Wissen ist Macht – auch am Finanzplatz

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31. August 2013 · Nr. 68
Wissen ist Macht –
auch am Finanzplatz
Schweiz muss mit Know-how und Know-why trumpfen
CHRISTIAN DREYER
«Wissen ist Macht, nichts wissen macht
nichts.» So haben wir uns in der Schule
nach schlechten Noten getröstet – und
getäuscht. Heute wissen wir es besser.
Wissen ist ein wichtiger Faktor über alle
Bereichen des menschlichen Handelns
hinweg. Das gilt besonders in der Finanzindustrie, wo heute im Extremfall
ein Wissensvorsprung in Tausendstelsekunden über Gewinn und Verlust
entscheiden kann.
Die Bedeutung des Wissens als volkswirtschaftlicher Produktionsfaktor für
unser Land ist ebenfalls unbestritten.
Beweis dafür ist die weltweit führende
Innovationsdichte und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Gilt das aber auch
für das Finanzwissen? Auch wenn es in
weniger unmittelbarem Zusammenhang gesehen wird als andere Standortfaktoren wie die politische und die wirtschaftliche Stabilität, Rechtssicherheit
oder bis vor kurzem das Bankgeheimnis,
so ist die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften zentral.
Ausgezeichnete Basis
Die Berufslehre in Verbindung mit einer
Vielzahl höherer Abschlüsse an Universitäten und Fachhochschulen leistet
diesbezüglich Grossartiges für die Vermittlung der fachlichen Grundlagen.
Die globale Reputation der akademischen Arbeit Schweizer Provenienz hat
dank des im Jahr 2006 gegründeten
Swiss Finance Institute einen weiten
Schritt vorwärts gemacht.
Trotzdem kann der Bedarf an praxiserprobten, multikulturell erfahrenen
und mobilen Top-Fachleuten oft nur
dank liberaler Arbeitsmarktregeln gedeckt werden, sprich: durch Zuwanderung hoch qualifizierter Fachkräfte. Das
absolute Gewicht und die internationale
Offenheit des Finanzsektors liefern nur
unbefriedigende Erklärungen für diese
Angebotslücke, die sich trotz den Nachwehen der Finanzkrise von 2008 und
dem Vertrauensverlust in den Finanzsektor kaum zu schliessen scheint.
Auch das weltweit als Quasi-Standard
anerkannte, anspruchsvolle CFA-Programm leistet in der Schweiz seit den
Neunzigerjahren einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lage: Unmittelbar sind es die heute über 2500 in der
Schweiz ansässigen CFA Charterholder,
die täglich für den Erfolg des Finanzplatzes arbeiten. Ihre Zahl ist auch während
der Finanzkrise um durchschnittlich 6%
jährlich stetig gestiegen (vgl. Grafik),
weshalb die Schweiz heute nach Bermuda und Singapur eine der höchsten
Dichten von CFA Charterholdern pro
Kopf aufweist. Und trotz des hohen
Qualifikationsniveaus nimmt die Mehrheit der Charterholder an einem freiwilligen Weiterbildungsprogramm (Continuing Education, CE) teil.
Vorbild CFA Programm
Mittelbar hat das CFA-Programm für die
akademische Lehre eine Vorbildfunktion: Durch die Partnerschaften mit den
Universitäten Lausanne und St. Gallen
stellt das CFA Institute, die Mutterorganisation von CFA Switzerland, seinen
rollend überarbeiteten und durch einen
ausgeklügelten Prozess an globalen Praxisanforderungen gekoppelten detaillierten Lehrplan für die Weiterentwicklung der eigenen Kurse zur Verfügung.
Jede praxisorientierte Ausbildung
bleibt unvollständig und nachgerade
unverantwortlich, wenn sie nur die
Vermittlung von Techniken (Know-how)
zum Gegenstand hat und nicht auch die
richtige und verantwortungsbewusste
Anwendung dieser Techniken (Knowwhy) lehrt. Der Zweck jeder Ausbildung
in der arbeitsteiligen Wirtschaft besteht
darin, den ausgebildeten Spezialisten
dank vertiefter Information in die Lage
zu versetzen, die im Interesse des Kunden beste Lösung zu finden. Dadurch
entsteht jedoch ein Informationsgefälle,
das missbraucht werden kann und Vertrauen zerstört – Vertrauen, das jeweils
Weiterbildung im Trend
CFA Charterholders in der Schweiz
CE Teilnehmer (Continuing Education)
2000
1000
0
90
94
98
02
06
10
Quelle: CFA / Grafik: FuW, vp
Kenntnis fördern
Je breiter Fachwissen verankert ist,
umso effizienter und fehlerfreier kann
eine Branche arbeiten. So hat das CFA
Institute jüngst mit Claritas einen
Finanzbildungskurs lanciert, der sich
ans Umfeld von Finanzprofis, z. B. das
Back- und Middleoffice, richtet. Auch
da geht es neben Fachwissen um Verhaltensregeln. Ziel von Claritas ist es,
mehr Klarheit und Transparenz und damit mehr Effizienz und Fairness in der
Finanzbranche zu schaffen. Verständnis
soll gefördert und die Zusammenarbeit
zwischen den diversen Schnittstellen
in hochkomplexen Finanzprozessen
verbessert werden.
mühsam wieder aufgebaut werden
muss. Das musste gerade der Bankensektor in den letzten Jahren erfahren.
Die im Finanzsektor typische Mischung von Informationsgefälle und
Interessenkonflikt wird brisant, wenn
der Spezialist keinem robusten (standes-)ethischen Kodex verpflichtet ist
und seine eigenen kurzfristigen Interessen vor die des Kunden und des Berufsstands setzt. Das haben schon die Ärzte
im alten Griechenland erkannt, als sie
primum non nocere («zuerst einmal
nicht schaden») ins Zentrum des hippokratischen Eides rückten.
Ethische Defizite
Hier ist das grösste Defizit einer rein
fachtechnisch orientierten Ausbildung.
Auch wenn solche Inhalte indirekt via
den Regulator in die Ausbildung einfliessen, kann Compliance nie Ethik, Anstand und gesunden Menschenverstand
ersetzen. Folgerichtig ist jeder CFA Charterholder verpflichtet, sein Verhalten
nach dem jeweils strengeren Gebot von
geltendem Recht oder Ethischem Kodex
und Verhaltensstandards des CFA Institute auszurichten, solange er CFA Charterholder sein will.
Die Schlüsselnorm sieht vor, dass das
Kundeninteresse stets im Zentrum zu
stehen hat. Eine gleichwertige Kombination von ethischem Verhalten und
professioneller Kompetenz ist die einzige wirklich tragfähige Basis für langfristige Geschäftsbeziehungen. Herrschaftswissen hat keinen Platz.
Christian Dreyer, CFA, ist CEO
von CFA Switzerland.
Neuer Präsident
Die Schweizer Vereinigung des CFA-Instituts, die CFA Society Switzerland, bekommt mit Florian Esterer einen neuen
Präsidenten. Esterer hat unlängst die Leitung des Bereichs Asset Management
Aktien von J. Safra Sarasin übernommen.
Dem Vorstand gehört er seit 2009 an, zuletzt als Vizepräsident. Er folgt rund ein
halbes Jahr vor Ende des zweijährigen Turnus auf Jacqueline Curzon, die wiederum
Daniel Jaedig als Past-President ablöst. Der
vorzeitige Wechsel kommt im Rahmen
einer Neuorganisation des Vorstands,
bedingt durch die «unerwartete Zunahme
der Arbeitsbelastung zweier Mitglieder»,
HF
wie die Vereinigung mitteilt.
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