FLÖTE +

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JEAN CRAS
JEAN FRANÇAIX
QUINTETT FÜR FLÖTE,
HARFE UND STREICHTRIO
I. ASSEZ ANIMÉ
II. ANIMÉ
III. ASSEZ LENTE
IV. TRÈS ANIMÉ
QUINTETT NR. 2
FÜR FLÖTE, HARFE UND STREICHTRIO
I. ALLEGRISSIMO
II. SCHERZO
III. NOTTURNO. ADAGIO MOLTO
IV. RONDO. ALLEGRO MOLTO
In der Person des aus der Bretagne stammenden Jean Cras verbinden
sich zwei nicht voneinander zu trennende Lebenswege: der eines leidenschaftlichen Seemannes, der es vom einfachen Kadetten bis zum
angesehenen Konteradmiral brachte, und der eines erfolgreichen
Komponisten, dessen beachtliches Lebenswerk nahezu alle Gattungen von der Oper bis zur Kammermusik umfasst. Seinen Ursprung
hatte das in einem musikbegeisterten Elternhaus, das über den Vater
als Chefarzt der französischen Marine regen Bezug auch zur Welt der
Seefahrt hatte. Sohn Jean komponierte von früher Kindheit an und
setzte es wie selbstverständlich auch während seiner seemännischen
Ausbildung fort. Er war bereits zwanzig, als seine schöpferische Arbeit erstmals eine freundschaftlich beratende Begleitung durch den
Komponisten Henri Duparc zuteil wurde.
Dem Kreis von Impressionisten im engeren Sinne ist Jean Françaix
nicht mehr unmittelbar zuzurechnen, wenn er auch deren gestalte­
rische Errungenschaften auf seine Weise weiterführte. Aber es war
noch Maurice Ravel gewesen, der die Eltern des Heranwachsenden,
ein Musikerehepaar im französischen Le Mans, auf die besonders
stark ausgeprägte musikbezogene Neugier ihres Sohnes aufmerksam
machte, die es als hohen Besitz eines Künstlers unbedingt zu fördern
gelte. Was schließlich aus ihm wurde, ist einer selbstverfassten Vita
zu entnehmen, deren humorig selbstironischer Ton zugleich etwas
von seinem Wesen aufscheinen lässt. Da heißt es unter anderem:
»… Mein einziger ›Leistungsnachweis‹ ist ein erster Preis bei einem
Klavierwettbewerb am Pariser Konservatorium – was nicht gerade
viel ist. Verschiedene Orden zieren meine Brust, doch ist auch dies
in Frankreich nichts Außergewöhnliches. Meine Lehrerin, Nadia Boulanger, hat sich stets vergeblich bemüht, mir Harmonie und Kontrapunkt oder gar das Schreiben von Fugen beizubringen … Obwohl ich
wohl in der Lage bin, meine Werke vorzutragen und zu dirigieren,
bin ich doch seit meiner Jugend vom Komponieren wie besessen …
Und dies ganz ohne Risiko. Denn sollte sich die Botschaft einmal als
wertlos erweisen, so werde ich nicht mehr auf dieser Welt sein. Gott
wird mich trösten – wenn er gewillt ist, mich zu sich zu nehmen.«
(1879 – 1932)
Wesentliche Inspirationsquelle des Schaffens von Cras wurde das
Erleben des Meeres. Aus ihm habe er »Liebe gezogen zu allem, was
empfindsame und tiefe Poesie ist.« Das spiegelt sich auch in ­seinem
»Quintett für Flöte, Harfe und Streichtrio«, das 1928 unter dem
Eindruck einer langen Asien-Reise entstand. Cras ist hier nicht auf
irgendeine vordergründige Programmatik aus. Er legt das Werk auf
eine für ihn typische Weise zyklisch an, indem er ein thematisches
Ausgangsmaterial über alle Sätze hinweg einem ununterbrochenen
Wandel unterwirft.
Dabei entsteht bei gleichzeitig engem Zusammenwirken aller Instrumente der Eindruck eines vielfältig bewegten organischen Ganzen voll
reicher Farbnuancen. Cras selbst sprach von einer »kontinuierlichen
Evolution«.
(1912 – 1997)
VORSCHAU
Das nächste Kammerkonzert findet am Sonntag,
den 2. April 2017 im Funkhaus Wallrafplatz statt
und beginnt um 11.00 Uhr.
CHRONOS
Ludwig van Beethoven
Trio B-dur für Klavier, Klarinette
und Violoncello »Gassenhauer-Trio«
Paul Juon
Trio-Miniaturen op. 18 Nr. 3
Johannes Brahms
Trio a-moll für Klavier, Klarinette
und Violoncello op. 114
Trio Chronos:
Gottlieb Wallisch Klavier
Andreas Langenbuch Klarinette
Simon Deffner Violoncello
Er hinterließ in breiter Fülle eine Musik, die – wie bereits angedeutet – mit hohem gestalterischen Anspruch vor allem auch Freude
­bereiten sollte.
Das »Quintett für Flöte, Harfe und Streichtrio« von 1989 ist dafür nur
ein beredtes Beispiel.
Karl Kemper
BILDNACHWEIS
HERAUSGEBER
Titel: Flöte © shutterstock/taa22;
Holz © Getty Images/malerapaso
Innenteil: Portraits © WDR/­
Overmann
Westdeutscher Rundfunk Köln
Marketing
Appellhofplatz 1
50667 Köln
Verantwortliche Redaktion
Patricia Just
Redaktion und Produktion
des Konzerts
Siegwald Bütow
Januar 2017
Änderungen vorbehalten
FLÖTE +
KAMMERKONZERT
SO 5. Februar 2017
11.00 Uhr
Funkhaus Wallrafplatz, Köln
KAMMERKONZERT
mit Mitgliedern des WDR Sinfonieorchesters
CLAUDE DEBUSSY
Sonate für Flöte, Viola und Harfe
DOMENICO SCARLATTI
Drei Sonaten für Quintett
gesetzt von Jean Françaix
MAURICE RAVEL
Sonatine fis-moll für Klavier
als »Sonatine en Trio« für Flöte,
Violoncello und Harfe bearbeitet
von Carlos Salzedo (1885 – 1961)
Pause
JEAN CRAS
Quintett für Flöte, Harfe und Streichtrio
JEAN FRANÇAIX
Quintett Nr. 2
für Flöte, Harfe und Streichtrio
Michael Faust Flöte
Andreas Mildner Harfe
Slava Chestiglazov Violine
Junichiro Murakami Viola
Eva Maria Klose Viola
Johannes Wohlmacher Violoncello
CLAUDE DEBUSSY
DOMENICO SCARLATTI
MAURICE RAVEL
SONATE FÜR FLÖTE, VIOLA UND HARFE
I. PASTORALE. LENTO, DOLCE RUBATO –
VIF ET JOYEUX
II. INTERLUDE. TEMPO DI MENUETTO
III. FINALE. ALLEGRO MODERATO MA RISOLUTO
DREI SONATEN FÜR QUINTETT
GESETZT VON JEAN FRANÇAIX
I. ALLA BURLESCA
II. ANDANTINO MOSSO
III. VIVACISSIMO. RISOLUTO
Die Besetzung der Werke des heutigen Programms ist eine spezifisch
französische und hat ihren Ursprung in der Zeit des Impressionismus.
Mit der kammermusikalischen Zusammenführung von Flöte, Harfe
und wenigen Streichinstrumenten entdeckte und erkundete man hier
eine Klanglichkeit von besonderem ästhetischem Reiz. Mit im Spiel
mag dabei gewesen sein, dass Paris zu dieser Zeit die volle technische Entwicklung der modernen Konzertharfe erlebte und zugleich
auch die aus Deutschland eingeführte moderne Böhm-Flöte sich hier
zunehmend besonderer Beliebtheit erfreute. Als gewissermaßen
neues Genre der Kammermusik fand solche Besetzung Verbreitung
in Originalkompositionen wie auch zahlreichen Bearbeitungen.
Eine Karriere als angesehener Komponist, Kapellmeister und Cembalist hatte den aus Verona gebürtigen Domenico Scarlatti über Positio­
nen in Florenz, Venedig und Rom 1719 an den Königshof von Lissabon
geführt. Hier oblag ihm neben der Leitung der Hofkapelle auch der
Cembalounterricht der offensichtlich sehr begabten Infantin Maria
Barbara, die ihn später als spanische Königin in gleicher Funktion auch
mit an den Hof von Madrid nahm. So entstand über Jahre hin eine
Fülle von Sonaten für den unterrichtlichen Bedarf, deren gestalterischer Rang aber nach und nach auch für das öffentliche Musikleben
entdeckt wurde. In spieltechnischer und formaler Hinsicht erweisen
sich die etwa 550 noch erhaltenen Sonaten Scarlattis geradezu als
Meilensteine in der Geschichte der Cembalo- und Klaviermusik.
SONATINE FIS-MOLL FÜR KLAVIER
ALS »SONATINE EN TRIO« FÜR FLÖTE,
VIOLONCELLO UND HARFE BEARBEITET
VON CARLOS SALZEDO (1885 – 1961)
I. MODÉRÉ
II. MOUVEMENT DE MENUET
III. ANIMÉ
(1862 – 1918)
Unter den Originalkompositionen gilt Debussys »Sonate für Flöte,
Viola und Harfe« allenthalben als ein Beitrag von besonderem Rang.
Sie entstand 1915 zu Beginn seiner letzten Schaffensphase, als er bereits gegen eine aufkeimende schwere Erkrankung und die Bedrängnisse eines tobenden Weltkrieges gewissermaßen anzukomponieren
suchte.
So vermerkt er denn später zu dieser Triosonate auch: »Das ist
schrecklich melancholisch, ich weiß nicht, ob man dabei lachen oder
weinen soll. Vielleicht beides zugleich?« Zusammen mit einer Violinund einer Cello-Sonate bildet sie einen ursprünglich sechsteilig geplanten Zyklus, den zu vollenden Debussy aber nicht mehr vergönnt
war. Geprägt sind die drei Sonaten in besonderer Weise von Debussys
großem Anliegen, an den Geist der Barockmusik etwa eines Rameau
oder Couperin anzuknüpfen. In ihr fand er jene »tiefgreifende Anmut«
und jenen behutsam wachen Umgang mit der Emotion – er nannte
ihn »émotion sans épilepsie« –, die er als zutiefst französische Qualitäten verstand und in neuer Weise wiederzubeleben dachte.
(1685 – 1757)
1738 schreibt der Komponist im Vorwort zur ersten und seinerzeit
einzigen Veröffentlichung eines kleinen Teiles dieser Sonaten: »Leser,
seist Du nun Dilletant oder Berufsmusiker, erwarte in diesen Kompositionen keine profunde Gelehrsamkeit, sondern eher ein heiteres,
sinnreiches Spiel mit der Kunst, das Dich der Meisterschaft des
­Cembalospiels näher bringen soll …« Es mag durchaus dieser Zug
geistreich-heiteren Spiels in Scarlattis Musik gewesen sein, der den
französischen Komponisten Jean Françaix in besonderer Weise angezogen hat. Entsprach er doch seiner eigenen Vorstellung vom Komponieren als einem anspruchsvollen »Faire plaisir«.
So wählte er 1975 fünf von Scarlattis Sonaten aus und setzte sie für
Flöte, Harfe und Streichtrio, suchte gewissermaßen ihrer Qualität mit
einem typischen Instrumentarium seiner Zeit nachzuspüren. Von ihnen
erklingen im heutigen Programm die ersten drei.
(1875 – 1937)
Als ein herausragendes Beispiel für die Bearbeitung einer zeitnahen
Vorlage kann die Triofassung gelten, die der namhafte französische
Harfenist und Komponist Carlos Salzedo 1913 von Ravels frühem
Meisterwerk, der »Sonatine für Klavier«, schuf. Die Besetzung mit
Flöte, Violoncello und Harfe steht in einer gewissen Nähe zu der, die
Ravel selbst schon in »Introduction et Allegro« verwandt hatte, einem
Werk aus zeitlicher Nähe zur »Sonatine«. Er stimmte denn auch
Salze­dos sensibler Handhabung dieser erweiterten instrumentalen
Farb- und Klanggebung bei der Bearbeitung der »Sonatine« ausdrücklich zu und meinte, dass er darauf eigentlich auch selber hätte
kommen können.
Den Eingangssatz der Originalfassung hatte Ravel 1903 für einen
Kompositionswettbewerb geschrieben. Er war abgelehnt worden,
weil er eine vorgegebene Höchstlänge um wenige Takte überschritt.
Zwei Jahre später griff der Komponist diesen Beitrag wieder auf und
erweiterte ihn zu einer dreisätzigen Sonatine, deren formale Anlage
sich an klassischen Grundvorstellungen orientierte. Unter dem bescheiden sich gebenden Titel »Sonatine«, der sich allenfalls auf ihre
Kürze beziehen lässt, verbirgt sich ein Werk von hohem spieltech­
nischem Anspruch und bemerkenswert dichter Fügung. So ist etwa
die thematische Substanz aller drei Sätze weitgehend von einem
Quartintervall hergeleitet, das gleich zu Beginn in der Flöte erklingt.
Von Satz zu Satz ändert es seine Erscheinungsform (fallend, in Umkehrung, steigend) und gibt dabei zugleich Impulse zu wechselnden
Stimmungen.
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