Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens

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ADHS +
Störungen des
Sozialverhaltens
KJP-Vorlesung:
02.06.2009
Andrea Ludolph &
Paul Plener
Heinrich Hoffmann, 1844
Definition
Hyperkinetische Störungen sind durch ein
durchgehendes Muster von
Unaufmerksamkeit, Überaktivität und
Impulsivität gekennzeichnet,
gekennzeichnet das in einem für
den Entwicklungsstand des Betroffenen
abnormen Ausmaß situationsübergreifend
g
auftritt. Die Störung beginnt vor dem Alter von
6 Jahren und sollte in mindestens zwei
Lebensbereichen (z.B. in der Schule, in der
Familie, in der Untersuchungssituation) konstant
auftreten.
auftreten
Leitsymptome
y p
-Unaufmerksamkeit
-Überaktivität
-Impulsivität
Vergesslichkeit und schlechtes Kurzzeitgedächtnis
das Kind wirkt zerstreut und chaotisch
große Probleme beim Einhalten von Regeln
Schul- und Lernprobleme, Vermeidungsverhalten beim Lernen
Große Stimmungsschwankungen in kurzer Zeit
Geringer Selbstwert
Problematisches Sozialverhalten
Sozialverhalten, gliedert sich nicht in Gruppen ein
Subgruppeneinteilung
g pp
g hyperkinetischer
yp
Störungen
Unterteilung gemäß ICD
ICD-10:
10:
- Einfache Aktivitäts
Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0)
- Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1)
yp
Störungen
g ((F90.8))
-Andere hyperkinetische
- Nicht näher bezeichnete Störung (F90.9)
Unterteilung gemäß DSM-IV:
- Der unaufmerksame Typ (IN),
- der hyperaktive-impulsive Typ (HI),
- der kombinierte Typ (CB)
CB entspricht
t i ht am ehesten
h t der
d hyperkinetischen
h
ki ti h
Störung nach ICD 10 (F 90)
Epidemiologie
p
g
- Prävalenz: 3
3-7%
7% im Schulalter
- Jungen sind drei- bis neunmal häufiger betroffen als
Mädchen
- Im Grundschulalter bei jedem 10. Jungen und
jjedem 43. Mädchen.
Schlack et al., 2007
Ätiologieg Genetik
• Polymorphismen:
• 10-repeat
10 repeat Allel für DAT 1 (Dopamintransporter)
•7-repeat Allel für den DRD 4 und DRD 5 Rezeptor
• Eine Abweichung im Dopamintransportergen scheint ein
Risikofaktor für die Manifestation einer ADHS zu
sein
ADHS Genetik
Zwillingsstudien zeigen genetische Vulnerabilität.
( 2000 P
(>
Paare, monozygote
t Z
Zw. 50
50-80%
80% K
Konkordanz,
k d
Dizygote 35%)
Adoptionsstudien zeigen einen stärkeren genetischen
Einfluss als Umwelteinfluss ((„shared environment in
Adoptionsstudien).
Geschwister: Prävalenz 2-4fach erhöht
Eltern: Prävalenz 8-10x
8 10x höher
Kinder von Eltern mit ADHS: zu ca 60% betroffen
Ätiologie- Neuroanatomische Ergänzungen
• Die Beteiligung limbischer Strukturen bei der ADHS könnte eine
Rolle spielen für hohe Vulnerabilität für komorbide Störungen
wie Depression, Angst und dissoziale Störungen.
• Die mesolimbischen, mesokortikalen sowie nigrostriatalen
Bahnen des dopaminergen Systems scheinen betroffen zu sein.
ADHS: Umweltfaktoren
pränatal:
- Nikotin
Nik ti und
d Alk
Alkohol
h l iintrauterin
t t i
- Drogen (Cannabis, Kokain, Heroin)
- Blei (?)
- Diät (?)
- psychosozialer
h
i l St
Stress iin d
der S
Schwangerschaft
h
h ft
perinatal
-Frühgeburtlichkeit (Hypoxie)
Ätiologie
g – Psychosoziale
y
Faktoren
•
Geringer sozioökonomischer
so ioökonomischer Stat
Status
s
• Unvollständige Familien („broken homes“)
• Psychische Erkrankung eines Elternteils
• Gewalt in der Familie
• Übermäßiger Fernsehkonsum
Früher Fernsehkonsum
Einführung von Babyfernsehen (Teletubbies) und permanentes
Fernsehen als familiäre Backgroundgestaltung vor allem in
Unterschichtfamilien.
Langzeitstudie: Zusammenhang zwischen frühem Fernsehkonsum und
ADHD im Alter von 7 Jahren.
1278 Kinder wurden mit einem Jahr,
1345 Kinder mit drei Jahren untersucht.
Evaluation mit 7 Jahren
Klarer Zusammenhang
g mit der Menge
g des täglichen
g
Fernsehkonsums
und dem Auftreten von ADHD
Christakis (2004)
Gene
Umweltfaktoren
Neurobiologische Abweichungen
Neuropsychologische Abweichungen
Kein ADHS
ADHS
Häufigste Komorbiditäten und
Diff
Differentialdiagnosen
ti ldi
¾ Teilleistungsstörungen
¾ Lernbehinderung
¾ Störung des Sozialverhaltens
¾ oppositionelle Verhaltensstörung
¾ Angststörung
¾ Zwangstörung
¾ posttraumatische Belastungsstörung
¾ Depression
¾ bipolare Störung
¾ Tic-Störungen
¾ Anpassungsstörungen
Komorbiditäten
Bis zu 80% der Patienten mit ADHS zeigen komorbide
psychische Störungen:
- Oppositionelles Verhalten (40-80%)
( 50%)
- Störungen des Sozialverhaltens (>
- Affektive Störungen ( v.a. Depression) (10-40%)
(10 40%)
- Angststörungen (10-40%)
- umschriebene Entwicklungsstörungen, Lernstörungen
und
Teilleistungsschwächen (10-40%)
- Tic-Störungen (20%)
Diagnostik
Exploration der Eltern und des Kindes/Jugendlichen
bezüglich der störungsspezifischen Symptomatik:
-
Auftreten/Vorhandensein der Leitsymptome
-Beginn der Symptomatik (< 7 Jahre!)
-Ungünstige
Ungünstige Temperamentsmerkmale im Säuglingsalter
-Häufigkeit, Intensität und situative Variabilität der Symptomatik
Informationen vom Kindergarten/von der Schule einholen
-Informationen
-Allg. Selbst- und Fremdbeurteiteilungsbögen (CBCL, YSR, TRF)
-Genetische Belastung
-Risikofaktoren in der Schwangerschaft (psychosozialer Stress,
Nikotin- oder Alkoholkonsum, Sunstanzkonsum)
-Geburtsanamnese
G b t
Diagnostik
g
Symptomspezifische ElternEltern und Lehrerfragebögen (z
(z.B.
B FBBFBB
HKS, Connersbögen)
Psychologische Testuntersuchungen (Intelligenz,
T ill i t
Teilleistungsschwächen)
h ä h )
Verhaltensbeobachtung
Exploration bezüglich eventueller Komorbiditäten
Internistische/ pädiatrisch neurologische Untersuchung
Apparativepp
und Labor- und Testdiagnostik
g
Therapie
p hyperkinetischer
yp
Störungen:
g
Die Behandlung wird
in der Regel als
multimodale
Therapie
(meist ambulant)
durchgeführt.
Multimodale Behandlung der hyperkinetischen
S
Symptomatik
t
tik
- Grundlage ist die Aufklärung und Beratung
(Psychoedukation)
Eltern
des Patienten und der
- Kognitive Therapie des Kindes/Jugendlichen
(Selbstinstruktionstraining / Selbstmanagementtraining)
- Elterntraining
Elt
t i i / Familieninterventionen
F ili i t
ti
- Schul-/Kindergarten-Interventionen
- bei
b i erheblichem
h bli h
S
Schwereh
b
bzw.
B
Beeinträchtigungsgrad
i t ä hti
d
der
Symptomatik, sollte eine
medikamentöse Behandlung
(Pharmakotherapie) in Erwägung gezogen werden.
- Wichtig: Behandlung komorbider Störungen!
Psychostimulanzien- Geschichte
The Behavior of Children Receiving Benzedrine
• 30 patients
ti t suffering
ff i ffrom a variety
i t off b
behavior
h i problems
bl
hospitalized in the Emma Pendleton Bradley Home
• 21 boys, 9 girls, age range 5 to 14 years
• dosage of 20 mg per day
„Fourteen children responded
„
p
in a spectacular
p
fashion.“
„I start to make my bed and, before I know it, it is done.“
„I feel fine and can´t seem to do things fast enough today.“
Charles
Ch
l B
Bradley,
dl
American Journal of Psychiatry,94, 577-585, 1937
Psychostimulanzien- Geschichte
Leandro Panizzon
geb 1907
synthetisierte
Methylphenidat
1944,
1944
Auf dem Markt seit
1954
„Effekt ist milder and
länger als die Wirkung
von Coffein“
C ff i “
CIBA 1957
Marguerite
Dr. A. G. Ludolph
=
Rita
RITALIN®
Pharmakotherapiep angewandte
g
Substanzen
Psychostimulantien:
• Methylphenidat
• Amphetamin (Rezeptur erforderlich)
Andere Substanzen:
• Atomoxetin (Strattera®)
• Neuroleptika
• neu: Memantin (Glutamat-Antagonist); auch Medikament bei
Alzheimer Demenz
Alzheimer• Modafinil (bisher nur für Narkolepsie zugelassen)
)
• Pemolin ((nicht mehr in Gebrauch).
Pharmakotherapie: PsychostimulantienMedikation der 1
1. Wahl
Psychostimulanzien sind am besten evaluiert und zeigen eine
gute Wirksamkeit bei relativ g
g
guter Verträglichkeit:
g
Methylphenidat mit schneller Freisetzung:
- Ritalin®
- Medikinet®
- Equasym®
Methylphenidat mit verzögerter Freisetzung:
- Concerta®
- Medikinet retard®
- Equasym retard®
Pharmakotherapiep Psychostimulantien
y
• Wirkungseintritt: nach ca. 30 min., Wirkdauer: ca. 3-4
h
• oft 2. Dosierung oder retardierte Form (z.B. Concerta
12 h) nötig
• Alter über 6 Jahre:
Beginn morgens 5mg, zweite mittägliche Dosis 5mg
allmähliche Dosissteigerung um 5-10 mg pro Woche,
maximale Tagesdosis liegt bei 60 mg.
übliche optimale Dosis: 0,5 – 1,0 mg/kg, verteilt auf 23 Tagesgaben
Methylphenidat- unerwünschte Wirkungen
Häufig:
Schlafstörungen, Einschlafstörungen,
verminderter Appetit, unspezifische gastrointestinale Beschwerden,
Reizbarkeit, erhöhte Herzfrequenz, erhöhte emotionale Labilität vor
Allem im Kindergarten- und Grundschulalter
Selten:
Sozialer Rückzug, Depressive Verstimmung, Auslösung von Tics,
erhöhter Blutdruck,, Schwindel,, Übelkeit,, Obstipation,
p
,
Kribbelparästhesien,
eingeschränkte kognitive Leistungsfähigkeit bei sehr hohen Dosen
(> 1mg/kg/d), z.B. Einengung der Aufmerksamkeit,
verminderte Flexibilität im Denken
Denken, schlechtere Problemlösestrategien
Multimodal Treatment Study of ADHD
(MTA)
3 Behandlungsmodalitäten für Schulkinder mit AHDS:
– Pharmakotherapie (MedMgt)
– Intensive behaviorale Therapie (Beh)
(
)
– Kombination Medikation + behaviorale Therapie (Comb)
– Routinebehandlung (Community Comparison=CC)
6 Studienzentren in den USA, N=579
Alt 7-9
Alter:
7 9 JJahre
h
80% Jungen
Behandlung für 14 Monate
Diagnosen: ADHS (hyperaktiv oder kombinierter Typ)
Parent SNAP-Hyperactive/Impulsive
3
Time x Tx: F=21.5,
F=21 5 p<
p<.0001
0001
Site x Tx: F=1.3, ns
Site: F=4.4, p<.0006
Averag
ge Score
e
2.5
CC
Beh
MedMgt
2
Comb
15
1.5
1
Comb, MedMgt > Beh, CC
0.5
0
0
100
200
300
Assessment Point (Days)
400
SNAP-ADHD (Parent/Teacher): Treatment Group
Outcomes across 24 Months (Lower scores better)
A verage SN A P A D H D Score
2,5
2
Comb/MedMgt > Beh/CC
p < .00003
1,5
1
0,5
0
BL
14M
24M
CC
Comb
Med Mgt
Beh
MPH Verschreibungen in Deutschland
Quelle: BfArM, Bundesopiumstelle
ADHS in der Adoleszenz
- Häufiger Substanzmißbrauch, Alkohol und Drogen
- Riskantes sexuelles Verhalten, Promiskuität und früherer
Beginn sexueller Handlungen
- mehr Teenagerschwangerschaften als im Vergleich zur
Normalbevölkerung
g
Unfälle
- riskanter Fahrstil,, häufigere
- mehr oppositionelles, delinquentes Verhalten
g
Auftreten von Komorbiditäten
- häufigeres
ADHS im Erwachsenenalter
- Erst seit einigen Jahren wird die Diagnose
Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitäts
Aufmerksamkeitsdefizit
Hyperaktivitäts-Störung
Störung
(ADHS) im Jugend- und besonders im
Erwachsenenalter in Betracht gezogen.
-
ca. 80% der ursprünglich diagnostizierten Kinder
erfüllen auch im Jugendalter die ADHS-Kriterien
vollständig bzw. teilweise, ca. b. einem Drittel
Fortbestehen ins Erwachsenenalter
-
Prävalenz im Erwachsenenalter: 1-5%
-
Verhältnis Männer: Frauen 3:2 bzw. 2:1
ADHS im Erwachsenenalter
Symptome:
Im individuellen Entwicklungsverlauf lassen sich Veränderungen
der Ausprägung der Kardinalsymptome feststellen
feststellen.
-
weniger hyperaktiv
-
g, etwas Neues anzufangen
g
Hemmung,
-
Desorganisation
-
Innere Unruhe (DD: Restless-leg-Syndrom, v.a. bei Mädchen
und Müttern, kann zu ähnlichen Symptomen, auch
Komorbiditäten führen; Therapie: L-Dopa)
Symptomatik im Erwachsenenalter
Sehr leicht ablenkbar durch äußere Stimuli
Trifft Entscheidungen oft sehr impulsiv
H t Schwierigkeiten
Hat
S h i i k it Tätigkeiten
Täti k it zu unterbrechen
t b h oder
d zu
beenden, wenn es gefordert ist
Beginnt
g
oft ein Projekt
j
oder Aufgabe
g
ohne die Instruktionen
ausreichend oder sorgfältig zu lesen oder zu hören
Kann oft Versprechungen oder Zusagen nicht einhalten.
Hat oft Probleme Aufgaben in der geforderten Reihenfolge zu
absolvieren
Fährt sehr viel schneller Auto als andere
(exzessives zu schnell fahren)
Nicht-Fahrer: kann sich nicht ruhig und entspannt bei
Freizeitaktivitäten verhalten
Hat oft Schwierigkeiten aufmerksam zu bleiben sowohl bei
beruflichen Aufgaben als auch Freizeitaktivitäten
Hat oft Schwierigkeiten Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren
Cut-off: 4 der ersten 7 oder 6 von 9 Symptomen; Beginn < 16 Jahre
ADHS und Substanzmissbrauch
Bei ADHS-Betroffenen ist insgesamt 2-fach höhere
Substanzmißbrauchsrate (14% vs. 8%) zu verzeichnen.
Erwachsene mit persistierender ADHS: 47%
Substanzmissbrauch (28% in Kontrollen)
Zusammenhang zwischen ADHS und erhöhtem
Substanzmissbrauch ist deutlich. Weitere Komorbiditäten
(SSV Depression) können die Kausalität erhöhen
(SSV,
erhöhen.
Zusammenhang Stimulantien- Substanzabusus sehr
kontrovers.
Substanzabusus häufiger, wenn Medikation erst später
begonnen worden ist.
Phineas Gage- 1848
Damasio 1994
Definition
SSV=
SSV
Muster dissozialen, aggressiven od.
aufsässigen
f ä i
V
Verhaltens
h lt
mit
it V
Verletzungen
l t
altersentsprechender sozialer Erwartungen.
>6Monate
Oft gleichzeitig schwierige psychosoziale
Umstände
Ev. mit Symptomen einer emotionalen Störung
(Angst, Depression) gemeinsam
ICD-10
DSM IV
Ort des Auftretens + Komorbidität
Code
F 90.1
Name
Alter bei Beginn
Code
Name
Conduct Disorder
Hyperkinetische Störung des
Sozialverhaltens
312.81 or
• Childhood-onset
Störung des Sozialverhaltens
312.82 or
• Adolescent-onset
F 91.0
• auf familiären Rahmen beschränkt
312.89
• Unspecified onset
F 91.1
• bei fehlenden sozialen Bindungen
F 91.2
• bei vorhandenen soz. Bindungen
g
F 91.3
• mit oppositionellem Verhalten
313.81
Oppositional Defiant
Disorder
kombinierte SSV und der Emotionen
312.8 or
312.9
(CD + 2. Diagnose)
F 92.0
• SSV mit depressiver Störung
F 92.8
• sonstige
Leitsymptome
•Deutliches Maß an Ungehorsam, Streiten od. Tyrannisieren
•Ungewöhnlich häufige od. schwere Wutausbrüche
•Grausamkeit gegenüber anderen Menschen od
od. Tieren
•Erhebliche Destruktivität gegenüber Eigentum
•Zündeln
•Stehlen
•Häufiges
Hä fi
Lügen
Lü
•Schuleschwänzen
•Weglaufen von zu Hause
Epidemiologie
In den USA:
In GB:
♂: 6-16
6 16 %
♂: 6
6,9
9 % (5
(5-10a)10a) 8,1
8 1 % (11
(11-16a)
16a)
♀: 2-9 %
♀: 2,8 % (5-10a)- 5,1 % (11-16a)
ODD: 2-16 %
D (KiGGS: SDQ: Verhaltensauffälligkeiten):
♂: 18,4 % (3-6a)- 15,7 % (14-17a)
♀: 13,1 % (3-6a)- 11,9 % (14-17a)
Hölling et al. 2007, NICE 2006, Siminoff et al. 1997, Carlson et al. 1997,
Biederman et al. 1999, Wrowley & Riggs 1995, Young et al. 1995
Kognitive Defizite
Aggression in Psychose,
deviantes Verhalten
Aggression (proaktiv)
b. ASPD
Psychopathie
Vulnerabilität
f. Aggression
Aggression (reaktiv)
b. BPD
Trauma
Aggression durch Trauma
getriggered, PTSD
Emotionale
E
ti
l
Dysregulation
Siever 2008
HOT or COLD Aggression
Hans Steiner (2005)
HOT
COLD
RADI
PIP
–Reactive
–Planned
–Affective
–Instrumental
–Defensive
–Proactive
–Impulsive
HOT or COLD Aggression
Hans Steiner (2005)
HOT
COLD
stärkerer Einfluß des
stärkerer Einfluß
Hypothalamus und des höherer kortikaler
limbischen Systems
Strukturen
Impulsivität
p
eher durch
serotonerges System
beeinflußt
Nelson & Trainor 2007
Beteiligung
g g
dopaminerger
Strukturen vermutet
Neuroanatomie der Aggression II- Menschen
Schädigung des frontalen Cortex: HOT ↑
Läsion, Tumor od. Epilepsie d.
Temporallappens: aggressives Verhalten
fMRT:
fMRT
Aktivität im frontalen Cortex ↓↓: b.
Menschen mit HOT ↑
Höhere Aktivierung im PFC: weniger hohe
Aggressionsscores
Gesteigerte Aktivität der Amygdala beim
Betrachten wütender Gesichtsausdrücke b.
Menschen mit HOT
ABER: reduzierte Amygdala Aktivität b.
COLD
Siever 2008, Nelson & Trainor 2007
Frontaler Cortex hat
inhibitorischen Einfluß
auf Amygdala und
Hypothalamus
Siever 2008
Ätiologie: Genetik und Umweltfaktoren
Neurotransmitter die involviert sind:
Neurotransmitter,
Serotonin (5
(5-HT)
HT), insb
insb. 5
5-HT
HT1A und 5HT1B –Rezeptoren
Rezeptoren
(5-HT Spiegel ↓: Impulsivität ↑; 5HT1B -/- Mäuse Aggression ↑)
Dopamin
D
i
GABA
Noradrenalin
Stickstoffmonoxid (bei NOS1-/- Mäuse Aggression ↑ )
Monoaminooxidase A (MAO A)
Oxytocin / Vasopressin
Steroide (Testosteron, Östrogene)
Und jetzt kommt noch die Umwelt dazu…
Geringe MAOA
Aktivität
+
KindesKindes
mißhandlung
SSV
Effekt von Kindesmißhandlung auf aggressives Verhalten: signifkant
stärker bei Kindern mit geringer MAOA Aktivität:
Mehr antisoziales Verhalten
Mehr Störungen des Sozialverhaltens
Mehr Verurteilungen für Gewalttaten
Caspi et al. 2003
Gen-Umwelt- Interaktion
5HT-T: Kurzes Allel homozygot in Männern: „Milgram“ eher
Schocks unter Streß appliziert
pp
5HTT
kurzes Allel,
homozygot,
♂
+
Streß
Aggressiveres
Verhalten
„Unfortunately, our knowledge of gene-environment
gene environment mechanisms that
could explain and prevent the development of CPA is perilously close to zero“
(Tremblay, 2008)
Epigenetik
Genetische Studien beschäftigen sich mit dem
Genom das in allen Zellen während des
Genom,
gesamten Lebens gleich ist.
Epigenetik beschäftigt sich mit den
physiologischen
h i l i h M
Mechanismen
h i
d
der
Genexpression, also mit dem Epigenom das in
verschiedenen Zelltypen und in verschiedenen
Stadien der Entwicklung anders ist
Tremblay 2008
Epigenetik und die Folgen
Rate an post-natalem Abschlecken von Baby-Ratten manipuliert:
Bei Babys:
y veränderte Regulation
g
der Gene, die die HPA
(Hypothalamus, Hypohphyse, NNR = „Streßachse“) beeinflußen.
JJungen ((zwischen
i h 6 und
d 12 JJahren)
h ) mit
i gesteigerter
i
physischer
h i h
Aggressivität: mehr methylierte Allele f. T-Zellen und IL-1B
Cytokine.
Hypothese: Frühe negative Umwelteinflüsse beeinflußen
Genexpression und darüber Gehirnentwicklung,
was zu verminderter Kontrolle über aggressives Verhalten
führen kann
▼
PRÄVENTION
Weaver et al. 2004, Broidy et al. 2003, Tremblay 2008
Prävention, oder: Wie sollte ein „Guter Start ins
Kinderleben“ aussehen ?
Risikofaktoren ff. physische Aggression pränatal:
Trennung
g der Eltern vor Geburt
Geringes Einkommen der Herkunftsfamilie
Mutter: häufiges antisoziales Verhalten in der
Jugendzeit
Geburt d. Kindes vor dem 21. Lj.
g
Abschluß
kein high-school
Rauchen während der Schwangerschaft
Tremblay et al. 2004
Prävention körperlicher Aggression
Jedes Kind hat physische Aggression:
beginnt zwischen 1. und 2. Lebensjahr
Häufigkeitsgipfel: Ende 3- 4. Lj.
Kindern werden nicht aggressiv, sie lernen (vor allem im
Vorschulalter) Aggression zu kontrollieren
▼
Frühe Intervention ist essentiell
„In
In other words,
words it is less dangerous for a teacher or neighbour to
gain control of a physically aggressive 6-year-old boy than a 17year-old-adolescent“
Tremblay 2008
Tremblay,
NICHD Network 2004, Coté et al. 2007
Bio-psycho-soziales Entwicklungsmodell
Gene Æ Proteine/
Proteinexpression
Neurone und neuronale Netzwerke ÆVerhalten
Genes code for proteins not for behaviors. (Landis & Insel, Science Nov 2008)
Diagnostik I
Symptomatik
Interview mit Kind/ Jugendlicher u
u. Eltern (getrennt u
u.
zusammen)
Kind:
Familienbeziehungen, peer-Beziehungen,
F i i
Freizeitverhalten,
h l
(C
(Computerspiele),
i l ) D
Delinquenz,
li
Substanzkonsum, sex. Entw., Selbstbild
Eltern:
Umgang mit Problemen, Stress, soz. Integration,
Erziehungsmethoden, Umgang mit Aggression
Störungsspezifische Entwicklungsgeschichte:
Entw., Pränatale u.
Entw
u Geburtsanamnese (Alk
(Alk, Drogen
Drogen,
Infektionen, Medikamente, Hypoxie, Streß in der SS), Med.
Vorgeschichte (Anfallsleiden, Unfälle), körperl./
sex Mißbrauch,
sex.
Mißbrauch Adoptionen,
Adoptionen Schullaufbahn
Diagnostik II
Psych. Komorbidität
g
Depression, Angst,
g Suizidalität, Paranoia
HKS, Drogen,
Rahmenbedingungen:
Familienanamnese (Modelle,
(Modelle Mißbrauch,
Mißbrauch Psych.
Psych Störungen in
Familie, Umweltbedingungen, Schule)
Apparative Labor- und Testdiagnostik
Standardfragebogen bzgl. Verhalten (Eltern Lehrer, Kind/
Jugendlicher)
Testdiagnostik: IQ
IQ, Sprache
Sprache, Teilleistungsstörungen
Körperl. U. neurolog. Untersuchungen b. Verdacht
(Substanzkonsum, Mißbrauch, neurlog. Auffälligkeiten)
Drogenscreening b
b. Verdacht od
od. Anamnese
Entbehrlich:
Apparative Diagnostik ohne anamnestische Hinweise
Projektiv-psycholog. Diagnostik
Protektive Faktoren
Hoher IQ
„ruhiges
ruhiges“ Temperament
Fähigkeit gut mit anderen in Kontakt zu kommen
Gute schulische Arbeitshaltung
g
Außerschulische Kompetenzen
Gute Beziehung zu min. einem Elternteil od. anderem
wichtigem Erwachsenen
Prosoziale peers
Schulatmosphäre, die Wert auf Erfolg,
Schulatmosphäre
Erfolg Verantwortung und
Selbstdisziplin legt
-> Risk-Resilience-Modell
Kein klarer Alleinauslöser: Mischung protektiver- und
Risikofaktoren
Therapieformen
p
Medikamentöse Therapie
Psychosoziale Therapie
-AAT
Eingesetzte Medikamente
Mood stabilizer
(RCT, CO)
A tid
Antidepressiva
i
(CO)
Neuroleptika
–Konventionelle Neuroleptika
(RCT)
–Atypische
Atypische Neuroleptika
(RCT)
Lithium
(RCT)
Sti l ti
Stimulantien
(RCT)
α- adrenerge Substanzen (augm.)
(RCT)
Connor et al 2006, Tcheremissine et Lieving 2006, Ruths et Steiner 2004, Tcheremissine et al 2004,
Steiner et al 2003, Humble et Berk 2003, McDougle et al 2003, Bassarath 2003, Gérardin et al 2002
Medikamentöse Behandlung
Beste Evidenz zur Zeit für
–Risperidone und
–Divalproex sodium
KEINE Zulassung für ein Medikament zur
Behandlung von F90.1, F91.x oder F92 bzw. CD
or ODD +/- ADHD in USA,, EU,, D
In RCT waren alle atypischen & konventionellen
Neuroleptika Placebo überlegen
Eltern dissozialer Kinder zeigen häufiger:
Mangel an klaren Alltagsregeln
– (abends zu Hause sein, Hausaufgaben, Mithilfe)
Inkonsistente Bestrafungsregeln
kaum nicht-aggressive Strafen
– (time-out; "abarbeiten", Entzug von Privilegien)
rigorose Ankündigung von Strafmaßnahmen
– (keine Diskussion über Kompromisse)
Erziehungsstile- Pittsburgh Youth study
Longitudinale Studie: 14 Jahre: 7-19a
Autoritär: wenig Unterstützung, viel Kontrolle, körperliche
Züchtigung
Zuverlässig: viel Unterstützung, viel Kontrolle, gute
Kommuniktionsskills, keine körperliche Züchtigung, adäquate
Kontrolle
Gewährend: viel Unterstützung, wenig Kontrolle
Vernachlässigend: wenig Unterstützung, wenig Kontrolle,
körperliche Züchtigung
Maccoby & Martin 1983, Hoeve et al. 2008
Erziehungsstile- Pittsburgh Youth study
Auch nach Kontrolle f. SES und vorherigem deliquentem
Verhalten:
Vernachlässigendes Erziehungsverhalten d. Eltern ist
Ri ik f k ff. Ki
Risikofaktor
Kinder
d Mi
Mitglied
li d einer
i
moderaten
d
oder
d schwer
h
deliquenten Gruppe zu werden.
Hoeve et al. 2008
Familienzentrierte Interventionen
„PMT“= parent management training
Grundkonzept:
– Verhaltensprobleme werden durch maladaptive ElternKind Interaktionen entwickelt und aufrechterhalten
Elterntraining: Muster der Eltern- Kind Interaktion
verändert- mehr prosoziales statt erzwungenes Verhalten
innerhalb d. Familie
– Klare und konsistente Regeln
– Positive Verstärkung
– Milde Konsequenzen
– Kompromißbereitschaft
Familienzentrierte Interventionen
Training v.a. mit Eltern
Gewicht wird auf prosoziale Ziele u
u. weg von
Verhaltensproblemen gelegt
Focus auf soziales Lernen
Didaktische Anweisungen, Hausaufgaben, Verhaltensanalyse
PMT: best untersuchte Intervention und empirisch effektivste
Methode für Kinder mit Störung des Sozialverhaltens
Kazdin 1987
Wirkkomponenten effektiver
Interventionen
Interventionen vs. bekannte Risikofaktoren v. SSV (streng
autoritäre Erziehung, mangelnde social skills, wenig
g aber
Anteilnahme am Leben des Kindes,, strenge
inkonsequente Disziplinierung)
Programme die Kind, Familie und Schule miteinbeziehen
Frühe Intervention (vor Adoleszenz)
Ausreichende Frequenz und Dauer der Programme (min.
2a, min. einmal wöchentlich)
Connor 2003, Connor et al 2006
Das Antiaggressivitätstraining (AAT®)
•
beinhaltet eine Konfrontationsstrategie, der Täter
wird mit seinen Taten und deren Folgen in der
Gruppe konfrontiert
• Kennenlernen der Opfersicht,
p
, um
die Empathiefähigkeit zu steigern.
• In einer Katamnesestudie
(Rau 2006) ließ sich im
Vergleich zur Kontrollgruppe
eine Reduktion straffälligen
V h lt
Verhaltens
nachweisen.
h i
AAT®
Elemente:
Lebenslinienarbeit
„Großes
Großes Interview
Interview“
„Heißer Stuhl“
Opferbriefe
Körpersprache
Elternfragebogen
CBCL (Child Behavior Checklist) Ergebnisse
„Machbarkeitsstudie“, Pilotphase N=6
T-Wert
T-Wert
100
100
95
95
90
90
85
85
80
80
75
75
70
70
65
65
60
60
55
55
50
50
1
Sozialer
Rückzug
2
3
Körperliche Ängstlich
Beschw erden Depressiv
4
Soziale
Probleme
5
6
7
8
Schizoid Aufmerksam- Dissoziales Aggressives
Zw anghaft keitsprobleme Verhalten Verhalten
1
Sozialer
Rückzug
2
3
Körperliche Ängstlich
Beschw erden Depressiv
4
Soziale
Probleme
5
6
7
8
Schizoid Aufmerksam- Dissoziales Aggressives
Zw anghaft keitsprobleme Verhalten Verhalten
Präventionsprojekte
Perry pre-school study:
Stimulierendes Umfeld ff. 3-4jährige schaffen: Reduktion
kriminellen Verhaltens b. Erwachsenen
Hebammenbesuch in New York binnen 24 Monaten b.
unterprivilegierten Frauen: Kinder weniger oft mißhandelt oder
vernachlässigt,
g , weniger
g deliquente
q
Verhaltensweisen als
Jugendliche
Visitationen nach stattgefundenen Mißhandlungen scheinen
keinen positiven outcome (in Bezug auf spätere Kriminalität) zu
haben
Schweinhart et al. 2005, Olds et al. 1998, MacMillan et al. 2005, Coté et al. 2007
Vielen Dank
für Ihre
fü
Ih
Aufmerksamkeit
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