Wer einen Affen zur Verzweiflung treibt, hat einen verzweifelten Affen erschaffen. sm at c h [1] Ich habe das Wort »create« (erschaffen) jetzt in einem Wörterbuch nachgeschlagen, und dort steht: »bring into existence« (erschaffen, evtl. auch: zum Leben erwecken). Eine Schöpfung (creation) kann eine »Hervorbringung des menschlichen Geistes« sein. (...) Wenn ich von einem schöpferischen Leben spreche, so verstehe ich darunter das Leben eines Menschen, der sich nicht beständig töten oder auslöschen lässt durch Gefügigkeit oder dadurch, dass er auf die andringende Welt reagiert; schöpferisch leben heißt für mich soviel wie: alles jederzeit neu sehen können. Donald W. Winnicot (1) smatch Ein Laboratorium der Ideen Konzept : Dominique Roodthooft Seit fast 20 Jahren macht die belgische Schauspielerin und Regisseurin Dominique Roodthooft die Bühnen im In- und Ausland unsicher und hat es in der spielerisch-klugen Performance zur Meisterschaft gebracht. Ständig auf der Suche nach neuen Theaterformen, erkundet sie die Gebiete zwischen Kunst und Wissenschaft, um die menschlichen Mechanismen zu zerlegen: So wurde smatch geboren. Das Konzept Smatch entstand ursprünglich anlässlich eines Freibriefs, den das Kunstenfestivaldesarts Dominique Roodthooft 2009 ausstellte. Dort fand die Uraufführung von smatch[1], (1) Donald W. Winnicott, Der Anfang ist unsere Heimat: Essays zur gesellschaftlichen Entwicklung des Individuums, Aus dem Englischen von Irmela Köstlin, Stuttgart (3) 2012, S. 45. (A.d.Ü.) sm at c h [1] sm at c h [1] si vous désespérez un singe, vous ferez exister un singe désespére (2) statt, das 2010 auf Einladung von Vincent Baudriller im Rahmen der 25e Heure ins IN-Programm des Festivals von Avignon aufgenommen wurde. 2011 brachte sie smatch[2], Push up daisies (ou) manger les pissenlits par la racine ? auf die Bühne. Beide Stücke hinterließen beim Kunstenfestivaldesarts und auf dem Festival von Avignon bleibenden Eindruck. Der dritte Teil dieses Projekts, das sich im Spannungsfeld von Theater, Vortrag und Performance ansiedelt und Reflexion mit anschaulichem Erleben verquickt, wurde unter dem Titel smatch[3], même si vous tremblez de peur, introduisez votre tête avec calme im Dezember 2013 uraufgeführt. 2013 wurde smatch[1], si vous désespérez un singe, vous ferez exister un singe désespére überarbeitet und in eine kleinere, kantigere und intimere Form gebracht, die in Avignon zur Präsentation kam. Diese Form fand Gefallen und wird 2015 auch in einer deutschen Version uraufgeführt werden. Florence Minder und Dominique (2) “Wer einen Affen zur Verzweiflung treibt, hat einen verzweifelten Affen erschaffen.” © Alice Piemme sm at c h [1] sm at c h [1] Roodthooft übernehmen dabei den Text, Messieurs Delmotte, Raoul Lhermitte und Pierre Kissling bespielen die Bühne. Vorgestellt wird das vom Theater Chur (Schweiz) und dem städtischen Theater Baden-Baden (Deutschland) koproduzierte Projekt am 6. und 7. Februar 2015 in Chur und am 1. und 2. März 2015 in Baden-Baden. Das Stück ist ab Februar 2015 zu sehen und ab März 2015 verfügbar. In deutscher und französischer Sprache (Simultanübersetzung und Übertitelung) Fotos und Infos auf www.lecorridor.be © Alice Piemme sm at c h [1] smatch ist ein Kunstwort aus den englischen Verben »to smash« und »to match«. Zertrümmern, zerschlagen, zerschmettern, zusammenhauen und zusammenfügen, angleichen, paaren in einem. smatch versetzt uns in einen handwerklichen, theatralen und wissenschaftlichen Versuchsraum, in dem uns die Künstler eine aberwitzige Darbietung über das Tier vorlegen – und dabei den Menschen im Hinterkopf haben. Dominique Roodthooft liefert eine Entgegnung auf den Negativismus, der in den Denk- und Redeweisen unserer Gesellschaft grassiert. Ausgehend vom Verhältnis zwischen Mensch und Tier wird hier die Frage nach dem Anderen gestellt. Im feinen Spiel mit Gedankenassoziationen verwebt die Gruppe die Bilder und zeigt, dass Grenzen und Differenzen verschiebbar sind: Ganze Gebiete beginnen zu wandern wie vom Wind verwehte Dünen. smatch ist ein so beschwingtes wie tiefes, spektakuläres wie nachdenkliches Erlebnis, bei dem sich das Anekdotische mit dem Philosophischen und das Poetische mit dem Politischen verquickt. sm at c h [1] Ausgangspunkt des Stücks: eine seltsame Landkarte von Belgien, gefunden in einem Leitfaden für die Kunstinstitutionen in Flandern. Der obere Teil der Karte teilt sich auf in die farbenfroh, dynamisch und mit vielen Ortsnamen dargestellten flämischen Provinzen. Der untere Teil der Karte, Wallonien, abgebildet in einförmigem Blassblau, erscheint als Ödland. Aus welchem Grund die Autoren sich für diese befremdliche Kartografie entschieden haben, ist unbekannt, aber sie zeugt von dem eigenartigen Blick, den eine Region eines Landes auf eine andere Region wirft. Womöglich wird diese subjektive Sicht am Ende zu einer Wahrheit sowohl für den, der sie herstellt, als auch für den, der sie zu spüren bekommt. Die Frage der Territorien und des Blicks, den man auf »die Fremde« wirft, zählt zum dramaturgischen Kern des Projekts. So geht das Stück gleich eingangs spielerisch auf die Trennung der beiden Gemeinschaften ein. Ursprünglich entstand smatch übrigens in einer Pendelbewegung zwischen Französisch und Niederländisch für das Kunstenfestivaldesarts in Brüssel. Auch bei dieser neuen Version verwenden wir zwei Sprachen: Französisch und Deutsch. Die Wiedergabe der Übersetzungen erfolgt entweder mündlich (die deutsche Schauspielerin Florence Minder wird die Äußerun- sm at c h [1] sm at c h [1] gen der Philosophin Vinciane Despret live dolmetschen), oder schriftlich (eingeblendete Übertitelung in den Videos, normale Übertitelung beim Live-Geschehen auf der Bühne). Nicht zu vergessen das spielerische Miteinander der beiden Schauspielerinnen, die jeweils in ihrer eigenen Sprache sprechen. © Alice Piemme sm at c h [1] Produktion : le corridor (Lüttich / Belgien) Koproduktion : Zweisprachige Fassung Französisch-Niederländisch: Kunstenfestivaldesarts (Brüssel / Belgien) mit Unterstützung vom KVS (Brüssel / Belgien), dem Théâtre de la Place (Lüttich / Belgien) und dem Trans2/Grü / Théâtre du Grütli (Genf / Schweiz). Gefördert vom Ministère de la Fédération Wallonie-Bruxelles (Abteilung Theater) und von der Région wallonne sowie von Wallonie Bruxelles International und Wallonie Bruxelles ThéâtreDanse. Mit Unterstützung der Stadt Lüttich, der Provinz Lüttich und ihrer Kulturabteilung, der Société Libre d’Emulation de Liège sowie von iMAL (Brüssel). Zweisprachige Fassung Französisch-Deutsch : Theater Chur (Schweiz) und Theater Baden-Baden (Deutschland) Gefördert von Wallonie Bruxelles International Konzept : Dominique Roodthooft in Zusammenarbeit mit ihrem Team Dramaturgie : Vinciane Despret, Anne-Cécile Vandalem, Mieke Verdin, Dominique Roodthooft. Mit : Messieurs Delmotte, Raoul Lhermite, Florence Minder, Dominique Roodthooft und dem Hund Noisette. sm at c h [1] Die Presse Musik : Pierre Kissling. Licht : Joël Bosmans. Technische Giot. Entwicklung : Rudi Videoschnitt : Raoul Lhermitte. Mit der Beteiligung von Sylvie und Jacques Janssen (Züchter), Stéphane Séjourné (Jurist), Etienne Chaillou & Mathias Théry (Filmemacher). Übersetzung ins Deutsche : Stefan Barmann Technik : Maximale Zuschaueranzahl 130-150; frontale Einrichtung mit Zuschauertribüne; Ton- und Lichtregie im Saal; Podium L 5m x T 5m x H 4m. Kontakt Technik : Joël Bosmans – [email protected] Dauer : 1h20 ohne Pause. Ab 15 Jahren. Team: 6 Personen (2 SchauspielerInnen, 1 Performer, 2 Licht- und Tontechniker, 1 ProduktionsleiterIn). Tourneezeitraum : März 2015 > August 2015 / September 2015 > Juni 2016 »Auf Anhieb sind wir im Labor, wo Schweinegeschichten und Tiermasken, eine Landkarte von Belgien, auf der Wallonien wie eine Wüste erscheint, und ein aus Schinkenscheiben geformtes, sich selbst verschlingendes Gesicht aufeinandertreffen. Anhand der manchmal schrägen, oft spaßigen Experimente, verknüpft durch die Worte einer Philosophin, deren Rede über unser Verhältnis zu den Tieren die Aufführung strukturiert, liefert die Lütticher Regisseurin und Schauspielerin Dominique Roodthooft eine Antwort auf den Negativismus, der in den unsere Gesellschaft prägenden Denk- und Redeweisen grassiert. Indem sie die Frage nach unserem Verhältnis zu den Tieren stellt, wirft sie auf unser Verhältnis zu den Anderen einen neuen Blick, frei von den Vorurteilen, aus denen unser Gefühl der Ohnmacht und Verzweiflung erwächst, und macht dieses Labor zu einem Ort der Live-Erfindung »möglicher Andersheiten«. smatch[1] – ein Kunstwort aus »to smash« (zertrümmern, zerschlagen, zerschmettern, zusammenhauen) und »to match« (zusammenfügen, angleichen, paaren) – ist ein so beschwingtes wie tiefes, spektakuläres wie nachdenkliches Erlebnis, bei dem sich das Anekdotische mit dem Philosophischen und das Poetische mit dem Politischen verbindet. « V. Baudriller (Avignon 2010 - 25e Heure) »Je weiter es mit smatch vorangeht, desto mehr steigt die Stimmung. Unsere Fantasie wird pausenlos angeregt. (...) Man erlaubt sich, andere Geschichten zu erfinden als diejenigen, die wir für gewöhnlich aufführen sollen; neue Gebiete können geschaffen werden, auf denen uns etwas wahrzunehmen möglich wird, das uns aufgrund unserer kartesianischen Wiederholungen sonst versperrt bleibt. Bei smatch beginnt man zu träumen, dass ein europäisches Forschungs – und Kulturministerium symbolisch auf der Grenze eingerichtet wird – um diese zu verrücken.« www.festivalier.net, Pascal Bely 23/05/09 »Die Belgier bringen die Wüste zum Singen! Wie lässt sich mit positiven Waffen gegen Erniedrigung und Traurigkeit kämpfen? smatch[1] von der belgischen Kompanie le corridor lehnt sich an reale Gegebenheiten an – eine Karte, auf der die belgischen Institutionen der Gegenwartskunst verzeichnet ist, zeigt ein damit reich bestücktes Flandern, während Wallonien deren nur drei zu haben scheint –, um sie kritisch aber fröhlich umzukrempeln: »Ah, wir leben in einer Wüste?« ruft Dominique Roodthooft angesichts einer Lage, die der Schweizer Realität nicht unähnlich ist, »na gut, dann bringen wir sie doch zum Singen!« Le Courrier de Genève, Dominique Hartmann, 18/02/10 »Ausgehend vom Verhältnis zwischen Mensch und Tier wird hier die Frage nach dem Anderen gestellt. Im feinen Spiel mit Gedankenassoziationen verwebt die Gruppe die Bilder und zeigt, sm at c h [1] dass Grenzen und Differenzen verschiebbar sind: Ganze Gebiete beginnen zu wandern wie vom Wind verwehte Dünen.« Les Inrockuptibles, Hugues Le Tanneur, 09/06/09 »Beidseits eines betriebsamen Labors angeordnet, sieht das Publikum zu, wie drei Schauspielerinnen merkwürdige Experimente kommentieren. So erfährt man, dass Schweine lügen können. Man lauscht Züchtern, die davon erzählen, wie sehr sie an ihren Tieren hängen. Man lacht über die durchaus ernste Darbietung des Weltmeisters im Schweineschrei. Unterdessen hängt Messieurs Delmotte Glühbirnen auf, die sich in Aquarien für Minifische verwandelt haben, und ein aus Schinkenscheiben geformtes Gesicht verschlingt sich selbst oder ahmt ein von Jägern mit Kugeln durchsiebtes Tier nach (...). Erst durch unseren Blick werden Tiere »eselig« oder »unfähig«. Entweder wir strafen sie damit, sie unsere Erwartungen erfüllen zu lassen, oder aber wir geben ihnen eine Chance, intelligente Vorschläge zu machen. Dasselbe gilt für die Menschen: Entweder sie überlassen sich der Trägheit, der Tristesse und der Gewissheit, dass ohnehin alles hinüber ist. Oder sie erinnern sich an die Tausenden von Beispielen, bei denen sie sich als fähig erwiesen haben, zu denken, sich etwas einfallen zu lassen, zu erfinden.« Le Soir, Catherine Makereel, 20/05/2009 »smatch gehört zu den Theaterstücken, die mich mit einem Schmunzeln im Gesicht auf die Straße entlassen (...), eine unterhaltsame Aufführung und ein echter Leckerbissen für den kritischen Optimisten.« The British theatre guide, Jackie Fletcher, 19/05/09