Die Zauberflöte und Mandy Fredrich

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„Salzburgs neue Königin“
Die Zauberflöte und Mandy Fredrich
„Das Theater ist eine
felsichte Gegend, hie und
da mit Bäumen überwachsen;
auf beyden Seiten sind gangbare Berge, nebst einem
runden Tempel.“
Anweisung 1. Szene für Bühnenbild und
Kostüme aus dem Libretto von Emanuel
Schikaneder 1791
Schmuck: A.E. Köchert Juweliere | Frisur: Mario Krankl | Make-Up: Sabina Rettenbacher | Foto: www.kaindl-hoenig.com
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E
s bedarf keiner großen Opernkenntnisse um bei den Arien
„Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ oder „Der Vogelfänger bin ich ja“ mit zu summen – die märchenhafte Oper
„Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart zählt zu den
meistgespielten Mozart-Opern – auch in Salzburg. Doch sie war
keineswegs von Anfang an ein Erfolg. So schrieb ein Kritiker anlässlich der Uraufführung in Wien 1791: „Die Zauberflöte, mit
Musik von unserm Kapellmeister Mozard, die mit großen Kosten
und vieler Pracht in den Dekorationen gegeben wird, findet den
gehoften, Beifall nicht, weil der Inhalt und die Sprache des Stücks
gar zu schlecht sind.“ Das Libretto stammt von Mozarts kongenialen Partner, dem Wiener Schauspieler, Sänger, Regisseur, Dichter
und Theaterdirektor Emanuel Schikaneder. Wie Mozart gehörte
auch er dem Bund der Freimauer an. Und so findet sich in dem
vordergründig heiteren Singspiel freimaurerisches Gedankengut,
zu dem die Erziehung des Menschen zu den höchsten Tugenden,
zu Weisheit, Stärke und Schönheit gehört. Die Handlung der Oper
spielt in grauer Vorzeit und spiegelt den Kampf zwischen Gut und
Böse, Licht und Dunkel, Tag und Nacht wieder.
Den erhofften Beifall hat die Neuproduktion der „Deutschen
Oper“, wie Mozart sie nannte, aber dieses Jahr bei den Salzburger
Festspielen gefunden. Intendant Alexander Pereira bewies mit diesem Festspielopernauftakt wieder sein Geschick, Neues mit Altbewährtem zu verbinden. So konnte er den „zauberflötenerfahrenen“
musikalischen Leiter Nikolaus Harnoncourt dafür gewinnen, die
Mozart-Produktion auf historischen Instrumenten zu erarbeiten.
Traditionell auch der Spielort, die magische Felsenreitschule, mehrmals schon Schauplatz einer Zauberflöte. Bewährt auch das Leading Team, unter anderen mit Jens-Daniel Herzog, Regie, Mathis
Neidhardt, Bühne und Kostüme, Ronny Dietrich, Dramaturgie
oder die Besetzung, darunter Georg Zeppenfeld, Sarastro, Bernard Richter, Tamino Julia Kleiter, Pamina, Markus Werba, Papageno, Elisabeth Schwarz, Papagena. Auch „Concentus Musicus
Wien“, das Instrumental-Ensemble, welches auf die Aufführung
Alter Musik spezialisiert ist oder die „Konzertvereinigung Wiener
Staatsopernchor“ waren den Salzburger Publikum bekannt. Doch
dieses Jahr ging ein besonderer Stern am Salzburger Festivalhimmel auf, Mandy Fredrich in der Rolle der „Königin der Nacht“, die
in der Oper das Böse und Dunkle verkörpert. Deren Arien gelten
als besonders anspruchsvoll, sowohl was den Tonumfang über
zwei Oktaven und die exponierte Höhe bis zum dreigestrichenen
F betrifft, als auch vom Ausdruck. So wird die Arie „Der Hölle
Rache kocht in meinem Herzen“ als eine der schwierigsten in der
Musikliteratur bezeichnet.
„Mandy Fredrich? Wer ist das?“ mag sich mancher Festspielgast
vor der Premiere gefragt haben. Die Sopranistin, die nach ihrem Salzburger Debüt den Vergleich mit ihren hiesigenVorgängerinnen, darunter so berühmte Namen wie Wilma Lipp, Erika
Köth oder Edita Gruberova, nicht zu scheuen braucht, hat eine erstaunliche Karriere hinter sich.
Zwar studierte die aus Ostdeutschland stammende Sängerin neben
dem Schulbesuch Klavier und spielte am Wochenende am Keyboard Tanzmusik auf Volksfesten, auch wurde ihre Stimme privat ausgebildet, doch von Opernbegeisterung war damals keine
Rede. Diese stellt sich erst kurz vor dem Abitur anlässlich eines
Besuches in der Leipziger Oper, man spielt „Hänsel und Gretel“,
ein. Nach einem Vorsingen bei dem Wettbewerb „Jugend musiziert“ wird ihr nahe gelegt, an die Hochschule zu gehen. Dort
zerplatzt der Traum, noch bevor er angefangen hat, denn sie wird
als „zu alt“ abgewiesen. Nach dem Studium der Mediengestaltung
arbeitet Mandy Fedrich in der Fernsehtechnik, um sich nebenbei
das Gesangstudium zu finanzieren. Nach drei weiteren Anläufen
an der Hochschule entschließt sie sich für das „alterslose“ Fach
Gesangspädagogik. Mit Ausdauer und ohne sich entmutigen zu
lassen, schafft sie es dennoch in die Opernklasse aufgenommen
zu werden. Hier hat sie das Glück in Robert Gambill, einem der
gefragtesten Interpreten im dramatischen Heldentenorfach, einem
Lehrer zu begegnen, der ihr Talent erkennt.
Ihr Debüt als „Königin der Nacht im“ Theater Hof gibt sie schon
vor ihrem Hochschulabschluss 2009. Und diese Partie hat sie bisher auch am häufigsten gesungen, so am Aalto Theater Essen, an
der Oper Leipzig, am Landestheater Detmold und am Nationaltheater Mannheim. Und es geht Schlag auf Schlag: Im Juli 2011
erstaunt sie Publikum und Kritiker als „Donna Anna“ in der Neuproduktion von Mozarts „Don Giovanni“ in St. Margarethen. Zürich erobert sie zur Jahreswende 2011/2012 in „Le convenienze ed
inconvenienze teatrali“ von G. Donizetti, an der Mailänder Scala
ist sie im März 2012 als „Hüter der Schwelle“ in der Neuproduktion von „Die Frau ohne Schatten“ zu hören. An der Deutschen
Oper Berlin singt sie die Novizin in „Marie Victoire“ von O. Resphigi, die Contessa in „Le Nozze di Figaro“ und mehrere Rollen
in „Alice im Wunderland“. Hamburg wird im Dezember 2012 das
Vergnügen haben sie in ihrer Paraderolle der „Königin der Nacht“
zu erleben und danach wird sie Tokyo als Contessa in „Le Nozze
di Figaro“ beehren.
Mandy Fredrich ist Preisträgerin wichtiger Wettbewerbe und als
Konzertsängerin mit einem vielfältigen Opern- und Liedprogramm gesucht. Trotz dieser erstaunlichen Weltkarriere in kür-
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Foto: Hosch
Foto: Ellinger
Foto: Hosch
Foto: Monika Rittershaus
Fotos aus dem Archiv der Salzburger Festspiele
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Edita Gruberova
Erika Köth
Zdzislawa Donat
Laura Aikin
zester Zeit hat die Sängerin sich ihre Natürlichkeit und Herzlichkeit
bewahrt. So mag der letzte Satz aus dem Libretto der Zauberflöte
ganz besonders für sie zutreffen: „... Es siegte die Stärke und krönet
zum Lohn die Schönheit und Weisheit mit ewiger Kron‘.“
Mandy Fredrich, Sie haben in einer erstaunlich kurzen Zeit eine
erstaunliche Karriere gemacht. Doch wenn man Ihren Lebenslauf liest, weiß man, dass Können, gepaart mit Ausdauer, über
Jahre hindurch zu dieser geführt haben. Wie und wann wurde
Ihr musikalisches Talent entdeckt und gefördert?
Ich begann schon mit zwei Jahren mit meiner Mutter Kinderlieder
zu singen, es gibt sogar ein paar Tonaufnahmen. Auch mein Vater
stand nebenberuflich als Sänger und Gitarrist mehr als 30 Jahre
auf der Bühne. Die Eltern meldeten mich zum Klavier-und Orgelunterricht an. Als dann eine Band eine Keyboarderin und Sängerin suchte, habe ich viele Jahre jedes Wochenende Musik gemacht,
Samstagabend am Schützenfest und am Sonntagmorgen in der
Kirche. Gesanglich pendelte ich zwischen Musical und Bach. Von
Oper war keine Rede, im Gegenteil.
Was war der „magic moment“, der Ihre Gesangskarriere auslöste?
Als der Applaus bei meinem allerersten Auftreten als Sängerin bei
einem Schulkonzert einsetzte – ich sang „Memory“ aus dem Musical CATS – da wusste ich, das ist es, was ich will.
Ihr Tipp für junge Nachwuchssänger?
Man soll nicht Gesang studieren in der Hoffnung, dass man Karriere macht. Wichtig ist es, das zu lieben, was man tut und jede Möglichkeiten wahrzunehmen, sich weiter zu bilden. An den Hochschulen wird die Gesangstechnik geschult aber es gibt wenig Hilfe
für das Auftreten und vor allem für die Stressbewältigung. Ich habe
fast 10 Jahre nachts als Tontechnikerin bei Nachrichtensendungen
gearbeitet und tagsüber studiert. Mein Stresspegel ist hoch. Und
dass man nicht aufgibt und immer wieder vorsingt. Irgendwann
wird da jemand sitzen, der an einen glaubt.
Salzburg – die Stadt
Als ich vor zwei Jahren als Touristin nach Salzburg kam, war einfach
nicht daran zu denken, dass ich hier einmal singe werde. Der Weg
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war so weit und unvorstellbar. Heute fühlt sich Salzburg unglaublich aufregend an. Ich genieße die Stadt, radle an der Salzach entlang
und schau mir Ecken an, die man als Tourist nicht so leicht entdeckt.
Die Salzburger-Festspiel-Produktion
Es ist eine Ehre die Zauberflöte mit Nikolaus Harnoncourt aufzuführen, die Inszenierung ist einfach wunderbar. Ich habe einige „Zauberflöten-Erfahrung“, aber noch nie eine derart intensive
Probenarbeit erlebt. Jeder ist mit vollem Herzen dabei – man steckt
sich gegenseitig geradezu mit Energie an.
Die berufliche Zukunft
Die Königin der Nacht ist sicher eine Paraderolle, aber ich möchte
nicht nur auf diese festgelegt werden, sondern hoffe, dass ich die
Chance bekomme, ein breites Spektrum singen zu dürfen.
Die Karriere, das Privatleben und Kinder ...
... möchte ich gerne unter einen Hut bringen. Ich habe aber keine
Ahnung wie. Ich warte einfach.
Eva von Schilgen
Salzburgs „Königinnen der Nacht“
1928, 1931–1933
1937
1941
1943
1949–1952
1955, 1956, 1959, 1960
1960
1963, 1964
1967, 1968, 1970
1974, 1978–1983
1979–1986
1991
1993
1997
1999
2002, 2006
2005
2008
Marie Gerhart
Julie Osváth
Lea Piltti
Hildegard Kapferer
Wilma Lipp
Erika Köth
Elena Raina, Mimi Coertse
Roberta Peters
Sylvia Geszty
Edita Gruberova
Zdzislawa Donat
Luciana Serra
Sally Wolf, Sumi Jo
Natalie Dessay
Laura Aikin
Diana Damrau
Anna-Kristina Kaappola
Albina Shagimuratova
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