Rückverfolgungssysteme eingeführt, um sicherzustellen, dass nur „non-GMO“-Rohstoffe verarbeitet
Sojabohnen
werden.
• Nur Anteile über 0,9 % sind definitiv kennzeichnungspflichtig: Der Grenzwert von 0,9 % wurde für den Fall eines
gleichzeitigen Anbaus von GVP und konventionellen Pflanzen (Koexistenz) bzw. der gleichzeitigen Verwendung
solcher Produkte in einem Betrieb festgelegt. Besonders Mais- und Rapsprodukte werden aus EU-Ländern
bezogen, wo praktisch noch kein Anbau stattfindet. Zwar werden auch bei Mais-Produkten in geringem Umfang
Kontaminationen festgestellt, allerdings nur im Spurenbereich (s. u.). Sind Anteile unter 0,9 % nicht „zufällig“
oder „technisch unvermeidbar“, müssen diese auch gekennzeichnet werden. Lediglich Anteile unter 0,1 % werden generell als technisch unvermeidbar angesehen und sind daher nicht kennzeichnungspflichtig. Befunde
zwischen 0,1 % und 0,9 % werden bei Soja relativ häufig festgestellt (s. u.). Allerdings reagieren die mit diesen
Befunden konfrontierten Betriebe erfahrungsgemäß rasch und erreichen über Maßnahmen wie Lieferantenwechsel oder gänzlichen Verzicht auf die Zutat, dass das Produkt nicht kennzeichnungspflichtig wird.
• Wichtige Ausnahmen in der Kennzeichnungspflicht: Anders als im Lebensmittelbereich sind (gekennzeichnete)
Futtermittel aus gv-Soja häufig anzutreffen. Allerdings unterliegen die mithilfe solcher Futtermittel erzeugten
Lebensmittel nicht der Kennzeichnungspflicht – nicht zuletzt, weil in tierischen Lebensmitteln gentechnische
Veränderungen aus dem Futtermittel nicht mehr nachweisbar sind (z. B. Fleisch, Eier, Milch). Auch Enzyme für
die Lebensmittelproduktion werden häufig aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt. Solche Verarbeitungshilfsstoffe sind im fertigen Lebensmittel nur noch in Spuren vorhanden, ihre „gentechnische
Herstellung“ ist nicht nachweisbar.
Gentechnik in Lebensmitteln
Jahresbericht 2005
111
Untersuchungsergebnisse 2005
Im Jahr 2005 wurden insgesamt 465 Lebensmittelproben
Nach der neuen Allergenkennzeichnung müssen auch ge-
auf Bestandteile aus GVP untersucht. Insgesamt wurden
ringe Mengen an Soja in der Rezeptur deklariert werden,
in 94 Fällen (= 20 %) positive Befunde erhalten. Schwer-
es sei denn, es handelt sich um unvermeidbare Spuren-
punkte der Untersuchungen waren Soja, Mais und Raps,
verunreinigungen. Dies kann nur am Ort der Herstellung
daneben wurden auch stichprobenartig Papaya und Reis
(also in Russland!) ermittelt werden.
sowie Tomaten-, Zuckerrüben- und Kartoffelerzeugnisse
auf GVP überprüft.
Gekennzeichnete Produkte bleiben vorerst Raritäten
Lediglich ein gekennzeichnetes Erzeugnis auf Sojabasis,
Sojaprodukte
eine japanische Sojabohnenpaste, wurde im Handel an-
Auch 2005 waren bei einem Drittel aller untersuchten Pro-
getroffen (s. Abbildung links).
ben (61 von 184 Proben = 33 %) Verunreinigungen durch
gentechnisch veränderte Soja nachweisbar. Sowohl der
Anteil positiver Proben insgesamt, als auch der Anteil nicht
korrekt gekennzeichneter Proben (3 % aller Proben enthielten mehr als 0,9 % gv-Soja) blieb im Vergleich mit den
Vorjahren in etwa konstant (s. Grafik).
Keine Kennzeichnung unter 0,9 %?
Immerhin 21 (entsprechend 34 % aller positiven Sojaproben bzw. 11 % aller Sojaproben) wiesen Anteile an gv-Soja
zwischen 0,2 und 0,9 % auf (s. auch Grafik). Nur „zufällige“ und „technisch unvermeidbare“ Anteile sind laut Kennzeichnungsregelung von der Kennzeichnung befreit, auch
Kennzeichnungsgrenzwert von 0,9 % nur selten
wenn diese weniger als 0,9 % betragen. So zeigen Unter-
überschritten
suchungsergebnisse bei Sojaprodukten, dass Anteile von
Pizzabelag („Pizzaschinken“) belgischer Herkunft, zumeist
0,2 % und mehr derzeit zumeist noch „technisch vermeid-
auf Geflügelbasis, war mit Sojaprotein hergestellt, welches
bar“ sein sollten. Bei allen sechs untersuchten Säuglings-
seinerseits Anteile über 0,9 % an Roundup Ready Soja ent-
und Kleinkindernahrungsprodukten auf Sojabasis sowie
hielt. Solche Formfleischerzeugnisse wurden vor allem in
bei zwei der untersuchten Reformhauserzeugnisse war
der Gastronomie angetroffen. Informationen über gentech-
gv-Soja in Anteilen zwischen und 0,2 und 0,4 % feststellbar.
nisch veränderte Soja müssen auch auf der Speisekarte
Gerade bei diesen Erzeugnissen ist im Einzelfall kritisch
erscheinen. Allerdings war für die Gastronomiebetriebe
zu hinterfragen, ob die festgestellten Anteile tatsächlich
weder aus Lieferunterlagen noch aus der Produktetiket-
zufällig und technisch unvermeidbar sind.
tierung erkennbar, dass gentechnisch veränderte Soja enthalten war.
Zwei weitere, eher „exotische“ Erzeugnisse, fielen durch
Anteile an gentechnisch veränderter Soja über 0,9 % auf:
Türkische Tortellini sowie ein russisches Keksprodukt. Bei
Letzterem war allerdings nicht einmal Soja gekennzeichnet,
geschweige denn dessen gentechnische Veränderung.
Grafik:
Anteile (in %) positiver Proben bei Soja- und Maiserzeugnissen
von 2000 bis 2004. * bisheriger und jetziger Kennzeichnungs-
Prozent
grenzwert; seit 04 / 2004
Anteile positiver Proben
Anteile von Proben über 1 bzw. 0,9 % GVP *
35
30
Soja
Mais
25
20
15
10
5
0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Gen Entwicklung 2005
2000
2001
2002
2003
2004
2005
112
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Isoflavonpräparate kennzeichnungspflichtig?
Soja-Extrakte mit Isoflavonen werden in Handel in einer
Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln angeboten. Die
Frage, ob diese Erzeugnisse tatsächlich aus nicht gentechnisch veränderter Soja hergestellt worden sind, lässt sich
über eine Analyse der Präparate nicht immer beantworten.
In zwei von 11 untersuchten Produkten war gentechnisch
veränderte Soja nachweisbar, für eine exakte Quantifizierung des Anteils reichte jedoch die Menge an vorhandener
DNA nicht aus. In diesen wie auch den weiteren Fällen wurde eine abschließende Beurteilung über eine Untersuchung
der Rohstoffe beim Hersteller veranlasst.
Maisprodukte
Auch im Jahr 2005 waren die Ergebnisse bei Maiserzeugnissen unauffällig. Waren im Vorjahr immerhin noch 26 %
aller Proben positiv, so ging dieser Anteil auf nunmehr 15 %
deutlich zurück. Die Herkunft der Mais-Rohstoffe konzent-
56 %
rierte sich weiter auf Deutschland, Frankreich und Italien.
Da in diesen Ländern derzeit kein kommerzieller Anbau
von gv-Mais stattfindet, besteht hier auch nur ein gerin-
34 %
ges Verunreinigungsrisiko. Positive Befunde waren auch
10 %
bisher nur im Spurenbereich unter 0,1 % feststellbar und
lassen sich am ehesten durch geringfügig kontaminiertes
Saatgut erklären.
Erklärbar wäre der Rückgang positiver Befunde durch
nochmals verstärkte Eigenkontrollmaßnahmen in diesem
Bereich.
Keine Spuren von nicht zugelassenem Mais Bt-10
festgestellt
Im Frühjahr 2005 wurde die EU-Kommission von den USA
Soja
Gen positiv 2004
 0,1
% GVP
unterrichtet, dass seit 2001 möglicherweise nicht zugelas-
0,2 – 0,9 % GVP
sener Bt-10-Mais versehentlich vermischt mit zugelasse-
 0,9
nem Bt-11-Mais auch in die EU exportiert worden sei.
% GVP
Nachdem die betreffende Firma die erforderlichen Daten
sowie Materialien zur Verfügung gestellt hatte, konnte auch
rückwirkend festgestellt werden, dass eine solche VerunreiMais
nigung erkannt worden wäre. Von 2001 bis 2005 waren in
keiner untersuchten Lebensmittel-Probe Anteile von Bt-11 –
und damit auch von Bt-10-Mais – nachweisbar.
100 %
Grafik:
Positive Proben –
Verteilung der
GVP-Anteile
0%
Gentechnik in Lebensmitteln
Produktgruppe
Jahresbericht 2005
113
Zahl der
Zahl der
Zahl der
Proben
Proben
Proben
untersuchten
negativen *
positiven
> 0,9 %
> 0,1 – 0,9 %
0,1 %
Proben
Proben
Proben
184
123
61
6
21
34
Sojabohnen, -kerne
14
12
2
0
0
2
Sojaschrot, -flocken, -mehl
36
23
13
0
1
12
Sojadrinks
4
2
2
0
0
2
Sojaprotein, -isolat
7
2
5
0
2
3
38
28
10
0
1
9
Sojabratlinge
3
3
0
0
0
0
Fleischerzeugnisse mit
1
1
0
0
0
0
10
1
9
4
5
0
Gesamt Soja-Erzeugnisse,
und weniger
Erzeugnisse mit Zutat Soja
Tofu und Tofu-Erzeugnisse,
Wurstwaren auf Tofubasis
Soja (Döner Kebap)
FormfleischschinkenImitate (Pizza-Belag) mit Soja
Backmischungen mit Soja
9
9
0
0
0
0
Müsli mit Soja
1
1
0
0
0
0
Feine Backwaren mit Soja
6
5
1
1
0
0
Teigwaren mit Soja
4
4
0
0
0
0
Sojasprossen
2
2
0
0
0
0
Brotaufstriche mit Soja
2
1
1
0
0
1
Säuglings- und Kleinkinder-
6
0
6
0
6
0
nahrung mit Soja
Eiweißkonzentrate auf
(max. 0,4 %)
7
1
6
0
2
4
Sojabasis, Sportlernahrung
Fertiggerichte mit Soja
Nahrungsergänzungsmittel
5
4
1
1
0
0
11
(9 )
2
(0 )
(2 )
(0 )
3
0
(2 )
1
25
0
0
25
mit Soja-Isoflavonen
Lecithin
Gesamt Maiserzeugnisse
18
162
15 (3)
137
Maiskörner, Popcorn-Mais
10
10
0
0
0
0
Maisgrieß, Maismehl
83
71
12
0
0
12
Maischips, Tortillachips
43
34
9
0
0
9
Glutenfreie Teigwaren
4
1
3
0
0
3
11
11
aus Maismehl
0
0
0
0
Maisstärke
Gemüsemais, Süßmais
3
3 (2)
0
0
0
0
Säuglings- und Kleinkinder-
3
3
0
0
0
0
5
4
1
0
0
1
nahrung mit Mais
Suppen, Soßen, Fertiggerichte
mit Zutaten aus Mais
* Die Nachweisgrenze betrug in der Regel 0,05 % Anteil gentechnisch veränderter Soja bzw. Mais (bestimmt als Anteil
gentechnisch veränderter DNA, bezogen auf die jeweilige Spezies-DNA). Überschritt die Sensitivität der Methode in einer
Probe diesen Wert deutlich oder lag er gar über dem Grenzwert von 0,9 %, wurde eine Dokumentenprüfung erforderlich
(Probenzahl in Klammern).
Tabelle:
Untersuchung von
Lebensmitteln mit
Soja und Mais
auf Bestandteile
von gentechnisch
veränderten
Organismen
Lebensmittelüberwachung BW
114
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Öko-Monitoring Soja und Mais
Keinen Unterschied zwischen ökologischen und konventio-
Gegenüber dem Vorjahr nochmals abgenommen hat der
nellen Lebensmitteln macht der aktuelle EU-Verordnungs-
Anteil positiver Proben bei Mais (2 von 29 Proben = 7 %),
vorschlag für Lebensmittel aus ökologischem Landbau
während bei Soja etwa jedes sechste untersuchte Lebens-
beim Grenzwert von 0,9 %: Auch für Bio-Produkte soll
mittel einen positiven Befund ergab.
dieser Wert nun gelten, allerdings nur dann, wenn die Verunreinigungen zufällig und technisch unvermeidbar sind.
Im Vergleich mit konventionellen Soja- und Maisprodukten
waren besonders bei Sojaprodukten Unterschiede festzustellen. Bei immerhin 15 % aller konventionellen Sojaerzeugnisse resultierten Anteile von gentechnisch ver-
Kennzeichnung „ohne Gentechnik“
änderter Soja über dem Kennzeichnungsgrenzwert von
Auch konventionelle Lebensmittel können mit der Kennzeichnung „ohne
Gentechnik“ beworben werden. Allerdings sind die gesetzlichen Anforderungen an solche Produkte bezüglich des Einsatzes der Gentechnik
sehr weit reichend und mit denen der geltenden Öko-Verordnung für
Erzeugnisse des ökologischen Landbaus vergleichbar. Deshalb werden
nur wenige Produkte, zumeist Sojaerzeugnisse, so beworben.
0,9 %.
Bei Mais gab es dagegen auch bei konventioneller Ware
nur Befunde im Spurenniveau, allerdings mit einem etwas
höheren Anteil bei den positiven Befunden (17 % aller untersuchten Proben gegenüber 7 % bei Bio-Ware).
Im Jahr 2005 gab es bei diesen Produkten keinen Grund zur Beanstandung. Nur in einer Probe wurde eine Verunreinigung durch gv-Soja festgestellt, die allerdings weniger als 0,05 % betrug und auch bei Produkten
„ohne Gentechnik“ als technisch unvermeidbar angesehen wird.
Nach der derzeitigen Öko-Verordnung gilt ein absolutes Verwendungsverbot von GVP bei Saatgut und zur Herstellung
von Öko-Lebensmitteln. Die Lebensmittelüberwachung in
Deutschland toleriert bei Öko-Produkten allerdings in der
Regel Verunreinigungen durch GVP bis zu 0,1 %. Weit entfernt ist der jetzt vorgesehene Grenzwert von den derzeit
in Öko-Lebensmitteln feststellbaren Anteilen an Verunreinigungen mit GVP: Wie auch in den beiden vergangenen
Jahren wurden bei keiner Probe GVP-Anteile über 0,1 %
Grafik:
festgestellt, sodass die Behörden in keinem Fall weiter ge-
Anteile positiver Proben: öko / konventionell
hende Ermittlungen einleiten mussten, ob ggf. ein Verstoß
(Bei Soja zusätzlich Proben „ohne Gentechnik“)
gegen die Öko-Verordnung vorlag.
Anteile positiver Proben
Prozent
Anteile positiver Proben über 0,9 % GVP
50
45
Soja
Mais
40
35
30
25
20
15
10
5
0
ökologisch
konventionell
„ohne Gentechnik“
ökologisch
konventionell
Gentechnik in Lebensmitteln
Jahresbericht 2005
Raps
Raps ist neben Soja und Mais die für den Lebensmittelbe-
Im Jahr 2005 wurde in keinem der untersuchten 19 baden-
reich wichtigste Nutzpflanze, die bei der Gentechnik bereits
württembergischen Rapshonige gentechnisch veränderte
in großem Umfang kommerziell genutzt wird. Allerdings
DNA nachgewiesen. Ganz anders war die Situation bei ka-
ist der Anbau auf Nordamerika, besonders Kanada, be-
nadischen Honigen. Entsprechend der dortigen Anbausi-
schränkt – dort weiterhin mit steigender Tendenz.
tuation waren in allen 6 untersuchten Rapshonigen Pollen
Ähnlich wie bei Mais waren früher festgestellte Verunrei-
aus gentechnisch veränderten Pflanzen nachweisbar, zu-
nigungen durch gv-Raps in europäischer Ware zumeist
meist handelte es sich um Roundup Ready Raps (GT 73).
(höchstwahrscheinlich) auf geringfügig kontaminiertes
Die Anteile an gentechnisch veränderter Erbsubstanz im
Saatgut zurückzuführen. Allerdings wurden bei Rapspro-
gesamten Raps-Pollen betrugen durchweg über 10 %. Eine
ben im Jahr 2005 – wie auch in den beiden vergangenen
Kennzeichnung ist laut einer Aussage des EU-Lebensmit-
Jahren keinerlei Verunreinigungen mehr festgestellt. Un-
telausschusses auch bei diesen Honigen allerdings derzeit
tersucht wurde Rapssaat aus Ölmühlen, da ein Nachweis
nicht erforderlich.
etwaiger gentechnischer Veränderungen im Rapsöl nicht
mehr möglich ist.
Baden-Württembergische Rapshonige –
Gentechnik kein Thema
Untersuchungen bei Ernteproben
Die Kennzeichnungs- und Zulassungsregelungen machen
keine Unterschiede mehr zwischen Futtermitteln und Lebensmitteln. Besonders bei den landwirtschaftlichen Erfassungsstellen der Mais- und Rapsernte, also weit gehend
am Ursprung der Lebensmittel- oder Futtermittelkette, können Kontrollen besonders wirksam und effektiv angesetzt
werden.
Gemeinsam mit der Futtermittelüberwachung BadenWürttembergs wird daher in einem Stichprobenprogramm
die baden-württembergischen Mais- und Rapsernte auf
eventuelle Verunreinigungen durch GVP-Bestandteile untersucht.
Bei 2 von 27 durch das CVUA Freiburg und die LUFA Augustenberg untersuchten Maisproben wurden Bestandteile aus gentechnisch verändertem Mais festgestellt. Die
nachgewiesenen Anteile waren jedoch sehr gering und beliefen sich auf weniger als 0,05 %. In diesen Größenordnungen sind Verunreinigungen durch gv-Mais als technisch
unvermeidbar und deshalb nicht kennzeichnungspflichtig
anzusehen.
Gentechnisch veränderter Raps war in keiner der 28 untersuchten Raps-Ernteproben nachweisbar.
Sonstige pflanzliche Lebensmittel
Auch weitere gv-Nutzpflanzen werden bereits kommerziell
In den Pollen, die in den natürlichen Honigen enthalten
angebaut. Der Anbau der meisten Pflanzen hat allerdings
sind, ist die Erbinformation der nektarliefernden Pflanze
nur untergeordnete oder regionale Bedeutung. Deutliche
noch vorhanden. Eine Methode zur mengenmäßigen Be-
Zuwächse sind besonders bei gv-Reis (vor allem in China)
stimmung gentechnisch veränderter DNA im Pollen von
zu erwarten.
Rapshonigen wurde Ende 2005 veröffentlicht (Deutsche
Stichprobenartig wurden insgesamt 50 Proben von Kar-
Lebensmittelrundschau 101 (12) 2005, S. 543 ff). Mit dem
toffelchips, Tomatenkonserven, Zuckerrüben, Papayas und
Verfahren können Anteile an gentechnisch veränderter Erb-
gelben Zucchini sowie von Reis aus Asia-Läden untersucht.
substanz bis hinunter auf 0,1 % nachgewiesen werden.
Bei keiner der untersuchten Proben ergaben sich im Scree-
Die Methode bietet sich in erster Linie für ein Umweltmo-
ning Anhaltspunkte auf gentechnische Veränderungen.
nitoring an: Die in den Rapshonigen durch die Sammeltätigkeit der Bienen vorhandenen Pollen repräsentieren die
jeweiligen Rapsanbauregionen.
115
Lebensmittelüberwachung BW
116
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Bestrahlung von Lebensmitteln
China bzw. Korea stammten, konnte
Positive Befunde bei asiatischen Instantnudelgerichten und türkischen
Beutelchen nachgewiesen werden.
Trockensuppen
Positive Befunde ergaben sich auch
eine Bestrahlung der Zutaten in den
bei vier Trockensuppen aus der Türkei.
Bereits in den beiden Vorjahren konnte bei einigen Instantnudelgerich-
Recherchen ergaben, dass die Tro-
ten eine Bestrahlung nachgewiesen werden. Derartige Erzeugnisse
ckensuppen wohl unter Verwendung
erfreuen sich, auch wegen ihrer schnellen Zubereitung und ihrem güns-
von bestrahlten getrockneten Kräutern
tigen Preis immer größerer Beliebtheit.
und Gewürzen hergestellt wurden.
Die Instantnudelgerichte bestehen üblicherweise aus den
2004 wurde von der EG- Kommission eine Bestrahlungs-
zumeist in einem Block getrockneten Nudeln und einem
anlage für die Bestrahlung von Lebensmitteln in der Türkei
oder mehreren Beutelchen mit Gewürzmischungen, Ge-
zugelassen (http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/
würzsalzen, Würzsaucen und Ähnlichem.
site/de/oj/2004/l_314/l_31420041013de00140015.pdf).
Im Jahr 2005 wurden insgesamt 23 Instantnudelgerichte
Das angewandte Nachweisverfahren der Thermolumines-
auf Bestrahlung untersucht. Bei vier Produkten, die aus
zenzmessung lässt bei Produkten, die neben Kräutern / Gewürzen auch noch andere Zutaten enthalten, keine Aussage
darüber zu, welche Zutaten bestrahlt wurden. Eine endgül-
Trend bei der Untersuchung von Lebensmitteln auf Bestrahlung:
tige Beurteilung konnte daher nicht vorgenommen werden.
mehr Produktgruppen betroffen
In Deutschland ist nur die Bestrahlung von getrockneten,
Nach den Ergebnissen der Untersuchungen im baden-württembergi-
aromatischen Kräutern und Gewürzen unter Kenntlichma-
schen Zentrallabor für den Bestrahlungsnachweis im CVUA Karlsruhe
chung zulässig. Für den Fall, dass nur die verwendeten
nimmt die Anzahl der Produktgruppen, bei denen eine Bestrahlung nach-
Kräuter / Gewürze bestrahlt wurden, ist zu prüfen, ob die
gewiesen werden konnte, in den letzten Jahren zu. Der Prozentsatz der
Behandlung in einer für diesen Zweck zugelassene Bestrah-
untersuchten Lebensmittel, bei denen diese Behandlung nachgewiesen
lungsanlage stattgefunden hat. Entsprechende Vorgaben
werden konnte, ist jedoch nach wie vor gering (2005: 2 %).
finden sich in der Lebensmittelbestrahlungs-Verordnung
bzw. EG-Rahmenrichtlinie 1999 / 2.
Tabelle:
Ergebnisse der
Lebensmittel, die
2005 auf Bestrahlung untersucht
wurden
Lebensmittelgruppe
Summe der untersuchten
davon nicht bestrahlt
davon bestrahlt
Lebensmittelproben
Kräuterkäse
15
15
0
Kräuterbutter
4
4
0
Eier und Eiprodukte
3
3
0
Fleisch (einschließlich gefrorenem Fleisch,
2
2
0
Fleischerzeugnisse (außer Wurstwaren)
5
5
0
Wurstwaren
5
5
0
Fisch, Fischerzeugnisse
14
14
0
Krustentiere, Schalentiere, Muscheln u. a.
36
35
1
17
13
4
1
1
0
10
10
0
Süßkartoffeln
1
1
0
Frisches Gemüse, Salat
4
4
0
Getrocknetes Gemüse, Gemüseerzeugnisse
21
21
0
Pilze, getrocknet
32
32
0
Frisches Obst
22
22
0
Trockenobst oder Obsterzeugnisse
4
4
0
Ingwer, kandiert
1
1
0
Tees bzw. teeähnliche Erzeugnisse
11
11
0
Fertiggerichte, zubereitete Speisen
25
21
4
Nahrungsergänzungsmittel
18
17
1
253
253
0
504
494
10
außer Geflügel, Wild)
Wassertiere sowie deren Erzeugnisse
Suppen und Soßen
Teigwaren
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Schalenobst
Gewürze, Kräuter, einschließlich Zubereitungen und Gewürzsalz
Gesamt
Bestrahlung von Lebensmitteln / Radiochemische Untersuchungen
Jahresbericht 2005
117
Radiochemische Untersuchungen
Als Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in der Ukraine kam es 1986 auch in Deutschland zu teilweise erheblichen Kontaminationen mit künstlichen Radionukliden. Besonders betroffen vom radioaktiven Niederschlag (Fallout) waren in Baden-Württemberg der Raum Oberschwaben sowie in Bayern Gebiete südlich
der Donau. Um bei möglichen Ereignissen dieser Art in der Zukunft besser reagieren zu können (z. B. frühzeitiges Einbringen der Ernte, Abdecken von Freilandkulturen, Empfehlungen an die Öffentlichkeit), beschloss der
Bundestag 1986 die Einrichtung des bundesweiten Radioaktivitätsmessnetzes IMIS (= Integriertes Mess- und
InformationsSystem zur Überwachung der Umweltradioaktivität). Die CVUAs Freiburg und Stuttgart sind als
Landesmessstellen für Baden-Württemberg in dieses System eingebunden und untersuchen für das Bundesmessprogramm jährlich mehr als 800 Lebensmittel- und Futtermittelproben.
Die aktuellen Messergebnisse sind in Form von Karten und Diagrammen über das Internet beim Bundesamt
für Strahlenschutz abrufbar: www.bfs.de
. Dort finden sich auch umfangreiche Erläuterungen und gegebe-
nenfalls entsprechende Empfehlungen an die Bevölkerung. IMIS wertet die Daten im Normalbetrieb täglich,
im Ereignisfall alle 2 Stunden aus.
Probenzahlen und Ergebnisse
Im Jahr 2005 wurden in Baden-Württemberg 1085 Lebens-
Untersuchungen machten die gammaspektrometrischen
mittel-, Trinkwasser-, Futtermittel- und Bodenproben auf ih-
Analysen auf radioaktives Cäsium aus (Cs-137, Cs-134). Wie
ren Radioaktivitätsgehalt untersucht. Davon erfolgten neben
die folgende Tabelle zeigt, ist die Kontamination mit radio-
den etwa 800 Messungen für das Bundesmessprogramm
aktivem Cäsium bei den meisten Lebensmitteln nur noch
(s. o.) fast 300 weitere Probenmessungen im Rahmen der
sehr gering. Gehalte über dem Grenzwert sind teilweise
amtlichen Lebensmittelüberwachung. Den größten Teil der
jedoch noch bei Wild festzustellen.
Bezeichnung
Probenzahl
Gesamt
davon
davon
EU-Ausland
Drittländer
Cs-137 + Cs-134 (Bq / kg FM)
Proben über Proben über
600 Bq/kg
min.
max.
Gewürze, getr. Kräuter
22
4
17
0,10
0,82
3
1
1
1
0,10
0,37
2
86
6
1
Süßwasserfisch
22
1
Getreide, -Erzeugnisse,
94
4
Wild (überw. Wildschwein)
37
auf radioaktives
mitteln, Futtermit-
95
222
Fleisch (ohne Wild)
Untersuchungen
Cäsium in Lebens-
Nachweisgrenze
Milch, -Erzeugnisse, Käse
Tabelle:
23
0,10
167
0,17
teln und Böden
1,8
5 636
14
0,16
7,1
4
7
0,10
1,1
Kartoffeln
Gemüse, -Erzeugnisse
105
2
5
0,15
Pilze, -Erzeugnisse
38
1
26
27
0,17
146
Obst, -Erzeugnisse
137
2
3
11
0,22
79
2
1
< 0,10
Hülsenfrüchte, Ölsamen,
2
0,45
0,29
Nüsse
Honig, Brotaufstriche
6
6
0,42
24
6
0,02
Gesamtkost-Tagesration
103
38
0,04
Trinkwasser, Rohwasser,
35
Kleinkindnahrung
3
40,4
0,76
2,0
< 0,01
Mineralwasser
Sonstige Lebensmittel
17
Lebensmittel gesamt
988
8
40
53
5
37
0,45
0,94
328
Cs-137 + Cs-134 (Bq / kg TM)
Futtermittel
76
Böden
21
Futtermittel gesamt
97
Gesamtprobenzahl
1085
1
3
9
25
0,11
39
21
7,3
116
FM = Frischmasse
TM = Trockenmasse
Lebensmittelüberwachung BW
118
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Wildfleisch, Wildpilze
Die Kontamination von heimischem Wildfleisch, insbeson-
gramms Wildbret stichprobenartig durch die Chemischen
dere Wildschweinfleisch, ist immer noch deutlich messbar.
und Veterinäruntersuchungsämter Freiburg und Stuttgart
In Baden-Württemberg wurden Gehalte für Gesamtcäsium
untersucht, um in einem sozusagen selbstverdichtenden
von nicht nachweisbar (< 0,2 Bq / kg) bis 5 636 Bq / kg bei
Messprogramm mögliche weitere Belastungsgebiete zu
einer Wildschwein-Probe aus dem Raum Schluchsee fest-
erkennen. Weiterhin werden Proben aus Gaststätten und
gestellt. Wild mit einem Gesamtcäsium-Gehalt von mehr
Metzgereien untersucht. Die aktuellen Messergebnisse
als 600 Bq / kg ist nach EU-Recht als nicht sicheres Lebens-
werden in Form von Karten und Tabellen monatlich im In-
mittel zu bewerten und darf nicht in den Handel kommen.
ternet veröffentlicht unter www.cvua-freiburg.de
Gründe für die große Spannbreite der gefundenen Cäsium-
unter www.untersuchungsämter-bw.de
Gehalte sind zum einen die regional verschiedenen Kontaminationen durch den Tschernobyl-Fallout sowie das jeweils bestehende Nahrungsangebot. Besonders Nahrungsbestandteile aus dem Boden (z. B. Hirschtrüffel) können
zu hohen Cäsium-Gehalten im Wildschweinfleisch führen.
Die Landesregierung Baden-Württemberg hat deshalb im
Jahr 2005 ein umfangreiches 3-stufiges Überwachungsprogramm installiert. Danach müssen in den als belastet erkannten Gebieten alle Wildschweine vor ihrer Vermarktung
auf Radioaktivität untersucht werden, und zwar in eigener
Verantwortung der Jäger. Zusätzlich wird in den übrigen
bzw.
Manche Wildpilzarten, insbesondere bestimmte Röhrlinge, sind bekannt für ihre Fähigkeit, Cäsium anzureichern.
Aus Artenschutzgründen dürfen heimische Wildpilze in
Baden-Württemberg nicht gehandelt werden und sind
für die Lebensmittelüberwachung kaum zugänglich. Die
Untersuchungsämter bekommen daher Probenmaterial
fast nur durch Pilzsammler. Im Jahr 2005 war die Zahl der
privaten Pilzeinsendungen nur gering. Höchstmengenüberschreitungen wurden weder bei heimischen noch bei
importierten Pilzen festgestellt.
Regionen im Rahmen eines amtlichen Monitoringpro-
Strontium-90
Bei 107 Lebensmittel-, Futtermittel- und Bodenproben wur-
Radionukliden (Plutonium, Uran) kontaminiert. Sr-90 ist als
de außerdem der Strontium-90-Gehalt bestimmt (Sr-90).
reiner Beta-Strahler nicht mit der Gammaspektrometrie
Geringe Mengen dieses Spaltproduktes, das hauptsächlich
erfassbar, sondern muss, wie auch die meisten Alpha-
in den 50er- und 60er-Jahren durch oberirdische Kernwaffen-
Strahler, vor der Messung relativ aufwändig aus der Pro-
tests in die Atmosphäre gelangte, lassen sich noch heute
be isoliert werden. Die Untersuchungsergebnisse zeigen,
in den meisten Lebensmitteln nachweisen. Sr-90 verhält
dass die nahrungsbedingte Dosisbelastung durch Sr-90 nur
sich chemisch ähnlich wie Calcium und wird deshalb vom
noch sehr gering ist (siehe auch unter „Durchschnittliche
Körper besonders während der Wachstumsphase fest in
Gesamtbelastung“). Die gesamte Jahresaufnahme an Sr-
die Knochensubstanz eingebaut, wo es mit einer Halbwert-
90 über die Nahrung lag für eine erwachsene Person im
zeit von 30 Jahren seine schädigende Wirkung entfalten
Jahr 2003 bei rund 32 Becquerel (Bq). Im Jahre 1963 be-
kann. Durch den Kraftwerksunfall von Tschernobyl wurden
trug die durchschnittliche Sr-90-Jahresaufnahme noch 412
jedoch die entfernteren Regionen wie z. B. Deutschland
Bq pro Person.
nur unwesentlich mit Sr-90 und anderen schwerflüchtigen
Tabelle:
Untersuchungen
Bezeichnung
Probenzahl
auf Strontium-90
Sr-90 (Bq/kg)
min.
Milch, Milcherzeugnisse, Käse
Süßwasserfisch
Getreide, -Erzeunisse, Kartoffeln
Gemüse, -Erzeunisse
Obst, Obstprodukte
max.
20
0,008
0,10
3
0,03
0,05
16
0,03
0,22
9
0,06
0,43
11
0,01
0,38
Kleinkindnahrung
6
0,002
0,014
Gesamtnahrung
24
0,04
0,11
6
< 0,003
0,003
Trinkwasser, Rohwasser, Mineralwasser
Gesamt
93
Futtermittel (TM)
8
0,3
5,4
Böden (TM)
6
0,2
4,0
Gesamt
14
Radiochemische Untersuchungen
Jahresbericht 2005
119
Gesamte Strahlenbelastung durch die Nahrung
Proben aus dem Bereich
der Landwirtschaft
Natürliche Radionuklide
An der durchschnittlichen Strahlenbe-
Futtermittel
zität mancher natürlicher Radionuklide
lastung der Bevölkerung hat die Nahrung nur einen Anteil von ca. 10 %.
Dabei leisten nicht die künstlichen
Radionuklide wie z. B. das Cäsium-137,
sondern die natürlichen Radionuklide
wie Blei-210, Radium-228, Radium-
Im Gegensatz zu Lebensmitteln werden die Aktivitätsgehalte von landwirtschaftlichen Proben auf Trockenmasse
Wegen der relativ hohen Strahlentoxiwurden einige ausgewählte Lebensmittel auch auf den Gehalt an Radiumund Blei-Isotopen untersucht.
bezogen, sodass die Werte zunächst
Der Verzehr von täglich 25 g Paranüs-
höher erscheinen. Rechnet man bei
sen mit 89,8 Bq Gesamtradium / kg
pflanzlichen Materialien mit einem Tro-
würde bei Jugendlichen etwa zu ei-
ckensubstanzgehalt von ca. 10 %, so
ner Verdoppelung der jährlichen natür-
sind die gemessenen Aktivitäten mit
lichen Strahlendosis führen. Von dem
denen der Nahrungsmittel vergleich-
ebenfalls sehr strahlenwirksamen
Grenzwerte
bar. Die Cs-137-Konzentrationen von
Pb-210 werden nur sehr geringe An-
Grasproben betrugen durchschnittlich
teile über den Aufguss des genann-
Nach der Verordnung (EWG) Nr.
5 Bq / kg TM mit einem Maximum von
ten Brennnesseltees aufgenommen.
737 / 90 dürfen Lebensmittel aus
38 Bq / kg TM. Die Sr-90-Werte lagen
Die jährliche Strahlenbelastung wird
bestimmten Nicht-EU-Ländern nur
zwischen 0,3 und 5,4 Bq / kg TM. Die
auf diesem Wege nicht nennenswert
dann importiert werden, wenn der
Radiocäsiumgehalte aller anderen Fut-
erhöht.
Grenzwert für Cäsium-134+137 nicht
termittel (Kartoffeln, Grünmais, Getrei-
überschritten ist. Dieser beträgt 370
de) lagen meist unterhalb der Nach-
Bq pro kg bei Milchprodukten und
weisgrenze von 0,5 Bq / kg TM.
226 und Kalium-40 derzeit den größten Beitrag zur nahrungsbedingten
Strahlendosis.
Kleinkindernahrung bzw. 600 Bq pro
kg bei allen übrigen Lebensmitteln. In
Deutschland werden Lebensmittel,
welche die genannten Grenzwerte
überschreiten, von der Überwachung
als nicht sicher im Sinne von Art. 14
Abs. 2 Nr. 2b der Verordnung (EG)
178 / 2002 und damit als nicht verkehrsfähig beanstandet.
Böden
Messprogramm
„Natürliche Radionuklide
in Trinkwasser“
Höhere Gehalte an natürlichen Radio-
Die Radiocäsiumkontamination der
nukliden können auch im Trinkwasser
Böden zeigt das Aktivitätsmuster,
vorkommen. Baden-Württemberg
wie es seit dem Tschernobyl-Unfall
beteiligt sich daher mit eigenen Pro-
bekannt ist. Die Gehalte nehmen nur
benahmen an einem umfangreichen
sehr langsam ab, sodass die Aktivitä-
Messprogramm des Bundesamtes
ten auf dem Niveau der Vorjahre lie-
für Strahlenschutz (BfS) in Berlin. Von
gen. Der gemessene Maximalwert
etwa 60 Entnahmestellen werden je-
betrug 116 Bq / kg.
weils Proben des Rohwassers und des
aufbereiteten Wassers entnommen
und beim BfS untersucht. Ergänzend
dazu werden weitere Proben durch
das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg analysiert.
Bezeichnung
Probenzahl
Ra-226 + Ra-228
Pb-210
min.
max.
0,159
Gesamtnahrung
10
0,01
Nuss-Mischung
5
0,47
Paranüsse
1
Müsli
1
0,13
Brennnesseltee
1
1,63
Einheit
Tabelle:
Untersuchungen
auf Radium- und
Bq / Tag
11,5
Bq / kg
89,8
Bq / kg
Bq / kg
7,23
Bq / kg
Blei-Isotope
Lebensmittelüberwachung BW
120
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Dioxine und dioxinähnliche PCB
Was sind Dioxine?
Unter dem Begriff Dioxine werden 210 chemische Verbindungen mit einer ähnlichen Struktur zusammengefasst: 75 polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und 135 polychlorierte Dibenzofurane (PCDF). Dioxine
gehören zu den giftigsten chlororganischen Verbindungen. Durch ihre gute Fettlöslichkeit und ihre Langlebigkeit reichern sie sich in der Nahrungskette an. Nach heutiger Kenntnis nimmt der Mensch diese Substanzen
fast ausschließlich über die Nahrung auf. Mit Dioxinen belastete Lebensmittel können daher für die Verbraucher ein gesundheitliches Risiko darstellen. Bestimmte polychlorierte Biphenyle (PCB) weisen dioxinähnliche
Eigenschaften auf und sind daher ebenfalls in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Den dioxinähnlichen PCB
werden wie den Dioxinen Toxizitätsäquivalente (TEQ) zugeordnet, die diese PCB-Kongenere gemäß ihrer Toxizität im Vergleich zum 2,3,7,8-TCDD einstufen. Ein Expertengremium unter der Leitung der WHO hat für vier
non-ortho und acht mono-ortho PCB Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) festgesetzt. Ab November 2006 gelten
Höchstgehalte nicht nur für Dioxine, sondern auch für den Gesamt-TEQ-Gehalt (als Summe der Toxizitätsäquivalente von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB). Zusätzlich zu den bestehenden Auslösewerten für Dioxine
werden separate Auslösewerte für dioxinähnliche PCB in Kraft treten.
Insgesamt wurden 738 Proben untersucht, hiervon 596
Untersuchungen lag bei Eiproben. Die weitaus meisten der
Lebensmittel, eine Probe Humanmilch, 3 Bodenproben,
596 Lebensmittelproben, die nicht im Rahmen von Sonder-
134 Futtermittel (siehe Kapitel Futtermittel) und Graspro-
programmen erhoben wurden, zeigten die auch in früheren
ben und ein Bedarfsgegenstand. Bis auf zwei Ausnahmen
Jahren für die jeweiligen Matrices festgestellten Dioxinge-
wurden bei allen Lebensmittelproben nicht nur Dioxine,
halte. Ergänzend wurden umfangreiche Untersuchungen
sondern auch dioxinähnliche PCB bestimmt. Bei den Fut-
auf dioxinähnliche PCB im Hinblick auf die ab November
termitteln wurde bei 42 Proben zusätzlich auf dioxinähn-
2006 zusätzlich gültigen Höchstmengen und Auslösewerte
liche PCB untersucht. Ein wesentlicher Schwerpunkt der
durchgeführt.
Milch und Milchprodukte
Tabelle:
Dioxin in Milch
und -produkten
(in pg WHOPCDD / F-TEQ / g
Fett)
Produkt
Probenzahl
Niedrigster Wert
Median
Mittelwert
Höchster
Wert
Milch
83
0,13
0,29
0,30
0,81
Butter
58
0,13
0,28
0,29
0,59
Joghurt, Sahne
19
0,20
0,30
0,31
0,52
Käse
11
0,24
0,38
0,52
1,72
Die festgestellten Gehalte in den
Die obere Tabelle stellt die Unter-
Ergänzend werden in der unteren Ta-
suchungsergebnisse von Milch und
belle die Gehalte der dioxinähnlichen
Milchproben unterschritten den zu-
Milchprodukten (in pg WHO-PCDD / F-
PCB dargestellt. Der Beitrag der dio-
künftig geltenden Auslösewert und
die Gesamthöchstmenge.
TEQ /g Fett) von sämtlichen untersuch-
xinähnlichen PCB zu den Gesamt-TEQ
ten Proben (insgesamt 171 Proben)
ist bei Milch und Milchprodukten etwa
zusammen. Diese Werte sind mit der
doppelt so hoch wie der Beitrag der
zulässigen Höchstmenge von 3 pg
Dioxine und Furane. Im November
WHO-PCDD / F-TEQ / g Fett bzw. dem
2006 tritt ein Auslösewert von 2 pg
Auslösewert von 2 pg WHO-PCDD / F-
WHO-PCB-TEQ / g Fett und eine Ge-
TEQ / g Fett zu vergleichen.
samthöchstmenge von 6 pg WHOPCDD / F-PCB-TEQ / g Fett in Kraft.
Tabelle:
Dioxinähnliche
PCB in Milch
und -produkten
(in pg WHO-PCBTEQ / g Fett)
Produkt
Probenzahl
Niedrigster Wert
Median
Mittelwert
Höchster Wert
Milch
83
0,52
0,88
0,94
1,73
Butter
57
0,14
0,66
0,68
1,14
Joghurt, Sahne
19
0,49
0,64
0,65
0,87
Käse
11
0,21
0,62
0,70
1,79
Dioxine und dioxinähnliche PCB
Jahresbericht 2005
Eier
Bei Eiern können erhöhte Dioxinbefunde auch dann auf-
Dabei traten nicht nur vermehrt Höchstmengenüberschrei-
treten, wenn Legehennen auf Böden gehalten werden,
tungen bei Eiern von Kleinsthühnerhalter aus industriel-
die nur leicht erhöhte Dioxinverunreinigungen aufweisen.
len Ballungsgebieten auf, sondern in Einzelfällen auch bei
Zusätzlich zur Aufnahme aus Futtermitteln können bei Aus-
so genannten Hintergrundgebieten (siehe Jahresbericht
laufhaltung Spurenanteile an Dioxinen und dioxinähnlichen
2004).
polychlorierten Biphenylen (PCB) durch Picken im Boden
aufgenommen werden. Dabei sind Hühner besonders
sensible Bioindikatoren, da sie im Vergleich zu anderen Tieren in Bezug auf ihr Körpergewicht
mehr Boden als andere Tiere aufnehmen. Auch Stallungen und Einstreu
können bei erhöhten Dioxingehalten im Ei eine Rolle spielen. Bei
Untersuchungen von Eiern aus
Kehl und einer Vergleichsregion
im Jahr 2004 hatten sich Eier aus
Kleinsthühnerhaltung als möglicherweise besonders kritisch im Hinblick
auf Dioxingehalt gezeigt.
Sonderprogramm „Eier aus Freilandhaltung der 20 größten Betriebe in Baden-Württemberg“
Zur Sicherstellung des Schutzes der
Fett. Bei allen anderen Betrieben lag
Die damit vorliegenden Ergebnisse
Verbraucher (auch unter dem Ge-
der höchste Gehalt bei 1,05 pg WHO-
bestätigten die bisherigen Erkennt-
sichtspunkt der wirtschaftlichen Be-
PCDD / F-TEQ / g Fett. Diese Daten un-
nisse, dass Freilandeier aus Großbe-
deutung und der Marktanteile ver-
terscheiden sich praktisch nicht von
trieben in der Regel klar unterhalb der
schiedener Betriebsgrößen) führte
den Daten von etwa 225 Proben aus
ab 1. Januar 2005 auch für Freilandeier
das CVUA Freiburg Anfang 2005 ein
Käfighaltung, die das CVUA Freiburg
gültigen zulässigen Höchstmenge für
Sonderprogramm zur Untersuchun-
in den Jahren 2000 bis 2004 unter-
Dioxine liegen und nur in Einzelfällen
gen von Eiern aus Freilandhaltung
sucht hat.
Überschreitungen festzustellen sind.
der 20 größten Betriebe aus Baden-
In Bezug auf dioxinähnliche PCB lag
Württemberg durch. Unter den 20
der höchste Gehalt bei 1,48 pg WHO-
Betrieben waren acht Öko-Betriebe.
PCB-TEQ / g Fett; die übrigen 19 Pro-
In diesem Sonderprogramm sollte
ben wiesen Gehalte unter 1 pg WHO-
primär auf Dioxine und dioxinähnliche
PCB-TEQ / g Fett auf (Bereich 0,11 bis
PCB geprüft werden.
0,92). Damit lagen auch die Gehalte
Die nachfolgende Tabelle stellt die Un-
an dioxinähnlichen PCB im Bereich
Tabelle:
tersuchungsergebnisse zusammen.
der üblichen Hintergrundbelastung
Untersuchungen von Eiern aus
Von den 20 Proben lag eine Probe mit
und unterhalb der für dioxinähnliche
Freilandhaltung der 20 größten
4,0 pg Dioxin je Gramm Eifett knapp
PCB vorgesehen Auslösewerte und
Betriebe in Baden-Württemberg
über der zulässigen Dioxin-Höchst-
damit deutlich unterhalb der zukünf-
(jeweils in pg TEQ / g Fett)
menge von 3 pg WHO-PCDD /F-TEQ /g
tigen Höchstmenge.
Gesamt-WHO-TEQ
WHO-TEQ PCB
WHO-TEQ PCDD / F
PCB + PCDD / F
Anzahl
20
20
20
Minimum
0,23
0,11
0,11
Median
0,57
0,29
0,26
Mittelwert
0,90
0,40
0,51
95 % -Perzentil
2,63
0,95
1,20
Maximum
4,60
1,48
4,00
121
Lebensmittelüberwachung BW
122
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Sonderprogramm „Eier aus Kleinstbetrieben“
Höchstmengenüberschreitungen bei Dioxinen betreffen
Unter Berücksichtigung der Messunsicherheit würden fol-
nach aktuellen Erkenntnissen der Lebensmittelüberwa-
gende Anteile die künftige Gesamt-Höchstmenge über-
chung vor allem Kleinsthaltungen mit Auslauf, in denen
schreiten:
durch Picken und Scharren lokale Dioxin-Rückstände aufgenommen werden. Dadurch können sich Dioxine im Fettgewebe anreichern, die dann auch in die Eier gelangen.
Das CVUA Freiburg hat daraufhin ab Sommer 2005 ein
•
0 % der Betriebe mit mehr als 200 Hennen,
• 36 % der Betriebe mit 30 bis 200 Hennen,
• 78 % der Betriebe mit weniger als 30 Hennen.
weiteres Sonderprogramm zur Untersuchung von Eiern
Ein wesentliches Ergebnis ist somit, dass besonders bei Ei-
aus Kleinsttierhaltungen auf Dioxine und dioxinähnliche
ern von Kleinstbetrieben überdurchschnittlich hohe Gehalte
PCB durchgeführt, um mehr über die Ursachen der spe-
an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB auftreten.
ziellen Belastungssituation bei Eiern aus Kleinstbetrieben
zu erfahren und eine gesicherte Datengrundlage für eine
Strategie zur Minimierung der Rückstandssituation entwickeln zu können.
Bei der Beurteilung muss selbstverständlich ferner berücksichtigt werden, dass die zugrunde liegende Datenmenge
immer noch beschränkt ist und bei größeren Probenzahlen
kleinere Abweichungen der hier ermittelten prozentualen
Von besonderem Interesse war die Untersuchung von
Anteile möglich sind. Zusammenfassend bestätigen diese
Eiern aus Kleinstbetrieben (< 200 Tiere) mit intensivem
Zahlen jedoch bereits frühere Erkenntnisse, wonach Aus-
Auslauf. Insgesamt wurden 95 Proben aus allen Landkrei-
laufhaltungen in Kombination mit sehr kleinen Betriebs-
sen Baden-Württembergs untersucht. Hiervon waren 77
größen in Bezug auf Legehennenhaltung das Risiko für
Proben (81 %) aus Auslaufhaltung. 55 Proben stammten
Überschreitung der zulässigen Höchstmengen für Dioxine
aus Betrieben mit etwa 30 bis 200 Hennen, während 18
und dioxinähnliche PCB steigern können.
Proben aus Kleinsttierhaltungen mit weniger als 30 Hennen und 4 Proben aus Betrieben mit mehr als 200 Hennen
stammten.
29 % der Proben aus Auslaufhaltung lagen nominell oberhalb der zulässigen Höchstmenge für Dioxine (3 pg WHOPCDD / F-TEQ / g Fett).
Für dioxinähnliche PCB wurden die ab 4. November 2006
geltende EU-Regelungen herangezogen. 58 % der Eier aus
Auslaufhaltung lagen nominell über 2 pg WHO-PCB-TEQ /g
Grafik:
Fett und 51 % der Proben über 6 pg WHO-PCDD / F-PCB-
Dioxinbelastung (Median) von Eiern aus intensiver
TEQ / g Fett.
Auslaufhaltung differenziert nach Betriebsgröße
Einen wichtigen Hinweis lieferte die Differenzierung nach
(Proben nur von 2004 und 2005)
Größe der Betriebe mit Auslaufhaltung: Ohne Berücksichtigung der Messunsicherheit lagen 25 % der Proben aus
Betrieben > 200 Hennen oberhalb des zukünftigen EU- Gesamtgrenzwertes von 6 pg WHO-PCDD /F-PCB-TEQ /g Fett,
44 % der Proben von Betrieben mit 30 bis 200 Hennen und
pg / TEQ / g Fett
78 % der Betriebe mit weniger als 30 Hennen.
WHO-PCDD / F-TEQ
WHO-PCB-TEQ
Gesamt-WHO-TEQ
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
< 20
21 – 99
Dioxin_Eier 2005
100 – 999
≥ 1 000
k. A.
Anzahl Hühner
Dioxine und dioxinähnliche PCB
Jahresbericht 2005
Zusammenfassende Auswertung von Eiproben aus intensiver Auslaufhaltung in Abhängigkeit
von der Betriebsgröße (Proben aus 2004 und 2005)
Für eine statistische Auswertung wurden 195 Eiproben aus
Aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes sind
intensiver Auslaufhaltung, die im Untersuchungszeitraum
Maßnahmen erforderlich, um den Dioxin- und PCB-Eintrag
2004 – 2005 unter verschiedensten Gesichtspunkten er-
zu minimieren. Deshalb wurden die betroffenen Betriebe
hoben worden waren, zusammengefasst. Hiervon war bei
umfassend informiert, damit ein ausreichendes Problem-
131 Proben die Betriebsgröße bekannt. Diese Auswertung
bewusstsein geschaffen wird und geeignete Eigenkon-
belegt eine klar erkennbare Abhängigkeit der Gehalte an
trollmaßnahmen und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen
Dioxinen und dioxinähnlichen PCB von der Betriebsgröße,
eingeleitet werden können. Der Auslauf der Hühner und
die in der Grafik links unten dargestellt ist (k. A. = keine
ihre Stallungen sollten kritisch unter die Lupe genommen
Angabe zur Betriebsgröße):
und mögliche Ursachen für eine Verunreinigung abgestellt
Die Grafik zeigt, dass Überschreitungen der Höchstgehalte
werden.
(für Dioxine 3 pg WHO-PCDD /F-TEQ /g Fett, für die Summe
Zur Unterstützung veröffentlichen die Unteren Verwaltungs-
aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB 6 pg WHO-PCDD /F-
behörden entsprechende Informationen und bieten Merk-
PCB-TEQ /g Fett [gültig ab 4. November 2006]) auf Betriebe
blätter, Informationsveranstaltungen und Beratungen an.
mit geringer Hühnerzahl beschränkt sind.
Gesundheitliche Bewertung
Etwa 90 % bis 98 % der Dioxinexposition des Menschen geht auf Lebensmittel zurück. Lebensmittel tierischen
Ursprungs sind bei den üblichen Verzehrsgewohnheiten in Deutschland in der Regel für etwa 90 % der Gesamtexposition verantwortlich. Daher ist es wichtig und für den Verbraucherschutz unerlässlich, die lebensmittelbedingte
Dioxinexposition des Menschen zu senken. Die Festsetzung von Höchstgehalten für Dioxine und dioxinähnliche
PCB in Lebensmitteln ist Teil einer Strategie, eine unannehmbar hohe Exposition der Bevölkerung und den Vertrieb unannehmbar stark kontaminierter Lebensmittel – beispielsweise durch versehentliche Verunreinigung oder
Exposition – zu vermeiden.
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vom 17. Januar 2005:
„Der gelegentliche Verzehr von Eiern, bei denen diese Höchstgehalte überschritten sind, stellt noch keine akute
Gesundheitsgefährdung dar. Es gibt deshalb keine Notwendigkeit, auf den Verzehr von Eiern aus Freilandhaltung
zu verzichten, da sie in der Regel nur einen vergleichsweise kleinen Anteil an der aufgenommenen Dioxinbelastung des Menschen über Nahrungsmittel haben. Eine Ausnahme stellen besonders hoch belastete Eier dar.
Diese sollten nicht verzehrt werden. Das gilt auch für Selbstversorger.“
Maßnahmen
Kleinsttierhaltungen dienen bevorzugt der Selbstversorgung; Eier aus diesen Betrieben kommen selten in die
Vermarktung. Hierdurch kommt es anders als bei Verbrauchern, die Lebensmittel wechselnder Herkunft einkaufen,
zu einer gleichbleibenden Aufnahme über längere Zeiträume hinweg. Insofern dienten die durchgeführten Untersuchungsprogramme auch dem gesundheitlichen Schutz der Kleinsttierhalter, die möglicherweise unwissentlich
stark erhöhte Dioxingehalte mit den in ihrem Betrieb erzeugten Eiern aufnehmen.
123
124
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Schwermetalle und toxische Spurenelemente
Die Minimierung der in Lebensmitteln in Spuren enthaltenen Schwer-
Diese Gehalte wurden jedoch nur in
metalle Blei, Cadmium und Quecksilber spielt seit langem eine wichtige
Einzelfällen erreicht bzw. überschrit-
Rolle für den gesundheitlichen Verbraucherschutz. Neben diesen und
ten. In der Regel liegen die ermittelten
anderen mehr oder weniger gesundheitsschädlichen Schwermetallen
Konzentrationen deutlich unter diesen
gibt es aber auch viele Elemente, deren Aufnahme für den Erhalt der
Werten.
menschlichen Gesundheit notwendig ist. Bestimmte Elemente können
Das recht selten auftretende Element
aber auch zur Charakterisierung von Lebensmitteln (z. B. Weine, Säfte,
Thallium war in bedenklichen Konzen-
Separatorenfleisch) herangezogen werden.
trationen in einem Mineralwasser und
Aus diesen Gründen wurden in 5 347 Proben insgesamt 41 964 Ele-
einem Tafelwasser vorhanden. Durch
mentbestimmungen durchgeführt. Das Untersuchungsspektrum
umfasste dabei 32 verschiedene Elemente. Diese Zahlen
belegen, dass sowohl die Anzahl der Proben, als auch die
Aufbereitungsmaßnahmen des Wassers wurde dieses Problem behoben.
Anzahl der einzelnen Bestimmungen in diesem Bereich
Im Jahr 2005 sind besonders Mineral-
in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht wurden.
wässer, die die Auslobung „Geeignet
Dies war nur durch die konsequente Nutzung mo-
für die Zubereitung von Säuglingsnah-
dernster Analysetechniken zu erreichen.
rung“ tragen, ins Blickfeld gerückt. An
die Zusammensetzung dieser Mine-
Die Belastung von Lebensmitteln
ralwässer werden besondere Anforderungen gestellt. Da
mit den toxischen Schwermetallen
auch hier bislang kein Grenzwert für Uran existiert, wurde
Blei, Cadmium und Quecksilber kann
gefordert, dass Uran in diesen Produkten nicht nachweis-
weiterhin als gering angesehen wer-
bar sein sollte. Aufgrund der niedrigen Nachweisgrenze
den. Lediglich zwei Proben getrockne-
der eingesetzten modernen Messgeräte hätte dies prak-
ter Shiitake-Pilze wiesen Cadmiumgehalte
tisch eine Nulltoleranz zur Folge gehabt, die aufgrund der
auf, die über dem entsprechenden Höchstwert
Herkunft der Mineralwässer aus tiefen, natürlicherweise
der EU-Kontaminanten-Verordnung lagen. Auch die
Spuren von Uran enthaltenden Gesteinsschichten kaum
Zinnbelastung von Lebensmitteln in originalverschlosse-
gewährleistet werden kann. Bei der gesundheitlichen Be-
nen Konserven, die ebenfalls durch Höchstgehalte in der
wertung von Uran in Mineralwässern steht aufgrund der
EU-Kontaminanten-Verordnung begrenzt ist, stellt sich als
geringen Konzentrationen das nierentoxische Potenzial und
unkritisch dar. Beträchtliche Zinnbelastungen können hinge-
damit die „chemische Giftigkeit“ von Uran im Vordergrund.
gen bei Lebensmitteln in Weißblechdosen auftreten, wenn
Die „radioaktive Giftigkeit“ kann dagegen vernachlässigt
die Lebensmittel nach dem Öffnen einer Dose längere Zeit
werden, weil die aufgenommenen Mengen im Vergleich
in der geöffneten Dose aufbewahrt werden.
zur natürlichen Strahlenbelastung äußerst gering sind.
Trink- und Mineralwasser sowie Tafel- und Quellwasser
sind mit ca. 2 300 Proben die am häufigsten untersuchten
Warengruppen. Die in der Trinkwasser- bzw. der Mineralund Tafelwasserverordnung aufgeführten Grenzwerte für
Elemente werden in der Regel deutlich unterschritten. Lediglich in Trinkwasser aus Hausinstallationen, das vor allem
seit 2003 nach der neuen Trinkwasserverordnung von den
Gesundheitsämtern stichprobenartig überwacht wird, sind
verschiedentlich Eisen, Kupfer, Blei, Cadmium oder Nickel
in relevanten Konzentrationen nachweisbar. Diese Elemente können durch Wechselwirkung von Leitungsmaterialien
der jeweiligen Hausinstallationen bzw. der Armaturen in
das Wasser übergehen.
Bei der Elementbelastung von Trink- und Mineralwasser
wurden in den vergangenen Jahren mit Uran und Thallium
Elemente thematisiert, für die es bislang keine verbindlichen Grenz- oder Höchstwerte gibt. Für diese Elemente
wurden daher vom Umweltbundesamt ein Leitwert von
10 µg / l für Uran bzw. vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Aufnahmeempfehlung, die einem Gehalt
von 2 µg / l für Thallium entspricht, vorgeschlagen.
Nachdem auch bekannt ist, dass Uran natürlicherweise in
Phosphatdüngern vorkommen kann, wird unter Fachleuten
wie auch in den Medien diskutiert, inwieweit sich hierdurch
Auswirkungen auf die Urangehalte in Kulturpflanzen ergeben können. Von 391 untersuchten Lebensmittelproben
wies lediglich eine Probe einen Urangehalt auf, der deutlich
über dem vorgeschlagenen Leitwert von 10 µg / l für Uran in
Trinkwasser lag. Weitere drei Proben lagen knapp über dem
Leitwert. In 369 Proben war Uran hingegen nicht bestimmbar. Insofern scheinen die Ergebnisse die Einschätzung
des BfR zu untermauern, wonach sich für die Verbraucher
derzeit kein nennenswertes gesundheitliches Risiko durch
Uran in Lebensmitteln erkennen lässt. Dies gilt insbesondere unter der Berücksichtigung, dass für Trinkwasser bei
der Grenzwertfestlegung besonders strenge Maßstäbe
angesetzt werden und dabei in der Regel von einem täglichen Konsum von 2 Litern ausgegangen wird.
Schwermetalle … / Herstellungsbedingte Kontaminanten
Jahresbericht 2005
125
Herstellungsbedingte Kontaminanten
Nitrat, Nitrit und Nitrosamine
Nitrat, Nitrit
Nitrat und Nitrit sind Stickstoffverbindungen, die in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln enthalten sind.
Im Folgenden werden lediglich die Gehalte in pflanzlichen Lebensmitteln besprochen, die übrigen Gehalte
sind in den Kapiteln über die einzelnen Lebensmittel angegeben. Es wurden 512 Proben Frischgemüse und 90
Proben Gemüseerzeugnisse wie z. B. Tiefkühlspinat untersucht. Es kam bei keiner Probe zu einer Höchstmengenüberschreitung.
Für Pflanzen ist Nitrat ein lebenswichtiger Nährstoff, der
für den Aufbau von Eiweiß benötigt wird. Der Nitratgehalt in Pflanzen hängt ab von Bodenzusammensetzung,
Art und Umfang der Düngung, Pflanzenart sowie Wachstumsbedingungen, wie Tageslänge, Sonnenscheindauer,
Anbau im Freiland oder im Gewächshaus bzw. unter Folie,
dementsprechend gelten auch je nach Jahreszeit und Anbaubedingungen unterschiedliche Höchstmengen. Unter
Risikogesichtspunkten wurden hauptsächlich die Frischgemüsearten untersucht, die natürlicherweise hohe Nitratgehalte aufweisen können bzw. Nitrat in besonderem
Maße anreichern wie Blattsalate, Spinat, Rucola. Weiterhin wurden Kräutertees auf ihren Nitratgehalt überprüft.
Pfefferminz- und Brennnessel-Tees können hohe Gehalte
Nitrosamine
Lebensmittel
In Gegenwart von Nitrit und Nitrat können in eiweißreichen
Lebensmitteln N-Nitrosoverbindungen gebildet werden,
darunter auch Nitrosamin-Verbindungen, die sich in Tierversuchen als kanzerogen, mutagen und teratogen erwiesen
haben. Untersucht wurden Biere, Röstmalze zur Bierbereitung und geräucherte Fleischerzeugnisse. Für N-Nitrosodimethylamin (DMNA) in Bier und Malz zur Bierherstellung
existieren „technische Richtwerte“: 0,5 µg / l Bier und 2,5
µg / kg Malz. Lediglich in je einer der untersuchten 38 Bierund 17 Malzproben wurden DMNA-Gehalte in Höhe der
Richtwerte festgestellt.
aufweisen. Wird der Gehalt pro Tasse (2 g Kräutertee je
Bedarfsgegenstände, Kosmetische Mittel
150-ml-Tasse) berechnet, so kann dieser in Pfefferminztee
Untersuchungen von Gummibedarfsgegenständen auf
bei 24 mg, in Brennnesseltee bei 54 mg liegen. Diese Tees
Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe s.Teil III „Bedarfsge-
können bei regelmäßigem Genuss deutlich zur Nitratauf-
genstände“.
nahme beitragen.
In 53 Kosmetika wurde auf das nichtflüchtige Nitrosamin N-
Nach Meinung des Wissenschaftlichen Lebensmittelaus-
Nitrosodiethanolamin (NDELA) geprüft. Mehr hierzu siehe
schusses der EU (SCF) liegt die Gesamtaufnahme an Nitrat
Teil III „Kosmetika“ und unter www.cvua-stuttgart.de
üblicherweise deutlich unter der für einen Erwachsenen
akzeptablen täglichen Aufnahmemenge von 3,65 mg pro kg
Körpergewicht. Da aus Nitrat auch Nitrosamine entstehen
Tabelle:
können (s. u.) wird empfohlen, den Nitratgehalt in Gemüse
Nitrat in ausgewählten Frischgemüsesorten und Kräutertees
durch Anwendung einer guten landwirtschaftlichen Praxis
(getrocknete Ware)
möglichst niedrig zu halten.
Erzeugnis
Proben
Mittelwert
Median
Höchster
Wert
Zahl
mg / kg
mg / kg
Höchstmengen nach EU-Verordnung Nr. 466 / 2001
Ernte 1.10. – 31.03
Ernte 01.04. – 30.09.
mg / kg
u. Glas / Folie
Freiland
u. Glas / Folie
Freiland
4 500
4 000
3 500
2 500
Kopfsalat
132
1 649
2 560
4 150
Feldsalat
69
1 947
775
4 715
Spinat, frisch
59
1 565
1 843
3 366
Spinat, TK
36
833
646
2 151
keine Höchstmenge
3 000
3 000
2 500
2 500
2 500
2 000
2000
Eissalat
21
644
892
1 080
Rucola
24
4 484
3 470
7 500
Petersilie, frisch
14
2 548
2 414
7 080
keine Höchstmenge
7
2 256
989
6 640
keine Höchstmenge
Kresse
2 500
2 000
keine Höchstmenge
Pfefferminz-Tee
23
3 876
5 285
12 180
keine Höchstmenge
Brennnessel-Tee
15
12 283
22 080
27 080
keine Höchstmenge
Lebensmittelüberwachung BW
126
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
Rückstandssituation in Lebensmitteln
Bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) – einer
Stoffgruppe aus ca. 250 verschiedenen Verbindungen – handelt es sich
Von 150 geräucherten Fleischerzeug-
um Umweltkontaminanten. Einige dieser Verbindungen weisen unterschiedlich starke kanzerogene (krebserregende) Eigenschaften auf. PAKs
werden u. a. gebildet bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material, aber auch beim Grillen, Räuchern von Lebensmitteln
sowie beim Rauchen von Tabakerzeugnissen (z. B. Zigaretten). Fast die
Hälfte der durchschnittlichen PAK-Belastung bei Menschen wird durch
kontaminierte Nahrungsmittel verursacht.
Geräucherte Fleischerzeugnisse
nis-Proben enthielten lediglich 2
Proben höhere Benzo(a)pyren-Rückstände. Der höchste Gehalt wurde in
einem Schwarzwälder Schinken mit
5,9 µg / kg festgestellt. In den traditionell geräucherten „Schwarzwälder“
Fleischerzeugnissen (Schinken, Bauch-
Abb.:
Die Kontamination von pflanzlichen Lebensmitteln, wie z. B.
speck, Rohwürste) spielt der Gehalt an PAK seit Jahren nur
Sprotten in Öl
Getreide und Gemüse, mit PAK entsteht durch Ablagerun-
noch eine untergeordnete Rolle. Dies liegt eindeutig an der
gen von PAK-haltigem Staub aus der Luft. Eine überhöhte
optimierten Räuchertechnologie der Hersteller (nicht nur
Belastung von geräucherten Lebensmitteln, wie
bei industriell hergestellter Ware, sondern auch
im Handwerk). Ein anderer wichtiger Grund
z. B. Rauchfleisch und geräucherte Fische,
für den über Jahre hinweg zu beobach-
kann durch unsachgemäße Räucherverfahren verursacht werden. Auch Trock-
tenden Rückgang der Benzo(a)pyren-
nungsverfahren über offenem Feuer
Gehalte ist auch die geänderte
(z. B. Trocknung von Trester vor der
Verbrauchererwartung. Die starke
Gewinnung von Traubenkernölen),
Räuchernote und Harznote im Ge-
führen zu überhöhten PAK-Gehal-
schmack bei „Schwarzwälder“-Er-
ten in Lebensmitteln.
zeugnissen ist abgelöst worden
Der Wissenschaftliche Lebens-
durch eine mehr luftgetrocknete
mittelausschuss der EU hat 15
räucherwürzige Note, die durch eine
PAK-Substanzen als karzinogen ein-
geänderte Herstellungstechnologie,
verbunden mit einer weniger intensiven
gestuft: Benzo(a)anthracen, Chrysen,
Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen,
Räucherung, erreicht wird.
Benzo(a)pyren, Dibenz(a,h)anthracen, Benzo(ghi)perylen, Indeno(1,2,3cd)pyren, Benzo(j)fluoranthen,
Cyclopenta(cd)pyren, Dibenzo(a,e)pyren, Dibenzo(a,h)pyren,
Dibenzo(a,i)pyren, Dibenzo(a,l)pyren und 5-Methyl-chrysen
(Empfehlung 2005 / 108 / EG).
Damit steigt der Untersuchungsaufwand ganz erheblich an.
Künftige Untersuchungen von geräucherten Lebensmitteln,
Speiseölen, Trockenfrüchten usw. auf diese 15 EU-PAK sollen Erkenntnisse bringen, ob Benzo(a)pyren weiterhin als
alleinige Markersubstanz geeignet ist oder ob langfristig
auf alle Stoffe geprüft werden muss.
Geräucherte Fische / Fischerzeugnisse
Während in 72 untersuchten geräucherten Fischen nur in 2
Fällen der Grenzwert (5 µg / kg) überschritten wurde, mussten 33 % der untersuchten Fischkonserven aufgrund von
Grenzwertüberschreitungen beanstandet werden. Hierbei handelte es sich ausschließlich um Fischkonserven
in Speiseöl, insbesondere geräucherte Sprotten in Öl
aus dem Baltikum. Die zu beanstandenden Gehalte an
Benzo(a)pyren wurden dabei meist im Ölaufguss und nicht
in den geräucherten Fischen festgestellt. Es ist davon aus-
Höchstgehalte für PAK in verschiedenen Lebensmitteln
zugehen, dass zur Herstellung dieser Erzeugnisse Öl min-
wurden Anfang 2005 in der Kontaminanten-Höchstge-
derer Qualität verwendet worden ist.
halt-VO (EG) 466 / 2002 festgelegt. Die angegebenen
Für Muskelfleisch von geräuchertem Fisch gilt eine Höchst-
Höchstmengen beziehen sich dabei ausschließlich auf
menge von 5 µg / kg und für Öle und Fette, die zum direk-
Benzo(a)pyren (z. B. Öle, Fette: 2 µg / kg; Nahrung für Säug-
ten Verzehr oder zur Verwendung als Lebensmittelzutat
linge und Kleinkinder: 1 µg / kg; geräuchertes Fleisch und
bestimmt sind, eine Höchstmenge von 2 µg / kg. Der Er-
geräucherte Fleischerzeugnisse sowie Muskelfleisch von
wägungsgrund Nr. 7 der Kontaminanten-Höchstgehalt-VO
geräuchertem Fisch und geräucherten Fischerzeugnissen:
(466 / 2001) schreibt vor, dass Lebensmittelzutaten (hier:
5 µg / kg).
Öl), die zur Herstellung zusammengesetzter Lebensmit-
Im Berichtszeitraum wurden 497 Lebensmittel auf ihre
Gehalte an PAK untersucht. In 219 Proben (= 44 %) war
Benzo(a)pyren nachweisbar.
tel (hier: Fisch und Öl) verwendet werden, den in dieser
Verordnung festgelegten Höchstgehalten entsprechen
müssen, bevor sie dem genannten Lebensmittel zugesetzt werden.
PAK / Acrylamid
Jahresbericht 2005
Öle / Fette
Von 110 untersuchten Proben überschritten 7 Proben die
bis 31.3.2007, da zurzeit noch relativ wenig über die eigent-
Höchstmenge für Benzo(a)pyren von 2 µg / kg. Der höchste
lichen Kontaminationsquellen bekannt ist.
Gehalt wurde mit 30,5 µg / kg bei einem Leindotteröl (Ca-
Da Kakao ausschließlich in Entwicklungsländern mit einer
melina sativa) festgestellt.
Vielzahl von regionalen Kulturen und Verarbeitungsver-
Von 29 Proben Kakaobutter, Kakaomasse und Schokolade
fahren angebaut und in den Handel gebracht wird, ist zu
wiesen 2 Proben Kakaobutter einen Benzo(a)pyrengehalt
erwarten, dass sich sowohl das Auffinden der konkreten
über der vorgesehenen Höchstmenge von 2 µg / kg auf.
Kontaminationsquellen als auch deren Beseitigung äußerst
Für Kakaobutter besteht jedoch eine Ausnahmeregelung
schwierig und langwierig gestalten werden.
Acrylamid
Am 24. April 2002 gingen Meldungen durch die Medien, dass schwedische Forscher in erhitzten stärkehaltigen Lebensmitteln hohe Konzentrationen an Acrylamid entdeckt haben. Acrylamid ist eine Verbindung, die bis
dahin nur als Ausgangsstoff für Kunststoffe (Polyacrylamid) in Erscheinung getreten ist. Es ist bis heute nicht
geklärt, ob die Acrylamidgehalte in den Lebensmitteln beim Menschen Krebs auslösen können.
Im Berichtsjahr wurden an den CVUA Stuttgart und Sig-
u. Ä. wiesen 16 Proben Acrylamidgehalte über dem Signal-
maringen insgesamt 245 Lebensmittelproben aus Herstel-
wert auf, der höchste Gehalt betrug 4 215 µg / kg. Auffällig
lerbetrieben, aus dem Handel und aus der Gastronomie
war, dass vor allem Bio-Chips teilweise sehr hohe Acryl-
auf Acrylamid untersucht. Die Untersuchungsergebnisse
amidgehalte aufwiesen. Offensichtlich ist es bei diesen
fließen direkt in die Berechnung der so genannten Sig-
Erzeugnissen besonders schwierig, die Zuckerbildung in
nalwerte mit ein. Wird in einer Lebensmittelprobe eine
den Ausgangskartoffeln zu verhindern.
Überschreitung des Signalwertes festgestellt, so hat dies
zwar noch keine unmittelbare rechtliche Konsequenz (Verkehrsverbot, Bußgeld), der Hersteller dieses Lebensmittels
ist aber verpflichtet, Maßnahmen zur Ursachenforschung
und zur Minimierung der Acrylamidbelastung seiner Produkte einzuleiten.
Backwaren (97 Proben)
Brot, Brötchen und Brezeln weisen im Allgemeinen nur
niedrige Acrylamidgehalte auf. Im Inneren der Brotkrume
wird wegen des Wassergehaltes auch bei hohen Backofentemperaturen eine Temperatur von 100 ° C kaum über-
Ende des Jahres 2005 galten folgende Signalwerte:
schritten, deshalb wird Acrylamid fast ausschließlich in der
Kruste gebildet. Der höchste Gehalt wurde in einem Kar-
Lebensmittel
µg / kg
toffelbrot mit 514 µg / kg nachgewiesen.
Kartoffelchips
1 000
Bei Knäckebrot wurde der Signalwert mit 638 µg / kg nur
Pommes frites (verzehrsfähig)
530
Knäckebrot
590
Feine Backwaren aus Mürbeteig
300
Kinderkekse
245
Diabetikerbackwaren
545
Lebkuchen
Kaffeepulver
1 000
370
Kaffee-Extrakt, Kaffee-Ersatz
1 000
Alle anderen Lebensmittel
1 000
Kartoffelerzeugnisse (104 Proben)
in einem Fall geringfügig überschritten. Bei Zwieback,
Waffeln, Butterkeksen, Kräckern, Weihnachtsgebäck und
Mandelhörnchen lagen die Acrylamidgehalte meist deutlich unter dem Signalwert. Lediglich bei 3 Proben Keksen
aus der Türkei wurden mit Werten bis 862 µg / kg Gehalte
über dem Signalwert festgestellt.Bei Keksen für Babys und
Kleinkinder lagen die Acrylamidgehalte erfreulicherweise
durchweg unter dem Signalwert von 245 µg / kg.
Backwaren für Diabetiker enthalten häufig Fructose (Fruchtzucker) als Zuckeraustauschstoff. Sie fördert zusammen
mit der Aminosäure Asparagin in besonderem Maße die
Bildung von Acrylamid. Die Acrylamidgehalte liegen des-
Von den 54 untersuchten Proben Pommes frites und Kar-
halb häufig höher als bei vergleichbaren konventionellen
toffelpuffer lagen 2 über dem Signalwert. In den meisten
Erzeugnissen. Dies gilt vor allem dann, wenn neben Fruc-
Proben lag der Acrylamidgehalt allerdings weit unterhalb
tose auch noch das Backtriebmittel Ammoniumhydrogen-
des Signalwertes, die Empfehlungen, die Frittiertemperatur
carbonat verwendet wird. In 3 Proben wurde der aktuelle
abzusenken (maximal 175 ° C) und zu starke Bräunung zu
Signalwert überschritten, der höchste Gehalt lag allerdings
vermeiden („Vergolden statt Verkohlen“) haben offensicht-
mit 853 µg / kg deutlich unter dem Signalwert der Jahre
lich Früchte getragen. Von den 50 Proben Kartoffelchips
2003 und 2004.
127
128
Lebensmittelüberwachung BW
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Ein Problem stellen Lebkuchen und verwandte Erzeugnisse dar: Lebkuchen enthalten sehr viel reduzierende
Zucker (Honig, Invertzuckersirup). In der Regel wird
aus Geschmacksgründen das Backtriebmittel Ammoniumhydrogencarbonat (Hirschhornsalz, ABC-Trieb) verwendet. Wegen des niedrigen Wassergehaltes werden
hohe Backtemperaturen nicht nur an der Oberfläche,
sondern auch im Inneren der Lebkuchen erreicht. Seit
2003 sind die „Empfehlungen zur Vermeidung hoher
Gehalte an Acrylamid beim Backen von Lebkuchen“
Furan in Lebensmitteln
Zahlreiche Untersuchungen in Baden-Württemberg
belegen, dass Furan in verschiedenen Lebensmitteln
vorkommt. In Kaffee ist Furan schon seit 1938 bekannt. Dass es aber für den Menschen möglicherweise krebserregend ist, ist erst 1995 von der WHO
nach umfangreichen toxikologischen Überprüfungen
festgestellt worden.
auf der Internet-Homepage der CVUAe für die Öffent-
Furan in Kaffee wurde erstmals chemisch 1938 nachgewie-
lichkeit zugänglich. Bei Beachtung dieser Empfehlungen
sen. Der Stoff mit einem Siedepunkt von 32 ° C ist sehr
ist es auch für die Hausfrau und den handwerklichen
flüchtig und weist einen etherartigen Geruch auf. In Le-
Bäckerbetrieb möglich, Lebkuchen mit relativ niedrigen
bensmitteln kann Furan beim Erhitzen von Kohlenhydraten
Acrylamidgehalten zu backen. Wie im Vorjahr wiesen
entstehen – bei der so genannten Maillard-Reaktion. Even-
Lebkuchen aus industrieller Produktion tendenziell
tuell spielen auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren bei der
niedrigere Acrylamidgehalte auf als handwerklich her-
Entstehung eine Rolle. Besonders hoch sind die Gehalte,
gestellte Lebkuchen. Eine geringfügige Überschreitung
wenn Lebensmittel geröstet – z. B. Kaffeebohnen – oder
des Signalwertes wurde lediglich bei 2 Lebkuchen aus
in „geschlossenen Systemen“ wie etwa bei Babygläschen
Bäckereien festgestellt.
erhitzt werden.
Über Ergebnisse zu Furangehalten in Kaffee, Kaffeegeträn-
Kaffee und Kaffeesurrogate (23 Proben)
Während bei Kaffeepulver der Signalwert nicht überschritten wurde, wiesen 4 Proben Kaffeextrakt und Kaffeesurrogatextrakt Acrylamidgehalte über dem Signalwert auf. Die höchsten Gehalte wiesen dabei Produkte
auf, die mit gerösteter Zichorie hergestellt sind. Die
Hersteller haben das Problem erkannt und erhebliche
Anstrengungen unternommen, um die Acrylamidge-
ken, Soßen und Fertiggerichten wurde bereits im Jahresbericht 2004 ausführlich berichtet. Demzufolge wiesen
geröstete Kaffeebohnen durchschnittlich 4 660 µg / kg,
Kaffeeaufgüsse zwischen 18 und 88 µg / l Furan auf. In Soßenerzeugnissen wurden im Mittel 12,8 µg / kg und in Fertiggerichten zwischen 3 und 74 µg / kg Furan ermittelt. 2005
wurde der Schwerpunkt auf Babynahrung, Bier, Suppen
bzw. Soßen und Fertiggerichte gelegt.
halte zu senken.
Sonstige Proben
In 5 von 7 Proben schwarzen Oliven (Konserven) wurden Acrylamidgehalte bis 1001 µg / kg festgestellt. Eine
schlüssige Erklärung für dieses Phänomen steht bisher
noch aus.
Teigwaren wiesen nur sehr geringe Acrylamidgehalte
bis 94 µg / kg auf.
8 Cremes und Lotionen mit dem Inhaltsstoff Polyacrylamid wurden auf monomeres Acrylamid untersucht. In
insgesamt 3 Proben war Acrylamid in Gehalten bis 80
µg / kg nachweisbar.
Was bedeuet dies für den Verbraucher?
Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) führt
derzeit eine Risikobewertung durch. Um eine statistisch abgesicherte Verbraucherbelastung zu ermitteln, erheben die europäischen Mitgliedstaaten
derzeit weitere Analysendaten über Furangehalte in
verschiedenen Lebensmitteln,.
Nach den bisherigen Untersuchungen der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in BadenWürttemberg ist nach derzeitigem Kenntnisstand
nicht von einem erhöhten Gesundheitsrisiko auszugehen. Sofern notwendig, können konkrete Verzehrsempfehlungen erst nach Abschluss der Bewertung durch die EFSA gegeben werden.
Jahresbericht 2005
129
Babynahrung
60
55
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
14
14
Obst
(n = 15)
Getränke
(n = 4)
Gemüse u. Fleisch
(n = 21)
Gemüse
(n = 33)
Brei / Beikost
(n = 7)
60
2005 wurden 80 Erzeugnisse aus dieser Produktgruppe55
untersucht. Wie aus dem Diagramm ersichtlich ist, zeigen50
45
Baby-Gläschen mit einem Gemüseanteil die höchsten
40
Furangehalte von maximal 59 µg / kg. Bei Verzehr eines35
solchen Gläschens mit 200 g Inhalt nimmt ein Baby etwa30
12 µg Furan auf. Brei-, Obst- und Getränkegläschen zeigen25
mit Furangehalten zwischen einem und 20 µg / kg geringe-20
15
re Gehalte.
10
5
Grafik: Furan in verzehrsfertiger Babynahrung
0
[µg / kg]
Furan in Lebensmitteln
Bier
Furan_Babynahrung 2005
10
10
8
8
6
6
4
4
2
2
12
0
[µg / kg]
12
Insgesamt wurden 54 Biere auf Furan untersucht.
Bei den insgesamt niedrigen Gehalten zeigte sich
ein geringfügiger Unterschied zwischen hellen und
dunklen Biersorten. Während helle Biere im Mittel
3,2 µg / kg Furan enthielten, wurden in dunklen Bieren 7,4 µg / kg ermittelt.
Grafik: Furan in Bier
180
160
form waren praktisch frei von Furan. Die höchsten Gehalte140
140
wurden in Gulaschsuppen und in Hühnersuppen festge-120
stellt. Bei Trockensuppen lagen die Werte überwiegend zwi-100
120
100
schen 5 und 15 µg / kg, in vorerhitzten Konserven wurden 80
Gehalte zwischen 20 und 50 µg / kg bestimmt. Die Fertigge-
richte sind in der Grafik nach ihren Hauptzutaten unterteilt
dargestellt. Die höchsten Werte wurden in Fleischkonserven festgestellt (40 µg / kg). Bei 60 % der gemüsehaltigen
80
60
60
40
40
20
20
Fertiggerichte wurden Furan-Gehalte zwischen 30 und 0
Erzeugnisse auf Basis von Teigwaren, Kartoffeln, Reis und
Mehl sind unter „stärkehaltige“ subsummiert. Der höchste
Gehalt aus dieser Produktgruppe stammt von einer Konserve „Weizenkörner“ (164 µg / kg), alle weiteren bestimmten
Gehalte lagen unter 50 µg / kg.
Grafik: Furan in Suppen, Soßen und Fertiggerichten
Maximum
Stärke-haltige
(n = 14)
höher belastet als fleischhaltige Babynahrung.
Gemüse-haltige
(n = 25)
sis. Dagegen sind Fertiggerichte auf Fleischbasis im Mittel
Fleisch-haltige
(n = 29)
vergleichbar mit dem Wert für Babynahrung auf Gemüseba-
Suppen, Soßen
(n = 28)
60 µg / kg gemessen. Der Mittelwert dieser Kategorie ist
0
n = Anzahl untersuchter Proben
Furan_Suppen 2005
Median
Minimum
Mittelwert
[µg / kg]
(n = 14)
Stärke-haltige
(n = 25)
Gemüse-haltige
180
Es wurden 96 Erzeugnisse aus diesen Produktgruppen untersucht. Suppen und Soßen als Trockenprodukte in Würfel-160
(n = 29)
Furan_Bier 2005
Suppen, Soßen, Fertiggerichte
Fleisch-haltige
schwarz (n
(n == 14)
14)
schwarz
(n = 28)
dunkel (n
(n == 17)
17)
dunkel
Suppen, Soßen
0
hell (n
(n == 7)
7)
hell
Lebensmittelüberwachung BW
130
Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche
Stabilisotopen-Analytik
Deutschland importiert heute Lebensmittel aus mehr als
80 Ländern der Erde. Verbraucherinnen und Verbraucher
schauen beim Lebensmittelkauf immer häufiger auf die
geografischen Herkunftsangaben und sind durchaus bereit,
für Waren aus bestimmten Regionen und speziell aus heimischer Erzeugung einen höheren Preis zu bezahlen. Sie
vertrauen dabei auf die Korrektheit der Herkunftsangaben
auf dem Etikett bzw. erwarten deren amtliche Kontrolle.
Ähnliches gilt für die Angaben zur ökologischen Erzeugungsweise oder zur Naturbelassenheit von Zutaten (z. B.
„mit echter Bourbon-Vanille“).
Mit den üblichen analytischen Verfahren waren solche Angaben bisher im Überwachungslabor kaum überprüfbar. Die
Stabilisotopenmethode jedoch bietet hierfür jetzt eine viel
versprechende Möglichkeit. Sie nutzt den Umstand, dass
die Hauptelemente der Biomasse, nämlich Wasserstoff,
Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel (H, C, N,
O, S) sowie Spurenelemente wie Strontium (Sr), in der Natur nicht als konstante, sondern als variierende Gemische
stabiler Isotope vorkommen. Diese sehr geringen, aber
gut messbaren Verschiebungen der Isotopenverhältnisse
haben ihren Grund in physikalischen Vorgängen (z. B. Verdunsten von Wasser) und in (bio-)chemischen Reaktionen
(z. B. Aufbau von Kohlenhydraten in Pflanzen aus dem CO2
der Luft). Hierdurch wird den Inhaltsstoffen von Pflanzen
und Tieren ein Isotopenmuster aufgeprägt, durch welches
eine Zuordnung zu den Erzeugungsregionen bzw. Herstellungsverfahren möglich ist.
Nachforschungen der Überwachungsbehörden:
• Spargel von Marktständen stammte entgegen den Angaben nachweislich nicht aus Baden.
• Knoblauch aus China war als spanische Ware deklariert.
werden zentral für Baden-Württemberg Herkunftsüberprü-
zur so genannten Fruchtsaft-Qualitätsprüfung vorgestellt
fungen von Lebensmitteln mithilfe der Stabilisotopenme-
worden waren, fielen durch einen für die Bodensee-Re-
thode durchgeführt. Das Labor hat im Jahr 2005 insge-
gion äußerst untypischen δ18O- Wert auf. Sie waren da-
samt ca. 200 Proben (davon etwa 100 Vergleichsproben)
mit entweder nicht aus Äpfeln der Bodensee-Region
der unterschiedlichsten Art untersucht. Einen Schwerpunkt
gepresst oder doch aus Konzentrat rückverdünnt wor-
bildete in diesem Jahr auch wieder der Spargel mit ca. 20
den. Die Proben können deshalb nachweislich nicht als
Proben aus dem Handel sowie 30 Vergleichsproben genau
verlässliches Referenzmaterial zum Aufbau einer Apfel-
definierter Herkunft. Neu entwickelt wurde eine Methode
saft-Isotopendatenbank angesehen werden. Erforder-
zur Überprüfung der Obst-Herkunft bei Apfelsäften über die
lich ist vielmehr eine amtliche Probenahme direkt beim
stiftung finanzierte Forschungsprojekt „Nachweis einer unzulässigen Anwendung körperidentischer Hormone in der
Tiermast mithilfe der Stabilisotopenmethode“.
mithilfe der IRMS
der zu Beanstandungen bzw. waren Anlass zu weiteren
• Apfel-Direktsäfte, die zur Vergabe eines Gütesiegels
Einen erfolgreichen Abschluss fand das von der Landes-
Untersuchungen
Auch im Jahr 2005 führten Stabilisotopen-Messungen wie-
Am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg
enthaltene Aminosäure Asparagin bzw. Asparaginsäure.
Tabelle:
Auffälligkeiten und Beanstandungen
Warengruppe
zedonien und Moldawien, fielen durch untypische δ18OWerte im Wasseranteil der Weine auf und wurden nach
Messungen durch weitere Speziallabors als gefälscht
beanstandet.
davon auffällig /
Andere Proben wie Kartoffeln, Äpfel, Erdbeeren, Pilze
beanstandet
und Walnüsse waren z.T. mit einem Hinweis auf falsche
20
2
Herkunftsangabe eingesandt worden. Mithilfe der Isoto-
6
1
Apfel-Direktsaft
64
2
Importwein
26
6
Spargel
Knoblauch
Probenzahl
Obsterzeuger, die ab 2006 jährlich erfolgen soll.
• Importweine aus Nicht-EU-Ländern, besonders aus Ma-
Andere
10
0
Gesamt
126
11
penanalyse konnte der Verdacht jedoch ausgeräumt werden.
Jahresbericht 2005
Teil V:
Futtermittel
131
132
Lebensmittelüberwachung BW
Teil V: Futtermittel
Futtermittelüberwachung
Übersicht
Ein wesentliches Ziel der landwirtschaftlichen Produktion ist die Erzeugung hochwertiger und sicherer Lebensmittel. Die Qualität der Lebensmittel tierischer Herkunft wird entscheidend durch die Qualität der an die Tiere
verfütterten Futtermittel beeinflusst. Nur sichere Futtermittel garantieren, dass in Fleisch, Milch und Eiern keine
Stoffe enthalten sind, die die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen können oder die bewirken würden,
dass die Lebensmittel als nicht sicher für den Verzehr durch den Menschen anzusehen wären. Futtermittel
dürfen zudem nicht die Gesundheit der Tiere schädigen. Durch ihre Zusammensetzung und Beschaffenheit
müssen sie vielmehr eine optimale Ernährung der Tiere sicherstellen und deren Leistungsfähigkeit fördern.
Die Qualität eines Futtermittels ergibt sich deshalb nicht nur aus dem Einhalten der Höchstwertregelungen
zu den unerwünschten Stoffen oder dem Nichtvorhandensein verbotener Stoffe. Sie resultiert auch aus den
eingesetzten Einzelfuttermitteln und sonstigen Komponenten, den daraus sich ergebenden Gehalten an Inhaltsstoffen, der ernährungsphysiologischen Qualität sowie seiner mikrobiologischen Beschaffenheit.
Art und Umfang der im Rahmen der
insbesondere solche auf Inhaltsstoffe,
genkontrollsystems sind ebenfalls zu
amtlichen Kontrolle durchzuführen-
sind reduziert worden. Dabei erfolgt
berücksichtigen. Das NKP spiegelt die-
den Maßnahmen werden regelmäßig
die Auswahl der Proben bei Herstel-
se Gewichtungen wieder und gibt den
überprüft und im Nationalen Kontroll-
lern, im Handel oder auf landwirt-
Ländern den Mindestkontrollumfang
programm Futtermittelsicherheit (NKP)
schaftlichen Betrieben unter Berück-
vor. Damit wird den Anforderungen
des Bundes und der Länder festge-
sichtigung der Risiken, die sich aus der
der Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 der
schrieben. Die Zahl der Untersuchun-
Art, der Herkunft und der beabsichtig-
Europäischen Kommission Rechnung
gen auf unerwünschte und verbotene
ten Verwendung eines Futtermittels
getragen, die ein regelmäßiges und
Stoffe ist in den letzten Jahren deut-
ergeben. Bereits vorliegende Erkennt-
risikoorientiertes Vorgehen in der Fut-
lich erhöht, andere Untersuchungen,
nisse oder die Verlässlichkeit des Ei-
termittelüberwachung fordert. Die seit
1. Januar 2006 geltende Verordnung
(EG) Nr. 882 / 2004 konkretisiert die
Anforderungen an die Durchführung
der amtlichen Kontrollen.
Wer wird überwacht?
Untersuchungsschwerpunkte sind:
• Einzel- und Mischfuttermittelhersteller, Hersteller von Zu-
• Chemische Untersuchung
satzstoffen oder Vormischungen, Betriebe, die Lebens-
Prüfung auf Einhaltung der deklarierten Gehalte an In-
mittel herstellen und Reststoffe als Futtermittel abgeben,
halts- und Zusatzstoffen, Prüfung auf Einhaltung der
einschließlich der Lagerstätten,
• Vertriebsunternehmen (Handelsfirmen, Genossenschaften, Importeure), Transportunternehmen,
• tierhaltende Betriebe, fahrbare Mahl- und Mischanlagen.
rechtlichen Vorgaben zu den unerwünschten und verbotenen Stoffen
• Mikroskopische Untersuchung
Prüfung auf Reinheit und Qualität von Einzel- und Mischfuttermitteln, qualitativer und quantitativer Nachweis der
deklarierten Komponenten in Mischfuttermitteln und
Was und wie wird untersucht?
• Einzelfuttermittel wie Getreide, Extraktionsschrote, Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung, Produkte aus
Trocknungseinrichtungen, Mineralstoffe,
• Zusatzstoffe wie Spurenelemente, Vitamine, Leistungsförderer, Kokzidiostatika,
• Vormischungen von Zusatzstoffen zur Einmischung und
Herstellung von Mischfuttermitteln,
• Mischfuttermittel.
Vor-Ort-Kontrollen in den Betrieben (Betriebsprüfungen)
Prüfung auf unerwünschte (z. B. giftige Pflanzenteile)
und verbotene Stoffe (z. B. tierische Bestandteile, Verpackungsmaterialien, Abfälle)
• Mikrobiologische Untersuchung
Erfassung der mikrobiologischen Qualität von Futtermitteln zur Feststellung der Unverdorbenheit bzw. zur Beurteilung des hygienischen Zustandes sowie zur Prüfung
auf das Vorhandensein antimikrobiell wirksamer Stoffe
und zur Überprüfung auf das Vorhandensein deklarierter
Probiotika
• PCR-Untersuchung
sowie evtl. Prüfungen der Unterlagen und Dokumentatio-
Prüfung auf das Vorhandensein genetisch veränderter
nen (Buchprüfungen) sind neben der Entnahme von Proben
Organismen und Zuordnung von Bestandteilen anhand
wesentliche Inhalte der amtlichen Futtermittelkontrolle.
ihrer DNA
Futtermittelüberwachung
Jahresbericht 2005
Was wird kontrolliert?
Neben der Kontrolle eines Betriebes durch Inaugenschein-
In Baden-Württemberg wird ein Teil der auf die Gruppe
nahme der Verhältnisse vor Ort und der Prüfung der im
der „Futtermittelhersteller“ entfallenden Kontrollen durch
Betrieb vorliegenden Unterlagen, zu denen insbesondere
eine EDV-gestützte Zufallsauswahl ermittelt. Damit soll si-
die geordnete Ablage der Belege der zugekauften und ab-
chergestellt werden, dass auch kleinere und vom Umfang
gegebenen Futtermittel gehört, werden Futtermittel auf
her weniger bedeutende Betriebe stichprobenartig in der
folgende Kriterien überprüft:
• die ordnungsgemäße Kennzeichnung,
• die Anteile und die Qualität der deklarierten Futtermittelbestandteile,
• die Gehalte an Inhaltsstoffen wie Rohprotein, Stärke,
Calcium und Phosphor und an Energie,
• die Gehalte an Zusatzstoffen wie Vitamine, Spurenelemente und Kokzidiostatika,
• die Gehalte an unerwünschten Stoffen wie Schwermetalle, Dioxine, PCB, Schädlingsbekämpfungsmittel und
Mykotoxine,
• das Vorhandensein pharmakologisch wirksamer Stoffe
und nicht mehr zugelassener Stoffe, das Vorhandensein
verbotener Stoffe wie tierisches Protein (z. B. Tiermehl),
von gebeiztem Saatgut, Klärschlamm, Abfällen oder Verpackungsmaterialien.
Kontrolle erfasst werden. Größere Mischfuttermittelhersteller und große Einzelfuttermittelhersteller werden mindestens einmal jährlich einer Betriebskontrolle
unterzogen, wobei in der Regel
auch Beprobungen stattfinden.
Die amtliche Futtermittelkontrolle in Handelsbetrieben erfolgt entsprechend. Die überwiegende Zahl der zu kontrollierenden tierhaltenden Betriebe
wird ebenfalls EDV-gestützt ausgewählt. Ein Teil der Betriebe wird
über eine Zufallsauswahl ermittelt,
damit auch kleine landwirtschaftliche
Betriebe damit rechnen müssen, kontrolliert
zu werden. Ein weiterer Teil der Betriebe wird nach einer
Die EU-Kommission veröffentlicht jährlich eine Empfehlung
Zuordnung in Risikogruppen ebenfalls über eine Zufallsaus-
für ein koordiniertes Kontrollprogramm (siehe Amtsblatt
wahl ermittelt. Die weiteren Betriebe werden von den Re-
der EU vom 2. März 2005). Schwerpunkte für das Jahr
gierungspräsidien risikoorientiert in eigener Verantwortung
2005 waren die Gewinnung weiterer Informationen zu My-
und aus eigenen Erkenntnissen ausgewählt. Insbesondere
kotoxingehalten in Futtermitteln, die Überprüfungen auf
Betriebe, die eine Zulassung bzw. Gestattung für die Verfüt-
mögliche unzulässige Verwendungen von Antibiotika und
terung fischmehlhaltiger Futtermittel erhalten haben, unter-
Kokzidiostatika, auf Einhaltung des Verbots der Verfütterung
liegen einer verstärkten Kontrolle. Auch fahrbare Mahl- und
von Ausgangsstoffen tierischen Ursprungs sowie auf Ein-
Mischanlagen, die zur Herstellung von Futtermitteln auf die
haltung der Höchstwerte verschiedener Spurenelemente
landwirtschaftlichen Betriebe kommen, werden mindes-
(insbesondere Kupfer und Zink) in Mischfuttermitteln.
tens einmal jährlich einer Kontrolle unterzogen.
Risikoorientierte Auswahl der Betriebe und Proben
Buch- und Betriebsprüfungen erfolgen nach dem NKP
in Abhängigkeit von Art und Status des zu kontrollieren-
Durch das seit 2002 erstellte „Nationale Kontrollprogramm
den Betriebes und der Art und Menge der eingesetzten
Futtermittelsicherheit“ (NKP) werden, aufgeteilt auf die
bzw. produzierten Futtermittel. Die Verordnung (EG) Nr.
Bundesländer entsprechend der Bedeutung der dort vor-
178 / 2002 fordert seit 1. Januar 2005 die Sicherstellung
liegenden Futtermittelproduktion und der Struktur der land-
der Rückverfolgbarkeit der zugekauften und abgegebenen
wirtschaftlichen Betriebe, die Zahl und die Art der Untersu-
Futtermittel, weshalb alle Betriebe, die Futtermittel herstel-
chungen festgelegt und Vorgaben zu Betriebskontrollen ge-
len oder handeln, also auch der landwirtschaftliche Betrieb,
macht. Die Ergebnisse, anderweitige Erkenntnisse sowie
über entsprechende Aufzeichnungen verfügen müssen.
die Schwerpunktsetzungen der EU-Kommission fließen
Buch- und Betriebsprüfungen sind wesentliche Bestandtei-
jeweils in das Kontrollprogramm des Folgejahres ein, wo-
le von Rückverfolgungsmaßnahmen, die sich aus eigenen
bei zukünftig mehrjährige Kontrollpläne entwickelt werden.
Erkenntnissen, aus Mitteilungen anderer Bundesländer
Damit ist sichergestellt, dass das NKP den Ansprüchen des
oder aus Erkenntnissen anderer europäischer Mitgliedstaa-
Verbraucherschutzes genügt und die aktuellen Erkenntnis-
ten ergeben können. Das europäische Schnellwarnsystem
se zu möglichen Risiken berücksichtigt. Das NKP lässt den
(RASFF), das bei Erkenntnissen über unsichere Futtermittel
für die Futtermittelüberwachung zuständigen Behörden in
zu bedienen ist, hat sich zu einem wertvollen Hilfsmittel für
den Ländern Freiräume, damit diese in eigener Entschei-
eine schnelle und umfassende Information und Reaktion
dung sonstige Kontrollschwerpunkte setzen können.
der Behörden innerhalb der EU entwickelt.
133
134
Lebensmittelüberwachung BW
Teil V: Futtermittel
Untersuchungen auf tierische Bestandteile
Fünf Jahre nach der BSE-Krise stellt die Kontrolle der Ein-
nen mikroskopischen Methode auf tierische Bestandteile
haltung des Verbots der Verfütterung tierischer Bestandteile
untersucht. Dabei wurden in 29 Proben (3,3 %) Knochen-
(Verfütterungsverbot) noch immer eine zentrale Aufgabe
fragmente von Säugetieren oder Fischen nachgewiesen.
der amtlichen Futtermittelüberwachung dar. Ende 2004
Die festgestellten Anteile an Knochenfragmenten lagen bei
hatte das vermehrte Auftreten positiver Befunde in Zu-
allen Proben unter 0,5 % der Gesamtprobe, weshalb ein
ckerrübenschnitzeln aus der Zuckerproduktion in der EU
Einmischen tierischer Produkte auszuschließen ist. Bei 17
zu intensiven Gesprächen über eine Anpassung der recht-
dieser Proben handelte es sich um Zuckerrübenmelasse-
lichen Regelungen geführt. Das gehäufte Vorkommen von
schnitzel, Rübenkleinteile oder um Mischfuttermittel mit
Spuren tierischer Bestandteile in Zuckerrübenschnitzeln
einem meist hohen Anteil an Zuckerrübenmelasseschnit-
ist nach den Erkenntnissen aus 2004 auf Bodenreste, die
zeln, die für eine Verfütterung an Wiederkäuer bestimmt
an den Rüben anhaften und nach der Extraktion des Zu-
waren. Die betroffenen Futtermittel wurden entweder für
ckers in den Rübenschnitzeln verbleiben, zurückzuführen.
die Verfütterung an Nichtwiederkäuer freigegeben oder
Untersuchungen belegen, dass Böden häufig erhebliche
einer anderen Verwendung außerhalb der Tierproduktion
Mengen an Knochenfragmenten in unterschiedlichen Ver-
(Verbrennung, Biogasgewinnung) zugeführt.
witterungszuständen enthalten können. Da solche Boden-
Zwei dieser Proben waren bei der jährlichen Kontrolle eines
reste an Zuckerrüben unvermeidbar sind und nicht restlos
landwirtschaftlichen Betriebes gezogen worden. Dieser Be-
entfernt werden können, hat, auch auf Drängen Baden-
trieb hält räumlich getrennt Wiederkäuer und Nicht-Wieder-
Württembergs, die Europäische Kommission mit der VO
käuer. Ein solcher Betrieb darf fischmehlhaltige Futtermit-
(EG) Nr. 1292 / 2005 vom 05.08.2005 eine Änderung der
tel nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde unter
Verfütterungsverbotsregelungen beschlossen. Seit dem
Einhaltung bestimmter Sicherheitsvorkehrungen verwen-
01.09.2005 dürfen Knollen- und Wurzelfrüchte sowie Fut-
den. In der beprobten Eigenmischung für Mastrinder wur-
termittel, die solche Erzeugnisse enthalten, trotz eines
den Knochenfragmente von Fischen nachgewiesen. Das
Nachweises von Knochenspuren an Nutztiere, einschließ-
Futtermittel wurde gesperrt. Zur Ermittlung der Ursache
lich Wiederkäuer, verfüttert werden. Voraussetzung ist je-
wurden die eingemischten Einzelfuttermittel beprobt und
doch eine umfassende Prüfung des Sachverhaltes beim
untersucht. Es stellte sich heraus, dass das verwendete
Hersteller oder auf dem landwirtschaftlichen Betrieb, um
Sojaextraktionsschrot geringe Anteile von Fischmehl ent-
andere Ursachen oder Kontaminationen mit verarbeiteten
hielt. Ursache war, dass der Landwirt zur Behebung von
tierischen Proteinen (z. B. Tiermehl) ausschließen zu kön-
Fütterungsproblemen ein für Schweine bestimmtes Soja-
nen. In der Risikobewertung sind der festgestellte Anteil an
extraktionsschrot in der Rinderfütterung eingesetzt hatte.
tierischen Bestandteilen sowie die vorgesehene Nutzung
Für den Transport des Sojaextraktionsschrotes verwendete
des Futtermittels ebenfalls zu beachten. Dadurch konnten
er ein Mischfahrzeug, das ansonsten allein im Betriebsteil
seit September 2005 in 3 Fällen Futtermittel mit Spuren
mit der Schweineproduktion zur Herstellung von Futtermi-
von Knochenpartikeln aufgrund des Ergebnisses der durch-
schungen mit Fischmehl verwendet wurde. Der Fall wurde
geführten Risikoanalyse durch die zuständige Behörde zur
an die Staatsanwaltschaft abgegeben.
Verfütterung freigegeben werden.
Bei den übrigen positiven Proben handelte es sich um sol-
Im Kontrolljahr 2005 wurden in Baden-Württemberg 886
che von Futtermitteln für Nichtwiederkäuer.
Futtermittelproben unter Anwendung der vorgeschriebe-
Untersuchungen auf Dioxine und dioxinähnliche PCB
Im Jahr 2005 wurden im Rahmen der amtlichen Futter-
die Futtermittel, weshalb deren Kontrolle eine wichtige
mittelkontrolle 110 Futtermittelproben auf den Gehalt an
Bedeutung zukommt. Die dioxinähnlichen Polychlorierten
Dioxinen untersucht. In keiner der untersuchten Proben lag,
Biphenyle (cPCB) sind aufgrund ihrer ähnlichen Struktur von
obwohl deren Auswahl unter Berücksichtigung besonderer
vergleichbarer Toxizität, was über das Gesamttoxizitätsäqui-
Risikofaktoren erfolgte, der ermittelte Dioxingehalt über
valent zum Ausdruck kommt. Ab November 2006 gelten
dem festgelegten Höchstwert. Trotzdem ist auch zukünf-
zusätzlich gemeinsame Grenzwerte für Dioxine und cPCB.
tig dieser Gruppe an unerwünschten Stoffen besondere
Zur besseren Erfassung der Belastungssituation werden
Beachtung zu schenken, wie einzelne Fälle von Dioxinkon-
seit 2004 Futtermittel auch auf ihren Gehalt an cPCB (Fest-
taminationen in Futtermitteln oder Ausgangserzeugnissen
legung von Toxizitätsäquivalenten für 12 dioxinähnliche
(Fette aus Belgien, Zusatzstoffe aus China) im Schnellwarn-
PCB) untersucht. 2005 wurde in 27 amtlich gezogenen
system der EU immer wieder zeigen.
Futtermittelproben der Gehalt an WHO-PCB-Toxizitäts-
Etwa 90 % der Dioxinaufnahme durch den Menschen er-
äquivalenten (bezogen auf 88 % Trockenmasse) erfasst. In
folgt über Lebensmittel tierischer Herkunft. Der Eintrag
keiner dieser Proben wurde der zukünftige Auslösewert
über das Tier in die Lebensmittel erfolgt vor allem über
für dioxinähnliche PCB überschritten.
Futtermittelüberwachung
Jahresbericht 2005
135
Untersuchungen auf pharmakologisch wirksame Substanzen
Die Gruppe der pharmakologisch wirksamen Substanzen
handelte es sich um Ferkel- bzw. Schweinefuttermittel aus
umfasst insbesondere Stoffe, die früher als Zusatzstoffe zu-
landwirtschaftlichen Betrieben. Die ermittelten Konzentrati-
gelassen waren, Arzneistoffe sowie verbotene, das Wachs-
onen reichten in einer Probe von 0,3 mg / kg Oxytetracyclin
tum fördernde Substanzen. Die Untersuchungen erfolgen
neben 1,0 mg / kg Tetracyclin, bis zu einer Konzentration von
vor allem am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt
8,8 mg / kg Tetracyclin neben 47 mg / kg Chlortetracyclin in
Karlsruhe, das als Schwerpunktlabor in Baden-Württem-
einer anderen Probe. Noch vorhandene Futtermittel wurden
berg auch die entsprechenden Untersuchungen in Lebens-
gesperrt, im Einzelfall wurde ein Bußgeldverfahren eingelei-
mitteln tierischer Herkunft durchführt. Im Kontrolljahr 2005
tet. Ursachenermittlung, Nachkontrollen und Belehrungen
wurden zahlreiche Untersuchungen in Mischfuttermittel-
unter Einbindung der Lebensmittelüberwachung ergänz-
proben, entnommen bei Herstellern, Händlern und vor al-
ten die Maßnahmen. In einer Probe Alleinfuttermittel für
lem auf landwirtschaftlichen Betrieben, auf verschiedene
Mastschweine konnte das Antibiotikum Tilmicosin in einer
Stoffe bzw. Stoffgruppen durchgeführt (siehe Tabelle).
Konzentration von 0,03 mg / kg nachgewiesen werden.
In 7 Proben aus der u. g. ersten Gruppe wurden die Wirk-
Hauptursachen für den Nachweis solcher Stoffe in Futtermit-
stoffe Maduramycin-Ammonium, Monensin-Natrium bzw.
teln auf landwirtschaftlichen Betrieben sind Verschleppun-
Salinomycin-Natrium in unterschiedlichen Konzentrationen
gen aus arzneimittelhaltigen Futtermitteln, insbesondere
(0,2 mg / kg bis 12,1 mg / kg, z. T. in Kombination) nachgewie-
durch Vermischungen, unzureichende Reinigungsmaßnah-
sen. Die resultierenden Maßnahmen reichten von Hinwei-
men, Restmengen in Rohrleitungen oder über Restfutter-
sen und Belehrungen bis hin zu einem Bußgeldbescheid.
mittel in Mischanlagen oder in Lagerbehältern. Die seit 1.
In der Gruppe der nicht mehr zugelassenen Zusatzstoffe
Januar 2006 geltende Verordnung (EG) Nr. 183 / 2005 zur
ergaben sich keine positiven Befunde. In 4 Proben konnten
Futtermittelhygiene greift diese Problematik auf und ver-
Rückstände von Tierarzneimittelwirkstoffen aus der Grup-
pflichtet den Landwirt, als Tierhalter Maßnahmen zu ergrei-
pe der Tetracycline (Chlortetracyclin, Oxytetracyclin, Tetra-
fen, um Kontaminationen von Futtermitteln mit Wirkstoffen
cyclin, z.T. in Kombination) nachgewiesen werden. Dabei
aus arzneimittelhaltigen Futtermitteln zu verhindern.
Stoffgruppe
Gesamtzahl der Untersuchungen
für bestimmte Tierarten zugelassene Futtermittelzusatzstoffe
435
nicht mehr zugelassene Zusatzstoffe
387
Verschleppung von Tierarzneimittelwirkstoffen
444
Untersuchungen auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO)
Seit 18. April 2004 müssen Futtermittel, die GVO enthalten
Durch eine Schnellwarnung der Europäischen Kommis-
oder aus solchen hergestellt sind, entsprechend gekenn-
sion war im April 2005 auf einen möglichen Import des
zeichnet werden. Eine Kennzeichnung entfällt, wenn der
nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Maisevents
Anteil an GVO nicht mehr als 0,9 % beträgt und wenn es
Bt10 hingewiesen worden. Zunächst verfügten die Unter-
sich belegbar um einen zufälligen, technisch unvermeidba-
suchungsstellen weder über eine erprobte Methode noch
ren Anteil handelt. In der EU nicht zugelassene genetisch
über das zur Quantifizierung notwendige Standardmaterial.
veränderte Organismen dürfen nicht enthalten sein.
Da die nicht zugelassene Maislinie Bt10 und die zugelas-
Im Kontrolljahr 2005 wurden insgesamt 159 Einzel- und
sene Linie Bt11 in einer Versuchsreihe entwickelt worden
Mischfuttermittel, davon 35 mit entsprechender Kennzeich-
waren, weisen sie viele Gemeinsamkeiten auf. Bis zur
nung und 124 ohne „GVO-Kennzeichnung“, untersucht. Der
Bereitstellung eines eventspezifischen Nachweises und
Schwerpunkt der Untersuchungen lag bei Soja- und Mais-
von Referenzmaterial durch die verantwortliche Firma 4
produkten sowie bei Mischfuttermitteln, die solche Kom-
Wochen nach dem Beginn der Untersuchungen wurden
ponenten enthalten. Der Analyserahmen beinhaltete die
deshalb alle maishaltigen Proben mit dem Bt11-Screening
Prüfung auf 2 Soja- und 9 Maisevents (ein Event bezeichnet
auf die in beiden Linien gegebene gentechnische Verän-
eine charakteristische genetische Veränderung) sowie 3
derung untersucht. Schwerpunkt der Untersuchungen wa-
auch in Raps vorkommende genetische Veränderungen. In
ren Produkte der Maisverarbeitung, da nach Informationen
39 % der sojahaltigen Proben wurde der herbizidtoleran-
der US-Behörden aus den USA nach Europa überwiegend
te Event Round up Ready-Soja nachgewiesen, eine Probe
Verarbeitungsprodukte aus Mais als Futtermittel exportiert
wurde beanstandet. Der Anteil an GVO in den übrigen nicht
werden. Gegenstand der Untersuchung auf Bt10-Mais wa-
deklarierten Proben lag unterhalb des Höchstwertes. Die
ren im Kontrolljahr 2005 6 Proben Maiskleber, 33 Proben
zuständige Behörde prüft, ob der festgestellte Anteil zufäl-
Körnermais und 30 Proben maishaltige Mischfuttermittel.
lig oder technisch unvermeidbar ist.
Bt10- und Bt11-Mais konnten in keiner der untersuchten
Proben nachgewiesen werden.
Tabelle:
Untersuchungen
auf PWS
in Mischfuttermitteln
Lebensmittelüberwachung BW
136
Teil V: Futtermittel
Untersuchungen auf Fumonisine
Tabelle:
MykotoxinBefunde
Pilzgifte (Mykotoxine) in Futtermitteln
es sich um eine Gruppe von Pilzgif-
Eine teratogene Wirkung und Missbil-
können ein hohes Risiko für die tie-
ten, die durch verschiedene Feldpilze
dungen des Fötus sind nicht auszu-
rische Gesundheit darstellen. Einzel-
(Fusarien) gebildet wird. Nachgewie-
schließen. Über den Zusammenhang
ne Mykotoxine, wie Aflatoxine oder
sen wurden sie bisher in Mais und
zwischen der Konzentration an Fumo-
Ochratoxin A können auch in Lebens-
Maisprodukten. Fumonisine können
nisinen in Futtermitteln und möglichen
mittel tierischer Herkunft übergehen.
schwerwiegende negative Auswir-
negativen Auswirkungen auf die Ge-
Die aufgrund der Häufigkeit ihres
kungen auf die Gesundheit haben.
sundheit der Tiere liegen bisher unzu-
Vorkommens in Futtermitteln und
Für maishaltige Lebensmittel wurden
reichende Kenntnisse vor. Zur Erwei-
ihrer toxischen Wirkung wichtigsten
deshalb bereits im Jahr 2004 nationale
terung des Kenntnisstandes sieht das
Mykotoxine sind die Aflatoxine und
Grenzwerte festgelegt. Für Futtermit-
NKP die Untersuchung von Mais und
verschiedene Fusarium-Toxine, zu de-
tel wurden bisher keine Festlegun-
Maisprodukten vor. Im Jahr 2005 wur-
nen Deoxynivalenol, Zearalenon, die
gen getroffen, da die Datenlage noch
den 19 Proben auf Fumonisine mittels
Gruppen der Trichothecene und der
ungenügend ist. Bekannt ist jedoch,
einer ELISA-Methode untersucht. Der
Fumonisine zählen. Die gesetzlichen
dass auch bei Nutztieren schwerwie-
bei 4 Proben vorliegende positive Be-
Regelungen zur Einschränkung mögli-
gende negative Auswirkungen auf
fund konnte über eine spezifische
cher Gefahren beinhalten bisher allein
die Gesundheit auftreten können.
Untersuchung mittels HPLC-Methode
Höchstwerte für Aflatoxin B1. Für De-
Bei Pferden wirken sie hauptsächlich
nicht bestätigt werden, sodass für das
oxynivalenol und Zearalenon wurden
neurotoxisch, bei Schweinen können
Kontrolljahr keine Fumonisin-Konzen-
im Jahr 2000 tierartbezogen Orientie-
sie zu Lungenödemen führen, auch
trationen (Gesamtfumonisine B1 und
rungswerte festgelegt.
leber- und nierentoxische Wirkungen
B2) größer 0,1 mg / kg (Nachweisgren-
Zukünftige Regelungen sollen auch die
sind bei verschiedenen Tierarten be-
ze) vorliegen.
Fumonisine erfassen. Dabei handelt
kannt.
Mykotoxin
Einzelfuttermittel
Mischfuttermittel
Gesamtzahl
Überschreitung Höchst- bzw.
Orientierungswert
Aflatoxin B1
24
88
122
0
Zearalenon
52
64
116
0
Deoxynivalenol
62
67
129
0
19
–
Fumonisine
Fahrbare Mahl- und Mischanlagen
Viele Betriebe in einer kleinstrukturierten Landwirtschaft
wendig. Die Mahl- und Mischbetriebe müssen gegenüber
verzichten auf die Anschaffung einer eigenen aufwändi-
der Überwachungsbehörde die Rückverfolgbarkeit nach-
gen Futtermischtechnik und lassen bedarfsgerechte Fut-
weisen und die Herstellungsabfolge, die Tagesroute und die
termischungen von Lohnunternehmern herstellen. Diese
Adressen der aufgesuchten landwirtschaftlichen Betriebe
Mahl- und Mischanlagen fahren von Hof zu Hof, um das
vorlegen können. Sauberkeit und technischer Zustand der
hofeigene Getreide zu schroten und mit den notwendigen
Mischanlage sowie die Qualität der eingesetzten Futter-
Ergänzungskomponenten zu mischen. In Baden-Württem-
mittel werden ebenfalls überprüft.
berg beläuft sich dieser Teil der Mischfutterherstellung auf
Bei 31 Betriebs- und Buchprüfungen, dazu begleitend 60
geschätzte 450 000 t / Jahr, also deutlich mehr, als die
Kontrollen in landwirtschaftlichen Betrieben, wurden 64
Jahresproduktionsmenge eines größeren industriellen
Proben gezogen. Dabei gab es bei 7 Proben Auffälligkei-
Mischfutterwerks von 100 000 t. Neben den 50 in Baden-
ten. Ursache für die in einigen Fällen festgestellten erhöh-
Württemberg registrierten Lohnunternehmern sind noch
ten Keimzahlen können eine unzulängliche Reinigung und
mehrere Unternehmen aus den angrenzenden Bundes-
Trocknung oder eine nicht sachgemäße Lagerung des Ge-
ländern hier tätig.
treides sein. Eine Mischung enthielt tierische Bestandteile
Aufgrund ihrer Bedeutung und der Verantwortlichkeiten von
in geringen Spuren, die auf die Verunreinigung mit Katzen-
Landwirt und Betreiber sind diese Anlagen und die damit
kot zurückzuführen waren. In einem Fall wurde ein geringer
hergestellten Futtermittel im Rahmen der amtlichen Kon-
Rückstand eines Arzneimittels gefunden, das bei einer vor-
trolle angemessen zu berücksichtigen.
ausgegangenen Charge ordnungsgemäß zudosiert worden
Das Risiko der Verschleppung kritischer Stoffe, wie z. B.
war. Die Prüfung ergab, da es sich um sehr geringe Spuren
Arzneimittel, durch das Mischfahrzeug von einem Betrieb
handelte, dass Rückstände in den Lebensmitteln nicht zu
zum anderen macht eine lückenlose Dokumentation not-
erwarten sind.
Futtermittelüberwachung
Jahresbericht 2005
Zusammenfassung
Stoffgruppen / Untersuchungsgebiet
Untersuchungen
Inhaltsstoffe (ohne Wasser)
Beanstandungen
Anzahl
Anzahl
%
4,7
1 547
73
Energie
102
6
5,9
Zusatzstoffe (Gehalte in Mischfuttermitteln)
910
170
18,7
1 587
11
0,7
110
0
Unerwünschte Stoffe
davon Dioxine
0
Unzulässige Anwendung / verbotene Stoffe
2 775
43
1,5
davon „tierische Bestandteile“ *
886
29
3,3
Schädlingsbekämpfungsmittel
Mikrobiologische Qualität (z. B. Verderb)
Salmonellen
1 308
0
0
591
68
11,5
32
0
Zusammensetzung (z. B. Deklarationstreue)
210
12
Gentechnisch veränderte Organismen
159
1
0,6
Formale Kennzeichnungsvorschriften
650
109
16,8
0
5,7
Die Tabelle gibt eine Übersicht über
Im Jahr 2005 wurden 912 Betriebe,
* verstärkte Beprobung von Zuckerrübenschnitzeln
die Zahl der durchgeführten Untersu-
in denen Futtermittel hergestellt, ge-
(zur Änderung der Rechtslage siehe Beitrag
chungen, wobei je Probe in der Regel
handelt, eingeführt oder verfüttert
„Tierische Bestandteile“)
mehrere Untersuchungen durchge-
wurden, kontrolliert (davon 506 tier-
führt werden. Die Zahl der Untersu-
haltende Betriebe). Dabei wurden
Neben den Maßnahmen im
chungen auf Inhaltsstoffe (hierzu zäh-
verschiedene Betriebe auch mehrfach
Rahmen der amtlichen Kontrolle
len u. a. Rohprotein, Aminosäuren,
geprüft. Insgesamt wurden 1 217 Be-
sind für 2005 folgende Themen
Mengenelemente) liegt etwas nied-
triebsprüfungen und 77 Buchprüfun-
hervorzuheben:
riger als im Kontrolljahr 2004. Damit
gen durchgeführt sowie 1 582 Futter-
wird den Vorgaben des Nationalen
mittelproben gezogen, von denen 328
Kontrollprogramms entsprochen,
nicht den Vorschriften entsprachen.
nach denen die Untersuchungen auf
Beprobt wurden 510 Einzelfuttermit-
sicherheitsrelevante Stoffe wie Dioxi-
tel, 1 009 Mischfuttermittel, 63 Vormi-
ne, Schwermetalle oder pharmakolo-
schungen und Zusatzstoffe.
gisch wirksame Stoffe im Vordergrund
der amtlichen Kontrolle stehen sollen.
Aus den Beanstandungen ergaben
Zuständige Behörden sind die Regie-
sich folgende Maßnahmen:
rungspräsidien.
Die Untersuchungen der Futtermittelproben erfolgen an der Staatlichen
Landwirtschaftlichen Untersuchungsund Forschungsanstalt Augustenberg
und an der Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie der Universität Hohenheim. Die Untersuchungen
auf Dioxine und auf die Gruppe der
coplanaren, dioxinähnlichen Polychlorierten Biphenyle (cPCB) erfolgen am
CVUA Freiburg, die Untersuchungen
auf pharmakologisch wirksame Stoffe
werden am CVUA Karlsruhe durchgeführt. Durch diese Festlegung und die
Zentralisierung der besonders aufwändigen Untersuchungen ist ein Höchstmaß an analytischer Kompetenz unter
Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte sichergestellt.
• Mit der Fertigstellung des Handbuchs „Amtliche Futtermittelkontrolle Baden-Württemberg“ ist die
Grundlage für ein umfassendes
Qualitätssicherungssystem geschaffen worden. Verfahrensanweisungen, Anforderungskataloge und
Checklisten sollen ein einheitliches
Vorgehen bei der Kontrolle sowie
• In 168 leichten Fällen wurden die
ein abgestimmtes und wirksames
Betroffenen durch Hinweise be-
Krisenmanagement gewährleisten.
lehrt.
• In 28 Fällen wurden Verwarnungen
ausgesprochen.
Damit wird einer wesentlichen Anforderung der VO (EG) Nr. 882 / 2004
(Kontroll-Verordnung) entsprochen.
• In 45 Fällen wurde eine weitere Be-
• Die VO (EG) Nr. 183 / 2005 vom 12.
handlung des Futtermittels, dessen
Januar 2005 zur Futtermittelhygiene
anderweitige Verwendung (nicht zur
stellt die Verantwortung des Futter-
Verfütterung) oder die unschädliche
mittelherstellers in den Vordergrund
Beseitigung angeordnet.
und konkretisiert die Anforderun-
• In 62 Fällen wurde ein Bußgeldver-
gen der Basis-Verordnung (EG) Nr.
fahren eingeleitet, davon wurden 37
178 / 2002 zur Lebensmittelsicher-
Fälle abgeschlossen und Bußgelder
heit. Sie verpflichtet zur Registrie-
in Höhe von 14 095 1 vereinnahmt.
rung (im Einzelfall zur Zulassung)
• In einem Fall erfolgte eine Abgabe
aller Futtermittelunternehmen. Ins-
an die Staatsanwaltschaft.
besondere zur Erfassung der zahlreichen landwirtschaftlichen Betriebe mussten Lösungen gefunden
werden.
137
138
Lebensmittelüberwachung BW
Autorenverzeichnis
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren dieses Jahresberichts
Thema
Autorin / Autor
Zusammenfassung
Frau Roth, CVUA Stuttgart
Betriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittelüberwachung
Frau Dr. Pfleghar, LRA Ravensburg
Frau Dr. Basler, LHS Stuttgart
Frau Gutmacher, CVUA Sigmaringen
Milch und Milchprodukte
Frau Helble, CVUA Freiburg
Eier und Eiprodukte
Frau Helble, CVUA Freiburg
Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse
Frau Anlauer, CVUA Karlsruhe
Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse
Frau Anlauer, CVUA Karlsruhe
Fette und Öle
Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart
Feinkostsalate
Herr Grundhöfer, CVUA Freiburg
Getreide, Backwaren, Teigwaren
Herr Grundhöfer, CVUA Freiburg
Obst, Gemüse, -Erzeugnisse
Herr Dr. Reusch, CVUA Karlsruhe
Kräuter und Gewürze
Herr Dr. Ruge, CVUA Karlsruhe
Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser)
Frau Wahl und Frau Dr. Fischer-Hüsken, CVUA Freiburg
Wein, Erzeugnisse aus Wein
Herr Dr. Godelmann, CVUA Karlsruhe
Alkoholische Getränke (außer Wein)
Herr Dr. Lachenmeier, CVUA Karlsruhe
Eis und Desserts
Frau Dr. Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart
Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche, Kaffee, Tee
Frau Blum-Rieck, CVUA Stuttgart
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse
Herr Dr. Reusch, CVUA Karlsruhe
Fertiggerichte
Herr Grundhöfer, CVUA Freiburg
Diätetische Lebensmittel und Sportlernahrung
Frau Dr. Schweizer, CVUA Freiburg
Frau Maixner, CVUA Karlsruhe
Nahrungsergänzungsmittel
Frau Bauer-Aymanns, CVUA Karlsruhe
Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)
Frau Dr. Schweizer, CVUA Freiburg
Neuartige Lebensmittel (Novel Food)
Frau Maixner, CVUA Karlsruhe
Zusatzstoffe und Aromastoffe
Herr Dr. Marx und Herr Dr. Kuballa, CVUA Karlsruhe
Trinkwasser
Herr Brezger, CVUA Sigmaringen
Kosmetische Mittel
Herr Dr. Schuster, CVUA Freiburg
Bedarfsgegenstände
Frau Ellendt, CVUA Stuttgart
Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige
Frau Kratz, CVUA Karlsruhe
Haushaltschemikalien
Tabakwaren
Herr J. Hahn, CVUA Sigmaringen
Krankheitserregende Mikroorganismen und mikrobiologische
Herr Dr. Friedrich, CVUA Stuttgart
Besonderheiten
Mykotoxine
Herr Dr. Lauber, CVUA Stuttgart
Marine und Süßwasser-Biotoxine
Herr Dr. Thielert, CVUA Sigmaringen
Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten
Frau Wauschkuhn, CVUA Stuttgart
Frau Dr. Kypke, CVUA Freiburg
Ökomonitoring
Frau Scherbaum, CVUA Stuttgart
Pharmakologisch wirksame Stoffe
Herr Lippold, CVUA Freiburg
Lebensmittelallergene
Herr Waiblinger, CVUA Freiburg
Gentechnik in Lebensmitteln
Herr Waiblinger und Herr Dr. Pietsch, CVUA Freiburg
Bestrahlung von Lebensmitteln
Frau Straub, CVUA Karlsruhe
Radiochemische Untersuchungen
Herr Dr. Metschies, CVUA Freiburg
Dioxine und dioxinähnliche PCB
Herr Dr. Malisch, CVUA Freiburg
Schwermetalle und toxische Spurenelemente
Herr Reiser, CVUA Sigmaringen
Nitrat, Nitrit und Nitrosamine
Frau Kettl-Grömminger, CVUA Stuttgart
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs)
Herr Klein, CVUA Sigmaringen
Acrylamid
Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart
Furan in Lebensmitteln
Herr Dr. Martin, CVUA Freiburg
Herr Dr. Kuballa, CVUA Karlsruhe
Stabilisotopen-Analytik
Herr Dr. Metschies, CVUA Freiburg
Autorenverzeichnis
Jahresbericht 2005
Thema
Autorin / Autor
Futtermittelüberwachung
Frau Assfalg, RP Stuttgart
Herr Koch, RP Freiburg
Frau Dr. Maulbetsch, LUFA Augustenberg
Frau Dr. Roth, LUFA Augustenberg
Herr Wambold und Herr Dr. Malisch, CVUA Freiburg
Herr Dr. Kranz und Herr Dr. Zittlau, CVUA Karlsruhe
Herr Dr. Eckstein, MLR
Abkürzungen:
CVUA = Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt
LHS = Landeshauptstadt
LRA = Landratsamt
MLR = Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum
RP
= Regierungspräsidium
139
140
Lebensmittelüberwachung BW
Herausgeber:
Ministerium für Ernährung und
Ländlichen Raum Baden-Württemberg
Postfach 10 34 44
70029 Stuttgart
Für eventuelle Rückfragen:
Telefon: 0711. 126 - 0
Telefax: 0711. 126 - 2255
Gestaltung:
Kai Twelbeck, Stuttgart, www.sojusdesign.de
Impressum
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